Albert Lortzing
Zar und Zimmermann
Komische Oper in drei Aufzügen
Libretto von Albert Lortzing
Uraufführung: 22.12.1837, Schauspielhaus, Leipzig
Personen
Peter I., Zar von Rußland, unter dem Namen Peter Michaelow, Zimmergeselle (Bariton)
Peter Iwanow, ein junger Russe, Zimmergeselle (Tenor)
van Bett, Bürgermeister in Saardam (Baß)
Marie, seine Nichte (Sopran)
Admiral Lefort, russischer Gesandter (Baß)
Lord Syndham, englischer Gesandter (Baß)
Marquis von Chateauneuf, französischer Gesandter (Tenor)
Witwe Browe, Zimmermeisterin (Alt)
Ein Offizier (Sprechrolle)
Ein Ratsdiener (Sprechrolle)
Ein Brautpaar (stumme Rollen)
Zimmerleute. Hochzeitsgäste. Einwohner von Saardam. Holländische Soldaten. Magistratspersonen. Matrosen
Ort der Handlung: Saardam (Zaandam) im Jahre 1698
Ouvertüre
Andante e-moll 8/4 – Allegro G-dur 2/4 – L'istesso tempo G-dur 4/4 – Allegro G-dur 2/4 – L'istesso tempo E-dur 4/4 – Allegro E-dur 2/4 – Piu mosso E-dur 4/4
Erster Aufzug
Innere Ansicht der Schiffswerft zu Saardam
Erster Auftritt
Viele Zimmerleute bei der Arbeit, unter ihnen Peter Michaelow und Peter Iwanow.
Nr. 1. Introduktion und Lied
CHOR DER ZIMMERLEUTE.
Greifet an und rührt die Hände,
Baut des Schiffes stolze Wände!
Greifet an!
Rastet nicht in der Pflicht!
Tag für Tag, Schlag für Schlag!
Handwerksmann hat seine Plagen,
Lust zur Arbeit hilft sie tragen.
ZAR im Vordergrund arbeitend, für sich.
Dieses Wogen, dieses Streben –
Wie es doch mein Herz so hoch erfreut.
Der ist glücklich, der sein Leben
Solcher Arbeit stets geweiht.
IWANOW auf der andern Seite.
Froher Mut, leichtes Blut
Und dazu ein frohes Lied,
Das aus vollem Herzen sprüht –
Das ist gut.
CHOR.
Recht, ganz recht, was soll gelingen,
Muß man mit Gesang vollbringen.
IWANOW auf den Zaren zeigend.
Hier, Gefährten, der vor allen
Weiß solch Lied uns vorzutragen.
ZAR sich erhebend.
Euch zu gefallen,
Sei es denn! Mög‘ es euch behagen.
Alle sammeln sich um den Zaren.
Lied
Auf, Gesellen, greift zur Axt und regt die nerv'gen Arme,
Daß so Herz als Blut mit jedem Streiche mehr erwarme!
Dröhnt der Schlag im Holz, als will die Erde erbeben,
Jauchzt des Zimmermannes Brust vor wonnigem Leben.
Wackrer Zimmermann, hast ja Freude dran –
Wohlauf!
Denke, was du kunstvoll bauest, trotzt jeder Wut in grausen Wettern;
Was dein Beil erfaßt, das muß ein kräftiger Hieb auch zerschmettern.
CHOR die Äxte schwingend.
Zimmermann zu sein, ist eine Lust,
Stete Arbeit kräftigt seine Brust:
Stattlich Werkzeug und des Liebchens Kuß,
Freunde, das ist Hochgenuß!
ZAR.
Auf, Gesellen, der Gigantenbau kann nur gelingen,
Wenn sich alle Kräfte einigen, ihn zu vollbringen.
Seht dann euer stolzes Werk die Meere durchjagen,
Durch des Nordens Eis und Südens Glut keck sich wagen.
Wackrer Zimmermann, hast ja Freude dran –
Hallo!
Ha! Wie Donnersturm den ries'gen Bau wild umkracht, ihn zu zersplittern,
Doch er trotzet kühn der Flut Geheul und dem Strahl in Gewittern.
CHOR.
Zimmermann zu sein, ist eine Lust,
Darum rufet laut aus voller Brust:
Stattlich Werkzeug und des Liebchens Kuß,
Freunde, das ist Hochgenuß!
ZAR.
Euren Wunsch hab ich gewährt,
Eilet nun zur Arbeit wieder
Und bedenket, daß alsbald
Ein frohes Jubellied erschallt,
Das zum Feste euch begehrt.
CHOR.
Greifet an und rührt die Hände,
Baut des Schiffes stolze Wände!
Greifet an!
Rastet nicht in der Pflicht!
Tag für Tag, Schlag für Schlag!
Handwerksmann hat seine Plagen,
Lust zur Arbeit hilft sie tragen.
Nach beendigtem Chor geht alles wieder zur Arbeit, die Zimmerleute verlieren sich nach und nach.
IWANOW. Das muß wahr sein: du bist ein ganzer Kerl; ein Zimmermann, wie ihn Gott verlangt, und dabei ein Liedersänger, der seinesgleichen sucht.
ZAR lächelnd. O ich besitze noch eine Eigenschaft, die in deinen Augen mehr ist als alle die übrigen.
IWANOW. Die ist?
ZAR. Geduld.
IWANOW. Na, da sei stille – was die betrifft –
ZAR. Wie? Höre ich nicht mit wahrer Engelsgeduld die Schilderungen deiner Zärtlichkeit für die reizende Marie. an, die ebenso liebenswürdig wie ihr Oheim dumm und lächerlich ist?
IWANOW. Das ist wahr; aber da wir gerade davon reden, weißt du wohl, daß mir ganz übel zumute ist?
ZAR. Argwöhnt der gestrenge Bürgermeister etwas?
IWANOW. Es scheint so, denn er hat sich bei der Meisterin genau nach mir erkundigt.
ZAR. Du hast doch keine Ehrensache?
IWANOW. Je nun – vor dir habe ich kein Geheimnis, drum höre. Du weißt, daß ich ein Russe bin. Als ich achtzehn Jahre alt war, machte man mir weis, ich müßte Vaterlandsverteidiger werden. Ich dachte: je nun, kannst's ja probieren, und ließ mir den Soldatenrock anziehen. Der Rock war ganz hübsch, aber alles, was ich in dem Rock tun mußte, war gar nicht hübsch; zudem war ich von jeher ein Feind jeden Zwanges. Was tat ich also? An einem schönen Morgen stellte ich mein Gewehr ins Schilderhaus, hing den Rock an den Nagel und vertauschte beides hier in Saardam mit Zimmeraxt und Winkelmaß.
ZAR. Jetzt versteh ich dich.
IWANOW. Mein ehemaliger Oberst kann sich am Ende erinnern, daß ich damals beim Verlesen gefehlt habe – in Saardam sind jetzt viele russische Offiziere.
ZAR. Sehr richtig – also müssen wir auf unsrer Hut sein.
IWANOW. Freilich. Übrigens kommt es mir vor, als ob du dich in einer ähnlichen Lage befändest.
ZAR. Ich?
IWANOW. Ja, ja. Du verbirgst dich so sorgfältig, vermeidest von deiner Familie zu reden und was dich nach Saardam geführt.
ZAR. Du glaubst doch nicht –
IWANOW droht ihm. Alter Junge, gesteh's nur, du hast auch Suiten gemacht! Doch was geht es mich an, ich will mich nicht in dein Geheimnis drängen. Er sieht nach hinten. Da kommt Marie. Ist es nicht schrecklich, daß sie mit ihrem niedlichen Gesichtchen die Nichte eines Bürgermeisters ist?
Zweiter Auftritt
Die Vorigen. Marie.
MARIE im Auftreten. Nein, es ist, weiß Gott, zu arg – auf Schritt und Tritt geht einem der Mensch nach.
IWANOW. Mensch? Welcher Mensch?
MARIE. Ach, ein junger Franzose, der seit gestern hier herumschleicht.
ZAR. Ein Franzose?
IWANOW. Ein junger? Warum schleicht er herum? Warum?
MARIE. Was weiß ich? Er hielt mich an und fragte mich nach allerlei.
IWANOW. Das fehlte noch! Erst schleicht er herum, dann fragt er noch allerlei.
ZAR. Still doch! Zu Marie. Nun, mein Kind, wonach erkundigte er sich?
MARIE verschämt. Je nun –
IWANOW. Heraus mit dem Allerlei.
MARIE. Er meinte, ich wäre recht hübsch – und kurz und gut, ich wäre recht hübsch.
IWANOW. So? Das ist recht hübsch. Um das zu erfahren, brauchen wir keinen Franzosen, das können wir auf deutsch auch sehen.
MARIE. Endlich wollte er mich küssen.
IWANOW. Hab ich's nicht gedacht, das ist gewöhn lich das Ende. Soll man da nicht rasend werden?!
MARIE ihn besänftigend. Aber Peter –
IWANOW. Nichts Peter! – Ich wollte, den französischen Gesandten, der da drüben in Rijswijk den Frieden kongressiert, holte der Kuckuck! Alle Augenblicke fährt hier so ein Windbeutel herum. Träfe ich nur einmal einen, ich wollte ihn gleich –
MARIE. Was gleich?
IWANOW. Das werd ich jetzt nicht sagen.
MARIE. Mein lieber Peter Iwanow, Sie sind ein kleines Großmäulchen.
IWANOW. Ich wäre –
MARIE. Stille! – Sie sind ein kleines Großmäulchen.
IWANOW. Aber Mamsell Marie. –
MARIE ernst. Herr Peter Iwanow!
IWANOW nach einer Pause ruhig. Ich bin ein kleines Großmäulchen.
MARIE. So recht, lieber Peter, nun bist du wieder artig. Warum ich eigentlich komme –
IWANOW hastig. Ja warum? Das möcht ich eben wissen.
MARIE ihm gelassen die Backen klopfend. Nur immer Gemütsruhe.
IWANOW. Ja doch, ich bin ruhig, mein Gemüt auch.
MARIE. Mein Oheim hat unser Verständnis ausgewittert – glaube ich wenigstens -, er will heute auf den Werften selbst nachsehen, das ist ihm in drei Jahren nicht eingefallen; er hat Briefe, Befehle erhalten, und alles überzeugt mich, daß ein Anschlag gegen uns im Werk ist.
ZAR der sich zurückgezogen, hat sich bei Mariens Erzählung aufmerksam genähert; für sich. Sollte ich entdeckt sein?
IWANOW für sich. Gewiß von meinem Oberst!
MARIE. Nun, meine Herren, ihr seid ja beide ganz verdutzt? Und Sie, mein Vielgetreuer, Sie kommen mir ganz kurios vor. Vorhin, da ein galanter junger Mann sich nach meinen kleinen häuslichen Angelegenheiten erkundigte, wird er bei der bloßen Erzählung Feuer und Flamme, und nun, da unsrer Liebe Gefahr droht, steht er da, als könnte er nicht bis drei zählen.
IWANOW. Marie, du hast es heute wieder darauf abgesehen, mich zu quälen. Ich liebe dich so herzlich, aber ebendeswegen kann es mir doch nicht angenehm sein, wenn dich die ganze Welt küssen will.
MARIE. Die ganze Welt? Nein, lieber Peter, das würde ein zu großes Gedränge werden; ich will mich darum lieber mit einem begnügen. Sie reicht ihm die Hand.
IWANOW küßt sie. Du bist doch ein Engel!
MARIE. Jetzt höre. Was mein Oheim im Schilde führt – ich weiß es nicht, und wir müssen es in Geduld erwarten. Sei darum guten Muts; ich bin und bleibe dir treu, und sollte es meinem teuren Oheim einfallen, mich zu einem andern Ehebündnis zwingen zu wollen – ich ahne so etwas -, so springe ich lieber in den Kanal.
IWANOW. Ich springe mit.
MARIE. Abgemacht, wir springen im Duett. Vorher aber gehen wir zum Feste. Du weißt doch, daß ich Brautjungfer bei Charlottes Hochzeit bin. Ich eile, mich in den Staat zu werfen.
IWANOW. Ach Gott, da wirst du wieder alles bezaubern.
MARIE. Je nun, ich werde mein möglichstes tun. Zum Zaren. Sehn Sie wieder den Eifersüchtigen? Zu Iwanow. Ach, lieber, lieber Peter, du mußt noch gewaltig gezogen werden.
Nr. 2. Ariette
Die Eifersucht ist eine Plage,
Weh dem, der ihr zum Opfer fällt.
Sie schaffet viele trübe Tage,
Warum ist sie wohl auf der Welt?
Warum? Warum?
IWANOW spricht. Ei, das möcht ich auch wissen.
MARIE.
Zwar kenn ich dieses garst'ge Fieber
Nur eigentlich vom Namen her;
Bemerkt‘ ich's nicht bei dir, mein Lieber,
So wüßt‘ ich nicht, daß es vorhanden wär‘.
IWANOW spricht. Es ist aber einmal da, und ich habe alle Ursache dazu.
MARIE.
O ja!
Wenn bei unsern Festen
Alles sich im Tanze dreht
Und wenn einer von den Gästen
Zeigt, daß er mich nicht verschmäht;
Wenn er, während wir pausieren,
Mich recht viel und freundlich fragt
Und mit artigen Manieren
Ein'ge Schmeicheleien sagt,
Zum Exempel: diese Wangen,
Dieser Lippen Purpurrot
Wecken glühendes Verlangen,
Sie bezaubern mich, bei Gott!
Wär‘ es mir erlaubt zu fragen,
Ob ihr Herz noch frei sich fühlt?
Wenn, mit einem Wort zu sagen,
Er, was man so nennt, den Angenehmen spielt –
IWANOW spricht. Dann darf ich doch –
MARIE.
Dann darfst du niemals eifersüchtig sein.
Mein Herz gehört nur dir allein;
Du weißt es ja, mein Herz gehört nur dir allein.
Ach, das solltest du erst fühlen,
Wie so schön die Zeit verrinnt,
Wenn bei unsern heitern Spielen
Pfänder einzulösen sind.
Wenn mit harrenden Gebärden
Jeder seinen Lohn begehrt,
Und es heißt: was soll dem werden,
Welchem dieses Pfand gehört?
»Diesem gibst du sieben Küsse,
Jenem achte, diesem neun,
Zehne reichst du jenem her!«
Lieber Freund, das sind Genüsse,
So was existiert nicht mehr.
Wenn dann mit verschämten Wangen
Schüchtern der Erwählte naht,
Wenn mit glühendem Verlangen
Er den Lohn empfangen hat –
IWANOW spricht. Dann darf ich doch –
MARIE.
Dann darfst du doch nicht eifersüchtig sein.
Mein Herz gehört nur dir allein;
Du weißt es ja, mein Herz gehört nur dir allein!
IWANOW spricht. Nun, das nehme mir kein Mensch übel.
MARIE.
Sieh, das sind nur alles Spiele
Unbefangner Jugendlust;
Fern von liebendem Gefühle
Schlägt das Herz in unsrer Brust.
Was geschieht vor allen Leuten,
Kann ja Böses nicht bedeuten.
Drum darfst du niemals eifersüchtig sein,
Mein Herz, du weißt es ja, bleibt ewig dein. –
Hast du mich auch wohl verstanden?
Ist kein Fieber mehr vorhanden?
Her mit dem Puls, wir werden nun gleich sehn,
Ob du kuriert, als Arzt muß ich's verstehn.
Sie ergreift seine Hand und fühlt den Puls.
Gut, sehr gut, in solchem Tempo muß er gehn.
Bedanke dich!
Sie hält ihm die andere Hand hin, die Iwanow küßt.
Wie nun das Blut so ruhig fließt,
Wie lieb du mir nun wieder bist.
Sie hält dem Zaren die Hand zum Kusse hin, während die andere noch immer Iwanow den Puls fühlt; zum Zaren.
Doch auch Ihr seid mir lieb und wert.
Herrgott! Was tobt dein Blut schon wieder fürchterlich,
Mein lieber Freund, du bist noch nicht kuriert!
Leb wohl und beßre dich!
Sie läuft ab.
Iwanow folgt ihr.
Dritter Auftritt
Zar. Lefort.
LEFORT. Guten Morgen, Peter Michaelow! Ihr seid allein?
ZAR. Wie du siehst. Hast du Nachrichten von Moskau?
LEFORT nachdem er sich umgesehen. Ja, Sire, und ernstliche Besorgnisse.
ZAR. Nun?
LEFORT. Sire, ich habe meine Bewunderung dem edelmütigen Entschlusse nicht versagen können, der Sie bestimmte, Ihre Staaten zu verlassen und bei den Völkern Europas Kenntnisse zu erwerben, die einst das Glück Ihres Volkes sichern sollen; allein, es ist Zeit, unseren Reisen ein Ziel zu setzen. Seit einem Jahre arbeiten Sie als Peter Michaelow auf den Werften von Saardam; seitdem hat sich vieles geändert. Ihre Untertanen fangen an, über Ihre Abwesenheit zu murren.
ZAR. Immerhin! Sie ahnen nicht, daß ich unter diesem groben Kittel mehr für sie getan, als der Zar in zehn Jahren hätte tun können. Doch zur Sache! Woher diese Besorgnisse?
LEFORT. Ihre Feinde in Moskau sind tätiger denn je; der kühne Geist Ihrer Schwester Sophie reizt die Bojaren und Strelitzen zum Aufruhr.
ZAR wütend. Ha! Glaubt die zügellose Schar, die Zeiten Fedors und Iwans seien noch nicht verstrichen? Die Verräter sollen büßen! Ein Blick von mir entscheidet ihr Schicksal. Laß alles zu meiner Abreise bereiten! Fort!
Lefort geht ab.
Vierter Auftritt
Zar allein.
Nr. 3. Rezitativ und Arie
ZAR.
Verraten! Von euch verraten,
Denen ich Vertraun und Liebe geweiht.
Höllischer Undank! Verrat! Des Lasters Krone!
Nur eurem Glück war mein Leben,
Nur eurer Größe geweiht,
Und ihr verratet mich!
Die Macht des Zepters, den Glanz der Krone,
Beneidenswert wähnt mancher sie,
Doch bittrer Undank, Haß zum Lohne
Ist oft die Frucht für Herrschers Müh‘.
Und nur ein Trost lindert die Schmerzen,
Ein Blick nach oben stärket die Brust:
Was auch die Mitwelt nicht erkannte,
Von Nebelschleier noch umhüllt,
Wir sehen dann aus jenem Lande
Das Volk der Nachwelt dankerfüllt.
Drum sehnt sich mein Geist nach Licht und Wahrheit.
Wie schütze ich das Werk, das ich durch deinen Beistand schaffte?
Kann der Verräter Blut dir wohlgefällig sein,
Der du der Milde und der Güte Urquell bist?
Treu hing stets mein Herz an meinem ganzen Volke,
Seinem Glück allein war stets mein Leben nur geweiht.
Warum, o Gott, erhabne Vorsicht,
Wird Völkerglück durch Strenge nur erreicht?
Warum durch Liebe, Huld und Milde,
Das Herz des Volkes nicht erweicht?
Treu hing stets mein Herz an meinem ganzen Volke,
Seinem Glück allein war mein Leben nur geweiht.
So sei es denn entschieden, dem Tode weih ich sie;
Man bessert ja hienieden durch Wohltun Sünder nie!
Verräterblut soll färben das blanke Henkerbeil,
Damit sie sühnend sterben, dem Vaterland zum Heil!
Fünfter Auftritt
Zar. Iwanow. Später Meisterin Browes Stimme.
IWANOW sieht den Zaren eine Weile an. Du scheinst mir auch übel gelaunt.
ZAR. Wie das so manchmal kommt – es geht vorüber.
IWANOW. Freilich wohl, aber es sollte lieber gar nicht kommen, es nützt ja zu nichts.
ZAR. Wo fehlt dir's denn schon wieder?
IWANOW. Marie macht mir den Kopf warm, und zum Übermaß des Unglücks ist der Herr Bürgermeister soeben auf der Werft angekommen. Leise. Du begreifst wohl weswegen.
ZAR. Ei, es soll mich freuen, seine Bekanntschaft zu machen – jetzt habe ich zu tun – auf Wiedersehn beim Feste. Er will gehen.
IWANOW hält ihn. Höre, Freund, das ist nicht schön von dir.
ZAR. Was?
IWANOW. Daß du so hinterm Berg hältst. Ich habe dir alles vertraut, was ich auf dem Herzen hatte, aber du spielst stets den Geheimnisvollen gegen mich.
ZAR. Sei ruhig, ehe ich abreise, erfährst du mein Geheimnis.
IWANOW. Was? Du willst uns verlassen? Wieder was Neues!
ZAR. Meine Familie verlangt nach mir.
IWANOW. So, deine Familie? Ist sie groß?
ZAR. Ziemlich.
IWANOW. Und da sehnt sie sich wohl sehr nach dir?
ZAR. Mehr oder weniger.
IWANOW. Du lebst doch nicht mit ihr in Uneinigkeit?
ZAR kräftig. Ich stifte Frieden, darauf verlaß dich!
MEISTERIN BROWE hinter der Szene. Hierher, Herr Bürgermeister.
IWANOW. Da ist er!
Sechster Auftritt
Die Vorigen. van Bett. Meisterin Browe.
Nr. 4. Arie
VAN BETT.
O sancta justitia! Ich möchte rasen,
Von früh bis spät lauf ich herum;
Ich bin von Amtspflicht ganz aufgeblasen,
Das Wohl der Stadt bringt mich noch um.
Plerique hominum auf dieser Erde,
Sie ruhn doch mal von Qual und Beschwerde;
Doch kaum schaut der Morgen in meine Kammer,
So rufen die Akten mein Genie,
Und bis zur Nacht bin ich, o Jammer,
Re vera übler noch dran als ein Vieh!
Kein Zugpferd in der Tat hat's so schlimm,
Als ein Vorstand und Rat.
Ein Glück, daß ich mein Amt verstehe,
Und sapientissime alles wend und drehe,
Daß mein Ingenium Akten weiß zu schmieren
Und das Consilium am Gängelband zu führen.
Denn ich weiß zu bombardieren,
Zu rationieren und zu expektorieren,
Zu inspizieren, zu räsonieren,
Zu echauffieren und zu malträtieren.
Rem publicam hab ich stets im Sinn.
Man weiß es ja, daß ich ein Codex bin.
Alt und jung ruft mir zum Preise,
Ich bin Saardams größtes Licht.
O ich bin klug und weise,
Und mich betrügt man nicht.
Diese ausdrucksvollen Züge,
Dieses Aug‘, wie ein Flambeau,
Künden meines Geistes Siege,
Ich bin ein zweiter Salomo.
Dazu der Corpus noch in petto,
Mit einem Wort, ich bin ganz netto.
Er sperrt den Mund auf, als sänge er das im Orchester erklingende tiefe F.
Man glaub‘ mir's, daß ich nie mich trüge
Et eo ipso momento
Gleich über jedes Crimen siege.
Ich wühl mich in Prozesse ein
Und schlichte sie sehr schlau und fein.
O ich bin klug und weise,
Und mich betrügt man nicht.
Diese ausdrucksvollen Züge,
Dieses Aug‘, wie ein Flambeau,
Verkünden meines Geistes Siege,
Ich bin ein zweiter Salomo.
Denn ich weiß zu bombardieren,
Zu rationieren, zu expektorieren,
Zu blamieren, inspizieren,
Echauffieren, räsonieren, malträtieren,
Und zu ieren, zieren, rühren,
Führen, schmieren, ratifizieren.
Mit einem Wort, man sieht mir's an,
Ich bin ad speciem ein ganzer Mann!
Spricht zu Witwe Browe.
Ihr könnt es nicht glauben, was mir alles auf dem Halse liegt und noch vielleicht darauf liegen wird. Da lest einmal. Er zeigt ihr einen Brief. Ihr werdet Euer blaues Wunder hören.
MEISTERIN BROWE. Das Lesen ist von jeher meine schwache Seite gewesen, das tat mein seliger Alter für mich. Wenden Sie sich hier an meinen Gesellen, den Peter Michaelow, der ist der Gelehrteste auf der Werft.
VAN BETT. Da, mein Freund! Zur Meisterin Browe. Nun paßt einmal auf. Zum Zaren. Lies laut, mein Sohn!
ZAR liest. »Mein Herr« –
VAN BETT. Schön, ich sehe, du kannst lesen, lies laut. Ich verlange ja nicht, daß du so schön lesen sollst wie ich; bewahre, das würde sich auch für dich gar nicht schicken.
ZAR liest. »Herr Bürgermeister! Es liegt den Gene ralstaaten sehr viel daran, von dem Tun und Lassen eines Fremden, namens Peter, der gegenwärtig auf den Werften zu Saardam arbeitet, unterrichtet zu sein.«
IWANOW für sich. Ich bin entdeckt.
ZAR für sich. Das bin ich.
VAN BETT. Schön, mir liegt auch viel daran. – Sequens, mein Sohn, das heißt, lies weiter!
ZAR liest. »Nehmen Sie die allernötigsten Maßregeln, damit dieser Fremde sich nicht von Saardam entfernt, und berichten Sie mir ungesäumt alles, was Sie in Erfahrung bringen können. Ich habe die Ehre zu sein -«
VAN BETT. Gehorsamer Diener. Ist das alles?
ZAR. Ja, Herr Bürgermeister.
VAN BETT nimmt den Brief. Das ist eine äußerst verwickelte Sache, wie man sagt, ein casus confusus.
ZAR. Haben denn der Herr Bürgermeister keine Vermutungen, wer es ungefähr –
VAN BETT. Schöne Frage! Ich vermute immer, eine gute Obrigkeit vermutet immer, und ich wette, in diese Sache ist eine wichtige Person verwickelt, die man festsetzen soll, id est ad carcerem. Ein Ausreißer vielleicht.
IWANOW bestürzt für sich. Da haben wir's.
VAN BETT. Frau Meisterin, laßt sämtliche Arbeiter sich hier versammeln.
MEISTERIN BROWE. Ei, du Gerechter, Ihr werdet doch unter meinen Leuten keine Verbrecher suchen! Ich bin eine rechtschaffene Niederländerin, und mein Mann ist tot.
VAN BETT. Ebendeshalb schafft mir die Leute her! Tutti.
MEISTERIN BROWE gibt Iwanow ein Zeichen, dieser zieht eine Glocke. Bloß um Euch den Willen zu tun.
Siebenter Auftritt
Die Vorigen. Zimmerleute kommen hastig von allen Seiten mit ihren Schurzfellen, Arbeitsgerät in Händen.
Nr. 5. Chor und Ensemble
CHOR.
Laßt ruhen die Arbeit, das Zeichen ertönet,
Wir eilen zum Schmause;
Es rufet die Stunde, so lange ersehnet,
Zum gastlichen Hause.
Ein heitrer, fröhlicher Festtag ist heut,
Bei Tanz und Gesängen entschwinde die Zeit.
Laßt heute des Daseins uns erfreuen!
VAN BETT.
Was Tanz und Schmaus, es handelt sich hier
Um Staatsgeschäfte!
Unruhe im Chor.
Ruhe! Und dann
Stellt euch in Reih und Glied,
Daß die Physiognomien ich mir betrachten kann.
CHOR unter sich.
Was will er betrachten?
Was schwatzt er für Zeug?
VAN BETT für sich.
Meinen Mann werd ich finden,
Das merk ich gleich.
Laut.
Antwortet laut und mit Verstand:
Wer von euch allen wird Peter genannt?
ZAR.
Ich heiße Peter.
IWANOW UND MEHRERE ZIMMERLEUTE.
Auch ich, auch ich!
VAN BETT.
Schreit doch nicht so fürchterlich!
Ihr heißt alle Peter? Der Fall ist selten.
Ihr könnt alle doch wohl nicht für Peter gelten?
DIE PETER.
Ihr fragt nach dem Namen, wer wird ihn verneinen,
Wir sind viele Peter, was wundert ihr Euch?
VAN BETT.
Ei, hol euch der Teufel, ich suche nur einen
Und finde ein ganzes Dutzend gleich.
CHOR.
Wir sind ihm zu viele, das ist doch zum Lachen,
Doch was hat er vor? Wo will er hinaus?
VAN BETT für sich.
Ich muß die Sache pfiffiger machen,
So bring ich es niemals heraus.
Zum Chor.
Woher seid ihr?
CHOR.
Von Saardam.
VAN BETT.
Ist das auch wahr?
CHOR.
Ja, ja! Alle von Saardam.
VAN BETT.
Das ist mir nun schon ganz klar.
Und welcher ist ein Fremder von euch?
ZAR UND IWANOW.
Wir beide sind fremd.
VAN BETT.
Aha! Das dacht‘ ich mir gleich.
Für sich.
Nur pfiffig sondieren und immer leise,
Denn so nur erhält man das wahre Licht.
O ich bin klug und weise,
Und mich betrügt man nicht.
CHOR.
Die Sache wird lustig.
IWANOW für sich.
Ich bin verloren.
CHOR.
Jetzt packt er die beiden.
Sie lachen.
VAN BETT.
Still, nicht gelacht!
Zum Zaren.
Antworte, wo bist du geboren?
ZAR.
In Smolensk.
VAN BETT.
Das hab ich mir doch gleich gedacht.
CHOR lachend.
Haha, das hat er schlau gemacht.
VAN BETT.
Still, kein Wort kann man verstehn.
Zu Iwanow.
Wo bist du geboren?
IWANOW.
In Moskau.
VAN BETT.
Schön, dein Name?
IWANOW spricht. Peter Iwanow.
VAN BETT spricht zum Zaren. Und du heißt?
ZAR spricht. Peter Michaelow.
VAN BETT kopfschüttelnd.
Hm, hm! Der Fall wird kitzlig, so will mir's scheinen,
Da hab ich wieder zwei für einen.
Doch täuschet meine Weltkenntnis mich nicht,
So hat
Auf Iwanow deutend.
der das echte Spitzbubengesicht.
ZAR, IWANOW UND CHOR.
Ist wohl die Frage uns erlaubt,
Warum der Zeit man uns beraubt?
VAN BETT.
Ein hochgelahrtes Stadtgericht
Schert sich um Zeit und Stunde nicht.
Geht wieder zur Arbeit, ihr lieben Leute,
Ich weiß genug für heute.
Zu Meisterin Browe, auf Iwanow deutend.
Auf diesen einen gebt wohl acht!
Zum Chor.
Ihr habt eure Sache gut gemacht.
CHOR.
Wenn dann nach der Arbeit das Zeichen ertönet,
Wir eilen zum Schmause;
Es rufet die Stunde, so lange ersehnet,
Zum gastlichen Hause.
Ein heitrer, fröhlicher Festtag ist heut,
Bei Tanz und Gesängen entschwinde die Zeit.
Laßt heute des Daseins uns erfreuen!
Seine Art und seine Weise
Ist die rechte wahrlich nicht,
Drum sich jeder glücklich preise,
Den verschonet sein Gericht.
IWANOW UND ZAR.
Auf so abgeschmackte Weise
Wird ihm nicht das kleinste Licht;
Er dünkt sich sehr klug und weise,
Doch, gottlob, er ist es nicht.
VAN BETT.
O ich bin klug und weise,
Und mich betrügt man nicht.
Alle Zimmerleute gehen ab.
Achter Auftritt
van Bett. Meisterin Browe.
VAN BETT. Verlaßt Euch auf mich, Frau Browe, ich habe ihn; dieser Iwanow will mir nicht aus dem Kopf – er ist mir schon von einigen als ein homo suspectus bezeichnet worden.
MEISTERIN BROWE. Ein pectus? Um Verzeihung, Herr Bürgermeister –
VAN BETT. Das will sagen, ein Taugenichts, der sich's einfallen läßt, meine Nichte zu beliebäugeln.
MEISTERIN BROWE. Davon weiß ich nichts, und es geht mich auch nichts an.
VAN BETT. Aber mich geht's an, den Bürgermeister! Ich soll einen verdächtigen Menschen aufsuchen, und das kann kein anderer sein, als einer, der mit meiner Nichte liebäugelt.
MEISTERIN BROWE. Kurz, ich halte den Peter Iwanow für einen rechtlichen Burschen. Jetzt muß ich an meine Geschäfte, also, Gott zum Gruß, Herr Bürgermeister.
VAN BETT. Noch ein Wort, Frau Browe. Ihr gebt heute ein Gastmahl, ein Fest –
MEISTERIN BROWE. Mein ältester Sohn macht Hochzeit, und da wissen Sie wohl –
VAN BETT. Gut, habe gar nichts dagegen. Ich wollte Euch nur darauf aufmerksam machen, daß bei solchen Lustbarkeiten häufig Händel vorfallen.
MEISTERIN BROWE. Das wollen wir nicht hoffen.
VAN BETT. Bei Gott ist kein Ding unmöglich und bei besoffenen Zimmergesellen noch viel weniger – ich halte es daher für meine Pflicht, alles in Person zu beaufsichtigen.
MEISTERIN BROWE für sich. Auf den haben wir gewartet. Laut. Wenn es Ihnen Spaß macht –
VAN BETT. Keineswegs; bloß ein Opfer, welches ich der öffentlichen Sicherheit bringe. Wann wird gespeist?
MEISTERIN BROWE. Um zwölf Uhr, Herr Bürgermeister.
VAN BETT. Da finde ich mich ein, denn convivia habent multa scandalia.
Neunter Auftritt
Die Vorigen. Lord Syndham.
LORD. Finde ich hier vielleicht den Herrn Bürgermeister?
MEISTERIN BROWE. Hier, dieser Herr. Für sich. Gott sei Dank, da werde ich den Gierschlund mit guter Manier los. Sie geht.
VAN BETT ihr nachrufend. Ich lasse nicht warten, verlaßt Euch darauf.
MEISTERIN BROWE. Ich bin auch gar nicht bange. Sie geht ab.
Zehnter Auftritt
van Bett. Lord Syndham.
LORD. Ich habe Sie um eine Gefälligkeit zu bitten, mein Herr.
VAN BETT für sich. Das ist der Engländer, der sich seit einigen Tagen sehen läßt. Laut. Darf ich um Dero Firma, will sagen, Dero Namen bitten?
LORD. Später sollen Sie erfahren, wer ich bin. Erst bedarf ich Ihres Beistandes bei einer Nachforschung von höchster Wichtigkeit.
VAN BETT. Reden Sie! Nachforschungen – darin bin ich stark! Forte!
LORD. So hören Sie; Sie müssen mir einen jungen Mann entdecken helfen, der sich als Zimmergeselle hier aufhält.
VAN BETT für sich. Schon wieder. Laut. Warten Sie mal, was für ein Landsmann?
LORD. Einen Russen.
VAN BETT. Der Peter heißt?
LORD. Sie wissen also?
VAN BETT. Ob! Dem laure ich schon lange auf, ich habe sogar vor wenigen Minuten noch Verhaltungsbefehle seinetwegen bekommen. Ich fixierte ihn – zwei Minuten – heraus war's.
LORD vergnügt. Herr Bürgermeister, Ihr Glück ist in Ihren Händen.
VAN BETT. In meinen Händen? Ei, wieso?
LORD geheimnisvoll. Suchen Sie auf eine geschickte Weise von diesem Peter herauszubringen, welches seine Pläne in bezug auf England sind.
VAN BETT. Auf England? Aha!
LORD. Doch ohne ihn merken zu lassen, daß er entdeckt ist; vor allem müssen Sie verhüten, daß der französische Gesandte uns zuvorkomme.
VAN BETT. Der französische Gesandte, mischt sich der auch hinein? Das Volk muß seine Nase doch in alles stecken.
LORD. Darum vorsichtig, denn auch er sucht unsern Peter und möchte gern – ebenso wie ich –
VAN BETT. Aha! Intelligo. Verlassen Sie sich auf mich, ich werde alles leiten. Erst fange ich an – in bezug auf – versteht sich, ohne ihn merken zu lassen – und dann ergibt sich das übrige von selbst.
LORD. Gelingt es, so sind 2000 Pfund Ihr Lohn.
VAN BETT. 2000 Pfund! Euer Herrlichkeit setzen mich in Verlegenheit.
LORD. Wieso?
VAN BETT. Hat gar nichts zu sagen; weiter, wenn's gefällig ist.
LORD. Eilen Sie, die Sache ist dringend und die Zeit kurz. Wo finde ich Sie wieder?
VAN BETT. In einer Stunde sind wir alle in der gro ßen Schenke versammelt, unser Mann ist auch dort, und Ehrwürden hätten dann die schönste Gelegenheit –
LORD. Gut, gut; um jedem Verdachte auszuweichen, werde ich verkleidet dort erscheinen. Sorgen Sie nur dafür, daß niemand mit ihm spricht. Vorsicht, die Sache ist zu wichtig. Auf Wiedersehen! 2000 Pfund! Bedenken Sie! Er geht ab.
VAN BETT. Verlassen Sich Euer Eminenz auf mich.
Elfter Auftritt
van Bett allein.
VAN BETT. Ich verstehe kein Wort von der ganzen Geschichte. Was Teufel haben sie alle mit dem armen Iwanow vor; es muß eine hohe Standesperson sein oder ein Staatsverbrecher. Übrigens ist es ein wahres Glück, daß die Sache an mich kam, denn wehe dem Staate, wo dergleichen politische Angelegenheiten in ungeschickte Hände fallen.
Zwölfter Auftritt
Iwanow. van Bett.
IWANOW. Ach Gott! Da laufe ich ihm gerade ins Gesicht.
VAN BETT für sich. Da ist er; jetzt krieg ich's heraus – aber nur immer fein. Freundlich. Nun, mein lieber Iwanow.
IWANOW erstaunt, für sich. Sein lieber Iwanow?
VAN BETT für sich. Der vertrauliche Ton scheint ihm zu mißfallen. Laut. Nehmen Sie's nicht übel, Herr Iwanow, und seien Sie versichert, daß ich nichts weniger beabsichtige, als das Geheimnis zu erraten, das Sie hier in Saardam zurückhält.
IWANOW für sich. 's ist richtig, er weiß alles. Laut. Nun, weil es denn nicht anders sein kann, Sie haben von meinem Obersten Nachricht erhalten?
VAN BETT. Allerdings. Für sich. Sein Oberst? Der Engländer ist also ein Oberst, das hätte ich heraus. Laut. Ich weiß, welche Gefahr Sie laufen, wenn der französische Gesandte Sie entdeckt.
IWANOW. Der russische Gesandte wollen Sie sagen.
VAN BETT. Der französische! Ich werde doch den französischen Gesandten kennen. Aber fürchten Sie nichts. Wichtig. Der englische Oberst ist hier, adest!
IWANOW für sich. Jetzt ist's wieder ein englischer Oberst.
VAN BETT. Kurz, es sind alle Maßregeln getroffen – wir schließen ab zur Zufriedenheit aller Teile.
IWANOW. Wie, Herr Bürgermeister, Sie sind also nicht gegen mich?
VAN BETT. Ich? Oh, Herr Iwanow, wie können Sie mich für so, mit Erlaubnis zu sagen, unpolitechnisch halten?
Nr. 6. Duett
IWANOW für sich.
Darf ich wohl den Worten trauen,
Spielt er nicht etwa den Schlauen,
Was ihm sonst zwar schwer gelingt?
Darf ich es denn wirklich wagen,
Alles ihm heraus zu sagen,
Ob es mir nicht Schaden bringt?
VAN BETT für sich.
Er scheint mir nicht recht zu trauen,
Spielt am Ende gar den Schlauen,
Glaubt, daß mir es nicht gelingt.
Ganz behutsam werd ich fragen,
Dann wird er schon alles sagen,
Was uns großen Nutzen bringt.
IWANOW zu van Bett.
Verzeihen Sie, wenn ich es noch nicht wage,
So mit der Sprache recht herauszugehn;
Man traut nicht jedem gleich in meiner Lage,
Sie werden mich recht gut verstehn.
VAN BETT.
Ei, Freund, das kann ich keinem wohl verdenken,
Wenn nämlich er wo Argwohn spürt,
Doch dürfen Sie mir Ihr Vertrauen schenken,
Da es zu Ihrem Lebensglücke führt.
IWANOW ist überrascht und sagt.
Mein Lebensglück!
VAN BETT.
Das Ganze leitet mein Genie –
IWANOW.
Das freut mich sehr, erfahren Sie –
Er stockt. Sie sehen sich eine Weile an, dann singt jeder für sich.
VAN BETT beiseite.
Er will nicht heraus mit der Sprache,
Und noch ganz dunkel, sehr dunkel ist mir diese Sache,
Drum ist es Zeit, hohe Zeit, daß den Anfang ich mache,
Denn bis jetzt bin ich immer, noch immer so klug wie vorher.
IWANOW beiseite.
Er will nicht heraus mit der Sprache,
Und noch sehr dunkel, ganz dunkel ist mir diese Sache,
Doch ist's gewagt, ja es ist sehr gewagt, wenn den Anfang ich mache,
Und ist es geschehen, dann kann ich zurück nimmermehr.
VAN BETT der sich besonnen.
Jetzt hab ich's, jetzt hab ich's,
Nun fang ich ihn gleich.
Wichtig.
Was ist Ihr Plan in bezug auf Frankreich?
IWANOW verwundert.
Mein Plan?
VAN BETT.
Nun ja, der Plan, ich meine, der Plan.
IWANOW für sich.
Was ficht ihn denn schon wieder an?
VAN BETT.
Mein Gott, Sie kennen doch Frankreich?
IWANOW.
Nein.
VAN BETT.
Nicht?
IWANOW.
Doch soll's ein schönes Ländchen sein.
VAN BETT für sich.
Diese Wendung war sehr fein.
Laut.
Aber England kennen Sie ganz genau?
IWANOW.
Das heißt –
VAN BETT für sich.
Aha!
IWANOW.
Wieso?
VAN BETT.
Ich frage, kennen Sie England genau?
IWANOW achselzuckend.
Je nun!
VAN BETT für sich.
Die Antwort war wieder schlau.
Da läßt sich für's erste nun weiter nichts tun,
's ist gewiß, daß er Aufträge hat.
Er zuckte die Achseln und sagte: Je nun!
's ist ein feiner Diplomat.
IWANOW für sich.
Soll ich ihm gestehn, oder soll ichs nicht tun?
Teuer ist hier guter Rat.
VAN BETT für sich.
Er zuckte die Achseln und sagte: Je nun!
's ist ein feiner Diplomat. –
Wie wär's, wenn, zum Geständnis ihn zu bringen,
Ich ihm nun Hoffnung zeigte auf Marien;
Er ist ihr sehr geneigt, legt leichter sich zum Ziele.
IWANOW für sich.
Nun sinnt er sicher wieder neue Fragen aus,
Die zu beantworten ich nicht imstande bin.
VAN BETT laut.
Sie lieben meine Nichte?
IWANOW.
Was ist das?
VAN BETT für sich.
Er stutzt!
Laut.
Sie lieben sie, nicht wahr, hab ich recht?
IWANOW für sich.
Wie kommt in diesem Augenblick er auf Marie?
VAN BETT für sich.
Er stutzt schon wieder.
Laut.
Lieben Sie sie nicht?
IWANOW für sich.
Ich weiß nicht, soll ich's ihm gestehn?
VAN BETT für sich.
Er stutzt zum dritten Male!
Laut.
Nun, junger Stutzer, hören Sie mich an:
Gelingt des Obersten gehoffter Plan,
So könnte wohl es sich gestalten,
Daß Sie Mariens Hand erhalten.
IWANOW freudig.
Was hör ich?
VAN BETT für sich.
Das traf!
IWANOW.
O welch ein Glück, welch süßes Glück!
Alles willig zu gestehen, sollen Sie bereit mich sehen.
VAN BETT.
Alles willig zu gestehen, werde ich bereit ihn sehen.
IWANOW.
Ist der Oberst nur zugegen, schenk ich reinen
Wein ihm ein.
VAN BETT.
Dazu konnte ihn bewegen meine Schlauheit nur allein.
IWANOW.
Oh, wie konnt‘ ich jemals hoffen, zu erreichen dieses Glück!
VAN BETT.
Herrlich hab ich es getroffen, ha! Es war ein Meisterstück!
IWANOW beiseite.
Endlich wird es mir gelingen,
Die Geliebte zu erringen
Und zu ernten süßen Lohn!
Nun darf ich ohne Furcht gestehen,
Was mich drückte lange schon.
Ja, vor Wonne möcht ich springen,
Endlich wird es mir gelingen,
Die Geliebte zu erringen
Und zu ernten süßen Lohn.
VAN BETT beiseite.
So nur kann es mir gelingen,
In die Sache Licht zu bringen
Und zu ernten reichen Lohn!
Daß ich gleich alles würd‘ erspähen,
Ei, das wußt‘ ich lange schon.
So nur kann es mir gelingen,
In die Sache Licht zu bringen,
Ruhm und Ehre zu erringen
Und zu ernten reichen Lohn.
Er geht ab.
Dreizehnter Auftritt
Iwanow allein.
IWANOW. Meiner Seel, das begreif ich nicht – ich denke, der Mann ist bitterböse auf mich und im Gegenteil, er überhäuft mich nicht nur mit Höflichkeiten, sondern er will sogar mein Glück gründen. Da kommt Marie – alle Wetter – und der windige Franzose hinter ihr her; jetzt kriegt meine Freude gleich wieder eine Ohrfeige.
Vierzehnter Auftritt
Iwanow. Marie, ihr folgt Marquis von Chateauneuf.
MARQUIS. Diesmal, mein holdes Kind, entfliehen Sie mir nicht.
MARIE. Lassen Sie mich!
MARQUIS. Sie sind so spröde; gewiß fürchten Sie, daß Ihr Liebhaber –
IWANOW tritt dazwischen. Da ist der Liebhaber.
MARQUIS lacht. Ah, freut mich, daß ich die Ehre habe –
IWANOW. Mich nicht. Ist es bei Ihnen zulande Sitte, daß man sittsamen Mädchen am hellen, lichten Tage nachläuft?
MARQUIS. Und wenn ich ja sagte?
IWANOW. Hier wollen wir die Sitte nicht einführen, verstehen Sie mich?
MARQUIS. Sehr determiniert! – Mein schönes Kind, wie nennt sich der junge Brausekopf?
IWANOW. Peter Iwanow, Ihnen zu dienen oder nicht zu dienen, besser gesagt.
MARIE. So fange doch nur nicht etwa Streit an.
IWANOW. Es ist wahr, ich sollte mich eigentlich bei dem Herrn bedanken. Sie streiten zusammen.
MARQUIS für sich. Peter Iwanow? Es wäre doch lustig, wenn ich durch die Neckerei mit einem Mäd chen den Zaren entdeckt hätte, den ich seit zwei Tagen suche.
IWANOW zu Marie. I Sapperment, alles muß doch seine Grenzen haben, auch die Courschneidenlasserei, und meine Meinung mußte ich ihm wenigstens sagen.
MARQUIS beiseite. Es wäre möglich – laß sehen! Laut. Ihr heißt Peter?
IWANOW. Ja, zum Henker, ich habe es schon einmal gesagt.
MARIE leise. Wirst du dem Herrn gleich freundlich antworten, du grober Mensch!
IWANOW. Du wirst doch nicht verlangen –
MARIE. Ich tanze heut keinen Schritt mit dir.
IWANOW. Aber Marie. –
MARIE böse. Adieu, Herr Iwanow!
IWANOW mit grimassierter Freundlichkeit zum Marquis. Ich heiße Peter Iwanow. Für sich. Daß dich ein Donnerwetter!
Fünfzehnter Auftritt
Die Vorigen. Zar.
Nr. 7. Finale
ZAR zu Marie und Iwanow.
Das Fest beginnt, seid ihr bereit und fertig?
Schon ertönt lautes Jubelgeschrei;
Man ist des Brautpaars nur gewärtig,
Dann ziehn sie im Glanze hier vorbei.
MARIE.
Eben recht, daß Ihr kommt, denn nur Ihr seid der Mann,
Der den Kopf diesem Herrn da zurechtsetzen kann.
ZAR.
Was gibt es wieder?
MARIE.
Händel zwischen den beiden;
Daß man mich hübsch findet, will er nicht leiden,
Und ich kann doch, weiß Gott, nichts dafür.
IWANOW.
Deine Hübschigkeit geht den Franzosen nichts an.
MARQUIS der den Zaren beobachtet.
Das ist wahrlich ein anderer Mann.
Die edle Bildung, der feurige Blick!
IWANOW für sich, auf den Marquis blickend.
Wart nur, dir brech ich noch das Genick.
ZAR für sich.
Ein Franzose, wie kommt der hierher?
MARIE zu Iwanow.
Du wütest wieder gar zu sehr.
IWANOW.
Oh, daß er doch bei allen Teufeln wär‘!
MARQUIS.
Das ist fürwahr kein gewöhnlich Gesicht.
Laß sehn, vielleicht täusche ich mich nicht.
Er tritt zwischen Marie und Iwanow.
Ich kam nicht, Zwietracht zu erregen
Hierher, das glaubt mir sicherlich.
Drum frag ich, lieber Freund, weswegen
Seid Ihr so bitterböse nur auf mich?
Laßt Euren Zorn entschwinden
Und reicht versöhnlich mir die Hand;
Ist, eine Schöne schön zu finden,
Denn ein Verbrechen hierzuland?
Ich kann kein reizend Wesen sehn,
Muß huld'gend nahn;
Ist hier vielleicht zuviel geschehn,
Erbitt ich gnäd'ge Strafe mir.
MARIE.
Ich darf in Wahrheit eingestehen,
Er huldigte sehr artig mir:
Hat er zuviel mich angesehen,
Wird gnäd'ge Strafe ihm dafür.
IWANOW.
Ich darf in Wahrheit eingestehen,
Er huldigte gehörig ihr;
Das soll ich alles so ansehen,
Und doch verargt den Zorn man mir.
ZAR.
Ich darf in Wahrheit eingestehen,
Der Mann aus Frankreich scheinet mir
Nicht auf Erobrung auszugehen,
Ihn fesseln andre Zwecke hier.
Zum Marquis.
Wo sind Sie her, mein Herr, wenn mir erlaubt zu fragen?
MARQUIS tritt dem Zaren zur Linken.
Von Rijswijk, der Gesandtschaft dien ich dort;
Wir reisen ab in wenig Tagen.
ZAR.
Warum verlassen Sie den Ort?
MARQUIS den Zaren stets fixierend.
Der Grund ist einfach, es kam uns zu Ohren –
Die Nachricht wurde als verbürgt genannt –
Der Zar sei rettungslos verloren,
Der Russen Niederlage ist nur zu bekannt.
ZAR heftig.
Unmöglich!
MARQUIS für sich.
Es ist der Zar, bei meiner Ehr‘.
ZAR.
Wer sagt das?
MARQUIS.
's ist gewiß, der Russen tapfres Heer
Soll vom Großwesir total geschlagen sein.
Indem wir reden, ziehen sie in Moskau ein.
ZAR sich vergessend.
Ha, schändlich ist's erlogen!
Die Türken weit und breit,
Sie zittern vor der Russen Tapferkeit;
Die Siege bei Procop verkünden ihre Taten.
MARQUIS leise sprechend, zum Zaren.
Sie sind der Zar, Sie haben sich verraten.
ZAR für sich.
Was tat ich?
MARIE UND IWANOW die sich zurückgezogen, vortretend.
Was habt ihr?
ZAR.
Es ist nichts, mein Freund, glaube mir.
IWANOW triumphierend zum Zaren.
Du nimmst dich meiner treulich an,
Das ist brav!
MARIE spottend zu Iwanow.
Was hat man dir zuleid getan,
Du armer, armer Mann?
Musik auf dem Theater.
Ach die Musik, ei das ist gut.
Es geht zum Tanz.
IWANOW.
Mir ist gar nicht tanzerig zumut.
Sie gehen nach dem Hintergrund.
MARQUIS zum Zaren.
Sire, ich habe Sie erkannt.
ZAR.
Wer sind Sie?
MARQUIS.
Marquis von Chateauneuf,
Vom König von Frankreich hierhergesandt.
Wollen Sie die Gnad‘ gewähren,
Mich huldreich anzuhören?
ZAR leise.
Man kommt. Auf Ihr Inkognito bedacht!
Wir treffen uns, für jetzt so viel,
Daß mir Ihr Hiersein Freude macht,
Es führt vielleicht uns zum gehofften Ziel.
Sechzehnter Auftritt
Die Vorigen. Meisterin Browe. Braut und Bräutigam nebst Gefolge. Musikanten.
CHOR.
Lustig zum Tanze, jubelt, springet,
Lustig zum Schmause, Gläser klinget!
Schmücket mit Kränzen das bräutliche Haus!
Glück, Heil und Segen
Auf allen Wegen
Dem lieblichen Paar!
Doch übers Jahr
Bringen wir neue Wünsche dar.
MEISTERIN BROWE.
Ist es gefällig, Jungfer Marie,
Euch unserm Zuge anzureihn?
MARIE.
Ihr seid zu gütig, die Braut geleiten
Wird mir 'ne große Ehre sein.
MEISTERIN BROWE.
Dann laßt uns gehen, dort in der Schenke
Ist zum Empfang schon alles bereit.
IWANOW.
Weißt du, Marie, was ich jetzt denke?
Ich wollte, wir wär'n auch so weit.
MARIE.
Sieh doch nicht so grämlich drein,
Versprich mir, recht hübsch fromm zu sein,
Und plage dich nicht mit Sorgen.
Ist es nicht heute, ist es doch morgen,
In kurzem sind wir auch so weit,
Dann singt man uns, so wie ihnen heut.
Lustig zum Tanze, jubelt, springet,
Lustig zum Schmause, Gläser klinget!
CHOR.
Lustig zum Tanze, jubelt, springet,
Lustig zum Schmause, Gläser klinget!
MEISTERIN BROWE erblickt Chateauneuf.
Wer ist der Fremde, kennt ihr ihn nicht,
Mit welchem Peter so eifrig spricht?
CHOR.
Wer ist der Fremde, kennt ihr ihn nicht?
IWANOW.
Neugierig seid ihr ganz und gar nicht.
's ist ein Franzose, der dort steht
Und allen Mädchen den Kopf verdreht.
DIE MÄDCHEN sich vordrängend.
Allen Mädchen?
MARIE.
Das ist nicht wahr!
IWANOW.
Ja so, nur einer.
DIE MÄDCHEN.
Ist das wahr, ist das wahr?
IWANOW.
Jetzt ist mir's klar.
MEISTERIN BROWE.
Scheint ein Bekannter von Peter zu sein,
Dann ist es schicklich, man ladet ihn ein.
Sie will sich dem Zaren nähern, welcher bis dahin mit dem Marquis eifrig gesprochen hat.
IWANOW.
Das fehlte noch!
ZAR mit steigendem Feuer.
Denen ich Lieb um Lieb geweiht,
Glanz und Wohlstand gegeben,
Mir trachten die Falschen nach dem Leben!
Doch die Verräter sollen es büßen!
Sterben seh ich sie bald zu meinen Füßen!
Alle werden aufmerksam.
MARQUIS bemerkt es und flüstert dem Zaren zu.
Vorsicht, Sire, man merkt auf uns.
ZAR faßt sich schnell und wendet sich mit erkünstelter Heiterkeit zu den übrigen.
Lustig zum Tanze, jubelt, springet.
Für sich.
Mein heißes Blut verrät mich.
MARQUIS einfallend.
Lustig zum Schmause, Gläser klinget!
CHOR.
Lustig zum Tanze, jubelt, springet,
Lustig zum Schmause, Gläser klinget!
ZAR zum Marquis.
Hier lauscht man jedem unsrer Worte,
Ich harre Ihrer am genannten Orte.
Dort, von der Gäste Schwarm umrauscht,
So leicht kein Späher uns belauscht.
Heiter zum Chor.
Die Zeit verrinnt, das Fest beginnt!
CHOR.
Die Zeit verrinnt, das Fest beginnt!
Der Tag sei nur der Lust geweiht,
Auf, auf zur Freud und Fröhlichkeit!
MARIE.
All diese bangen Zweifel, wann werden sie wohl enden?
Schenkst du mir nicht Vertrauen, so wirst du nie mein Mann.
Ich glaube, wenn wir beide schon vorm Altare ständen,
So fingst du, mich zu quälen, von neuem wieder an.
Denn deinem Wort ist nicht zu glauben,
Und bin ich auch dein Weibchen, so hegst du dennoch Zweifel,
Denn seh ich mich nur um, so wandelt Eifersucht dich an.
Doch weg mit Grillen, weg mit Sorgen,
Tanzt und jubelt bis zum Morgen!
Ach, wie gerne möcht ich dir vertraun,
Leider kann ich nie auf deine Schwüre baun.
IWANOW.
All diese bangen Zweifel, sie werden dann erst enden,
Wenn ich als teure Gattin ans Herz dich schließen kann.
Oh, daß wir doch nur beide schon vorm Altare ständen.
Wie ruhig und zufrieden, wie glücklich wär‘ ich dann.
Ja, auf mein Wort, du darfst mir traun,
Ja, auf mein Wort, du darfst mir glauben!
Bist du nur erst mein Weibchen, dann schwinden alle Zweifel
Und nimmer wandelt mehr ein Zug von Eifersucht mich an.
Doch weg mit Grillen, weg mit Sorgen,
Tanzt und jubelt bis zum Morgen!
Ja, du kannst auf meine Schwüre baun.
Ich schwör es, du darfst mir kühn vertraun.
ZAR UND MARQUIS.
Mög‘ der Himmel gnädig wenden,
Was Verräterlist ersann,
Sonst muß blutig ich vollenden,
Sonst wird blutig er vollenden,
Und bestrafen diesen Plan.
Wo Undank wohnt, nicht Frieden thront.
Mein Volk beglücken ist mein eifriges Bestreben,
Sein Volk beglücken war sein eifriges Bestreben,
Undank ist dafür mein Lohn.
Undank ist dafür sein Lohn.
MEISTERIN BROWE UND CHOR.
Freude streut mit vollen Händen
Heute Gaben jedermann,
Wollet drum den Wortkram enden,
Daß das Fest beginnen kann.
Ja, dieser Tag sei nur geweiht
Der Fröhlichkeit, der Heiterkeit;
Drum weg mit Grillen, weg mit Sorgen,
Tanzt und jubelt bis zum Morgen!
Alles wendet sich zum Gehen.
Nr. 8 a. Introduktion (Allegro jubiloso).
Zweiter Aufzug
Das Innere einer großen Schenke
Der offene Hintergrund gewährt die Aussicht in den Garten mit Lauben und Bogengängen; Blumengewinde und bunte Lampen zieren das Ganze. Im Vordergrund wie im Garten befinden sich Stühle, Bänke und Tische mit Krügen, Flaschen, Gläsern, Pfeifen usw.
Erster Auftritt
Zar, Iwanow sitzen vorn links zur Seite und rauchen. Zimmerleute, Frauen und Mädchen sitzen teils an Tischen und trinken, teils gehen sie umher, schäkern usw. Beim Aufziehen des Vorhangs muß das Ganze ein lebendiges Bild zeigen.
Nr. 8 b. Chor
CHOR.
Hoch lebe die Freude, hoch!
Nur sie ist die Würze im Leben.
Was wünscht der Mensch wohl noch,
Ist Freude ihm gegeben?
EINZELNE STIMMEN.
Mich freut ein Gläschen, mich freut ein Mädchen,
Mich ein schön Mieder, mich frohe Lieder.
ALLE.
Gesundheit und ein heitrer, froher Sinn
Reichen schon zur Freude hin.
Drum freuet euch!
Worüber, das bleibt sich gleich.
MÄNNER.
Frau Gevattrin, Ihr sollt leben!
FRAUEN.
Ei, wir danken schön dafür.
MÄNNER.
Und die Frau Nachbarin daneben!
FRAUEN.
Uns zu bedanken nach Gebühr.
ALLE.
Wenn auch das Glas in Stücken zerfällt,
Stoßt an, es leb‘ die ganze Welt. Juchhe!
Schenket euch ein und trinket alle Gläser leer,
Wer doch sein lebelang so froh und fröhlich wär‘!
Stoßt an! Juchhe!
Zweiter Auftritt
Die Vorigen. Lefort.
IWANOW steht gegen Ende des Chores auf. Nein, nun halt ich's nicht länger aus, ich muß sehen, wo sie steckt. Er geht nach dem Hintergrunde.
ZAR. Nun, Iwanow, wohin? Er erblickt Lefort. Ha, Lefort!
LEFORT tritt zu ihm, leise. Alles ist zur Abreise bereit.
ZAR. Noch einen Augenblick, Lefort. Ich erwarte jemand, dessen Anwesenheit meine Pläne ändern könnte.
LEFORT. Darf ich fragen, wen?
ZAR. Den französischen Gesandten.
LEFORT. Und seine Absicht?
ZAR. Ist, meine Anwesenheit in Saardam zu benutzen, mich zu gewinnen, und ich gestehe, daß die Allianz gerade in diesem Augenblick mir mehr als willkommen wäre. Sie sprechen leise weiter.
IWANOW tritt wieder vor. Es ist von ihr nichts zu hören noch zu sehen, und ich hätte so viel mit ihr zu bereden. Oh, warum muß man sich doch, wenn man verliebt ist, ewig abquälen? Ich sehe gar nicht ein, warum, nicht einmal die Notwendigkeit.
MEHRERE GÄSTE rufen. Bier her, Rum!
Dritter Auftritt
Die Vorigen. Marquis von Chateauneuf.
MARQUIS tritt als holländischer Offizier verkleidet auf, den Zaren suchend. Ich muß gestehen, die Gesellschaft ist nicht übel für gekrönte Häupter und ihre Gesandten.
ZAR den Marquis erblickend, für sich. Ha, Chateauneuf. Laut. Kamerad, Kamerad!
IWANOW. Wieder ein neuer Gast.
Zar reicht dem Marquis die Hand und lädt ihn zum Sitzen ein.
MARQUIS setzt sich auf Iwanows Platz. Guten Tag, Kameraden.
IWANOW für sich. Der macht nicht viel Umstände. Laut. Hört, guter Freund, das ist mein Platz.
MARQUIS. So? Das freut mich.
IWANOW für sich. Gott steh mir bei. Das ist der Franzose von heute früh.
ZAR zu Iwanow. Nun, was fehlt dir? Du scheinst ja ganz verwirrt.
IWANOW. O nichts. Beiseite. Wetter! Ich errate, weshalb er kommt. Er hat es auf Marie abgesehen. Nun wird mir's nachgerade zu bunt.
ZAR. Iwanow – nimm deine Pfeife.
IWANOW trocken. Ich habe schon geraucht.
ZAR. So nimm dein Glas –
IWANOW. Ich habe keinen Durst.
ZAR. Ich wollte auf Maries Gesundheit trinken.
MARQUIS. Wer ist das schöne Kind?
IWANOW zum Marquis. Tun Sie mir den Gefallen, stellen Sie sich nicht so unschuldig.
ZAR. Du bist übel gelaunt.
IWANOW. I behüte. Ich kam hierher, mich lustig zu machen, und das tue ich auch. Juch! – Ich möchte verrückt werden!
Zar, Marquis und Lefort lachen.
Vierter Auftritt
Die Vorigen. Marie. (sehr eilig.)
MARIE zu Iwanow. Aber, wo steckst du denn? Ich suche dich überall.
IWANOW. Siehe da, es freut mich, daß ich endlich das Vergnügen habe –
MARQUIS sich umsehend. Die Kleine sieht bezaubernd aus.
LEFORT. Allerliebst.
ZAR. Bist du nun zufrieden, Iwan? Leise zum Marquis. Zur Sache, Herr Marquis!
IWANOW. Allerliebst, bezaubernd! Und das hörst du alles an?
MARIE. Mein Gott, ich kann den Leuten doch das Reden nicht verbieten. Geh, du bist wieder recht brummig! Ich habe mich so oft auf den heutigen Abend gefreut, aber immer mußt du mir die Lust verbittern. – Komm mit, wir haben uns in der großen Laube versammelt und wollen das Brautlied singen, das uns Peter Michaelow gelehrt hat, du tanzest dann mit mir die Runde.
IWANOW. Marie, sieh mir einmal ins Gesicht.
MARIE tut es. Nun?
MARQUIS zieht mehrere Papiere hervor, leise zum Zaren. Hier ist der Traktat, wenn Euer Majestät ge ruhen wollen –
IWANOW. Hast du mich wirklich aufgesucht?
MARIE. Wen soll ich denn suchen?
IWANOW. Es könnte ja auch wohl der gewisse Jemand sein.
MARIE lauter. Du meinst doch nicht den Franzosen?
Marquis hört es und sieht sich um.
IWANOW. Ja, sehen Sie sich nur um, die Rede ist von Ihnen.
MARIE. Pfui, Iwan, das war wieder ein schlechter Witz.
MARQUIS steht auf. Sie haben mich also wiedererkannt, mein schönes Kind?
IWANOW. Jetzt geht das Courschneiden wieder los.
MEHRERE GÄSTE haben sich, während der Zar liest, hinter ihm gesammelt. Was haben denn die da zu verhandeln?
ANDERE. Wohl Staatsgeheimnisse?
MARIE die sich mit dem Marquis unterhielt. Nein, mein Herr, wir haben keine Zeit, wir müssen zum Konzert.
MARQUIS lacht. Zum Konzert?
MARIE mit einem Knicks. Ich bin die Sängerin, mit Ihrer Erlaubnis, ich singe vor.
MARQUIS. Ach, dürfte ich Ihnen doch nachsingen.
MARIE. Das steht Ihnen frei. Können Sie denn auch singen?
MARQUIS. Ei wohl, aber nur zärtliche, schmachtende Romanzen. Er geht zum Zaren zurück.
IWANOW läuft herum. Gott steh mir bei! Zu Marie. Komm, Marie. wenn der Kerl gar anfängt zu singen, trifft mich der Schlag.
MARQUIS leise zum Zaren. Sie werden beobachtet.
IWANOW. Komm, Marie, mir fängt an schwül zu werden.
MARIE. Gleich! gleich! Zum Marquis. Bitte, lieber Herr, singen Sie etwas Schmachtendes.
IWANOW. Aber Marie. –
ZAR leise zum Marquis. Tun Sie es, damit ich ungestört bin.
MARQUIS zu Marie. Was könnte ich Ihnen abschlagen? Sie wünschen also –
MARIE. Etwas recht Zärtliches; hier auf Iwanow zeigend dieser junge Mann hört es so gern.
Iwanow seufzt.
MARIE. Hören Sie, wie er seufzt. Ja, solche Lieder sind seine Passion, so etwas zum Zerfließen! Leise zu Iwanow. Das ist für deinen niedrigen Argwohn.
MARQUIS. Tretet näher, meine Freunde, und singt den Endreim mit.
Alle sammeln sich um den Marquis.
Zar an seinem Tische, liest ungestört.
Nr. 9. Lied mit Chor
MARQUIS.
Lebe wohl, mein flandrisch Mädchen,
Wider Willen muß ich fort;
Doch ich liebe dich von Herzen,
Darauf geb ich dir mein Wort.
Teurer weit als meine Seele
Bist du, o Geliebte, mir!
Und keiner andern soll's jemals gelingen,
Mir auch entfernt nur gefährlich zu sein;
Konnt‘ ich dein Herz, deine Liebe erringen,
Kann ich auch ewige Treue dir weihn!
MARIE, MARQUIS UND CHOR.
Ewige Treue will ich ihr weihn.
Ewige Treue will er ihr weihn.
Ich will ewige Treue der Teuren weihn.
Er will ewige Treue der Teuren weihn.
MARQUIS.
Gib mir diese seidne Locke,
Auf dem Herzen ruhe sie,
Meiner holden Maid aus Flandern,
Die ich wider Willen flieh,
Ihrer werd ich mich erinnern,
Wenn mich Kampf und Schlacht umgibt.
Doch wirst du auch einstens meiner gedenken
Der dir gehöret mit Herz und mit Sinn,
Und eine Träne der Wehmut mir schenken,
Wenn ich nicht mehr unter Lebenden bin?
Wirst du auch meiner zärtlich gedenken,
Teures Mädchen, der dir stets gehöret mit Herz und Sinn?
MARQUIS, MARIE UND CHOR.
Der dir gehört mit Herz und Sinn;
Wirst du mein auch gedenken mit Herz und Sinn?
Fünfter Auftritt
Die Vorigen. Meisterin Browe kommt von hinten.
MEISTERIN BROWE. Bringt die Tische und Bänke beiseite, wir müssen hier tanzen; es wird zu feucht im Garten, und das ist für junge Eheleute nicht gut.
MARIE. Frau Meisterin, ist mein Oheim noch im Garten?
MEISTERIN BROWE. Ei freilich, er tut mehreren Zimmerleuten die Ehre an, mit ihnen zu trinken, und schreit dabei, daß einem Hören und Sehen vergeht.
MARIE. Desto besser, so denkt er nicht an mich.
IWANOW. Du fürchtest wohl, er möchte dich in deiner höchst angenehmen Unterhaltung stören, denn du bist über das Lied ja ordentlich verzückt!
MARIE. Höchst!
IWANOW. Ganz außer dir.
MARIE. Höchst.
IWANOW. Du beträgst dich –
MARIE. Wie eine Verzückte.
MEISTERIN BROWE. Aber, was habt ihr denn miteinander?
MARIE. Herr Iwanow setzt mir soeben die Romanze auseinander, die der Herr sang.
MEISTERIN BROWE. Dummes Zeug! Stellt euch zum Tanz, gleich kommt die Musik. Sie geht anordnend nach dem Hintergrunde.
IWANOW. Nichts setz ich auseinander, aber die Romanze setzt uns auseinander, und ich danke Gott, daß mir endlich die Augen geöffnet wurden. Oh, ich merke alles, ich bin nicht so dumm. Der verkappte Franzose hat dich bestrickt, will dich zur Gräfin, zur Prinzessin, zur – Gott weiß was – machen, und mich denkst du so lange an der Nase herumzuführen – aber nein, so haben wir nicht gewettet. Gott ist mein Zeuge, ich habe dich so herzlich liebgehabt, ich hätte mein Leben für dich gegeben, ich wäre mit dir in den Kanal gesprungen. Aber nein, erst werfe ich den Romanzensänger hinein und dann – dann springe ich noch lange nicht hinterdrein.
MARIE nach einer kleinen Pause, ernst. Wäre dein Betragen einer Erwiderung wert, so würde ich dir antworten, so aber will ich es bis morgen versparen, wenn du ausgeschlafen hast. Das eine nur: halte mich nicht für herzlos und glaube gewiß, daß deine Rede mich erschüttert haben würde – ich schwöre es dir tragisch bei der Liebe, die ich stets für dich gehegt habe -, wenn du mir nicht die beruhigende Gewißheit gegeben hättest, daß du – mit Humor unter keiner Bedingung ins Wasser springst. Sie lacht.
IWANOW. Das hab ich nun davon, jetzt lacht sie mich noch aus. O Weiber, Weiber!
Sechster Auftritt
Die Vorigen. van Bett.
VAN BETT noch hinter der Szene. Schon gut, schon gut! Stattet mir morgen Euern Bericht ab; jetzt hab ich keine Zeit.
MARIE. Mein Oheim, er darf mich hier nicht finden! Sie versteckt sich unter der Menge.
MEISTERIN BROWE mit van Bett vortretend. Was, gibt's, Herr Bürgermeister?
VAN BETT. Kleinigkeit. Soeben meldet mir mein Schreiber, daß verschiedene Gefangene meine Abwesenheit benutzt haben und entwichen sind.
MEISTERIN BROWE. Ei, das ist denn doch –
VAN BETT. Pah, das ist mir schon hundertmal passiert. Er blickt spähend umher.
MEISTERIN BROWE. Wen suchen denn der Herr Bürgermeister?
VAN BETT. Ich reflektiere bloß. Für sich. Der Mann von 2000 Pfund läßt lange auf sich warten. Er erblickt Iwanow. Ah, sieh da, Herr Iwanow! Ich freue mich, daß ich die Ehre habe.
MEISTERIN BROWE. Ei, Sie sind ja auf einmal gewaltig höflich gegen einen Zimmergesellen.
VAN BETT leise. St! Erinnert Ihr Euch, Frau Browe, was ich heute früh zu Euch sprach?
MEISTERIN BROWE ebenso. Wegen Iwanow?
VAN BETT. Ich sagte Euch: dieser vermeinte Zimmergeselle ist nicht, was er scheint; er ist entweder ein Prinz oder ein Spitzbube, ein Mittelding gibt's nicht.
MEISTERIN BROWE. Aber, gestrenger Herr Bürgermeister –
VAN BETT. Prinz oder Spitzbube, denkt an mich. Er sieht sich um. Da kommt der Mylord. Zur Witwe Browe. Laßt Euch aber nichts merken.
MEISTERIN BROWE sich zurückziehend. Der schwatzt wieder entsetzlich viel dummes Zeug.
Siebenter Auftritt
Die Vorigen. Lord Syndham, als holländischer Schiffer verkleidet, tritt vor.
VAN BETT ihm entgegen. Ah – Euer Herrlichkeit.
LORD leise. St! Hier bin ich nicht Lord.
VAN BETT ebenso. Das konnt‘ ich mir gleich denken. Ich habe schon alles eingeleitet. Dort Auf Iwanow deutend. dort ist unser Mann.
LORD. Sind Sie Ihrer Sache auch gewiß?
VAN BETT. Das sollen Sie gleich hören. Laut. Herr Iwanow!
IWANOW. Zu Befehl! Für sich. Aha, das ist der Oberst!
VAN BETT leise zum Lord. Sehen Sie, alles ist richtig.
LORD. Was richtig?
VAN BETT. Alles. Hören Sie nicht, er sagte: zu Befehl.
LORD. Nun?
VAN BETT. Wenn einer »zu Befehl« sagt, ist alles richtig.
LORD. Ich werde mich überzeugen.
IWANOW. Holla! Rum! Gläser!
ZAR. Papier und Tinte.
Man bringt das Verlangte. Der Chor hat sich währenddessen zurückgezogen.
Nr. 10. Sextett
VAN BETT, LORD, IWANOW, MARQUIS, ZAR, LEFORT.
Zum Werk, das wir beginnen,
Braucht es der Klugheit Macht,
Um Großes zu gewinnen
Durch Pläne, schlau erdacht.
Drum prüfe sich ein jeder,
Jetzt ist dazu noch Zeit,
Auf daß dann keiner später
Geschehenes bereut. Ans Werk!
Alle setzen sich: der Lord, van Bett und Iwanow an den Tisch rechts, der Zar, der Marquis und Lefort links.
LORD zu van Bett.
Sind Sie gewiß, daß wir ganz ungestört?
VAN BETT.
Sei'n Sie versichert, daß niemand hier uns hört.
LORD nach rechts zeigend.
Doch jene Leute an dem Tische dort?
VAN BETT.
's sind lust'ge Vögel, hören nicht ein Wort.
Doch bäte ich, zum Ziele zu gelangen.
Daß jeder nun frei und offen seine Meinung sagt.
IWANOW.
Das ist mir lieb.
VAN BETT.
Heraus denn ohne Bangen,
Hier unter Freunden keiner etwas wagt.
MARQUIS.
Sind Sie gewiß, daß niemand hier uns hört?
ZAR.
Sei'n Sie ganz ruhig, wir sind ganz ungestört.
MARQUIS.
Doch jene Zecher an dem Tische dort?
ZAR.
's sind lust'ge Vögel, sie schwatzen, sie trinken
Und hören nich ein Wort.
LORD zu Iwanow.
Geruhen Majestät mich anzuhören.
VAN BETT erstaunt.
Majestät?!
IWANOW.
Ei, wie komm ich so zu Ehren?
LORD.
Verzeihung, ich vergaß –
VAN BETT für sich.
'ne Majestät.
Laut.
Aha!
LORD.
Nicht unvorsichtig, Herr van Bett!
IWANOW zum Lord.
Ganz frei heraus, lieber Herr, ich dächte,
Daß meine Sache man recht bald in Ordnung brächte,
Auf daß ich könnte ruhig sein.
LORD.
Sire, das liegt an Ihnen nur allein.
VAN BETT für sich.
Es ist ein Sire, das leuchtet mir jetzt ein.
MARQUIS zum Zaren.
Gestatten Majestät mir eine Frage?
ZAR.
Sehr gern.
MARQUIS.
Was halten Sie von dem Vertrage?
ZAR zum Marquis.
Zur Antwort, daß ich gern, ich will nicht leugnen,
Bereit wär‘, den Traktat zu unterzeichnen,
Wenn ausgedehnte Vollmacht Ihnen ward.
MARQUIS übergibt eine Schrift.
Hier der Beleg, daß nichts daran gespart.
LORD der währenddessen mit Iwanow gesprochen, freudig zu van Bett.
Ich rücke näher schon dem Ziel.
VAN BETT.
So schnell? Ei, das ist wirklich viel.
LORD.
Sehr viel.
VAN BETT.
Entsetzlich viel!
Leise zum Lord.
Doch sagen Sie mir nur mit einem Worte,
Sie nannten diesen Mann ja Majestät –
LORD.
Nun freilich.
VAN BETT.
Was ist's denn für ne Sorte
Von Majestät?
LORD.
St!
VAN BETT.
St! Ich bin ganz Ohr.
Beiseite.
's ist nicht richtig, alle beide
Kommen mir verdächtig vor.
ALLE.
Unsre Absicht zu erreichen,
Laßt uns schlau zu Werke gehn;
Denn auch nicht das kleinste Zeichen
Deute, daß wir uns verstehn.
Darum leise und mit Vorsicht
Werde jeder Schritt getan:
Nur auf solche Weise gelinget der Plan.
VAN BETT.
Man möchte gleich des Teufels werden,
Wenn man nie etwas erfährt.
ZAR zum Marquis.
Den Entwurf nun aufzusetzen,
Sehn Sie ernstlich mich bereit.
Er schreibt.
IWANOW zum Lord.
Nur über eines bin ich nicht im klaren,
Drohn mir denn künftig auch wirklich nicht mehr Gefahren?
Sie sagten vorhin, man forsche noch nach mir.
LORD.
Darüber kann ich ganz genau berichten, Sire;
Die Herren Gesandten fremder Mächte, sie trachten
Sich Ihrer zu bemächt'gen
Leise.
in Person.
Sie sprechen weiter.
VAN BETT beiseite.
Sich seiner zu bemächt'gen, alle Wetter!
Das ist ein Demagoge, so viel merk ich schon.
Dann kann er doch auch nicht von hoher Abkunft stammen,
Denn Prinz und Demagoge, das paßt doch nicht zusammen.
Lauter Wirrwarr, keine Klarheit!
Lauter Lügen, keine Wahrheit!
IWANOW zum Lord.
Das eine nur, mein Herr, bemerk ich Ihnen:
Nicht hab ich Lust, ferner noch zu dienen.
LORD.
Ha, ich versteh, Neutralität ist Ihnen lieber.
IWANOW bejahend.
Neutralität.
VAN BETT.
Neutralität, da geht nichts drüber.
ZAR.
Hier mein Entwurf, lesen Sie, Marquis.
LORD leise zu van Bett.
Ich bin am Ziel. Um eins noch bitt ich Sie,
Mir ferner beizustehn, wie es geschah bisher.
VAN BETT.
Versteht sich, die seltne Ehr‘ –
LORD.
Fortan sei Ihre erste Pflicht,
Streng zu verhüten, daß ihn jemand spricht,
Vorzüglich niemand Fremdes! Sie verstehn mich doch?
VAN BETT.
Ist's Ihnen recht, so steck ich ihn sogleich ins Loch.
LORD.
Herr, sind Sie toll? Was reden Sie für Zeug? –
Die tiefste Ehrfurcht –
VAN BETT.
Das dacht‘ ich mir gleich.
ZAR.
Nun, Marquis, sind Sie zufrieden?
MARQUIS der gelesen hat.
Welch glücklich Los ward mir beschieden,
Daß zum Vermittler mich mein König auserkor.
ZAR steht auf, die andern beiden mit ihm.
Unsre Ansicht?
MARQUIS.
Ist nur eine.
Sie reichen sich die Hände.
IWANOW steht auf, die andern mit ihm.
Ihre Ansicht ist die meine.
VAN BETT für sich.
»Ihre Ansicht ist die meine.«
's ist nicht richtig, alle beide
Kommen mir verdächtig vor.
ALLE.
Unsre Absicht zu erreichen,
Laßt uns schlau zu Werke gehn;
Denn auch nicht das kleinste Zeichen
Deute, daß wir uns verstehn.
Darum leise und mit Vorsicht
Werde jeder Schritt getan:
Nur auf solche Weise gelinget der Plan.
Lefort geht auf einen Wink des Zaren ab.
Achter Auftritt
Die Vorigen. Meisterin Browe. Marie.
Vor Anfang des Sextetts hatte sich ein Teil der Anwesenden teils entfernt, teils ganz in den Hintergrund gezogen. Alles tritt nun wieder vor.
MEISTERIN BROWE. Hierher die Musik! Sind die Tische noch nicht beiseite? Angepackt, junge Burschen! Frisch, munter, der Tanz geht los.
MARQUIS fröhlich. So ist's recht, lustig muß man sein. Das ist der schönste Tag meines Lebens. Er stößt auf den Lord. Was seh ich?
LORD. Das ist Marquis von Chateauneuf.
MARQUIS. Sie sind's, Mylord? Wozu diese Verkleidung?
LORD. Wie kommen Sie in diesem Gewande in die Schenke?
MARQUIS leise. St! Ein verliebtes Abenteuer, verraten Sie mich nicht.
LORD. Da geht's Ihnen wie mir, ich bin auch verliebt.
MARQUIS für sich. Der sucht, was ich bereits gefunden.
LORD für sich. Der gute Marquis kommt etwas zu spät.
EINIGE rufen. Zum Tanz! Zum Tanz!
ANDERE. Das Brautlied! Das Brautlied!
VAN BETT. Ruhe! Nicht so gelärmt, wenn Personen von hohem Range anwesend sind.
EINIGE unter sich. Was sagt er? Wie ist das?
LORD leise. Aber Herr Bürgermeister –
VAN BETT. Verstehe! Laut. Ich wollte sagen, wenn ich anwesend bin.
DIE GÄSTE unter sich. Ach so, wenn's weiter nichts ist.
VAN BETT. Frau Browe, ich glaube, das Volk räsoniert.
MEISTERIN BROWE. I behüte, sie meinen nur, aus Ihnen machten sie sich nichts.
VAN BETT. Das kann ich den Leuten nicht verdenken, besonders wenn ihrer so viele beieinander sind.- Näher, liebe Leute, geniert euch meinetwegen gar nicht. Tanzt und singt! Wo ist denn meine – Erblickt Marie, die sich unter der Menge versteckt hält. – Ah, sieh da, unsere teure Nichte.
MARIE. Mein Gott, ich suche Sie überall –
VAN BETT. Freut mich, daß du da bist. Beiseite. Jetzt kann ich ihr allenfalls erlauben, hierzubleiben, denn – ist er ein Prinz, so kann man nicht wissen –
MARIE. Sie erlauben mir also, hierzubleiben?
VAN BETT. I, was werde ich nicht. Es sind ja auf Iwanow deutend Personen gegenwärtig, denen deine Gegenwart vielleicht nicht ganz unangenehm ist. Für sich. Aha, die Majestät schmunzelt. Oh, es ist doch etwas Einziges um ein majestätisches Schmunzeln.
ALLE. Das Lied! Das Lied!
VAN BETT. Singe, mein Kind, befriedige die zarten Gemüter.
Marie steht in der Mitte; auf der einen Seite der Zar und der Marquis, auf der andern der Lord und van Bett, welche sich bemühen, Iwanow ins Gespräch zu ziehen, dieser ist aber nur mit Marie beschäftigt.
Nr. 11. Brautlied mit Chor
Während des Ritornells wird getanzt.
MARIE.
Lieblich röten sich die Wangen
Einer Jungfrau hold und schön;
Ihre Brust schwellt süßes Bangen,
Sieht ihr Aug‘ den Jüngling stehn.
Naht er ihr mit Liebesscherz,
Weiß sich's Mädchen nicht zu fassen;
Möcht ihn lieben, möcht ihn hassen.
Was bedeutet das, mein Herz?
Jungfrau, solche Zarten Triebe
Künden die erwachte Liebe!
Darum hütet eure Herzen,
Mit der Liebe gilt kein Scherzen.
CHOR.
Darum hütet eure Herzen,
Mit der Liebe gilt kein Scherzen.
MARIE.
Doch dein Herz ist schon getroffen:
Beim Geliebten ist dein Glück,
Und dein Sehnen und dein Hoffen
Strahlt sein Auge dir zurück.
Mägdlein ruft: wer rettet mich?
Mädchen, bald sollst befreiet du dich sehen.
Wirst du zum Altare gehen,
Legt dein Harm sich sicherlich.
Jungfrau war nicht mehr zu retten,
Seufzt nun in der Ehe Ketten.
Alle Mägdlein, trotz der Klagen,
Müssen solche Fesseln tragen.
CHOR.
Alle Mägdlein, trotz der Klagen,
Müssen solche Fesseln tragen.
Nach dem Lied Lärm von außen.
Neunter Auftritt
Die Vorigen. Lefort. Später kommt Meisterin Browe von hinten.
LEFORT eilig zum Zaren. Der Kurier von Moskau ist da. Die Empörung ist allgemein.
ZAR heftig. Tod und Hölle. Es ist die höchste Zeit. Fort nach Moskau!
MEISTERIN BROWE bestürzt. Mein Gott, was soll das bedeuten! Das ganze Haus ist von Soldaten umringt.
ALLE. Soldaten?
VAN BETT. Wer untersteht sich –
MEISTERIN BROWE. Da kommen sie schon. Sie tritt zurück.
ZAR. Verdammt, wie nun entkommen?
Zehnter Auftritt
Die Vorigen. Ein Offizier mit Wachen.
VAN BETT ihm entgegen. Herr, wie können Sie sich unterfangen, ohne mein Vorwissen –
OFFIZIER. Ich habe meine Verhaltungsbefehle, denen ich folgen muß.
VAN BETT beruhigt. Das ist etwas anderes. Wenn Sie Verhaltungsbefehle haben –
OFFIZIER. Sie sind der Bürgermeister von Saardam?
VAN BETT. Der bin ich. Zu den andern. Ja, wenn er Verhaltungsbefehle hat –
OFFIZIER. Dem Rate von Amsterdam wurde angezeigt, daß seit einigen Monaten auf den Schiffswerften von Holland sich Fremde einfinden und eine große Anzahl von Arbeitern weglocken; sie haben beschlossen, dieser Falschwerberei Einhalt zu tun.
LEFORT leise. Das geht auf uns.
ZAR ebenso. Still!
VAN BETT. Sag ich's doch! Die Bürgermeister von Holland verstehen alle nichts. Ich stehe dafür, daß zu Saardam –
OFFIZIER. Eben zu Saardam haben die meisten Abwerbungen stattgefunden.
VAN BETT. Hab ich's nicht gedacht? Und kein Mensch macht mir eine Anzeige davon.
OFFIZIER. Nach dem Beschlusse der Herren soll jeder Fremde, der sich nicht hinlänglich legitimieren kann, verhaftet werden.
VAN BETT. Verhaftet und eingesperrt. Meine Maxime!
IWANOW. Ich bin verloren.
ZAR. Das Abenteuer wird lustig.
VAN BETT. Halt, ich hab's! Seit heute morgen hab ich schon Verdacht. Er sieht sich um. Wir sind von Staatsverrätern umgeben.
ALLE erschrocken. Staatsverräter?
ZAR. Verwünscht!
IWANOW. O weh!
VAN BETT. Gleich sollt ihr euch überzeugen.
Nr. 12. Finale
Schon seit geraumer Zeit bemerk ich hier Gesichter,
Die mir ganz unbekannt;
Und die gehören sicherlich zu dem Gelichter,
Das man soeben mir genannt.
Mir wird es sicherlich gelingen,
Zum Geständnis sie zu bringen.
Sondieren werde ich ganz leise.
Daß ohn‘ Erlaubnis keiner spricht!
O ich bin klug und weise,
Und mich betrügt man nicht.
ALLE.
Was will er tun, wen will er zwingen?
Wen will er zum Geständnis bringen?
Schlauheit ist sonst seine Sache nicht.
VAN BETT.
Hier von diesen beiden Laffen
Hab ich einen ausersehn.
Zum Marquis.
He, was hast du hier zu schaffen?
Wirst du gleich es mir gestehn?
MARQUIS.
Gesandter des Königs von Frankreich und Navarra,
Marquis von Chateauneuf nennt man mich.
VAN BETT.
O weh! Was hab ich da getan!
Da kam ich gleich beim ersten übel an.
CHOR verwundert.
Ein Gesandter! Ein Gesandter von Frankreich?
VAN BETT ärgerlich zum Chor.
Von Frankreich, von England, von Spanien, von Schottland,
Das bleibt sich gleich.
Habt Respekt, das rat ich euch.
Zum Marquis.
Vergebung Euer Gnaden, denn ich irrte mich;
Den an Ihrer Seite, den meinte ich.
Zu Lefort.
Antworte mir, wer bist du? Sprich!
LEFORT.
Gesandter des Kaisers aller Reußen,
Admiral Lefort nennt man mich.
VAN BETT.
O Donnerwetter! Was soll das sein?
Das begreife ein andrer als ich.
CHOR.
Zwei Gesandte! Was soll das heißen?
Zwei Gesandte in der Schenke, wie wunderlich!
VAN BETT zu Lefort.
Verzeihung, erhabner Admiral!
Wie kann der Mensch sich irren,
's ist wahrhaftig ein Skandal!
SOLI UND CHOR.
Der Spaß fängt an uns zu belust'gen.
Laß doch sehn, wie weit er's treibt,
Ob er beim Examinieren bleibt.
VAN BETT erblickt den Lord, beiseite.
Halt! Jetzt hab ich's, der muß es sein,
Der mir die Pfunde zugedacht
Und noch kein Lot mir hat gebracht;
Der mich so frech belogen,
Unterhandlungen gepflogen
Hier bei trautem Rendezvous.
Heraus mit der Sprache! Wer bist du?
Bei Eurem Kopf, die Wahrheit gesteht!
LORD.
Gesandter der brit'schen Majestät,
Lord Syndham werde ich genannt.
VAN BETT.
Das ist zu toll, ich verliere den Verstand;
Wohin ich mich auch wende hier in dem Kreise,
Erblicke ich ein hochgebor'n Gesicht!
SOLI UND CHOR.
O er ist klug und weise,
Und ihn betrügt man nicht.
VAN BETT.
Stille, nicht Allotria getrieben!
Wird mein Ansehn so geehrt?
Wo bin ich doch gleich stehngeblieben?
Ja so, nun weiß ich's. Ihr Leute, hört!
Von denen hier sich nichts ermitteln läßt,
Drum hört mich an, was ich ersann!
Auf den Zaren und Iwanow deutend.
Gleich packt mir die zwei Burschen fest.
ZAR UND IWANOW.
Wen, mich?
Was fällt Euch ein?
MARIE UND MEISTERIN BROWE.
Nun geht's von vorne wieder an!
CHOR.
Was haben die ihm denn getan?
Sie wollen auf beide los.
VAN BETT.
Wollt ihr nicht auch Gesandte sein?
MEISTERIN BROWE.
Herr Bürgermeister –
VAN BETT.
Laßt mich gewähren!
MARIE.
Liebster Oheim –
VAN BETT.
Ich will nichts hören!
ZAR.
Ihr wollt es wagen?
VAN BETT.
Packt ihn, ihr Leute!
IWANOW.
Laßt Euch doch sagen –
VAN BETT.
Sie alle beide!
MARIE.
Aber so hört mich doch nur an,
Was hat Euch Iwanow getan?
VAN BETT.
Geh mir, Mädchen, schnell aus dem Gesicht,
Misch dich in Staatsgeschäfte nicht.
CHOR.
Er ist fürwahr im Kopfe toll!
Er weiß nicht, wen von allen er einsperren soll.
Und widerstrebt man ihm, braucht er Gewalt.
DIE ÜBRIGEN.
Fürwahr, er ist im Kopfe toll!
Er weiß nicht, wen er fangen soll,
Und widerstrebt man ihm, braucht er Gewalt.
VAN BETT.
Ich werde wahrlich noch im Kopfe toll!
Und einer ist es, den ich fangen soll,
Und braucht man Widerstand, brauch ich Gewalt.
Ihr alle räumt nun diesen Ort!
Ihr schleppt mir diese beiden fort!
Man will Iwanow fassen.
LORD schnell und leise zu van Bett.
Herr, wissen Sie auch, was Sie wagen?
Das ist der Zar.
VAN BETT.
Nicht möglich!
Auf den Zaren zeigend.
Dann packt mir diesen.
MARQUIS schnell und leise.
Herr Bürgermeister, wissen Sie, was Sie wagen?
Das ist der Zar.
VAN BETT.
Ach, was Sie sagen!
Sehr klug, sehr pfiffig, sehr schlau, sehr fein!
Nun wollen alle wieder Zare sein.
Abgetan, man will mich hier vexieren,
Ich lasse alles arretieren,
Gesandte – Zare – Wirte – Gäste,
Alles sperrt ein, so ist's das beste.
ZAR wütend.
Ha, wag es, mir zu nahn, wer noch Lust am Leben hat!
Mein Langmut ist zu Ende, und es wendet sich das Blatt.
In dem Staub zu meinen Füßen
Und zu spät wirst du erfahren,
Was, Verwegner, du gewagt.
Sollst du dein Vergehen büßen.
VAN BETT.
Was, du willst dich widersetzen? Diese Kühnheit geht zu weit!
Deine Frevel zu bestrafen, bin als Richter ich bereit.
Soviel darf getrost ich sagen,
Ich gebiete hier allein;
Solche Keckheit zu ertragen,
Müßt‘ ich mehr als Schwachkopf sein.
MARQUIS, LEFORT UND LORD.
Ha, er will sich widersetzen, es kommt noch zu blut'gem Streit!
Seine Kühnheit zu bestrafen, sehen wir ihn schon bereit.
Wenn wir ihn gewähren ließen,
Würde er bald Blut vergießen;
Doch davor ihn zu bewahren,
Werde alles gern gewagt.
CHOR.
Ha, er will sich widersetzen, es setzt sicherlich noch Streit,
Und gefangen ihn zu sehen, wäre doch uns allen leid.
Seinem Zorne nach zu schließen,
Kommt es noch zu Blutvergießen.
Könnten wir doch nur erfahren,
Weshalb er so vieles wagt.
MARIE UND IWANOW.
Seinem Zorn sich widersetzen,
Seinem Zorn mich widersetzen,
Sei du nimmermehr bereit,
Siehst du nimmer mich bereit,
Denn was könntest du gewinnen,
Denn was könnte ich gewinnen,
Führte es zu blut'gem Streit?
Nein, du darfst dich nicht entschließen,
Nimmer werd ich mich entschließen,
Ohne Not Blut zu vergießen.
Davor soll dich Gott bewahren,
Davor soll mich Gott bewahren,
Denn es hieße viel gewagt.
VAN BETT.
Wagt ihr hier noch ein Wort,
Sperr ich euch alle ein!
LORD, LEFORT UND CHOR.
Wagt man hier noch ein Wort,
Sperrt er uns alle ein!
ZAR.
Mein Geheimnis werd ich wahren,
Doch die Kühnheit nicht verzeihn.
MARQUIS.
Sein Geheimnis wird er wahren,
Den Gefahren nun sich weihn.
MARIE, MEISTERIN BROWE UND IWANOW.
Keine Silbe mehr zu wagen,
Wird das beste nun wohl sein!
MARIE, IWANOW, LEFORT, LORD UND CHOR.
Eilig uns fort von hier jetzt zu tragen,
Wird wohl das beste sein.
ZAR.
Wagst du nur noch ein Wort jetzt zu sagen,
Büßt du dein Leben ein.
MARQUIS.
Seinen Zorn zu ertragen,
Wird wohl das beste sein.
VAN BETT.
Solchen Hohn zu ertragen,
Müßt‘ ich ein Schwachkopf sein.
Gegen Ende geht der Bürgermeister auf den Zaren los, dieser schleudert ihn zurück, worauf sich van Bett unter einem Tische verkriecht; der Zar ergreift einen Stuhl und schlägt auf den Tisch, die Platte springt herunter und van Bett läuft mit dem Tisch als Halskragen durch die Menge, die ebenfalls handgemein wurde. Die Männer ergreifen Stühle und Bänke; die Weiber rennen durcheinander, die Soldaten verteidigen sich mit den Kolben, und unter allgemeiner Bewegung fällt der Vorhang.
Dritter Aufzug
Große Halle im Stadthause zu Saardam
Den Hintergrund bildet ein durch einen Vorhang geschlossener großer Bogen.
Erster Auftritt
van Bett gravitätisch auftretend und sinnend rund um die Halle schreitend; ihm dicht auf der Ferse folgt ein Ratsdiener, welcher eine Menge Notenblätter trägt; dann treten junge Mädchen und Burschen, ihn begrüßend, ein.
Nr. 13 a. Ensemble
VAN BETT zum Chor.
Den hohen Herrscher würdig zu empfangen,
Beschied ich, meine Freunde, euch allesamt hierher.
Es sollen Worte ihm zum Ohr gelangen,
Wie er auf dieser Welt vernimmt sie nimmermehr.
Worte voll Salbung, voll Demut und Moral,
Und Schmeicheleien ohne Zahl.
CHOR.
Laßt doch hören, laßt doch hören!
Alle sind wir gern bereit,
Einen Kaiser hoch zu ehren,
Der uns seine Liebe weiht.
Doch wir möchten gerne wissen,
Wer der große Herrscher ist,
Wenn wir ihn empfangen müssen,
Sprecht, wie heißt er?
VAN BETT.
Nun so wißt: 's ist der Kaiser aller Reußen.
CHOR.
Aller Reußen?
VAN BETT.
Oder Russen, wie ihr wollt.
Peter Iwanow hat er geheißen,
Dem man jetzt so hohe Ehre zollt.
CHOR.
Iwanow, der Zimmermann?
VAN BETT.
Das war sein Privatvergnügen;
Höhern Pflichten zu genügen,
Er den schlauen Plan ersann.
Lasset ohne Zeitverlieren
Die Kantate uns probieren,
Die zu anderm Zwecke zwar verfaßt,
Sich jedoch hierher grad‘ paßt.
CHOR.
Her die Noten!
VAN BETT.
Nur Geduld!
Die Worte sind von mir verfaßt,
In einer schönen Stunde;
Doch bin ich nur Poet, nicht Musiker, aus diesem Grunde
Erfand mein Freund, der Kantor, mir, auf daß es wirksam sei,
Zu diesen schönen Worten eine zarte Melodei.
Den Solosang werd ich mit Kraft und Grazie vollführen.
Ihr sollt den Chor mit Präzision riskieren!
Da in der Kirche ihr perfekt von Noten singt,
So ist es ganz natürlich, daß es hier euch auch gelingt.
CHOR.
Her die Noten, Ihr sollt sehen,
Daß wir uns darauf verstehen.
Ratsdiener verteilt die Noten und stellt alle in einem Halbkreis auf.
VAN BETT.
Nehmt die Noten!
CHOR.
Mir her!
Sie greifen danach.
VAN BETT.
Und Ruhe dann.
CHOR.
Mir her!
VAN BETT.
Jetzt fang ich mein Solo an:
»»Heil sei dem Tag, an welchem du bei uns erschienen.«
Dideldum. – Das ist das Zwischenspiel. –
»Es ist schon lange her,
Wir alle können uns nicht mehr darauf besinnen«,
Dideldum!
»Das freut uns um so mehr.
Aus vollem Herzen rufen wir: Heil uns, der Zar ist da!
Du bist ein großer Held! Vivat! Halleluja!«
O wie schön die Worte fließen.
Wie ein Bächlein über Wiesen;
Gar nicht schwülstig, ganz natürlich,
Und der Stilus so ausführlich.
Jeder Redesatz korrekt,
Das macht sicherlich Effekt.
CHOR.
Ja, wenn wir alle erst es wissen,
Macht es sicherlich Effekt.
VAN BETT.
Aufgepaßt! Schärfet alle Äug und Ohr,
Denn noch einmal trage ich die Stelle vor.
CHOR.
Aufgepaßt! Schärfet alle Aug und Ohr,
Denn noch einmal trägt er jetzt die Stelle vor.
VAN BETT.
Ruhe, schwatzt mir nicht so viel
Und habt acht aufs Zwischenspiel.
CHOR.
»Heil sei dem Tag, an welchem du bei uns erschienen,
Dideldum -«
VAN BETT ihnen nachäffend.
Dideldum! – Dideldum ist kein Gesang;
Es ist, ich sagte es euch schon,
Nur Instrumentenreflexion.
CHOR.
Aha! Es ist nur Reflexion.
VAN BETT.
Hört mich an, es ist nicht schwer,
Und dann schreit mir nicht so sehr.
Reißt die Mäuler nicht so weit,
Sonst wird's nichts in Ewigkeit.
»Heil sei dem Tag, an welchem du -«
CHOR.
»Heil sei dem Tag -«
VAN BETT.
Das ist zu hoch! Halt!
CHOR.
»Heil sei dem Tag -«
VAN BETT.
Das ist zu tief – schweigt still! Ruhe!
CHOR.
»An welchem du bei uns erschienen.«
VAN BETT.
Hört mich doch an!
DIE MÄDCHEN unter sich zankend.
Du hast gefehlt, ich war ganz recht.
VAN BETT.
Halt't eure Mäuler!
DIE MÄDCHEN.
Ich singe gut, du triffst so schlecht.
VAN BETT.
Wollt ihr schweigen!
CHOR.
Ihr sollt jetzt entscheiden, wer von uns gefehlt.
ALLE umringen van Bett und schreien ihm in die Ohren.
»Heil sei dem Tag, an welchem du bei uns erschienen!«
VAN BETT.
Euer Singsang ist ein Graus.
Statt daran sich zu ergötzen,
Reißt der Zar sich vor Entsetzen
Lieber alle Haare aus.
DIE MÄDCHEN.
Besser wird es uns gelingen,
Wenn wir ganz alleine singen,
Denn wenn Ihr dazwischen schreit,
Wird es nichts in Ewigkeit.
VAN BETT.
Darin bin ich eurer Meinung,
Jeder singe, wie er kann;
Fanget ohne meine Leitung
Noch einmal von vorne an.
CHOR der sich wieder im Halbkreis aufgestellt hat.
»Heil sei dem Tag, an welchem du bei uns erschienen.«
VAN BETT.
Jetzt tacet für den Chor.
CHOR.
»Es ist schon lange her.«
VAN BETT.
Bravo!
CHOR.
»Wir alle können uns nicht mehr darauf besinnen.«
VAN BETT.
St!
CHOR.
»Das freut uns um so mehr.
Aus vollem Herzen rufen wir:«
VAN BETT soufflierend.
Heil uns, der Zar –
CHOR.
»Heil uns, der Zar ist da.«
VAN BETT.
Schön, schön!
CHOR.
»Du bist ein großer Held! Vivat! Halleluja.«
VAN BETT.
O wie schön die Worte fließen.
Wie ein Bächlein über Wiesen.
CHOR.
Nun sprecht, wie haben wir gesungen,
Wie ist es uns gelungen,
Legen wir wohl Ehre ein?
VAN BETT.
Köstlich habt ihr nun gesungen,
Endlich ist es euch gelungen.
CHOR.
So werdet Ihr zufrieden sein?
VAN BETT.
So werde ich zufrieden sein!
CHOR.
So legen wir auch Ehre ein?
VAN BETT.
So legt ihr große Ehre ein!
CHOR.
Wir legen Ehre ein, das wird 'ne Freude sein!
Endlich ist es uns gelungen, und wir legen damit
Ehre ein.
VAN BETT.
Wie so schön die Worte fließen, wie ein Bächlein hin;
Gar nicht schwülstig, ganz natürlich,
Und der Stilus so ausführlich.
Ja, wir legen Ehre ein.
ALLE.
»Du bist ein großer Held, vivat hoch!«
Das wird 'ne große Freude sein,
Wir legen Ehre ein.
Alle wenden sich zum Gehen.
Zweiter Auftritt
Die Vorigen. Zar.
ZAR. Was geht denn hier vor?
VAN BETT. Was Euch nichts angeht, Ihr kecker Gesell. Binnen kurzem wird aber zwischen uns beiden etwas vorgehen, was Euch gar sehr angeht.
ZAR. Und das wäre?
VAN BETT. Sieh doch an, die liebe Unschuld, wie sie tut, als wäre nichts vorgefallen. Ihr wißt doch, daß Ihr mir einen Stoß versetzt habt?
ZAR. Ich, Herr Bürgermeister?
VAN BETT. Habt Ihr mir einen Stoß versetzt oder nicht?
ZAR. Ja, Herr Bürgermeister.
VAN BETT. Nun, das ist mir lieb –
ZAR.'s ist gern geschehen.
VAN BETT. Ausreden lassen! Es ist mir lieb, daß Ihr es eingesteht. Hätte der fremde Gesandte nicht für Euch Kaution gestellt, so säßet Ihr in Ketten und Banden. Verstanden? Jetzt habe ich die Feierlichkeit im Kopf, aber in einer Stunde werdet Ihr Euch einfinden, dann geht das Verhör los.
ZAR. Aber ich wüßte nicht –
VAN BETT. Ich sage Euch, das Verhör geht los, und wißt Ihr, was ein Verhör zu bedeuten hat?
ZAR. So halb und halb.
VAN BETT. Das ist mir lieb. Quousque tandem abutere, Catilina, patientia nostra? Wißt Ihr, was das heißt?
ZAR. Nein.
VAN BETT. Das heißt: Das Verhör geht los. Kommt, meine Freunde!
Nr. 13 b. Refrain
ALLE indem sie abgehen.
»Du bist ein großer Held, vivat hoch!«
Das wird 'ne Freude sein, wir legen Ehre ein.
Dritter Auftritt
Zar allein.
ZAR. Dummkopf! In einer Stunde kannst du dein Verhör auf offener See halten.
Vierter Auftritt
Zar. Marie.
MARIE. Gut, daß ich Euch finde. Ihr spracht meinen Oheim; hat er Euch gesagt, wie es mit Iwanow steht?
ZAR. Soviel ich weiß, gut. Er ist auf freiem Fuße, wie ich.
MARIE. Das wußte ich wohl; der eine Herr Gesandte hat sich für euch beide verbürgt, aber wie steht es denn weiter mit ihm?
ZAR. Weiter? Soviel ich weiß, gut.
MARIE. Seid nicht so wortkarg; sagt mir, ist er denn wirklich -?
ZAR. Was?
MARIE. Der Kaiser von Moskau?
ZAR. Die Leute sagen es, und Ihr Oheim überhäuft ihn mit Ehrenbezeigungen, also muß es doch wohl wahr sein.
MARIE verzweifelt. Also doch! Und so auf einmal! Ach, du lieber Himmel, was soll denn da aus mir werden? Als Kaiser kann er mich doch nicht heiraten.
ZAR. Möchten Sie nicht Kaiserin sein?
MARIE. Je nun, es mag wohl so übel nicht sein, wenn man sich gegenseitig recht lieb hat; ich habe aber immer gehört, bei den hohen Herren dauerte das nicht lange. Und was hätte ich denn von einem Manne, der den ganzen Tag regierte und sich gar nicht um mich bekümmerte.
ZAR. Was wäre denn da zu tun?
MARIE. Reden Sie ihm zu, daß er abdankt. Was hat er denn davon? Viele Menschen, die ihm den Kopf warm machen, viele Sorgen, Krieg das ganze Jahr, und am Ende kommt doch nichts dabei heraus.
ZAR. Wenn es aber das Wohl von vielen Tausenden gälte?
MARIE nach einer Pause. Das ist etwas anderes. Mich freut es, wenn ich nur einen einzigen glücklich machen kann, und auf ihn warten Tausende – ja dann muß er folgen, aber, es wird mir das Herz brechen. Mit Tränen. Ach, nun fühl ich erst, wie lieb ich ihn habe. Aber wozu diese Mummerei? Warum kam er als Zimmergeselle, um sich meine Liebe zu erwerben, warum nicht gleich als Kaiser? Da wußte ich doch, woran ich war.
ZAR. Verhältnisse wahrscheinlich. Jetzt ein ernstes Wort, liebe Marie. – Ihr Glück liegt mir am Herzen, und gelingt mein Plan, so führe ich Sie heute noch in Iwanows Arme.
MARIE erfreut. In des Kaisers Iwanow Arme?
ZAR. Gleichviel ob Kaiser oder nicht, genug, ich bewirke es, Sie werden seine Gattin.
MARIE freudig. Wär's möglich – Sie könnten – Plötzlich ernst. Ach gehen Sie; Sie sind mir auch so ein Heimlicher, man weiß nie, was man aus Ihnen machen soll.
ZAR. Mögen Sie mich halten, wofür Sie wollen – mein Wort darauf, Iwanow wird Ihr Mann.
MARIE außer sich vor Freude. Wenn das wahr würde, liebster Herr Michaelow, ich wollte Sie für den besten Menschen auf der Welt, für einen Engel wollte ich Sie halten. Aber täuschen Sie mich auch nicht? – Nein, Sie haben sich uns stets so treulich genähert, Ihr biederer Sinn, Ihr gutes Herz hat uns so oft bewiesen, wie gut Sie es mit uns meinen – nein, Sie täuschen uns gewiß nicht, Sie haben zwei so ehrliche Augen. Ach, wäre Iwanow nur da, daß ich ihm unser Glück verkünden könnte! Meinen Oheim kriegen wir herum, das ist Nebensache; und wenn ich erst gewiß wüßte, daß Iwanow kein Kaiser ist, ich wollte vor Freude jauchzen, daß man es bis übers Meer hörte.
ZAR. Nur jetzt noch nicht.
MARIE. Ich werde ganz leise jauchzen. – Noch eins: weiß Iwan schon?
ZAR. Kein Wort. Er darf vor einer Stunde auch keine Silbe davon erfahren.
MARIE. Vor einer Stunde? Aber wie hängt denn das eigentlich zusammen?
ZAR. Das soll Ihnen nach Verlauf einer Stunde alles klarwerden. Für jetzt müssen Sie ihn als Kaiser behandeln, öffentlich wie unter vier Augen, das bedinge ich.
MARIE. Oh, ich werde nichts verraten. Wenn ich ihm begegne, werde ich sprechen: Haben Euer Majestät gut geschlafen, oder haben Euer Majestät heute viel zu regieren, kann ich helfen? Und wenn er mich dann staunend ansieht, dann werfe ich ihm einen Blick zu, so einen gewissen, den versteht er recht gut, und versteht er ihn nicht, so sage ich ihm –
ZAR. St! Kein Wort!
MARIE. Kein Wort, ich tue nur, als ob ich etwas sagte; aber wenn alles vorbei, wenn unser Glück entschieden ist, dann wird ihm gehörig der Text gelesen, weil er mich so geängstigt hat. Lebt wohl, lieber, lieber Michaelow, mögt Ihr nun sein, wer Ihr wollt, ich betrachte Euch als unsern Schutzgott! Herzlich. Für jetzt kann ich Euch nichts weiter bieten, als den Dank eines armen Mädchens, dessen Lebensglück Ihr gründen wollt, heiter für die Zukunft sollt Ihr ein Glied unserer Familie sein. Bei der Verlobung, bei der Trauung, bei der Hochzeit, bei – bei allem, was vorfällt, sollt Ihr der erste sein. Rasch ab.
Fünfter Auftritt
Zar allein.
ZAR. Glückliche, beneidenswerte Menschen! Euch lächelt froh die Zukunft, wie in der Kindheit goldnen Tagen, wo noch kein Kummer die Seele drückt.
Nr. 14. Lied
Sonst spielt‘ ich mit Zepter, mit Krone und Stern;
Das Schwert schon als Kind, ach, ich schwang es so gern!
Gespielen und Diener bedrohte mein Blick;
Froh kehrt‘ ich zum Schoße des Vaters zurück.
Und liebkosend sprach er: Lieb Knabe, bist mein!
O selig, o selig, ein Kind noch zu sein!
Nun schmückt mich die Krone, nun trag ich den Stern,
Das Volk, meine Russen, beglückt‘ ich so gern.
Ich führ sie zur Größe, ich führ sie zum Licht,
Mein väterlich Streben erkennen sie nicht.
Umhüllet von Purpur nun steh ich allein –
O selig, o selig, ein Kind noch zu sein!
Und endet dies Streben und endet die Pein,
So setzt man dem Kaiser ein Denkmal von Stein.
Ein Denkmal im Herzen erwirbt er sich kaum,
Denn irdische Größe erlischt wie im Traum.
Doch rufst du, Allgüt'ger: »In Frieden geh ein!«
So werd ich beseligt dein Kind wieder sein.
Er geht ab.
Sechster Auftritt
Iwanow allein.
IWANOW ihm nachrufend. Michaelow! – Er hört nicht! Rätselhafter Mensch, bald fange auch ich an, mich vor ihm zu scheuen. Zwar wenn ich's recht bedenke, was wollen denn die Menschen aus mir machen? Der Bürgermeister nennt mich Majestät, man huldigt mir, gibt mir Ehrenwachen, und wenn ich frage, was das bedeutet, so hüllen sich alle in ein geheimnisvolles Schweigen. Je nun, mir ist alles recht, und nebenbei habe ich von dem närrischen Zeuge wenigstens den Nutzen, daß ich nicht an meinen Obersten ausgeliefert werde.
Siebenter Auftritt
Iwanow. Marie.
MARIE. Noch eine Frage, Herr Michaelow – wie – du bist es? Sich fassend. Euer Majestät sind es?
IWANOW. Sieh da, Marie, was willst du denn hier?
Nr. 15. Duett
MARIE.
Darf eine niedre Magd es wagen,
Sich Eurer Majestät zu nahn?
Ich wollte untertänigst fragen,
Ob Sie Herrn Michaelow sahn?
IWANOW.
Hör auf, Marie, laß die Possen,
Ich bin ja keine Majestät.
Es hat mich lange schon verdrossen,
Daß man mich mit Gewalt erhöht!
MARIE.
O Majestät sind zu bescheiden,
Ich weiß es besser, wer Sie sind.
IWANOW.
Dann bist du zu beneiden!
Wer bin ich? Sag es mir geschwind!
MARIE sich vergessend.
Du bist ein Spitzbub!
IWANOW.
Ich, Marie?
MARIE.
Was tu ich!
IWANOW.
Meinst du dein Herz, ja allerdings,
Dein Herz, das stahl ich dir.
MARIE für sich.
Herrgott, es ist ja viel zu frühe,
Michaelow verbot es mir.
IWANOW.
Du hast mich zum besten, gleich gib mir Kunde,
Wer konnte wohl unser Fürsprecher sein?
MARIE.
Ich bleibe stumm und vor einer Stunde
Laß ich mich in keine Erklärung ein.
IWANOW.
Das ist mir zu bunt.
MARIE.
Er will mich fangen.
IWANOW.
Sie hat mich zum besten.
MARIE.
Er ärgert sich, er ärgert sich fürchterlich. –
Wenn Euer Majestät verlangen,
So bin ich so frei und empfehle mich.
IWANOW.
So geh nur.
MARIE.
Das tu ich.
IWANOW.
In Gottes Namen.
MARIE.
Empfehl mich.
IWANOW.
Diener!
MARIE.
Das klingt sehr galant.
Majestät gehen wohl sehr viel um mit Damen?
IWANOW trotzig.
Sehr viel; das tu ich, hab ich stets getan.
MARIE sich vergessend, will auf ihn los.
Du!
IWANOW.
Was gibt's?
MARIE faßt sich, beiseite.
Da seht doch, da seht doch den Duckmäuser an!
BEIDE.
Wart nur! Später werd ich's dir gedenken,
Was ich jetzt leide; die Spielerei
Werd ich dir niemals schenken.
Wart nur! Ist nur die Stunde erst vorbei;
Teuer sollst du mir bezahlen,
Darauf setze ich mein Leben ein;
Und sollte auch das Ende unsrer vielen Qualen
Der Anfang des Glückes sein.
IWANOW für sich.
Ich soll durchaus den Herrscher spielen,
Ich mag nun wollen oder nicht,
Wohlan, nun soll sie einmal fühlen,
Wie's tut, wenn man mit einem spricht.
Laut.
Jungfrau Marie!
MARIE.
Sie befehlen?
IWANOW.
Man geht hinaus!
MARIE.
Sieh einmal an.
IWANOW.
Jungfrau Marie!
MARIE.
Sie befehlen?
IWANOW.
Man bleibt!
MARIE beiseite.
Der Grobian!
IWANOW.
Jungfrau Marie!
MARIE ungeduldig.
Ja, so heiß ich,
Was steht denn eigentlich noch zu Gebot?
IWANOW mit komischer Gravität.
Wir sind der Kaiser.
MARIE.
Ei ja, das weiß ich.
IWANOW.
Und was für einer, sapperlot!
Drum wollt‘ Euch unserm Willen fügen,
Wir bieten gnäd'gen Kuß Euch an.
MARIE ihn foppend.
Der Herr Franzos‘ küßt mich mit vielem Vergnügen,
's ist überhaupt ein feiner Mann.
IWANOW seine Würde vergessend, will auf sie zu.
Du!
MARIE.
Majestät?
IWANOW faßt sich, für sich.
Da seht doch, da seht doch die Duckmäusrin an.
BEIDE.
Wart nur! Später werd ich's dir gedenken,
Was ich jetzt leide; die Spielerei
Werd ich dir niemals schenken.
Wart nur! Ist nur die Stunde erst vorbei;
Teuer sollst du mir bezahlen,
Darauf setze ich mein Leben ein;
Und sollte auch das Ende unsrer vielen Qualen
Der Anfang des Glückes sein.
Marie geht ab.
Iwanow will sich nach der andern Seite entfernen.
Zar tritt ihm entgegen.
Achter Auftritt
Zar. Iwanow.
ZAR lebhaft. Das ist zum Rasendwerden! Der Hafen ist gesperrt. Selbst der Kapitän, der mich führen sollte –
IWANOW. Ei, Michaelow, du kommst mir wie gerufen.
ZAR. Nun?
IWANOW. Weißt du wohl, daß deine Freiheit bedroht ist? Die Leute wollen nämlich mit aller Gewalt in uns beiden einen Ausreißer und einen Zaren finden. Da sie mich nun alle für den Zaren nehmen, so mußt du der Ausreißer sein.
ZAR. Die Leute sind alle toll. Doch sei es, wie es sei, noch in dieser Stunde muß ich fort.
IWANOW. Also ist die Sache so ernsthaft?
ZAR. Meine Ehre, mein Leben steht auf dem Spiel.
IWANOW. Wenn's so ist, muß sich meine Majestät ins Mittel schlagen. – Da – er zieht ein Papier hervor lies, ich ernenne dich zu meinem Geheimsekretär und nehme dich mit auf meiner Jacht.
ZAR. Was seh ich? Wie kamst du zu diesen Papieren?
IWANOW. Lieber Gott, wie eine Majestät zu so etwas kommen kann. Ich begegnete vorhin dem englischen Lord; er versichert mir, meine Feinde wären darauf bedacht, mich hier in Saardam festzuhalten, gibt mir diesen Paß, bietet mir eine Jacht, Matrosen, Geld – ich begreife nichts von allem, das tut aber nichts, er hat es zu verantworten.
ZAR nachdem er gelesen. Herrlich! Wir sind gerettet!
IWANOW. Ganz gewiß!
ZAR. Ich nehme dich mit, wenn du willst.
IWANOW. Wie kommst du mir denn vor? Ich nehme dich mit, wenn du es erlaubst.
ZAR. Einerlei – wir reisen noch in dieser Stunde.
IWANOW. Nicht einerlei. Was soll denn aus Marie werden?
ZAR. Für euch ist gesorgt. Nimm dies versiegelte Papier und gelobe mir, es vor einer Stunde nicht zu öffnen.
IWANOW. Kommst du mir auch mit der Stunde? Da mach ich kurzen Prozeß. Er will das Papier öffnen.
ZAR reißt es ihm aus der Hand. Halt! Nicht eher, als bis ich auf offner See bin.
IWANOW. Ich denke, wir reisen zusammen –
ZAR. Oder bis wir uns getrennt – diese Schrift enthält dein Glück.
IWANOW. Du begründest mein Glück? Ich werde immer konfuser.
ZAR. Du willst nicht -? Er will gehen.
IWANOW schnell. Versteht sich. Her mit dem Glück!
ZAR. Du gelobst mir auch, dies Papier nicht eher zu erbrechen –
IWANOW. Als bis eine Stunde vorüber, das ist eine alte Geschichte. Jetzt gib mir aber auch den Paß. Er nimmt die Schrift.
ZAR. Den empfängst du später.
IWANOW. Aber Michaelow!
ZAR zornig. Gehorche!
IWANOW. Was Teufel!
Neunter Auftritt
Marquis. Lefort. Zar. Iwanow.
Nr. 16. Finale
Quartett
ZAR Marquis und Lefort beiseiteziehend.
Freunde, hört, das Mittel ist gefunden,
Das alsbald uns nun von dannen bringt.
Seht diesen Paß, wir sind in wenig Stunden
Schon weit von hier.
MARQUIS UND LEFORT.
Wohl Euch, wenn es gelingt;
Doch dem Zar zu huld'gen naht die Menge
In hoher Feier diesem Ort.
ZAR.
Zustatten kommt uns dies Gedränge,
Leise schleichen wir uns fort.
IWANOW beiseite.
Was soll ich von dem allen glauben,
Warum verstehen sie sich gleich?
Will man mir meine Freiheit rauben?
Das wäre ein verwünschter Streich.
MARQUIS UND LEFORT zu Iwanow.
Wenn Euer Majestät befehlen,
So gehen wir.
IWANOW.
Was heißt denn das?
MARQUIS UND LEFORT.
Wir werden andre Zeit erwählen.
IWANOW.
Was? Andre Zeit? Gib mir den Paß!
ZAR.
Den Paß erhältst du ohne Zweifel,
Sobald es Zeit und Stunde ist.
IWANOW zornig.
Hol alle Stunden doch der Teufel,
Ich bin ein Opfer seiner List.
ZAR, MARQUIS UND LEFORT.
Armer Schelm, er weiß es nicht zu deuten,
Was uns allen Heil und Nutzen bringt.
Diese List wird uns ans Ziel geleiten,
Gib, o Himmel, daß sie uns gelingt!
Während friedlich unterm Sternenbogen
Alles schlummert schon in süßer Ruh,
Eilen wir auf raschen Wogen
Einem teuren Lande zu.
IWANOW.
Nein, bei Gott, ich weiß es nicht zu deuten,
Daß man mich um meine Freiheit bringt.
Dies der Zweck von seinen Heimlichkeiten,
Gib, o Himmel, daß es nicht gelingt.
Während unterm Sternenbogen
Alles schlummert schon in süßer Ruh,
Eile ich auf raschen Wogen
Mit Marie einem fernen, teuren Lande zu.
Zar, Marquis und Lefort gehen ab.
Zehnter Auftritt
Ein Fahnenträger eröffnet den Zug; ihm folgen sechs kleine Mädchen in Nationaltracht, dann zwei Männer, die einen mit Blumen gezierten, thronartig gestalteten Sitz tragen, welchen sie im Vordergrunde auf einigen sich dort befindlichen Stufen niedersetzen. van Bett mit den Ratsherren paarweise, vor jedem Paar wieder ein Fahnenträger; dann Marie und Meisterin Browe mit dem Chor der Mädchen und Frauen, ihnen folgen die Männer paarweise. Der Zug geht um die ganze Bühne und stellt sich dann zu beiden Seiten im Hintergrunde auf. Wenn der Zug steht, will sich Iwanow, der sich staunend im Vordergrund aufhielt, entfernen; auf einen Wink des Bürgermeisters umringen ihn die kleinen Mädchen und ziehen den sich Sträubenden zum Sitz.
CHOR.
Schmücket mit Kränzen und Blumen die Halle,
Singt, ihn zu ehren, ein heiteres Lied,
Daß es dem großen Monarchen gefalle
Und daß er unsre Freude sieht.
Mög‘ er länger noch bei uns verweilen
Und wie sonst unsre Freuden teilen!
Jauchzet hoch auf, es lebe der Mann,
Der unbekannt aller Herzen gewann!
VAN BETT.
Möcht‘ es, großer Held, dir gefallen,
Fröhlichen Tänzen dein Auge zu leihn,
Würd‘ es uns Hochbeglückten allen
Ein ganz besondres Vergnügen sein.
Iwanow nickt.
van Bett gibt ein Zeichen.
Ballett
Nationaltanz mit Holzschuhen.
VAN BETT nachdem der Tanz zu Ende.
Erhabner Held, die Römer und Griechen
Opferten Tiere bei jeglichem Fest!
Wir konnten keinen Ochsen kriegen,
Der sich so etwas gefallen läßt.
Auch ist bekannt, daß solch ein Ergötzen
Sich für die heutige Zeit nicht mehr paßt;
Diesen Mangel nun zu ersetzen,
Gab ich mich her und habe zierliche Reime verfaßt.
Er stellt die Personen zum Gesang auf.
MARIE steht Iwanow zur Seite und flüstert ihm zu.
Zage nicht, nah sind wir dem Ziel,
Und eine frohe Zukunft lacht.
IWANOW.
's wäre Zeit, daß dem närr'schen Spiel
Ein bald'ges Ende würd‘ gemacht.
MARIE.
Ja, unsre Wünsche krönt ein gütiges Geschick.
IWANOW.
Sieh dies Papier, es enthält unser Glück.
VAN BETT.
Daß ihr mir die Verse nicht zerstückelt,
Im Flusse muß das Ganze gehn.
MARIE zu Iwanow.
Unser Glück ist in Papier gewickelt?
Ei, ei, wie soll ich das verstehn?
IWANOW.
Mein Kind, das sollst du nun bald sehn.
VAN BETT ist mit dem Ordnen fertig.
»Heil sei dem Tag, an welchem du bei uns erschienen.
Es ist schon lange her.«
CHOR.
»Heil sei dem Tag, an welchem du bei uns erschienen.
Es ist schon lange her.
Aus vollem Herzen rufen wir:
Heil uns, der Zar ist da!«
Ein Ratsdiener kommt eilig und flüstert dem Bürgermeister etwas ins Ohr.
VAN BETT.
Ei was, jetzt kann mich niemand sprechen,
Meinen Vortrag unterbrechen
Kann ich nun und nimmermehr.
Ratsdiener geht ab.
CHOR UND VAN BETT.
»Du bist ein großer Held, vivat!«
Kanonenschüsse und Lärm von außen.
Welch Geräusch! Was gibt's?
Wer stört des Tages Feier?
RATSDIENER stürzt herein und spricht. Der Hafen ist geöffnet. Peter Michaelow an der Spitze einer großen Mannschaft will soeben auslaufen.
VAN BETT.
Ha, Verrat!
CHOR.
Ha, Verrat!
VAN BETT.
Welch höllisches Komplott!
CHOR.
Ein Komplott?
VAN BETT.
Rebellion!
CHOR.
Was soll das wohl bedeuten?
VAN BETT UND CHOR.
Greifet alle zu den Waffen,
Diesen Frevel zu bestrafen
Sei nun meine erste Pflicht.
Sei nun Eure erste Pflicht.
van Bett erteilt im Hintergrunde Befehle. Mehrere eilen hinaus, allgemeine Bewegung.
MARIE UND IWANOW im Vordergrunde.
So hat er uns betrogen
Und Freundschaft nur gelogen,
Unsre Hoffnung ist dahin.
MARIE.
Doch die Schrift, die du empfangen,
Wohl zu seinen Gunsten spricht.
IWANOW.
Gern erfüll ich dein Verlangen,
Ihn verteid'gen wird sie nicht.
VAN BETT.
Öffnet dieses Saales Türen,
Die zunächst zum Hafen führen.
IWANOW hat die Schrift gelesen und spricht. Heiliger Nikolaus, was sehen meine Augen?
ALLE. Was geschieht? Was ergreift die Majestät?
IWANOW spricht. Peter Michaelow, er ist der Zar! Da steht es. Er liest. »Hiermit gebe ich meine Einwilligung zur Verheiratung des Kaiserlichen Ober aufsehers Peter Iwanow mit der Nichte des schwachköpfigen -«
VAN BETT spricht. An diesen huldreichen Gesinnungen erkenn ich den Zaren.
Elfter Auftritt
In diesem Augenblick wurden die hintern Vorhänge geöffnet; man erblickt den Hafen. In der Mitte auf einer Jacht steht der Zar (als Zar gekleidet), umgeben von Lefort, Marquis und Offizieren.
VAN BETT sieht sich um und ruft.
Da steht er! –
Der muß es sein.
Die Musik fällt rauschend ein.
ALLE rufen.
Es lebe der Zar!
ZAR auf dem Schiffe.
So scheid ich denn von euch im Hochgefühle,
Daß eure Liebe meinen Namen nennt.
Mich ruft die ernste Pflicht zum höhern Ziele!
Doch wenn auch fernes Land und Meer uns trennt:
Ihr denkt freundlich dann an den Zimmermann!
Lebt wohl!
Kühn mög‘ euer Fleiß mit kräft'gem Arm manchen
Bau noch vollenden,
Stolze Schiffe sollen meiner Huld gnäd'ge Grüße euch senden.
ALLE.
Kann uns auch dein Lied nicht mehr erfreun,
Soll dein Name doch uns Leitstern sein!
Über Land und Meer tön‘ es hinaus:
Heil dem Zar und seinem Haus!
Gegen das Ende eilen Iwanow und Marie zum Schiff und knien nieder. van Bett sammelt einige der im Vordergrund Stehenden, um seine Kantate zu beginnen. Trommeln wirbeln, Matrosen erklettern die Mastbäume, Glokken läuten, Kanonen werden gelöst.