Karl Heinrich Graun

Phaeton

Ein musikalisches Trauerspiel

Inhalt.

In den Fabeln ist der Fall des Phaeton berühmt. Die Poeten dichteten von ihm, daß er ein Sohn der Sonne und der Climene, einer Meer-Nymphe gewesen, und als er vom Epafus, einem Sohn des Jupiters und der Isis, verspottet worden, daß er unrechtmäßiger Weise den Adel seiner Geburt gerühmet hätte, so habe er auf Anrathen seiner Mutter, seinen Vater, die Sonne gesucht, welche ihn für ihren Sohn erkannt und geschworen, ihm alles zu gewähren, was er von ihr verlangen würde. Der verwegene Jüngling verlangte auf dem Sonnenwagen einen Tag zu fahren, welches ihm auch von seinem Vater nicht ohne Mißvergnügen zugestanden ward. Nachdem er auf den Wagen gestiegen, so konnte er die feurigen Pferde nicht regieren, welche aus dem gewohnten Wege wichen und sich der Erde so sehr näherten, daß sie zugleich mit dem Himmel selbst, an zu brennen fieng. Es würde dieses der letzte Tag für die Welt gewesen seyn, wenn nicht Jupiter auf Bitten der Erde, den Phaeton mit einem Donnerkeil getödtet hätte, welcher ihn vom Wagen warf und in den Fluß Po in Italien stürzte. Dieses ist die Fabel welche Ovidius im 2ten Buch seiner Verwandlungen sehr schön beschrieben hat. Hier sind noch viele Auszierungen hinzugethan worden, welche sich zu dem Trauerspiel schicken, und aus eben der Ursach ist der Ort der Herabstürzung des Phaeton verändert worden.

Die Poesie, welche aus dem Französischen gezogen, ist von dem verstorbenen Hrn. Leopold v. Villati, ehemaligen Königl. Poeten. (Es sind darin verschiedene Veränderungen gemacht.)

Die Music ist von dem seel. Hrn. Heinrich Graun, ehemaligen Königl. Capellmeister.

Die Verzierungen des Schauplatzes sind vom Hrn. Carl Fechhelm, Königl. Decorateur.

Die Ballets sind vom Königl. Balletmeister Hrn. Francisco Sallemon, genannt die Vienna.

Personen des Trauerspiels

Libia, Tochter des Merope, Königs von Egypten
Epafus, Sohn des Jupiters und der Isis
Teone, Tochter des Meergottes Proteus
Phaeton, Sohn der Sonne und der Climene
Merope, König von Egypten
Climene, Königin von Egypten, Tochter des Oceans
Die Sonne
Proteus, Gott des Meeres, Bruder der Climene
Die Erde, eine Göttin
Chor des Gefolgs der Sonne
Chor der Einwohner der Erde
Egyptische Fürsten
Leibwache des Egyptischen Königs
Priester der Isis
Gefolge des Epafus
Gefolge des Phaeton
Gefolge der Climene
Tritonen
Furien

Veränderungen des Schauplatzes.

Erste Handlung.

Ein am Ufer des Meeres sich endender Garten mit Grotten.

Zweyte Handlung.

Prächtiger Vorhof des Königl. Egyptischen Schlosses.

Ein der Isis gewidmeter Wald, mit dem Tempel in der Mitte, worinn das Bildniß der Göttin.

Dritte Handlung.

Königliches Schloß der Sonne.

Ein angenehmes Feld, welches in eine felsigte Gegend endigt.

Der Schauplatz ist in Egypten.

Erste Handlung.

Erster Auftritt.

Ein Garten, welcher sich am Ufer des Meers endigt, mit Grotten.

Libia und Phaeton.
Libia stehet in tiefen Gedanken. Phaeton hinterwärts auf der Seite beobachtet sie.

PHAETON.
Da ist, (ich irre nicht,)
Des Königs von Egypten schöne Tochter!
Um deren Hand ich mich bemühe.
Nun kann ich endlich doch
Ihr mein Verlangen frey entdecken.
Steht meinem Unternehmen, geneigte Götter! bey!

Er nähert sich langsam.

LIBIA ohne ihn zu sehen.
O! ruhger Zustand gleichgesinnter Seelen,
Die noch die Liebe nicht gekannt!
Daraus bin ich gefallen
Und hab‘, o Schmerz! des Herzens Ruh verlohren!
PHAETON.
Was für Gedanken, meine Prinzeßin,
Bekümmern dich?
LIBIA.
Ach Phaeton! – Was für ein Geist
Führt dich an diesen Ort?
PHAETON.
Gedanken bringen heute mich hieher!
Dies ist der Tag, an welchem deine Hand
Den, welcher dein Gemahl seyn wird,
Auf des begüterten Egyptens Thron erhebet!
Wie glücklich wird der seyn!
LIBIA.
Ich stehe unter meines Vaters königl Willen,
Der ist mir ein Gesetz!

Für sich.

(Ach nur zu sehr hat schon mein Herz
Sich für den Epafus entschlossen.)
PHAETON.
Und könnte, (ach verzeih‘!)
Sich Phaeton wohl mit so grosser Ehre schmeicheln?
Du weißt, daß ich der Sonnen Sohn
Die alles Purpurn färbt und allem Leben giebt.
LIBIA.
Daß weiß ich! Doch auch dies,
Daß du Teonen schon als Liebhaber verbunden.
PHAETON.
Dies ist zwar wahr, … Jedoch … Wer weiß …
LIBIA.
Geh Prinz, laß mich hier meinem Denken über,
Du kannst mir nicht ein Herz, das dein nicht mehr ist, geben.
PHAETON.
Ich gehe schon, o Schönste!
Jedoch den will ich sehn der dein Gemahl soll werden.

Er gehet ab.

Zweyter Auftritt.

Libia hernach Teone

LIBIA.
Er sucht nur die verborgene Liebe zu entdecken
Die ich für den Geliebten fühle.
Doch da er schon, der liebenswürdigen Teone
Sein Herz geweiht, so sucht er mich umsonst
Mit List zu hintergehen.
TEONE.
So sind ich dich, Prinzeßin, so allein
In dieser Einsamkeit, so in Gedanken?
LIBIA.
Und doch, o Freundin! suchst du selbst
Hier diese stille Einsamkeit?
TEONE.
Ja, du hast recht; einsame Gegenden
Sind das, was stets Verliebte suchen,
Und ich bin jetzt verliebt.
LIBIA.
Ich soll in kurzen mich vermählen,
Und eine Sorge von so grosser Wichtigkeit
Schwebt billig mir in den Gedanken.
TEONE.
Warum denn suchst du so die stille Wüste hier,
Und nicht vielmehr die treuen, zärtlichen Verliebten,
Die seufzend dir zu Füßen
Nach deinem Königl. Bündniß trachten?
Ist deine Seele denn für alle unempfindlich?
Nein! Freundin, nein verstell‘ dich nicht so sehr!
Ich weiß wohl, daß der Sohn des grossen Jupiters,
Aus diesen deinen schönen Augen
Die Gluth geschöpft, die ihn in Flammen setzt.
LIBIA.
Wohlan, Teone, ich gesteh‘ es dir,
Er liebet mich, ich liebe ihn!
Allein was wird daraus, da heute noch sein Vater
Ganz eine andre Wahl getroffen,
Als die mein Herz gethan.
Beglückt, die du um Phaeton entbrannt,
Und in der Liebe Meer in voller Stille,
Ein Herz von solchem Reiz besitzest.

Du schmeichelst frey von Schmerzen
Dem Liebsten, und in Ruh,
Winkst du ihm aus dem Herzen
Der Liebe Sehnsucht zu.

Du wirst in seinen Blicken
Die zärtlich auf dich gehn,
Bald froh und voll Entzücken
Die treuste Liebe sehn.

Sie geht ab.

Dritter Auftritt.

Teone, und Phaeton

Phaeton im Herauskommen, sieht Teonen. Er will weggehen aber sie wird ihn gewahr.

TEONE.
Mein Phaeton! wo gehst du hin?
Wie? Du gehst weg da du mich siehest!
Ist meine Gegenwart dir so verhaßt?
PHAETON der näher kommt.
Ich liebe dich, mein Leben,
Und dein Verdacht beleidigt mich zu sehr.
TEONE.
Mein Anblick setzt dich in Verwirrung,
Ich werd‘ es wohl gewahr!
Ich seh‘ in deinen Augen
Den Kummer, welcher stumm in deiner Brust versteckt.
Allein, ach! ich bin nicht mehr dein geliebter Kummer!
PHAETON.
Verbanne doch den eitelen Verdacht,
Ich hege zu Teonen noch eine treue Leidenschaft.
TEONE.
Wie kann ich, Undankbarer! dieses glauben?
So lang ich noch der Vorwurf deiner Liebe war,
Da suchtst du mich, und jeder Blick
Von dir, schien meine Blicke zu verstehen.
PHAETON.
Da kommt die Königin!
TEONE.
Wohlan, so folge ihr,
Und halt dich nicht mit mir hier wider deine Neigung auf.

Für sich.

Wie unglückseelig ist eine treue Liebe!

Geht ab.

Vierter Auftritt.

Climene mit ihrem Gefolge, und Phaeton.

CLIMENE.
Mein Sohn, was macht dir Kummer?
Ich lese deinen Schmerz in deinen finstern Blicken.
PHAETON.
Der König will für Libien
An diesem Tage einen Gatten wählen,
Der einst das Reich regieren soll.
Es stehet Epafus voll Stolz nach dieser Ehre.
Ach! sollt‘ ich einst ihn auf dem königlichen Thron
Uns sehn Gesetze geben?
CLIMENE.
Beruhge dich mein Sohn!
Ich weiß, daß dir der König
Sowohl den Thron als seine Prinzeßin bestimmt!
Ich weiß, daß du Teonen liebst.
Es war nur diese Liebe,
Wofür ich mich bisher gefürchtet.
Mein Sohn, besiege diese Liebe.
Wer nach dem Thron mit einen edlen Stolze trachtet,
Der muß zuerst sich selbst beherrschen lernen.
PHAETON.
So folg‘ ich meinem Schicksal denn,
Das mich zum Scepter ruft.
Ja meine Brust erfüllt schon das Verlangen
Auf den erhabnen Thron zu steigen;
Und wenn ich gleich Teonen mein verliebtes Herz geschenkt,
So lieb‘ ich doch den Thron
Noch mehr, als alle Schönheit ihres Ansehns.

Ihre Schönheit rühret mich,
Die der Hoheit Reiz erhebet;
Mehr das Reich, nach welchem sich
Dieser Geist in mir bestrebet.

Tausend Reize schmücken sie,
Die zugleich in ihr vereinet;
Doch so glänzend ist sie nie,
Als der Glanz der Crone scheinet.

Gehet ab.

Fünfter Auftritt.

Climene.

CLIMENE.
Wie groß ist doch die mütterliche Liebe!
Ich seufze stets für den geliebten Sohn,
Und wünsche nur ihn groß zu sehen!
Doch Epafus, ein starker Feind, ist ihm zuwider.
O! könnt‘ ich doch, Gott Proteus, du mein Bruder!
Für den das Schicksal nichts verbirgt,
Durch dich das Schicksal meines Sohns entdecken!
Er pflegt, wenn auf der Welt der Mittag liegt,
In jene Schattenreiche Höle hinzukommen;
Ich will ihn fragen, was dem Phaeton
Das Schicksal für ein rühmlich Leben oder schnellen Tod bestimmt.

Geht ab.

Sechster Auftritt.

Libia und Epafus. Kommen von zwey verschiedenen Seiten hervor und begegnen sich.

EPAFUS.
Mein Abgott! welch ein Schmerz!
Im ganzen Schlosse geht das für dies Herz so traurige Gerücht,
Daß dich der König, als dein Vater,
Dem Phaeton zur Braut bestimmt.
Ach Liebste! niemals hätt‘ ich es geglaubt,
Daß deine Hand ein andrer Nebenbuhler,
Dem Sohn des Königs aller Götter,
Einst streitig machen würde?
LIBIA.
Geliebter! selten schließt die Liebe
Die Bündnisse der königlichen Prinzeßinnen;
Sie sind des allgemeinen Wohls,
Und einer harten Staatskunst, Opfer.
Daher fürcht‘ ich auch, daß mein Vater
Mich diesem fürchterlichen Götzen opfern wolle.
Und dies Geliebter! macht in mir die Furcht,
Und meinen grossen Schmerzen immer bittrer.
EPAFUS.
Was hilft uns die Beständigkeit,
Wenn nachgehnds das grausame Schicksal init uns scherzet.
Doch was wirst du, mein Leben! thun?
Wirst du mit meiner harten Marter Mitleid haben?
LIBIA.
Wenn ich mit dir nicht leben kann,
So werd‘ ich doch für dich zu sterben wissen.

Nur eine Unschuldsvolle Liebe,
Enthält den Grund von jenem Triebe,
Den mir dein heitrer Blick erregt.

Dies Feuer das in mir entglommen,
Erhalt ich rein, schön und vollkommen,
So lang in mir das Herz noch schlägt.

Geht ab.

Siebender Auftritt.

Epafus.

EPAFUS.
War jemals eine schönre Liebe?
Ich furchte schon, es mögt‘ ihr Herz die Furcht
Des väterlichen Ansehns übereilen,
Doch alles überwindet wahre Liebe.
Nun bin ich, in der größten Furcht für meinem Unglück
Schon wenger unglücklich!

Ihr schöner Mund war jetzt für mich,
Des Westwinds sanftes Blasen;
Durch seine Macht beruhigt sich
Der Leidenschaften Rasen.

Nun schwächt kein Schmerz mehr
meinen Muth,
Kein Kummer die Gedanken;
Weil bey der, die mein einzig Guth,
Nicht Treu und Liebe wanken.

Geht ab.

Achter Auftritt.

Proteus kommt aus dem Meere, von einen Trupp Tritonen begleitet.

PROTEUS.
Beglückt ist der, der vom Gestade
Des ungetreuen Meeres Wellen sieht,
Wie sie der Winde Sturm bewegt.
Beglückt, wer aus dem Hafen,
Die Unglückseelgen
In der Gewalt der Fluthen sehen kann.
Verliebte mögen klagen,
Die in dem Meer der wilden Liebe Schifbruch leiden!
Allein man fliehe das grausame Meer
Und seine Schrecken!
Wie süß, o wie viel süsser ist es
Der Ruh in dieser Sträuche Schatten zu geniessen!
Dahin eilt eben jetzt mein Fuß,
Der schönen Ruhe zu geniessen.

Zu den Tritonen.

Ihr sollt Neptunens Heerden
Indeß am fernsten Ufer weiden!

Die Tritonen gehen fort. Er geht in die Höle wo er einschläft.

Neunter Auftritt.

Climene ohne Gefolge.

CLIMENE.
Jetzt ist die rechte Zeit! Mein Bruder schläft in jener Höle;
Für ihn sind die Geheimnisse
Der Zukunft nicht verborgen.
Allein, gezwungen nur pflegt er sie zu entdecken.
Ich muß ihm also zwingen.
So steig, o Triton denn mit den Gefährten aus dem Meer!
Und zwing‘ ihn, daß er endlich
Das eigensinnige Stillschweigen breche,
Und den Entschluß des Himmels über meinen Sohn
Den Phaeton, mich zu beruhigen, eröfne.

Zehnter Auftritt.

Auf den Schall einer lustigen Symphonie, kommen die Tritonen unter Vorantretung des Vornehmsten Tritons, zurück.

CLIMENE indem sie sich dem schlafenden Proteus nahet.
Erwache Proteus, doch einmal.
Komm, höre die Music des Meeres!
O du des Schicksals weiser Lehrer,
Komm und erleichtre deiner Schwester Herz!
PROTEUS ohne aufzustehn.
Was willst du! Königin!
CLIMENE.
Ach komm, entdecke mir das Schicksal Phaetons!
PROTEUS.
Und was verlangest du?
O! Thörin du'verlangst dein eigen Weh,
Allein du siehst es nicht.

Er verwandelt sich in verschiedene wunderbare Gestalten, aber er ist allezeit von Tritonen begleitet und umgeben, daher er endlich seine natürliche Gestalt wieder annimmt.

CLIMENE.
Grausamer! du versuchst mir zu entfliehn,
Du nimmst bald die Gestalt, bald eine andre an.
Laß meine Macht dich endlich halten! Rede!

Die Tritonen gehen ab.

PROTEUS.
Wie einen plötzlichen Cometen
Man funckelnd sieht am Himmel stehn,
So wird es deinem Sohn ergehn,
Er wird als Erbe an der Sonnen Stelle treten.

Doch auch wie jener Furcht und Schrecken,
In jeder Brust pflegt zu erwecken;
So füllt er seiner Mutter Herz,
Auch einst mit Sorge Gram und Schmerz.
CLIMENE.
Ich kann in diesen dunkeln Reden nichts verstehn!
Ach! um des Oeeans, um unsers Herrn und Vaters willen,
Wenn dir geliebter Bruder,
Das Schicksal, sein Geheimniß nicht versagt,
So rede deutlicher!
PROTEUS.
Du willst es? So gescheh‘ es dann.
Das Schicksal Phaetons ist offenbar für mich.
Was seh‘ ich, ewge Götter! ich erschrecke!
Ich zittere für deinen Sohn, hochmüthige Mutter!
Wo gehst du hin, verwegner Jüngling?
Du wirst den Tod in dem betrübten Schicksal finden
Wornach du läufst.
Umsonst erkläret sich die Sonne
Für deinen Vater, sie wird selbst
Das Werkzeug, deine Tage zu verkürzen.
Du Stolzer! wirst in Abgrund stürzen;
Mich deucht, ich höre schon den Donner,
Um deinen Geist für so viel Kühnheit zu bestrafen.
Erzittre stolze Mutter!
Für deinen Sohn.

Er gehet ab.

Eilfter Auftritt.

Climene.

CLIMENE.
Weh mir! ich bin für Schrecken kalt, welch ein Orakel!
Elender Sohn! umsonst, daß du der Sonne Sohn;
Sie selbst soll deine Tage kürzen,
Du wirst für deinen Hochmuth fallen?
Wie war es möglich, daß er dieses sagte?
Wie konnte ich es ausstehn anzuhören,
Barmherzge Götter!
Worin hat mein geliebter Sohn gefehlt?
Ihr Himmel! wendet dieses harte traurige Geschick
Von seinem Haupte ab!
Wir wollen gehn und ihm entdecken,
Was für Gefahr ihm droht.

Ich will ihm, dem geliebten Sohn,
Die Uebel schildern, die ihm drohn;
Ich will mit mütterlichen Flehen,
Ihn zwingen alles einzugehen.

Was Jupitern versöhnen kann,
Er geh die hohe Ehrenbahn,
Wohin ihn seine Neigung treibet;
Doch daß sein Fuß stets sicher bleibet.

Ende der ersten Handlung.

Zweyte Handlung.

Erster Auftritt.

Ein prächtiger Vorhof in dem Egyptischen Schlosse.

Climene und Phaeton.

CLIMENE.
Erzittre Sohn! für deiner eigenen Gefahr!
Mir hat sie Proteus jetzt nur gar zu deutlich kund gemacht.
PHAETON.
Allein, wenn diese Antwort ihm
Sein eigner Vortheil eingegeben?
Er will mich blos dadurch zu der Verbindung
Mit seiner Tochter zwingen.
CLIMENE.
Ach, schmeichle dir nur nicht!
Ich habe deinetwegen
Zu viel was grössern mich verbunden.
PHAETON.
Was ist dies? ist nicht meine Grösse
Der einzge Gegenstand von deinen Wünschen?
CLIMENE.
Um einen folchen Preiß
Erkauf ich keine eitle Ehre.
PHAETON.
Wer nach der Ehre strebt, geht jeglicher Gefahr
Mit unerschrocknen Blick entgegen.
CLIMENE.
Allein der Himmel droht dir tödliche Gefahr!
PHAETON.
Wenn auch des Himmels Zorn sich zeigt in Ungewittern,
So wird mein Geist doch nicht für Furcht erzittern;
Der für den Ruhm den ihm die Hoheit beut,
Für nichts entfliehet und nichts scheut.

Mit tapsrer Brust und königlichem Muthe,
So wie ein Held in Waffen und im Blute,
Mit stolzen unveränderten Gesicht,
Den schönen Lorbeer sucht daraus man Cränze flicht.

Sie gehen ab.

Zweyter Auftritt.

Teone hernach Libia.

TEONE die den Phaeton weggehen siehet.
Der Ungetreue sieht und flieht mich doch?
Welch schreckenvolle Unbeständigkeit!
Ja nun, mein Herz! ist alle Hoffnung hin!
LIBIA.
Beklage, Freundin, mein grausam Geschick!
In kurzen wird mein Vater
Mir einen Gatten auserwehlen,
Jedoch es weiß mein Kummervolles Herz noch nicht,
Ob es der seyn wird, den ich liebe.
TEONE.
Ach! wäre mein Verlust noch ungewiß?
Du kannst noch hoffen;
Allein was ist mir noch in meinem Unglück
Für eine Hoffnung übrig?
Ich liebe einen Undankbaren noch der mich verräth,
Und bete ihn selbst, da er untreu ist, noch an!
LIBIA.
Grausame Liebe! Du raubst uns die Freyheit,
Und denn verläßt du uns
In der grausamen Quaal von tausend Schmerzen.
Teone! welch ein Schmerz ist doch
Die Furcht, sein Liebstes zu verlieren?
TEONE.
Es ist mir wohl bekannt.
Doch nein, so unglücklich als ich,
Bist du noch nicht.

Als wenn sie weggehen will.

LIBIA.
Verläßt du mich in solchem Kummer?
TEONE.
Verzeihe meinem Kummer!

Bey sich selbst.

Ich gehe fort, um meine Thränen zu verbergen.

Geht ab.

Driter Auftritt.

Libia darauf Epafus.

LIBIA.
Ach! nun verläßt mich alles.
Ich seh in dieser neuen Strenge meines Schicksals,
Mehr als zu sehr, die grausame Gefahr
Die sich mir nahet.
EPAFUS voll Bekümmernis.
Ach Libia, mein Leben!
Welch schrecklicher Verlust!
LIBIA.
Ach Gott! was bringst du mir, mein Abgott!
Mit diesen Thränenvollen Blicken?
EPAFUS.
Der Schlag, den ich vorher gesehn, ist schon geschehn!
O! höchste Götter!
Ich habe dich, geliebte Prinzeßin! verlohren!
LIBIA.
Was höre ich! O Himmel!
EPAFUS.
Das harte Urtheil ist einmal gefällt,
Das mir mein Glück entzieht,
Und sich zum Vorbothen von meinem Tode machet?
LIBIA.
Ist mein Gemahl denn schon gewählt?
EPAFUS.
Ja, es ist Phaeton!
LIBIA.
Er mag seyn wer er will?
Ich werd‘ auf ewig unglückselig seyn,
Wenn ich nicht mehr die deine bin.
EPAFUS.
Ach! sage mir, wird auch dein Herz
So grausamen Gesetzen folgen können?
LIBIA.
Wenn ich dem väterlichen Willen
Nicht kann gehorsam seyn;
So werd‘ ich wenigstens mit Muth zu sterben wissen!
EPAFUS.
Betrübter Tag! grausame Marter!

Beklage mich! Du kennst die Marter nicht,
Und wie sie mich mit neuen Kräften quälet;
Ich fühle schon, daß mir das Herze bricht,
Das nur für dich die Liebe noch beseelet.

Für dich zu leben, wünschte ich allein,
Für dich, in der ich jedes Guth besessen;
Nun magst du selbst die Größe meiner Pein,
Die Schmerzen der betrübten Lieb‘ ermessen.

Er gehet ab.

Vierter Auftritt.

Merope, Libia, Climene, Phaeton, jeder mit seinem Gefolge; Egyptische Fürsten.

MEROPE.
Ihr meine treue Unterthanen,
Dies ist der schöne Tag, an welchem ich
Den Erben meines Reichs, für euch ernennen will;
Der auch für meine Tochter
Der würdige, Durchlauchtige Gemahl, soll seyn.
Es ist der grosse Sohn der Sonne, Phaeton.
Er soll in meiner Hand den Scepter unterstützen,
Und künftig eur Beherrscher seyn.
PHAETON.
O Herr! Wie viel bin ich dir nicht für dies Geschenke schuldig?
CLIMENE.
Und welchen Dank soll dir Climene bringen?
LIBIA.
Erlaube Vater, deiner Tochter,
In Unterthänigkeit nur wenig Worte, vorzubringen!
Du hattest mir den Epafus bestimmt.
Ich hab ihn, weil du es befahlst, geliebet.
Willst du anjetzt, daß eine keusche, reine Gluth,
Die du selbst angezündt, durch dich erlösche?
Ist dir es unbekannt, daß sich ein Herz,
Nicht wenn es will, der Liebe kann erwehren?
Ach wolle nicht, daß dein Befehl, mein Vater,
Für deine Tochter, eine harte Ursach
Von einem trauervollen Tode sey!
MEROPE.
Schweig! Du hast schon genung gesagt.
Ist dieses der Gehorsam einer Tochter?

Setz deinen eitlen Trieben Schranken,
Halt deine Ehre in Gedanken,
Bedenke wem du angehörst,
Als Vater und als König ehrst.

Laß Pflicht und Schuldigkeit dich lehren,
Dem Stolz in deiner Brust zu wehren,
Und giebt der väterlichen Macht,
Die Ehre die ihr zugedacht.

Sie gehen alle ab. Libia bleibt.

Fünfter Auftritt.

Libia.

LIBIA.
Grausamer Wille eines ungerechten Vaters!
So werd ich meinen Abgott denn verlassen
Den ich anbete, o ihr Götter!
Wie viel glückseliger seyd ihr,
O Nymphen! in den angebohrnen Wäldern.
Ihr geht zufrieden bald vom Walde auf die Auen,
Bald auf die Berge, mit dem, den ihr liebt;
Da setzt ihr euch am Bach mit ihnen,
Und unter angenehmen Singen und Seufzern voller Zätlichkeit,
Sprecht ihr von tausend Reizungen der Liebe.
Ihr rühmt einander eure Treu;
Zufrieden mit der gegenseitgen Liebe,
Kehrt ihr vergnügt zu euren treuen Hütte,
Und nähret allzeit den verliebten Geist,
In eurer Blicke gegenseitgen Gluth.
Doch mir raubt mein erzürnt Geschick
Und ein grausamerer Befehl,
Die Freyheit und Zufriedenheit,
Und stört mir meine treue Liebe.
Grausamer Wille eines ungerechten Vaters!

Mit Verdruß und Ungeduld.

Doch welche Thorheit! Und warum verlier‘ ich mich
In eitlen und unnützen Klagen?
Ach nur Entschlossenheit!
Es sey dem Reich und meinem Vater abgeschlagen,
In das verhaßte Band zu willigen.
Und wenn … allein … kann ichs?

In Gedanken.

Welch eine Unentschlossenheit?
Und welch ein Kummer ist der meine?

Mit grosser Bewegung.

Wie Wolken in dem Toben
Der Winde bald erhoben,
Bald vest und unbewegt,
So ist mein Herz erregt.

Die Furcht schlägt es darnieder,
Die Hoffnung hebt es wieder,
Doch fühlt dabey dies Herz;
Nur immer gleichen Schmerz.

Geht ab.

Sechster Auftritt.

Teone darauf Phaeton.

TEONE.
Und allso ist es wahr, was ich gehört;
Mein Phaeton, der mir die Treue schwur,
Der mein nur zu leichtgläubig Herz
Mit der getreusten Liebe fesselte,
Ist Libiens Gemahl?
Sollt‘ ich ihn für so unbarmherzig halten?
Doch, da ist er, der Undankbare!
PHAETON, der sie beobachtet.
Da ist Teone, ach! Laßt uns von hinnengehn!
TEONE.
Bleib, bleib du Grausamer! Wie? fliehest du mich stets?
So muß ich es denn glauben,
Daß du mich nun verlassen willst?
Du, der so oft, so oft mir stete Treu geschworen?
Ja, alles macht mein Unglück mir gewiß.
Allein kann ich, kann ich, mein Abgott, es wohl glauben?
PHAETON.
Der Himmel nur Teone,
Erkennt mein ganzes Mißvergnügen.
Allein, was kann ich thun?
Das Schicksal ließ mich zur Beherrschung
Von einem grossen Reich, gebohren werden.
Und ich will zur Gemahlin, eine Königin
An meiner Seite haben!
TEONE.
Meineydiger! so treibt der Ehrgeitz dich,
Auf Libien, ganz deine Leidenschaft zu richten.
PHAETON.
Ich lieb in ihr, blos meine Größe!
Und meine Liebe ist, (ich schwör es dir,)
Noch ganz für dich;
Allein das Schicksal, das mich zu der Crone ruft,
Zwingt mich, die starken Bande
Die mich mit dir verbinden, zu zerreissen.
TEONE.
Schweig nur Barbar!
Gerechter Jupiter, du zuverläßger Zeuge
Von seiner Untreu, wie von meiner Treu;
Du siehst die boshafte Beleidigung,
Die mir ein falscher Liebhaber beweißt.
Komm, räche du mein Unrecht! strafe
Den Unbeständigen, ich bitte dich darum.
Ich rufe deine Rache an.
Es müß‘, o grosser Gott des Donners!
Ein schneller Feuerpfeil aus deinem Himmel kommen,
Der das grausame Herz zu Asche macht,
Und mir ihn tod zu diesen Füßen stürze.
Ach! wehe mir, was hab‘ ich Elende gesagt?
Ich hab‘ ihn, als er treu war, angebetet,
Und lieb‘ ihn auch noch ungetreu?
O Jupiter! O Himmel!
Erhört mich nicht, da ich euch unverständig angerufen?
Halt den grausamen Pfeil zurücke, oder laßt
Vielmehr in diese Brust ihn fallen!
PHAETON bey sich selbst.
(Gerechter Himmel! ach! was soll ich sagen?)
Ich bin ein Undankbarer.
Ach! wenn noch die Verzeihung …

Bey sich selbst.

(Doch was? Soll ich des Scepters mich begeben?
Nein, dies geschehe nicht … jedoch …
Ich fühle noch dies Feur der ersten Liebe,
Und fast gereut‘ es mich, untreu zu seyn.)

Ich bin dir noch wie sonst ergeben.
TEONE.
Nein Grausamer, du warst es nie.
PHAETON.
Des Schicksals Macht; mein Guth! mein Leben
Will, daß ich dich als untreu flieh.
TEONE.
Sag nichts von göttlichen Befehle,
Die Untreu wohnt in deiner Seele.
PHAETON.
Dein Kummer geht mir tief zu Herzen.
TEONE.
Verräther, rede nur nicht mehr.
ALLE BEYDE.
O Himmel! welche harte Schmerzen!
O Götter! diese Pein ist schwer.
TEONE.
Undankbarer! geh, triumphire
Bey meiner allergrösten Pein.
PHAETON.
Beym Kummer den ich an dir spüre,
Muß auch mein Herz verwundet seyn.
TEONE.
Und doch willst du mich hintergehen!
PHAETON.
Nein, nie wirst du mich untreu sehen.

Sie gehen von zwey verschiedenen Seiten ab.

Siebender Auftritt.

Ein der Isis geheiligter Wald, in dessen Mitte sich der, dieser Göttin gewidmete Tempel erhebt. Man sieht in demselben das Bild dieser Gottheit, und die Priester, welche dabey stehen.

Merope in Begleitung seiner Leibwache und der Egyptischen Fürsten, deren einige die heiligen Geschenke tragen. Climene mit ihrem Gefolge, und Libia, darauf von verschiedenen Seiten Epafus und Phaeton.

MEROPE gegen den Tempel gekehret.
O Isis, deren Liebe durch ihre schöne Bande
Den grossen Herrn der Götter, fesseln konnte;
Erhabne Göttin! wirf auf diesen Ort,
Doch mit Geneigtheit deine schönen Blicke.
Wo einst der Himmel,
Als die erzürnte Juno, ihres Hasses Wuth
Am weitsten trieb, ein Ende deinem Unglück machte.
Nimm diese Opfer an, die mit demüthger Hand,
Egyptens König, hier zu deinen Füßen leget.
Es müssen unsre Feinde allzumahl
Von dir durchbohret fallen.
Des streitbaren Egyptens Herrschaft
Bis an der Erden Ende sich erstrecken.

Die Fürsten, welche die Geschenke tragen, gehen voran. Er geht in den Tempel, und nachdem man sich gegen die Göttin tief geneiget, so händigen die Fürsten die Geschenke den Priestern ein. Er geht darauf zum Tempel heraus; alsdenn kommen Epafus von der rechten und Phaeton von der linken Seite.

EPAFUS.
So blendet euch, der Göttin Priester dann,
So sehr der Reichthum der Geschenke,
Daß ihr euch ihnen zu gefallen untersteht?
Und du, o grosse Göttin meine Mutter,
Empfängst von diesen lasterhaften Händen,
Die Libien mir raubten, ein unheiligs Opfer!

Man hört ein groß Geräusch im Tempel, und sieht die grosse Thüre desselben, sich von selbst zuschliessen.

MEROPE.
Der Tempel schließt sich zu? o Götter!
EPAFUS.
Erhöre mich, o Göttin!
CLIMENE.
Mich überfällt ein Schrecken!
LIBIA.
Entsetzlichs Wunderzeichen!
PHAETON.
Ach! laßt uns gehn,
Beherzt die Thüre wieder zu eröfnen.
Die Götter wollen oft gezwungen seyn
Die Opfer anzunehmen.

Da er mit Verwegenheit fortgehet.

CLIMENE.
Ach! bleib mein Sohn; was willst du machen?
PHAETON.
Komm, folge mir und fürchte nichts!
MEROPE.
Ich bin vor Schrecken kalt!
PHAETON.
Sehr oft hat schon mit Huld der Himmel
Die Kühnen angelacht.

Er geht zum Thor des Tempels.

EPAFUS.
O starke Göttin Isis,
Vollzieh für mich und dich, die wohlverdiente Rache!

Indem Phaeton die Thüre einstossen will, so zeigt sich plötzlich ein erschrecklicher Abgrund, aus welchen Flammen und Furien hervorkommen. Alle gehen voll Schrecken und Unordnung zurück. Es bleiben nur Climene und Phaeton.

Achter Auftritt.

Climene und Phaeton

CLIMENE.
Laß uns entfliehn, mein Sohn, laß uns entfliehn!
Der Himmel voller Zorn, ist deinem Nebenbuhler,
Der Isis Sohn geneigt!
Er droht dir! Siehst du nichts! Komm, die Gefahr ist groß!
PHAETON.
So wider meinen Ruhm, als wider meine Ehre
Bewafnet sich der Neid!
Darin besteht die mich bedrohende Gefahr,
Und deine Furcht.
CLIMENE.
Was höre ich?
PHAETON.
Der kühne Epafus, hat Muth genung zu sagen,
Die Sonne sey mein Vater nicht.
CLIMENE.
O Götter!
PHAETON.
Von dir, o Königin, muß ich das Zeugnis haben,
Das mein Geschlecht beweißt.
CLIMENE.
Ich schwör es dir, mein Sohn, bey allen Göttern,
Es ist kein Zweifel dran, die Sonne ist dein Vater!
PHAETON.
Und ich soll meinem Vater nicht zur Seiten gehen?
CLIMENE.
Ja, Sohn! demüthig flehe ihn darum,
Er wird die Ehre deines Stammes retten!

Sie geht ab.

PHAETON.
Es heißt mich liebreich seinen Sohn,
Ein Vater den ich liebe;
Dadurch besitz ich alles schon,
Was mir zu wünschen bliebe.

Dem Tode trotz ich um den Ruhm,
Mit kühnem Unterfangen;
Kann ich ihn als mein Eigenthum
Durch Tapferkeit erlangen.

Er will abgehen, begegnet aber dem Epafus.

Neunter Auftritt.

Epafus und Phaeton.

EPAFUS.
Steh stille Phaeton! Wo gehst du hin?
Gieb mir von deiner Kühnheit Rechenschaft,
Mit der du dich nach der erhabenen Verbindung
Mit Libien bemühst!
Verwegner! du entziehest mir ein Guth
Das mir gehört.
PHAETON.
Mir, als der Sonnen Sohn, gehört es zu!
EPAFUS.
Es kann dir dieser Stolz sehr theur zu stehen kommen!
PHAETON.
Dein eifersüchtger Zorn
Vermehret jetzo mein Vergnügen.
EPAFUS.
Nimm dich in acht, nicht meinen Zorn zu reitzen!
Scheu meinen Vater, einen Gott!
PHAETON.
Wenn Jupiter dein Vater ist,
So ist der meinige Apollo!
EPAFUS.
Das ist noch ungewiß, ich hab es schon gesagt!
PHAETON.
Climene doch versichert es!
EPAFUS.
Und ist dies schon genung?
PHAETON.
Du greifst zu heftig meine Ehre an.
EPAFUS.
Du streitest mit dem Sohn des Jupiters vergebens!

Vergiß nur eine eitle Liebe,
Ich widerstehe deinem Triebe.
PHAETON.
Ich folge blos der Ehre Triebe,
Und widerstehe deiner Liebe,
Und stamme vom Apollo her.
EPAFUS.
Um meine Rache zu vollenden,
Hält Jupiter den Blitz in Händen.
PHAETON.
Um meine Rache zu vollstrecken,
Füllt Phöbus Erd und Luft mit Schrecken.
ALLE BEYDE.
Drum streite nur mit mir nicht mehr.
EPAFUS.
Verwegner! höre auf zu streben,
Zum hohen Thron dich zu erheben;
Dem stolzen Flug ist allezeit,
Ein tiefer Fall gewiß bereit.
PHAETON.
Ich will voll Muth mich doch bestreben,
Mich bis zum Reiche zu erheben;
Dem Fluge ist nicht jederzeit,
Ein tiefer Fall gewiß bereit.
EPAFUS.
Das Schicksal wird dich hintergehen.
PHAETON.
Wir werden bald den stärksten sehen.
ALLE BEYDE.
Du sinkst gewiß zu meinen Füßen,
Du wirst als Herrn mich ehren müssen.

Sie gehen von verschiedenen Seiten ab.

Ende der zweyten Handlung.

Dritte Handlung.

Erster Auftritt.

Königliches Schloß der Isis.

Beym Aufzuge des Vorhanges erblickt man die Sonne auf einem Thron von Lichte sitzend, wovon das ganze Schloß erleuchtet wird, und von allen Seiten glänzet. Um den Thron herum stehet das Gefolge der Gottheit. Am Fuß des Thrones erscheinen die Stunden und Jahrszeiten, welche einen schönen Tanz machen, nach dessen Endigung das Gefolge der Sonne sich weiter entfernet, indem es folgendes Chor singet, die Gottheit aber stehet auf und gehet auf der Schaubühne weiter hervor.

CHOR.
Wo du nicht scheinest, da ermatten
O Gott des Lichtes! Blum und Feld;
Es lacht und glänzt die ganze Welt,
Wenn nach den Schatten,
Dein schöner Glanz die Erd‘ erhellt.
DIE SONNE..
Was seh ich? Ist es nicht mein Sohn
Der ganz in Unruh zu mir kommt?

Phaeton erscheint.

Warum kommst du mit traurigem Gesicht,
O Phaeton, zu deinem Vater?
Entdecke mir den Grund von deinem Kummer.
PHAETON.
Geliebter Vater, (wenn du mir erlaubst
Dich meinen Vater doch zu nennen;)
Ich rufe wider meine Feinde
Dich jetzt um Hülfe an.
DIE SONNE..
Wie!
PHAETON.
Mir widerspricht ein lügenhafter Mund,
Daß du mein Vater seyst.
Bestrafe Herr, doch die verwegnen Lügen!
DIE SONNE..
Bekümmre dich nur nicht,
Die Misgunst greift umsonst Climenens Ehre an.
Ja Phaeton, du bist mein Sohn,
Und würdig es zu seyn.
Was wilst du für ein sichres Pfand von meiner Liebe?
Verlange was du willst!
Ich gehe alles ein und schwöre bey dem Styx
Für dessen Fluth die Götter selbst erzittern!
PHAETON.
Erlaube mir auf einen Tag
Die Welt auf deinem Wagen zu erleuchten!
DIE SONNE.
Was unterstehst du dich, o Sohn!
PHAETON.
Dies würde mich als deinen Sohn beweisen!
DIE SONNE..
Ach! du bist zwar mein Blut, jedoch ein Sterblicher;
Und jene ungezähmten Rosse zu regieren
Ist keines Menschen Werk.
PHAETON.
Es würde mir schon rühmlich seyn
Es nur versucht zu haben;
Der Tod selbst würde mir nicht schrecklich seyn!
DIE SONNE.
Ich kann nicht mehr zurücke ziehn was ich geschworen,
Es sey dir nun gewährt.
Doch ach! Zu spät und ohne Frucht
Bereu ich diesen Eid.

Sieh in der Größe meines Schmerzens
Den Trieb des väterlichen Herzens;
Nimm nicht mein Sohn, ach glaube mir!
So etwas schweres über dir.

Du strebest nur das zu erringen
Was dir so leicht den Tod kann bringen,
Und ich, o Götter! zittre hier.

Sie gehen alle auf einer Seite ab.

Zweyter Auftritt.

Ein angenehmes Feld, welches sich in einer felsigten Gegend endigt. Der Himmel ist wie beym Anbruch des Tages, doch mit einigen Wolken, verfinstert.

LIBIA.
Umsonst such ich Erleichtrung meines Schmerzens;
Eh noch der Tag durch diese weite Felder blickt,
Irr‘ ich vergebens schon durch den einsamen Wald.
Mein Herz ist niemals frey
Von der grausamen Marter?
Ach wär ich doch in diesen Wäldern
Und unter diesen Heerden in der Niedrigkeit
Als eine Schäferinn vielmehr gebohren!
Als daß das Schicksal meine Tage
Mit so grausamen Kummer übersäet!
Es würde meiner Lieb‘ alsdenn
Des Staates Vortheil nicht sich widersetzen,
Und ich würd‘ hier beglückt
An meines Hirten Seite leben!

Um wie viel glücklicher in Lieben
O Schäferinnen, seyd ihr nicht!
In dem Genuß von frohen Trieben
Wächst eure gegenseitge Pflicht.

In dunkler Bäume Schatten wehret,
Kein euren Herzen hart Gebot,
Kein Zorn den das Gestirne droht,
Den sanften Flammen die ihr nähret.

Dritter Auftritt.

Merope mit der Leibwache, und Libia.

MEROPE.
O Tochter!
LIBIA.
Mein Vater, Herr!
MEROPE.
Sieh nun, wen ich dir zum Gemahl bestimmt!
Der Sonnen Sohn steigt heute
Auf des erhabnen Himmelsbau,
Und wird selbst auf dem Wagen seines grossen Vaters
Als eine neue Sonne glänzen!
LIBIA.
Je höher seinen Flug ein stolzer Mensch erhebt,
Um desto schlimmer ist sein Fall!
Ist er selbst mit dem Thron noch nicht vergnügt,
Verlangt er mehr? Er nehme sich in acht.
Er selbst beschleunigt seinen Fall,
Und wird selbst (so sagt mir mein Herz) mich rächen!

Sie geht ab.

MEROPE.
Sie spricht so wie sie wünscht! o undankbare Tochter!
Ich hoffe daß der Himmel taub für deine Wünsche,
Dein Hoffen nicht erfüllen,
Und diesen Stolz zu Schanden machen wird.

Er geht ab.

Vierter Auftritt.

Epafus.

EPAFUS.
Wie groß ist meine Pein, o Götter!
Soll Phaeton so Libiens Gemahl
Als mein Beherrscher werden!
Und mir als Nebenbuhler, Thron und Ehre,
Und die geliebte Schönheit rauben?
Das ist für mich ein gar zu grausam Schicksal!

Selbst zu des Himmels Glanz erhoben
Hat dich mein Vater! noch dort oben
Der Schönheit sanfter Reiz gerührt.

Wie? Leidst du nicht bey meinem Schmerzen?
Du weißt, daß ihre Macht im Herzen
Die süsse Liebe nie verliert.

Fünfter Auftritt.

Libia und Epafus.

LIBIA die den Epafus nicht siehet.
Ich komme wiederum hieher!
Ach meine Quaal setzt mich ganz ausser mich!
Ich seh den Epafus! o Götter!
EPAFUS.
Prinzeßin!
LIBIA.
Du kommst um meine Todesangst zu mehren!
Ich die Gemahlin Phaetons …
EPAFUS.
Noch bist du es ja nicht!
Ich hoffe, daß mir noch mein Vater
Zu rechter Zeit zu Hülfe kommen wird!
LIBIA.
Durch diese noch beglückte Ahndung,
Erholt sich meine ganz verirrte Seele!
EPAFUS.
Geliebte, laß nicht alle Hoffnung schwinden,
Das Schicksal wird noch andre Wege finden.
LIBIA.
Ich will noch hoffen, ja! mein einzig Guth
Die Liebe selbst stärkt meinen Muth.
EPAFUS. LIBIA.
Ich liebe dich und kann noch hoffen.
BEYDE.
Bis mich der letzte Augenblick betroffen,
Will ich treu, feurig und beständig seyn,
Und dir stets unverstellte Liebe weihn!
EPAFUS.
Beruhge dich, mein einziges Verlangen!
LIBIA.
Du hast mich schon zu trösten angefangen!
BEYDE.
Der Himmel selbst, läßt in beständger Pein
Nicht eine treue Liebe seyn.

Nach Endigung des Duetto, zerstreuen sich die Wolken, und Phaeton erscheint auf dem Sonnenwagen, indem er sich nach und nach über den Horizont erhebet.

Sechster Auftritt.

Merope mit einem grossen Gefolge, Libia, Epafus, und nachher Teone.

MEROPE.
Ihr Völker, kommt zusammen,
Ein jeder sehe mit Bewundrung
Die neue Sonne an, die auf die Erde scheint.
Sieh, meine Tochter, welchen ungewohnten Glanz
Der Sonnenwagen von sich wirft!
Sieh jenen der ihn führt
Und jenen feyerlichen Tag uns bringt,
Sieh ihn und zeige deine Freude, denn er ist dein Gemahl!
Jedoch, wo ist die Königin!
Warum erscheint sie nicht
Um eines solchen Sohnes Glanz zu sehen?
TEONE.
Ach, laß die eitle Freude schweigen!
Du weißt noch nicht, o König,
Was für ein Schicksal den treulosen Phaeton erwartet!
Es naht schon der betrübte Augenblick heran,
Der diese neue Sonne
Mit ewger Nacht bedecken wird.
Mein Vater Proteus, sagte mir es jetzt;
Climene selbst, des traurigen Ausgangs gewiß,
Sucht ihres Sohnes Tod umsonst zu hindern,
Und hat sich in das Meer,
Um ihn nicht mehr zu sehn, verborgen!

Man sieht den Himmel Flammen streun.

MEROPE.
Was höre ich?
EPAFUS.
Seht, welche schreckenvolle Flamme
Verbreitet sich am Himmel!
LIBIA.
Ach! Was entstehet auf einmal
Für eine heisse Gluth?
MEROPE.
Weh mir! Was wird geschehn?
EPAFUS.
Es eilet Jupiter um mich zu rächen!

Siebender Auftritt.

Man sieht aus dem Innersten der Schaubühne mitten aus dem Felsen, die Göttin der Erde hervor kommen. Indessen daß die Flammen am Himmel zunehmen.

DIE ERDE.
Weh mir! Ich rufe Euch ihr Götter,
Um eure Hülfe an!
O Jupiter! Errette mich, ich flehe,
Von diesem Feur, das mich vertilgt.
Es brennen Berg‘ und Städte,
Die Wälder sind ganz Flammen,
Und Bäche, Flüsse, Quellen sind vertrocknet.
EPAFUS.
Trif Jupiter mit deinem Donner,
Doch diesen stolzen Geist!
LIBIA.
Durch solche Glut, verliert die Erde die Gestalt!
DIE ERDE.
Doch ich bin schon erhört! Seht, Jupiter
Wirft schon den Blitz, es stürzet Phaeton.

Man hört einen starken Donnerschlag und sieht den Phaeton hinter den Felsen vom Wagen herabstürzen; worauf die Flammen nachlassen.

TEONE.
Erschrecklichs Schicksal! Elender, meyneidiger Geliebter!
MEROPE.
Elender Phaeton! Wie sehr beklag‘ ich dich!
EPAFUS.
Nun hat mich Jupiter gerächt!
Der Stolze ist gestürzt!
Geliebte Libia, nunmehr bin ich der deine!
LIBIA.
Wenn dieses Band mein Vater mir erlaubt,
So wünsch ich weiter nichts!
MEROPE zum Epafus.
Weil Jupiter es will, so sey sie dir gegeben.
LIBIA UND EPAFUS.
Nun fehlt mir nichts zum Glück und zur Zufriedenheit.
DIE ERDE.
Zum Lobe Jupiters, der heute mich befreyt,
Laßt aller Stimmen sich erheben!
CHOR.
Den Jupiter laßt uns besingen,
Ihm laßt uns Ruhm und Beyfall bringen,
Der uns von der Verwegenheit,
Des kühnen Phaetons befreyt.

Man wird in angenehmen Glänzen,
Der Sonnen goldnen Wagen sehn;
Und in des Himmels weiten Grenzen,
Ihn im gewohnten Gleise gehn.

Ende des Singespiels.