Louis Spohr
Jessonda
Oper in drei Aufzügen
Libretto von Eduard Heinrich Gehe
Uraufführung: 28.07.1828, Hoftheater, Kassel
Personen
Jessonda, Wittwe eines Rajah
Amazili, ihre Schwester
Dandau, Oberbramin
Nadori, Bramin
Tristan d’Accunha, General der Portugiesen
Pedro Lopes, Obrister
Ein indianischer Anführer
Erste,
Zweite, Bajadere
Braminen. Bajaderen. Portugiesische und indische Krieger. Indische Frauen und Kinder
Die Scene ist in und vor Goa, an der Küste Malabar; die Zeit der Handlung der Anfang des sechzehnten Jahrhunderts.
Erster Aufzug.
CHOR DER BRAMINEN UND BAJADEREN.
Kalt und starr, doch majestätisch
Auf der Bahre liegt der Rajah,
Und die Augen, fest geschlossen,
Und das Schweigen seines Mundes
Geben kund,
Daß der Sohn von India
Seiner Tage letzten sah.
CHOR DER BAJADEREN.
Nach dem Sonnenbrand erfrischend
Holde Quellen lieblich tönen,
Doch sein Ohr vernimmt sie nicht,
Frühling geht mit seinen Rosen,
Herbst mit seiner Pracht vorüber,
Doch sein Auge sieht sie nicht.
DANDAU.
Brama nahm ihn von der Erde,
Doch sein Geist, gehüllt in Nacht,
Irret an dem Saum der Himmel
Unstät trauernd
Hin und her.
GROßER CHOR.
Pforten des Lichtes
Verschlossen für ihn!
Thäler der Erde
Verblühet für ihn!
SOLO.
Von den Engeln,
Von den Menschen,
Gleich geschieden,
Weint er in Qualen der Einsamkeit,
Findet nimmer, nimmer Ruh. –
GROßER CHOR.
Bis der Holzstoß wird errichtet,
Bis das göttergleiche Weib
Auf das Leben kühn verzichtet,
Opfernd ihren süßen Leib.
ERSTE UND ZWEITE BAJADERE.
Seele des Gatten,
Dir nahet Erlösung,
Schwächen des Alters
Streifest du ab;
Schwebst in der Jugend
Blühender Schöne,
Wie ein Bräut’gam entgegen der Braut.
GROßER CHOR.
Laßt uns Brama, Brama loben,
Unsern hehren, starken Gott.
SOLO.
Ist das Irdische verzehrt,
Leben durch den Tod verklärt,
Schwinget sich der Geist nach oben,
Von dem Feuer unversehrt.
GROßER CHOR.
Laßt uns Brama, Brama loben! etc.
Recitativ.
DANDAU.
Du hast dem Opfer Dich entzogen.
NADORI.
Still lag ich an des Seees Fluthen,
Den ihr den heil’gen nennt und las im Veda,
Viel schwere Pflichten übet der Bramin,
Die schwersten aber ruhen auf der Sekte,
Zu der ich selbst gehöre,
Gezwungen nur, ach, nicht durch meine Wahl.
DANDAU.
Entrückt den irdischen Genüssen,
Vernahmst Du früh der Geister Gruß.
Des Lebens Tand, der Frauen eitle Schöne
Lag fern von jener Welt,
Die Dich umfing in stillen Tempelhallen.
Heut waffne Dich mit Ernst und mit Entsagung
Du sollst zum ersten Mal ins Leben treten.
NADORI.
Was sagst Du? in das Leben!
DANDAU.
Gestorben ist der Rajah.
Ihm folgend muß, nach altem Brauche,
Die Gattin sich ins Grab der Flamme stürzen;
Geh‘ denn zu ihr, Tod kündend.
Doch zuvor.
Vernimm der Warnung Stimme.
NADORI.
Ich lernte früh schon zu gehorchen.
Soll ewig, wie des Donners Hallen,
Sein Herrscherwort ins Ohr mir dringen.
Duett.
DANDAU.
Aus dieses Tempels heil’gen Mauern,
O Jüngling, ruft Dich heut die Pflicht.
NADORI.
Sie ruft! ich seh‘ in Freudenschauern
Den Strahl, der hell durch Wollen bricht.
DANDAU.
Du mußt an grünen Lebensauen
Gesenkten Blick’s vorübergehn.
NADORI.
So darf ich nicht die Blüthen schauen,
Die glänzend mir entgegen wehn.
BEIDE.
Wer Brama’s Dienste sich ergeben,
Bekämpft den Feind in eigner Brust,
Es stirbt der Leib, der Geist wird leben,
Nach Erbenschmerz in Himmelslust.
DANDAU.
Hast Du den Auftrag ernst vollzogen,
Zum Tempel kehre schnell zurück.
NADORI.
Auf Erdenglanz und Lebenswogen
Nur einen einz’gen flücht’gen Blick!
DANDAU.
Den Priestern, die die Gottheit ehren,
Bringt Frauenschöne nicht Gefahr.
NADORI.
Es standen selbst die Bajaderen
Verhüllt am flammenden Altar.
BEIDE.
Den Trieb der Erde zu bekriegen;
Mit Geiseln schlage Deine / schlag ich meine Brust.
Erliegt der Leib, der Geist wird siegen,
Durch Schmerz verklärt zu Himmelslust.
DANDAU.
Geh‘ denn, des Todes heil’ger Schauer
Begleite, Priester, Deinen Schritt!
NADORI.
Gleich Schatten ziehn die stumme Trauer,
Der Schrecken und der Wahnsinn mit.
DANDAU.
Sobald der Todesbot‘ erschienen,
Schnell stürzt das Leben in das Grab.
NADORI.
Ich höre, seh‘, es mäh’n Braminen
Der Erde Blumen lächelnd ab.
BEIDE.
Wir / Sie schleudern aus dem Schoos der Nächte,
In unsrer / ihrer Macht zu unserm / ihren Ruhm,
Fluch oder Segen auf Geschlechte;
Es blüht / blüht es herrscht / herrscht das Priesterthum.
Recitativ.
DANDAU.
Was bringst Du?
OFFIZIER.
Herr, eine wicht’ge Kunde!
Wir schauten von den Höhen
Herab auf die verhaßten Fremdlinge,
Die, von dem Abend hergekommen,
Uns seit zwei Monden schon bekriegen.
Erregt von ungewöhnlicher Bewegung
Ist ihr ganzes Lager!
Auch drang zu unsern Ohren das Gerücht,
Ein hoher Krieger sey dort angelanget
Mit neuer Mannschaft, und es solle
Die Stadt mit Sturm erobert werden,
Sobald zu Ende geht die Waffenruhe.
DANDAU.
Sie mögen nah’n, ihr Grab zu finden.
Arie mit Chor.
DANDAU.
Der auf Morgen – Abendgluthen
Herrlich seinen Thron gebaut,
Auf bewegte Volkesfluthen,
Wie das Licht auf Nächte schaut,
Herrscher in der Völkerschlacht,
Schütze deiner Diener Macht.
CHOR.
Herrscher in der Völkerschlacht,
Schütze deiner Diener Macht!
DANDAU.
Rollt dein majestätisch: »Werde!«
Steigen Welten aus der Nacht;
Zürnest du, vergeht die Erde
Schrecklich in des Feuers Pracht.
Schleudre aus dem Wolkensitz
Auf des Landes Feind den Blitz!
CHOR.
Schleudre aus dem Wolkensitz
Auf des Landes Feind den Blitz!
DANDAU.
Felsenschlünde darfst du spalten,
Und begraben ist sein Heer;
Sende deines Sturms Gewalten,
Und die Flotten sind nicht mehr,
Und der Sieger stolzes Lied
Fröhlich zu dem Himmel zieht.
CHOR.
Kühner Sieger stolzes Lied
Fröhlich zu dem Himmel zieht.
Recitativ.
JESSONDA.
O Schwester, stille deine Thänen,
Du siehst mich ruhig, sey es auch;
Wohl bin ich jung, doch Alle sagen,
Ich müsse sterben, weil mein Gatte starb.
Sie küssen das Gewand der Gottgeweihten
Und bringen heil’ges Rauchwerk mir,
Es in die Glut zu werfen,
Die mich verzehren soll am nächsten Morgen.
AMAZILI.
O daß um zeitlichen Gewinn
Der Vater mit uns zog nach dieser Küste,
Wo harte Menschen wohnen,
Und finstre Bräuche schrecklich walten!
Ich schied von meinen Blumen,
Dich trennten sie von einem theuern Freund.
JESSONDA.
Du hebst den Schleier
Von meiner Jugend goldnen Bildern,
Und weinend drück ich sie an meinen Busen.
Vernimm, was Dir die Sterbende vertraut;
An jenes greisen Rajah Seite,
Als seine Tochter hab‘ ich nur gelebt,
Bin meiner ersten Liebe treu geblieben.
Sprich mir von ihm, der unter Palmen
Im Land der Heimath mir begegnet,
Mir fremd und doch so innig mir befreundet.
AMAZILI.
Gekommen war er über Meereswogen
Mit Kriegesschaaren.
Wie seines Auges Strahl dich grüßte,
Sah‘ ich Dich still erröthen.
Noch halb ein Kind, nicht kannt‘ ich Liebe,
Doch fühlt‘ ich, Du warst glücklich!
Daß dieses Glück so schnell verblühte!
Der Vater, fürchtend jene fremden Männer,
Verbarg den Tag der Abfahrt Deinem Freunde,
Und nie sahst Du ihn wieder.
JESSONDA.
Nie wieder! nie wieder!
Recitativ.
JESSONDA.
Als in mitternächt’ger Stunde
Von der Heimath ich geschieden,
Stand ich weinend auf dem Schiff,
Und die Wellen und die Winde
Nahmen meine Grüße mit.
Als darauf im Morgengold
Einmal noch die Küste glänzte,
Wie zog michs zurück
Zu ihm, zu ihm!
Doch fern und ferner
Versank das Gestad‘,
Die Wellen sangen,
Die Stürme braus’ten,
Nie siehst Du ihn mehr!
Und ich schwebt‘ auf hoher See,
In der Brust das tiefe Weh.
Arie.
Die ihr Fühlende betrübet,
Kennet ihr die stumme Pein,
Von dem Freunde treu geliebet,
Doch – von ihm getrennt zu seyn?
Durch des Himmels weite Räume
Meine Liebe sehnend ging,
Nieder thauten Wehmuthsträume,
Wenn der Schlummer mich umfing.
Jahre kamen und vergingen,
Stiller, heil’ger ich empfand,
Und das Herz erhob die Schwingen
Zu des Friedens goldnem Land.
Bald bin ich ein Geist geworden,
Reiner Aether mich umwallt,
Und in himmlischen Akkorden
Segen auf mich niederschallt.
Recitativ.
AMAZILI.
Erhaben ist’s, so still zu leiden,
Doch menschlich um die Leidende zu trauern.
Heut Nacht, als auf einsamen Lager
Der Schlaf mich floh,
Kam mir ein Strahl der Hoffnung.
Bald ist die Waffenruh geendet,
Und Portugiesen, Männer jenes Volks,
Zu dem Dein Freund gehörte,
Steh’n vor den Thoren,
Den sanftern Gott verkündend,
Erklären sie der Frauen Opfertod für Frevel,
Wenn sie erführen, was Dir droht –
JESSONDA.
Die Ruh‘ der Waffen dauert noch zwei Tage,
Indeß erfüllet sich mein Loos.
DIENERINNEN DER JESSONDA.
Der Todesbote!
AMAZILI.
Der Todesbote – o weh!
JESSONDA.
Fasse Dich!
Nach altem Brauch wird er erscheinen;
Wild tanzen Bajaderen vor ihm her, –
Laß uns mit festem Sinn und großem Herzen
Dem Unvermeidlichen begegnen.
Finale.
NADORI.
So wie das Rohr zerbrach,
Das Leinentuch zerriß,
Der Flamme Licht verging,
Vergeh‘ nach heil’gem Brauch,
Dein Leben auch,
Sobald aus Meeresfluthen
Der nächste Morgen steigt,
Sollst Du in Feuersgluthen –
AMAZILI.
Der wilde Redner schweigt.
JESSONDA.
Soll ich in Feuersgluthen –
AMAZILI.
Ob Mitleid ihn erweicht?
NADORI.
Das, das ist Frauenschöne,
Die nie gesehene!
Heil mir! – nein, weh mir! weh!
Sie lockt wie Silbertöne,
Sie flammt wie Blitzesmacht.
Bin ich erwacht
Aus dumpfer Nacht
Zum göttlichen Leben,
Und um mich schweben
Ein blühender Kranz,
Lächelnde Peri’s im himmlischen Glanz.
JESSONDA UND AMAZILI.
Daß sich Mild‘ und Pflicht vermähle,
An dem Himmel seiner Seele
Wallt empor der Wehmuth Hauch,
Wie ein stiller Opferrauch.
AMAZILI.
Der als Todesbot‘ erschien,
Fühlet, liebt auch der Bramin?
NADORI.
Ich Bramin! – weh, meine Pflicht!
Fühlen, lieben darf ich nicht!
Hört, was Brama durch mich spricht:
Sobald aus Meeresfluthen
Der nächste Morgen steigt,
Sollst Du in Feuersgluthen –
Sind das Lippen oder Rosen?
Erde reichst du solchen Glanz?
Und ich soll in Flammen stoßen,
Was erblüht im Lebensglanz?
JESSONDA UND AMAZILI.
Reiche, herrliche Natur!
Auf der großen Weltenflur
Läßt du Herzen sich begegnen,
Herzen, die dich freudig segnen,
Findend deiner Liebe Spur.
NADORI.
In des Tempels öde Hallen
Festgebannt mit Seel und Leib,
Konnt‘ ich nur Gebete lallen,
Sah‘ ich nimmer Dich, o Weib!
Die Wolk‘ umnachtend den Männergeist,
Zerreißt!
Die lange schliefen,
Aus Seelentiefen
Auf brausen Gefühle,
Gleich Feuerbächen
Zu grünenden blühenden Lebensflächen.
Hin strömen sie
In Harmonie.
AMAZILI.
Kannst Du mir die Schwester retten,
Wie Dein sanfter Blick verspricht,
Dankbarkeit die Rosenketten
Durch Dein Leben selig flicht.
JESSONDA.
Nimmer kann er mich erretten,
Ob sein Blick es auch verspricht.
An mein eignes Leiden ketten
Will ich diesen Jüngling nicht.
NADORI.
Dieses Aug‘ voll Seelengüte,
Ruht auf mir ernst, feierlich;
Ach, und dieser Wangen Blüthe
Wie entzückt, berauscht sie mich!
JESSONDA.
Jüngling, aufgeblüht zum Leben,
Flieh, o flieh von mir zurück:
Denn den Flammen übergeben
Ist mein Hoffen, ist mein Glück.
Mir genügt, wenn Ihr vereint,
Eine Thräne schweigend weint.
NADORI.
Umgewandelt ist mein Wesen,
Frühlingshauch die Brust mir schwellt.
Heil mir, Heil! ich bin genesen,
Auf des Lebens Höh’n gestellt;
Und zu lichten Unglücksnacht,
Treibt es mich mit Göttermacht.
AMAZILI.
Wie im zarten Farbenspiele
Gold’nes Licht auf Fluren fällt,
Von der Sonne der Gefühle
Ist sein Antlitz aufgehellt.
Muthig blickt er in die Welt,
Erst ein Sklav‘ und jetzt ein Held.
Zweiter Aufzug.
CHOR DER PORTUGIESEN.
Kein Sang und Klang auf dieser Welt
Soldatenherzen mehr gefällt,
Als mitten in des Kampfes Drang
Kanonenschuß, Trompetenklang.
Was ist’s, das Kriegers Tod versüßt,
Wenn purpurroth sein Blut entfließt?
Ertönend durch des Kampfes Drang
Kanonenschuß, Trompetenklang.
Und sinkt der Held das Schwert zur Hand,
Preist selig ihn das Vaterland,
Und ihm ertönt als Grabgesang
Kanonenschuß, Trompetenklang.
Recitativ.
LOPES.
Soldatengruß tönt Dir entgegen!
TRISTAN.
Von meinem Herzen treu erwiedert.
Vernehmt mich Waffenbrüder!
Nach friedlichem Vertrage
An diesen Küsten wohnten Portugiesen.
Sie sanken – vom Verrath getroffen – Alle!
Jetzt stehn wir hier in unsers Königs Namen,
Was ihm gehört, neu zu erringen,
Und herrlich weh’n die Fahnen unsers Glaubens,
Vereint denn mit der Kraft die Milde;
Denn auch im Krieg läßt sich der Frieden üben.
Mit Gott für unsern König!
CHOR.
Mit Gott für unsern König!
Recitativ.
LOPES.
Beginne denn zur Feier Deiner Ankunft
Der Waffen Spiel!
CHOR.
Herrlich ist es, ruhmbekränzet,
Männlich kämpfend untergehn,
Herrlicher, vom Sieg umglänzet,
Ueber seinem Feinde stehn.
Doch auch schön ist es zu nennen,
Wenn des Friedens Ruf ertönt,
Herzen freudig sich erkennen,
Und sich Feind und Feind versöhnt.
Edles hohes Loos der Krieger!
Wie auf Fahnen schwebt der Kranz
Nach den Schlachten ruht der Sieger
Herrlich in des Ruhmes Glanz!
Recitativ.
LOPES.
Mit Fülle Kriegerischer Ehren
Ward Deine Jugend schon beglückt,
Doch wohnet stiller Ernst auf Deiner Stirne,
Dein Auge kündet Deiner Seele Stimmung.
O könnte meine Freundschaft diese Wolken
Von Deinem Antlitz scheuchen!
TRISTAN.
Wir sind in einem Land‘, wo einst die Liebe
Mit holdem Gruße mir begegnete
Und jede Küste, Bäume, Blumen,
An ein verlornes Glück mich mahnen.
LOPES.
Ich weiß, als Du zum ersten Male
Gelanget an des Ganges Fluren,
Hat einer Jungfrau dieses Landes
Dein Herz sich zugewandt in feur’ger Liebe.
Sie theilte Deine Neigung,
Doch eines Tag’s war sie verschwunden,
Entrissen Dir von fremder Macht.
TRISTAN.
Und meine Sehnsucht rief nach ihr vergebens.
LOPES.
Die Hoffnung geh‘ an Deiner Seite,
Wohl nicht umsonst hat Dich das Schicksal
Zum zweitenmal geführt an diese Küste.
TRISTAN.
Wo sie jetzt weilet, deren Blicke
Den wilden Jüngling sanft zurückgeführet
Zum schönen Leben.
Arie.
TRISTAN.
Der Kriegeslust ergeben,
Zog ich mit wüstem Sinn
Durchs wildbewegte Leben,
Ein Abentheurer hin.
Sieh, da sank wie Mondesstrahlen
Sanft in meine Brust ihr Blick,
Führte mich zu Friedensthalen,
Zu dem stillen wahren Glück.
Sonst herrschten feur’ge Triebe
Blind in des Jünglings Brust,
Und schüchtern schwieg die Liebe
Bei Stürmen roher Lust.
Doch sobald ich sie gesehen,
Die den Engeln liebend glich,
Kam es wie des Friedens Wehen,
Wie ein Segen über mich.
Was Männer auch erstreben
An Ruhm und goldnem Schein,
Sie geistig zu erheben,
Gelingt der Lieb‘ allein.
Recitativ.
LOPES.
Mein theurer Freund, ich theile Dein Gefühl
Doch sieh, aus ihrer Stadt hernieder
Steigt eine Schaar von Frauen.
TRISTAN.
Ich weiß es. Von Braminen
An mich gelangt ist eine Botschaft,
Daß, eine Landessitt‘ erfüllend,
Ein indianisch Weib zur Quelle ziehe,
Die unter jenen Bäumen fließet.
Sich dort mit heil’gem Naß benetzend
Will sie zu einer frommen Handlung
Sich vorbereiten.
Und gern erlaubend friedliche Gebräuche,
Hab‘ ich der Frauen Rückkehr zugesagt,
Bei meiner Ehre.
Laß uns denn still von dannen gehen.
Recitativ.
JESSONDA.
Laßt mich auf Augenblicke
Allein mit meiner Schwester.
An Deiner Hand will ich zum letzten Male
Die Fluren seh’n, die in des Abends Strahlen
Wehmüthig mir entgegen lächeln.
AMAZILI.
O daß sie ernst verschmähet,
Was ihr der schöne Jüngling bot;
Errettung aus dem Flammentode.
JESSONDA.
Wie dort der Blumen Fülle blühet!
O Schwester!
Duett.
JESSONDA.
Laß für ihn, den ich geliebet,
Einen Selam still uns winden,
Der in glüh’nden Farben spricht:
Sie vergaß Dich nicht. –
Bringe Schwester, jene Rose,
Meiner Liebe still Symbol.
AMAZILI.
Ach! der Thau in ihrem Schvoße
Deutet er auf Thränen wohl? –
JESSONDA.
Wie ein Lächeln unter Thränen
Uns der Liebe Glück erscheint!
Liebeslust und schmerzlich Sehnen
Sich wie Dorn und Rosen eint.
AMAZILI.
Sieh‘ wie aus der Blätter Hülle
Lebensblumen freundlich glüh’n:
Wähle aus der reichen Fülle,
Wähle doch der Hoffnung Grün.
JESSONDA.
Diese Blume will ich wählen,
Denn sie spricht vom Wiederseh’n.
In dem schönen Reich der Seelen,
In des Himmels lichten Höh’n.
BEIDE.
In dem zarten Blumenspiele
Liegt ein tiefer, heil’ger Sinn,
Ob ich fröhlich, traurig bin.
Meinem wechselnden Gefühle
Holder Blumen sanftes Licht
Still entspricht.
AMAZILI.
Bin ich fern von meinen Lieben,
Send‘ ich zarte Blüthen hin,
Künde so in treuen Sinn
Daß ich ihnen hold geblieben,
Treu und hold bei sanftem Scherz,
Wie im Schmerz.
JESSONDA.
Mutter, Schwester, wer mich liebet,
Drückt die Blumen an die Brust,
Und in der Erinnrung Lust,
Die kein Hauch der Erde trübet,
Meinen Freunden glänzt mein Bild
Still und mild.
BEIDE.
In dem zarten Blumenspiele
Liegt ein tiefer, heil’ger Sinn etc.
Recitativ.
NADORI.
Still lag auf meiner Seele
Die Nacht mit dunklen Schwingen,
Da plötzlich öffnen sich des Lichtes Thore
Und glanzvoll steigen mir Genuß und Hoffnung
Und tausend goldne Bilder nieder,
Und wie sie blühend mich umfangen;
Mit Schaudern seh‘ ich, wie Braminen
Der Menschheit Stimme kühn verhöhnen. –
Nicht in den Flammen soll die Unschuld sterben,
Ich will sie retten, ich!
O süßer Lohn, wenn dann Jessonda’s Schwester
Die That mit sanftem Blick mir danket,
Und mit Amazili, entfernt von diesen Küsten,
Ein neues Leben mir beginnet.
Doch wie vollend‘ ich’s? Alle rühmen
Den Edelmuth des Portugiesen – Führers,
An ihn will ich mich wenden.
Arie.
Daß mich Glück mit Rosen kröne,
Neige sanft, o Frauenschöne,
Neige lächelnd dich zu mir.
Kühn im seligen Gelingen
Eine Welt will ich bezwingen,
Bietest du des Kranzes Zier.
Geist’ge Knechtschaft abgeschworen,
Und ein gutes Schwert erkohren!
Erde, sieh, ich bin dein Sohn;
Laß mich nicht dem Feind erliegen,
Und nach Kämpfen und nach Siegen
Blühe mir der Liebe Lohn.
Recitativ.
Was seh‘ ich, unter Blumen wandelt,
Die mir mein schlummernd Aug‘ erschlossen.
O stiller Zug, der mich hinüber führet
Zu ihr, zu ihr!
AMAZILI.
Es schlägt für unsre Leiden
Ein fühlend Herz allein in seinem Busen.
NADORI.
Ob mich Verrath und Tod umlauern.
An dieser holden Blüthe
Kann ich nicht kalt und stumm vorübergehen.
AMAZILI.
Es spricht mit unbekanntem Zauber
Sein dunkles Aug‘ zu mir.
Duett.
NADORI.
Schönes Mädchen, wirst mich hassen,
Ich bereitete Dir Schmerz.
AMAZILI.
Als mich alle kalt verlassen,
Zeigtest Du ein fühlend Herz.
NADORI.
Soll mich nicht die Unschuld rühren,
Von der Schönheit Reiz umwallt?
AMAZILI.
Schatten sanfter Trauer zieren
Seine freundliche Gestalt.
NADORI.
Mögen dumpf die Donner hallen,
Strahlt mir nur Dein sanfter Blick.
AMAZILI.
Holder Jüngling, Dir vor Allen
Gönn‘ ich Frieden, gönn‘ ich Glück.
BEIDE.
In des Unglücks trüben Stunden
Enger schließt sich Herz an Herz,
Freundschaft heilt des Lebens Wunden,
Lieb‘ verkläret selbst den Schmerz.
NADORI.
Alles könnt‘ ich für Dich wagen.
Sprächest Du: Ich dank‘ es Dir!
AMAZILI.
Mehr noch wird mein Herz Dir sagen,
Rettest Du die Schwester mir.
NADORI.
Hin zu Portugiesenschaaren
Führet mich der Liebe Muth.
AMAZILI.
Meide, Theurer, die Gefahren,
Fürchte der Braminen Wuth.
NADORI.
Liebe läßt mich alles hoffen,
Siegen werd ich nur durch sie.
BEIDE.
Nach des Unglücks trüben Tagen
Laß uns dahin, dahin flieh’n,
Wo die Herzen sanfter schlagen,
Wo die Blumen schöner blüh’n.
Recitativ.
AMAZILI.
O neu Gefühl, was mich beseelet,
Bist du der Liebe goldnes Glück?
Ihr Götter schützt den Jüngling vor Gefahren!
O tragt ihm meine Wünsche zu, ihr Lüfte!
Arie.
O Welt, so schön und blühend,
Vernimm, er liebet mich.
O Leben, neu erglühend,
Wie lieb‘ ich jetzt auch dich.
Mir einmal aufgegangen,
Sein Bild mich nie verläßt;
O kühle meine Wangen
Du sanfter holder West.
Ich stand, das Auge trübe,
Am öden Lebensstrand,
Doch nun geht süße Liebe
Mit Hoffnung Hand in Hand.
Finale.
CHOR DER BAJADEREN.
Aus der Wellen heil’gem Schooß
Schweigend stieg sie, makellos;
All‘ ihr Hoffen, all‘ ihr Glück
Ließ sie in der Fluth zurück.
JESSONDA.
Von der Erd‘ und ihren Freuden
Ganz geschieden bin ich jetzt.
Recitativ.
TRISTAN.
Wir soll jenen Tod erleiden?
NADORI.
Sie dort.
TRISTAN.
Sie?
JESSONDA.
Ha!
TRISTAN.
Welcher Klang,
Wie er mir zum Herzen drang!
Sprich, wie heißt –
NADORI.
Jessonda.
TRISTAN.
Wie?
NADORI.
Jessonda heißet sie.
TRISTAN.
Wonne fasset mich und Grauen.
Weilet, weilet, laßt mich schauen.
BAJADEREN.
Fremdling, Fremdling, weich zurück,
Denn sie ist des Feuers Braut,
Werbend um des Himmels Glück
Sie zum Himmel ahnend schaut.
TRISTAN.
Reißet, Schleier, fallet nieder!
Heil’ger Gott! Dich seh‘ ich wieder,
Dich, Jessonda, Dich! –
Doch die schöne Wang‘ erblich.
BAJADEREN.
Bleib verschlossen Frauenblick!
Fremdling, Fremdling, weich zurück.
NADORI.
Welche Ahnung! welcher Blick!
In der Liebe Schmerz und Glück.
AMAZILI.
Ja er ist’s, sein treuer Blick
Giebt das Leben ihr zurück!
TRISTAN.
Licht der Augen, glänze wieder!
Schlage fröhlich, treue Brust!
Liebe schauet auf dich nieder,
Ihres Glückes froh bewußt.
JESSONDA.
Es ist kein Traum,
Ich hab‘ ihn wieder,
Und fass‘ es kaum –
In Deinen Armen,
An Deiner Brust,
Zum Leben erwarmen,
O selige Lust.
TRISTAN.
In meinen Armen,
An meiner Brust
Zum Leben erwarmen –
O selige Lust.
BAJADEREN.
Weh euch Beiden!
Zwischen Euch und Eure Freuden
Mit ehernem Schritt
Das Schicksal tritt.
Recitativ.
DANDAU.
Was muß ich sehn! – Die Gottgeweihte
An des Fremdlings Seite! –
Ihre Schande zu verhüllen,
Rabenschwarze Nacht
Stürz‘ herab!
Fort, Dein Schicksal zu erfüllen,
Fort ins Grab!
JESSONDA.
Sterben soll ich? – Ich will leben,
Ihm in Lust und Lieb‘ ergeben –
Leben will ich, ich muß leben?
TRISTAN.
Ja, sie soll es! Wie mein Arm
Sie umschlungen hält,
Gegen eine Welt
Schütz‘ ich sie!
DANDAU UND CHOR.
Solchen Frevel sah ich nie!
AMAZILI UND NADORI.
Brama! Brama! rette sie!
DANDAU.
Reißet sie aus seinen Armen!
AMAZILI.
Habt Erbarmen!
JESSONDA.
Weh‘ mir Armen!
TRISTAN.
Ihr zu nahen, wage nicht,
Wer da liebt des Lebens Licht.
DANDAU UND CHOR.
Sonne birg dein Angesicht,
Leuchte diesem Frevel nicht.
JESSONDA. AMAZILI. NADORI.
Ach der Liebe schönes Licht
Bergen Schatten schwarz und dicht!
INDISCHE UND PORTUGIESISCHE KRIEGER.
Herr, gebietest Du?
Sieh zum Todesstoß
Unsere Schwerter bloß!
DANDAU.
Es ist Waffenruh!
Es ist Waffenruh!
Bändiget die Lust nach Mord.
Mann, Du gabst Dein Ehrenwort,
Daß die Frau’n zur heil’gen Ouelle
Still in Frieden sollten ziehn.
Willst den Schwur Du treulos brechen,
Werden es die Götter rächen.
CHOR DER INDIANER.
Willst den Schwur Du treulos brechen,
Werden es die Götter rächen.
TRISTAN.
Weh! ich hab‘ mein Wort gegeben.
JESSONDA.
Leben will ich, ich muß leben.
TRISTAN UND JESSONDA.
Wilde, ungeheure Schmerzen
Wühlen mir im tiefsten Herzen.
NADORI UND AMAZILI.
Wilde, ungeheure Schmerzen
Wühlen tief in ihrem Herzen.
DANDAU UND INDIANER.
Von des Sonnentempels Höhen
Stolze Siegesfahnen wehen.
CHOR DER PORTUGIESEN.
Werden wir uns wieder sehen,
Soll die Stadt in Flammen stehen.
DANDAU.
Führt sie fort!
JESSONDA.
O laßt mich hier!
AMAZILI. NADORI. TRISTAN.
O laßt sie hier!
DANDAU.
Sie gehört dem Tod, nicht Dir.
CHOR DER INDIANER.
Sie gehört dem Tod, nicht Dir!
Ob des Feindes Flüche schallen,
Dieses Opfer, uns verfallen,
Tragen siegesfroh wir fort.
TRISTAN. PORTUGIESEN.
Wenn des Kampfes Fahnen wehen,
Werden Rächer auferstehen,
Blutig strafen diesen Mord.
Dritter Aufzug.
Recitativ.
LOPES.
Mit schwarzem Fittig deckt die Nacht
Die Leiden einer großen Seele,
Und unstät in dem Kampfe der Gefühle,
Am Strand des Meeres irrt d‘ Accunha.
Vermagst Du’s nicht, zu lindern seine Schmerzen,
So theile sie, mitfühlend;
Denn es ist schwer, für das Gebot der Ehre
Des Lebens Glück und Liebe hinzugeben!
TRISTAN.
Durch Fluthen, Flammen
Zu ihr zu streben,
Durch’s Graun der Nächte
Zu ihr mich zu schwingen,
Das ist die Sehnsucht meiner Seele,
Doch mich umfangen
Die Banden der Ehre,
Nicht Trost, nicht Rettung kann ich bringen.
LOPES.
Oft wenn am dunkelsten die Wolken nachten,
Erglänzt ein Strahl aus Himmelshöhen.
TRISTAN.
Sie fand ich, um von ihr zu scheiden!
Der Liebe Gruß verhallt in Todesklagen!
Was für ein Fest seh‘ ich bereitet!
Still aus dem Schatten steigt ein Holzstoß –
Jetzt werden Lichter, Flammen wach –
Sie fassen, wüthen,
Und aus der Ferne naht die Braut des Feuers.
Schaaren des Volkes
Stürzen voran,
Mehren sich, wälzen sich
Um den Holzstoß her,
Ein unendlich Meer.
Stimmen ertönen,
Gesänge rauschen,
Waffen glänzen im Feuerstrahl;
Und aus den Armen
Heulenden Volkes,
Von wehenden Schleiern
Gehoben, getragen,
Stürzet die Wittib ins Grab der Flammen!
LOPES.
O daß ein Engel niederstiege,
Dieß tiefgebeugte Heldenherz zu trösten!
NADORI.
Entflohen aus des Tempels Hallen,
In Deine Nacht bring‘ ich Dir Licht.
TRISTAN.
Was sagst Du?
NADORI.
Die Waffenruhe, die Dir heilig,
Wird von Dandau selbst gebrochen.
Denn Auftrag gab er zwei Lipayen,
Zu Euren Schiffen sich zu schleichen,
Sie schnell in Brand zu stecken. –
Wenn Ihr die Männer findet –
TRISTAN.
Dann fallen meine Bande,
Und wieder lebt mein Schwert in meinen Händen.
Doch ach! indem wir kämpfen,
In Flammen stirbt Jessonda.
NADORI.
Das fürchte nicht! nach alter Sitte
Erst um das Morgeuroth beginnt das Opfer,
Und früher will ich Dich und Deine Krieger
Auf einem unterird’schen Wege
Zur Stadt geleiten.
TRISTAN.
O wie vermag ich Dir’s zu danken?
NADORI.
Euch führend, handl‘ ich für mich selbst,
Errettung suchend aus Barbaren Händen.
TRISTAN.
Auf zu den Waffen!
Nun schlägt die Stunde,
Wo jene Götzenbilder stürzen,
Und glanzvoll über ihre Trümmer
Der Glaube siegend wandelt.
Ihr wachet still an unsern Schiffen,
Ihr zieht zur Stadt,
Mit falschem Angriff sie zu schrecken.
Ihr folget mir und diesem Jüngling.
TRISTAN. NADORI. LOPES.
Auf, und laßt die Fahnen fliegen!
Schwerter, öffnet uns die Bahn!
Gott mit uns! zu Kampf und Siegen!
Feinde bebt, die Rächer nah’n!
CHORGESANG DER BRAMINEN UND BAJADEREN.
Wollet, Götter, uns erhören!
Eures Zornes Macht
Durch Gebete zu beschwören,
Wandeln wir durch Sturm und Nacht.
CHOR DER BAJADEREN.
Aufgewacht, aufgewacht,
Schläfer des Thales!
In der Gewitternacht
Huld’get der Göttermacht!
Schauet der Blitze Pracht,
Hört wie der Donner kracht!
Aufgewacht, aufgewacht,
Schläfer des Thales!
In der Gewitternacht
Huld’get der Göttermacht!
CHOR DER BRAMINEN.
Gott Ixora! Laß dein Auge,
Das im Sonnenfeuer flammt,
Sinnbethörend,
Markverzehrend
Auf der Feinde Schaaren ruh’n!
An den Bächen ihres Lebens
Laß es leuchten, laß es brennen,
Daß sie schnell versiegen!
Schlangenumwundener,
Mächtiger Gott!
Laß aus der Nächte Schoos
Schrecken und Plage los,
Säe sie aus
Ueber die Fremdlinge,
Daß sie bei Sturmesweh’n
Tief zu des Meeres Grund
Untergeh’n, untergeh’n!
GANZER CHOR.
Laß sie bei Sturmesweh’n
Untergeh’n, untergeh’n!
DANDAU.
Wie pocht mein Herz mit wilden Schlägen
Dem künftigen Geschick entgegen!
In der Hand
Den Feuerbrand
Zu den Schiffen schleichet jetzt
Muth’ger Krieger Paar.
Götter, sprecht,
Wird das Werk gelingen,
Ruhm und Heil uns bringen,
Werden wir gerächt?
CHOR.
Weh! Weh! Weh!
DIE BAJADEREN.
Das Stürzen des Bildes,
Des Donners Klang,
Was künden sie?
BRAMINEN.
Untergang, Untergang!
BAJADEREN.
Den Feinden?
BRAMINEN.
Den Freunden!
BAJADEREN.
Der Stadt?
BRAMINEN.
Und dem Land!
DANDAU.
Stillet, Götter, euer Wüthen,
Seht sie knie’n, vernehmt mein Fleh’n!
Das Furchtbare zu verhüten,
Soll, was ihr begehrt, gescheh’n.
CHOR.
Was ihr Zürnende begehret,
Sei gewähret, sei gewähret!
DANDAU.
Hat es euch mit Grimm erfüllet,
Daß den Schwur die Wittwe brach,
Send‘ ich sie, von Glut umhüllet,
Dem verstorb’nen Gatten nach.
Daß nicht Volk und Land verderben,
Soll sogleich Jessonda sterben.
CHOR.
Die im Arm des Feindes lag,
Die den Schwur der Treue brach,
Sterben soll sie, sie soll sterben.
Recitativ.
JESSONDA.
Laßt ab von mir! Im Wiederschein der Flammen,
Auf meinem Haupte glühn die Edelsteine! –
ERSTE UND ZWEITE BAJADERE.
Sieh, wie schon der Morgen graut,
Laß Dich schmücken, Feuersbraut.
JESSONDA.
Wohl sah ich eine andre Krone –
Gewebt aus blühenden Rosen,
Schwamm sie vor mir auf goldnen Wolken,
Da steigen Ungewitter
Empor mit mörderischem Wüthen,
Der Kranz verschwindet und zu meinen Füßen
Eröffnet sich ein Grab,
In ihm beisammen
Schauer des Todes
Und Feuerflammen!
BEIDE BAJADEREN.
Lebenstrieb, gieb dich zur Ruh,
Weltlich Auge schließ dich zu.
ERSTE BAJADERE.
Laß sie von unserm Anblick sich erholen!
Wir weichen jetzt zurück, still wachend,
Daß sie uns nicht entrinne.
JESSONDA.
Ich hatt‘ entsagt der Erde Freuden
Und vor mir lag das Leben
Wie eine Wüste.
Verwelkt die Blumen,
Der Quell versieget.
Da glänzt am Himmel
Ein Strahl der Morgenröthe,
Auf Lichtesschwingen
Naht Glück und Hoffnung, naht die Liebe wieder.
Von Blumengewinden
Gekrönet, umwallt,
Erscheinet des Freundes
Geliebte Gestalt.
In seinen Armen,
Weit über Länder und Meere
Schwebt‘ ich empor zum Himmel,
Weh! da erfaßt mich eine Riesenfaust
Und reißt mich nieder
Aus lichten Höh’n zu schauervollen Tiefen!
Arie.
Ihr hohen Götter, schauet nieder,
Erbarmt euch fühlend meiner Noth!
Gebt mir den Bielgeliebten wieder,
Errettet mich vom Flammentod!
Mit muthigem Verlangen,
O Lieb‘, ruf ich nach dir!
Mit sehnsuchtsvollem Bangen
Harr‘ ich der Rettung hier!
Laß, Brama, Regen gießen
Aus Wolken mild herab;
Laß Ströme löschend fließen
Bei meinem Flammengrab!
Altäre will ich gründen,
Mit Blumen sie umzieh’n,
Und Opfer will ich zünden,
Wo Myrth‘ und Lotus blüh’n!
Finale.
AMAZILI.
Mein Schritt beflügelt von Entzücken –
Die Rettung nahet.
JESSONDA.
Uns Rettung!
AMAZILI.
Vernimm die kriegerischen Töne –
Die Stadt gestürmt von Portugiesen –
Hin zu den Thoren stürzen die Lipayen.
JESSONDA.
Ist’s möglich, darf ich noch auf Rettung bauen,
O meine Seele schwebet ihm entgegen,
Der kühn einherzieht in des Krieges Donnern.
Was auch den Kampf entzündet
Zur Zeit der Waffenruhe;
Ich bau‘ auf ihn, den Heißgeliebten,
Er folgte stets dem Ruf der Ehre.
JESSONDA UND AMAZILI.
Blut’ger Kampf durch Fluren schwanket,
Wer, o wer wird Sieger seyn?
Stürzet Mauern, Thore wanket,
Laßt die kühnen Retter ein!
Speere sausen, Schwerter klingen,
Furcht und Hoffnung füllt die Brust.
Brama, Brama, gieb Gelingen,
Gieb des Sieges schöne Lust!
DANDAU.
Indeß vom Wall herab die Krieger streiten,
Will ich zum Opfertod Dich führen.
Die Götter zu versöhnen,
Beflügle Deinen Schritt.
CHOR.
Die Götter zu versöhnen,
Beflügle Deinen Schritt.
JESSONDA.
Vernahmt Ihr nicht Trompetenton?
Die Retter, Rächer nahen schon.
DANDAU.
Mit Fluch und Tod
Wird Brama seine Feinde schlagen,
Und ihre Asche mögen Stürme
Nach Süd und Ost zerstreuend führen.
Du aber hör‘ auf meine Worte!
Entehrung, Fluch Dich sonst bedroht.
CHOR.
Entehrung, Fluch, Dich sonst bedroht.
EIN INDISCHER OFFIZIER.
Verrath! der Feind ist auch in unserm Rücken!
DANDAU.
Nicht möglich! kämpfet, Krieger, kämpfet muthig.
OFFIZIER.
Er stieg empor aus unterird’schen Gängen.
CHOR.
Wohin entflieh’n? Ihr Götter habt Erbarmen!
Rettet uns aus Kriegesnoth!
Rettet uns vom Flammentod,
Der uns furchtbar rings bedroht.
JESSONDA UND AMAZILI.
Näher seine Fahnen weh’n.
Götter, einmal noch ihn seh’n
Und dann liebend untergeh’n.
DANDAU.
Besieget?
Unsern Fall sollst Du nicht schauen,
Stirb denn von meinen Händen!
TRISTAN.
Zurück von ihr!
JESSONDA.
d’Accunha!
AMAZILI.
Dank, ihr Götter!
CHOR DER PORTUGIESEN.
Sieg! Sieg! Die Feinde sind geschlagen.
DANDAU, BRAMINEN UND BAJADEREN.
Giebt es größre Götter noch
Als Brama?
JESSONDA.
Ich bin aus den Armen
Des Todes befreit,
Dir sei nun, Geliebter,
Mein Leben geweiht.
AMAZILI.
Du hast sie aus Armen
Des Todes befreit,
Und glückliche Liebe
Sich dankbar Dir weiht.
NADORI.
Ich hab‘ sie aus Armen
Des Todes befreit,
Und glückliche Liebe
Sich dankbar mir weiht.
TRISTAN.
Du bist aus den Armen
Des Todes befreit,
Es sei nun dem Glücke
Dein Leben geweiht!
Recitativ.
TRISTAN.
Seht hier den Mann, der uns geführet,
Den jetzt der Sieg mit Kränzen schmückt.
Er trug für unsre Leiden
Ein fühlend Herz,
Und theile jetzt das Glück der Liebe.
Du lächelst sanft,
Dein Lohn blüht hier.
JESSONDA.
Sieh meine Thränen, die Dir danken!
TRISTAN.
Kommt mit in unser Vaterland,
Daß uns ein heilig Band umschlinge.
Bekämpft, gestürzt das Götzenthum,
Dem Gott der Christen Preis und Ruhm!
NADORI. LOPES UND CHOR DER PORTUGIESEN.
Bekämpft, gestürzt das Götzenthum,
Dem Gott der Christen Preis und Ruhm!
JESSONDA UND AMAZILI.
Hell wie die Morgenröthe glüht,
Im Herzen Lust und Liebe blüht.
CHOR.
Bekämpft, gestürzt das Götzenthum,
Dem Gott der Christen Preis und Ruhm!