Giuseppe Verdi
Falstaff
Lyrische Komödie in drei Akten
Personen
Sir John Falstaff (Bariton)
Ford, Alicens Mann (Bariton)
Fenton (Tenor)
Dr. Cajus (Tenor)
Bardolph (Tenor),
Pistol (Bass), in Falstaff’s Diensten
Mrs. Alice Ford (Sopran)
Ännchen, deren Tochter (Sopran)
Mrs. Quickly (Mezzo-Sopran)
Mrs. Meg Page (Mezzo-Sopran)
Der Wirth vom Gasthause zum »Hosenbande«
Robin, Falstaff’s Page
Ein kleiner Page Ford’s
Bürger und Volk. – Mehrere Diener Ford’s
Maskenfiguren, Kobolde, Feen, Hexen u.a.w.
Schauplatz: Windsor. Zeit: während der Regierung Heinrich’s IV.
Erster Act.
I.
Das Innere des Gasthauses zum »Hosenbande.«
Ein Tisch, ein grosser Sessel, eine Bank. Auf dem Tische die Ueberreste eines Mittagessens, mehrere Flaschen und ein Glas. Dintenfass, Federn, Schreibpapier, ein angezündetes Licht. Ein Besen, an die Wand gelehnt. Ausgang im Hintergrund. Thür zur Linken.
Falstaff, Dr. Cajus, Bardolph, Pistol, im Hintergrunde der Gastwirth.
Falstaff ist damit beschäftigt, das Wachs zweier Briefe an der Flamme der Kerze zu erwärmen; dann siegelt er die Briefe mit einem Ringe, bläst das Licht aus und streckt sich bequem auf dem Sessel aus um zu trinken.
CAJUS tritt drohend von links ein und schreit.
Falstaff!
FALSTAFF ruft, ohne auf das Geschrei zu achten, den Wirth, der näher kommt.
Hollah!
CAJUS stärker.
John Falstaff!
BARDOLPH zum Doctor.
He, nun was giebt’s denn?
CAJUS immer schreiend und auf Falstaff losgehend, der sich nicht um ihn kümmert.
Ihr
Zerbläut mir meine Leute!
FALSTAFF zum Wirth, der dann dienstfertig hinausgeht.
Na, Gastwirth, geh und hole
Mir noch so eine Flasche!
CAJUS wie oben.
Und meine Stute reitet
Ihr elend und zu Schanden,
Thut meinem Haus Gewalt an!
FALSTAFF.
Doch schont‘ ich Eure Köchin!
CAJUS.
Zu gütig! Die verhutzelte Alte!
Ich muss Euch sagen:
Und wäret zwanzig Mal Ihr
John Falstaff und ein Ritter,
Ihr solltet doch mir Rede stehn!
FALSTAFF phlegmatisch.
Da habt Ihr Red‘ und Antwort:
Was Ihr gesagt, das that ich.
CAJUS.
Nun? Und?
FALSTAFF.
Ich that’s mit Fleisse.
CAJUS schreiend.
So ruf‘ ich an den Rath
Des Königs.
FALSTAFF.
Prosit die Mahlzeit!
Macht Euch nicht selbst zum Affen!
Das ist der Rath John Falstaffs.
CAJUS.
Noch etwas andres.
FALSTAFF.
Zum Teufel!
CAJUS.
Du Bardolph!
BARDOLPH.
Theurer Doctor!
CAJUS immer in drohendem Tone.
Wir tranken gestern Abend.
BARDOLPH.
Heut bin dafür ich elend
Und krank.
Lässt sich von Dr. Cajus den Puls fühlen.
Du kommst als Arzt
Mir deshalb wie gerufen.
’s wird mir den Darm zerreissen!
Die Pest den Wirthen allen,
Die ihren Wein verkalken!
Den Zeigefinger auf seine eigene dicke, rothe Nase legend.
Siehst Du das Meteor da?
CAJUS.
Ich seh’s.
BARDOLPH.
So feurig geht es
Zur Nacht stets auf und unter.
CAJUS wüthend.
Zum Henker Deine Nase!
Du machtest mich betrunken,
Auf Pistol zeigend.
Mit dem da! Ja, Ihr Beiden!
Dann, als ich ganz von Sinnen,
Leertet Ihr meine Taschen!
BARDOLPH mit Würde.
Nicht ich.
CAJUS.
Wer denn?
FALSTAFF rufend.
Pistol!
PISTOL kommt näher.
Gebieter!
FALSTAFF immer phlegmatisch auf dem Sessel.
Hast dem Herren
Du ausgeleert die Taschen?
CAJUS auf Pistol eindringend.
Er war’s gewiss. Da seht nur,
Wie er sich schon zurechtrückt
Die dreiste Lügenschnauze!
Er kehrt die Tasche seines Rockes um.
Zwei Thaler waren drin
Aus König Eduards Zeiten,
Sechs Schilling auch von Silber,
Nichts ist davon vorhanden.
PISTOL zu Falstaff, majestätisch den Besen schwingend.
O Herr, ich fordr‘ ihn aus
Auf diese Waffe hier
Von Holze!
Zum Doctor mit Nachdruck.
Das sind Lügen!
CAJUS.
Du Bauer, sprichst mit einem Edeln!
PISTOL.
Esel!
CAJUS.
Nein, edel!
PISTOL.
Esel!
CAJUS.
Tropf!
PISTOL.
Narr!
CAJUS.
Du Krautstrunk!
PISTOL.
Kobold!
CAJUS.
Du missgeschaff’ner Hexensohn!
PISTOL.
Wer?
CAJUS.
Du.
PISTOL.
Mich meinst Du?
CAJUS.
Ja.
PISTOL sich auf den Doctor stürzend.
Na warte!
FALSTAFF.
Halt, Pistol!
Auf einen Wink Falstaffs hält sich Pistol zurück.
Geh‘ mir nicht etwa los!
Ruft Bardolph, der herzukommt.
He, Bardolph! Wer entleerte
Die Taschen dieses Herrn?
CAJUS schnell.
Wohl alle beide.
BARDOLPH ruhig auf Dr. Cajus zeigend.
Er betrank sich,
Und von dem Trinken schwanden
Ihm seine Sinne; deshalb
Bringt er ein Märchen vor,
Wie es ihm träumte, als er
Berauscht dort unterm Tisch lag.
FALSTAFF zu Dr. Cajus.
Hört Ihr? Wenn Ihr zu schätzen wisst.
Was wahr, seid Ihr geborgen!
Die Facta sind bestritten,
Drum geht in Frieden.
CAJUS.
Höret:
Niemals will ich in Zukunft
Hinwieder mich berauschen
Als unter guten Leuten,
Die ehrbar sind und nüchtern.
Er geht zur Thüre links hinaus.
BARDOLPH UND PISTOL die den Doctor mit possenhafter Höflichkeit begleiten, psalmodirend.
Amen.
FALSTAFF.
Lasst Euern Freudenpsalm,
Verspart ihn auf was Bess’res.
Darin besteht die wahre Kunst:
Gehörig stehlen und mit Anstand.
Armsel’ge Dilettanten!
Er prüft die Rechnung, die der Wirth zusammen mit der neuen Flasche gebracht hat.
6 Hühner sind 6 Schilling,
Und 30 Krüge Xeres
1 Pfund, dann 3 Kapaunen …
Er wirft Bardolph die Börse zu und liest bedächtig weiter.
Such‘ hier in meiner Börse! …
Fasanen, Eine Semmel …
BARDOLPH nimmt ein paar Münzen aus der Börse und zählt sie auf den Tisch.
Ein Schilling, noch ein Schilling,
Ein Penny.
FALSTAFF.
Suche!
BARDOLPH.
Das
Ist Alles.
FALSTAFF.
Suche!
BARDOLPH.
Halt, hier
Ist noch ein Hosenknopf!
Wirft die leere Börse auf den Tisch.
FALSTAFF steht auf.
Mensch, Du bist mein Verderben!
Denn jede Woche kostest Du
Mich zehn Guineen, Du Saufbold!
Freilich, gehen wir des Abends
Von Taverne zu Taverne,
Leuchtet immer Deine Nase
Mir als sichere Laterne.
Also wandeln dreissig Iahre
Schon wir bei Laternenscheine,
Aber was an Öl ich spare,
Das geht auf in Weine.
Theuer bist Du!
Zu Pistol.
Und Du gleichfalls!
Zum Wirth.
Na, Wirth, noch eine Flasche!
Vorwurfsvoll zu Bardolph und Pistol.
Mich zehren auf die Sorgen.
Wenn Falstaff mager würde,
Was wär‘ er dann, wer wollt‘ ihn lieben?
Mit Stolz drum trag‘ ich diese Bürde,
Hier steht mein Name angeschrieben.
PISTOL.
Falstaff der Dicke!
BARDOLPH.
Sir John der Grosse!
FALSTAFF klopft und betrachtet seinen Bauch.
Ich muss mein Anseh’n noch
Vergrössern!
Trinkt.
Ja, wir müssen
Auf neue Künste denken!
BARDOLPH UND PISTOL.
So denken wir!
Alle stehen in einer Gruppe zusammen.
FALSTAFF.
Kennt Ihr nicht Einen hier
Im Städtchen namens Ford?
BARDOLPH.
Ja.
PISTOL.
Ja.
FALSTAFF.
Er gilt für einen reichen Bürger.
PISTOL.
Was reich! Er ist ein Krösus.
BARDOLPH.
Ein Lord.
FALSTAFF.
Er hat ein Weibchen.
PISTOL.
Sie führt die Kasse.
FALSTAFF.
Du Täubchen!
Du Herz! Du Sternenauge!
Du Schwanenbusen! Du Mündchen,
Du Blümlein, welches lächelt! …
Sie heisst Alice. Denkt:
Einmal geh‘ ich vorbei,
Sie sieht mich. Auf der Stelle
Lacht sie. In Flammen lodert
Von Stund‘ an dies mein Herz.
Ein Brennglas, warf ihr Auge
Versengende Strahlen auf mich.
Sich spreizend.
Mein Wuchs gefiel ihr,
Die schöne Breite, das Prachtgestell,
Die stolze Haltung, männlich, edel.
Ihr Auge sprach, wenn ich nur halb
Auf Blicke mich verstehe,
Ganz deutlich, hell und klar:
Mein Liebster heisst John Falstaff.
BARDOLPH.
Punktum.
FALSTAFF.
Noch Eine weiss ich dann ..
BARDOLPH.
Noch Eine!
PISTOL.
Noch Eine!
FALSTAFF.
Sie nennt sich Margarete.
PISTOL.
O süsse Meg!
FALSTAFF.
Und sie auch
Schenkt meinem Wunsch Erhörung;
Und sie auch führt den Schlüssel
Zur Kasse. Diese beiden
Bedeuten das Golconda
In meinen gold‘ nen Träumen.
Gebt Acht: zwei Schätze sind es,
Ich aber will Euch zeigen,
Wie man sie brandschatzt. Ihr
Sollt hier die Briefe bestellen …
Er giebt Bardolph einen der beiden auf dem Tische liegenden Briefe.
Den überbringst Du Meg,
Die Tugend sei erprobt!
Bardolph nimmt den Brief.
Schon glänzt vom Feuereifer
Die Nase Dir. Und du giebst
Zu Pistol, dem er den andern Brief giebt..
Den anderen Alice!
PISTOL mit Würde ablehnend.
Ha, trag‘ ich keinen Degen
Nicht will ich Euer Kuppler sein!
Ha, niemals!
FALSTAFF geringschätzig und mit Ruhe.
Du Bramarbas!
BARDOLPH tritt hervor und wirft den Brief auf den Tisch.
Sir John, in dieser Sache
Euch förderlich zu dienen,
Verbietet …
FALSTAFF unterbricht ihn.
Was?
BARDOLPH.
Die Ehre.
FALSTAFF der den hinten eintretenden Pagen Robin erblickt.
He, Page!
Dann gleich zu den Andern.
Hängt Euch wo anders auf,
Bleibt mir vom Hals!
Zu dem Pagen.
Die Briefe
Da, nimm sie … für zwei Damen …
Beförd‘ re beide! Lauf,
Geh, hurtig, geh, geh, geh!
Robin ab mit den Briefen.
Die Ehre! Gauner! Ihr wollt
Empört zu Bardolph und Pistol.
Die Ehre blank erhalten …
Kloaken Ihr der Schande!
Während wir selber, wir,
Sie rein nicht wahren können.
Ich selbst, ja … hört Ihr? hört Ihr? …
Muss mich zuweilen hüten,
Dass ich sie nicht verletze,
Ja, manchmal muss ich ihr
Wohl auch ein Schnippchen schlagen.
Zu List und Täuschung muss
Ich meine Zuflucht nehmen,
Mich drehen und laviren …
Und Ihr gemeinen Schlucker
Mit Euern Lumpereien,
Gewöhnt an’s Katzenbuckeln,
Ihr unterstehet Euch
Und redet hier von Ehre?
Ja Ihr zu mir! Ihr Schufte,
Ihr Narren! …
Was ist Ehre?
Vermag sie was zu leisten?
Nichts. Kann die Ehre wohl
Ein Bein Euch wiedergeben?
O nein. Den Fuss dann? Nein.
Die Zehe? Nein. Den Nagel? …
Die Ehre ist kein Wundarzt.
Was ist sie? Nur ein Wort.
Was steckt denn in dem Worte?
Ein Hauch nur, der versäuselt.
Ha, feine Rechnung! Die Ehre …
Kann sie ein Todter fühlen?
Nein. Fühlt sie, wer lebendig?
Auch das nicht. Wer sie sein nennt,
Dem wird sie bald genommen.
Ja, Hass und Neid, Verleumdung.
Die bringen sie zu Falle.
Ich mag sie also nicht,
Nein, keine Ehre, nein! …
Doch wieder nun zu Euch,
Was zögr‘ ich länger, Euch
Mit Schande fortzujagen?!
Er ergreift den Besen und verfolgt Bardolph und Pistol, die, hin und her laufend, den Schlägen ausweichen und sich hinter dem Tische verschanzen.
He, hollah! Munter, munter!
He, hollah! Auf die Beine!
Nur munter! An den Galgen,
Gesindel! Fort mit Euch,
Ihr Diebe, Räuber, fort!
Bardolph entflieht durch die Thür links, Pistol durch den Ausgang im Hintergrunde, nach dem sie einige Schläge mit dem Besen erwischt haben. Falstaff ihnen nach.
II.
Garten.
Links Ford’s Haus. Baumgruppen inmitten der Scene.
Alice, Ännchen, Meg, Mrs. Quickly; dann Ford, Fenton, Dr. Cajus, Bardolph, Pistol.
Meg mit Mrs. Quickly von rechts. Sie gehen auf das Haus Ford’s zu und treffen vor der Thür mit Alice und Ännchen zusammen, die im Begriff sind auszugehen.
MEG grüssend.
Alice!
ALICE grüssend.
Meg!
MEG.
Und Ännchen!
ALICE zu Meg.
Wir hatten vor Dich zu
Besuchen, liebe Meg.
Zu Mrs. Quickly.
Grüss Gott, Gevatt’rin!
QUICKLY.
Mach‘
Euch froh der Himmel! Ei,
Ännchen auf die Wange klopfend.
Das Rosenknöspchen!
ALICE zu Meg.
Das trifft sich prächtig! ’s ist
Was Sonderbares mir
Geschehen.
MEG.
Und auch mir.
QUICKLY die mit Ännchen geplaudert, kommt neugierig näher.
Wie denn?
ÄNNCHEN nähernd kommend.
Was giebt es?
ALICE zu Meg.
Fang‘ Du zuerst an!
MEG.
Du
Sollst sprechen!
ÄNNCHEN.
Ach, erzählt doch!
QUICKLY.
So redet, redet!
ALICE zu Allen ringsum.
Doch
Ihr haltet reinen Mund!
MEG.
Versteht sich.
QUICKLY.
Ja, versteht sich.
ALICE.
Also. Wär‘ ich gesonnen,
Mein Seelenheil dem Teufel
Gleich zu verkaufen, nun
So könnt‘ ich mich erheben
Zur Edeldam‘!
MEG.
Auch ich.
ALICE.
Ach, Thorheit!
MEG sucht nach einem Briefe in der Tasche.
Wozu noch reden lang?
Damit vergeuden wir
Das Licht des Tages.
Zieht den Brief hervor.
Einen
Brief hab‘ ich hier.
ALICE sucht in der Tasche.
Ich gleichfalls.
ÄNNCHEN UND QUICKLY.
O!!
ALICE giebt Meg ihren Brief.
Lies nur!
MEG giebt Alice ihren Brief.
Lies nur!
Den Brief Alicens lesend.
Götter
Alice! Liebe biet‘ ich …
Was ist das, soll das heissen?
Bis auf den Namen sind’s
Die gleichen Worte.
ALICE mit den Augen in dem Briefe, den sie in der Hand hält.
Göttliche
Meg! … Liebe biet‘ ich …
MEG in ihrem eigenen Blatte die Lectüre Alicens fortsetzend.
Und Liebe fordr‘ ich …
ALICE.
Hier Meg und dort Alice.
MEG.
Eins wie das Andre.
Wie eben.
Erlass
Das Weit’re mir, nur sei
Mir …
ALICE wie oben.
Gnädig … Gab ich Anlass
Dazu?
MEG.
Seltsamer Fall!
So muss ich sagen!
QUICKLY.
Betrachten wir den Fall!
Alle in einer Gruppe über den Briefen, sie vergleichend und neugierig betrachtend.
MEG.
Dieselben Zeilen.
ALICE.
Und
Dieselbe Dinte.
QUICKLY.
Auch
Die Handschrift . …
ÄNNCHEN.
Und das Siegel!
ALICE UND MEG zusammen lesend, jede ihren eigenen Brief.
Die lustige Gevatt’rin,
Der lustige Gevatter
Das gäb‘ ein lustig Pärchen.
ALICE.
Ei.
ÄNNCHEN.
Er, sie, Du.
QUICKLY.
Ein Paar
Zu Drei’n!
ALICE.
Ein lustig Pärchen,
Ein flotter Liebeshandel!
Alle mit der Nase über den Briefen.
Die schönste Dame mit mir,
Dem allerstattlichsten Herrn!
Mit Übertreibung.
Dein holdes Angesicht
Wird strahlen über mir
Gleich einem Sterne, der
Herabblickt auf das Erdrund …
ALLE lachen.
Ha, ha, ha, ha, ha, ha!
ALICE.
Gieb Antwort Deinem Diener,
Dem edlen Herrn John Falstaff.
QUICKLY.
O Scheusal!
MEG.
Scheusal!
ÄNNCHEN.
Scheusal!
ALICE.
Man muss ihn foppen!
ÄNNCHEN.
Ihn überlisten!
ALICE.
Muss ihn
Zum Narren machen!
ÄNNCHEN.
Ah,
Das giebt zu schwatzen!
QUICKLY.
Giebt
Zu denken!
MEG.
Und zu lachen!
ALICE sich bald an die Eine, bald an die Andre wendend.
Der Schlauch aller Schläuche!
Das Weinfass, die Tonne!
Bescheint wohl die Sonne
Noch schnödere Bäuche?
Seht doch den begehrlichen
Kurzbeinigen Köter!
Er spielt den Gefährlichen,
Den Schockschwerenöther!
Die Haare, die grauen
Am Glatzkopf verklagen ihn,
Es macht sein Betragen ihn
Unmöglich bei Frauen.
Er hat die Gelegenheit
Nicht richtig erkannt;
So gross die Verwegenheit,
So klein der Verstand!
MEG zu Alice.
Dass Einer sich anmasst
Dergleichen zu wagen!
Hat unser Betragen
Was Uebles veranlasst? …
Nicht sind wir geduldige,
Sanftmüthige Lämmer,
Bestraft sei der Schuldige,
Der lüsterne Schlemmer!
Wir wollen ihn prellen,
Und nimmer vergisst er es!
Nie sah ich was Tristeres
Als diesen Gesellen:
So polternd und ungestüm,
So wenig galant!
Wer warf dieses Ungethüm
An unseren Strand?
ÄNNCHEN zu Alice.
Ich darf wohl so frei sein
Ein Wort mit zu sprechen?
Denn, foppt man den Frechen,
So will ich dabei sein!
Verliebt wie ein Schäferlein,
Vertraut er uns gerne
Und nimmt ein Leuchtkäferlein
Für eine Laterne.
Mit artigen Lügen
Gar bald wird bezwungen er!
Ein Scherz, ein gelungener,
Das ist mein Vergnügen!
Moral muss man predigen
Dem höllischen Brand,
Sich seiner entledigen
Mit fertiger Hand!
QUICKLY voll Uebermuth, bald zu Ännchen, bald zu Meg.
Noch zweifl‘ ich mit Bangen,
Ob Alles gelinge;
Es fehlt an der Schlinge
Das Unthier zu fangen.
Vermeint Ihr mit seidenen,
Manierlichen Maschen,
Ihr Allzubescheidenen!
Den Wanst zu erhaschen?
Wo habt Ihr die Taue
Zum Knebeln und Bändigen?
Ihr wenig Verständigen,
Ihr schiesst ja in’s Blaue!
Bedenkt doch: der Dicke ist
Zwar nicht sehr gewandt,
Jedoch keine Mücke ist
Solch ein Elephant!
Sie entfernen sich.
M.r Ford, Dr. Cajus, Fenton, Bardolph und Pistol kommen von rechts, während die Frauen nach links hinausgehen. Ford in der Mitte, Pistol zu seiner Recht, Bardolph zur Linken; Fenton und Dr. Cajus hinter ihm. Alle in einer Gruppe, in Ford leise und eindringlich hineinredend. Von Zeit zu Zeit erscheint eine und die an der Frauen zwischen den Bäumen im Hintergrund, ohne von den Männern gesehen zu werden.
CAJUS zu Ford.
Dieser Schurke, der vermessen
Sich von je mit Lastern brüstete,
Der so weit sich jüngst vergessen,
Dass er mir mein Haus verwüstete!
Ihm die Freundschaft will ich kündigen,
Will den Schöpfer meiner Plagen
Bei des Königs Hof verklagen,
Und nicht länger soll er sündigen!
Auf Bardolph und Pistol deutend.
Dort die beiden Zechkumpane
Mit dem Schelmenangesicht
Dienten unter seiner Fahne,
Trauen möcht‘ ich ihnen nicht!
BARDOLPH zu Ford.
Falstaff, lasst mich’s wiederholen –
Mir bezeug‘ es der Allmächtige! –
Planet gegen Euch verstohlen
Alles Böse, Niederträchtige.
Nimmermehr bin ich der Vorige,
Habe nichts mit ihm zu schaffen,
Denn ich lieb‘ als Mann der Waffen
Ueber Alles das Honorige.
Mister Ford, o lasst Euch warnen,
Hört was meine Treue spricht:
Er will Euch mit List umgarnen,
’s ist ein schlauer Bösewicht!
FORD für sich.
Brummend hör‘ ich’s hier umsummen mich
Wie von Hummeln, welche schwärmen,
Das Geflüster macht verstummen mich
Mehr noch als ein lautes Lärmen;
Ganz vergebens auf das flüchtige
Hin und Her der Worte lausch‘ ich,
Und das Falsche und das Richtige
Stets verwechsl‘ ich und vertausch‘ ich.
Zu den Anderen.
Einzeln wohl verständ‘ ich jeden,
Den kein andrer unterbricht,
Doch wenn Vier auf einmal reden,
Leist‘ ich lieber gleich Verzicht.
PISTOL zu Ford.
Sir John Falstaffs Lustbegierde,
Wilde, tolle, überschwängliche,
Hat für Euer Haupt ’ne Zierde
Ausgesucht, ’ne sehr verfängliche.
Seht in mir nicht mehr den niederen
Helfershelfer und Gefährten,
Sondern einen frommen Biederen,
Zu der Tugend Neubekehrten!
Fürder leb‘ ich der Betrachtung
Auf mein Seelenheil erpicht,
Mister Ford, gebt Achtung, Achtung,
Denn man führt Euch hinters Licht!
FENTON zu Ford.
Gegen den Euch Ungelegenen
Will ich führen Eure Sache.
Sagt ein Wort nur, und ich mache
Mich heran an den Verwegenen!
Hat es doch so viel Verlockendes,
Dieses Stückfass anzubohren,
Und ich fühle schon rumoren
All mein Blut, mein lange stockendes
Schläge giebt’s im Augenblicke,
Hiebe regnet’s hageldicht,
Wenn ich ihn zum Teufel schicke,
Thu‘ ich nichts als meine Pflicht.
FORD zu Pistol.
So sprich denn!
PISTOL zu Ford.
Mit zwei Worten:
Der dicke Ritter dorten
Sucht eine Zufluchtsstätte,
Will Euern Wohlstand mindern,
Euch Weib und Kasse plündern,
Kurz … ruh’n in Eurem Bette.
CAJUS.
Dass dich doch!
FORD.
Ha, mein Haus!
BARDOLPH zu Ford.
Ein Briefchen, lasst Euch sagen …
PISTOL unterbricht ihn.
Sollt‘ Eurer Frau ich tragen.
Ich schlug es aus.
BARDOLPH.
Ich schlug es aus.
PISTOL.
Drum gebt mir Acht!
BARDOLPH.
Drum gebt mir Acht!
PISTOL.
Falstaff lockt in die Falle
Ob Schön, ob Hässlich, Alle,
Jungfrau’n und Eheweiber.
BARDOLPH.
Ja, Alle! Jene Krone
Die dem Aktäon zierte
Die Stirn, wünscht er Euch gleichfalls.
FORD.
Was für ein Kopfschmuck ist es?
BARDOLPH.
Die Hörner.
FORD.
Garstiger Ausdruck!
CAJUS.
Was Hübsches wünscht er nicht.
FORD.
Die Frau will ich bewachen,
Bewachen auch den Ritter,
Bewahren all mein Gut
Vor fremder Gier und Wuth.
Die Frauen treten von links wieder ein.
FENTON erblickt Ännchen.
Sie ist’s.
ÄNNCHEN erblickt Fenton.
Er ist’s.
FORD erblickt Alice.
Sie ist’s.
ALICE erblickt Ford.
Er ist’s.
CAJUS auf Alice zeigend.
Sie ist’s.
MEG zu Alice, auf Ford zeigend.
Er ist’s.
ALICE zu den Andern, auf Ford zeigend.
Wenn er es wüsste!
ÄNNCHEN.
Himmel!
ALICE.
Gehn wir ihm aus dem Wege!
MEG.
Er ist wohl eifersüchtig?
ALICE.
Und tüchtig.
Ford, Dr. Cajus, Bardolph und Pistol gehen nach rechts ab. Fenton bleibt.
QUICKLY.
Schnell dann fort.
ALICE.
Wir sichern uns!
Alice, Meg und Quickly gehen nach links ab. Ännchen bleibt.
FENTON zu Ännchen.
Pst! Ännchen, komm doch her!
ÄNNCHEN legt, Stillschweigen gebietend, den Finger auf den Mund.
St! Still! Was willst Du?
FENTON.
Nur einen Kuss.
ÄNNCHEN.
In Eile.
FENTON.
In Eile.
Sie küssen sich eilig in der Nähe der Baumgruppe.
ÄNNCHEN.
Feurige Lippen.
FENTON.
Purpurne Blüten! …
ÄNNCHEN.
Von Euch zu nippen
Muss man sich hüten!
FENTON.
Purpurne Blüten
Sind mir die Deinen!
Ach, zum Genusse
Lass uns im Kusse
Sie wieder vereinen!
Gieb mir noch einen!
Er will Ännchen umarmen.
ÄNNCHEN wehrt ihn ab und blickt rückwärts.
Nein, keinen zweiten!
FENTON.
Sollen wir streiten?!
Nur einen kleinen!
Bitte! …
Er will sie wieder küssen.
ÄNNCHEN.
Du bist unklug. Nein . …
FENTON.
Ja, zwei küsse!
Er raubt ihr den Kuss.
ÄNNCHEN macht sich los.
Räuber!
FENTON.
Wie ich Dich liebe!
ÄNNCHEN.
Da kommt man.
Sie fahren aus einander.
FENTON singt, während er sich hinter den Bäumen verbirgt und Ännchen zärtlich betrachtet.
Was man an Küssen
Dem Munde genommen …
ÄNNCHEN unterbricht ihn und setzt den Gesang fort.
Kann uns nicht fehlen
Wird wiederkommen.
Alice, Meg und Mrs. Quickly kommen wieder zum Vorschein; Ännchen im Hintergrunde.
ALICE zu den Andern.
Falstaff hält uns zum Besten.
MEG.
Und das erheischt Vergeltung.
ALICE.
Wenn man ein Briefchen schickte?
ÄNNCHEN stösst wieder zur Gesellschaft.
Nein, lieber eine Botschaft.
ALICE.
Ja.
ÄNNCHEN.
Ja.
QUICKLY.
Ja.
ÄNNCHEN.
Ja.
ALICE zur Quickly.
Wohlan!
Die Botin, die sei Du!
Überlegend.
Zum zarten Stelldichein
Willkommen soll er sein.
QUICKLY.
Das ist ein Staatsstreich.
ÄNNCHEN.
Köstliche Posse!
ALICE.
Erst locken wir ihn her
Mit Kosen und mit Schmeicheln . …
ÄNNCHEN.
Und dann?
ALICE.
Und dann verlachen
Den Narren wir.
QUICKLY.
Ja, er
Verdient nichts Besseres.
ALICE.
Der Stierkopf!
MEG.
Die falsche schwarze Seele!
ALICE.
Der Berg, der voll von Speck ist!
MEG.
Wir bringen ihn zum Schmelzen!
ALICE.
Der Vielfrass, der vergeudet
In Küch‘ und Keller Alles!
ÄNNCHEN.
Wir tunken ihn ins Wasser!
ALICE.
Wir braten ihn am Feuer!
ÄNNCHEN.
Die Freude!
ALICE.
Das Vergnügen!
ALLE.
Die Freude!
MEG zur Quickly.
Nimm Dich zusammen
Und fall’nicht aus der Rolle!
Sie bemerken Fenton, der im Hintergrund umherstreicht.
QUICKLY.
Wer geht da?
MEG
Ich fürchte, man belauscht uns.
Alice, Meg, Mrs. Quickly schnell nach rechts ab.
FENTON sich sogleich zu Ännchen wendend.
Auf jetzt zum Sturme!
ÄNNCHEN herausfordernd.
Auf zur Vertheid’gung!
Komm an nur!
FENTON geht auf sie los, um sie zu küssen.
Warte!
ÄNNCHEN bedeckt das Gesicht mit einer Hand, die Fenton küsst.
Das Thor geschlossen!
Du siehst: wohl weiss ich mich zu wehren.
Ein neuer Angriff schreckt mich nicht.
Lass Dich belehren!
FENTON.
Niemals, ich schwör‘ es!
Ergieb Dich lieber!
ÄNNCHEN.
Und was verlangst Du?
FENTON.
Du sollst mich küssen …
Also … sonst heisst es
Von Neuem fechten,
Küssen die Hände,
Küssen die Flechten.
Er küsst ihre Haarflechten. Sie umwickelt ihm mit ihnen den Hals.
ÄNNCHEN.
Du bist gefangen!
FENTON er küsst sie auf den Mund.
Du bist geschlagen!
ÄNNCHEN
Gern will ich’s tragen,
Bleibst Du mein Sclave!
FENTON.
O Gott, lass los!
Nun küss mich zur Strafe!
ÄNNCHEN küsst ihn.
Und jetzt?
FENTON.
Jetzt fangen
Wir wieder an.
ÄNNCHEN.
Da wird mir bange,
Das währt zu lange,
Ende!
FENTON.
Geliebte!
ÄNNCHEN.
Sie kommen … Ade, Schatz!
Entschlüpft nach rechts.
FENTON entfernt sich singend.
Was man an Küssen
Dem Munde genommen …
ÄNNCHEN antwortet hinter der Scene.
Kann uns nicht fehlen,
Wird wiederkommen.
Von hinten her kommen Dr. Cajus, Bardolph, Ford und Pistol. Fenton kehrt dann zu ihnen zurück.
BARDOLPH zu Ford.
Ihr werdet selbst ihn hören,
Wie gross er spricht, der Prahlhans
FORD.
Doch wo ist seine Wohnung,
Sagt mir …
PISTOL.
Im »Hosenbande.«
FORD.
Ihr könnt mich bei ihm melden,
Doch unter falschem Namen,
Dann sollt Ihr sehn, wie leicht
Er geht in meine Netze.
Doch nichts davon verrathen!
BARDOLPH.
Ich pflege nicht zu schwatzen
Ist doch mein Name Bardolph.
PISTOL.
Und ich, ich heisse Pistol.
FORD.
Ja, wir verstehen uns.
BARDOLPH.
Verschwiegenheit ist Pflicht.
PISTOL.
Auch ich verstumme.
FORD.
Dann sind wir also einig.
BARDOLPH.
Ja.
PISTOL.
Ja.
FORD.
Mit Wort und Handschlag.
Sie schütteln einander die Hände.
Vom Hintergrunde her kommen Alice, Ännchen, Meg und Mrs. Quickly wieder.
CAJUS zu Ford.
Fälle giebt es, exemplarisch
Wo der Arzt des krank Gewesenen
Leiden vielfach überschätzte …
Jedermann bezeugen kann’s!
Mittel braucht Ihr noch, barbarische,
Zählt wohl schon zu den Genesenen,
Und was Euch so schwer verletzte,
Zeigt sich bald als Firlefanz.
PISTOL zu Ford.
Gern was Süffiges mag naschen er!
Wenn der Trunk sein Herz entzündete,
Könnt Ihr Euer Wunder hören.
Drum sei Bacchus der Verbündete!
Sieht den Wein in vollen Flaschen er,
Kriegt Ihr gleich ihn an den Tanz,
Und ich möchte darauf schwören,
Nichts verschweigt Euch Junker Hans.
FORD zu Pistol.
Meine Künste will erproben ich,
Honig um das Maul ihm schmieren,
Und Ihr sollt am Ende loben mich …
Keine Zeit ist zu verlieren!
Gründe hab‘ ich, gute, triftige,
Dass mir bleibt der Ehre Kranz.
Doch das Schlangenvieh, das giftige,
Beisse selbst sich in den Schwanz!
BARDOLPH zu Ford.
Ein der Vorsicht Wohlbeflissener
Sucht von Weitem schon dem schlagenden
Unheil klüglich auszuweichen:
Wie es ausgeht, so begann’s!
Alles sehen soll und wissen er!
Blind erst sind die Hörnertragenden,
Darum merket auf die Zeichen
Des betrog‘ nen Ehemanns!
FENTON für sich.
Alles schwatzt und kann nicht endigen.
Welch’ein schaurig Wortgewimmel!
Ob sie jemals sich verständigen?
Wir verstehn uns doch so ganz!
Liebe that uns auf den Himmel,
Ich und Ännchen, nichts verhandeln wir
Wie ein Doppelstern, so wandeln wir
Unsre Bahn in Einem Glanz!
Die Männer gehen ab.
ALICE zu Meg.
Er hat die Gelegenheit
Nicht richtig erkannt;
So gross die Verwegenheit,
So klein der Verstand!
MEG zu Alice.
So polternd und ungestüm,
So wenig galant!
Wer warf dieses Ungethüm
An unseren Strand?
ÄNNCHEN zu Alice.
Moral muss man predigen
Dem höllischen Brand.
Sich seiner entledigen
Mit fertiger Hand!
QUICKLY.
Bedenkt doch: der Dicke ist
Zwar nicht sehr gewandt,
Jedoch keine Mücke ist
Solch ein Elephant!
ALICE zu Ännchen.
Nicht länger mehr umhergestreift!
Zur Quickly.
Du führst den Auftrag aus!
Gleich einem Kater soll
Miauen er vor Liebe.
Zur Quickly.
Verstanden?
QUICKLY.
Ja.
ÄNNCHEN.
So sei es!
ALICE.
Gleich morgen.
QUICKLY.
Ja.
ALICE grüssend.
Lebwohl, Meg!
QUICKLY.
Schön Ännchen, lebet wohl!
ÄNNCHEN.
Ade!
MEG.
Ade!
ÄNNCHEN.
Ade!
MEG.
Ade!
ALICE die Andern noch zurückhaltend.
Gebt Achtung: Unser Dicker,
Wie wird er nun sich dehnen!
Er bläht sich …
ALICE UND MEG.
Bläht sich …
ALLE VIER.
Bläht sich,
Bis er zerplatzt!
ALICE.
Dein holdes Angesicht
Wird strahlen über mir …
ALLE.
Gleich einem Sterne, der
Herabblickt auf das Erdrund.
Sie gehen lachend fort.
Zweiter Act.
I.
Das Innere des Gasthauses zum »Hosenbande.«
Wie im ersten Acte.
Falstaff sitzt wieder in seinem grossen Lehnsessel und trinkt wie gewöhnlich seinen Xeres. – Bardolph und Pistol im Hintergrunde in der Nähe der Thür zur Linken. – Später Mrs. Quickly.
BARDOLPH UND PISTOL indem sie von Zeit zu Zeit mit reuiger Zerknirschung an ihre Brust schlagen.
Es verzehrt uns heisse Reue!
FALSTAFF sich kaum umwendend.
So kommt zum Speck die Katze
Wieder mit Freuden …
BARDOLPH UND PISTOL.
Lasst in
Den Dienst zurück uns kehren!
BARDOLPH zu Falstaff.
Sir John, wisst: draussen wartet
’ne Dame; sie begehret
Einlass bei Euer Gnaden.
FALSTAFF.
Sie komme
Bardolph geht links ab und kehrt gleich wieder mit Mrs. Quickly.
QUICKLY mit tiefen Knixen zu Falstaff, der ruhig sitzen bleibt.
Meine Ehrfurcht!
Gestatten Euer Edlen,
So möcht‘ ich insgeheim Euch
Wohl ein paar Worte sagen.
FALSTAFF herablassend.
Es sei gewährt.
Zu Bardolph und Pistol, die mit schiefem Gesicht links abgehen.
Entfernt Euch!
QUICKLY nacht wieder eine tiefe Verbeugung und kommt näher.
Mein‘ Ehrfurcht!
Ihr kennt Alice Ford …
FALSTAFF erhebt sich und rückt der Quickly eifrig näher.
Jawohl.
QUICKLY.
Ach Gott, das arme Herzchen!
Geht! Ihr seid ein Verführer!
FALSTAFF.
So ist’s. Doch weiter.
QUICKLY.
Alice
Vergeht vor Sehnsucht förmlich,
Vor Lieb‘ um Euch! Empfanget
Auf Euern Brief die Antwort:
Sie ist Euch dankbar, und
Ihr Gatte sei daheim nicht
Am Nachmittag um Drei.
FALSTAFF.
Am Nachmittag um Drei.
QUICKLY.
Gefällt es Euer Gnaden,
So könnt Ihr unbehindert
In ihre Wohnung kommen,
Dort seid Ihr sicher. Ach,
Das arme Herzchen! Was
Für Qualen muss sie ausstehen,
Ihr Mann … das ist ein Tiger!
FALSTAFF die Worte der Quickly überdenkend.
Am Nachmittag um Drei …
Wohl, sag ihr: ungeduldig
Harrt‘ ich der Stunde, pünktlich
Stellt‘ ich bei ihr mich ein.
QUICKLY.
O Freude! … Eine zweite
Bestellung soll ich machen.
FALSTAFF.
So rede.
QUICKLY.
Die schöne Meg …
Ein Zuckerengel, ja,
Das muss ich selber sagen! …
Auch sie hat einen Gruss
An Euch mir aufgetragen.
Jedoch ihr Mann sei leider
Nur selten ausser Hause …
Das arme Herzchen! So keusch
Ist keine Lilie sonst! …
Ihr müsst sie rein behexen!
FALSTAFF.
’s ist keine Hexerei,
Nur ein gewisses Etwas
Meiner Person … höre:
Sagt’s Eine nicht der Andern?
QUICKLY.
Niemals! So dumm ist keine
Der Damen, Gott bewahre!
FALSTAFF sucht in einer Börse.
Ich will erkenntlich sein.
QUICKLY.
Wer Dank sä’t, erntet Liebe.
FALSTAFF zieht ein kleines Geldstück hervor und giebt es ihr.
Nimm das, Mercur im Unterrock!
Grüss‘ mir die beiden Damen!
QUICKLY.
Empfehl‘ mich.
Ab nach links.
FALSTAFF.
Mein Alice!
Brav, alter Hans! Brav, brav!
Und also immer weiter!
Sich wohlgefällig betrachtend.
Ja, dieses Prachtgebäude
Hält tüchtig noch zusammen,
Du stichst die Jugend aus!
Alle die hübschen Frauen
Gerathen gleich in Aufruhr,
Sie reissen sich um Dich!
Wie gut, mein alter Bauch,
Dass ich Dich pflegte! Dir
Muss ich es danken!
BARDOLPH von links eintretend.
Sir John, es wartet draussen
Ein »sich’rer« M.r Born,
Der Eure Freundschaft sucht.
’ne Flasche alten Cyprers
Sendet er, sie zu leeren
Mit Euer Gnaden.
FALSTAFF.
Also,
Born ist sein Name?
BARDOLPH.
Ja.
FALSTAFF.
Nun, sehr willkommen ist
Mir dieser Born, ein Bronnen,
Der solchen Trank mir spendet!
Bring‘ ihn!
Bardolph geht hinaus.
Brav, alter Hans!
Nur immer weiter!
Ford tritt verkleidet von links ein; Bardolph, der mit einer Verbeugung die Thür öffnet und schliesst, hinterher; desgleichen Pistol, der eine Korbflasche trägt. Pistol und Bardolph bleiben im Hintergrunde. Ford hält einen Beutel in der Hand.
FORD geht nach einer tiefen Verbeugung auf Falstaff zu.
Der Himmel
Verleih‘ Euch Gnad‘!
FALSTAFF den Gruss erwiedernd.
Er segne
Mir Euern Eintritt!
FORD immer verbindlich.
Wahrhaftig
Ich bin sehr unbescheiden,
Und bitte um Vergebung,
Dass ich unangemeldet
Zu ungeleg‘ ner Stunde
Euch plötzlich fall‘ in’s Haus!
FALSTAFF.
Ihr seid mir sehr willkommen!
FORD.
Es steht ein Mann vor Euch,
Der allzuviel erhalten
Vom Ueberfluss des Lebens,
Der lebt und leben lässt! …
Der Geldsack sein Panier,
Fortuna seine Dame,
Und Born, so ist sein Name.
FALSTAFF seine Hand sehr herzlich schüttelnd.
Theurer Herr Born! es freut mich
Zu sehen Euch bei mir,
Ich bitt‘ um Eure Freundschaft!
FORD.
Theurer Sir John! ich bitte
Um nichts als um die Eure!
BARDOLPH leise zu Pistol; beide spähen und lauschen.
(Es macht sich.
PISTOL ebenso zu Bardolph.
Still doch!
BARDOLPH.
Achtung!
Ich wette:
Er hält den Köter
Bald an der Kette!
PISTOL.
Ford geht ihm um den Bart.
BARDOLPH.
Sieh nur!
PISTOL.
Sieh nur!)
FALSTAFF.
Was macht Ihr da?
Auf einen Wink von ihm entfernen sich beide.
Nun redet!
Zu Ford.
FORD.
Sir John, ich fass‘ ein Herz mir,
Denk‘ ich an ein bekanntes
Und altes, gutes Wort:
Vor dem goldenen Finger springen die Riegel.
Die gold’ne Hand bricht Eisen,
Der gold’ne Kopf denkt weise.
FALSTAFF.
Ein Feldherr ist das Gold
Und ein Erob’rer.
FORD nähert sich dem Tische.
Seht Ihr …
Hier hab‘ ich einen Beutel,
Der drückt mich allzu schwer;
Sir John, ich wär‘ Euch dankbar,
Hälft Ihr ihn tragen mir.
FALSTAFF.
Ist’s weiter nichts? …
Er nimmt den Beutel und legt ihn auf den Tisch.
Gern wüsst‘ ich,
Warum Ihr grade mich
Erwähltet …
FORD.
Hört mich an.
In Windsor wohnt ein Weibchen,
Hübsch ist sie und gefällig,
So wie ihr Nam‘: Alice.
Ihr Mann heisst Ford.
FALSTAFF.
Ich höre.
FORD.
Sie lieb‘ ich … ohne Hoffnung!
Ich schreibe … keine Antwort.
Ich spähe … nichts zu sehen.
Ich warte … sie lässt mich warten.
Was hab‘ ich aufgewendet,
Vergeudet und verschwendet,
Ja, was gewagt, ersonnen …
Und dennoch nichts gewonnen!
Ich kam nicht von der Stelle,
Sie hütet ihre Schwelle!
Nun wird man mich verlachen,
Spottlieder auf mich machen!
FALSTAFF lustig trällernd.
Ein Narr, wer sich auf Liebe nicht versteht!
Nur den Verfolger flieht sie;
Jedoch als Schatten folgt sie,
Dem Spröden, der sie flieht.
FORD.
Was half es, dass ich Alles
Bezahlte schwer mit Gold?
FALSTAFF.
Klar zeigt der Ernst des Falles:
Nicht war das Glück Euch hold.
FORD trällernd.
Ein Narr, wer sich auf Liebe nicht versteht! …?
FALSTAFF unterbricht ihn.
Und gab sie Euch denn nie
Ein Zeichen ihrer Liebe?
FORD.
Nein.
FALSTAFF.
Und was kann ich da
Wohl thun für Euch?
FORD.
So hört:
Ihr seid ein Mann von Adel,
Beredtsam, wacker, weise,
Ein Ritter ohne Tadel,
Geübt in manchem Gleise …
FALSTAFF leutselig.
Geht!
FORD.
Ohne Schmeicheln! .. Und da
Ist dieser Sack mit Golde …
Verwendet es, verschwendet es!
Verschenkt, verschwendet Alles,
Was etwa sonst mein Eigen!
Reich sollt Ihr sein und glücklich!
Dafür nur bitt‘ ich: bringet
Zu Fall Alicens Tugend!
FALSTAFF.
Seltsamer Wunsch!
FORD.
Ich meine:
Jene gepries’ne Schöne –
So sagt man – hat ein Leben
Der Ehre stets geführt.
Sie pocht auf ihre Treue,
Weiss nichts von Furcht und Reue,
Und wenn sie nur was Arges spürt,
Gleich heisst’s: Weh dem, der mich berührt!
Wenn Ihr sie nun erobert,
Dann wird sie bald auch mein:
Der Zweite nach dem Ersten!
So geht’s … seht Ihr dies ein?
FALSTAFF.
Also vorerst den Beutel!
Nun gut, ich will ihn nehmen
Als Unterpfand der Freundschaft;
Auf Cavaliersparole
Sodann … hier meine Hand drauf! …
Er drückt Ford kräftig die Hand.
Sollt Euer Ziel Ihr schnell
Erreichen, ja, Frau Ford …
Ihr sollt sie haben!
FORD.
Danke!!
FALSTAFF.
Ich bin halb auf dem Wege …
Euch zu verschweigen brauch‘
Ich’s nicht! In einer Stunde,
Ich schwör’s, ist sie die Meine!
FORD überrascht, mit halb ersticktem Schrei.
Wer? …
FALSTAFF ruhig.
Nun, Alice.
Sie hat zu mir geschickt
Soeben eine Freundin,
Zu melden, das Rabenaas
Von Ehemann daheim nicht
Am Nachmittag um Drei.
FORD tonlos.
Am Nachmittag um Drei …
Kennt Ihr den Gatten?
FALSTAFF.
Der Teufel
Hol‘ ihn, trag‘ ihn zur Hölle,
Dort findet er Gesellschaft!
So ’n Rabenaas! So ’n Hundekere!
Geduld! Geduld nur! Pünktlich
Besorgen Alles wir.
Er soll nur mucksen, so häng‘ ich
Ihm einen Kranz von Schwärmern
Noch an die Hörner! Ja,
Toll will ich seh’n das Hornvieh!
Geduld! Lasst mich nur machen! …
Zeit wird’s! Verzieht ein Weilchen,
Ich will in Staat mich werfen.
Er geht mit dem Geldsack nach hinten ab.
FORD.
Ist’s Wahrheit? Nicht blos Traum? …
Zwei Riesengabeln wachsen
Mir aus dem Schädel!
Wär’s möglich? … M.r Ford,
Schläfst Du? He, aufgewacht!
Besinn‘ Dich! Auf! Dein Weib
Verirrt sich, Schande will
Sie bringen auf dein Haus,
Sie will beschmutzen dir
Den blanken Namen! … Nah ist
Die Stunde, der Verführer
Bestellt, du bist verkauft,
Verrathen! Und da sagt man
Noch, dass ein eifernder Eh’mann
Von Sinnen sei! … Schon hör‘ ich
Sie zischeln hinter mir,
Schon seh‘ ich, wie mit Fingern
Sie heimlich auf mich deuten.
Ist nicht der Ehestand
Die Hölle? Weiber, Teufel!
Wer auf Euch, baut, der ist
Ein Schwachkopf oder Narr!
Nein, lieber einem Deutschen
Sein Bier vertrauen oder
Sein Essen einem Gast
Aus Holland, oder
Sein Fläschchen Aquavit
’nem Russen, als ein Weib
Der Tugend! Was für Namen,
Für Titel und für Würden
Erhalt‘ ich da: ein Hornvieh,
Hahnrei und Rabenaas! …
Himmel und Hölle! Ach,
Die Schande, ach, die Schande!
Aber noch ist es Zeit!
Dich fass‘ ich und Dich pack‘ ich,
Verdammter, alter Sünder!
Erst heisst es passen
Und dann ihn fassen!
Laut ruft die Schmach um Rache!
Aus tiefstem Herzensgrunde
Dem Himmel sag‘ ich Dank
Für meine Eifersucht!
FALSTAFF kehrt durch die Thür des Hintergrundes zurück. Er hat ein neues Wamms an und träg Hut und Stock.
Schon bin ich da. Kommt, geh’n wir!
Ihr geht doch mit ein Stückchen?
FORD.
Gern will ich Euch begleiten.
Sie gehen, bleiben aber vor der Thür stehen; jeder will dem Andern den Vortritt lassen.
FALSTAFF.
Zuerst Ihr!
FORD.
Nein, nach Euch!
FALSTAFF.
Nein, hier bin ich zu Hause,
Ich bitte.
FORD.
Nicht doch …
FALSTAFF.
Die Dame
Darf man nicht warten lassen.
FORD.
Drum, ohne Artigkeiten …
FALSTAFF.
So geh’n wir!
FORD.
Bitte.
FALSTAFF.
Bitte.
Nun wohl …
BEIDE.
Zusammen beide!
Sie gehen Arm in Arm hinaus.
II.
Zimmer im Hause Ford’s.
Hinten ein grosses Fenster. Thüren rechts und links; rechts im Hintergrunde auf die Ecke zu noch eine Thür, die auf die Treppe geht. Eine zweite Treppe in der linken hinteren Ecke. Durch das offene grosse Fenster sieht man den Garten. Ein zusammengeklappter Wandschirm steht links an der Mauer, an den geräumigen Kamin gelehnt. An der rechten Wand ein Schrank. Ein Tischchen, eine Bank mit Lade. Längs den Mauern ein Sessel und mehrere Feldstühle. Auf dem Sessel liegt eine Laute. Auf dem Tische stehen Blumen.
Alice, Meg, dann Quickly, zuletzt Ännchen.
ALICE.
Durch eine Bill im Parlament
Besteuern wir noch heute
Alle die dicken Leute!
QUICKLY tritt lachend durch die Thür zur Rechten.
Gevatterin!
ALICE.
Bist Du’s?
MEG.
Wie steht’s?
QUICKLY.
Er ist im Garne.
Alice und Meg laufen auf die Quickly zu, während Ännchen, die ebenfalls eingetreten ist, betrübt zur Seite steht.
ALICE.
Vortrefflich.
QUICKLY.
Vom hohen Pferde soll er ‚runter!
Sein Kopf blieb in der Schlinge hangen.
ALICE UND MEG.
Erzähl‘ uns Alles. Munter, munter!
QUICKLY.
Als ich im »Hosenbande«
War angekommen, sucht
Ich Zutritt alsobald
Bei dem gewicht’gen Manne
Für den geheimen Auftrag.
Der edle John gewähret
Die Audienz in Gnaden,
Empfangt mich dann grossartig
Mit gönnerhafter Miene:
Falstaff imitirend.
Komm, gute Frau, nur näher
Sich selbst parodirend.
Ich (Meine Ehrfurcht) mache
Die unterthänigste
Verbeugung, rede dann
Von honigsüssen Dingen.
Mit Wonneblinzeln schluckt
Er selig alle meine
Dick aufgestrich’nen Märchen.
Er glaubt – mich kurz zu fassen –
Rein Alles, glaubt: kein Weib
Kann je ihm widerstehen,
Ihr liebt ihn zärtlich beide!!
Nun wird er eiligst kommen,
Ja, eiligst zu Euch her.
ALICE.
Und wann denn?
QUICKLY.
Heute, gleich,
Am Nachmittag um Drei.
MEG.
Am Nachmittag um Drei.
ALICE sieht nach der Uhr.
Es wird bald schlagen!
ALICE, MEG UND QUICKLY.
Am Nachmittag um Drei!
ALICE läuft nach dem Hintergrunde und ruft:.
Halloh! Ned! Will! Ned! Will!
Zur Quickly.
’s ist Alles vorbereitet
Ruft wieder.
Ihr bringet, hier herein
Den grossen Korb mit Wäsche!
QUICKLY.
Das wird ein Hauptspass werden!
ALICE.
Ännchen, wo bleibt Dein Lachen?
Was gab’s?
Geht zu ihr und streichelt sie.
Gar Thränen? Was
Geschah? Sag’s Deiner Mutter!
ÄNNCHEN schluchzend.
Der Vater …
ALICE.
Was?
ÄNNCHEN.
Der Vater …
Bricht in Thränen aus.
Will, dass zum Mann ich nehme
Den Doctor Cajus!!
ALICE.
Wie?
Den Pflasterkasten?
QUICKLY.
O Gott!
MEG.
Den Narren?
ALICE.
Den Pedanten?
ÄNNCHEN.
Ja, diesen Karrengaul!
ALLE.
Nein, nein!
ÄNNCHEN.
Lebendig lieber
Mich gleich begraben!
ALICE.
Oder
Mit Rüben Dich zu Tode
Bewerfen!
QUICKLY.
Richtig!
MEG.
Recht so!
ALICE.
Nein, fürchte nichts!
ÄNNCHEN hüpft vor Freuden.
Juchheissa!
Der Doctor Cajus wird
Mein Gatte nicht!
Unterdessen haben zwei Knechte einen grossen Korb voll Wäsche hereingebracht.
ALICE zu den Knechten.
Hin stellt ihn!
Wenn ich dann rufen werde,
Nehmt Ihr den Korb und leert ihn
Dort in den Graben.
ÄNNCHEN.
Bums!
ALICE zu Ännchen.
Du, schweige!
Zu den Knechten, die abgehen.
Ihr entfernt Euch!
ÄNNCHEN.
Bums! Fallen wird die Bombe.
ALICE.
Zum innern Schauplatz nun!
Sie holt einen Sessel und stellt ihn neben den Tisch.
Der Sessel hier!
ÄNNCHEN holt die Laute und legt sie auf den Tisch.
Die Laute da!
ALICE zu Ännchen und Meg, die dann den Wandschirm holen.
Den Wandschirm dort geöffnet!
Sie stellen den Schirm zwischen Korb und Kamin auf und öffnen ihn.
Zurecht stellt ihn! Es geht! …
Noch etwas weiter! …
Jetzt kann das tolle Possenspiel beginnen!
Lustige Weiber von Windsor! Das sind wir,
Fahren darein wie der sausende Wind wir!
Rings dann erhebt sich ein heiteres Lachen,
Und greinen die Männer, was wollen sie machen!?
Lustige Weiber,
Vier Blätter am Stengel!
Wild wie die Teufel,
Gut wie die Engel
Und ohne Zweifel
Die tollsten im Land!
Wir schaffen
Uns Waffen
Aus Witz und Verstand.
Doch jetzt …
Zu Meg.
Du begreifst Deinen Theil an der Sache?
MEG zu Alice.
Vollkommen begreif‘ ich!
So führen wir’s aus!
QUICKLY.
Ich habe die Wache.
ALICE zur Quickly.
Im Nothfalle pfeif‘ ich.
ÄNNCHEN.
Ich bleib’an der Thür und behüte das Haus.
ALICE.
So wollen wir ein fröhlich Beispiel geben,
Wie weit in Ehren man beim Spasse geh’n darf!
Denn sicher sind wir, dass wir nichts erleben,
Das nicht ein jeder seh’n darf.
Quickly tritt ans Fenster im Hintergrunde und beobachtet die Strasse.
ALICE, ÄNNCHEN UND MEG.
Die lustigen Weiber von Windsor, das sind wir!
Und fahren darein wie der sausende Wind wir,
Erschallet ein heiteres Lachen!
QUICKLY zu den Andern, immer zwischen ihnen und dem Fenster hin und her laufend.
Nun aufgepasst! Er kommt!
ALICE.
Und wo?
QUICKLY.
Dort um die Ecke.
ÄNNCHEN.
Schnell dann!
QUICKLY.
Ja, er ist gleich im Hause.
ALICE zu Ännchen auf den Ausgang zur Linken zeigend.
Dorthin gehst Du!
Zu Meg, sie rechts hinweisend.
Und dorthin Du!
Auf Posten!
ÄNNCHEN.
Auf Posten!
Läuft links ab.
MEG.
Auf Posten!
Rechts ab.
QUICKLY.
Auf Posten!
Nach hinten ab.
Alice setzt sich an den Tisch und schlägt einige Accorde auf der Laute an; Falstaff tritt schnell ein. Als er Alice bemerkt, bleibt er stehen und beginnt zu singen.
FALSTAFF singend.
Du wirst gebrochen,
O Blümelein …
Gebrochen!
Er nimmt Alice um die Mitte. Alice hört zu spielen auf, erhebt sich und legt die Laute nieder.
Ha, jetzt, Ihr Götter, lasst mich sterben!
Was kann ich wohl erleben
Nach dieser trauten Schäferstunde noch?
ALICE.
O mein süsser Sir John!
FALSTAFF.
Mein Herzensweibchen! Ich
Verstehe mich auf’s Schönthun nicht,
Weiss nicht zu schmeicheln, noch
Dir Phrasen vorzudrechseln,
Doch einen frevelhaften Wunsch
Erlaube mir!
ALICE.
Der ist?
FALSTAFF.
Der ist:
Ich wollte, dass Dein Mann
Einmal gestorben wär! …
ALICE.
Wozu?
FALSTAFF.
Wozu? Du fragst mich noch?
Ich machte Dich zur Lady,
Und Falstaff wär Dein Lord!
ALICE.
Ach, dazu taugt‘ ich nicht!
FALSTAFF eifrig.
Gleich an den Hof mit Dir!
Ich seh‘ Dich schon geschmückt
Mit meinem Wappenschild,
Stolz unter Edelsteinen
Wogt dann Dein Busen hin!
Beschämen soll der Augen Schein
Das Feuer der Brillanten,
Ich wickle Dich in Spitzen ein,
In echte Brüssler Kanten!
Ein Thurm in Venetianertracht
Sei Deines Hauptes Pracht!
ALICE.
Bei solcher Pracht würd‘ ich verlieren,
Ich bin zu schlicht, zu unscheinbar,
Weit besser weiss ich mich zu zieren
Mit einer Blume hier im Haar.
Sie steckt sich eine Blume ins Haar.
FALSTAFF will sie umarmen.
Sirene!
ALICE tritt einen Schritt zurück.
Schmeichler Ihr!
FALSTAFF.
Wir sind allein, kein Lauscher darf uns schrecken …
ALICE mit verstellter Angst.
O Gott!
FALSTAFF.
Mein Weibchen!
ALICE ihn fortschiebend.
Sie könnten uns entdecken!
FALSTAFF sich nähernd.
Man soll sein Glück nicht aus den Händen lassen!
ALICE verschämt.
Sir John!
FALSTAFF.
Soll die Gelegenheit erfassen!
Ja, meine Liebe macht es leider kundbar …
ALICE ihn unterbrechend.
Dass Euer Herz nur allzu leicht verwundbar
FALSTAFF.
Ja, schon als Page
Des Herzogs von Norfolk
War ich ein Kerlchen,
Flink wie ein Kreisel,
Blank wie ein Perlchen!
Das war in Zeiten
Der grünenden Jugend!
Damals schon galt ich
Als Muster der Tugend,
Und auch die Weiber
Liebten den Kleinen,
Stets war er lustig
Und schnell auf den Beinen.
ALICE.
’s ist zum Erstaunen!
Doch fürcht‘ ich Eure Launen,
Befürcht‘, Ihr liebt schon …
FALSTAFF.
Wen?
ALICE.
Meg.
FALSTAFF.
Im Ernst?
Die kann ich gar nicht anseh’n!
ALICE.
Verrathet mich nur nicht!
FALSTAFF.
Dich will allein ich lieben
Wie meiner beiden Augen Licht!
Verfolgt sie und sucht sie zu umarmen.
Für ewig!
ALICE abwehrend.
Schonet mein!
FALSTAFF fasst sie um den Leib.
Für ewig!
QUICKLY von draussen.
Frau Alice!
FALSTAFF lässt Alice los und steht verwirrt.
Ha,
Wer wagt’s?
QUICKLY tritt mit verstellter Angst ein.
Ach, Frau Alice!
ALICE.
Was giebt es?
QUICKLY athemlos.
Um Vergebung!
Es ist Frau Meg. Sie will
Euch sprechen, kaum noch hält sie
Sich keuchend aufrecht!
FALSTAFF.
Widrige Störung!
QUICKLY.
Sie kommt
Herein, nicht konnt‘ ich’s hindern …
FALSTAFF.
Wo mich verbergen?
ALICE.
Hier
Hinter dem Wandschirm.
Falstaff verbirgt sich hinter dem Wandschirm; sobald er verschwunden, giebt Mrs. Quickly der vor der Thür harrenden Meg ein Zeichen. Meg tritt in scheinbar grosser Erregung ein. Die Quickly wendet sich zum Ausgang.
MEG.
Alice! Wie entsetzlich!
Das Unglück! Nicht zu sagen!
Nur keine Zeit verloren!
Entflieh!
ALICE.
Mein Herr und Heiland!
Was giebt’s denn? Sprich!
MEG.
In grossem Zorne kommt
Dein Gatte hergelaufen,
Wild schreiend …
ALICE leise.
Sprich noch lauter!
MEG.
Er wolle Einen morden!
ALICE wie vorher.
So lach‘ doch nicht!
MEG.
Nie hab‘ ich Deinen Mann
So wüthend noch gesehen!
Erschrecklich tobt‘ und flucht’er
Ueber der Weiber Falschheit!
ALICE.
Der Herr erbarm‘ sich!
MEG.
Einen
Geliebten habest Du
Bei Dir, und dem, so sagt ‚er,
Geh ’s an den Hals …
QUICKLY kommt mit lebhaftem Geschrei wieder.
Ach, Frau Alice! Herr Ford
Ist da! Schnell rettet Euch!
Er kommt wie ein Gewitter
Und blitzt und donnert furchtbar.
Er fuchtelt mit den Fäusten,
Heult wie der wilde Satan …
ALICE näher zur Quickly, mit leiser Stimme, etwas betroffen.
Im Ernste oder Spasse?
QUICKLY.
Im Ernst. Ich sah ihn laufen
Durch alle Gartengänge
Und hinterdrein ein Haufen
Von Leuten … ein Gedränge …
Gleich muss er überschreiten
Die Schwelle …
FORD hinter der Scene schreiend.
Ha, betrogen!!
FALSTAFF.
Den Teufel seh‘ ich reiten
Auf einem Fiedelbogen!!
Falstaff, der sich eilig auf die Beine machen wollte, verbirgt sich wieder, sobald er die Stimme Ford’s gehört. Alice sperrt ihn mit einer schnellen Bewegung in den Wandschirm ein, so dass er nicht mehr zu sehen ist.
FORD im Hintergrunde, den ihm Nachfolgende zurufend.
Verschliesst alle Thüren!
Besetzt alle Treppen!
Wir wollen ihn jagen,
Zum Galgen ihn schleppen!
Im Laufe treten Dr. Cajus und Fenton ein; bald darauf Bardolph und Pistol.
Zu Cajus.
Nur Achtung! Nur Achtung!
Er kann nicht entrinnen!
Zu Fenton.
Du lauerst im Gässchen auf!
Sie laufen schreiend umher während Fenton links angeht.
BARDOLPH UND PISTOL.
Zum Jagen!
FORD zu Bardolph und Pistol, auf die Kammer zur Rechten weisend.
Durchsucht alle Räume
Von aussen und innen!
ALICE trotzig zu Ford.
Du bist wohl von Sinnen?
Du Narr!
FORD sieht den Korb.
Was ist hier im Korbe?
ALICE.
Die Wäsche.
FORD.
Du Hexe!
Ja, mich seifst Du ein!
Er übergiebt dem Dr. Cajus ein Schlüsselbund.
Da sind meine Schlüssel,
Eröffnet die Schränke!
Wieder zu Alice.
Muss ich Dich ertappen!?
Giebt dem Korb einen Fusstritt.
Zum Teufel die Lappen!
Schreit nach dem Hintergrunde zu.
Vergesst nicht im Garten
Die Bänke!
Er reisst wüthend die Wäsche aus dem Korbe heraus, durchstöbert das Innere und streut Alles auf dem Fussboden umher, indem er jedes Stück argwöhnisch betrachtet.
Die Hemden
Befremden …
Hinausrufend.
Ist der Schuft noch nicht da?
Mir zum Schimpfe! –
Nichts wie Strümpfe!
Ah, bah!
Was nützen
Die Mützen,
Gewänder
Und Bänder? …
Nichts da …
ALICE, MEG UND QUICKLY auf die Verstreuten Stücke hinsehend.
Sturmeswüthen!
FORD wie vorher.
Vielleicht
Auf dem Dache?
Lief schnell er
Zum Keller? …
Ich wette:
Im Bette! …
Dann Rache!
Läuft während seines Schreiens durch die Thür zur Linken fort.
ALICE.
Gott erbarme sich!
QUICKLY.
Jetzt gilt es!
ALICE.
Wie sollen wir ihn gleich
Entfernen?
MEG.
Durch den Korb.
ALICE.
Ein Ritter, und im Wäschkorb?
Auch hat er Platz nicht.
FALSTAFF kommt hervor und geht auf den Korb los.
Lasst
Mich seh’n! … Es geht schon, geht schon.
ALICE.
Ich will Euch Träger holen.
MEG stellt sich erstaunt.
Sir John! Ihr hier? Ihr?
FALSTAFF steigt in den Korb.
Engel!
Dich einzig lieb‘ ich … rette
Mich, rette!
QUICKLY die Wäsche auflesend zu Falstaff.
Duckt Euch!
MEG.
Nur munter!
QUICKLY.
Duckt Euch! Duckt Euch!
FALSTAFF drückt sich mit aller Gewalt in dem Korbe zusammen.
Ach, ach! … Es sei … bedeckt mich!
QUICKLY zu Meg, sehr eilfertig.
Munter!
Und dann hinunter!
Ännchen und Fenton treten von links ein. Beide roden halblaut und vorsichtig.
ÄNNCHEN.
Mir nach!
FENTON.
Mit Bangen.
ÄNNCHEN geht auf den Schirm los.
Soll es nicht knarren,
Leise gegangen!
FENTON ihr nach.
Haus voller Narren!
ÄNNCHEN.
Wenn ich’s erfasse.
So sind sie hier
Verrückt vor Hasse …
FENTON.
Vor Liebe wir.
ÄNNCHEN sie nimmt ihn bei der Hand und zieht ihn hinter den Schirm, wo sie sich verbergen.
Folge mir … leise!
FENTON.
Wir wollen schleichen.
ÄNNCHEN.
Den Hafen erreichen …
FENTON.
Schwierige Reise!
ÄNNCHEN.
Was uns doch begegnet!
FENTON schliesst die sich Sträubende in seine Arme.
Da gilt kein Einwand!
BEIDE.
Schirmende Leinwand
Sei uns gesegnet!
Sie schliessen den Schirm hinter sich.
CAJUS hinter der Scene.
Erschlagt ihn!
FORD ebenso.
Den Verführer!
CAJUS wirbelt ins Zimmer herein.
Zerreisset ihn!
FORD im vollen Laufe herein.
Den Strauchdieb!
Bardolph und Pistol laufen den beiden von rechts entgegen.
Zu Pistol.
Dort?
PISTOL.
Nein.
FORD zu Bardolph.
Dort?
BARDOLPH.
Nein. Gefehlt!
FORD zieht eine Lade heraus.
Lasst mir den Schuft nicht entschwinden!
CAJUS bat in den Kamin gesehen.
Er ist auch da nicht zu finden!
FORD.
Doch ahnt mir, der Kerl ist im Hause!
Ich möchte drauf wetten, ich möchte drauf wetten
CAJUS.
Sir John, o wie wollt‘ ich mich freuen,
Wenn wir schon am Galgen Dich hätten
FORD will den Wandschrank mit Gewalt aufreissen.
Heraus, Du Verräther!
Ich sprenge die Mauer!
CAJUS sucht nach dem für den Schrank passenden Schlüssel.
Ergieb Dich!
FORD.
Heraus, Missethäter!
BARDOLPH UND PISTOL kommen durch die linke Thür gelaufen.
Vergebens!
FORD mit Dr. Cajus am Schranke beschäftigt, während Bardolph und Pistol wieder dahin gehen wo sie hergekommen sind.
Du Fluch meines Lebens!
Ergieb Dich, Verräther!
Es gelingt endlich den Schrank zu öffnen.
Umsonst!
CAJUS seinerseits die Lade ziehend.
Heraus da!
Umsonst!
Fegt suchend im Zimmer umher.
Kommst Du einmal heraus,
Dicke Maus!
FORD zieht wie ein Besessener das Schublädchen des kleinen Tisches heraus.
Du Feister!
CAJUS UND FORD.
Du feister,
Du dreister
Schalksmeister,
Heraus!
Ännchen und Fenton kosen ruhig weiter hinter dem Wandschirm, ohne sich um den Lärm zu bekümmern, und geben sich endlich einen schallenden Schmatz. In demselben Augenblicke schweigt der Tumult, und Alle horchen auf das Geräusch des Kusses.
FORD leise, den Wandschirm im Auge.
Da.
CAJUS.
Da.
I Gruppe vor dem Wandschirm.
FORD behutsam näher schleichend.
Ist er’s endlich?
Dr. CAJUS vorsichtig auf den Schirm losgehend.
Selbstverständlich.
FORD.
Erst gefangen!
Dr. CAJUS.
Dann gehangen!
FORD.
Nein, gefedert!
Dr. CAJUS.
Nein, erdrosselt mit ’ner Schnur!
FORD.
Dann gerädert!
Dr. CAJUS.
Freu‘ Dich nur!
Sprich Dein Gebetlein!
FORD.
Wart‘, wenn ich Dich endlich kriege!
Du sollst sterben wie ’ne Fliege!
BARDOLPH von links zurückkommend.
Vorwärts, Freunde!
PISTOL mit Bardolph, und Leuten aus der Nachbarschaft.
Ihm zu Leibe!
FORD zu Bardolph, Pistol und deren Begleitung.
Pst! Nicht weiter! Wir sind fertig.
II Gruppe hinter dem Wandschirm.
ÄNNCHEN zu Fenton.
Was in Empörung
Auch sie betreiben,
Wenn ohne Störung
Wir nur verbleiben!
Aus dem Getümme!
Flohen wir gerne,
Andere Sterne
Trägt unser Himmel!
FENTON zu Ännchen.
Muss ich noch schwören,
Dir zu gehören?
Dir ist für ’s Leben
Mein Herz ergeben.
O wie entzückend,
Dich anzuseh’n!
An’s Herz Dich drückend,
Möcht ich vergeh’n!
III Gruppe vor dem Wäschkorbe.
QUICKLY dicht am Korbe, zu Meg.
Ich schirm‘ und behüte
Den Korb hier mit Blicken;
Zu schmal für den Dicken
Wohl ist diese Düte.
Schwer trägt er dadrinnen
Die eigene Last,
Bedeckt von den Linnen
Zu trauriger Rast.
MEG ebenso zu Quickly.
Wer spielte noch kecker?
Doch zieh’n wir den Treffer
Es macht erst der Pfeffer
Die Speise hier lecker.
Rings mögen sie fluchen,
Vom Wahnsinn erfasst,
Sie mögen ihn suchen,
Den sauberen Gast!
FALSTAFF an den Korb klopfend, von ihnen.
Ich schmore.
QUICKLY zu Meg. auf Falstaff anspielend.
Ja, poche nur, poche!
FALSTAFF.
Ich koche.
I Gruppe vor dem Wandschirm.
FORD geheimnissvoll mit gedämpfter Stimme, auf den Wandschirm zeigend.
Er ist dort bei meinem Weibe!
BARDOLPH.
Dessen war ich nicht gewärtig!
Dr. CAJUS UND PISTOL.
Ruhig!
FORD.
Ruhig nun ans Werk gegangen!
Und der Vorsicht nicht vergessen!
BARDOLPH.
Lasst uns doch die Ratte fangen,
Eh‘ den Kuchen sie gefressen!
FORD zu den Andern, die auf den Schirm losgehen wollen.
Haltet ein! Denn eh‘ wir schlagen,
Muss ein Plan entworfen werden.
BARDOLPH, PISTOL UND CHOR.
Richtig!
Dr. CAJUS.
’s hiess‘ zuviel auch wagen,
Wenn das Leben wir gefährden!
FORD.
Wohlerfahren in der Taktik,
Kenn‘ ich, auch die beste Praktik.
Zu Pistol und den Andern.
Ihr macht Angriff von der Rechten
Zu Bardolph und Dr. Cajus.
Und zur Linken mögt Ihr fechten!
Zu Anderen.
Ihr bleibt bei mir in der Mitte,
Folget meinem Führerschritte!
ALLE.
Bravo, Feldherr ohne Gleichen!
Dr. CAJUS.
Wir erwarten nur das Zeichen!
II Gruppe hinter dem Wandschirm.
ÄNNCHEN.
Zu anderen Räumen
Sind wir erhoben.
FENTON.
Von Hochzeitsträumen
Gelind umwoben.
ÄNNCHEN in Verzückung.
Goldene Lichter,
Wie schön sie blinken!
Engelsgesichter
Hinauf mir winken.
Heiter in’s Klare
Vorausgeschaut!
Bald am Altare
Sind wir getraut!
III Gruppe vor dem Wäschkorbe.
MEG zur Quickly.
Er darf sich nicht rühren!
QUICKLY sich herabbeugend und zu Falstaff in des Korb hineinredend.
Sie könnten Euch spüren!
Bleibt ruhig!
FALSTAFF hebt den mit Wäsche bedeckten Kopf ein wenig unter dem Deckel hervor.
Ich brate.
QUICKLY UND MEG.
Hübsch unten geblieben!
FALSTAFF wieder auftauchend.
Ich sterbe,
Verderbe.
MEG.
Nur munter!
QUICKLY.
Hinunter!
FALSTAFF steckt die Nase aus dem Korbe.
Nur einmal verschnaufen,
Geliebteste Meg!
QUICKLY.
In ’s Garn ihnen laufen?
Hinunter! Weg!
MEG.
Weg!
I Gruppe vor dem Wandschirm.
FORD zu Dr. Cajus, das Ohr dem Wandschirm nähernd.
Hört das Knistern und das Rauschen!
Wie sie Zärtlichkeiten tauschen!!
’s ist Alice und der Dicke,
Weh dem lockern Galgenstricke!
Dass sie schamlos sich erdreisten,
Thun, als wären sie allein,
Ärgert mich am allermeisten,
Das ist mehr noch als gemein!
Dr. CAJUS zu Ford, ebenfalls mit dem Ohr am Schirme.
Ja, ich hör‘ es, und ich sehe,
Theurer Freund, aus nächster Nähe:
Schändlich hat man Euch betrogen,
An der Nase ‚rumgezogen.
Solches macht nicht Muth zum Freien,
Aber doch sag‘ ich nicht Nein,
Glücklich lebt man nur zu Zweien,
Bald ist Euer Ännchen mein!
BARDOLPH zu Pistol.
Einen guten Fang zu machen,
Würd‘ ich mehr daran noch wagen!
Stets hab‘ ich in fremdem Sachen
Mich als Ehrenmann betragen.
Wir, die Diener zweier Herren,
Können wohl zufrieden sein,
Da wir uns nicht thöricht sperren,
Kommt uns Alles doppelt ein.
PISTOL zu Bardolph.
Mich ergötzt die tolle Posse,
Bringt sie doch uns sachte weiter!
Und wir steigen manche Sprosse
Höher auf der Ehrenleiter.
Spielen wir die Zionswächter
Mit den Andern im Verein!
Als der Sittlichkeit Verfechter
Kämpfen wir in ihren Reih’n!
CHOR DER NACHBARN.
Um des Nächsten Wohlergehen
Kümmern sich getreue Seelen,
Was in Nachbars Haus geschehen,
Lässt ja doch sich nicht verhehlen!
Menschlich scheint dem Menschen Vieles
Und dem Reinen Alles rein;
Zu der Lust des Mitgefühles
Tragen wir der Neugier Pein.
FORD zu den Andern.
Still! Hieher! Jetzt soll es werden!
Ruhe! Achtung gebt! Es sei!
Dr. CAJUS.
Das Signal nun!
FORD.
Eins … Zwei … Drei …
Sie stürzen den Wandschirm um.
Dr. CAJUS bemerkt die Liebenden.
Was ist das?!
FORD und die Andern.
Es ist zum Rasen!
II Gruppe hinter dem Wandschirm.
FENTON.
Mit müden Augen
Dahin zu sinken,
Wonne zu saugen
Und Lust zu trinken!
Sind Deine Wangen
Thränenbethaut?
Lass Dich umfangen
Du süsse Braut!
BEIDE.
Ewig, Geliebte (r) Dein!
Ewig der (die) Deine!
Ewig, Geliebte (r) mein!
Ewig der (die) Deine!
Beim Umfallen des Wandschirmes bleiben sie überrascht und bestürzt in ihrer Stellung.
Ha!
III Gruppe vor dem Wäschkorbe.
MEG zur Quickly.
Fein achtsam!
Das Lachen,
Du musst es verbeissen,
Den Korb zu bewachen,
Er könnte zerreissen,
Bestraft wird ein jeder,
Ein Zeug und ein Leder:
Der Gatte, der tolle,
Der Vetter, der volle.
’s ist Keiner viel nütze –
Weiss Gott! – von den Zwei ’n!
Vor unserem Witze
Verstummt ihr Latein.
QUICKLY zur Meg.
Bedachtsam!
Wir machen
Nur, was uns geheissen,
Wenn wir in den Rachen
Der Hölle ihn schmeissen!
Er ist keine Feder,
Kein Faden, ist weder
Von Kork noch von Wolle;
Er denkt, dass er solle
Zerschmelzen vor Hitze,
Und quiekt wie ein Schwein.
Ja, stöhne nur, schwitze,
Ergieb Dich darein!
FALSTAFF nach Luft schnappend.
Ah! Lasst mich in ’s Freie!
ALICE kehrt zurück und geht zu dem Korbe hin.
Kein Wörtchen!
FALSTAFF auftauchend.
Ich schreie!
MEG UND QUICKLY zu Falstaff.
Ihr seid wohl von Sinnen?
FALSTAFF schreiend.
Ich bleibe nicht drinnen!
MEG UND QUICKLY.
Euch wird der Marsch geblasen!
FALSTAFF.
Zu Hilfe! Zu Hilfe!
Die Frauen ducken ihn unter und setzen sich auf den Korb.
ALICE, MEG UND QUICKLY auf die Männer zielend, die hinter dem Wandschirm Ännchen und Fenton entdeckt haben.
Die langen Nasen!
FORD voll Wuth zu Ännchen.
Ein sauberes Betragen!
Zu Fenton.
Dich hab‘ ich auf dem Strich!
Wie oft noch soll ich sagen:
Die da ist nichts für Dich!?
Ännchen entflieht in Angst. – Fenton geht im Hintergrunde ab.
BARDOLPH läuft nach hinten.
Dort ist er!
FORD.
Wo denn?
PISTOL.
Auf der Stiegen.
FORD.
So haltet ihn!
ALLE.
Ja, haltet!
Alle Männer laufen nach der Treppe im Hintergrunde.
QUICKLY.
Wenn sie ihn nur kriegen!
ALICE laut schellend.
Ned! Will! Tom! Isaak!
Ännchen kommt wieder mit vier Knechten und einem kleinen Pagen.
He, hurtig! Diesen Wäschkorb
Entleert gleich aus dem Fenster
In ’s Wässerlein des Grabens …
Nicht allzuweit vom Ufer,
Da, wo die Weiber spülen ihre Linnen!
ÄNNCHEN, MEG UND QUICKLY.
Ja, ja, ja, ja!
ÄNNCHEN zu den Knechten, die sich mit dem Korbe abmühen.
Ein grosser Pack ist drinnen.
ALICE zu dem Pagen, der dann über die Treppe fortgeht.
Du holst mir meinen Gatten!
Zu Meg, während Ännchen und Meg den Knechten zuschauen, die den Korb aufgehoben haben.
Bericht von unserm Streich will ich erstatten.
Sieht er erfrischt vom kalten Bad den Ritter,
Ist er wohl unverweilt
Von seiner Eifersucht geheilt!
QUICKLY zu den Knechten, die schon am Fenster sind.
Schwer ist’s!
MEG UND ALICE.
Nur weiter! Weiter!
ÄNNCHEN.
Schon kracht der Boden da!
ÄNNCHEN, MEG UND QUICKLY.
Hebt!
ALICE der Korb wird in die Höhe gezogen.
Noch einmal!
ÄNNCHEN, MEG UND QUICKLY.
Noch einmal!
ALICE.
Jetzt geht es!
ÄNNCHEN, MEG UND QUICKLY.
Jetzt geht es!
Der Korb, Falstaff und die Wäsche puzzeln aus dem Fenster, ein lauter Schrei und helles Gelächter von den Weibern drunten. Grosse Heiterkeit der vier Frauen, die im Zimmer sind. – Ford und die Andern kehren zurück. – Alice nimmt Ford untern Arm und führt ihn schnell ans Fenster.
ALLE.
Hoplala!
Dritter Act.
I.
Ein offener Platz.
Rechts das Gasthaus zum »Hosenbande« mit dem Wirthszeichen und dem Motto »Hony soit qui mal y pense.« Neben dem Thorweg eine steinerne Seitenbank mit Tisch. – Der Abend dämmert.
FALSTAFF sitzt nachdenklich auf der Thorbank; er schüttelt sich, schlägt mit der Faust auf und ruft den Gastwirth.
He! Hört denn niemand? …
Du Welt, du diebische Welt!
Schandwelt du!
Der Wirth erscheint.
Höre, Gastwirth,
Einen Becher mit Glühwein!
Der Wirth geht in’s Haus.
Darum bin ich zu Jahren
Gekommen, darum war ich
Ein tapfrer Ritter, dass man
Davon mich trägt in einem
Wäschkorbe und in’s Wasser
Mich hinschmeisst mit beschmutzten
Und alten Fetzen,
Wie einen Wurf von Katzen
Oder von jungen Hunden!
Ja, wär‘ mein guter Bauch nicht
Geschwommen wie ’ne Blase,
Wär‘ ich ertrunken!
O schnödes Wasser, das ich
Verachte! … Schlechte Welt!
Die Tugend schwand, ’s giebt keine Treue
Geh, alter Hans, geh, geh,
Geh Deines Weges! Was
Willst du noch länger leben?
Mit dir verschwindet edle
Mannhaftigkeit auf Erden.
Traurige Zeiten sind das.
Gott helfe mir!
Ich werde mager, und
Mein Haar ergrauet …
Der Wirth kommt mit einem grossen Becher wieder, den er auf den Tisch setzt, und geht dann in’s Haus zurück.
Vermengen wir das Wasser
Mit etwas starkem Glühwein!
Er trinkt schluckweise und schnalzt mit der Zunge.
Gut so.
Er streckt sich behaglich aus.
Der Wein eröffnet unser Herz
Der Sonne …
Er wird immer lebendiger und gewinnt seinen alten Frohsinn wieder.
Welche Wohlthat!
Ein erles’ner Tropfen verjagt
Die schwarzen Schatten der Schwermuth,
Erhellt die düstere Stirn,
Erweckt das träge Gehirn,
Und jeglicher Becher
Wird bald zum Sorgenbrecher,
Den Grillenfänger
Verwandelt er zum Sänger
Freue dich, liebes Herz,
Vergiss all‘ deinen Schmerz,
Schlag‘ einen Triller! …
Mit dem Safte der Reben
Zurück rufst du mich heut zum Leben,
O Wein, du Schmerzenstiller!
QUICKLY tritt auf und unterbricht Falstaff’s Weinlaune.
Meine Ehrfurcht!
Mich schickt Alice …
FALSTAFF aufschnellend.
Zum Teufel
Mit ihr! Sie kann’s noch wagen!?
Sie liegt mir in den Knochen,
Ich habe sie im Magen!
QUICKLY.
Ihr seid im Irrthum, Herr …
FALSTAFF.
Ich danke schön!! Denn noch
Verspür‘ ich hier die Wirkung
Der zartesten Besorgniss!
Noch sind mir steif die Glieder!
Lag ich doch krumm gewickelt
Gleich einem Wollknäul! … Taug‘ ich
Zum Bologneserhündchen
Im Nähkorb einer Dame?
Und Die Gerüche! Die Hitze!
Ein Mann von meinem Schlage,
Der gleich in solchem Dampfbad
Dahintropft wie ’ne Kerze!
Dann, als ich, halb gesotten,
Noch rauche von Dunst und Gluthen,
Schmeissen sie mich in’s Wasser …
Gesindel!!!
Alice, Meg, Ännchen, M.r Ford, Dr. Cajus, Fenton kauern hinter einem Hause links, um zuzuhören, und kommen, eines um das andere, hervor, um gleich wieder vorsichtig zurückzuweichen.
QUICKLY.
Sie kann dafür nicht!
Ein Missverständniss! …
FALSTAFF.
Fort mit Dir!
QUICKLY sehr eifrig.
Die Schuld liegt an den Knechten,
An ihrer Dummheit!
Nun weint Alice, jammert,
Ruft alle Heil’gen an.
Das arme Herzchen liebt Euch,
Da lest nur!
Sie zieht einen Brief aus der Tasche; Falstaff nimmt ihn und liest.
ALICE seitwärts lauschend, mit leiser Stimme zu den Andern.
(Liest er?
FORD leise.
Freilich.
ÄNNCHEN.
Er lässt sich wieder fangen.
ALICE.
Immer der alte Adam!
MEG zu Alice, auf einen Wink der Mrs. Quickly.
Verbergt Euch!
CAJUS.
Er liest noch.
FORD. Nun hat er angebissen.)
FALSTAFF liest noch einmal laut mit grosser Aufmerksamkeit.
Im königlichen Park um Mitternacht erwart‘ ich Euch.
Wenn Ihr kommt, so verkleidet Euch als der schwarze Jäger.
An der Eiche des Herne!
QUICKLY.
Wie süss solch ein Geheimniss!
Um Euch zu seh’n, bedient sie
Sich schlau der wohlbekannten
Uralten Mär. Der Baum
Gehört dem wilden Heere,
Und zwischen seinen Zweigen
Erscheint der schwarze Jäger.
Drum meidet auch das Volk
Jenen verruf’nen Platz.
FALSTAFF nimmt die Quickly am Arm und zieht sie mit sich in den Gasthof.
Wir reden drinnen weiter,
Und Du erzählst mir Alles!
QUICKLY geheimnissvoll in ihrer Erzählung fortfahrend, während des Hineingehens.
Nachts, wann geschlagen dumpf die zwölfte Stunde …
FORD.
Wie schaurig!
ALICE kommt mit der ganzen Gesellschaft hervor und ahmt der Quickly komisch nach.
Nachts, wann geschlagen dumpf die zwölfte Stunde.
Und Alles sich in Dunkelheit verlor,
Dann reichen Geister sich die Hand zum Bunde.
Und Herne kommt aus seinem Baum hervor.
Du kannst ihn langsam, langsam schweben schauen.
Mit fahlen Wangen und mit hohlen Blicken,
Den Rock mit Blut befleckt …
ÄNNCHEN.
Mich fasst ein Grauen.
MEG.
Mir läuft es gruselnd kalt herab am Rücken!
ALICE mit natürlicher Stimme.
Ein Märchen, ein Ammentrug,
Um fürchten zu machen
Die Kinder, und dumm genug
Für ein Schauergedicht!
ALICE, ÄNNCHEN, MEG.
Wir aber, wir lachen
Und fürchten uns nicht!
ALICE wieder in den früheren Ton fallend.
Den Rock mit Blut befleckt … Du siehst ihn nahen
Vom Stamm, an welchem er einst sterben musste …
Geister erscheinen … aus der Stirn ihm wachsen
Zwei Hörner mächtig, mächtig.
FORD.
Prächtig!
Die Hörner freuen mich
Vor Allem.
ALICE.
Schweige nur!
Du auch verdientest wohl
Deine gerechte Strafe!
FORD.
Verzeih mir … ich gestehe
Ja meinen Fehler ein!
ALICE.
Weh Dir, wenn wieder einmal
Du Miene machen wolltest,
Zu sehen, ob der Buhle Deines Weibes
Nicht steck‘ in einer Wallnuss! …
Nun aber ist es Zeit,
Dass wir zu Werke schreiten!
MEG.
Ja, eilen wir!
FENTON.
Und lasst
Uns Alles vorbereiten!
ALICE.
Hör‘, Ännchen!
ÄNNCHEN.
Nach Befehl!
ALICE.
Schon gut. Dich will ich sehen
Als Königin der Feen,
In Weiss gekleidet, ganz
In Schleier eingehüllt,
Rosenbekränzt das Haar!
ÄNNCHEN.
Wohl! Und ein Feenlied
Will ich studiren!
ALICE zu Meg.
Dich
Zur Nymphe jenes Hains
hab‘ ich erkoren,
Und unsere gute Quickly
Stellt eine Trude vor.
ÄNNCHEN heiter.
Das wird sie treffen!
Der Abend rückt von die Sonne verfinstert sich nach und nach.
ALICE.
Dann lad‘ ich noch zum Feste
Ein Dutzend kleiner Gäste:
Poltergeister,
Foltermeister,
Gnomen, Elfen,
Die uns helfen.
Wir waffnen tüchtig uns zum Überfalle
Und plagen Falstaff alle …
ÄNNCHEN, MEG, FENTON.
Alle!
ALICE.
Bis er in unsern Banden
Bekannt und eingestanden,
Was Übles er vollbracht;
Dann soll die Maske fallen,
Gelächter rings erschallen
Wohl durch die ganze Nacht.
MEG.
Die Zeit drängt. Gehen wir!
ALICE.
Zum Stelldichein an der Eiche
Des Herne!
FENTON.
Ja so sei ’s!
ÄNNCHEN.
Ein feiner Anschlag! Gelt?
Fröhlich.
Und er wird uns gelingen!
ALLE unter einander.
Lebt wohl!
Alice geht nach links ab, desgleichen Ännchen und Fenton.
ALICE zurückrufend zu Meg, die nach rechts abgeht.
Vergiss nicht die Laternen!
MEG.
Nein.
Ford spricht heimlich mit Dr. Cajus, dicht an dem Gasthofe; die Quickly kommt heraus bemerkt die beiden und bleibt lauschend stehen.
FORD.
Nur getrost!
Mein Mädel ist Euch sicher!
Euch ist ja doch bekannt,
Wie sie sich heut verkleidet?
CAJUS.
Ja, Rosen in den Haaren,
Und weiss das Kleid und der Schleier!
ALICE hinter der Scene.
Und Du besorgst die Masken auch!
MEG dergleichen, von der anderen Seite.
Ganz sicher.
Und Du denkst an die Klappern!
FORD in seinem Gespräch mit Dr. Cajus fortfahrend.
Ich habe
Schon meinen Plan geschmiedet.
Noch vor dem Ende des Festes
Kommt Ihr heran zu mir,
Natürlich in der Maske,
Im Schleier sie, Ihr aber
In eines Mönches Tracht
Und ich vereine Euch,
Geb‘ Euch zusammen gleich.
CAJUS geht Arm in Arm mit Ford nach links ab.
Wohl also soll es sein!
QUICKLY auf der Schwelle des Gasthauses, mit schlauer Gebende den Abgehenden nachblickend, später rechts ab.
Ja, sonst was!
Hinter der Scene.
Ännchen, he,
Lieb Ännchen, he!
ÄNNCHEN hinter der Scene.
Was giebt’s?
QUICKLY wie vorher.
Das Liedchen für die Fee
Nur ja vergiss nicht!
ÄNNCHEN wie oben.
Ei ganz gewiss nicht!
ALICE hinter der Scene.
Nur vorwärts jetzt!
QUICKLY noch weiter entfernt.
Wer kommt
Zuerst, der mahlt zuerst
Es ist Nacht geworden.
II.
Im Park von Windsor.
In der Mitte der Bühne die grosse Eiche Herne’s. Im Hintergrunde der Wall eines Grabens. Dichtes Laubwerk und blühende Sträucher und Blumen. – Nacht.
Man hört in der Ferne die Anrufungen der Parkwache. – Der Garten erhellt sich allmählich im Mondlicht.
FENTON tritt auf.
Die Liebe soll der Lippe Hauch beschwingen,
Ein Lied durchbricht der Nacht beklomm’nes Schweigen,
Um sehnsuchtsvoll dahin emporzusteigen,
Wo sanft erwiedert wird sein flehend Singen.
Und horch: der kühne Flug scheint zu gelingen,
Der Liebsten Herz dem Sänger sich zu neigen!
Verkündend, dass es lange schon sein Eigen,
Die Stimmen selig in einander klingen.
Lied ward um Lied getauscht, erhört das Werben,
Im Kuss verhauchend will der Sang ersterben,
Dass neue Blüten er in’s Leben treibe.
Denn was an Küssen man dem Mund genommen …
ÄNNCHEN hinter der Scene von ferne.
Kann uns nicht fehlen, wieder wird es kommen.
BEIDE.
Wie stets sich füllt des Mondes gold’ne Scheibe.
Ännchen erscheint als Feenkönigin verkleidet. Fenton, der sie umarmen will, wird von der plötzlich dazwischen tretenden Alice zurückgehalten. Alice ist nicht maskirt, trägt aber eine Kappe und eine Kutte über dem Arme.
ALICE.
Nun still gestanden!
Schnell angelegt die Kappe!
Sie nöthigt Fenton, die Kappe aufzusetzen.
FENTON von Alice und Ännchen bedient.
Was soll mir das?
ÄNNCHEN.
Lass uns nur machen!
ALICE reicht Fenton die Kutte.
Auch das hier!
Mrs. Quickly folgt Alice; sie trägt eine grosse Haube, einen Stab und eine Gesichtsmaske mit Schnauze.
ÄNNCHEN Fenton betrachtend, der die Maske anlegt.
Er könnte gleich in ’s Kloster der Trappisten gehn.
ALICE hilft Fenton eilig die Maske anlegen.
Die bösen Ränke, welche Ford
Ersonnen, wenden wir
Zum Spott ihm, uns zum Vortheil.
FENTON.
So sagt mir doch …
ALICE.
Gehorche
Blindlings und schweigend!
Lass die Gelegenheit
Dir nicht entwischen!
Zur Quickly.
Wer wird
Die falsche Braut denn machen?
QUICKLY.
Ein Schelm mit langer Nase,
Der unsern Arzt verabscheut.
MEG vom Hintergrunde herbeieilend, maskirt und grün gekleidet.
Am Graben dort versteckt
Schon lauern meine Geister.
ALICE lauschend.
Halte! … Ja, Herr Herne
Kommt schon. Nun vorwärts!
ÄNNCHEN, MEG, UND QUICKLY.
Vorwärts!
Alle eilen mit Fenton links ab.
FALSTAFF tritt beim ersten Glockenschlage der Schlossuhr hinten auf, ein Hirschgeweih auf dem Kopf und in einen weiten Mantel gehüllt. Es schlägt Mitternacht.
Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs!
Sieben Schläge!
Acht, neun, zehn, elf, zwölf.
’s ist Mitternacht.
Die Eiche sehend.
Das ist die Eiche. Nun,
Ihr Götter, steht mir bei!
Zeus auch verwandelte sich
Aus Liebe zur Europa
In einen Stier; auch er
Trug Hörner. Also lehren
Bescheidenheit die Götter.
O Liebe, die das Vieh
Zum Gott, doch auch den Gott
Zum Vieh macht!
Alice erscheint links im Hintergrunde.
Leises Geräusch von Schritten!
Alice! Dich ruft Dein Treuer!
Er nähert sich Alicen.
Komm doch! Ich bin ganz Feuer!
ALICE näher kommend.
Sir John!
FALSTAFF.
Nur her, mein Schätzchen!
Auf dieses stille Plätzchen!
ALICE mit falschem Pathos.
Gross ist der Liebe Macht!
FALSTAFF sie anfassend.
Hierher! Lass Dich nicht bitten!
ALICE.
Sir John!
FALSTAFF.
Allzu geschwind hin
Gehet die schöne Nacht!
O komm, Du meine Hindin!
Vergnügt.
Nun mag ’s Kartoffeln regnen,
Rettiche und Radieschen,
Ja, Butter mag es schneien …
Was macht’s, Alicechen
Uns Zweien?
ALICE.
Dort hinter jener Weide
Ist auch noch Meg.
FALSTAFF.
So lieb‘ ich Euch denn beide,
Gleich auf dem Fleck!
Da habt Ihr mich!
Theilt mich wie einen Apfel!!
Zerschneidet mich!!! Cupido
Mag meiner sich erbarmen!
O Liebe, welche Noth!
MEG hinter der Scene.
Zu Hilfe!
ALICE Schreck heuchelnd.
Da schreit was! O Tod!
MEG kommt ohne Maske und bleibt im Hintergrunde.
Das wilde Heer kommt!
Entflieht.
ALICE.
Hilf Gott! Entfliehen wir!
FALSTAFF entsetzt.
Ja wie denn? Wie?
ALICE.
O Gott
Im Himmel sei mir gnädig
Läuft schnell nach rechts fort.
FALSTAFF versteckt sich bei dem Stamme der Eiche.
Der Teufel macht mich einer Sünde ledig!
ÄNNCHEN hinter der Scene.
Nymphen! Elfen! Sylphen!
Ihr heimischen Dryaden!
Die Ihr in diesen Fluren lebt
In Laub und Schilfe,
Erhebet Euch und schwebt
FRAUENSTIMMEN weit entfernt.
Nymphen! Sylphen! Dryaden!
FALSTAFF.
Das sind die Feen! Wer sie sieht, nimmt Schaden.
Er wirft sich platt auf den Boden und drückt das Gesicht zur Erde.
Ännchen tritt auf, als Feenkönigin, mit einem Gefolge von neun weissen und neun lichtblauen kleinen Feen und Elfen. – Weiterhin Meg als grüne Nymphe, Quickly als Trude, und Alice; alle Drei verlarvt. Bardolph in einer rothen Kutte, ohne Larve, die Kapuze über dem Gesicht, Pistol als Satyr, Dr. Cajus in einer grauen Kutte, ohne Larve, mit Kapuze, Fenton, verlarvt, in schwarzer Kutte. Ford ohne Maske und Larve. Vierundzwanzig Feen und Elfen schliessen den Zug. Die Kleinen bilden einen engeren Kreis um ihre Königin, die Grossen einen weiteren äusseren. – Die Männer alle rechts, die Frauen alle links gruppirt.
ÄNNCHEN.
Euch, kleine Elfen, lockt heran
Die Mitternacht des Haines,
Fangt gleich den Reigen mit mir an
Beim Glanz des Mondenscheines.
Zum Fange lasst uns schreiten,
Durchstreift das Gras gelind!
Singend soll uns begleiten
Im Laub der Säuselwind.
Langsamer und geräuschloser Tanz der Kleinen.
CHOR DER FEEN UND ELFEN.
Hier sind wir Alle geborgen
Und ferne von Verrath,
Wir tanzen, bis der Morgen
Der Erde wieder naht.
ÄNNCHEN.
Die Lilien, die blassen,
Verschliessen süsse Tropfen,
Wenn wir bescheiden klopfen,
Werden sie trinken lassen.
Auch bei den blauen Veilchen
Wird gut man aufgenommen,
Heissen sie uns willkommen,
So rasten wir ein Weilchen.
Nur bei dem rothen Flieder
Ruhet zu lang nicht aus:
Wenn Ihr entschlaft, nicht wieder
Kommt Ihr zurück nach Haus!
Die kleinen Elfen umschwärmen die Blumen.
CHOR.
Nein, hier in dem Bereiche
Scheint gar zu hell der Mond,
Wir gehen zu der Eiche,
Wo Jäger Herne wohnt.
ÄNNCHEN.
Ein trautes Plätzchen, vom Winde verschont!
BARDOLPH stösst auf Falstaffs Körper und hält die Feen mit gewichtiger Geberde zurück.
Haltet an!
PISTOL herzukommend.
Was ist?
FALSTAFF.
O Gott!
QUICKLY Falstaff mit dem Stabe berührend.
Ein Mensch!
ALICE, ÄNNCHEN, MEG.
Ein Mensch!
CHOR.
Ein Mensch!
FORD.
Gehörnt gleich einem Rindvieh!
PISTOL.
Geründet wie ein Kürbis!
BARDOLPH.
Und dick gleich einem Mehlsack!
Stösst Falstaff mit dem Fusse.
He, Freund, steht auf!
PISTOL.
Steht auf!
FALSTAFF.
Lasst Hebebäume holen!
Ich kann nicht.
FORD.
Bleib‘ er liegen!
QUICKLY.
Er ist sündhaft!
CHOR.
Er ist sündhaft!
ALICE, ÄNNCHEN, MEG.
Er ist unrein!
CHOR.
Er ist unrein!
BARDOLPH mit Hexenmeister-Geberden.
Wir müssen ihn beschwören!
ALICE heimlich zu Ännchen, während Dr. Cajus immer jemand zu suchen scheint.
Schnell die Gefahr vermieden!
Der Doctor will Dich holen.
Fenton und die Quickly entziehen Ännchen den Blicken des Doctors, indem sie sich vor sie hinstellen.
ÄNNCHEN.
Wir müssen uns verstecken.
Sie entfernt sich mit Fenton nach dem Hintergrunde, von Alice und der Quickly gedeckt.
QUICKLY.
Doch wieder kommt Ihr schnell,
Wenn ich Euch rufe!
Ännchen, Fenton und Quickly verschwinden hinter den Büschen.
BARDOLPH beschwörend über Falstaffs Körper stehend.
Hört den Meister,
Geister!
Nachtkobolde!
Und Unholde!
Kommt zur Stelle
Aus dem Pfuhl der Hölle!
Sehet den Schächer Ihr,
Den Verbrecher hier? …
Schlaget und beisset ihn!
Rupfet und reisset ihn,
Zaust ihn am Felle!
Vom Hintergrunde laufen Knaben herbei, die als Kobolde gekleidet sind, und stürzen auf Falstaff los. Andere, phantastisch herausgeputzte Plagegeister tauchen in der Runde auf. Die Einen sind mit Schnarren und Klappern versehen, die Andern mit Ruthen, wieder Andere tragen kleine rothe Laternen.
FALSTAFF.
O weh!
Rings rührt und regt es sich zappelig!
KOBOLDE, IRRWISCHE UND TEUFEL lassen Falstaff in den Vordergrund rollen.
Rippel‘ Dich, rappel‘ Dich!
Die Kobolde kneifen ihm in Arme und Wangen, geben ihm Ruthenstreiche und stechen ihn mit Nesseln und Dornen.
Packet und placket ihn!
Greifet und kneifet ihn!
Zwicket und zwacket ihn!
Rüttelt und schüttelt ihn!
Immer geschwinder!
Die kleineren Quälgeister tanzen rund um ihn herum; einige steigen ihm auf den Rücken und schlagen Purzelbäume. Falstaff möchte sich vertheidigen, kann sich aber nicht rühren.
FALSTAFF.
Au! Au! Au! Au!
CHOR DER QUÄLGEISTER mit Schnarren und Klappern.
Der Gauch,
Der unmässige!
Der Bauch,
Der gefrässige!
Ihm Strafe verkündiget,
Weil schwer er gesündiget!
Umklappert, umschnarret ihn
Im schwindelden Kreise!
Verhöhnet und narret ihn
Auf jegliche Weise!
Treibt Mängel und Fehle
Aus Leib ihm und Seele!
Der ruchlose Sünder
Verdient’s nicht gelinder!
Die Lärminstrumente schweigen.
ALICE, MEG, QUICKLY.
Packet und placket ihn!
Greifet und kneifet ihn!
Zwicket und zwacket ihn
Rüttelt und schüttelt ihn
Immer geschwinder!
FALSTAFF.
Au! Au! Au! Au!
ALICE, MEG, QUICKLY, UND CHOR.
Schreie nur, ächze nur!
Wins’le nur, krächze nur!
Wir sind die Deinigen,
Die sich vereinigen,
Um Dich zu peinigen
Und von den Flecken Dich.
Welche bedecken Dich,
Gründlich zu reinigen!
Ford, Dr. Cajus, Pistol und Bardolph heben Falstaff in die Höhe und zwingen ihn zu knien.
CAJUS UND FORD.
Du Schlauch!
BARDOLPH UND PISTOL.
Du Gauch!
Du Bauch!
CAJUS, PISTOL, BARDOLPH, FORD.
Du Tropf!
Du Knopf!
Du Vieh!
Auf Deine Knie!
FORD.
Güterverschlinger!
ALICE.
Gelderdurchbringer!
BARDOLPH.
Beutelausleerer!
QUICKLY.
Bettenbeschwerer!
PISTOL.
Häuserausspürer!
MEG.
Frauenverführer!
CAJUS.
Stutenzerreiter!
FORD.
Schalk u.s.w.!
Bardolph hat der Quickly den Stab weggenommen und giebt Falstaff Schläge.
ALLE.
Das Laster künftig scheue!
FALSTAFF.
O weh! Ich scheu‘ es!
ALLE.
Büsse! Bereue! Bereue!
FALSTAFF.
Ja, ich bereu‘ es!
Pistol nimmt den Stab von Bardolph und giebt Falstaff eine neue Tracht Schläge; dass empfängt Bardolph wieder den Stab und prügelt Falstaff zum dritten Male.
BARDOLPH kommt Falstaff mit dem Gesicht sehr nahe.
Du liegst im Sündenfieber!
FALSTAFF.
Du riechst nach Schnaps, mein Lieber!
ALICE, MEG UND QUICKLY.
Herr, mach‘ ihn fromm und bieder,
Gieb ihm die Unschuld wieder,
Sieh gnädig auf ihn nieder!
FALSTAFF.
Und heile meine Glieder!
CAJUS, BARDOLPH, FORD UND PISTOL.
Untugendeiferer!
Tugendbegeiferer!
Berg der Verdorbenheit!
Masse der Schandbarkeit!
Gieb Antwort!
FALSTAFF.
Verzeiht!
CAJUS, BARDOLPH, FORD, PISTOL.
Straft man Dich recht und billig?
Gieb Antwort!
FALSTAFF.
Ja, beichten will ich!
BARDOLPH.
König der Schufte!
FALSTAFF.
Geh weg! Verdufte!
CAJUS, BARDOLPH, FORD UND PISTOL.
Du Fettgeschiebe!
Du Dieb aller Diebe!
FALSTAFF.
Thut mir die Liebe …
BARDOLPH sehr heftig.
Machen Dich mürbe die Prügel und Hiebe!?
Im Eifer der Rede gleitet ihm die Kapuze in den Nacken.
FALSTAFF erhebt sich.
Feuer, Salpeter und Schwefel!!
Das ist Bardolph! O Frevel!!
Er dringt auf Bardolph ein, der zurück weicht.
Strahlst Du im Dunkel,
Nasenkarfunkel?
Wagst Du Dich hier hervor,
Blutiges Meteor?
Du Salamander!
Du rother Feuermolch!
Du glühender Haken!
Du Schneiderbügeleisen!
Du Bratspiess der Hölle!
Du Purpurspinne!
Du Leuchtpfahl!
Du Galgenvogel!
Du Nachtlaterne!
Du Brandpfeil!
So sag‘ ich! Wenn ich lüge,
Könnt Ihr an einem Strumpfband
Erhängen mich!!!
ALLE.
Bravo!
FALSTAFF.
Und nun lasst mich in Frieden …
Denn ich bin müde.
QUICKLY leise zu Bardolph, mit dem sie dann hinter den Bäumen verschwindet.
(Kommt nur!
Ihr macht die Braut mit Kranz
Und Schleier!)
FORD.
Doch derweil
Wir uns vom Seitenstechen
Ausruh’n … Sir John, o sagt doch.
Wer ist nun der Gehörnte?
MEG UND ALICE höhnisch zu Falstaff.
Ja, wer? O sagt doch, sagt!
ALICE die Larve abnehmend.
Ist Euch die Lust benommen?
FALSTAFF erkennt Ford und streckt ihm die Hand hin.
Ei, M.r Born, willkommen!
Die Quickly kommt zurück.
ALICE dazwischentretend und Ford gleichsam Falstaff vorstellend.
Sir John, wollt Ihr gestatten …
Seht Ford hier, meinen Gatten!
QUICKLY wie früher.
Meine Ehrfurcht! … Ihr vermeintet,
Zwei Damen wären albern
Genug und närrisch, um
Nur gleich Hals über Kopf
Zu Grunde sich zu richten
Für einen Alten mit so trägem Blute?
MEG UND QUICKLY.
Mit solcher Riesenglatze!?
MEG, QUICKLY, UND ALICE.
Und solchem Dickwanst!?
FORD.
Das
Ist deutlich.
FALSTAFF.
Ich beginne
Zu merken, dass ich leiden
Ein ziemlicher Esel war.
ALICE.
Ein Dammhirsch!
FORD.
Und ein Rindvieh
Mit Eichenlaub.
ALLE.
Ha, ha!
FALSTAFF.
Und dieses Häuflein hier
Von mittelmäss’ger Menschheit
Verhöhnt mich, dünkt sich weise!
Bedenkt doch: Ohne mich,
Was hättet Ihr begonnen?
Ich that erst etwas Salz,
In Eure Fastenspeise!
Ich war’s, der Euch erheitert!
Hat doch mein Witz Euch erst
Den Horizont erweitert!
ALICE, MEG, QUICKLY UND CHOR.
Versteht sich!
FORD.
Das weiss Gott:
Hätt‘ ich nicht lachen müssen,
Wäret Ihr todt! …
Genug jetzt.
Alles wird sich versöhnen!
Ich hab ’ne Ueberraschung
Erdacht: der Feen Königin
Wollen mit Myrten wir krönen!
Dr. Cajus und Bardolph, als Feenkönigin verkleidet und das Gesicht mit dem Schleier bedeckt, kommen Hand in Hand näher. Dr. Cajus hat die Maske vor dem Gesicht.
FORD.
O seht: da kommt geschritten
Schon unser Brautpaar! Achtung!
CHOR.
Gebt Achtung!
FORD.
Siehe da:
Im weissen Kleid, im Haare
Nur Rosen, kein Geschmeide,
Das ist das junge Bräutchen
Mit dem erwählten Freier!
Bardolph und Dr. Cajus gelangen bis in die Mitte; die Feen um sie her.
Umgebt sie, zarte Nymphen!
ALICE führt Ännchen und Fenton vor, die eingetreten sind. Ännchen ist vollständig mit einem him melblauen Schleier bedeckt.
Und noch ein zweites Pärchen
Von Liebenden erscheint hier,
Um ebenfalls von uns
Den Segen zu empfangen
Unter Alicens Führung nähern sich die Irrwische dem Dr. Cajus und Bardolph; das kleinste Gespenst, von Alice auf dem Arm getragen, hält seine Laterne in der Höhe von Bardolphs Gesicht.
FORD.
Vortrefflich!
Verdoppelt sei die Feier!
Her mit den Hochzeitsfackeln!
Fenton und Ännchen stehen mit verschlungenen Händen ein wenig von der Mitte entfernt.
Der Himmel segn‘ Euch! … Nun
Herunter mit den Masken!
Strahlet im Lichtglanz!
Auf den Befehl Ford’s lassen Fenton und Dr. Cajus schnell die Masken fallen. Ännchen entschleiert sich, und Quickly die hinter Bardolph steht, zieht diesem die Hülle vom Kopfe. Alle behalten das Gesicht offen.
CHOR.
Ha!
CAJUS erkennt Bardolph.
O Schrecken!
FORD überrascht.
Alle Teufel!
Das andere Paar bemerkend.
Mein Ännchen dort mit Fenton!!
FALSTAFF, PISTOL UND CHOR.
Schöne Bescheerung!
CAJUS bestürzt.
Mich
Mit Bardolph zu vermälen!
Entsetzlich!
ALLE.
Victoria!
Es lebe das Brautpaar!
FORD noch immer starr vor Erstaunen.
Es ist ein Wunder!
ALICE zu Ford hingehend.
Leicht wird ein Sündenmensch
In’s Netz hineingezogen
Von seiner eig’nen Bosheit.
FALSTAFF geht zu Ford und verbeugt sich spöttisch.
Mein theurer M.r Ford,
O sagt mir doch, ich bitt‘ Euch
Wer ist nun der Gehörnte?
FORD zeigt auf Dr. Cajus.
Er.
CAJUS zu Ford.
Ihr.
FORD.
Nein.
CAJUS.
Ja.
BARDOLPH zu Ford und Cajus.
Ihr.
FENTON auf Ford und Cajus.
Sie.
CAJUS zu Ford hintretend.
Wir.
FALSTAFF.
Ja, alle beide!
ALICE auf Falstaff, Ford und Cajus hinweisend.
Nein, alle drei!
Zu Ford, auf Ännchen und Fenton deutend.
Sieh nur,
Wie ängstlich die Kinder dort warten!
ÄNNCHEN zu Ford, mit bittend aufgehobenen Händen.
Lieber Vater, verzeih’uns!
FORD.
Wer die Grube gemacht, liegt selber drinnen!
Nichts ist zu thun dagegen.
Drum ohne langes Sinnen
Geb‘ ich Euch meinen Segen!
ALICE, ÄNNCHEN, MEG, QUICKLY, FENTON, BARDOLPH, PISTOL.
Ein Vivat Hoch!
FALSTAFF zu Ford.
Ja, klug nur werden wir durch Schaden!
FORD zu Falstaff.
Ihr seid zur Hochzeit freundlichst eingeladen!
ALLE ausser Dr. Cajus.
Ein Vivat!
SCHLUSSCHOR.
Alles ist Spass auf Erden,
Der Mensch ein geborener Thor;
Und glauben wir weise zu werden,
Sind dümmer wir als zuvor.
Lauter Gefoppte! Weil Einer
Den Andern zum Narren macht.
Doch besser fürwahr lacht Keiner
Als wer am Ende lacht.
Ende der Oper