Bedrich Smetana
Die verkaufte Braut
Komische Oper in drei Acten
Personen
Kruschina, ein Bauer (Bariton)
Kathinka, seine Frau (Sopran)
Marie, beider Tochter (Sopran)
Micha, Grundbesitzer (Bass)
Agnes, seine Frau (Mezzo-Sopran)
Wenzel, beider Sohn (Tenor)
Hans, Micha’s Sohn aus erster Ehe (Tenor)
Kezal, Heirathsvermittler (Bass)
Springer, Director einer wandernden Künstlertruppe (Tenor)
Esmeralda, Tänzerin (Sopran)
Muff, ein als Indianer verkleideter Komödiant (Tenor)
Dorfbewohner beiderlei Geschlechts. Kunstreiter
Ort: Ein grosses Dorf in Böhmen.
Zeit: Die Gegenwart.
Erster Act.
Der Hauptplatz des Dorfes mit Wirthshaus zur Zeit des Kirchweihfestes im Frühling.
Erste Scene.
Chor der Landleute. Marie und Hans.
CHOR.
Seht am Strauch die Knospen springen,
Hört die munter’n Vögel singen!
Glanz und Jubel weit und breit!
O, du schöne Frühlingszeit!
Jeder leicht ein Schätzlein findet
In der Jugend heissen Jahren,
Doch bevor man fest sich bindet,
Soll man keine Vorsicht sparen.
Ehe,
Wehe
Sind gar nah‘ verwandt!
Mög‘ uns Gott bewahren!
Mancher hat’s erfahren.
Liebe lockt uns in die Falle,
Das ist leider weltbekannt!
Darum nehmt in Acht Euch Alle,
Ihr Verliebten rings im Land!
HANS.
Sprich, mein liebes Herz, warum
Du so schweigsam bist und traurig!
MARIE.
Wie auch sollte ich’s nicht sein!?
Hat die Mutter doch gesagt,
Dass er, der für mich Erwählte,
Heute zu uns kommen würde!
Weisst Du keine Hilfe?
HANS.
Höre!
Wenn der Freier Dir verhasst,
Mög‘ er immer kommen nur.
Bleibe standhaft! Glaube mir:
Niemand zwingt ein starkes Herz!
CHOR.
Nur nicht klagen, nicht verzagen!
Liebe lehrt uns Leid ertragen,
Alles, Alles darf sie wagen!
Seht am Strauch die Knospen springen,
Hört die munter’n Vögel singen!
Glanz und Jubel weit und breit!
O, du schöne Frühlingszeit!
Aber nehmt in Acht Euch Alle,
Ihr Vorliebten, rings im Land:
Liebe lockt uns in die Falle,
Das ist leider weltbekannt!
Nun zum Tanze! Rührt die Glieder!
Lustig geht es auf und nieder!
Hei, da zeige Jedermann,
Was er kann!
Chor ab.
Zweite Scene.
Marie und Hans.
Recitativ.
MARIE.
Zum Tanze rufen sie mich heut‘ umsonst …
O, mir ist weh‘ um’s Herz!
HANS.
Mein Liebchen, wie? Noch immer trübe Augen?
Was kann es helfen?
MARIE.
Kaum zu denken wag‘ ich’s!
Bald werden kommen sie zur Brautschau: Micha,
Vater und Sohn, und um mich werben!
HANS.
Nun gut …
Was willst Du thun?
MARIE.
Was soll ich thun? Ja, wollte
Gott, dass ich etwas wüsste! Eins nur weiss ich,
Dass ich für alle Zeiten bin die Deine!..
Wenn nur die Eltern mich nicht zwingen werden!
HANS.
Das wäre freilich traurig.
MARIE.
Doch Dich scheint
Es wenig zu bekümmern … Gar so ruhig, Freund?..
Wenn Dir der widrige Fall gelegen käme?..
Ich bin verzweifelt, voller Angst und Sorgen,
Und Dich berührt dies Alles kaum!.. Ach, wenn
Mein treues Herz Du hintergingst, wenn heimlich
Du eine Andere geliebt!?
HANS.
O niemals!
Arie.
MARIE.
Gern ja will ich Dir vertrauen,
Gläubig blicken auf zu Dir!
Ach, worauf noch könnt‘ ich bauen,
Wärst Du, Liebster, untreu mir!
Der von fern Du hergekommen,
Wer Du bist, ich weiss es nicht,
Habe Dich zum Schatz genommen
Auf Dein ehrliches Gesicht!
Recitativ.
O sage, was Dich fort von Hause in
Die Fremde trieb? Von Deiner frühen Jugend
Sprachst Du noch nie zu mir!
HANS.
Nur ungern red‘ ich
Davon, es ist zu schmerzlich! .. Wohl bin ich
Aus einem reichen Hause, doch es starb
Mir die geliebte Mutter. Bald darauf
Nahm sich der Vater eine zweite Frau.
Voll Falschheit hat sie mir des Vaters Herz
Entwendet, .. aus dem Hause jagt‘ er mich!
Bei fremden Leuten dien‘ ich nun um’s Brot.
Duett.
Mit der Mutter sank zu Grabe
Meiner Jugend ganzes Glück,
Was ich früh verloren habe,
Bringt kein Sehnen mir zurück!
MARIE.
O Du guter, armer Knabe,
Wie beklag‘ ich Dein Geschick!
Doch getrost nur: freundlich labe
Dich ein warmer Liebesblick.
HANS.
Nun wirst Du länger wohl nicht zweifeln! Heimath
Und Vaterhaus ist Deine Liebe für
Den Frühverwaisten!
HANS UND MARIE.
Nun in Lust und Leide,
Nun in Schmerz und Freude
Sind vereint wir Beide.
Wollen miteinand‘ durch’s Leben
Wie ein Schwalbenpärchen schweben,
Hoffen und vertrauen,
Uns ein Nestchen bauen,
Heimlich nur, verstohl’ner Weise
Unser Glück verkünden leise!
Nun in Lust und Leide
Sind vereint wir Beide!
MARIE.
Doch still! Man kommt! O, grosser Gott, der Vater!
Man sucht mich schon!
HANS.
Dann ist’s Zeit wohl, dass ich geh‘!
Scheiden! Scheiden! Das thut weh.
Lebwohl, bis ich Dich wiederseh‘!
Ab.
Marie verbirgt sich.
Dritte Scene.
Kruschina, Kathinka und Kezal.
Terzett.
KEZAL.
Alles ist so gut wie richtig,
Und das Eine nur ist wichtig:
Euer Wort gabt Ihr zum Pfande,
Und somit ist Alles gut.
Ja, was glücklich ist im Lande,
Bracht‘ ich Alles unter’n Hut.
Denn auf Scharfblick und Verstande
Der Erfolg allein beruht.
Kommt das Pärchen erst zusammen,
Ei, so soll mich Gott verdammen,
Stehen beide nicht in Flammen,
Lodern beide nicht in Gluth!
KRUSCHINA zu Kathinka.
Nun, so sag‘, was meinst Du, Alte?
Steh‘ ich doch schon halb im Wort!
KATHINKA.
Eines ich mir vorbehalte:
Soll es sein, dann nicht sofort!
Ohne uns’rer Tochter Beirath
Kommt zu Stande keine Heirath;
Bin zu fragen gern erbötig,
Ob sie schon entschlossen sei.
KEZAL.
Gar nicht nöthig, gar nicht nöthig!
Euer Wort … es bleibt dabei.
KATHINKA.
Doch erst seh’n muss sie den Freier.
KEZAL.
Auch noch sehen? Ei, zum Geier!
Nichts da giebt es zu bekritteln!
Würd‘ ich sonst wohl hier vermitteln?
Bin ich denn zum Spasse da?
Micha’s lieber Sohn wird Allen,
Gleich dem Vater, wohlgefallen!
Nun, Ihr kennt ihn ja!
Hochgeehrt!
Sein Besitz ist unter Brüdern
Volle dreissig Tausend werth.
Alles ist so gut wie richtig,
Und das Eine nur ist wichtig:
Euer Wort gabt Ihr zum Pfande,
Und somit ist Alles gut.
KATHINKA.
Doch man will erst wissen, was man thut,
KRUSCHINA für sich.
Ihr zu widersprechen, fehlt der Muth.
KEZAL.
Ja, was glücklich ist im Lande,
Bracht‘ ich Alles unter’n Hut.
Recitativ.
KRUSCHINA.
Nun freilich! Den Tobias Micha kannte
Als Kind ich schon, doch wenig habe ich
Erfahren noch von seinen beiden Söhnen,
Kaum, dass ich ihrer Namen mich erinn’re.
KEZAL.
Wie seltsam! Denn vor wenig Jahren habt
Ihr ihm versprochen, Euer Töchterlein
Dem Sohn zur Frau zu geben!
KATHINKA.
Sagt doch, sagt:
Für welchen von den beiden denn bewerbt
Ihr Euch?
KEZAL.
Könnt Ihr noch fragen? Hat er ja
Nur Einen, der heisst Wenzel. Denn der Sohn
Von seiner ersten Frau ist längst verschollen,
Ja, wie man glaubt, gestorben.
KRUSCHINA:
Und was ist
Mit unserm Wenzel? Wohl nicht ohne Grund
Hält er sich fern, versteckt?
Terzett.
KEZAL.
Gekommen wär‘ er mit, wie gerne!
Doch zarte Rücksicht hält ihn ferne,
Er sieht auf Anstand, feinen Ton.
Ja, seine Tugenden und Sitten,
Sie machen überall ihn wohlgelitten,
Wohl jede Mutter wünscht sich solchen Sohn.
’s ist kein Schlemmer und kein Säufer,
Spätausgeher, Kneipenläufer,
Auch kein Prahler und kein Pracher,
Kartenspieler, Schuldenmacher,
Kein verweg’ner Messerträger,
Pascher, Schwärzer, wilder Jäger,
Auch kein Zänker
Und kein Stänker,
Läst’rer, Flucher,
Händelsucher!
Er ist wohlabgeschliffen,
Er ist leicht von Begriffen,
Nüchtern.
Schüchtern,
Fein im Ton …
Doch, das sagt‘ ich schon.
KRUSCHINA UND KATHINKA.
Wär‘ er nur gleich mitgekommen!
Staunend haben wir’s vernommen,
Und sind sehr erbaut davon.
Vierte Scene.
Marie und die Vorigen.
KEZAL.
Seht, da kommt sie sonder Ahnung!
Zeit jetzt wär‘ es zur Vermahnung!
MARIE.
Lieber Vater, liebe Mutter,
Was wollt Ihr mir sagen?
KEZAL.
Darf ich, schönstes Kindchen,
Dich wohl fragen:
Hast Du nicht daran gedacht,
Dass ich Dir was mitgebracht?
Rathe schnell, wer rathen kann! …
Einen jungen Mann.
MARIE.
Was geht mich an
Ein fremder Mann?
KRUSCHINA.
Sollst sein Weibchen sein,
Liebes Töchterlein!
KATHINKA leise zu Marie.
Willst Du aber ihn nicht haben,
Nun, so sagst Du nein!
MARIE.
Ich sein Weibchen sein?
Ei, was fällt Euch ein!?
Er mag ruhig weiter traben
Und wo anders frei’n!
KATHINKA.
Sollst sein Weibchen sein,
Liebes Töchterlein!
Willst Du aber ihn nicht haben,
Nun, so sagst Du nein!
KRUSCHINA UND KEZAL.
Sollst sein Weibchen sein,
Liebes Töchterlein!
Diesem feinen jungen Knaben
Deine Liebe weih’n!
KEZAL.
Nicht lange mehr sich zieren!
Nur keine Zeit verlieren!
Ein fröhlich Ja gesprochen,
Und Hochzeit giebt es in vier Wochen!
MARIE.
Fein langsam! Denn es eilt nicht sehr.
Ein Umstand ist dagegen,
Gewichtig, voll und schwer.
KEZAL.
Umstand hin … Umstand her …
Was ist daran gelegen!
Nein, Hindernisse giebt’s nicht mehr,
Wo meine Kräfte sich regen!
MARIE.
So muss ich bekennen?
Muss meinen Liebsten nennen?
KEZAL.
Pah! Von solchen Kindereien
Will ich Dich gar bald befreien!
MARIE.
Treue hab‘ ich ihm geschworen …
KEZAL.
Damit ist noch nichts verloren!
MARIE.
Der zur Gattin mich erkoren!
KEZAL.
Laufen lass den armen Thoren!
MARIE.
Ihm gehören Herz und Hand.
KEZAL.
Das war eitel Spiel und Tand!
Wozu hätte ich Verstand?
Dafür bin ich ja bekannt!
Und zum Ziele wird gelangen,
Wer die rechte Strasse fand.
MARIE, KRUSCHINA, KATHINKA.
Ja, zum Ziele wird gelangen,
Wer die rechte Strasse fand.
Recitativ.
MARIE.
Mit Hans bin ich vereinigt, denn wir haben
Uns ew’ge Treue heute noch gelobt!
KRUSCHINA mit gewaltsamer Energie.
Was? Ohne Vorspruch und Bewilligung?
Ich, als der Vater, sage: Nein!
Zu Kathinka, sich gleichsam entschuldigend.
Ich steh‘
Dem Micha doch im Wort, sie seinem Sohn
Zu geben.
KATHINKA.
O, wie ungeschickt von Dir,
Dass Du’s versprochen hast!
KEZAL zieht ein Papier hervor.
Ja, schwarz auf weiss!
Hier steht es Alles deutlich, unterschrieben
Von den Parteien und den Zeugen auch.
MARIE.
Nur ich bin nicht dabei!
Schlägt ihm das Papier aus der Hand.
Und also gilt
Es nichts! Was ich gesagt, ist meine Meinung
Und soll es bleiben!
Ab.
KEZAL.
Darauf war ich nicht
Gefasst!
KRUSCHINA.
Von Euch war es ein grosser Fehler,
Allein zu kommen! Warum habt Ihr uns
Den Wenzel nicht gleich mitgebracht? Er hätte
Bei seiner Braut sich vorgestellt zum Mind’sten.
KEZAL.
Ja freilich! Doch er war nicht zu bewegen.
Er ist verzagt und schüchtern, des Verkehres
Mit Weibern gänzlich ungewohnt.
KRUSCHINA.
Dann wird es schwerlich etwas werden.
KEZAL.
Hört,
Was ich Euch rathen will: Das Beste wäre,
Ihr sprächet Euch jetzt einmal gründlich aus
Mit Vater Micha in dem Wirthshaus dort!
Man stört Euch nicht, denn Alles läuft zum Tanze.
Mit Hans will ich inzwischen reden, ich
Krieg‘ ihn herum!
Sie gehen nach verschiedenen Seiten ab.
Finale.
Fünfte Scene
Das Landvolk versammelt sich vor dem Wirthshause, die Aelteren setzen sich an die Tische und trinken; die Jüngeren bereiten sich zum Tanz vor. Tanz und.
CHOR.
Durch die Reihen
Hinzufliegen!
Sich zu Zweien
Anzuschmiegen!
Herz am Herzen
Fühlt man schlagen,
Unter Scherzen
Fortgetragen!
Frohe Weise,
Laut und leise
Sollst Du geben
Neues Leben!
Ging‘ es, wie es uns gefällt,
Tanzte mit die ganze Welt!
Violin‘ und Clarinette
Jauchzen trillernd um die Wette
Selbst dem alten Rumpelbass
Macht das tolle Wesen Spass.
Ende des ersten Actes.
Zweiter Act.
Wirthsstube.
Erste Scene.
Hans, mit jungen Landleuten, sitzt am Tisch auf der einen, Kezal auf der anderen Seite der Stube. Sie trinken Bier.
CHOR.
Wie schäumst Du in den Gläsern, edler Gerstensaft!
An Dir trinkt sich ein Jeder Feuer und Kraft!
Dich preisen die Jungen und Alten.
Heissassa!
Wenn wir bei’m Biere sitzen, Mann gereiht an Mann,
Was geht uns das Andere weiter noch an?
In Gnaden wird uns Gott erhalten!
Heissassa!
HANS steht auf.
Ihr Freunde, wohl stimm‘ ich von Herzen mit ein,
Doch denk‘ ich dabei auch an das Liebchen mein.
Denn das allein ist Himmelslust auf Erden:
Zu lieben und geliebt zu werden!
CHOR.
Aus Liebe verlierst Du den Kopf noch, Du Thor!
Auf Kezal anspielend.
Sieh‘ lieber beizeiten vor Dem da Dich vor!
KEZAL steht ebenfalls auf.
Was hilft die Liebe Dem, der Hab‘ und Gut verlor‘!?
Zuverlässig ist nur Eines,
Und das ist das baare Geld!
Armer Schlucker, hast Du keines,
Dann verlacht Dich alle Welt!
Erhebt das Glas.
Hoch das baare Geld!
HANS erhebt das Glas.
Mein Mädchen ist’s, die mir gefällt!
Mädchen treten nach und nach herein und betheiligen sich an dem Tanze nach dem Trinkliede.
CHOR.
Wie schäumst Du in den Gläsern, edler Gerstensaft,
An Dir trinkt sich ein Jeder Feuer und Kraft!
Dich preisen die Jungen und Alten.
Heissassa!
Tanz Furiant.
Nach dem Tanze ziehen die Mädchen die jungen Leute aus der Wirthsstube Alle ab.
Zweite Scene.
WENZEL schüchtern eintretend.
Theu‘ … theurer Sohn,
Sprach Mütterlein,
Zeit ist es schon
Für Dich zu frei’n!
Fa … fass‘ Dir Muth
Und sei ein Mann:
Was Jeder thut,
Ist wohlgethan.
Si … sicherlich,
Kehrt‘ ich nach Haus,
La … lachte mich
A … alles aus.
Dritte Scene.
Marie und Wenzel.
Beide lachen laut, wie sie sich erblicken.
Recitativ.
MARIE.
Seid der Verlobte Ihr von Kruschina’s
Mariechen nicht?
WENZEL erst erschreckt, dann zutraulicher.
A … allerdings, mein schö …
Schö … schönes Kind, der bin ich.
MARIE.
Hab‘ ich’s Euch
Doch angesehen!.. Nein, wie hübsch Ihr seid!
Die Mädchen alle hier im Dorfe schon
Beklagen Euch.
WENZEL ängstlich.
Beklagen mich? Warum?
MARIE.
Euere Braut – ich sag’s Euch – meint’s nicht ehrlich.
’nen Andern liebt sie!
WENZEL einfältig.
Ka … ka … kann sie lieben
Denn einen Anderen? Ich bin ja da!
MARIE lacht.
Haha! Kennt sie Euch denn, und kennt Ihr sie?
WENZEL.
Ke … kennen? Nein. Do … doch sie weiss, dass ich
Ihr Ga … Ga … Gatte werde!
MARIE.
Mag wohl sein,
Und eben d’rum lacht sie Euch aus! Sie wird
Euch schmäh’n, Euch hintergeh’n, Euch quälen bis
Zu Tode.
WENZEL entsetzt.
Wa … was sagst Du da? Doch wenn
Die Mutter haben will, dass ich sie nehme!
Heirathen mu … mu … muss ich nun einmal!
MARIE.
Ei, freilich, warum nicht? Das sollt Ihr auch!
Kokett.
Es giebt ja hier noch and’re Mädchen! – Sucht
Euch eine aus!
WENZEL erleichtert.
Ich will’s!
Duett.
MARIE.
Ich weiss Euch einen lieben Schatz,
Den Mancher schon begehrt,
Ein schönes Mädchen, hier am Platz,
Die lange Euch verehrt.
WENZEL froh.
Wär’s möglich wohl? Versteh‘ ich recht?
Ein schönes Kind? Das wär‘ nicht schlecht!
Jedoch Mariechen wird sich grämen.
MARIE immer überlegen und doppelsinnig.
Die wird sich schon den Andern nehmen.
WENZEL.
Doch mein Mütterlein,
Das wird Zeter schrei’n.
MARIE.
Sie wird mit Eurer Wahl zufrieden sein.
WENZEL.
Ist schön die Andre?
MARIE.
Gerade wie Mariechen.
WENZEL.
Und jung an Jahren?
MARIE.
Gerade wie Mariechen.
WENZEL.
Doch will sie mich denn auch zum Mann?
MARIE.
Wenn ohn‘ Euch sie nicht leben kann!
Verzichtet auf Marie,
Sonst geht zu Grunde sie,
Die Tag und Nacht
An Euch gedacht!
Sie thut, als ob sie weine.
WENZEL gerührt.
Wei … wei … weinen seh‘ ich Dich?
MARIE.
Ach, ihr Loos bekümmert mich!
WENZEL schwankend.
Ich darf es ja nicht,
Mich bindet die Pflicht!
MARIE vorwurfsvoll.
So grausam fand ich Keinen!
Vor Gram um Euch zehrt sie sich auf,
Ihr aber lasst sie weinen.
WENZEL rathlos.
Wer sagt mir, was ich thu‘?
Schüchtern.
Ja, wäre sie wie Du,
Dann …
Entschlossen.
nur immerzu!
MARIE kokettirend.
So wie ich? Wollt Ihr sie so?
WENZEL.
Ja, ja, grade so.
MARIE.
Macht‘ Euch meine Liebe froh?
WENZEL.
Ja, sie macht mich froh.
MARIE innig.
Dem halt‘ ich Treue bis an’s Grab,
Den ich in’s Herz geschlossen hab‘!
Bestimmt.
Was ich jetzt Euch sage, höret:
Ihr beschwöret,
Dass Ihr fest entschlossen seid,
Von Marie Euch loszusagen,
Jetzt und alle Zeit!
WENZEL misstrauisch.
Nu … nu … nur nicht schwören!
Da … das geht zu weit!
MARIE scheinbar gekränkt.
Ihr wollt nicht? Gut, lasst es sein!
Eure Lieb‘ ist wahrlich klein.
Möget Ihr es nie bereuen,
An Marien’s Seite Euch
Eures Lebens freuen!
Thut, als wolle sie gehen.
WENZEL sie zurückrufend.
Ha … ha … halt! Ich schwöre ja!
MARIE den Schwur vorsprechend.
Was geschieht und was geschah,
WENZEL nachstammelnd.
Ge … geschieht und ge … geschah …
MARIE.
»Niemals komm‘ ich mehr ihr nah,«
WENZEL.
Me … mehr ihr na … na … nah …
MARIE.
»Und für mich ist sie nicht da!«
WENZEL.
Sie … sie … sie nicht da … da … da.
MARIE.
Ich weiss Euch einen lieben Schatz,
Den Mancher schon begehrt,
Ein schönes Mädchen hier am Platz,
Die lange Euch verehrt!
WENZEL.
Wär’s möglich, und versteh‘ ich recht?
Du ha … ha … hast mein Herz bekehrt.
Er will sie umarmen; sie entzieht sich ihm und läuft lachend davon. Wenzel hinter ihr her.
Vierte Scene.
Hans und Kezal.
KEZAL zieht Hans herein.
Komm‘, mein Söhnchen, auf ein Wort!
Will Dir was vertrauen!
HANS sträubt sich.
Lasst mich gehen, ich muss fort,
Auf die Felder schauen!
KEZAL.
Weisst Du denn nicht, wer ich bin?
HANS.
Ja, man sagt‘ es mir vorhin;
Und wonach steht Euer Sinn?
KEZAL.
Bist gescheidt, flink und gewandt,
Magst zu Vielem taugen,
Einem Mädchen, wie bekannt,
Stachst Du in die Augen.
Hast Du auch Vermögen?
HANS.
Meinetwegen Sorgen gar?
Steht in Gottes Segen
Doch ein jedes treue Paar!
KEZAL.
Thorheit! Das liegt auf der Hand:
Dass Dein Glück nicht von Bestand!
Ohne Geld ist alles Tand.
Drum ein Sümmchen sparen!..
Hab‘ es selbst erfahren
Einst in jungen Jahren.
Verlegenheitspause.
Eines noch
Sag‘ mir doch:
Gern hätt‘ ich vernommen,
Wo Du hergekommen?
HANS.
Weit von hier
Wohnen wir.
Von der Moldau Wogen
Bin ich hergezogen.
KEZAL.
Dort sollst Du Dein Weibchen finden!
In der Fremde sich zu binden,
Thut nicht gut, das glaube mir!
HANS.
Was ich in der Fremde fand,
Bietet mir kein Heimathland.
Einen Engel nenn‘ ich mein,
Und der soll mein Weibchen sein!
KEZAL.
Wer in Lieb‘ entbrannt,
Hält aus Unverstand
Weiber für Engel,
Meint in Schwärmerei,
Dass sein Mädchen sei
Ganz ohne Mängel.
Ja, so manches Schätzchen
Ist ein Schmeichelkätzchen,
Das mit Sammetpfötchen Dich umspielt;
Aber, wie entsetzlich,
Wenn man später plötzlich
Ihre scharfen Tigerkrallen fühlt!
Einer sorgt und sinnt
Um ein schönes Kind,
Bis er sie gewinnt,
Und das Glück ist gross;
Leider hinterher
Seufzt er bang und schwer:
Du, mein Gott und Herr,
Wär‘ ich sie erst los!
Doch ein Praktikus
Stets sich wohl bewahrt;
Vielerlei Verdruss
Bleibt ihm dann erspart.
Nichts schlägt ihn darnieder,
Weil das Für und Wider
Er zuvor sich weislich überlegt.
Der kann heiter scherzen,
Der nicht blos im Herzen
Seinen Schatz, nein, auch im Beutel trägt!
Was ist Dir geblieben?
Freund, hab‘ Acht!
Froher Sinn und Lieben
Gute Nacht!
HANS unwirsch.
Bin ich dafür Dank Euch schuldig?
Treibt mit Andern Euren Spass!
KEZAL.
Freundchen, nur nicht ungeduldig!
Dir zu bieten hab‘ ich ‚was.
Weiss ich doch Eine,
Die hat Dukaten!
Wer die Kleine
Nennt die Seine,
Der ist gut berathen.
Nicht zu verschweigen,
Was noch ihr Eigen!
Jegliches Hoffen –
Ich sag‘ es offen –
Will’s übersteigen!
Häuschen und Garten,
Vieh aller Arten!
Milchende Kühe
Lohnen der Mühe!
Schweinchen im Koben
Höchlich zu loben!
Hühner und Tauben,
Gar nicht zu glauben!
Tröge und Wannen,
Krüge und Kannen,
Und in der Truhe
Kleider und Schuhe!
Und obendrein
Ein nagelneuer Schrein!
Dürfte kein Prinz sich schämen,
Möchte sich gleich bequemen,
Solch‘ eine Braut zu nehmen,
Würde gar wohl mit ihr zufrieden sein!
HANS der Alles ironisch wiederholt hat.
Wohl seh‘ ich’s ein,
Doch sag‘ ich: Nein!
Recitativ.
KEZAL.
Gieb doch die dumme Liebschaft auf! Es soll
Dich nicht gereuen! … Willst Du?.. Ohne Faxen:
Ich lass‘ es hundert Gulden kosten mich.
HANS.
Nur hundert Gulden? So viel also gälte
Ein solches Opfer Euch!? Nein, lieber Herr,
Das nehm‘ ich nicht!
KEZAL eifrig.
Mein’thalb‘ das Doppelte!
HANS.
Was Euch nicht einfällt!
KEZAL.
Na, dreihundert Gulden!
Doch eilig zugegriffen, dass die Sache
Einmal zum Ende kommt! … Wie? Du zögerst
Noch immer?
Drohend.
Hüte Dich! Ich habe hier
Sehr gute Freunde; sag‘ ich nur ein Wort,
Bringt man Dich weg von hier per Schub! Sodann
Hast weder eine Braut Du, noch’nen Kreuzer!
HANS.
Und wer giebt die versproch’ne Summe her?
KEZAL.
Ich! Ich!
HANS stellt sich erstaunt und ungläubig.
Ihr? Etwa für Euch selbst? Euch liess‘ ich
Das Mädchen nicht, um keine Million!
KEZAL.
Was für ein Einfall! Ich bin längst versehen,
Hab‘ an der Meinen auch genug schon! – Weisst
Du nicht, dass ich vermitt’le für den Sohn
Tobias Micha’s nur? Wir setzen auf
Ein kleines Schriftstück, Du bekommst Dein Geld …
Dann aber, mach‘ Dich auf den Weg!
HANS.
Nun, also,
Sei’s d’rum! Es ist ein schönes Geld! Habt Ihr
Gezahlt, dann ist in Ordnung Alles.
Zögernd.
Doch
Noch Eins beding‘ ich aus: Kein Anderer
Darf sie bekommen, die Marie, als
Der Sohn Tobias Micha’s! Andernfalls
Gilt der Vertrag für nichts!
KEZAL.
Ganz selbstverständlich!
Das will ja ich! Kein And’rer soll sie haben
Als Micha’s Sohn.
HANS.
Nur unter der Bedingung
Setz‘ ich den Namen hin; denn keinem Andern
Tret‘ ich sie ab. So laut‘ es deutlich im Vertrage!
KEZAL.
Gleich will ich schreiben den Vertrag und auch
Die Zeugen schnell beschaffen!
HANS.
Ferner bitt‘ ich,
Ausdrücklich sei vermerkt: sobald
Als meine früh’re Braut und Micha’s Sohn
Die Hände sich gereicht zum Ehebunde,
Darf Micha von Mariens Vater nicht
Des Geldes Rückbezahlung mehr verlangen.
Er trägt des Kaufes Preis allein!
KEZAL.
Das ist
Sehr klug und wohlbemerkt.
Er geht vergnügt ab.
Fünfte Scene.
HANS allein.
Armer Narr, Du glaubtest mich zu fangen?
Bist nun selber in das Netz gegangen!
Es muss gelingen!
Alles soll
Nach Wunsch und Willen gehen!
So feine Schlingen,
Schlau und toll,
Kann Liebeslist nur drehen.
Dir, Treue, Süsse,
Viel tausend Grüsse!
In wenig Stunden
Ist es gescheh’n,
Dass wir, verbunden,
Uns wiederseh’n!
Nach Wetterschlägen,
Nach Angst und Pein,
Nach Sturm und Regen
Lacht Sonnenschein,
Himmlischer Segen:
Bald bist Du mein!
Sechste Scene.
Hans. Kezal. Kruschina und Volk.
KEZAL die Neugierigen abwehrend.
Nicht zu hitzig! Ihr werdet hören
Alles, was wir abgemacht!
Den Verlauf der Sache nicht zu stören,
Haltet Ruhe, gebet Acht!
CHOR.
Ja, wir wollen ’s endlich hören!
KEZAL.
Denkt daran: Ihr müsst beschwören,
Ob es richtig zu Papier gebracht!
Was hier steht, lasst mich berichten:
Liest.
»Auf die Braut will ich verzichten« ..
CHOR sich um Kezal drängend.
Ja, so steht’s! Was für Geschichten!?
Auf die Braut will er verzichten!?
HANS zeigt auf das Papier und liest.
»Doch zu Gunsten keines Andern,
Als des Sohns des hochverehrten,
Wackeren Tobias Micha!«
KEZAL.
Ja, des Sohns Tobias Micha’s.
HANS wie oben.
»Wenn er sie von Herzen liebt,
Wenn er treu sich ihr ergiebt,
Wenn vor Zeugen er beschwört,
Dass nur ihr sein Herz gehört.«
KEZAL.
Ganz genau so steht’s geschrieben.
Ueberzeugt Euch, meine Lieben!
Er lässt die Umstehenden in den Vertrag sehen.
CHOR.
Nicht versteh’n wir, was geschehen!
KRUSCHINA zu Hans.
Dankbar sollst Du stets mich sehen!
Gott sei Lob, wir sind so weit!
Weg ist jede Schwierigkeit.
KEZAL.
Ja, Gottlob, wir sind im Reinen!
Etwas noch will wichtig scheinen!
Zu Kruschina.
Braucht ihm weiter keinen Dank zu schulden,
Denn ich zahl‘ ihm baar dreihundert Gulden.
Um diesen Preis, so steht’s allhie,
Verkauft er die Marie!
CHOR.
Ha, wie schändlich, zu verschachern
Seine Braut!
KRUSCHINA.
Dass er auf das Geld nur schaut –
Frei will ich es Euch gestehen, –
Hätt‘ ich ihm nicht zugetraut!
KEZAL.
Punctum, satis. So geschehen
Nach Gesetzeslaut.
Unterschreibt nun!
Zu Hans.
Du zuerst.
Hier, mein Lieber! Dann die Zeugen!
HANS.
Hier mein Nam‘:
Unterschreibt.
Hans Ehrentraut.
CHOR.
Er verkaufte seine Braut!
O Schande!
Ende des zweiten Actes.
Dritter Act.
Decoration wie im ersten Act.
Erste Scene.
WENZEL allein.
Sehr niedergeschlagen.
Wa … was ich mich betrübe!
Schwie … schwierig ist die Liebe!
Kä … Kämpfe mich bedrohen!
Mä … Mädchen ist entflohen!
Sche … schelten wird die Mutter!
He … Herz ist weich wie Butter!
We … Wenzel, weh‘ Dir, Armer!
Hi … hilf, Du, mein Erbarmer!
Zweite Scene.
Wenzel, Springer und Esmeralda, Statisten.
SPRINGER ruft aus.
Dem nie genug verehrten Publikum
Wird unterthäniglichst bekannt gemacht,
Dass heut‘ Nachmittag eine Vorstellung
Zwei- und vierbeiniger Celebritäten
Von seltener Niedagewesenheit
Schlag drei Uhr pünktlich vor sich gehen wird,
Theils auf der Erde, theils auch in der Luft.
Besond’re Zierden der Gesellschaft sind:
Fanfare.
Vorerst die wunderschöne Esmeralda,
Gebor’ne Spanierin aus Napagedos,
»Die Königin des Drahtseils«, »Tochter der Luft« –
Springt auf Verlangen über ihren Schatten.
Fanfare.
Sodann der Indianerhäuptling Murru,
Gefangen auf der Insel Bummerang,
Die hunderttausend Meilen weit entfernt,
Waschecht und braun bei Sonnenschein und Regen,
Von Haus aus Kannibal‘ und Menschenfresser. –
Er thut Euch nichts! – Jetzt frisst er nur noch Hühner
Und Tauben – die man mitzubringen hat! –
Mit Haut und Haar und schluckt nebstbei auch Gabeln.
Fanfare.
Doch das Erstaunlichste von Allem kommt
Zuletzt: »Das Wunder der Dressur!« Ein grosser
Lebend’ger Landbär aus Amerika,
Den ich mir selbst gezähmt. Mit Esmeralda
Tanzt er ein Pas de deux wie im Ballet,
Geht auf den Zeh’n und hüpft auf einem Bein.
Damit man sehe, dass ich nicht zuviel
Gesagt, so finde gleich die Probe statt.
Das Weit’re folgt dann … He! Hollah! Fangt an!
Tanz und Produktion der Komödianten, die dann abziehen, das Volk hinter ihnen her.
Recitativ.
WENZEL der Esmeralda mit Entzücken bewundert hat.
Ei, ei, ei, ei, wie rei … rei … reizend! Was
Die Spa … pa … panierin für Füsschen hat!
ESMERALDA zu Wenzel.
Kommt wohl der schöne Herr heut‘ Mittag auch?
WENZEL.
Versteht sich! Wenn Ihr auf dem Seile tanzt,
So will ich kommen!
MUFF, DER INDIANER kommt eilig und erschreckt.
Director! Herr Director!
Sagt‘ ich es doch: ein Unglück giebt’s! Der Michel
Hat sich betrunken, vollständig betrunken!
Im Wirthshaus liegt er unterm Tische da
Und rührt sich nicht! Und Keinen sonst, der uns
Den Bären spielt, besitzen wir!
SPRINGER.
Den Teufel!
’s ist unsre beste Nummer!
Für sich.
Was zu thun?
Nein, ohne Bären geht’s nun einmal nicht!
Sonst prügeln uns am End‘ die Bauern durch …
Mein Künstlerruf steht auf dem Spiel dabei.
Laut.
Lauf‘ nur und such‘ mir einen Andern. Irgend
Ein Bursche find’t sich schon.
MUFF.
Es ist vergebens,
Besehen hab‘ ich Alles. Keiner ist,
Der passte: Der zu dick und der zu dünn,
Einer zu gross, ein Anderer zu klein!
In’s Fell will Niemand auch hinein, und Zeit
Ist weiter nicht mehr zu verlieren, sollen
Wir fertig sein!
SPRINGER.
Was meinst Du, Esmeralda?
WENZEL.
Der die ganze Zeit über Esmeralda mit verliebten Blicken betrachtet hat.
Das wär‘ ein Mädchen, die … die mir gefällt,
So schön! We … wenn ich die zur Frau bekäme!
Beneiden sollte mich das ganze Dorf!
ESMERALDA ihn ermuthigend.
Was seht Ihr mich so an? Gelt ja, Ihr habt
Noch eine Frage?
WENZEL verschämt.
Kö … kö … könntet Ihr
Mich lieben wohl?
MUFF.
Der Wenzel mit Kennerblicken gemustert hat, zu Springer.
Ei, seht mir doch: dem sässe
Das Bärenfell so trefflich, dass man schwört‘,
Es sei für ihn gemacht!
SPRINGER.
So geh‘ und ruf‘ die
Vorstellung aus! Und Den da nehm‘ ich gleich
Hier in die Arbeit.
Der Indianer ab.
Zu Wenzel.
He, mein Theuerster!
Liebt Ihr sie, meine Esmeralda, dann
Den Segen geb‘ ich Euch! Ihr tretet gleich
Bei meiner Truppe ein; mit Esmeralda
Sollt Ihr noch heute tanzen!
WENZEL froh bestürzt.
Ta … ta … tanzen!?
Traurig.
Ach, tanzen ka … ka … kann ich nicht!
ESMERALDA.
Gar leicht
Lehrt Euch die Liebe, was Euch etwa fehlt.
WENZEL beglückt.
Die Liebe! Lasst doch hören!
SPRINGER.
Euch erwartet
Vergnügtes Leben: immer frisch und lustig!
Von früh bis Abends singen, scherzen, springen!
Heut‘ hier und morgen dort! Und angeseh’n
Sind allenthalben wir als Künstler! Ja,
Den Stand der Komödianten nennt man wohl
Den Stand der Stände auch, malum malorum,
So heisst es auf Lateinisch! Komödie wird
Gespielt allüberall, nicht im Theater nur,
Ja, manchmal besser noch und täuschender
Im Leben, aber nicht so heiter, harmlos,
Als wie bei uns!
ESMERALDA.
Wie? Ihr bedenkt Euch noch?
Fasst Euch ein Herz! Die Liebe reiche Euch
Den ersten Lorbeer!
SPRINGER.
Was kann Euch geschehen?
Ihr seid ja nicht gebunden! Eine Probe …
Und heute nur!
ESMERALDA.
Lasst Ihr umsonst mich bitten?
Ach, mein Geliebter, thätet Ihr’s, ja dann …
Wär‘ ich die Eure!
WENZEL bekommt Lust.
Wa … was soll ich machen?
ESMERALDA.
Tanzen!
WENZEL.
Ta … tanzen, kann ich’s denn?
ESMERALDA.
Ich will’s
Euch zeigen: beide tanzen wir zusammen!
WENZEL.
Doch die Mu … Mutter!
ESMERALDA.
Die erkennt Euch nicht!
Duettino.
ESMERALDA UND SPRINGER.
Alles geht am Schnürchen,
Da man Dich nicht quält,
Hab‘ ein hübsches Thierchen
Für Dich ausgewählt.
Prinz im Märchen,
Braunes Bärchen
Sollst Du sein!
Das verstehst Du,
Artig gehst Du,
Schmuck und fein!
Freundlich musst Du nicken,
Denn Du bist in mich verliebt!
Hold und zärtlich blicken …
’s wird ein Spass, wie’s keinen giebt!
Alles geht am Schnürchen,
Da man Dich nicht quält,
Hab‘ ein hübsches Thierchen
Für Dich ausgewählt.
Esmeralda und Springer ab. Sie winken Wenzel nachzukommen.
Dritte Scene.
Wenzel. Gleich darauf Micha. Agnes und Kezal.
Recitativ.
WENZEL.
A … ach, wie wird es mir ergehen? Alle
Die schönen Mädchen, sie entbe … be … brennen
Für mich in Liebe.
Er übt sich im Tanzen.
AGNES.
Endlich sieht man Dich!
Was treibst Du denn? Bist Du von Sinnen? Komm‘
Jetzt mit uns, damit wir zu dem niedlichsten
Bräutchen des Dorfs Dich führen!
WENZEL.
Lasst mich gehen!
AGNES.
Nimm doch Vernunft an! Vater und ich, wir haben
Geordnet Alles. Zeit wird es nun endlich,
Dir ’ne verständ’ge Frau zu geben!
KEZAL.
Wenzel
Wird das hier unterschreiben, abgethan
Ist dann die Sache.
WENZEL.
Wo … wozu verpflichtet
Mich das Papier?
MICHA.
Dass Du Maria Kruschina
Zum Weibe nehmen wirst!
WENZEL.
Nei … nein! Die will
Ich gar nicht haben!
Ensemble.
AGNES, MICHA UND KEZAL.
Ha, das trifft wie ein Donnerschlag!
Ich weiss nicht, trau‘ ich meinen Ohren?
So sage mir doch, Wenzel, sag‘,
Wo hast Du den Verstand verloren?
WENZEL.
Das Schicksal kenn‘ ich, das mir droht:
Sie will mich quälen bis zum Tod!
AGNES, MICHA, KEZAL.
Woher stammt diese Kunde?
O sprich, aus wessen Munde?
WENZEL.
Je … jemand, der sein Herz mir bot …
AGNES, MICHA, KEZAL.
Der feindlich Deinem Bunde.
WENZEL.
O nein, o nein!
Ein rei … rei … reizend Mägdelein.
AGNES, MICHA, KEZAL.
Was machte Dir das Mädchen weis?
WENZEL.
Sie sagt‘ es mir, sie liebt mich heiss!
AGNES.
Und kennst Du sie?
WENZEL.
Ach nein!
Läuft davon.
AGNES, MICHA, KEZAL.
Das sind verwünschte Dinge!
Man legt‘ ihm eine Schlinge!
Drum, wie ich zur Vernunft ihn bringe,
Soll meine Sorge sein.
Vierte Scene.
Marie. Kruschina. Kathinka und die Vorigen.
Später Wenzel.
MARIE stürzt herein, Kruschina und Kathinka hinter ihr her.
Nein, nein, nein!
Es ist erlogen!
Sie lästern, schreien,
Uns zu entzweien!
Sie lästern, schreien,
Mein Liebster habe mich betrogen.
KRUSCHINA.
Die Arme zweifelt noch!
KEZAL.
Komm‘ her und schaue doch!
KRUSCHINA.
Er gab Dich schamlos preis.
KEZAL.
Hier steht es schwarz auf weiss!
Zeigt das Papier.
Ja, um dreihundert Gulden
Verkauft‘ er seine Braut.
MARIE.
Wer hätte das ihm zugetraut!?
Weinend.
Gott mög‘ es ihm verzeih’n!
Hab‘ ich verdient so tiefe Schmach?
Noch immer klingt es in mir nach:
»Ja, Dein bin ich allein!«
KRUSCHINA.
Sei ruhig, armes Kind,
Vergiss den Sausewind!
Nimm einen Besser’n Dir,
Der rein und treu gesinnt!
KEZAL.
Hier unterschreib‘ geschwind!
Wenzel ist im Hintergrunde wieder sichtbar.
Nun, Wenzel, schnell herbei!
KATHINKA.
Mein Kind, Du musst Dich fassen,
Es sei nun, wie es sei!
MARIE.
Und hat er mich verlassen,
Ich bleibe dennoch frei!
Vertrauern will ich meine Zeit
In stiller Einsamkeit!
DIE ANDERN.
Wohl in Vergessenheit
Wird Dir entschwinden bald Dein Leid!
KEZAL erblickt Wenzel und ruft.
He, Wenzel! He, mein Wenzelchen!
Lass fahren Deine Blödigkeit!
WENZEL kommt hervor, ärgerlich.
Was giebt es denn schon wieder?
Erblickt Marie, freudig erstaunt.
Die, die, die sprach ich heute Morgen!
Nu … nun ist nichts mehr zu besorgen!
KATHINKA, AGNES, KRUSCHINA, MICHA, KEZAL.
Weiss ich doch nicht wo und wie?
Sprach er wirklich mit Marie?
WENZEL.
Ja, heut‘ Morgen in der Früh‘!
Ich gefiel‘ ihr, sagte sie.
KATHINKA, AGNES, KRUSCHINA, MICHA, KEZAL.
Das ist ja das Bräutchen,
Das Dir zugedacht!
WENZEL.
Dann ist’s abgemacht!
KEZAL.
Nicht lange mehr geplaudert,
Gezweifelt und gezaudert,
Jetzt sind am Ziele wir!
MARIE.
Ich bitte, nur ein Weilchen
Lasst noch allein mich hier!
KATHINKA, AGNES, KRUSCHINA, MICHA, KEZAL.
Noch ein Weilchen, Marie,
Bedenk‘ es Dir!
Aber bald dann kommen
Wieder wir!
Deinen Willen
Zu erfüllen,
Lassen wir Dich hier.
Bleibt doch Dein Lebensglück
In Deiner Hand,
O, weis‘ es nicht zurück,
Wenn Du’s erkannt!
MARIE.
Es bleibt in meiner Hand,
Es bleibt bei mir!
Alle ab ausser Marie.
Fünfte Scene.
Marie allein.
MARIE.
Endlich allein!
Allein mit mir, mit meinem Grame!
Noch immer kann ich es nicht glauben,
Steht auch dabei sein Name! …
Was hier noch leise für ihn spricht,
Ich darf es hören nicht.
War seine Liebe nur ein Wahn?
Wehe mir Armen!
Was hab‘ ich ihm gethan?
Träumerisch.
Wie fremd und todt ist Alles umher,
Und war so traut, voll Leben!
Die Welt hat keine Freuden mehr,
Ich muss mich d’rein ergeben.
O Lenz, Dein buntes Blumenkleid,
Wie welk ist es geworden!
Der böse Herbst kam vor der Zeit
Einhergeweht von Norden …
Wie erwachend.
Nein! Alles ist noch, wie es war
Und will nur anders scheinen,
Weil trübe ward mein Augenpaar
Vom Weinen.
Du Maienzeit, wie warst Du schön
Mit Deinen frischen Trieben!
Ade nun, helles Lustgetön!
Ade, Du junges Lieben!
Sechste Scene.
Marie. Hans.
HANS stürmt fröhlich herein.
So find‘ ich Dich, Feinsliebchen, hier,
Mein Sehnen, mein Verlangen?
O sprich, erzähle, wie es Dir
Inzwischen ist ergangen!
MARIE.
Hinweg! Nicht bin ich mehr Dein Lieb,
Lass‘ Deinen schlechten Scherz!
Erst stahlst Du mir, ehrloser Dieb,
Und dann verkauftest Du mein Herz!
Sag‘, ist es Wahrheit oder nicht?
Ein Wort allein:
Ja oder nein!
HANS ubermüthig.
So einfach geht es schwerlich an!
MARIE.
Ich will nur Antwort, falscher Mann!
Sag‘, warst Du so abscheulich?
HANS wie vorher.
Nun ja doch, freilich, freilich!
MARIE.
Von Reue zeigst Du keine Spur,
Genug hab‘ ich vernommen!
HANS zärtlich, schalkhaft.
O Du Geliebte, lass‘ mich nur
Einmal zu Worte kommen!
MARIE.
Mit uns’rer Liebe
Ist’s aus nun, merk‘ Dir das!
Ich nehme mir den Wenzel!
HANS lacht.
Ha, ha, ha, ha!
Das ist wahrhaftig
Ein höchst gelung’ner Spass!
MARIE zornig.
Ha, Spott ist meiner Liebe Lohn?
HANS immer lachend.
Ich muss Dir was erzählen,
Zwar stimmt’s nicht zu dem Trauerton …
MARIE unterbricht.
Ich lass‘ mich nimmer quälen.
HANS.
Mein lieber Schatz, nun aufgepasst.
Ich geb‘ Dir was zu hören!
Nur gönne mir ein wenig Rast
Und wolle mich nicht stören!
Mein lieber Schatz, nun aufgepasst,
Ich geb‘ Dir was zu hören!
MARIE.
Ein Märchen wohl, von Dir verfasst,
Um Dich herauszuschwören?
Ich weiss, was Du verbrochen hast,
Du wirst mich nicht bethören …
Ein Märchen wohl, von Dir verfasst,
Um Dich herauszuschwören?
Siebente Scene.
Kezal und die Vorigen.
Recitativ.
KEZAL.
He, Hans! Du möchtest wohl Dein Geld schon haben?
Warte nur noch ein Bischen hier!
Giebt die Marie mir ihre Unterschrift,
Erhältst Du, was Dir zukommt!
MARIE.
Ha!
Der glatte Heuchler!
KEZAL zu Marie.
Nun, und Du? Nimmst Du
Dafür zu Deinem Mann des Micha Sohn?
HANS.
Ja, das verbürg‘ ich Euch! Sie wird ihn nehmen.
Kein Anderer als er soll sie bekommen.
So ward es abgemacht!
KEZAL scherzend.
Und so ist’s recht.
Du Heirathsmittler!
MARIE.
Nichts da! Er lügt Euch an!
Nein, sag‘ ich, nein, nein! Nun und nimmermehr!
Und stürb‘ ich d’rum hier auf der Stelle!
HANS.
Was wollt Ihr wetten, dass sie’s dennoch thut?
Wenn ich es will, so nimmt sie Micha’s Sohn!
MARIE.
Wie? Hans?! Und dazu wolltest Du
Im Ernst mich bringen? Solch‘ ein Ungeheuer
Gab’s auf der Welt noch nie! Du Teufel, Du!
Terzett.
HANS.
Gesegnet, wer da liebt und auch vertraut!
Kein Zweifel trübt sein Glück.
Bald kehret Dir, verkaufte Braut,
Was Du verlorst, zurück!
Es liebt Dich jenes Micha Sohn
Wie keiner sonst auf Erden,
Für Deine Treue Dank und Lohn
Kann Dir von ihm nur werden!
MARIE.
Ein Schmeichler und ein Heuchler so
Macht hier sein Meisterstück!
KEZAL.
Das ist ein zweiter Salomo!
Für sich.
Oder ein Galgenstrick!
Jetzt rufen wir die Eltern her,
Dazu die andern Zeugen!
Nun kommt mir nichts mehr in die Quer‘,
Der Himmel hängt voll Geigen.
Geht ab.
MARIE ergeben.
Ich habe keine Wünsche mehr
Und will in’s Joch mich beugen,
Mein Sinn ist trüb‘, mein Herz ist schwer,
Was kann ich thun als schweigen?
HANS.
Die Alten, ja, das freut mich sehr!
Willkommen sind die Zeugen,
Und käme gleich ein ganzes Heer,
Was mein ist, bleibt mein Eigen!
Zu Marie.
Des Micha Sohn wird doch Dein Mann!
MARIE.
Nur fort! Ich schaue Dich nicht an!
Achte Scene.
Finale.
Agnes. Kathinka. Kruschina. Micha. Kezal. Chor und die Vorigen.
CHOR.
Kommen wir gerne, so kommen wir gleich!
Aber Mariechen, weshalb so bleich?
MARIE für sich.
So räch‘ ich mich für den Verrath!
Er soll mich nimmer äffen!
Um was er höhnisch erst mich bat,
Ich thu’s, um ihn zu treffen!
Laut, mit Anstrengung.
Was Ihr gewollt, das thu‘ ich gern!
CHOR.
Das Brautpaar soll leben!
Mariechen kriegt nun einen Herrn!
Der Tag der Hochzeit ist nicht fern!
HANS vortretend.
Ja, lustig wird es werden da,
Denn solch‘ ein Paar noch Keiner sah!
AGNES UND MICHA.
Was seh‘ ich? Das ist ja der Hans!
HANS.
Herr Vater und Frau Mutter auch,
Da bin ich wieder, heil und ganz!
Bin aus der Fremde heimgekehrt,
Zu gründen einen eig’nen Herd!
KEZAL.
Ei! Soll ich’s glauben oder nicht,
Was dieser Flausenmacher spricht?
Er wäre, Micha, Euer Sohn?
Der ist ja wohl gestorben schon!
HANS.
Erkannten mich die Eltern doch!
Und schätzt mich auch nicht jeder hoch,
Mit Beziehung auf Kezal und die Stiefmutter.
Das Beste ist: ich lebe noch!
AGNES.
Hier bist Du nicht am rechten Ort
Mit Deinen alten Ränken!
HANS.
Ich kann es wohl mir denken,
Gern schicktet Ihr mich wieder fort!
Doch wenn ich geh‘, dann nicht allein!
Mit Micha’s Sohn die Liebste sein:
Marie, die nun für ewig mein!
AGNES.
Das gilt nicht, weil Betrug es ist!
HANS.
Betrug nicht, nein, nur eine List;
Geschrieben ist geschrieben!
Ihr bleibt die Wahl: Den Wenzel oder mich!
Zu Marie.
Triff die Entscheidung nun und sprich:
Wen von uns willst Du lieben?
MARIE.
Hab‘ ich doch längst entschieden!
Eilt Hans in die Arme.
Ja, Dein bin ich, ja, Dein bin ich!
KEZAL.
Wer hätte das von ihm gedacht!?
Mir schwillt vor Zorn die Galle!
Um Einfluss, um Gewicht und Macht
Hat der Hallunke mich gebracht,
Ich ging ihm in die Falle!
MICHA höhnisch zu Kezal.
Lasst Euch bewundern! Ja, das habt
Ihr wirklich gut gemacht!
AGNES ebenso.
Der Wichtigthuer, hochbegabt!
Nun wird er ausgelacht!
MARIE, HANS, KATHINKA, KRUSCHINA.
Lasst Euch bewundern! Ja, das habt
Ihr wirklich gut gemacht!
CHOR.
Ha, ha, ha, ha! Er wird verlacht!
Kezal läuft wüthend fort.
Letzte Scene.
Grosser Lärm hinter der Bühne. Knaben rennen über die Bühne. Ein Knabe schreit: »Rettet Euch, der Bär ist los!« Ein Anderer: »Er rennt geradenwegs hierher!«
Wenzel und die Vorigen.
Recitativ.
WENZEL als Bär verkleidet.
Seid ohne Furcht! Ich bin kein Landbär, nur
Der We … We … Wenzel!
AGNES erbost.
Du Gimpel, was hast Du gethan? O Schande!
Schere, Du Narr, Dich weg von hier! Denn man
Verlacht uns und verspottet uns!
Sie zieht Wenzel mit sich fort.
KRUSCHINA.
Gevatter Micha, werdet selbst begreifen
Wohl, dass sein Kind man ihm verweigert! Ja,
Da ist der Hans mir lieber!
Begütigend.
’s ist Euer Blut,
Ihr seid der Vater!
KATHINKA.
Ja, Gnade hat Euch Gott verlieh’n,
Dass Ihr ihn noch bekommen,
An Eurer Stelle hätt‘ ich ihn
Mit Freuden aufgenommen!
MICHA.
Nun meinetwegen, meinetwegen!
Da habt Ihr meinen Vatersegen!
Er segnet das vor ihm niederknieende Paar.
ALLE UND CHOR.
So ist’s recht, es freut uns Alle!
Stimmet ein mit Jubelschalle!
Und von Herzen tön‘ es laut:
Vivat die »verkaufte Braut«!
Ende der Oper.