Giovanni Battista Pergolesi
Die Magd als Herrin
Intermezzo in zwei Akten
Personen
Doktor Pandolfo (Uberto) (Baß)
Zerbine (Serpina), seine Dienerin (Sopran)
Scapin, Bedienter (Stumme Person)
Die Handlung spielt im Hause des Doktors.
Erster Akt
Erste Szene
Dr. Pandolfo sitzt angekleidet vor einem kleinen Tisch, auf welchem eine Schokoladetasse steht.
Nr. 1. Arie
PANDOLFO.
Auf jemand warten
Und stets allein;
Im Bett sich dehnen
Und schlaflos sein;
Nie für die Arbeit
Des Lohn’s sich freu’n:
Die drei Plagen
Sind zum Verzagen!
Er steht auf.
Harrend, stets allein,
Wach im Bette sein,
Nie des Lohn’s sich freu’n,
O, welche Pein!
O, welche Pein!
Warten müssen,
Stets allein,
Ohne Schlaf im Bette sein,
Nie verdienten Lohn’s sich freu’n,
O, welche Pein,
O, welche Pein!
Er setzt sich wieder.
PANDOLFO.
Zum Henker! Heute macht sie mir’s zu toll!
Zwei volle Stunden wart‘ ich sehnsuchtsvoll
Auf meine Zofe mit der Schokolade.
Nein, wahrlich, die Geduld hat ihre Grade!
Gelt‘ ich, als Herr im Hause, nicht für voll?
Er ruft.
Zerbine! – He! Zerbine!
Zweite Szene
Pandolfo. Scapin kommt langsam zur Hintertür herein, geht ebenso langsam hinter den Stuhl des Doktors und bleibt stehen, ohne daß dieser ihn kommen hört.
PANDOLFO fortfahrend.
Trotz geboten
Hat sie mir nur zu oft! – Ich ließ es gehn!
Doch dazu werd‘ ich heut‘ mich nicht verstehn!
Ich will den Text ihr lesen – und nach Noten!
Sie kommt noch nicht? –
Schreit.
Zerbine!
Im Umdrehen fährt er vor Scapin zurück, der ihm mit offenem Munde ins Gesicht sieht.
Wie? – du Schuft!
Du stehst, indess‘ dein Herr sich heiser ruft,
Wie ein Laternenpfahl, ihm hinterm Rücken?
Hinaus! – kein Wort! – Zerbinen herzuschicken,
Und – auf der Stelle! – Das befehl‘ ich dir! –
Verdammter Schöps! noch immer stehst du hier?
Fort! – brich den Hals! – Du siehst, dein Herr hat Eile!
Ihm nachblickend, da er langsam abgeht.
Der Kerl ist träger als die Langeweile!
Er springt ungeduldig auf und stößt ihn zur Tür hinaus.
Hinaus! – Sein Glück, daß er fast gar nichts spricht!
Auch langsam – tut er endlich seine Pflicht!
Dritte Szene
Pandolfo allein (nachdenkend zurückkommend).
Nr. 2. Rezitativ
PANDOLFO.
Wie manches Mal
Mit freier Wahl
Schafft man sich selbst die ärgste Qual!
Ich find‘ ein junges Mädchen,
Find‘ an ihm Behagen,
Und Eltern, die mir’s nicht versagen.
Seit dieser Zeit hab‘ ich fünf Jahre schon
Als ihren Vater mich betragen.
Was wird mir dafür nun zum Lohn?
Meine Güte macht schon aller Pflicht sie vergessen!
Sie ist so trotzig! So höchst vermessen!
Sie spricht fürwahr in solchem Ton,
Als gäbe sie mir Brot zu essen!
Sie spielt hier des Hauses Patron!
All‘ dies muß Galle mir erpressen!
Vierte Szene
Pandolfo, Zerbine und Scapin. Zerbine scheint sehr aufgebracht gegen Scapin, der immer gleichmütig bleibt; sie tut, als ob sie den Doktor gar nicht bemerkte, und alles, was er sagt, nimmt sie als von Scapin gesprochen.
Nr. 3. Arie
ZERBINE.
Sei still! Nicht mehr ein Wort!
Jetzt hab‘ ich keine Zeit,
Hör‘ auf mich so zu plagen!
PANDOLFO.
So recht!
ZERBINE.
Wie oft noch soll ich dir dasselbe sagen?
Mag dein Herr sich gedulden!
Ich tu nur, was ich will!
PANDOLFO.
Ganz vortrefflich!
ZERBINE.
Ich rat‘ es dir, Scapin, sei mäuschenstill!
Nicht lange kann ich Widerspruch ertragen!
Reize mich nicht selbst, eh‘ ich’s will,
Und eh‘ du’s ahnst, dir über’s Maul zu schlagen!
Sei klug, Scapin! Ich rat‘ es dir, sei still!
PANDOLFO ganz erstaunt.
Das ist ein Satan!
ZERBINE rasch gegen Scapin gewandt.
Was war das? – Was sagst du?
Ein Satan? – Ich? – Ein solches Schmähwort wagst du?
Das geht zu weit! –
Sie will ihn ohrfeigen.
PANDOLFO hält sie zurück, gebieterisch.
Zerbine! – Halt! – Gemach!
ZERBINE sucht sich loszureißen.
Erlauben Sie! – Der Ton, in dem er sprach,
Ist unverzeihlich!
PANDOLFO auffahrend.
Was?
ZERBINE wie vorhin.
Nicht ungerochen
Bleibt solch‘ ein Wort!
PANDOLFO für sich.
Das ich dies Wort gesprochen,
Ihr zu gestehn, fühl‘ ich mich doch zu schwach!
ZERBINE sich losmachend.
Ein solcher Taugenichts! – ein solcher Gimpel
Spielt hier den Herrn?
PANDOLFO gemäßigt, doch ernst.
Er ist ein wenig simpel; –
Doch tat er jetzt nur, was ich ihm befahl.
ZERBINE tut erstaunt.
Er tat, was Sie befahlen? – Hört einmal!
Für was soll Ich denn, Ich – im Hause gelten?
PANDOLFO stutzig bei Seite.
Mein Seel! nach allem, was sie treibt und schafft,
Wird schon mir selbst die Frage rätselhaft!
ZERBINE.
Ein solcher Tölpel darf mich schmäh’n und schelten?
Gehorsam soll ich tun, was er begehrt?
O nein, mein Herr! Ich fühle meinen Wert!
Ein Mädchen ist zur Sklavin nicht geschaffen!
Erfahren soll das, wer es nicht erkennt! –
Wir sind’s, die man der Schöpfung Krone nennt!
Dies ist ein Grundsatz!
PANDOLFO wider Willen lachend.
Ja! – verliebter Laffen!
ZERBINE.
Uns Mädchen – folglich – ziemt das Regiment!
PANDOLFO wie vorher.
Ein feiner Schluß! – Der kann zum Thron euch leiten! –
Dann, meine Gnäd’ge war es freilich kühn,
Sie durch den nied’ren Auftrag zu bemühn,
Für mich die Schokolade zu bereiten!
ZERBINE.
Den Auftrag hab‘ ich Ihnen oft verzieh’n,
Und oft erfüllt! – Es kommt auf Form, auf Sitte
Bei solchem Auftrag an! – Bescheid’ner Bitte
Versagt ich’s nie, was heut‘ mir lästig schien.
PANDOLFO staunend, mit Laune.
So nehm‘ ich denn mein Frühstück für genossen! –
Scapin! – Die Tasse steht hier ohne Zweck! –
Stell‘ sie bei Seite!
Scapin sieht mit grinsendem Lachen die Tasse und den Doktor zweifelhaft an.
ZERBINE zu Scapin.
Nun? – Was lacht der Geck?
Die Zeit des Frühstücks, denk‘ ich, ist verflossen!
PANDOLFO rasch auffahrend.
Nein! Sapperment! Zu weit gehn diese Possen!
Ganz billig lacht er meine Narrheit aus! – weit gehn diese Possen!
Was? – Eine Zofe nehm‘ ich mir in’s Haus?
Und sie, voll Trotz, beim kleinsten Dienst verdrossen,
Verhöhnt mich noch? – Der Spaß ist mir zu kraus! –
Dem will ich Einhalt tun! Das ist beschlossen!
Sie nahm schon längst sich nur zu viel heraus!
Nr. 4. Arie
PANDOLFO.
Nicht Maß noch Ende kennt hier der Zank!
Bald ja, bald nein! Tag aus, Tag ein!
Man schilt sich krank!
Beständ’ger Zank sein Leben lang!
Zu Scapin.
Scapin, was meinst du? Sprich!
Bin ich ihr Narr, ich?
Ei, großen Dank!
Die Zeit erscheint,
In der man weint,
Und fleht und klagt!
Der Trotz verzagt,
Man ringt die Hände!
Man sieht zu spät sein Unrecht ein,
Man schluchzt und fleht, man wird’s bereu’n,
Scapin, nicht wahr?
So kommt’s aufs Haar!
Wie? Sprich!
Ja! So kommt’s aufs Haar!
ZERBINE wehmütig und gekränkt scheinend.
Ist dies mein Lohn für allen guten Willen?
PANDOLFO erstaunt sie anblickend.
Was? Guter Wille?
ZERBINE wie vorher.
Freilich! – Jedermann
Ist höchst erstaunt, daß ich, bei Ihren Grillen,
Mit Ihnen in Gesellschaft leben kann!
PANDOLFO auffahrend.
Wie? – Was?
ZERBINE immer die Gekränkte spielend.
Sie sind im Ruf als Haustyrann!
Als Bär! – als Weiberfeind! – Mir liegt daran,
Daß Sie nicht wirklich diesen Ruf erfüllen,
Wozu Sie täglich mehr Talent enthüllen! –
Zu Ihrem Besten nahm ich mich im Stillen,
Aus gutem Herzen, Ihrer Bildung an!
PANDOLFO höchst erstaunt.
Ist’s denkbar? – Ist’s nicht Wahnsinn, daß ich’s höre?
Mich, einen Doktor! – ihren eignen Herrn,
Mich nähm‘ ein Mädchen in die Lehre!!
ZERBINE.
Mein Herr, das macht dem größten Doktor Ehre!
Doch, wenn es Sie verdrießt, so sei es fern,
Daß ich in Zukunft Ihre Launen störe!
Es tut mir leid um Sie!
PANDOLFO zu Scapin gewandt.
Ich bin ein Tor,
Daß ich mich ärg’re! – Muß man’s nicht beklagen,
Dies arme Kind, das den Verstand verlor?
ZERBINE.
Herr Doktor! Ei! wie kommen Sie mir vor!
Das einem Mädchen in’s Gesicht zu sagen! –
Gestehn Sie’s nur! Ihr Ton und Ihr Betragen
Ist gar nicht fein!
PANDOLFO spöttisch.
Ich dächte doch, mein Ton
Sei nur zu höflich für den Haustyrannen,
Wofür ich gelte! – Dieser könnte schon
Mit gutem Recht die Saiten schärfer spannen!
Du siehst, daß ich mich bilde!
ZERBINE weinerlich.
Ja! durch Hohn
Ist’s leicht, ein armes Mädchen zu mißhandeln,
Das, ohne Murren, alles dulden muß!
PANDOLFO überrascht.
Sie duldet! Hört doch! – Sie erfährt Verdruß!
Sie wird am Ende Schwarz in Weiß verwandeln!
Zuletzt behält sie Recht – im Überfluß! –
Am besten ist’s, – man geht ihr aus dem Wege! –
Scapin! – den Hut! – den Stock!
Scapin ab.
Fünfte Szene
Die Vorigen ohne Scapin.
ZERBINE.
Sie wollen fort?
So nüchtern, wie Sie sind! – Nein! auf mein Wort!
Daraus wird nichts! – Ich bin für Ihre Pflege
Besorgter als Sie selbst! – Die Luft ist rauh!
Sie sind nicht jung, – von zartem Körperbau! –
Kurz! – Heute müssen Sie zu Hause bleiben!
PANDOLFO erstaunt auffahrend.
Zu Hause!
ZERBINE.
Ja! vergebens ist Ihr Sträuben!
Mit Ihrem Wohlsein nehm‘ ich’s zu genau!
PANDOLFO außer Fassung.
Das heißt den Übermut auf’s Höchste treiben!
Weshalb ertrag‘ ich das? – Für was? – Warum? –
Ich bin ja nicht verrückt! – nicht toll, noch dumm!
Nur blinder Nachsicht hab‘ ich’s zuzuschreiben!
Nicht Worte find‘ ich! – Galle macht mich stumm!
Zerbine tritt ihm nahe, blickt ihm schnippisch in’s Gesicht, und während der folgenden Arie will er jeden Augenblick sie unterbrechen. Sie läßt ihn nie zu Worte kommen.
Nr. 5. Arie
ZERBINE.
Ei seht doch, seht, der Herr wird böse,
Gemach, kein Lärmen, kein Getöse!
Still, fruchtlos ist all‘ Ihr Schelten,
Still, Widerspruch kann nichts gelten!
Ich liebe kein Gezänke,
Sie handeln so, wie ich Sie lenke.
Er will sprechen.
Nur still, nur still! Zerbine bedingt sich’s aus,
Nur still, nur still, Zerbine regiert dies Haus!
Nur Scherz ist Ihr Gezänke,
Ich bin’s, die alles lenke,
Ich hoffe, daß man mich verstand,
Recht, wie ich’s meine!
Ich sprach’s nicht bloß zum Scheine,
Ich brächt‘ es gern in’s Reine!
Fünf Jahre sind wir schon bekannt!
Sechste Szene
Die Vorigen. Scapin, der des Doktors Hut und Stock bringt.
PANDOLFO mutlos bei Seite.
Das wußt ich wohl! mit einer Weiberlunge
Nimmt’s niemand auf! – Zum Glück ist ihre Zunge
Die einz’ge Waffe, die sie furchtbar macht! –
Zu Scapin.
Nur fort mit Hut und Stock, du guter Junge!
Dein Herr hat eines bessern sich bedacht!
ZERBINE freundlich.
So recht! – Sie glauben nicht, wie gut Sie’s kleidet,
Wenn Sie so artig, so gehorsam sind!
PANDOLFO mit Fassung, ernst.
Zu früh kommt Ihr Triumph, mein schönes Kind!
Ein Mittel gibt’s noch! – eines, das entscheidet!
Und mein Entschluß dafür ist nun gefaßt!
ZERBINE lächelnd.
Dies letzte Mittel ist?
PANDOLFO.
Ich will die Last
Des Hauskommandos dir bequemer machen!
ZERBINE.
Durch Folgsamkeit?
PANDOLFO wichtig.
Durch Teilung!
ZERBINE lacht.
Ich muß lachen!
Der Einfall ist ein wahrer Doktorpfiff!
Nur scheint es mir, der weibliche Begriff
Von Herrschaft will nicht recht zur Teilung passen!
PANDOLFO mit Nachdruck.
Wohlan! – Zerbine wird mein Haus verlassen,
Wenn ihr die Oberherrschaft meiner Frau
Zu lästig fällt!
ZERBINE überrascht.
Ei! – Schlauer noch, als schlau!
Versteh ich recht? – Sie wollen sich vermählen?
PANDOLFO selbstzufrieden, mit Nachdruck.
Ja! unumstößlich fest ist der Entschluß! –
Nicht länger soll mit täglichem Verdruß,
Mit ew’gem Widerspruch, mit Zank und Schmälen,
Mich einer Zofe Trotz und Herrschsucht quälen! –
Ich will, wenn ich dies Los ertragen muß,
Von zweien Übeln doch das klein’re wählen!
ZERBINE.
Vortrefflich! – Diesmal trifft Ihr Genius
Den rechten Punkt! – Dies ist das wahre Mittel!
In dieser Welt liegt viel am rechten Titel!
Dies war mein Wunsch!
PANDOLFO schlau.
Du sollst erfüllt ihn sehn!
Und eh‘ du’s denkst! – Zur Auswahl find‘ ich zehn
Für eine Frau! – Es ward vor wenig Tagen
Mir eine junge Witwe vorgeschlagen. –
ZERBINE.
Der Vorschlag konnte nur im Scherz geschehn!
Mit einer Witwe sollten Sie sich plagen?
Sie schlauer Mann! – Ich weiß, warum Sie’s sagen!
Sie wollen meine Neigung bloß erspäh’n!
PANDOLFO erstaunt.
Zerbinens Neigung?
ZERBINE.
Ja, doch! – Ihr Betragen,
Bisher so rätselhaft, wird nun mir klar!
Ich merkt es längst, was Ihre Absicht war!
PANDOLFO.
Zerbinens Neigung hier um Rat zu fragen,
Der Einfall wäre wahrlich sonderbar!
ZERBINE tut erstaunt.
Wie? Also wollten Sie auf die Gefahr,
Mir zu mißfallen, doch dies Bündnis wagen?
PANDOLFO wie schadenfroh lachend.
Je mehr es dir mißfällt, wird’s mich behagen!
ZERBINE als kämpfe sie sich den Entschluß ab.
Ein wenig rauh klingt dieser Antrag zwar;
Doch gibt das keinen Grund, Sie auszuschlagen!
Wohlan! – es sei! – Ich liebe Sie, Barbar!
Und will mich uns’rer Ehe nicht versagen!
PANDOLFO zurückschauernd.
Was? – uns’re Ehe?
ZERBINE.
Uns’re!
PANDOLFO aufschreiend.
Wir – ein Paar!
Nr. 6. Duett
ZERBINE neckend.
Ich verstehe, ich verstehe,
Ja, Ihr Herz wünscht mich zur Ehe!
Ihr Blick verrät, daß ich recht Sie verstehe,
Ob es gleich Ihr Mund nicht spricht.
Ja, so verrät’s doch Ihr Gesicht,
Ja, all Ihr Leugnen täuscht mich nicht.
PANDOLFO spöttisch.
Holde Schöne, holde Schöne!
Daß ich Ihren Reizen fröne,
Ist Wahn, ist Wahn!
Sie zu frei’n, ist nicht mein Plan!
Diese Wahl wär‘ zu profan!
Ihr Projekt ist leerer Wahn!
ZERBINE tut erstaunt.
Wie, mein Herr? Ei, wohlan!
Was fehlt meinen Zügen?
Ihr Stolz kann trügen! Mein Reiz wird siegen!
Sich präsentierend.
Bin ich nicht in Gang und Wendung,
In Gesicht und Wuchs
Ein Muster der Vollendung?
Ohne Mängel!
Ein Engel!
Man schau mich an!
PANDOLFO bei Seite.
Ja, mein Seel, ihr Wuchs ist niedlich!
Sie ist reizend, appetitlich!
ZERBINE bei Seite.
Ha, ihm wird schon ganz gemütlich!
Ihm die Hand bietend.
Die Hand zum Pfande!
PANDOLFO zurückweichend.
Wofür denn als Pfand!
ZERBINE.
Zum ew’gen Bande!
PANDOLFO erstaunt, bei Seite.
Sie kommt von Verstand!
ZERBINE.
Fort mit jedem Widerstand,
Wir sind eins mit Herz und Hand!
Mein Lieber,
Schon ist mir’s klar,
Wir sind ein Paar!
PANDOLFO bei Seite.
Ha, sie schnappt über!
Mir wird fürwahr
Ganz sonderbar!
ZERBINE.
Ich verstehe, ja, Ihr Herz
Wünscht mich zur Ehe!
PANDOLFO.
Holde Schöne, Sie zur Ehe,
Wünscht nicht mein Herz.
ZERBINE.
Mein Lieber, mein Lieber,
Sie necken mich darüber,
Ihr Sträuben ist nur Scherz!
PANDOLFO.
Dies ist kein Scherz!
ZERBINE.
Wie, mein Herr? Ei, wohlan!
Ihr Stolz kann trügen,
Mein Reiz wird siegen!
PANDOLFO bei Seite, lüstern.
Torheit brächte hier Vergnügen!
ZERBINE bei Seite, beobachtend.
Richtig, er wird mein Mann!
Laut.
Giebt’s was schön’res an Zügen?
Man schau mich an!
PANDOLFO bei Seite.
Lächelt sie, ach, dann
Bin ich schon ganz ein schwacher Mann!
Er trällert gezwungen, höhnisch.
Trantaran, Trantaran!
ZERBINE.
Die Hand zum Pfande!
PANDOLFO.
Wofür als Pfand?
ZERBINE.
Zum ew’gen Bande!
PANDOLFO.
Nichts mehr von Hand!
Unwillig.
Dies Projekt mißlingt fürwahr!
ZERBINE.
Ja, ja, wir sind untrennbar,
Wir sind bald ein Ehepaar!
PANDOLFO.
Nie sind wir ein Ehepaar!
Bei Seite.
Ach, mir wird ganz sonderbar!
Lächelt sie, ach, dann
Bin ich schon ganz ein schwacher Mann!
Ach, sie zieht mich sonderbar an!
ZERBINE bei Seite.
Ja, er wird mein Ehemann!
Zu Pandolfo.
Nun wohlan, nun wohlan,
Wir sind bald nun Frau und Mann!
Nun wird mir’s klar,
Wir sind ein Paar!
PANDOLFO.
Hört doch an, hört doch an!
Ich werd‘ meiner Zofe Mann!
Im Angstschweiß.
Mir wird fürwahr
Ganz sonderbar!
Er entschlüpft in das Kabinett. Sie blickt ihm lachend nach.
Der Vorhang fällt.
Zweiter Akt
Erste Szene
Zerbine allein.
Nr. 7. Ariette
ZERBINE.
Junge Mädchen,
Die am Fädchen
Ihr die Grillen
Alter Toren lenkt,
Und im Stillen
An den Trauring denkt;
Lernt mir’s ab, lernt mir’s ab,
Wie durch List man, wider Willen,
Manchem schon ein Weibchen gab.
Fein und schlau, mit losem Heucheln
Seht mich trotzen, seht mich schmeicheln,
Seht mich schmeicheln fein und schlau.
Zug um Zug, bald sanft, bald rauh,
So werd‘ ich Frau!
Zweite Szene
Zerbine. Scapin, als Kroatenoffizier gekleidet, mit einem gewaltigen Schnurrbart, tritt ein und präsentiert sich.
ZERBINE ihn musternd.
So recht, Scapin! Du siehst in dieser Kleidung
Barbarisch aus! – und mehr bedarf es nicht!
Der Schnurrbart deckt zwei Drittel vom Gesicht,
Und lange währt es nicht bis zur Entscheidung!
Kurz! Du bist sicher, nicht erkannt zu sein,
Und alles Sprechen will ich dir ersparen!
Gelingt mir’s, mit dem Doktor mich zu paaren, –
Ich weiß, dein höchstes Lebensglück ist – Wein! –
Dann sollst du, daß ich dankbar bin erfahren! –
Dann setz‘ ich dich zum Kellermeister ein! –
Im Saal erwarte mich! – Lass‘ mich allein!
Scapin geht auf ihren Wink wieder hinaus.
Dritte Szene
Zerbine. Pandolfo kommt mit Hut und Stock.
ZERBINE da sie ihn kommen hört, bei Seite.
Der Doktor kommt! – Verstellung steh‘ mir bei!
Sie wollen ausgeh’n?
PANDOLFO unterwürfig, höhnisch.
Ja! – ich bin so frei,
Wenn Sie’s erlauben, gnädigste Zerbine.
ZERBINE sehr bescheiden.
Erlauben! – Ich?
PANDOLFO wie vorher.
Daß ich mich bloß erkühne,
Zu fragen, ob es Dero Wille sei!
ZERBINE sanft und traurig.
Zu grausam ist Ihr Ton der Spötterei,
Seit ich gesteh’n muß, daß ich ihn verdiene!
PANDOLFO stutzt.
Ei! – Pfeift der Vogel nun ein solches Lied?
ZERBINE wie vorher.
Ein ernster Fall stimmt ernster das Gemüt!
Ich fühl‘ es, daß, wenn Sie zur Ehe schreiten,
Für mich dies harte Folgen nach sich zieht!
PANDOLFO kalt.
Das könnte sein! – das will ich nicht bestreiten!
ZERBINE sanft.
Drum ist es wohlgetan, wenn man bei Zeiten
Mit einem Gegenmittel sich versieht!
PANDOLFO kalt.
Das gilt für Klugheit – bei den klügsten Leuten! –
Und dieses Gegenmittel ist?
ZERBINE sanft.
Ein Mann.
PANDOLFO macht große Augen.
Potztausend!
ZERBINE.
Ja! – durch Zufall trägt soeben
Zu rechter Zeit, sich mir ein Freier an.
PANDOLFO etwas bitter.
Wie schnell sich solch ein Zufall fügen kann! –
Das Jawort ward vermutlich schon gegeben?
ZERBINE sanft.
Ich darf des Schicksals Wink nicht widerstreben!
Als ich mich nur sekundenlang besann,
Ward er schon wild und schwur auf Tod und Leben:
Wies‘ ich ihn ab, – so läg‘ ihm nichts daran!
PANDOLFO ärgerlich.
Der Tölpel!
ZERBINE sanft.
Das ist Sprache der Soldaten!
Sie stellen gern sich etwas hart und rauh!
PANDOLFO die Nase rümpfend.
Er ist Soldat? – Du wirst Soldatenfrau?
ZERBINE.
Sie nehmen bloß den Ausdruck zu genau!
Kroatenhauptmann ist er!
PANDOLFO staunt.
Was? – Kroaten
Kroatenhauptmann! – schon der Titel schreckt!
Ein solcher Mordmensch! – solch ein Höllenbraten!
Du bist von Sinnen! – Solch ein Eh’projekt
Gehört ja wahrlich zu den desperaten!
ZERBINE traurig.
Kann sein! – Doch bleibt mir keine bess’re Wahl!
Ein armes Mädchen darf nicht lange grübeln.
PANDOLFO.
Du liebst ihn also nicht?
ZERBINE seufzt.
Was nützt das Liebeln! –
Ich hab’s erfahren! – Liebe bringt nur Qual! –
Mit zärtlichem Blick.
Herr Doktor! – Ach! – Man liebet nur ein mal.
PANDOLFO ergriffen, bei Seite.
Ihr Ton erweicht mich! – Kann man mir’s verübeln! –
Wen das nicht rührt, der hat ein Herz von Stahl!
ZERBINE beobachtend, bei Seite.
Das Mittel wirkt! – Mein Anschlag wird gelingen.
PANDOLFO sich fassend, bei Seite.
Sie darf’s nicht merken! Nein! Ich muß mich zwingen!
Laut mit Ruhe.
Wohlan, mein Kind! – ist dein Entschluß gefaßt,
So hab‘ ich keinen Rat dir aufzudringen! –
Du schläfst dann, wie du dich gebettet hast!
ZERBINE weich.
Als Strafe muß ich’s für den Trotz erkennen,
Durch den ich Ihrer Huld verlustig ward!
PANDOLFO.
Ich fürchte fast, du strafst dich selbst zu hart!
ZERBINE mit zärtlichem Blick.
Ach! härter ist’s, von Ihnen mich zu trennen!
Nr. 8. Rezitativ und Arie
ZERBINE.
Ihnen schenke der Himmel das froh’ste Geschick!
Genießen Sie der Liebe Glück
In holder Gattin Arm, deren Herz Sie verdienen.
Zuweilen nur denken Sie an Zerbinen,
Ich denke bis zum Tod mit Gram an Sie zurück!
Dieser Trost, daß Sie mein gedenken,
Ist Bedürfnis für mein Herz!
Ihr Verlust muß tief mich kränken,
Ich erliege dem Schmerz!
Pandolfo wird allmählich gerührt und wendet sich ab, auf mancherlei Weise seine Tränen zu verbergen. Zerbine fährt beobachtend mit Mutwillen fort.
Bei Seite.
Seht doch den Gimpel, er traut meinen Schwänken,
Ja, zu Tränen rührt ihn dieser Scherz!
Er wendet sich mit etwas Fassung wieder zu ihr.
Wieder weich zu Pandolfo.
Nur Ihr Wort, daß Sie mein gedenken!
Ihr Verlust muß tief mich kränken!
Er kann es wieder nicht aushalten und wendet sich ab.
Ich erliege dem Schmerz!
Bei Seite.
Seht, ihn foppt der Scherz,
Und mein Jammerton rührt ihm das Herz!
Sie nähert sich ihm wieder und fährt wehmütig fort.
Stört‘ ich eh’mals Ihre Freuden,
War ich gebiet’risch und unbescheiden:
Sie kniet vor ihm nieder. Er nimmt ihre Hand wie verstohlen, drückt und streichelt sie, seitwärts seine Tränen verbergend.
So seh’n Sie büßend mich leiden,
Verzeih’n Sie dem Unverstand.
Zerbine fährt mutwillig fort.
Ach, er drückt mir die Hand,
Sicher fühlet sein Herz er entbrannt!
PANDOLFO sich mit Mühe erholend, bei Seite.
Das greift mich an! – Kaum weiß ich mich zu fassen.
ZERBINE ihn beobachtend, bei Seite.
Er kämpft mit seinem Herzen, wie es scheint!
Laut und sanft.
Ein Wort, Herr Doktor, daß Sie mich nicht hassen!
Sie werden mich doch nicht in Zorn entlassen?
PANDOLFO weich.
In Zorn? – O, das sei fern! – Ich bin dein Freund! –
Ich hab‘ es stets mit dir sehr gut gemeint! –
Es muß mir weh‘ tun, daß ich dich verliere!
ZERBINE wehmütig.
Mein Schmerz ist ungleich größer, als der Ihre!
PANDOLFO mit Anstrengung.
Doch – wünsch‘ ich dir viel Glück zu deiner Wahl!
ZERBINE.
Erlauben Sie nur noch, daß mein Gemahl
Persönlich jetzt sich Ihnen präsentiert.
PANDOLFO.
Wo ist er?
ZERBINE.
Er erwartet mich im Saal!
Vergönnen Sie, daß ich hieher ihn führe!
Sie geht ab.
Vierte Szene
Pandolfo allein.
Nr. 9. Rezitativ und Arie
PANDOLFO.
Was für ein Mensch mag dieser Freier sein?
Sie spricht beinah‘, als nähme sie ihn nur aus Reue,
Wegen Sünden, die ich ihr gern verzeihe.
Sie schildert selbst ihn grob, brutal, gemein!
Gewiß wird er sie prügeln ohne Gnade,
Nein, das wär‘ jammerschade!
Wie wär’s, würd‘ ich selbst ihr Mann?
Ei! – meiner Zofe?
Zwar – Beispiele führen sich an,
Und man lebt ja hier nicht bei Hofe!
Ei nun, wohlan! Nicht doch, nein, das sind Possen!
Solch ein Streich gilt so leicht nicht für genossen!
Doch warum?
Gab ich selbst nicht dem Mädchen Erziehung?
Ihr Herz lohnt mir die Bemühung!
Narr, sprich nicht so dumm!
Er schlägt sich auf den Mund.
Sei lieber stumm!
Er legt die Hand aufs Herz.
Herz, lass‘ die Lust dir vergehen!
Zwar fühl‘ ich Mitleid sich regen,
Soll ich’s zur Herrin erhöhen?
Armes Kind! – O Gott der Ehen!
Wenn du mich fängst, wie wird mir’s gehen?
Ich weiß nicht aus noch ein,
O, welche Herzenspein!
Ich fühl‘, ich weiß nicht was,
Fürwahr, das ist kein Spaß!
Was plagt mich? Ist’s Mitleid, wär’s gar Zärtlichkeit?
Mich warnt ein inn’res Zagen!
Es scheint mir zu sagen:
Pandolfo! sei gescheit!
Doch dies »ich weiß nicht was«
Ist weder Spaß noch Haß.
O, marternde Verlegenheit,
Ist’s Mitleid oder Zärtlichkeit?
Dies Grübeln mehrt die Qual!
Je mehr ich’s überlege,
Je mehr wird Schwachheit rege.
Mir bleibt nicht Kraft zur Wahl!
Fünfte Szene
Pandolfo. Zerbine. Scapin als Kroatenhauptmann.
ZERBINE in der offenen Tür mit Scapin.
Ist’s nun erlaubt, Herr Doktor?
PANDOLFO verdrießlich sich umsehend.
O! – ich achte
Mich glücklich! – Teufel! welch ein Mordgesicht!
Er ist noch ärger, als ich mir ihn dachte!
ZERBINE näher kommend und auf den Doktor deutend, zu Scapin.
Herr Kapitän, es ist mir süße Pflicht,
Das ich als Vater diesen Herrn betrachte!
Scapin verbeugt sich, zieht zugleich den Säbel und murmelt in tiefem Baß unverständlich etwas in den Bart.
PANDOLFO der seine Verbeugung erwiderte, fährt vor dem gezogenen Säbel bestürzt zurück und ruft.
Was stellt das vor?
ZERBINE ruhig.
Er salutiert!
PANDOLFO sich fassend.
Nur sachte!
Die Art von Höflichkeit verstand ich nicht! –
Und – welche Sprache ist das – was er spricht?
ZERBINE.
Kroatisch! – Seh’n Sie, was der Zufall machte! –
Ich nahm darin, zum Spaß, einst Unterricht!
PANDOLFO unwillig.
So leist‘ ich ganz auf sein Gespräch Verzicht! –
Sag‘ ihm, – ich dankte für erwies’ne Ehre! –
Dann schaff‘ ihn fort!
ZERBINE tut erschrocken.
Ich zitt’re, daß er’s höre!
Er ist kein Mann, der solchen Stolz erträgt! –
Er winkt mir! – Sicher, daß er Argwohn hegt! –
Ich eile, daß ich den Verdacht zerstöre!
Sie geht zu Scapin und scheint lebhaft mit ihm zu sprechen.
PANDOLFO mißmutig hinschielend.
Den Henker auch! Was schert mich sein Verdacht!
Ich fürcht ihn nicht – mit seinem langen Messer!
Mich ärgert’s nur, daß solch ein Eisenfresser
Das Unglück dieses armen Mädchens macht! –
Was kann ich tun? – Die Närrin will’s nicht besser!
Zu Zerbine, die bedenklich zurückkommt.
Wie steht’s? – Ist er nicht bald hier fortgebracht?
ZERBINE schüchtern.
Ach nein, Herr Doktor! – Nein! – Er frägt soeben,
Wie groß die Mitgift sei, die Sie mir geben!
PANDOLFO auffahrend.
Er ist des Teufels! – Hält er mich für toll?
Er kommt, um hier den Brautschatz zu erheben?
Die Mitgift! – Gift ist’s, was er haben soll!
ZERBINE ängstlich.
O, nicht so laut! – Er hegt schon starken Groll!
Hat er’s gehört, so bringt er sie ums Leben!
PANDOLFO betroffen, zur Seite.
Am Ende macht der Kerl mich wirklich beben!
Laut nach der Tür rufend.
Scapin! – Scapin! – Wo steckt der Trunkenbold?
Scapin!
Scapin ist im Begriff zu kommen. Zerbine tritt eilig zwischen Beide.
ZERBINE zum Doktor.
Der sitzt – weiß Gott in welchem Keller! –
Hier bleibt kein Ausweg, als – ein Sümmchen Gold
Dem Hauptmann aufzuzählen!
PANDOLFO trotzig.
Keinen Heller!
ZERBINE.
Sie seh’n, wie wild er schon die Augen rollt!
PANDOLFO grübelnd, bei Seite.
Da beut zu rechter Zeit sich mir ein Schneller,
Durch den ich dieses Paar noch trennen kann!
Laut, doch heimlich.
Zerbine! – Sag‘ ihm –
Bricht bedenklich ab.
ZERBINE erwartungsvoll.
Nun? – wie soll ich sprechen?
PANDOLFO entschlossen, bei Seite.
Es sei gewagt! – Mag’s biegen oder brechen!
Laut zu Zerbine, vertraulich und etwas stockend.
Sag‘ ihm, – du wüßtest einen andern Mann –
Der ohne alles Heiratsgut dich nähme!
ZERBINE.
Das glaubt er nicht!
PANDOLFO unruhig, grübelnd.
Vielleicht! – Es kommt d’rauf an!
ZERBINE.
Er wird behaupten, daß ich’s bloß ersann,
Damit er gleichfalls sich dazu bequeme!
PANDOLFO.
Dann – kann sich’s fügen, – daß man ihn beschäme!
ZERBINE.
Und wenn er nach den Namen frägt; – wie dann?
Wen sollt‘ ich nennen?
PANDOLFO halb entschlossen.
Wen? – Ei nun! – Wohlan!
Dann nennst du – mich!
ZERBINE zärtlich, bescheiden.
Ach nein! – So frei zu scherzen,
Fühl‘ ich zum zweiten mal nicht mehr den Mut!
Schon daß ich’s ein mal tat, muß tief mich schmerzen!
PANDOLFO zärtlich, hingerissen.
So nimm’s für Ernst! – Mein Vorschlag geht von Herzen!
Dies zollt schon längst im Stillen dir Tribut!
Er faßt verstohlen ihre Hand und küßt sie heftig.
Ich fühl’s! – Ich liebe dich mit heißer Glut!
Willst du vor ihm den Vorzug mir gewähren,
So biet‘ ich dir mich selbst! mein Hab‘ und Gut!
Mit Herz und Hand! – Mag jene Höllenbrut
Von Räuberhauptmann – sich zum Teufel scheren!
ZERBINE tut innig.
Herr Doktor! Ach! Sie rühren mich – zu Zähren!
Doch darf ich trauen?
PANDOLFO feierlich.
Bei meinem Doktorhut!
Mein höchster Schwur! – Du kannst nicht mehr begehren!
ZERBINE ihm die Hand reichend.
Wohlan! – Dies Wunder, das die Liebe tut,
Will ich dem Hauptmann nun sofort erklären!
PANDOLFO hält sie zurück.
Nicht hier! – Nicht jetzt! – Er kommt gewiß in Wut!
ZERBINE.
O, nicht doch! – Nein! – Sein Schwert vergießt kein Blut! –
Scapin! – hinaus! – Man kann dich nun entbehren.
Scapin macht einen tiefen Bückling, wobei er den Schnurrbart abnimmt und lachend sich aufrichtet.
PANDOLFO erstaunt.
Wie? – Was? – Scapin? – Die Züge des Gesichts
Erkenn‘ ich! – Wie? Du wagst es, Taugenichts!
ZERBINE liebkosend.
Er half mir, Sie zur Liebe zu bekehren!
Zu Scapin, ihm hinauswinkend.
Sei ohne Furcht! – Mein lieber Mann verspricht’s,
Darüber nicht den kleinsten Groll zu nähren!
Scapin ab. Liebkosend zu Pandolfo.
Nicht wahr, mein Schatz? – Sie willigen darein,
Daß ich’s in Ihrem Namen ihm verspreche?
PANDOLFO halb zürnend.
Ei ja! – Hier wäre mehr noch zu verzeih’n!
ZERBINE schlau.
Ein Wort, Herr Doktor, unter uns allein!
Man schlägt kein Mädchen aus, das nicht sich räche!
PANDOLFO.
Als Rache war der Streich nicht allzu fein!
Ich könnte meines Wort’s entbunden sein!
Doch schon zu sehr verriet sich meine Schwäche!
Es bleibt dabei! – Wir sind ein Paar! – Schlag‘ ein!
Nr. 10. Duett
ZERBINE.
Mir pocht’s auf linker Seite,
Wie Glockenspiels Geläute,
Es läßt mir keine Ruh!
PANDOLFO.
Auch mir pocht, daß ich fühle,
Mein Herz gleich einer Mühle,
Es schlägt gewaltig zu!
ZERBINE.
Mir wird, ich weiß nicht wie!
So geht’s: tippeti, tippeti!
PANDOLFO.
Ich fühl‘ es auch, ja, ja!
Es pocht mir eben da!
Es geht: tappata, tappata!
ZERBINE.
Ich seh‘, wie’s pocht, ja, ja!
Weiß Gott, was uns geschah!
PANDOLFO.
Weiß Gott, was uns geschah!
Ich errat‘ es!
ZERBINE.
Gut, so sag‘ es!
PANDOLFO.
Das ist Liebe!
ZERBINE.
Ei, Liebe!
Das fällt mir jetzt erst ein.
PANDOLFO.
Das sieht ein Blinder ein.
ZERBINE.
Ja, das kann Liebe sein!
PANDOLFO.
Ja, das muß Liebe sein!
BEIDE.
Das Übel sitzt im Herzen!
Ach, wie stillt man diese Schmerzen?
Durch Heirat! Ja, ja!
Sind wir nun erst ein Paar,
Dann hat’s nicht mehr Gefahr!