Otto Nicolai
Die lustigen Weiber von Windsor
Komisch-phantastische Oper in drei Aufzügen
Libretto von Salomon Hermann Mosenthal
Uraufführung: 09.03.1849, Königliches Opernhaus, Berlin
Personen
Sir John Falstaff (Baß)
Herr Fluth (Bariton),
Herr Reich (Baß), Bürger von Windsor
Fenton (Tenor)
Junker Spärlich (Tenor)
Dr. Cajus (Baß)
Frau Fluth (Sopran)
Frau Reich (Mezzosopran)
Jungfer Anna Reich (Sopran)
Der Kellner im Gasthaus zum Hosenbande (Sprechrolle)
Erster Bürger (Tenor),
Zweiter Bürger (Sprechrolle),
Dritter Bürger (Sprechrolle),
Vierter Bürger (Sprechrolle), Bürger
Zwei Knechte des Herrn Fluth (stumm)
Bürger und Frauen von Windsor. Kinder. Masken von Elfen, Feen und anderen Geistern, Mücken, Wespen
Ort der Handlung: Die englische Stadt Windsor.
Zeit: Anfang der Regierungszeit König Heinrichs V. (1413-1432).
Ouvertüre
Andantino moderato F-dur 4/4 – Poco piu animato – Allegro vivace 2/4
Erster Aufzug
Hofraum
Links das Haus des Herrn Reich, rechts das des Herrn Fluth; beide mit praktikablen Türen. Im Hintergrunde ein Staketenzaun mit einer Tür, durch den man die andere Seite der Straße erblickt.
Es ist nachmittags an einem Sommertage.
Erster Auftritt
Frau Fluth, einen offenen Brief in der Hand, tritt aus ihrem Hause.
Nr. 1. Duett
FRAU FLUTH.
Nein, das ist wirklich doch zu keck!
Wie kann er es nur wagen,
Der vollgetrunkne dicke Geck,
Mit Liebe mich zu plagen!
Ja, wenn es noch ein Ritter wär‘,
Fein zierlich – jung an Jahren –
Doch solch ein fetter Gast wie der …
Da soll mich Gott bewahren!
Hab‘ ich denn wirklich recht gelesen?
Sie liest.
»O schönste Frau, wir taugen
Zusammen gar zu gut,
Ihr habt verliebte Augen
Und scheint von heißem Blut …«
Da hört mir nur den Grobian!
Was gehn ihn meine Augen an?
»Ihr liebt den Sekt, ich lieb‘ ihn auch!
Ist das nicht Sympathie?«
Was denkt sich nur der alte Schlauch,
Ich, Sekt? – Ich trinke nie!
»Und kurz und gut,
Ich habe Mut,
Ich liebe dich
Herzinniglich,
Bei Tag und Nacht
Für dich bedacht,
John Falstaff!«
Ha, warte nur! Ich will dich Gecken
Für deine frechen Worte necken;
Mit meiner Nachbarin, Frau Reich,
Berat‘ ich ein Komplott sogleich!
Zweiter Auftritt
Frau Fluth, Frau Reich, die ebenfalls einen Brief in der Hand hält und ihre Nachbarin nicht gleich bemerkt.
FRAU REICH.
Geschwind zu meiner Nachbarin,
Das Zeug mit ihr zu lesen!
Nein, so ein Schreiben ohne Sinn
Ist nimmer dagewesen!
Sie bemerkt Frau Fluth.
Ach schön! Frau Fluth!
Das trifft sich gut!
FRAU FLUTH.
Frau Reich –
FRAU REICH.
Zu Euch wollt‘ ich soeben hin.
FRAU FLUTH.
Und ich zu Euch, Frau Nachbarin.
FRAU REICH.
Mit diesem Briefchen wunderlich.
FRAU FLUTH.
Mit einem Briefe komm‘ auch ich!
FRAU REICH.
Mir schreibt ein ganz kurioser Mann!
FRAU FLUTH.
O lest es mir!
FRAU REICH.
So hört mich an!
FRAU FLUTH.
O lest, daß ich es hören kann!
FRAU REICH.
Ich les‘ es Euch, so hört es an!
Sie liest.
»O schönste Frau, wir taugen
Zusammen gar zu gut –
FRAU FLUTH erstaunt und ihren eigenen Brief nachlesend.
Zusammen gar zu gut –
FRAU REICH.
Ihr habt verliebte Augen,
Und …
FRAU FLUTH.
Und scheint von heißem Blut …
Nur fort, nur fort!
FRAU REICH.
Ihr liebt den Sekt, ich lieb‘ ihn auch!
FRAU FLUTH.
Den Sekt.
FRAU REICH.
Ist das nicht Sympathie?«
FRAU FLUTH.
Nur weiter, nur weiter!
BEIDE.
»Und kurz und gut,
Ich habe Mut,
Ich liebe dich
Herzinniglich,
Bei Tag und Nacht
Für dich bedacht,
John Falstaff!«
Welch ein Frevel!
Zweien.
Frauen
Stellt der alte Sünder nach!
Mich ergreift Entsetzen, Grauen,
Überdenk‘ ich mir die Schmach!
FRAU FLUTH.
Aber unsre Weiberehre
Soll sich rächen, guter Freund!
Weiber setzen sich zur Wehre,
List und Rache sei vereint!
FRAU REICH.
Aber unsre Weiberehre usw.
Kadenz.
FRAU FLUTH.
Was werden wir beginnen?
FRAU REICH entschlossen.
Ich sag‘ es meinem Mann!
FRAU FLUTH.
Seid Ihr nicht recht bei Sinnen?
Wie denkt Ihr nur daran?
Da wär‘ der Spaß zu Ende,
Bevor man lachen könnte,
Nein, nein, das geht nicht an!
FRAU REICH.
Nun, wie Ihr wollt!
FRAU FLUTH.
So höret meinen Plan:
Wir locken ihn mit Weiberlist
In eine sichre Falle,
Und wenn er drin gefangen ist,
Verhöhnen wir ihn alle!
FRAU REICH.
Ja, ja, so sei’s!
BEIDE.
Wir locken ihn mit Weiberlist
In eine sichre Falle,
Und wenn er drin gefangen ist,
Verhöhnen wir ihn alle!
So eilen wir sogleich zu Rat
Und heute noch zur schlauen Tat!
Alter, nimm dich jetzt zusammen,
Wir ersinnen feinen Scherz,
Ja, wir kühlen deine Flammen,
Wir kurieren dir das Herz!
List und Laune, heitre Schwänke
Locken dich zu uns heran.
Doch bedenke – tausend Ränke
Harren deiner, armer Mann!
Sie gehen eilig in das Haus der Frau Fluth ab.
Dritter Auftritt
Herr Fluth, Herr Reich, Junker Spärlich, Dr. Cajus im Gespräch von der Straße kommend.
FLUTH. Nun, liebe Herren, ich denke, ihr tretet bei mit ein; mein Tisch wird wohl leidlich besetzt sein, und ich lade euch alle zum Nachtmahle.
REICH. Entschuldigt mich, Herr Fluth, meine Frau erwartet mich.
SPÄRLICH. Verzeiht auch mir; ich habe die Einladung des Herrn Reich angenommen und möchte um keinen Preis versäumen, in Gesellschaft der süßen Anna zu speisen.
CAJUS beiseite, mit verächtlichem Blick auf Spärlich. Der‘ Ans Aff.
REICH. Das ist recht von Euch, Junker Spärlich! Ich sehe es gerne, daß Ihr Euch um meine Tochter Anna bewerbt, und meine Einwilligung habt Ihr, obwohl meine Frau für Euch, Herr Doktor, stimmt, ich weiß es.
CAJUS. Oui pardieu! – Und die Fräulein lieben mir – ik‘ aben kelesen daß in ihre ßöne Auken!
SPÄRLICH beiseite, mit verächtlichem Blick auf Cajus. O süße Anna!
FLUTH zu Cajus. Das ist eine trügliche Schrift, mein Freund, die Ihr da gelesen habt! Die Weiber ma chen leicht überall schöne Augen! Ich weiß das von meinem eigenen Weibe, das ich nicht genug hüten kann! Aber beim Himmel! Heftig werdend. Wenn ich einmal einen Liebhaber bei ihr ertappe, ich …
REICH. Schweigt, Nachbar Fluth! Mit Eurer ewigen Eifersucht kränkt Ihr nur Eure tugendsame Hausfrau und macht Euch zum Gelächter!
FLUTH. Und Ihr werdet Eurem Weibe so lange alles durch die Finger sehen, bis Ihr den allerschönsten Hauptschmuck herumtragen werdet! – O die Weiber, die Weiber!
REICH. Laßt uns darum nicht streiten; ich weiß es, Ihr seid unverbesserlich. Gehen wir!
FLUTH. Guten Abend, liebe Herren! Im Abgehen in sein Haus. Ich will meine Frau nicht zu lange allein lassen. Er geht ab.
REICH. Kommt, Sohn Spärlich, die Frauen erwarten uns! Er will in sein Haus.
Vierter Auftritt
Die Vorigen. Fenton.
FENTON. Vergönnt mir ein Wort, Herr Reich!
REICH beiseite. Schon wieder dieser überlästige Fenton! Laut. Was wünschet Ihr?
FENTON. Einen Augenblick allein mit Euch zu reden.
Nr. 2. Rezitativ und Duett
REICH zu Spärlich.
So geht indes hinein, mein lieber Schwiegersohn,
Ich werde bald Euch folgen.
SPÄRLICH im Abgehen in Reichs Haus, mit Karikatur.
O süße Anna!
CAJUS wütend.
Swiekersohn! Swiekersohn!
Mort de ma vie! Nock sein wir nick so weit!
Ick werde bringen um ce Monsieur Sperlik
Und ick wollen selbst besitzen la belle Anna!
Daß ßwören ick bei alle Teufel!
Er läuft ab.
REICH ihm nachsehend.
Uhu! Der fränk’sche Puter, der!
Doch was begehret Ihr von mir, Herr Fenton?
Duett.
FENTON.
Eure Tochter!
REICH erstaunt.
Meine Tochter?
FENTON.
Anna, der mein ganzes Herz gehört!
REICH für sich.
Hat man so was je gehört?
Daß ein Habenichts wie dieser
Meiner Tochter Hand begehrt!
FENTON.
Mein Vermögen ist bescheiden …
REICH.
Ich weiß es,
Spottend.
sehr bescheiden.
FENTON.
Doch ist Liebe mit uns beiden,
Und ich habe Kraft und Fleiß.
REICH.
Alles recht, doch ist sie schon …
FENTON.
Glaubt, ich liebe treu und ehrlich!
REICH für sich.
Ha, da ist doch Junker Spärlich
Ganz ein andrer Schwiegersohn!
FENTON.
O hört mich!
Wenn Eure Seele je empfunden
Der Liebe ganzes sel’ges Glück,
O so gedenket jener Stunden
Und weist so kalt mich nicht zurück!
Verweigert nicht die höchste Gabe
Und fürchtet spätrer Tage Reu‘.
Ich bin nicht reich an Gold und Habe,
Doch bin ich reich an Lieb‘ und Treu‘!
REICH für sich.
Ja der käme mir gelegen!
Spärlich hat ein schön Vermögen –
Eine bessere Partie Findet meine Tochter nie.
FENTON.
Verweigert nicht die höchste Gabe
Und fürchtet spätrer Tage Reu‘.
Ich bin nicht reich an Gold und Habe,
Doch bin ich reich an Lieb‘ und Treu!
REICH.
Viel hat er zurückgelegt,
Das ihm sichre Zinsen trägt,
Steht sich zirka jedes Jahr
Auf sechshundert Pfunde bar.
Und die blühende Fabrik –
Anna macht das größte Glück!
Alle Jahr sechshundert Pfund!
FENTON.
Bin ich erhört? O saget an!
REICH.
Nein, nein! Ich hab‘ schon meinen Mann.
FENTON.
Ach, einen treuern trefft Ihr schwerlich –
REICH.
So, so? Zum Beispiel Junker Spärlich –
FENTON.
Wie? Der! Um diesen Papagei
Verstoßt Ihr mich?
REICH ärgerlich.
Mein Herr! Nun aber ist’s vorbei!
Beschimpft mir nicht den Schwiegersohn!
Ihr kriegt sie nicht! Bleibt mir davon!
FENTON heftig werdend.
So ist dies Euer letztes Wort?
REICH.
Ihr kriegt sie nicht!
FENTON.
So ist das Euer letztes Wort?
REICH kurz.
Ergebner Diener! Ich muß fort.
FENTON gesteigert.
Herr Nachbar, seid auf Eurer Hut,
Ich liebe sie, ich habe Mut!
REICH.
Hoho!
FENTON.
Vergebens ist all Euer Sinnen –
REICH.
So?
FENTON.
Die Liebe wird den Sieg gewinnen –
REICH.
Wie?
FENTON.
Trotz allen Euren Tyrannein
Wird Anna doch die Meine sein!
REICH scheinbar gutmütig.
Herr Nachbar! Bringt Euch nicht in Wut,
Für Euch ist Anna viel zu gut!
Was soll das törichte Beginnen?
Ich bitt‘ Euch, wollt Euch besinnen!
Was nützen Euch die Narretein?
Sie kann doch nie die Eure sein!
Nein, nein, nein, nein!
Er läßt Fenton stehen und begibt sich in sein Haus.
Verwandlung
Zimmer in Fluths Hause
Im Hintergrunde zwei Türen wovon die linke inwendig zu verriegeln und mit einem praktikablen Schlüssel zu verschließen ist. Diese führt auf den Hausflur. Zwei Seitentüren. Rechts gegen den Hintergrund steht eine spanische Wand. Links gegen den Hintergrund ist ein großer Waschkorb hingestellt. Zwischen beiden Türen des Hauptgrundes befindet sich ein zugemachter Kleiderschrank, worin mehrere Weiberröcke hängen. Im Vordergrunde links ein Tisch mit Lichtern nebst Stuhl.
Fünfter Auftritt
Frau Fluth.
Nr. 3. Rezitativ und Arie
FRAU FLUTH tritt aus der Seitentür links.
Nun eilt herbei, Witz, heitre Laune,
Die tollsten Schwänke, List und Übermut!
Nichts sei zu arg, wenn’s dazu diene,
Die Männer ohn‘ Erbarmen zu bestrafen!
Das ist ein Volk! – So schlecht sind sie,
Daß man sie gar genug nicht quälen kann!
Vor allem jener dicke Schlemmer,
Der uns verführen will! – Hahahaha!
Er soll es büßen!
Doch wenn er kommt – wie werd‘ ich mich benehmen müssen …?
Was werd‘ ich sagen … halt! Ich weiß es schon!
Zornig.
Verführer! Warum stellt Ihr so
Der tugendsamen Gattin nach?
Warum? Verführer!
Den Frevel sollt‘ ich nie verzeihn,
Nein, nie!
Mein Zorn müßt‘ Eure Strafe sein.
Jedoch – des Weibes Herz ist schwach!
Ihr klagt so rührend Eure Pein –
Ihr seufzt – mein Herz wird weich.
Nicht länger kann ich grausam sein,
Und ich gesteh‘ es – schamrot – Euch ein:
Mein Ritter, ach! Ich liebe Euch!
Sie lacht.
Hahahaha! – Er wird mir glauben!
Verstellen kann ich mich fürwahr;
Ein kühnes Wagstück ist es zwar,
Allein den Spaß kann man sich schon erlauben.
Frohsinn und Laune
Würzen das Leben,
Und zu vergeben
Ist wohl ein Scherz.
So zum Vergnügen
Darf man schon lügen,
Bleibt nur voll Liebe,
Voll Treue das Herz.
Drum voll Vertrauen
Wag‘ ich die Tat:
Listige Frauen,
Die wissen sich Rat!
Sechster Auftritt
Frau Reich. Frau Fluth.
FRAU REICH tritt behutsam ein. Nun, Frau Gevatterin, ist alles fertig?
FRAU FLUTH. Ach, da seid Ihr ja schon! Das ist herrlich! Seht nur den gewaltigen Waschkorb, den ich habe hersetzen lassen.
FRAU REICH lacht. Hahahaha! Und die Knechte sind bereit?
FRAU FLUTH. Sie warten nur auf meinen Ruf; Ihr habt doch auch das Eure getan?
FRAU REICH. Wie wir verabredet haben. Ich habe an Euren Mann ein Briefchen geschickt, worin er erfährt, daß er heute in der Dämmerungsstunde bei seiner Frau einen Liebhaber ertappen könne.
FRAU FLUTH. Herrlich! So sollen sie beide bestraft werden; mein Mann für seine ewige Eifersucht …
FRAU REICH. Und der dicke Junker für seine Frechheit! Er wird gewiß gleich hier sein, denn die Stunde, zu der wir ihn bestellt haben, hat schon geschlagen.
FRAU FLUTH. So eilet fort auf Euren Posten und vergeßt Eure Rolle nicht!
FRAU REICH. Seid unbesorgt! Sie will durch die Tür im Hintergrunde.
FRAU FLUTH. Nein, hier hinaus! Sie deutet auf die Seitentüre. Damit er Euch nicht etwa begegnet! Von jener Kammer könnt Ihr durch eine Tapetentür wieder auf den Hausflur.
FRAU REICH. Ich weiß, ich weiß! Haltet Euch tapfer!
FRAU FLUTH. Fort, fort, ich hör‘ ihn schon!
FRAU REICH geht durch die bezeichnete Tür ab.
FRAU FLUTH. Nun komm, alter Sünder! Wir wollen dich Mores lehren. Sie setzt sich an den Tisch und tut nachdenkend.
Siebenter Auftritt
Frau Fluth. Falstaff, der den Riegel vor die Tür schiebt. Dann Frau Reich von außen.
Nr. 4. Finale
FALSTAFF mit Emphase.
So hab‘ ich dich errungen,
Du schönster Edelstein!
Komm her und sei umschlungen,
Stolz.
Sollst meine Lady sein!
Er will sie umfassen.
Ja, du sollst meine Lady sein!
FRAU FLUTH sich verschämt stellend.
Ach, liebster Junker! Laßt mich doch …
FALSTAFF.
Wie, schöne Frau, du zitterst noch?
Sei, Weibchen, ohne Sorgen
Und zier dich länger nicht!
FRAU FLUTH.
So sprecht Ihr heut, doch morgen
Kennt mich der Ritter nicht.
FALSTAFF.
So wahr ich treu und immer nüchtern …
FRAU FLUTH.
Ich trau‘ Euch nicht sogleich –
FALSTAFF.
Komm, Herzchen, sei doch nicht so schüchtern –
FRAU FLUTH.
Ich trau‘ Euch nicht sogleich.
Liebt Ihr nicht auch Frau Reich?
FRAU REICH erscheint in der Tür, horchend.
FALSTAFF.
Wie? Was? Jene alte Schachtel?
Das wär‘ mir ein Geschmack!
Die hüpft wie eine Wachtel –
Er wiegt sich hin und her.
Frau Reich droht ihm.
FALSTAFF.
Und schnupft dabei Tabak!
Nein, nein! Was fällt Euch ein?
Da müßt‘ ich wirklich närrisch sein!
Frau Reich verschwindet.
FRAU FLUTH.
Nun gut! Ich will dir glauben,
Zärtlich.
Du schmucker Ritter, du!
FALSTAFF plump.
Komm, lieblichste der Tauben,
Gib meiner Seele Ruh!
FRAU REICH von außen, klopft an die verriegelte Tür.
Frau Fluth!
FRAU FLUTH sich erschrocken stellend.
Man klopft!
FRAU REICH.
Frau Fluth! Macht auf geschwind!
FRAU FLUTH.
Weh mir!
FALSTAFF ängstlich und leise.
Was nun? Sprich, süßes Kind!
FRAU REICH klopft.
Frau Fluth! Macht auf!
FALSTAFF.
Hilf, Himmel!
FRAU REICH.
Geschwind!
FRAU FLUTH laut.
Ja doch, gleich!
Leise.
Hier, teurer Sir, versteckt Euch!
Sie versteckt Falstaff hinter die Tapete.
FRAU REICH pocht von neuem.
Frau Fluth! Macht auf!
FRAU FLUTH.
Ja doch, gleich!
Sie gebt die Tür öffnen.
Achter Auftritt
Die Vorigen. Frau Reich.
FRAU FLUTH.
Frau Reich, seid Ihr’s?
FRAU REICH.
Ja, ich.
FRAU FLUTH.
Was bringet Ihr?
FRAU REICH
Atemlos.
O weh! Ich bin ganz außer mir!
FRAU FLUTH.
Was gibt’s? So sprecht!
FRAU REICH.
Ach, Euer guter Ruf ist hin!
FRAU FLUTH wie zornig.
Wieso, Frau Nachbarin?
FRAU REICH.
Ach, Euer Mann ist toll vor Wut.
O rettet Euch, sonst fließt noch Blut!
FRAU FLUTH leise, aber sehr eindringlich gesprochen, nicht gesungen.
Sprich lauter!
Laut, singt.
Gott! Was will er nur?
FRAU REICH sehr laut.
Er schreit, er sei Euch auf der Spur,
Ihr hättet Euren Liebsten hier …
FRAU FLUTH.
Ich bin verloren! Ratet mir!
FRAU REICH.
Unglückliche! So wär‘ es doch …
FRAU FLUTH weinerlich.
Ach ja – es ist –
Leise, gesprochen.
Sprich lauter noch!
FRAU REICH schreiend.
Ihr seid verloren, alle zwei!
Halb Windsor führt er schon herbei,
Und findet er den andern noch,
Sticht er ihn tot!
FRAU FLUTH verzweifelnd.
So helft mir doch!
FRAU REICH nach einigem Nachsinnen.
Seht, da steht ein Korb, just nicht zu klein,
Wir stecken da den Mann hinein.
FRAU FLUTH.
Wie? Da hinein?
FRAU REICH.
Nur so entgeht er dem Geschick.
FRAU FLUTH.
Ach Gott! Er ist ja viel zu dick!
FALSTAFF kommt hervor.
Laßt sehn den Korb geschwind!
Laßt sehn geschwind!
FRAU REICH sich erstaunt stellend.
Wie! Ritter John?
FALSTAFF ängstlich.
Ja, süßes Kind!
FRAU REICH.
Wie? Ihr seid’s, der mir ein Briefchen schrieb?
Falstaff macht Anstrengungen, um in den Korb zu steigen.
FRAU FLUTH nimmt mehrere Weiberröcke aus dem Kleiderschranke.
FALSTAFF.
Ach ja, ich bin’s, ich hab‘ dich lieb.
Ich will ja gern dein Ritter sein –
FRAU FLUTH beiseite, lachend.
Hahahaha.
FALSTAFF.
Nur hilf mir in den Korb hinein!
Er steigt hinein.
Ich will – ich muß – hinein!
FRAU REICH hilft ihm. Es geht – so, so – hinein.
FRAU FLUTH einen Weiberrock über ihn deckend.
Geschwind, geschwind!
FALSTAFF.
O süße Fluth!
FRAU REICH deckt auch einen Rock über ihn.
Geschwind, geschwind!
FALSTAFF.
O teure Reich! Ich lie –
BEIDE FRAUEN ihn unterduckend.
Hinein, hinein!
Und schweigt! Haha!
Nun, lieber Junker, freuet Euch!
FALSTAFF noch einmal hervorguckend.
Ich liebe Euch!
Er verschwindet unter der Wäsche.
BEIDE FRAUEN.
Hinein!
Nun, lieber Junker, freuet Euch!
FRAU FLUTH hinausrufend.
He, Knechte!
Neunter Auftritt
Die Vorigen. Zwei Knechte mit Tragstangen.
FRAU FLUTH.
Nehmt die Wäsche dort
Und tragt sie auf die Bleiche fort.
Da schüttet’s in den Graben gleich!
Versteht ihr?
FRAU REICH.
Ihr schüttet’s in den Graben gleich!
BEIDE.
Hahahaha! Nun, lieber Junker, freuet Euch!
Die Knechte sind im Begriff, den Korb auf die Schultern zu heben.
Zehnter Auftritt
Die Vorigen. Herr Fluth. Herr Reich. Dr. Cajus. Junker Spärlich. Bürger. Frauen.
FLUTH wütend.
Herein, herein! Kommt all‘ herein!
Ihr alle sollt zugegen sein!
He, Knechte, halt! Wo wollt ihr hin?
FRAU FLUTH.
Fort, fort, und tragt’s zur Wäscherin!
Die Knechte tragen den Korb hinaus.
FRAU FLUTH.
Was willst du?
FLUTH.
Ha, Falsche!
FRAU FLUTH.
Was willst du, du eifersücht’ger Mann?
Was gehn dich meine Körbe an?
FLUTH sie bei der Hand nehmend.
Falsche! Jetzt wirst du ertappt,
Du hast dich lang genug verkappt!
FRAU FLUTH.
Ach, liebes Männchen!
FLUTH.
Schlange, fort!
REICH zu Fluth.
Beruhigt Euch!
CAJUS.
Quel horreur!
FLUTH.
Kein Wort!
Hier sind die Schlüssel, kommt alle mit mir!
Wir finden ihn gewiß noch hier!
HERR UND FRAU REICH.
Herr Nachbar, nehmt Vernunft doch an!
CAJUS.
Il est jaloux furieusement!
FRAU FLUTH.
Nimm Vernunft doch an!
Ach, liebster Mann …
ALLE.
O weh! Welch eifersücht’ger Mann!
FLUTH.
Ein jedes Weib betrügt den Mann –
SPÄRLICH plötzlich von anderen Gedanken ergriffen für sich.
O süße Anna!
Er versinkt im Nachdenken.
FLUTH.
Und setzt ihm tücht’ge Hörner an!
Alle wiederholen und gehen dann in verschiedene Türen ab, bis auf Frau Fluth und Frau Reich.
Elfter Auftritt
Frau Fluth. Frau Reich.
FRAU FLUTH U. FRAU REICH lachend.
Hahahaha?
FRAU REICH.
Geht nur!
FRAU FLUTH.
Sucht nur!
BEIDE.
Ist das ein Spaß!
Ist das ein königlicher Spaß!
Geht nur und suchet noch ein Weilchen!
FRAU FLUTH.
Der Junker Falstaff schläft heut naß.
FRAU REICH.
Und Nachbar Fluth kriegt auch sein Teilchen.
FRAU FLUTH.
Doch damit ist es nicht genug,
Wir müssen ihn noch öfter prellen!
FRAU REICH.
Gewiß! So wollen wir ihn fein und klug
Auf morgen noch einmal bestellen.
BEIDE.
Gewiß, ein Weib kann schlau und fein
Und doch dabei stets ehrlich sein!
Zwölfter Auftritt
Die Vorigen. Herr Fluth. Herr Reich. Dr. Cajus. Junker Spärlich. Bürger, Frauen.
FRAU FLUTH.
Da sind die Jäger wieder
Und haben nichts gejagt.
FRAU REICH heimlich zu ihr.
Nun setz dich weinend nieder
Und stell dich recht verzagt!
FLUTH zu einigen Männern.
Nichts? …
DIE MÄNNER.
Nichts! …
Frau Fluth hat sich weinend in einen Sessel geworfen.
FRAU REICH mit Frau Fluth beschäfligt, unterstützt sie.
So sagt doch, was Euch fehlet?
FRAU FLUTH weinend.
Ich sterb‘ vor Gram und Schmerz!
FRAU REICH zu Fluth mit Vorwurf.
Ihr habt sie so gequälet,
Das arme treue Herz!
Da schaut die Ärmste an, Tyrann!
ALLE zu Fluth.
Tyrann, Tyrann!
FRAU FLUTH aufstehend.
Ach, ach, ach,
Ach, einst in jenen Tagen,
Wo er mir Treue schwur,
Da kannt‘ ich keine Klagen,
Sein Herz war Liebe nur.
Doch blinde Wut beseelet
Ihn jetzt o Pein und Not!
Der Eifersücht’ge quälet
Mich arme Frau zu Tod!
Er quälet mich zu Tod!
Sie weint.
FLUTH.
Ich kam, ein Wild zu jagen,
Und finde keine Spur.
FRAU REICH.
Die Eifersücht’gen plagen
Sich selbst und andre nur.
FLUTH.
Der Teufel mußt‘ mich plagen –
Unglückliche Natur!
FRAU REICH.
Er kam, ein Wild zu jagen –
FRAU FLUTH UND FRAU REICH.
Und findet keine Spur.
FRAU FLUTH.
Ach, einst in jenen Tagen usw. usw.
FLUTH.
Die Eifersucht beseelet
Mein Herz – o Pein und Not!
Ihr falschen Weiber quälet
Uns arme Männer tot!
DIE ANDERN.
Er kam, ein Wild zu jagen,
Und findet keine Spur;
Die Eifersücht’gen plagen
Sich und die andern nur.
Oh, wie er wütet,
Er quält die Frau noch tot.
Ach, Euer Zweifel quält
Die arme Frau zu Tod.
Der Eifersücht’ge, wie er sie quälet
Und wütet ohne Not.
FLUTH demütig.
Verzeih, mein liebes Weibchen!
Verzeih, ein Brief vertraute mir,
Es sei der Ritter John bei dir …
FRAU FLUTH sich zornig stellend.
Wie? Was? Entsetzlich!
Abscheulicher! Ich hab‘ es satt,
Nicht länger will ich leiden!
Erfahren soll die ganze Stadt,
Was man mit dir für Plage hat.
Noch heut laß ich mich scheiden.
ALLE.
Oho!
FRAU FLUTH.
Noch heut laß ich mich scheiden.
ALLE.
Tyrann! Tyrann!
FLUTH.
Ach, der verwünschte Brief nur hat
Verursacht all dies Leiden.
So seid doch still – nun hab‘ ich’s satt,
So schweig doch still, ich hab‘ es satt,
Du schreist ja auf die ganze Stadt!
Das sind die Eh’standsfreuden!
FRAU FLUTH.
Erfahren soll die ganze Stadt,
Was man mit dir für Plage hat.
Ich – laß – mich – scheiden!
ALLE ANDERN.
Tyrann! Tyrann! Das alles hat
Sie unverdient zu leiden!
Erfahren soll die ganze Stadt,
Was sie mit Euch für Plage hat,
Mit Recht läßt sie sich scheiden.
Zweiter Aufzug
Spielt am Morgen des folgenden Tages.
Gastzimmer im Gasthause zum Hosenbande
Mit einer Tür im Hauptgrunde und zwei Seitentüren, wovon die rechts zu Falstaffs Zimmer führt. Im Hintergrunde eine Schenkbank mit aufgehängten bleiernen Henkelkrügen. Verschiedene Tische mit rohen Stühlen und Bänken.
Erster Auftritt
Falstaff.
FALSTAFF tritt aus seinem Zimmer. Kellner! Hol die Pest alle Liebesabenteuer und Weibertücken. – Wenn mich je wieder so eine Sirene verleitet, soll man mich wie einen Hasen an den Hinterbeinen beim Wildhändler aufhängen. Kellner! – Wenn Ehrlichkeit nicht vom Angesicht der Erde verschwunden ist, so bin ich ein ausgenommener Hering! – Hol die Pest alle Weiber! – Kellner!
Zweiter Auftritt
Falstaff. Kellner.
KELLNER eintretend. Habt Ihr gerufen, Sir John?
FALSTAFF. Kannst du bei dem Gebrülle noch fragen, harthöriger Schlingel? Ich will dir die Ohren abschneiden und sie als Delikatesse nach Konstantinopel schicken. Hol Sekt, du Schuft!
KELLNER. Ja, Sir John, aber erst, wenn Ihr die alten Schulden bezahlt habt.
FALSTAFF. Schulden bezahlen, das tue ich nie, das ist doppelte Arbeit. Wer Schulden bezahlt, dem sollte man mit einer Wagendeichsel einen Nasenstüber geben. Jetzt, Sklave, gehorche oder ich lasse die Klinge auf deinem Rücken tanzen, daß du glauben sollst, es sei des Teufels Fiedelbogen und du die Geige dazu. – Kerl, schaffe Sekt oder ich verdurste, ich verschmachte, ich schrumpfe zusammen wie ein gebratener Apfel und werde melancholisch wie ein Affenpintscher, hol Sekt, süßer Knabe!
KELLNER. Nein!
FALSTAFF. Du Schuft, hole Sekt oder ich prügle dich in einen Flaschenhals hinein.
KELLNER. Hört auf, Sir John, ich will noch welchen holen. Er geht ab.
FALSTAFF allein. Oh, was habe ich erleben müssen, mich, den ehrenwerten Sir John Falstaff, auf die Bleiche tragen und in den Schlamm ausschütten wie einen elenden Lappen! Wasser, abscheuliches Wasser strömte mir in meine Gurgel. Oh, es war entsetzlich! Ich wäre ertrunken, wäre das Ufer nicht so seicht und sandig gewesen. Wasser trinken! Brrr! Das schwellt den Menschen auf, und was für eine Figur wäre aus mir geworden, wenn ich noch in Schwellung geraten wäre!
Kellner bringt Sekt und geht wieder.
FALSTAFF setzt sich und greift nach der Kanne. Komm her, alte Freundin, und mache mich die fürchterliche Strapaze vergessen! Er schenkt ein und trinkt. Was aber werd’ich nun unternehmen? Ich muß Künste ersinnen, ich muß mein Glück verbessern! – Mit jenen schmucken Weibchen wäre das herrlich gegangen, denn beide haben steinreiche Männer und führen die Schlüssel zu den Geldkästen. Die sollten meine Schätze werden, und ich wollte sie brandschatzen! – Aber nun? Er sinnt nach. – Der Kellner tritt ein mit einem Brief.
KELLNER. Hier, Sir John, bringe ich Euch ein Briefchen, das eine Frauensperson soeben abgegeben hat.
FALSTAFF. Gib her! Der Kellner bleibt neugierig stehen; Falstaff fährt ihn an, worauf er erschroc ken hinter die Schenkbank läuft, wo er sich zu schaffen macht. Falstaff öffnet den Brief. Wie? Von Frau Fluth? Ärgerlich. Ach was! Ich habe ihretwegen den ganzen Bauch voll Flut bekommen! Aber laß doch sehen! Er liest mit Mühe. »Ich bin untröstlich über Euren gestrigen Unfall! Doch seid verschwiegen und kommt heute wieder. Um neun Uhr geht mein Mann zur Vogelbeize fort und dann …« In Ekstase. Ha, siehst du nun, alter Hans?! Nur immer vorwärts! Schielen sie noch nach dir? Das verdankst du deiner wackern Figur, die du mehr in Ehren halten solltest, als du bisher getan hast! Vorwärts drauf! Die Weiber sollen meine Taschen wieder füllen.
STIMMEN VON AUSSEN. Heda! Sekt her! Kellner!
Dritter Auftritt
Falstaff. Bürger, zur Vogelbeize gerüstet. Kellner.
KELLNER. Ha, da kommen schon die Herren Bürger zum Morgentrunk. Guten Morgen, verehrte Herren!
ERSTER BÜRGER. Mach fort und bring uns eine Kanne guten Sekt!
KELLNER. Sogleich, ihr Herren!
FALSTAFF. He, Robert, eine frische Kanne! Sie wird ihm gebracht.
ERSTER BÜRGER zum zweiten. Ach, da sitzt ja der dicke Sir John, wegen dem Fluth gestern unnützerweise den tollen Spektakel machte. Wir wollen ihn anreden. Er tritt zu Falstaff. Ei, Herr Ritter, es freut mich, Euch wohlauf zu sehen.
FALSTAFF. Gleichfalls, gleichfalls! Tausend, ihr seid ja ordentlich ausgerüstet! Wo wollt ihr denn heut schon so früh hin?
ZWEITER BÜRGER hinzutretend. Wir ziehen heute früh alle auf die Vogelbeiz.
MEHRERE BÜRGER. Wir auch!
FALSTAFF. Ach so! Und wollt ihr euch wohl zuvor mit einem guten Glas Sekt die Augen klar waschen? Na, da tut ihr recht, Jungens, denn Trinken, das hält den ganzen Menschen zusammen. – Na, auf gute Jagd! Er nimmt seinen Humpen.
DIE BEIDEN BÜRGER ihre Becher ergreifend. Euer Wohlsein, Sir John!
FALSTAFF. Aber brav ausgeleert, ihr Maikäfer! Verächtlich. Ihr habt ja so nur Nußschalen zu Bechern!
ERSTER BÜRGER. Hoho, Sir John! Was Ihr vertragt, das kann ich auch noch prästieren!
ZWEITER BÜRGER. Ich auch! – Drauf wollt ich wetten!
FALSTAFF aufstehend. So? – Meint ihr? – Also wer von uns am meisten trinkt, geht bei der Zeche umsonst aus!
DIE BEIDEN BÜRGER. Es gilt! Es gilt!
FALSTAFF beiseite. Na wartet, das soll euch schlecht bekommen! Laut. Vorwärts also! Die ganze Kanne genommen, wie ich, und auf einmal ausgesogen!
Die beiden Bürger holen ihre Kannen. Die andern treten mit herzu.
FALSTAFF seine Kanne in der Hand. Der Wein soll leben.
ALLE. Hoch!
Die andern trinken aus Bechern. Falstaff und die beiden Bürger leeren auf einen langen Zug ihre ganzen Kannen und machen die Nagelprobe. Der Kellner steht schon mit frischgefüllten Kannen bereit.
FALSTAFF. Bravo! Na, ihr habt einen ganz passablen Zug! Wenn er nur aushaltig ist! – Wir werden ja sehen! – Ihr könnt doch noch?
ERSTER BÜRGER zum zweiten leise. Kannst du noch?
ZWEITER BÜRGER bedenklich. Ich will’s versuchen.
ERSTER BÜRGER zu Falstaff. Ja, ja, wir können noch!
FALSTAFF. Also zum zweiten Gang! Sie tauschen die ausgetrunkenen Kannen gegen die frischgefüllten um. Nun aber ein lustiges Lied dazu, damit das Turnier ordentlich im Takt geschlagen werden kann!
Nr. 5. Lied
I.
FALSTAFF.
Als Büblein klein an der Mutter Brust,
Hop heisa bei Regen und Wind,
Da war der Sekt schon meine Lust,
Denn der Regen, der regnet jeglichen Tag.
Komm, braune Hanne, her,
Reich mir die Kanne her,
Füll mir den Schlauch!
Lösch mir der Kehle Brand,
Trinken ist keine Schand‘,
Bacchus trank auch, ja,
Bacchus trank auch.
Er spricht.
Nun! in Positur!
Gesungen.
Haltet euch bereit!
CHOR.
Bereit!
FALSTAFF.
Macht die Kehlen weit!
CHOR.
Weit!
FALSTAFF.
Eins – zwei – und –
CHOR.
Drei!
Falstaff und die zwei Bürger trinken.
CHOR.
Bravo!
Falstaff und der erste Bürger haben ausgetrunken, machen eine Nagelprobe und geben ihre Kannen an den hinter ihnen stehenden Kellner. Der zweite Bürger kann aber mit seinem Zuge nicht fertig werden, schluckt mehrmals, fängt an zu wanken und läßt endlich die Hand mit dem Kruge sinken, aus dem noch ein Rest Wein fließt.
Gesprochen.
ZWEITER BÜRGER.
Es geht – nicht mehr! …
Einige Bürger unterstützen ihn.
FALSTAFF.
Was sehe ich? Mann, erhole dich! –
Wahrhaftig, der Kerl ist schon hin! Tragt ihn hinaus und legt ihn auf den Rasen!
EINIGE BÜRGER tragen den zweiten Bürger hinaus und singen dazu.
Sie trugen einen hin, der trank,
Bis daß vom Wein er niedersank,
Gott Bacchus geb ihm sanfte Ruh!
Schlaf aus, du armer Zecher, du!
FALSTAFF spricht. Nun, der hat für heute genug! Zum ersten Bürger. Und du, mein Freund, es kommt mir vor, als wolltest du auch etwas wacklig werden! Kannst du noch?
ERSTER BÜRGER sehr heiter. Ja, ich kann noch!
FALSTAFF. Das ist brav! Wohlan denn, noch eine Kanne! Ich wollte, du hieltest noch lange Stich, denn was mich betrifft, mein Freund, siehst du … Auf seinen Bauch deutend. da drin haben noch viele Kannen Platz!
Beide haben unterdessen schon zwei frische Kannen genommen.
II.
FALSTAFF singt.
Und als ich vertreten die Kinderschuh‘,
Hop heisa bei Regen und Wind,
Da schlossen die Mädel sich vor mir zu,
Denn der Regen, der regnet jeglichen Tag.
Und ist die Tasche leer,
Und wird die Flasche leer,
Kommt Würfel raus!
Glück ist ein spröder Gast!
Wer es beim Schopfe faßt, –
ERSTER BÜRGER versucht mitzusingen, konfus, aber heiter.
Glück ist ein spröder Gast – Schopfe faßt –
VIERTER BÜRGER zum ersten, spricht, ihn abhaltend.
So schweig doch still!
FALSTAFF.
Führt es nach Haus, ja,
Führt es nach Haus!
FALSTAFF zum ersten Bürger, gesprochen. Kerl, du singst ja falsch wie ein Rabe! Nun, so halt wenigstens ordentlich Takt! – In Positur! Gesungen. Haltet euch bereit!
CHOR.
Bereit!
FALSTAFF.
Macht die Kehlen weit!
CHOR.
Weit!
FALSTAFF.
Eins – zwei – und –
CHOR.
Drei!
Nach dem Trinken.
Bravo!
FALSTAFF UND DER ERSTE BÜRGER trinken aus in langem Zuge und reichen die geleerten Kannen dem Kellner zurück. Während des Trinkens schon nimmt Falstaff Würfel aus seiner Tasche und schüttelt damit. Unmittelbar nach dem Austrinken wirft er auch schon, indem er an den Tisch getreten ist und sagt. Gut stehn sie! Seht da, Jungens! Wer hält sechs Pence?
ERSTER BÜRGER schon taumelnd, aber immer sehr heiter. Ich – halte – ich – Er nimmt die Wür fel. Seht da – gut steh – Er fällt vornüber der Länge nach um.
FALSTAFF. Gut stehn sie! – Da liegt der Tölpel! – Fort aus meinen Augen mit diesem Belege von Unmäßigkeit und Völlerei! Der erste Bürger wird hinausgetragen. Aber vergeßt nicht, daß er fünfzehn Pence an mich verloren hat, denn Spielschulden sind Ehrensachen.
DRITTER BÜRGER Karikatur, hinkt, ist etwas bucklig und spricht im Diskant. Das muß wahr sein, Sir John, Ihr seid ein gewaltiger Held, und wir gestehen Euch nach Gerechtigkeit zu, daß Ihr die Zeche gewonnen habt! Es lebe Sir John!
ALLE. Er lebe!
VIERTER BÜRGER. Doch nun müssen wir machen, daß wir fortkommen, es wird sonst zu spät zur Vogelbeiz.
DRITTER BÜRGER. Ja, gehen wir!
Alle gehen ab durch die Haustür.
FALSTAFF den Bürgern nachsehend. Ich wünsche euch, daß ihr lauter solche Galgenvögel, wie ihr selber seid, fangen und euch untereinander die Hälse umdrehen mögt! – Ist das ein schlechtes Gesindel! – Diese Heimchen wollen mit dem alten Hans um die Wette trinken! Diese Pfennigsgurgeln! – Wenn’s nur bald Zeit wäre, zu der kleinen Fluth zum Stelldichein zu gehen! – Ha, ich fühle mich so wohl, so wohl!
Vierter Auftritt
Falstaff. Der Kellner mit einer Flasche Wein und zwei Gläsern.
KELLNER. Verzeiht, Sir John! Ich soll Euch hier diese Flasche echten Madeira überbringen, die Euch ein Gentleman nebst seinem besten Gruße zum Morgentrunk anbieten läßt. Er stellt die Flasche, die er öffnet und die Gläser auf den Tisch.
FALSTAFF. Wer ist es denn, mein Junge?
KELLNER. Ein Kavalier, der sich Sir Bach nennt. Er sitzt im andern Zimmer und läßt um die Ehre bitten, Euch aufwarten zu dürfen.
FALSTAFF. Bäche von solchen Quellen laß ich mir gefallen! Leite diesen Bach hierher, mein Junge.
Kellner geht ab in das Seitenzimmer links.
FALSTAFF. Es ist doch etwas Herrliches, einen günstigen, großen Ruf wie ich zu besitzen; alle Kavaliere drängen sich zu meiner Bekanntschaft. – Ha, da kommt er schon.
Fünfter Auftritt
Falstaff. Herr Fluth, als Bach verkleidet.
Nr. 6. Rezitativ und Duett Reztativ
FLUTH. Gott grüß Euch, Sir! Ich bin sehr hochbeglückt, den großen, den weltberühmten Ritter John Falstaff hier zu sehn!
Gegenseitige Verbeugung.
FALSTAFF geschmeichelt. Oh! … Ihr beschämt mich! Beiseite. Ein charmanter Mann!
FLUTH.
Mein werter Sir, ich war so dreist,
Euch einen Morgentrunk hierher zu senden.
FALSTAFF.
Ist’s Euch genehm, so trinken wir ihn gleich.
FLUTH.
Von Herzen gerne!
Falstaff schenkt ein sie verbeugen sich gegeneinander.
BEIDE.
Wohl bekomm‘ es Euch! Sie trinken.
FALSTAFF. Vortrefflich! – Doch wer seid Ihr, werter Sir? Und was führt Euch zu mir?
FLUTH. Ich heiße Bach.
FALSTAFF. Bach!
FLUTH.
Und bin ein Mann,
Der vieles durchgebracht.
FALSTAFF.
Da habet Ihr, Herr Bach, es ganz wie ich gemacht.
FLUTH.
Doch bleibt mir noch ein gutes Sümmchen übrig,
Das ich nicht schonen will bei einem Unternehmen,
Zu dem ich Euern Rat erbitten möchte.
FALSTAFF.
Ein Abenteuer?
FLUTH.
Ja, so ist’s – und da Ihr, teurer Sir,
Als ein galanter Kavalier bekannt,
Den jede Frau erhört, so wend‘ ich mich an Euch.
Erfahret denn:
Geheimnisvoll.
ich bin verliebt zum Rasen
In eine Madame Fluth und muß die Frau besitzen,
Und wenn ich drüber sterben soll!
FALSTAFF für sich.
Ha, alle Wetter, das wird int’ressant!
Der kommt in mein Gehege!
Laut.
Ich kenn‘ sie wohl, es ist ein liebes Weibchen!
FLUTH beiseite.
Du Höllenhund!
Laut.
Doch ist sie stets bewacht
Von ihrem eifersüchtigen Gemahl.
Kennt Ihr ihn auch?
FALSTAFF.
Ich hab‘ ihn nie gesehn,
Doch sagt man allgemein, er sei ein ausgemachter Narr
Und habe sehr viel Geld.
FLUTH beiseite.
Die Pest in deinen Hals!
Laut.
Mein teurer Sir –
Weil dieses Weibchen mich durchaus verschmäht,
So bitt‘ ich Euch, probiert bei ihr das Glück!
Ihr seid ein feiner, ein sehr gewandter Mann,
Dem sie gewiß nicht widerstehen kann!
FALSTAFF geschmeichelt.
Ihr traut mir sehr viel zu –
FLUTH beiseite.
Ja, jede Schändlichkeit!
Laut.
Doch damit alle Mittel zu Gebote stehn,
Erlaubet Ihr mir wohl, den Beutel Gold
Euch zur Verfügung hier zu lassen …
Er legt einen Beutel mit Gold auf den Tisch.
FALSTAFF für sich.
Nun, das wird doch ein Esel sein!
Zu ihm.
Herr Bach! Ihr seid ein wackrer Mann!
Ich zweifle nicht, das Weibchen zu erobern.
FLUTH heftig.
So, glaubt Ihr? –
Sich fassend.
Oh, das wäre herrlich!
FALSTAFF.
Allein, was habt denn Ihr davon,
Wenn sie mich nun erhört?
FLUTH.
Das ist ganz einfach. Seht,
Sie deklamieret stets von ihrer Tugend;
Doch könnt‘ ich vor sie treten
Mit irgendeiner sicheren Entdeckung
Vom Gegenteil, so würd‘ auch ich erhört.
FALSTAFF.
Ist’s weiter nichts als das? Da helf‘ ich Euch sogleich!
FLUTH beiseite.
Ich komme um vor Wut!
Laut.
Wie das? Erkläret Euch!
FALSTAFF lacht.
Hahahaha! Euch kann ich es ja sagen – so hört:
Langsam und sehr selbstgefällig.
Ich habe selbst seit ein’gen Tagen
Mit ihr ein zärtliches Verhältnis.
FLUTH auffahrend.
Tod und Teufel!
FALSTAFF.
Was sagt Ihr, Sir?
FLUTH sich fassend.
Ich sagt‘ … ich hege keinen Zweifel
Und bin vor Freude außer mir!
Erzählt doch weiter!
FALSTAFF.
Ich hatte gestern schon ein Stelldichein bei ihr,
Doch als wir eben im vertraulichen Gespräch,
Da kommt ihr Mann, der Narr,
Der eifersücht’ge Kerl gelaufen
Mit einem ganzen Rudel Nachbarn. Weiß der Teufel,
Woher er Wind bekommen von der Sache;
Genug – er kam und tobt‘ und schrie
Umher, als wär‘ er toll.
FLUTH erstaunt.
Als Ihr noch da war’t?
FALSTAFF.
Nun freilich! – Doch zum Glücke
War eben eine Freundin da,
Die des Verwünschten Ankunft eilig uns verriet.
Die lieben Weibchen, sie wußten schnell zu helfen
Und sie versteckten mich in –
FLUTH.
Nun?
FALSTAFF.
In einem großen Waschkorb.
Duett.
FLUTH.
In einem Waschkorb?
FALSTAFF.
Ja, Sir Bach, nun denkt Euch nur!
Die gewichtige Statur!
Eingepökelt lag ich drinnen,
Ganz bedeckt mit alten Linnen,
Bis der Themse schnöde Flut
Kühlte meiner Liebe Glut.
Ach, Sir Bach, bedenket nur,
Die gewichtige Statur!
FLUTH.
I! Das geht mir wirklich nah!
Traurig ist, was Euch geschah.
Ihr seid herzlich zu beklagen!
Alles das habt Ihr ertragen
Um die niedliche Frau Fluth?
Ei, was doch die Liebe tut!
FALSTAFF.
Ja, denkt nur!
FLUTH.
Ei, was doch die Liebe tut.
Doch da ist wohl das Verlangen
Nach dem Weibchen Euch vergangen?
FALSTAFF.
Ja beinah – denn hätt‘ ich Lust,
Läg‘ sie heut noch an meiner Brust.
FLUTH für sich.
Himmel! Hölle! – Fassung! Ruh!
Freundlich.
Wie? So schnell käm’t Ihr dazu?
FALSTAFF.
Ja, ein Sieg ist leichte Mühe,
Wenn man so wie ich gefällt,
Und sie hat auf heute frühe
Mich schon wieder hinbestellt.
Dann wird ihr Mann, das Ungeheuer,
Auf die Vogelbeize gehn …
Ein Weibchen, fängt es einmal Feuer,
Bleibt nicht auf halbem Wege stehn!
Bleibt nicht so leicht auf halbem Wege stehn.
FLUTH.
Nun, Ihr geht doch hin, Sir John?
FALSTAFF steckt den Beutel mit Geld ein.
Euch zuliebe tu ich’s schon.
FLUTH.
Tausend Dank, mein werter Sir!
Beiseite.
Walfisch! Das bezahlst du mir!
FALSTAFF.
Zeit ist’s schon zum Stelldichein,
Und das Täubchen wird schon spähen.
BEIDE nacheinander.
Heut wird alles besser gehen,
Und wir werden glücklich sein!
Welche Hoffnung! Welche Freude!
Nur geschwind zum Stelldichein!
FALSTAFF.
Wie freu‘ ich mich, wie freu‘ ich mich,
Wie treibt mich das Verlangen!
Wir beide kriegen sicherlich
Das Weibchen noch zu fangen
Und drehen ihrem Ehemann
Ein paar gewalt’ge Hörner an.
Hahahahahaha!
FLUTH.
Ha! Wie freu‘ ich mich, wie freu‘ ich mich,
Wie treibt mich das Verlangen!
Noch heut bekomm ich sicherlich
Den saubern Herrn zu fangen;
Mit wahrer Wonne denk‘ ich dran,
Wenn ich dich tüchtig prügeln kann!
Hahahahahaha!
BEIDE.
Wie freu‘ ich mich,
Wie treibt mich das Verlangen!
Wir beide kriegen sicherlich
Das Weibchen noch zu fangen!
Welche Hoffnung! Welche Freude!
Es ruft die Stunde schon zu ihr zum Stelldichein,
Wir werden sicher heute beide glücklich sein,
Sie umarmen sich.
Lebt wohl denn!
FLUTH ihn umarmt haltend, abgewandt.
Recht bald durchprügl‘ ich dich.
FALSTAFF ebenso.
Der Tölpel dauert mich!
BEIDE.
Wir werden beide glücklich sein.
Die Stunde ruft zum Stelldichein,
Wir werden beide glücklich sein!
Beide gehen ab.
Verwandlung
Garten hinter Reichs Hause, welches den Hintergrund bildet
Verschiedene Baumgruppen, wovon eine zu jeder Seite, ganz im Vordergrunde.
Nr. 7.
Szene, Romanze, Duettino und Quartettino
Sechster Auftritt
Spärlich allein.
Szene.
SPÄRLICH furchtsam auftretend.
Dies ist die Stunde, wo sie oft
Im Garten promeniert,
Vielleicht treff‘ ich sie unverhofft,
Wenn sie vorbeispaziert.
O süße Anna!
Nein, nicht länger will ich warten,
Bestürmen muß ich heut ihr Herz!
Courage, Spärlich, sei gescheit!
Herz, klopfe nicht so sehr!
Gewiß, sie sieht dein Herzeleid,
Sie widersteht nicht mehr.
Ich höre kommen,
Das wird sie sein …
Courage! – O Himmel, nein!
Nur schnell, husch, husch, husch, husch!
Ich krieche hinter diesen Busch.
Er versteckt sich hinter den Baum rechts im Vordergrunde.
Siebenter Auftritt
Spärlich versteckt. Cajus.
CAJUS.
Der sein die Stunde, wo sik oft
Miß Reiken promeniert,
Kann ick sie treffen unver’offt
Wenn sie vorbeipassiert.
Ick werden sagen de ma propre bouche …
SPÄRLICH.
Er spricht von Busch – o weh, ich bin entdeckt!
CAJUS mit Bravour.
Ick werden sagen: ßöne Reik!
Ick lieben gar ßu sehr!
Wo sein Rival, ick spießen gleik,
Ick swören par honneur!
Par exemple ce misérable Sperlik – wo stecken er – ick wollen ihm spießen wie eine Sperlink! Er zieht den Degen. Et ce gaillard de Fenton – ick wollen ihm … ick wollen ihm …
FENTON singt in der Ferne.
Horch, die Lerche singt im Hain –
CAJUS.
Ciel! Qu‘ entends-je?
Monsieur Fenton sein ßur Stell –
Er steckt den Degen ein.
Da verstecken ick mir ßnell!
Er versteckt sich hinter einem Busch auf der entgegengesetzten Seite von Spärlich.
Achter Auftritt
Die Vorigen. Fenton.
Romanze
FENTON.
Horch, die Lerche singt im Hain!
Lausche, Liebchen, still,
Öffne sacht dein Fensterlein,
Höre, was sie will.
Deutlich ist des Liedes Ton –
Wer da liebt, versteht ihn schon!
SPÄRLICH versteckt.
Spare deiner Stimme Ton.
Anna liebt mich sicher schon!
CAJUS versteckt.
Tiens! – den einen hätt‘ ick ßon!
Ick ermorden den Patron!
Während der Romanze und des folgenden Duettino werden Spärlich und Cajus nicht sichtbar, nur beim Ritornell, wo sie singen.
FENTON.
Höre, wie der milde Klang
Liebchen, sich zu dir erhebt!
Frage nicht, was der Gesang,
Teure, sehnsuchtsvoll erstrebt!
Deutlich ist des Liedes Ton,
Wer da liebt, versteht ihn schon.
Cajus und Spärlich versteckt, wie oben.
Neunter Auftritt
Die Vorigen. Anna, aus dem Hause.
Duettino.
ANNA.
Fenton!
FENTON eilt ihr entgegen.
Mein Mädchen! Doch du hast geweint?
ANNA.
Ach, schwere Sorgen muß ich leiden,
Des Vaters Wort, der Mutter Wunsch
Will uns auf ewig scheiden –
FENTON.
Und du? …
ANNA.
Ich habe keinen Willen …
FENTON.
Wie? So entsagst du mir?
Weh mir! Du liebst mich nicht!
Wie soll ich das ertragen?
Er verhüllt sein Gesicht.
ANNA liebevoll.
Fenton! Mein Fenton!
Kannst du zweifeln? Kannst du fragen?
Kennst du noch nicht meinen Sinn?
Muß ich dir noch einmal sagen,
Daß ich dein auf ewig bin?
Mag die Mutter mich beschwören,
Mag der Vater mich bedräun,
Dir nur soll mein Herz gehören,
Ewig bleibet Anna dein!
FENTON.
O verzeih des Herzens Zagen,
Keinen Zweifel hegt mein Sinn,
Kaum kann ich das Glück ertragen,
Daß ich dir so teuer bin.
Mir nur sollst du angehören,
Ewig ganz die Meine sein.
Quartettino
FENTON.
Bestürmen denn die läst’gen Freier
Dich immer noch mit Herz und Hand?
ANNA.
Ach, leider ja!
FENTON.
Der dumme Fant,
Der Junker Spärlich, mit seinem ewigen
Nachspottend.
»O süße Anna!«
SPÄRLICH hervorguckend.
Ha, zum Geier!
Wer weiß, was er da von mir spricht!
ANNA.
Den hält mein Vater hoch und teuer,
Doch der bekommt mich sicher nicht!
FENTON.
Und jener alberne Franzose? …
ANNA.
Den wünscht die Mutter sich zum Sohn! Hahahaha!
CAJUS hervorguckend.
Ah! Ick verstehen quelque chose –
Ma foi! Ick müssen morden ßohn le traitre!
FENTON.
Mit solchen Freiern, wie die zwei,
Wag‘ ich den Wettkampf ohne Scheu!
ANNA.
O solche Freier wie die zwei, hahahaha!
ANNA, DANN FENTON.
Nur Geduld! Habe Mut,
Bis der Augenblick zu fassen.
Treue Liebe wird nicht voneinander lassen,
Alles geht noch gut!
SPÄRLICH tritt unbemerkt hervor.
Welche Pein! Welche Wut!
Nicht mehr weiß ich mich zu fassen –
Süße Anna, ach, so willst du mich verlassen!
Es ist aus mein Mut!
CAJUS tritt unbemerkt hervor.
Sacre Dieu, welke Wut!
Krieg ick ce monsieur zu fassen,
Sans pardon er müssen gleik sein Leben lassen,
Geben hin sein Blut!
Anna und Fenton eilen Hand in Hand ab.
CAJUS hervorkommend. Ah! Ick ‚ohlen ihn nock ein und wollen ihm eine ‚Erausforderung an seine Kopf werfen.
Spärlich ist aus seinem Versteck hervorgekrochen und im Begriff, sich fortzuschleichen.
CAJUS sich umkehrend, stößt auf ihn. Ah! ‚ölle und Teufel! Was maken Ihr ‚ier? – Ah! Monsieur Sperlik – ick müssen Euk umbringen!
SPÄRLICH entfliehend. O süße Anna!
CAJUS ihm nacheilend. Wenn ick Euk treffen nock einmal in diese Garten von Miß Anna Reiken – mort de ma vie! – ick wollen sneiden ab Eure Ohren – par tous les diables!
Seine Stimme verliert sich in der Ferne.
Verwandlung
Zimmer in Fluths Hause wie im ersten Akt jedoch ohne Licht auf dem Tische und ohne den Korb.
Zehnter Auftritt
Frau Fluth und Falstaff treten auf; Frau Fluth riegelt hinter sich zu.
FALSTAFF. Liebe Frau Fluth! Euer eigener Kummer über meinen gestrigen Unfall lindert mein ausgestandenes Leid.
FRAU FLUTH. Ach, Sir John! Ich bin Euch wahrlich eine Entschädigung für den Schreck schuldig, aber glaubt mir, ich selbst habe genug ausgestanden!
FALSTAFF. Sind wir denn jetzt vor Eurem Manne ganz sicher?
FRAU FLUTH. Ganz sicher. Er ist mit seinen Freunden auf der Vogelbeize.
FALSTAFF. Nun, das ist herrlich! – Er setzt sich. So, nun komm her, mein süßes Täubchen! Er will sie an sich ziehen.
FRAU REICH draußen klopfend. Heda! Ho! Frau Gevatterin Fluth!
FALSTAFF aufspringend. Alle Teufel!
FRAU FLUTH. Tretet hinter die Tapete, Sir John! Er tut es; sie öffnet die Tür.
Elfter Auftritt
Die Vorigen. Frau Reich.
FRAU REICH. Um Gottes willen, Frau Gevatterin, Ihr habt doch nicht wieder den dicken Ritter bei Euch?
FRAU FLUTH. Wieso? Leise. Er steckt schon da!
FRAU REICH. Euer Mann hat wieder seinen Raptus bekommen. Er weiß die Geschichte mit dem Korbe von gestern, und wer darinnen steckte; er ist eben bei uns drüben und versichert meinem Mann, Sir John sei gerade jetzt wieder bei Euch. Die ganze Gesellschaft hat er von der Jagd abgehalten und wird wieder Haussuchung vornehmen.
FRAU FLUTH. Ach, ich Unglückliche! Der Ritter ist hier!
FRAU REICH. So seid ihr beide Kinder des Todes! – Schnell fort mit ihm! Gott, was das für eine Frau ist!
FRAU FLUTH. Wo soll er hin? Wollen wir ihn wieder in den Korb stecken?
FALSTAFF tritt hervor. Nein, ich will nicht wieder in den Korb! Kann ich nicht hinaus, bevor er kommt?
FRAU REICH. Unmöglich, Ihr unvorsichtiger Mensch! Sie würden Euch in der Tür begegnen und umbringen.
FRAU FLUTH die indes nachgedacht. Wenn Ihr in Eurer eigenen Gestalt hinausgeht, Sir John, so seid Ihr verloren. Könnten wir ihn nicht verkleiden?
FRAU REICH. Lieber Himmel, es wird nicht gehen! Kein Weiberrock ist ihm groß genug, sonst könnte er so vielleicht entkommen.
FALSTAFF. Liebste Engel! Denkt euch etwas aus! Besser alles versucht als ein Unglück!
FRAU FLUTH. Die Muhme meiner Magd, die dicke Frau aus Brentford, hat einen Rock hier … Auf das Seitenzimmer rechts deutend.
FRAU REICH. Gottlob! Der wird ihm passen! Sie ist so dick wie er. Folgt mir, Sir John!
FRAU FLUTH. Geschwind, geschwind, macht fort!
FALSTAFF. Ja, eilen wir, liebste Frau Reich!
Frau Reich und Falstaff gehen in das Nebenzimmer rechts.
FRAU FLUTH. Wie nur mein Mann das alles erfahren hat? Das muß ich herausbekommen! – Nun, hoffentlich trifft er ihn in diesem Aufzuge. Er kennt zwar die dicke Frau aus Brentford nicht, aber da alle Welt von ihr sagt, sie sei eine Hexe und schlechte Person, so hat er verboten, daß sie je in unser Haus komme. Findet er sie, so wird er sie wohl tüchtig durchklopfen. Hahahaha! Das wäre herrlich! Aha! Da ist er schon!
Zwölfter Auftritt
Frau Fluth. Herr Fluth, den Degen in der Hand, verschließt hinter sich die Tür. Später zwei Knechte.
Nr. 8. Duett
FLUTH.
So! Jetzt hätt‘ ich ihn gefangen!
Frau Fluth betrachtet ihn ruhig. Er kommt näher.
FLUTH.
In der Falle steckt er schon!
Seine Frau bei der Hand nehmend, mit verhaltenem Ingrimm.
Gestern ist er mir entgangen –
Heute – heute –
FRAU FLUTH.
Aber Mann!
FLUTH zwingt sie, zu schweigen.
Heute!
Selbstgefällig.
Heute kommt er nicht davon!
FRAU FLUTH ihn aufziehend.
Hast schon wieder deine Grillen?
FLUTH.
Heute!
FRAU FLUTH.
Fängt der Lärm von vorne an?
FLUTH.
Heute!
FRAU FLUTH.
Hör doch auf, um Gottes willen,
Toller, eifersücht’ger Mann!
FLUTH will in das Nebenzimmer links gehen.
Jetzt will ich doch einmal sehen …
FRAU FLUTH sich vor die Tür stellend.
Keinen Schritt laß ich geschehen!
Das Durchstöbern leid‘ ich nicht!
FLUTH heftig.
Das sagst du mir ins Gesicht?
FRAU FLUTH.
Ja!
FLUTH.
Ungetreue!
Er will hinein.
FRAU FLUTH hält ihn fest.
Ungeheuer!
FLUTH.
So verwegen!
FRAU FLUTH.
Ungeheuer! Man sollte dich in Ketten legen, Ungeheuer!
FLUTH.
Lasse mich!
FRAU FLUTH.
Keinen Schritt!
FLUTH.
Lasse mich! Oder ich … ich …
Sich losreißend.
ich morde dich!
FRAU FLUTH lachst.
Hahahahaha!
FLUTH ihr wütend nachspottend.
Hahahahaha!
Lache nur! Du falsche Schlange,
Warte nur, es ist schon gut,
Oh, es kocht in mir schon lange,
Fühlen sollst du meine Wut!
Schnaubend.
Du sollst sehen, was ein Mann,
Der gereizt ist, alles kann!
Höre meiner Rache Schwur … Lache nur!
Warte nur, du falsche Schlange,
Warte nur, usw.
FRAU FLUTH.
Tobe nur! Mir ist nicht bange,
Laß heraus nur deine Wut!
Hahaha! Ich kenne lange
Schon den
Hohl.
grimm’gen Herrn Fluth.
Wie die Eifersucht den Mann
Doch so ganz verwirren kann!
Oh, zu deiner Rache Schwur
Lach‘ ich nur!
Die beiden Knechte kommen in diesem Augenblicke mit dem Waschkorb, in welchem Wäsche liegt, aus dem Nebenzimmer links.
FRAU FLUTH.
Oh, schön! Die kommen grad‘ gelegen!
FLUTH zu den Knechten.
Halt! Ihr Schurken, bleibet stehen!
Zu seiner Frau.
Diesen Korb werd‘ ich besehen! …
Zu den Knechten.
Stellt ihn auf die Erde nieder!
Er läßt den Korb hinstellen.
So!
Die Knechte wollen sich durch die Haupttür entfernen, an der sie, dieselbe verschlossen findend, stehenbleiben.
FLUTH sich zu seiner Frau kehrend.
Warum wirst du so verlegen?
FRAU FLUTH.
Ich?
FLUTH ironisch.
Schickst wohl auf die Bleiche wieder?
FRAU FLUTH keck.
Nun freilich!
FLUTH.
Ha! Ein saubres Zeug!
Wart! Ich wasch‘ es dir sogleich!
Die Knechte wieder bemerkend.
Was steht denn ihr noch da? Maulaffen!
Sich besinnend.
Ja so! – die Tür hab‘ ich verschlossen.
Marsch, hinaus mit euch!
Er läßt die Knechte hinaus und verschließt wieder.
Heroisch.
Jetzt will ich deinen saubern Junker
Ein wenig auf die Bleiche schicken!
Ja! -Bleich will ich ihn machen!
Mit einem Ansatz stürzt er auf den Korb und beginnt die Wäsche Stück für Stück herauszureißen und umherzuwerfen.
Heraus, heraus, du Schuft!
Ich weiß, er steckt darin!
FRAU FLUTH.
Haha, der tolle Mann!
Wie er nur so was glauben kann!
FLUTH zieht den Degen.
Ha, deine letzte Stunde ruft!
Er stößt mit dem Degen in den Korb.
Verräter! So fahr denn hin! Hin! Hin!
FRAU FLUTH lacht.
Ganz recht, ganz recht! Stoß zu, stoß zu
Und fördre ihn zur ew’gen Ruh! Hahahahaha!
FLUTH fühlt, daß er auf nichts gestoßen hat und guckt in den Korb.
Und dennoch weiß ich sicherlich,
Der dicke Kerl stak gestern drinnen!
Frau Fluth zuckt die Achseln.
FLUTH.
Hier ist er jetzt! – Wo ist er? Sprich!
Frau Fluth schweigt und zuckt die Achseln.
FLUTH sich mit Gewalt zähmend.
Ich bitte dich! Weib, bring mich nicht von Sinnen!
Frau Fluth lacht ihm ins Gesicht.
FLUTH.
Ich find‘ ihn doch, den Bösewicht!
Das ganze Haus kehr‘ ich noch um!
Er will in das Seitengemach rechts.
FRAU FLUTH stellt sich ihm entgegen.
Ich bin die Frau! Ich leid‘ es nicht!
FLUTH.
Lasse mich! Zurück! Zurück, sag‘ ich!
Ich bring‘ dich um.
FRAU FLUTH.
Hahahahaha!
FLUTH.
Warte nur!
Schnaubend.
Du sollst sehen, was ein Mann,
Der gereizt ist, alles kann!
Warte nur, du falsche Schlange,
Es ist schon gut!
Höre meiner Rache Schwur …
Lache nur! Es kocht in mir schon lange.
Warte nur, lache nur!
FRAU FLUTH.
Wie die Eifersucht den Mann
Doch so ganz verwirren kann!
Oh, zu deiner Rache Schwur
Lach‘ ich nur!
Es wird an die Tür geklopft.
Nr. 9. Finale
FLUTH.
Wer klopft?
SPÄRLICH, CAJUS UND REICH draußen.
Macht auf, Herr Fluth!
Wir sind’s, die Ihr bestellt.
FLUTH.
Aha! Ich komme! Herein, herein!
Er öffnet ihnen, ohne wieder zu verschließen.
Dreizehnter Auftritt
Die Vorigen. Reich. Cajus. Spärlich.
FLUTH.
O Freunde, was ich leiden muß
Von diesem ehrvergeßnen Weibe!
Frau Fluth setzt sich ruhig hin.
REICH.
So habt Ihr ihn gefunden, Nachbar?
FLUTH.
Noch nicht! Sie widersetzt dem Suchen sich –
Allein umsonst! Die Jagd soll gleich beginnen!
CAJUS umherblickend.
Oh ciel! Quelle chose épouvantable?
Er ‚aben ankeriktet eine ßöne ordre!
SPÄRLICH.
O süße Anna!
FLUTH.
Ihr habt mich gestern ausgelacht,
Drum sollt ihr heute Zeugen sein
Von meiner fürchterlichen Rache!
FRAU FLUTH.
Nun denn, ins Himmels Namen,
Ich will nicht länger widerstreben,
Durchsuch das Haus; ich unterwerfe mich.
Sie steht auf und ruft in die Tür rechts.
Kommt doch heraus, Frau Nachbarin,
Und bringt die alte Frau mit!
Mein Mann will in das Zimmer gehn.
FLUTH.
Was für ’ne alte Frau?
FRAU FLUTH.
Die Muhme unsrer Magd ist’s,
Die dicke Frau aus Brentford.
FLUTH.
Die Hexe die, die Vettel?
Hab‘ ich ihr nicht das Haus verboten?
FRAU FLUTH.
Ich bitte dich, mein lieber Mann!
Wie gutmütig.
Ach, liebe Herren Nachbarn,
Laßt doch die alte Frau nicht schlagen!
Vierzehnter Auftritt
Die Vorigen. Falstaff als alte Frau gekleidet. Frau Reich.
FRAU REICH.
Stützt Euch, Mutter Klatsch, auf mich,
Ich geleit‘ Euch bis zur Tür.
FLUTH.
Was? Mutter Klatsche nennt sie sich? Klatsche –
FRAU FLUTH.
Bravo!
FLUTH.
Klatsche geben will ich ihr!
Zu Falstaff.
Rede Sie, was führt Sie her?
Will Sie wieder Karten schlagen? He?
FALSTAFF die Harthörige spielend, in der Fistel.
Was sagt Ihr, Herr? Ich höre sehr schwer.
FLUTH.
Prophezeien? – Brieflein tragen
Und die Leute hintergehn? He?
FALSTAFF wie oben.
Ach, ich kann Euch nicht verstehn!
FLUTH wütend.
O Hexe! Sie kann mich nicht verstehn?
Er prügelt Falstaff.
Hinaus, du Hexe! Du Vettel! Hinaus! Da!
FALSTAFF.
Au! Au! Au!
DIE ANDERN MÄNNER.
Fort mit ihr! Hinaus!
FALSTAFF.
Au! Au! Au!
SPÄRLICH, CAJUS, REICH.
Und wohl bekomm der Schmaus!
DIE BEIDEN FRAUEN.
Haha! Wohl bekomme dir der Schmaus!
Falstaff wird hinausgeprügelt.
Fünfzehnter Auftritt
Die Vorigen ohne Falstaff.
FLUTH.
So! Fortgeprügelt wär‘ der alte Drachen,
Nun lasset uns die Runde machen!
Und find‘ ich heut den Junker nicht,
So nennt mich alle einen Wicht!
FLUTH, REICH UND SPÄRLICH.
Schärft die Augen! Spitzt die Ohren!
Wer ihn findet, halt ihn fest!
Sicher ist er heut verloren
Wenn er sich erwischen läßt.
Ha, ich / er weiß vor Gift und Groll
Nicht, was ich / er beginnen soll.
DIE FRAUEN
Schärft die Augen! Spitzt die Ohren!
Wer ihn findet, halt ihn fest!
Lachen muß man ob des Toren,
Der so leicht sich foppen läßt.
Ha, er weiß vor Gift und Groll
Nicht, was er beginnen soll.
CAJUS.
Oui, ick spitzen meine Ohren!
Attention! – Ick ‚alten fest!
Jedermann sein ‚eut verloren,
Der von mir sick fassen läßt!
Jalousie mir macken toll,
Soll ‚eraus nun meine Groll!
Die Männer gehen eilig zu beiden Seiten ab.
Dritter Aufzug
Zimmer in Reichs Hause mit zwei Türen im Hintergrunde.
Erster Auftritt
Herr und Frau Fluth, Herr und Frau Reich und Anna sitzen an der Tafel, auf der das Mittagsbrot gemeinschaftlieh verzehrt worden ist. Ein zweiter Tisch, auf dem Schreibmaterialien.
FLUTH zu Füßen seiner Frau. Liebster Engel, wirst du mir jemals vergeben können?
FRAU FLUTH. Steh auf, lieber Mann! Es ist alles vergeben und vergessen, wenn du nur nicht mehr eifersüchtig bist.
FLUTH. Nie mehr!
REICH. Nun, das ist herrlich! Seht, zu dieser Aufklärung und Versöhnung habe ich euch eigentlich bei mir versammelt! Und an dich, Frau, hat der alte Sünder auch geschrieben?
FRAU REICH. Ja, an uns alle beide, und zwar ganz dieselben Briefe. Da beschlossen wir, uns an ihm zu rächen und zugleich Herrn Fluth wegen seiner Eifersucht eine kleine Lektion zu geben.
FLUTH. Nun, sie ist stark genug ausgefallen!
REICH. Mein‘ Seel‘, ihr Weiber! Ihr habt’s gescheit gemacht! Aber nun ist es erst unsere Sache, den fetten Burschen öffentlich zu beschämen. Ihr müßt ihn noch einmal bestellen!
FLUTH auf Frau Reich deutend. Kein besseres Mittel gibt es als ihren Plan.
REICH. Was? Ihn um Mitternacht in den Park bestellen? Er kommt uns nimmermehr!
FRAU FLUTH. Sinnt ihr nur aus, was ihr mit ihm alles tun wollt, wenn er kommt, wir beid‘ ersinnen schon, ihn hinzuschaffen.
FRAU REICH. Hört mich an.
Nr. 10. Ballade.
Frau Reich.
Vom Jäger Herne die Mär ist alt,
Der jagen ging in Windsors Wald
Tagaus, tagein
In die Nacht hinein,
Tagein, tagaus
Mit Saus und Braus.
Einst hetzt‘ er den Hirsch mit stolzem Geweih
Mit Hussa- und mit Hallo-Geschrei;
Der floh zur heiligen Eiche,
Daß nicht der Tod ihn erreiche.
Doch jener, wild und ungeschlacht,
Gab auf kein heilig Zeichen acht:
»O Herne! Du hast ihn erschlagen,
Nun sollst du jagen und jagen!«
Vom Jäger Herne die Mär ist alt,
Der jagen muß durch Windsors Wald
Nachtaus, nachtein
Bis zum Morgenschein,
Nachtein, nachtaus
Mit Saus und Braus.
Er trägt auf der Stirn des Hirschen Geweih,
Und grausig schallt sein Hallo-Geschrei.
»O flieh die heilige Eiche,
Daß nicht der Tod dich erreiche!«
Denn schlägt die Glocke Mitternacht
Und steigt empor des Mondes Pracht,
Naht Herne mit seiner Meute,
Und alles fällt ihm zur Beute!
REICH. Gut, liebe Frau, und was gedenkst du zu tun?
FRAU REICH. Falstaff soll auf unsere Einladung heute nacht als Jäger Herne erscheinen.
DIE MÄNNER. Bravo, bravo! Und dann?
FRAU FLUTH. Dann verkleiden wir Annchen und viele unserer Bekannten, auch die Kinder, als Gei ster und Elfen und legen sie in den Hinterhalt versteckt. Wenn wir beide uns dann eben mit Falstaff zusammengefunden haben, so stürzt die ganze Rotte hervor auf ihn mit gellendem Geschrei; wir entfliehen, und sie umzingeln ihn und zwicken und stechen ihn und fragen den sauberen Ritter, wie er es wagte, in solcher Verkleidung die Geister zu belauschen.
FRAU REICH. Sein Aberglaube und noch mehr das böse Gewissen werden zu seinem Schreck das meiste beitragen.
REICH. Und bis er alles bekennt, kneifen und brennen sie ihn tüchtig.
FLUTH. Bravo, bravo! Ich übernehme es, die ganze Rotte zusammenzubringen.
FRAU REICH. Annchen soll die Rollen verteilen.
REICH. Ich selbst will mich auch verkleiden; ihr sollt euch alle wundern! Schickt ihr nur sogleich zu Falstaff.
FRAU FLUTH. Das sei unsere Sache.
FLUTH. Ich gehe selbst als Bach verkleidet noch einmal zu ihm und versichere mich, daß er kommt, denn seinem Busenfreunde Bach vertraut er alles!
FRAU REICH zu den Männern. Und daß ihr nur nichts spart! – Die Elfen und Feen müssen wie wirkliche Geister leicht und luftig sein und die Täuschung so groß, daß er sich für verzaubert hal ten muß.
FRAU FLUTH. So kommt und laßt uns eilig alle Vorbereitungen treffen, das wird noch ein köstlicher Spaß!
Alle gehen ab bis auf Frau Reich und Anna.
Zweiter Auftritt
Frau Reich. Anna.
FRAU REICH. Und nun, liebes Kind, ein inhaltschweres Wort zu dir!
ANNA. Was befehlt Ihr?
FRAU REICH. Du weißt es, daß der Doktor Cajus dich liebt, und ich wünsche, daß er dein Gatte werde.
ANNA. Ich weiß es.
FRAU REICH. Der Spuk, den wir verabredet haben, soll meinen Plan zu Ende führen, und noch heute nacht sollst du mit Cajus getraut werden.
ANNA. Wie wäre das möglich?
FRAU REICH. Du kleidest dich als roter Elf an; ich werde dir das Gewand bringen und Doktor Cajus davon benachrichtigen, damit er dich erkennt. Er soll auch verkleidet erscheinen und dich während des Trubels entführen. In der Kapelle im Walde wird eure Trauung sogleich vollzogen.
ANNA freudig für sich. Himmel, welch ein Strahl von Hoffnung! Laut. Wenn es nur gelingt!
FRAU REICH. Oh, es wird alles nach Wunsch gehen.
ANNA. Nun, das Meinige will ich dazu tun und als roter Elf erscheinen.
FRAU REICH. So ist es recht, meine Tochter! Also auf Wiedersehen – Frau Doktorin Cajus! Sie geht ab.
Dritter Auftritt
Anna. Dann Herr Reich.
ANNA ihr nachsehend. Nein, liebe Mutter, nie kann Anna des Cajus Frau werden, ihr Herz gehört nur Fenton! Jetzt nur schnell an den Teuren geschrieben, damit er bei dem Spuk nicht ausbleibt und die Gelegenheit benutzt. Sie setzt sich, um zu schreiben.
REICH tritt vorsichtig ein. Was schreibst du denn da, mein Töchterchen?
ANNA erschrocken, sich aber sogleich fassend. Ich – ich wollte eben das Verzeichnis der Rollen für heute nacht entwerfen.
REICH. Nun, dabei wird wohl mein Plänchen, das dich betrifft, auch in Anschlag kommen. Tochter, einen Plan habe ich, einen köstlichen Plan, der mit einem Male den ewigen Streit zwischen deiner Mutter und mir, in betreff deiner Verheiratung, beendigen soll.
ANNA. Laßt doch hören!
REICH. Du sollst noch heute nacht mit Spärlich getraut werden!
Anna macht eine Bewegung des Erstaunens.
REICH. Bei dem Spuk mußt du als grüner Elf erscheinen. Dein Gewand habe ich schon besorgt, und ich werde Spärlich davon benachrichtigen, damit er dich erkennt. In dem Trubel entführt er dich, und ihr laßt euch sofort in der Waldkapelle trauen.
ANNA. Ach, lieber Vater, so bald schon?
REICH strenge. Du wirst doch dein Glück nicht länger von dir stoßen? Tochter, mach mich nicht böse!
ANNA. Nein, nein, Väterchen, ich will ja gehorsam sein und tun, was Ihr begehrt.
REICH. So ist es recht, mein Töchterchen! Du kommst also als grüner Elf. Ich werde dir übrigens den Spärlich noch herschicken, damit ihr euch noch näher besprechen könnt. Also auf Wiedersehen heute nacht – als Frau Spärlich! Er geht ab.
Vierter Auftritt
Anna allein.
ANNA. Einen glücklicheren Zufall konnte es nicht geben! Beide wollen einander täuschen! Das gibt mir wohl das Recht, meiner reinen, echten Liebe zu Gefallen beide auch ein wenig zu hintergehen! – Mein Plan ist fertig! Dem Cajus schicke ich das grüne Gewand, dem Spärlich das rote! So wird jeder von ihnen glauben, ich stecke in der Verkleidung. Sie setzt sich, den angefangenen Brief zu vollenden. Fenton aber muß alles erfahren, und du … O komm, in welcher Gestalt du willst, Geliebter! Deine Anna wird dich schon kennen!
Nr. 11. Rezitativ und Arie.
ANNA schreibt während des Vorspiels einen Brief, beendigt und faltet ihn und steht dann auf.
Wohl denn, gefaßt ist der Entschluß! Nun gilt’s,
Die Tat besonnen zu vollführen! Du,
Die treue Liebe schützt, o holde Fee
Titania, beschütze denn auch mich
Und leihe mir dein weißes Flügelkleid,
Um licht und leicht zum schönen Ziel zu schweben!
Nicht eine grüne Hülle soll mich bergen,
Auch eine pur purrote nicht!
Nein, weiß sei mein Gewand,
Der Schleier weiß und auch der Kranz,
Der seine Lilien durch die Locken schlinget.
So schweb‘ ich dir, Geliebter, zu,
So kennst du mich, so nahest du
Und schwörest dich auf ewig mein,
Und ich mich dein – ganz dein!
Tief in dem hohen, dunklen Wald
Winkt uns verschwiegner Aufenthalt,
Es leuchtet uns des Mondes Silberhelle
Auf stillem Pfad zur heil’gen Waldkapelle.
Und bist du dann, Geliebter, mein,
Und bin ich unauflöslich dein,
Dann reicht Verzeihung auch die Hand
Und segnet unser Band.
Schwärmerisch.
O selige Träume,
O süßes Glück!
Ihr gaukelt so golden
Vor meinem Blick!
Die Wolken verschwinden,
Es lächelt das Blau,
Und Strahlen des Mondes
Versilbern die Au‘!
Erfüllung, sie nahet
Im rosigen Glanz
Und reicht treuer Liebe
Den strahlenden Kranz!
Sie geht ab.
Verwandlung
Der Wald bei Windsor.
Nacht. Im Hintergrunde die Eiche des Jägers Herne. Im Vordergrunde ein Jagd-Pavillon.
Fünfter Auftritt
Herr Fluth, Herr Reich, mit brennenden Fackeln, und Spärlich, als roter Elf gekleidet, kommen von der linken Seite.
FLUTH. Im Pavillon werden wohl schon mehrere unserer guten Freunde versammelt sein, um den Spaß mit anzusehen. Ich denke, Elfen und Lichter sollen sich recht gut ausnehmen.
REICH zu Spärlich. Also, lieber Sohn Spärlich, bald seid Ihr nun mein Eidam. Meine Tochter erscheint grün, und daran könnt Ihr sie erkennen.
SPÄRLICH. Sorgt nicht, ich habe mit der süßen Anna alles verabredet, sie sagt schnipp, und ich sage schnapp; daran erkennen wir uns, und ich entführe sie.
REICH. Nun gut! Meine Frau wird eine schöne Überraschung haben, wenn Anna sich als Frau Spärlich vorstellt!
FLUTH. Gehn wir hinein, Freund Reich!
REICH. Ja, denn ich muß mich auch eilig ankleiden! Auf Wiedersehen – Schwiegersohn!
Reich und Fluth gehen in den Pavillon.
SPÄRLICH verliert sich in den Gebüschen und seufzt im Abgehen. O süße Anna!
Sechster Auftritt
Frau Reich, Frau Fluth, ein Diener mit brennender Fackel und Doktor Cajus, als grüner Elf gekleidet, kommen von der linken Seite.
FRAU FLUTH. Es ist bald Mitternacht, er wird ganz gewiß kommen, denn er hat alles meinem Manne, dem vermeintlichen Herrn Bach, erzählt.
FRAU REICH zu Doktor Cajus. Nun, Herr Doktor Cajus, bald ist Anna Euer Weib. Sie erscheint als roter Elf, daran könnt Ihr sie erkennen.
CAJUS. Ah, mille remercîments, Madame Reik! Oh, ick sein sehr klüklik! – Miß Anna ‚aben ßohn mit mir verabredet; ick sagen snipp – sie sagen snapp, daran kennen wir uns und … allons! Vite! – Au revoir, Mesdames! Er verliert sich in den Gebüschen links.
FRAU REICH. Mein Mann wird schöne Augen machen, wenn er Anna als Frau Doktorin Cajus wiedersieht!
FRAU FLUTH. Kommt hinein, denn Falstaff kann jeden Augenblick erscheinen.
FRAU REICH. Ja, kommt! Sie gehen in den Pavillon.
Nr. 12. Intermezzo
Während der 28 Einleitungstakte geht langsam der Mond auf.
CHOR.
O süßer Mond!
O holde Nacht!
Wenn Ruhe thront,
Nur Liebe wacht.
Man hört in der Entfernung 12 Uhr schlagen.
Siebenter Auftritt
Falstaff als Jäger Herne verkleidet, ein Hirschgeweih auf dem Kopf.
Nr. 13. Terzellino
FALSTAFF.
Die Glocke schlug schon Mitternacht,
Der Augenblick ist da!
O Jupiter, kläglich auch du trugst einst
Aus Liebe Hörner ja!
Und ward ein Gott, wie du, zum Stier,
Verzeiht man wohl den Hirschkopf mir!
Doch horch! – Es regt sich was im Hain …
Freudig.
Das wird schon meine Hirschin sein!
Achter Auftritt
Falstaff. Frau Fluth. Frau Reich.
FRAU FLUTH.
Pst, pst! Sir John!
FRAU REICH.
Pst, pst! Sir John!
FALSTAFF brummt und wetzt sein Geweih an der Eiche.
Buh!
FRAU FLUTH spricht.
Er traut uns noch nicht. Ich muß näher zu ihm hingehen.
Auf ihn zugehend. Gesungen.
Mein schmucker Hirsch! Ich bin es ja!
FALSTAFF.
O schlanke Hirschin! Bist du da?
FRAU REICH.
Pst, pst! Sir John!
FALSTAFF zu Frau Fluth.
Nur still, nur still! Ist noch wer hier?
FRAU FLUTH Frau Reich zu ihm holend.
Frau Reich, mein Herzchen, ist bei mir.
FRAU REICH verschämt tuend.
Wer könnt‘ Euch, Junker, widerstehn?
Ich mußte mit der Freundin gehn!
FALSTAFF jede unter einen Arm nehmend.
Nun mag es blitzen und krachen,
Nun mag es Schwefel regnen und Pech,
Hier will ich mein Nest mir machen!
Erst zur einen, dann zur andern.
Hier bringt keiner mich hinweg!
Alle drei seufzen zärtlich.
Ach! Ach!
BEIDE FRAUEN.
Doch sag uns erst, du schlimmer Mann,
Ob man dir auch vertrauen kann?
FALSTAFF.
Zerteilt mein Herz in Stücken,
Ich lieb‘ euch alle zwei!
Und euern Männern schicken
Wir dieses Hirschgeweih!
Zärtlich.
So kommt!
DIE FRAUEN.
Ach! …
FRAU FLUTH.
Du reizend liebes Schätzchen!
FRAU REICH.
Wenn uns nur niemand stört!
FALSTAFF.
Kommt mit, ich weiß ein Plätzchen,
Wo uns kein Lauscher hört.
ALLE DREI.
Du / Ihr reizend liebes liebes / liebe Schätzchen!
Auf daß uns niemand stört,
Kommt, suchen wir ein Plätzchen,
Wo uns kein Lauscher hört!
DIE FRAUEN.
Ach, Sir John,
Wer könnt‘ Euch widerstehn!
ALLE DREI.
Du reizend / Ihr liebes / liebe Schätzchen! usw.
Falstaff ist im Begriff, die Frauen fortzuführen, als hinter der Szene verworrenes Geschrei sich hören läßt.
DIE FRAUEN
O Himmel! Welch ein Lärmen dort …
Fort, fort!
Sie drehen Falstaff einigemal herum und laufen fort. Die Szene füllt sich mit vielen Elfen und Geistern. Alles ist plötzlich ganz erhellt.
FALSTAFF.
O weh! Das sind die Feen!
Es ist um mich geschehn!
Er taumelt und fällt hinter der Eiche nieder.
Neunter Auftritt
Elfen und Geister. Falstaff versteckt.
Nr. 14. Chor und Tanz der Elfen
Ihr Elfen, weiß und rot und grau,
Schwärmt lustig in des Mondes Tau,
Durchstreift den Wald die Kreuz und Quer
Und führt den Reigen ringsumher!
Ihr Elfen, weiß und rot und grau,
Schwärmt lustig in des Mondes Tau!
Zehnter Auftritt
Die Vorigen. Anna als Titania gekleidet. Gefolge.
ANNA [TITANIA].
Die Menschheit schläft – kein Auge kann uns sehn,
So laßt auf duft’gen Blumen uns ergehn,
Laßt lauschen uns der Nachtigallen Ton,
O komm zu mir, mein teurer Oberon!
CHOR.
Die Menschheit schläft.
Elfter Auftritt
Die Vorigen. Fenton als Oberon gekleidet.
FENTON [OBERON].
Was feindlich uns getrennt, ist überwunden,
Auf ewig hält die Liebe uns verbunden,
Wir sind versöhnt, die süße Stund‘ ist da,
Und wieder mein ist nun Titania!
BEIDE.
Wir sind versöhnt usw.
ELFEN.
Sie sind versöhnt usw.
Anna und Fenton gehen Hand in Hand ab.
ELFEN.
Und wieder nun im luft’gen Kranz
Schwingt Euch zum muntern Elfentanz,
Durch Busch und Strauch, durch Blum‘ und Dorn!
Komm, Jäger Herne, blas ins Horn!
Zwölfter Auftritt
Die Vorigen. Herr Reich als Jäger Herne. Jäger. Gestalten.
Reich [Herne] setzt das Horn an, er macht Anstrengung zu blasen, aber der Ton versagt ihm.
ELFEN.
So blase doch!
Reich [Herne] setzt wieder an, es versagt ihm nochmals.
ELFEN.
Du schweigst? So blase doch!
REICH. [HERNE].
Das Horn versaget mir:
Es ist ein Mensch verborgen hier!
GANZER CHOR.
Ein Mensch! Ein Mensch! Verräterei!
Auf! Sucht ihn, schleppt ihn schnell herbei!
Sie suchen und springen umher und finden Falstaff hinter der Eiche liegen, den sie hervorziehen; er fällt in die Knie vor Herne.
Wir haben ihn! Da ist er schon!
Schau, Herne, hier dein Konterfei!
Hahahaha! Dein Konterfei!
REICH [HERNE].
Was trieb dich, frecher Menschensohn,
Zu dieser schnöden Mummerei?
Belauscht hast du die Geisterschar,
Verdient hast du den Tod fürwahr!
Falstaff fällt der Länge nach zur Erde.
REICH [HERNE].
Mücken! – Wespen!-Fliegenchor!
Fliegt herbei und quält den Tor,
Bis er eingestanden hat,
Was ihn trieb zu dem Verrat!
Dreizehnter Auftritt
Die Vorigen, Insektenchor. Dann weitere Geister.
Tänzerinnen mit silbernen Pfeilen und Flügeln, Mücken, Fliegen, Wespen vorstellend, tanzen um Falstaff und stechen ihn nach Angabe der Partitur.
Nr. 15. Mückentanz
ELFEN.
Mücken, Wespen, Fliegenchor,
Fliegt herbei und quält den Tor!
Spitzt die Rüssel! Stecht nur zu!
Laßt ihm nimmer Rast noch Ruh!
REICH [HERNE].
Stecht!
ELFEN.
Stecht!
FALSTAFF.
Ah!
ALLE.
Hahahaha! – Stecht!
FALSTAFF.
Ah!
ALLE.
Hahahaha! – Stich!
FALSTAFF.
Ah!
Während des Tanzes kommen Cajus als grüner und Spärlich als roter Elf von verschiedenen Seiten.
CAJUS.
Ah! Ah! Die rote Elfe dort
Sein Miß Anna, ‚alten Wort!
SPÄRLICH.
Grüner Elfe winkt mir zu,
Süße Anna, das bist du!
CAJUS nähert sich Spärlich.
Sie nahen sick ßon!
SPÄRLICH nähert sich Cajus.
O süße Anna!
CAJUS zu Spärlich.
»Snipp!«
SPÄRLICH zu Cajus.
»Schnapp!«
Beide laufen Hand in Hand miteinander fort.
Nr. 16. Allgemeiner Tanz und Chor
REICH [HERNE].
Er gesteht noch immer nicht.
Warte nur, verstockter Wicht!
Auf! Ihr Geister groß und klein!
Stürmet alle auf ihn ein!
Eine Menge Masken und Geister, Gnomen, Kobolde, Salamander usw. stürmen herein und umkreisen Falstaff in wilden Sprüngen. Die Salamander brennen, die Kobolde zwicken ihn. Die Elfen und Mücken mischen sich auch in diesen Tanz, die letzteren stechen ihn manchmal.
Alle insgesamt quälen ihn auf verschiedene Weise.
GANZER CHOR.
Faßt ihn, Geister, nach der Reih‘
Und straft ihn für die Büberei,
Zwickt ihn, sengt ihn, laßt ihn drehn,
Bis daß die Sinne ihm vergehn!
Wer die Grube will andern graben,
Oftmals fällt er selber hinein.
Willst du Weiber zum besten haben,
Dann mußt du wahrlich pfiffiger sein!
Faßt ihn Geister usw.
Missetäter,
Hochverräter!
Deine Stunde hat geschlagen!
Solche Kniffe,
Solche Pfiffe
Sollst du nimmer wieder wagen!
Briefe schreiben,
Unfug treiben!
Strafen woll’n wir dein Betragen,
Her dein Leben
Mußt du geben,
Wenn du nicht bereust!
Heisa! Missetäter!
Hochverräter! Missetäter!
Falstaff springt auf, wirft sein Hirschgeweih fort und will in den Pavillon stürzen.
Vierzehnter Auftritt
Die Vorigen. Herr und Frau Fluth. Frau Reich. Bürger.
HERR FLUTH, FRAU FLUTH, FRAU REICH. Halt, Verräter!
FALSTAFF auf den Knien. Barmherzigkeit!
REICH der das Hirschgeweih abgelegt hat, ihn aufhebend. Nein, mein dicker Junker, so entkommt Ihr uns nicht! Wir haben Euch ertappt! Ihn foppend. He? Herr Jäger Herne! Ist das Eure letzte Kunst?
FRAU REICH sich Falstaff vorstellend. Nun, Herr Ritter, wie gefallen Euch Windsors Weiber? Zu Reich. Lieber Mann, sag ihm doch, er möchte sich seine Hörner wieder aufsetzen, die ihm so gut stehen und die er für dich bestimmt hatte. Falstaff auslachend. Hahahaha!
FLUTH sich vor Falstaff hinstellend. Sir John! Hier ist Herr Bach – und dies Frau Fluth bei der Hand nehmend ist die Frau des Herrn Bach – und Herr Bach ist Fluth! Und, Sir John, von Herrn Fluths Eigentum habt Ihr nichts genossen als seinen Waschkorb und seine Prügel und zwanzig Pfund in Gold, und die müssen an Herrn Bach zurückgezahlt werden. Ihn auslachend. Hahaha!
FRAU FLUTH. Ach, Sir John, es ist uns recht un glücklich gegangen, wir konnten gar nicht zusammenkommen!
FALSTAFF. Ich fange an zu merken, daß man einen Esel aus mir gemacht hat.
FRAU REICH. Ja, Sir John, glaubtet Ihr denn, daß der Teufel selbst Euch für uns reizend gemacht hätte? Solch einen Wulst von Mann!
FRAU FLUTH. Solch einen Wurstberg!
FRAU REICH. Solch einen Wollsack!
FALSTAFF. Hört auf, hört auf! Ich gebe mich gefangen! Macht mit mir, was ihr wollt!
REICH. Nun genug der Strafe, und alles sei im guten beigelegt. – Seid wieder guter Dinge, Sir John, und kommt mit uns in mein Haus, da sollt Ihr einen tüchtigen Nachttrunk zu Euch nehmen und sollt meine Frau auslachen helfen, die jetzt über Euch lacht. Sagt ihr doch, Herr Spärlich habe heute nacht ihre Tochter geheiratet.
FRAU REICH. Die Doktoren bezweifeln es noch! Wenn Anna Reich meine Tochter ist, so ist sie jetzt schon Frau Doktorin Cajus.
REICH. Wieso? Was meinst du damit?
Fünfzehnter Auftritt
Die Vorigen.
Cajus, Spärlich, die Hand in Hand gelaufen kommen.
SPÄRLICH. He, holla! Vater Reich!
CAJUS. ‚e ‚olla! Wo sein Madame Reike? – Pardieu! Ick sein keführt an! Ick ‚aben ke’eiratet un garçon! Es sein nickt Miß Anna diese rote Elf, es sein ce Sperlick – mort de ma vie, je suis furieux!
REICH. Nun, das ist spaßig genug! Aber wo ist denn nun Anna?
Sechzehnter Auftritt
Die Vorigen. Anna. Fenton.
ANNA niederkniend. Verzeihung, lieber Vater, liebe Mutter!
REICH. Ach, du gottloses Kind!
FRAU REICH. Du ungeratenes Mädchen!
FENTON. O seid gut! Anna aufhebend. Soeben haben wir vor dem Altar den Schwur ewiger Liebe und Treue abgelegt. Reich. Was ist zu tun? Tröstet Euch, lieber Spärlich. Fenton, nimm meinen Segen und mache mein Kind glücklich!
FENTON UND ANNA. Dank, teurer Vater!
SPÄRLICH. O süße Anna! Er geht langsam ab.
FRAU REICH. hat unterdessen mit Doktor Cajus gesprochen. Ja, das ist nun nicht mehr zu ändern, und Ihr müßt Euch drein finden, Herr Doktor. Zu Fenton und Anna. Seid glücklich und empfangt auch meinen Segen!
FENTON UND ANNA. O beste Mutter!
CAJUS. Sacre Dieu! Ick werden ‚erausfordern diese jonge E’emann und werden ihn stecken tot! Er läuft fort.
FRAU FLUTH. Nun, Sir John, laßt uns Frieden machen Sie gibt ihm freundlich die Hand. und kommt, Ihr sollt zu Annchens Hochzeitsfeier Eure Leiden bei einer Flut von Sekt vergessen.
Nr. 17. Finale Terzellino.
Anna. Frau Fluth. Frau Reich.
So hat denn der Schwank der fröhlichen Nacht
Vereinet auf immer der Liebenden Hände.
Wohlauf nun zur Hochzeit, getanzt und gelacht,
Daß alles in Freude und Heiterkeit ende!
Wohlauf!
FRAU FLUTH mit schelmischem Drohen.
Sir John!
Die Frauen ziehen Falstaff in den Vordergrund.
ALLE DREI.
Sir John!
FALSTAFF.
O weh!
DIE FRAUEN.
Wir sind an Gnaden reich.
Wir verzeihen!
FALSTAFF.
Danke! – Danke!
DIE FRAUEN zu allen andern.
Und wir danken euch allen! Ach!
Zum Publikum.
Verzeihet auch ihr, und hätten euch
Die lustigen Weiber gefallen!
ALLE.
Verzeihet auch ihr, und hätten euch
Die lustigen Weiber gefallen!