Giacomo Meyerbeer
Die Hugenotten
Große Oper in fünf Aufzügen
Personen
Margarete von Valois, Königin von Navarra, Schwester Karls IX von Frankreich, verlobt mit Heinrich IV. (Sopran)
Graf von Saint-Bris, Gouverneur des Louvre (Baß),
Graf von Nevers (Bariton), Katholiken, französische Große von der Partei des Hofes
Valentine, Tochter des Grafen von Saint-Bris, Edelfräulein (Mezzosopran)
Urban, Page der Königin (Sopran)
Cossé (Tenor),
Tavannes (Tenor),
Thoré (Baß),
de Retz (Baß),
Méru (Baß),
Maurevert (Baß), Katholische Edelleute von der Partei des Hofes
Raoul von Nangis (Tenor),
Marcel, Soldat, Raouls Diener (Baß),
Bois Rosé, Soldat (Tenor), Hugenotten, von der Partei des Admirals Coligny
Ein Wächter (Baß)
Ehrendamen. Hofdamen. Katholische und protestantische Edelleute. Hofherren. Pagen. Königsdiener. Nobeldiener. Offiziere. Hellebardiere. Soldaten. Bürgermeister. Schöffen. Studenten. Schreiber. Grisetten. Angler. Musikanten. Marionettenspieler. Zigeuner. Zuschauer. Matrosen. Schiffsleute. Arbeiter. Hausierer. Händler. Gondelführer. Vermummte. Taschenspieler. Aufwärter. Bürger. Priester. Mönche. Annonciaten-Cisterzienserinnen-Humiliatinnen-Nonnen. Chorknaben. Volk. Kinder
Ort der Handlung: Die zwei ersten Aufzüge in der Touraine, die drei letzten in Paris.
Im ersten Aufzug Säulenhalle im Schlosse des Grafen von Nevers. Im zweiten Aufzug Schloß und Garten von Chenonceau. Im dritten Aufzug die Schreiberwiese vor Paris. Im vierten Aufzug Gemach im Hause des Grafen von Nevers zu Paris. Im fünften Aufzug Ballsaal im Hôtel de Nesle zu Paris. Dann düsterer Kirchhof. Dann Qual von Paris.
Zeit: Im Monat August 1572.
Ouverture.
Fünf Minuten.
Erster Aufzug.
Nr. 1a. Introduktion.
Der Vorhang hebt sich im dritten Takt.
Säulensaal im Schlosse des Grafen von Nevers in der Touraine.
Durch den offenen Mittelbogen blickt man über die Gartenterrasse, zu der breite Stufen führen, in die Gärten mit kleinem See. Rechts vorn eine Fensterthür mit Portieren, die zu einem Betzimmer führt. Links vorn ein Kamin mit Konsol. Rechts und links vor dem Bogen Kredenzen mit goldenen Schüsseln, Pokalen, Krügen, Bechern und dergleichen. In der Mitte ein viereckiger länglicher Tisch mit sechs Taburetts; auf dem Tisch drei Floretts, Kartenspiel, Würfelbecher, Federballspiel. Vor dem Fenster rechts und vor dem Kamin links stehen je zwei Bänke für den späteren Tafelauftritt. Rechts ein runder Tisch mit Taburetts; auf dem Tisch Würfelbecher und Würfel. Links ein ebensolcher Tisch mit einem Damenbrettspiel.
Es ist Tag.
Zum Tafelauftritt hinter den Coulissen bereit zu stellen:
Rechts: drei Tafeln, zwei Bänke, Taburetts.
Links: eine reicher ausgestattete Mitteltafel, drei Tafeln, zwei Bänke, Taburetts.
Rechts hinter dem Bogen sind Weinkrüge für die Pagen und Schaugerichte für die Nobeldiener bereit zu halten; rechts ganz vorn ebenso ein Weinkrug und fünf Becher für das Finale.
Requisiten für das Personal:
Für den Pagen Urban ein Brief in Form einer Pergamentrolle mit blauseidenem Band umwunden.
Für die Vermummten eine weiße Binde.
Rechts und links vom Darsteller.
Erster Auftritt.
Der Graf von Nevers. Die Edelleute Tavannes, Méru, Maurevert, Thoré, Cossé, de Retz. Gastedelleute. Zwölf Neverspagen. Acht Nobeldiener.
Alle Edelleute behalten ihre Kopfbedeckungen auf.
Einige Edelleute gehen plaudernd auf und ab.
Andere amüsieren sich mit Damenbrettspiel, Würfeln, Karten, Florettstoßen Terrasse, Federballspiel auf dem Rasen hinten im Garten.
Wieder Andere sehen zu.
Nevers kommt aus dem Hintergrunde und geht von Gruppe zu Gruppe, alle begrüßend.
Nevers geht links vom Mitteltisch nach vorn.
Tavannes tritt aus seiner Gruppe heraus auf Nevers zu.
NEVERS.
Lasset uns der Jugend freuen,
Und den Tag der Lust nur weihen!
Keiner soll die Zeit bemessen,
Welche uns, welche uns, welche uns Kränze flicht.
NEVERS UND DIE SECHS EDELLEUTE.
Welche uns, welche uns, welche uns Kränze flicht!
NEVERS UND CHOR DER EDELLEUTE.
Lasset uns der Jugend freuen,
Und den Tag der Lust nur weihen!
Keiner soll die Zeit bemessen,
Welche uns, welche uns, welche uns Kränze flicht.
DIE SIEBEN EDELLEUTE.
Ja, nur dem heitern Streben
Geweiht sei dieses Leben,
Und alles sei vergessen,
Nur das Vergnügen nicht,
CHOR DER EDELLEUTE.
Ja, nur dem heitern Streben
Geweiht sei dieses Leben,
Und alles sei vergessen,
Ja, an nichts mehr denkt!
NEVERS.
Nur das Vergnügen nicht!
NEVERS UND DIE SECHS EDELLEUTE.
Die Lust nur einzig nicht!
NEVERS UND CHOR DER EDELLEUTE.
Lasset uns der Jugend freuen,
Und den Tag der Lust nur weihen!
Keiner soll die Zeit bemessen,
Welche uns, welche uns Kränze flicht.
Dem Spiel und heitern Streben
Geweiht sei unser Leben,
Und alles sei vergessen,
Nur das Vergnügen nicht!
Vergessen alles sei,
Nur das Vergnügen nicht!
Ja, alles, alles sei vergessen,
Nur die Freude sei es nicht!
TAVANNES zu Nevers.
Wollet, freundlicher Wirt, mir die Frage zugestehen,
Warum wir noch nicht, da es schon spät, zur Tafel gehen?
CHOR DER EDELLEUTE.
Warum wir nicht zur Tafel gehen? Warum? Warum?
NEVERS.
Wir müssen einen Gast noch erwarten.
CHOR DER EDELLEUTE.
Und der ist? Und der ist?
Die promenierenden, zuschauenden und umher stehenden Edelleute treten neugierig Nevers näher, so daß der Mitteltisch verdeckt wird.
Die Edelleute an den Tischen rechts und links erbeben sich und nehmen teil.
Die acht Nobeldiener hinten an der Mitteltreppe bringen den Mitteltisch nach rechts hinein und stellen die sechs Taburetts rechts und links von der Mitteltreppe; dann gehen sie ab nach rechts.
NEVERS.
Ein junger Edelmann, ein neuer Kamerade,
Der durch des Admirals und unsers Königs Gnade
Feldhauptmann erst geworden ist.
CHOR DER EDELLEUTE erstaunt.
Ha, der!
COSSÉ befremdet.
Der ist ja Hugenott!
CHOR DER EDELLEUTE ebenso.
Ja, der ist Hugenott!
NEVERS.
So ist’s! Doch muß ich bitten,
Behandelt ihn als Bruder und als Freund; auf dem Thron
Gab ein Beispiel man uns, wir müssen folgen schon,
Und um den Glauben wird nicht länger mehr gestritten.
Coligny, Medicis legten ab ihren Haß
Und schwuren Frieden sich.
TAVANNES ironisch.
Wie lange dauert das!
CHOR DER EDELLEUTE ironisch.
Wie lang?
Lachend.
Wie lang?
NEVERS leicht.
Was kümmert’s, Freunde, uns?
Langsam nach der rechten Ecke gehend.
Was kümmert’s, Freunde, uns? –
Cossé und einige Edelleute gehen wie zufällig nach hinten und blicken über die Terrasse nach links zu.
Die vorn stehenden Pagen tragen die runden Tische rechts und links seitlich hinein, setzen dann die sechs Taburetts auf die Seite und harren in vorheriger Aufstellung des Winks von Nevers.
COSSÉ nach der Terrasse links blickend.
Seht, dort kommt ein Mann langsam her, allgemach.
NEVERS hinsehend.
Es ist Raoul von Nangis, von dem ich eben sprach.
CHORÉ zu Tavannes.
Scheint der Mann doch ganz düster!
MÉRU ironisch.
Viel Zweifel ihn beschweren.
COSSÉ ebenso.
Das ist die Wirkung wohl der protestant’schen Lehren!
DE RETZ lachend.
Mir soll er machen Spaß.
NEVERS leicht.
Und ich bekehre ihn.
TAVANNES.
Wie? Du bekehrest ihn?
NEVERS.
Zum Göttlichen leit‘ ich, zu Lust und Lieb ihn hin.
CHOR DER EDELLEUTE.
Zu Lust und Lieb ihn hin.
Alle richten ihre Blicke nach hinten.
Der protestantische Edelmann Raoul von Nangis kommt langsam und nachdenklich von links über die Terrasse.
Drei protestantische Edelleute begleiten ihn.
Zweiter Auftritt.
Die Vorigen. Raoul. Drei protestantische Edelleute. Dann Diener.
Nevers geht Raoul einige Schritte entgegen.
Die katholischen Edelleute treten rechts und links zur Seite.
Die drei protestantischen Edelleute stehen hinter Raoul.
Raoul begrüßt zuerst Nevers, dann die übrigen.
Die drei protestantischen Edelleute ebenso.
Nevers reicht Raoul die Hand und führt ihn vor; dann giebt er den rechts und links vorn und nahe der Mitteltreppe hinten stehenden Pagen einen Wink.
Die je zwei vorderen Pagen gehen zurück und mit den hinten Stehenden paarweise über die Terrasse ab nach rechts.
RAOUL.
An diesem Ort, an diesem Ort mich hier zu finden,
In diesem edlen Kreis, in diesem lustbewegten Haus –
Ich, Raoul, ganz unbekannt, den keine Heldenthaten künden,
Die Ehre dank ich nur euch, diese Ehr‘ dank ich euch!
DE RETZ leise zu den andern.
Er drückt nicht schlecht sich aus!
COSSÉ ebenso.
Er drückt nicht schlecht sich aus!
TAVANNES ebenso, verächtlich.
Ja, wie ein Mann so spricht aus ländlichem Gefilde.
DE RETZ ebenso.
Wir wollen bilden ihn.
COSSÉ ebenso.
Wenn sich’s der Mühe lohnt.
NEVERS ebenso.
Wenn sich’s der Mühe lohnt,
Wollen wir ihn schon bilden.
RAOUL.
Ich, Raoul, ganz unbekannt,
Den keine Heldenthaten künden,
Die Ehre dank ich nur euch,
Diese Ehr‘ dank ich euch!
NEVERS leise zu den andern.
Er drückt nicht schlecht sich aus!
RAOUL.
Diese Ehr –
NEVERS wie oben.
Wir werden bilden ihn!
RAOUL.
Dank ich euch –
Diese Ehr‘ dank ich euch, dank ich euch!
CHOR DER EDELLEUTE wie oben.
Nein, fürwahr! er ist brav! er ist brav!
NEVERS UND CHOR wie oben.
Er drückt nicht schlecht sich aus,
Wir werden bilden ihn, wir werden bilden ihn!
Zu Tische! zu Tische! zu Tische! herbei!
Nevers, Raoul und alle Edelleute treten jetzt möglichst weit vor und zwar gleich in die Stellungen, welche sie später sitzend einnehmen, um die Aufstellung der Tafeln zu decken.
Eine größere Anzahl Tafeldiener bringen während der zweiunddreißig Takte Einleitungsmusik von rechts und links die Tafeln, Taburetts und Bänke; zuerst die vier vorderen Seitentafeln, dann die Mitteltafel, zuletzt die zwei rückwärtigen Seitentafeln: alle Tafeln mit Blumenvasen, Aufsätzen u.s.w. reich dekoriert; die Mitteltafel mit einer hohen goldenen Fruchtschale, zwei goldenen Vasen mit Blumen, sieben goldenen Pokalen und sieben Tellern am reichsten. Sie treten dann zur Seite, nahe den von ihnen gebrachten Tischen, um später beim Wegräumen gleich bei der Hand zu sein.
Die zwölf Pagen kommen zu Zweien mit goldenen und silbernen Weinkrügen von rechts über die Terrasse, und nachdem die Gäste an den Tafeln Platz genommen, treten sie geschäftig herzu und schenken ein.
Die acht Nobeldiener kommen mit Fruchtschalen und Schaugerichten von rechts, stellen sie auf die Mittel- und Seitentafeln und treten dann zurück, seitlich von der Mitteltreppe.
Alle Gäste haben nach den ersten Takten des folgenden Chores an den Tischen Platz genommen; sie behalten die Kopfbedeckungen auf.
Raoul und Nevers setzen sich zuletzt.
ALLGEMEINER CHOR UND CHOR DER SIEBEN EDELLEUTE.
Freunde, kommt zu Tische! zu Tische! zu Tische!
Backwerk, Fleisch und Fische, die herrlichsten Fische!
Lecker im Gemische, im leckern Gemische
Laden jetzt euch ein, ja, freundlich ein!
Fein‘ und starke Weine, die herrlichsten Weine.
Aus Burgund, vom Rheine, die herrlichsten Weine,
Ja, vom Rhein die feinsten Weine,
Klar im goldnen Scheine, im goldenen Scheine
Schenkt man jetzt euch ein, schenkt man euch ein!
NEVERS weich und gebunden.
Sorgen entschweben –
CHOR DER EDELLEUTE.
Schenkt ein! Schenkt ein!
TAVANNES weich und gebunden.
Durch Saft der Reben –
CHOR DER EDELLEUTE.
Weicht Groll und Pein!
TAVANNES wie oben.
Zechend versinken –
CHOR DER EDELLEUTE.
Leicht Gram, Verdruß!
TAVANNES wie oben.
Essen und Trinken –
CHOR DER EDELLEUTE.
Nur ist Genuß! –
Freunde, kommt zu Tische! zu Tische! zu Tische!
Backwerk, Fleisch und Fische, die herrlichsten Fische,
Lecker im Gemische, im leckern Gemische
Laden jetzt euch ein, ja, freundlich ein!
NEVERS, TAVANNES UND CHOR DER EDELLEUTE.
Kommt, Freunde, zu Tische, Fleisch, Backwerk und Fische,
Sie laden euch ein, zu Tische, sie laden euch ein!
Fleisch, Braten und Fische, im leckern Gemische,
Sie laden euch ein, sie laden euch ein!
Schenkt ein und trinkt, schenkt ein und trinkt!
NEVERS weich und gebunden.
Sorgen entschweben –
CHOR DER EDELLEUTE.
Schenkt ein! Schenkt ein!
TAVANNES weich und gebunden.
Durch Saft der Reben –
CHOR DER EDELLEUTE.
Weicht Groll und Pein!
TAVANNES wie oben.
Zechend versinken –
CHOR DER EDELLEUTE.
Leicht Gram, Verdruß!
NEVERS UND TAVANNES wie oben.
Essen und Trinken ist nur Genuß!
CHOR DER EDELLEUTE.
Dies nur ist Genuß!
NEVERS, TAVANNES UND CHOR DER EDELLEUTE.
Ihr Freunde, zu Tische! zu Tische! zu Tische!
Fleisch, Backwerk und Fische im leckern Gemische,
Ihr Freunde zu Tische! zu Tische! zu Tische!
Wein, Backwerk und Fische im leckern Gemische,
Der herrlichste Wein aus Burgund und vom Rheine,
Im goldenen Scheine, er ladet euch ein!
Freunde, kommt zu Tische, Fleisch, Backwerk und Fische,
Fleisch und Fische laden jetzt euch ein!
Sie laden ein, kommt, kommt zu Tische!
Freunde, kommt zu Tische! Backwerk, Fleisch und Fische,
Lecker im Gemische laden jetzt euch ein.
Alle Sorten Weine, aus Burgund, vom Rheine,
Klar im goldenen Scheine, schenkt man jetzt euch ein!
ALLE EDELLEUTE stehen beim Eintritt des Sechsachteltaktes tumultuarisch auf; die innerhalb der Scene sitzenden treten, die Gläser in der Hand, nach vorn; die an den Ecken sitzenden begegnen sich, stoßen an; lebhafte Bewegung.
Trinkt Saft der Reben und schenket ein!
Und bald entschweben wird Gram und Pein!
Bei Tisch versinken Gram und Verdruß!
Essen und Trinken, ja Essen und Trinken nur ist Genuß!
Sie setzen sich in gehobener Stimmung wieder auf die vorherigen Plätze.
NEVERS ausgelassen heiter zu den Pagen.
Schenkt goldnen Wein uns ein,
Nichts soll die Freude trüben!
Die Pagen eilen auf Nevers Geheiß geschäftig einschenkend hin und her.
NEVERS.
Stoßt an, Herr Raoul, es lebe, was wir lieben!
Mir zeigt der Blick, der Stimme sanfter Ton,
Ja, ja, ich wette drauf, Ihr war’t verliebet schon.
RAOUL betroffen.
Wer? Ich?
NEVERS.
Man verzeiht uns die Sünde!
Doch wißt, daß morgen ich mich ehelich verbinde!
Ich gab mein Wort, lege Ketten mir an.
Eingebildet.
Nur die Damen bei Hof, die dürfen sich beklagen,
Tragisch im Ton.
Die so viel sich auf mich
Lachend.
zu gute schon gethan.
TAVANNES.
O sag uns alles, lieber Freund,
Dem Beispiel muß dann jeder folgen.
Uns nennen sein Liebchen.
NEVERS.
Ja, herzlich gern! Wer fängt an?
Sein Blick geht von einem zum andern, bis er endlich auf Raoul fällt.
Der Letztgekommne sei’s! Herr Raoul fängt an!
DIE EDELLEUTE lebhaft und lachend beistimmend.
So sei’s!
RAOUL.
Ganz unmöglich wird’s sein,
Daß euren Wunsch ich kröne.
Die mein Herz sich erkor –
NEVERS lachend.
Saget, wer ist die Schöne?
RAOUL.
Ich weiß es nicht.
Die Edelleute bezeigen ihre Verwunderung.
NEVERS.
Ihr Name?
RAOUL.
Ist im Dunkel!
Die Edelleute sind erstaunt, zweifeln, zucken die Achseln und lachen.
NEVERS.
Fürwahr, fürwahr, das ist ein Rätsel,
Ja, und romantisch sogar!
Nr. 2. Scene und Romanze.
RAOUL noch sitzend.
Ich ging spazieren einst,
Nicht fern der Stadt im Freien,
Als eine Sänfte ich ganz nahe wart gewahr,
Die war rings ganz umgeben von der tollsten Schar.
Ein Studentenhanf‘ – ich hörte laut sie schreien,
Und mein Schwert in der Hand,
Trat ich der Sänfte nah‘.
Ritterpflicht wollt ich üben sogleich.
Doch zur Stelle faßt Schrecken jene Schar,
Sie fliehn alle schnelle. –
Er steht bei dem Viola-Solo auf; in Verzückung.
Ha! welch ein reizendes Bild
Stellt dem trunkenen Auge sich dar!
Romanze.
Sehr sanft, mit halber Stimme.
Ihr Wangenpaar, wie zwei blühende Rosen,
Ihr Augenpaar, wie Sterne am Himmel so mild!
Nie hab ich geschaut noch im Leben
Ein so göttliches Frauenbild.
Schönste der Frauen, könnt ich stets schauen den Reiz,
Sich immer mehr belebend.
Der mich erfüllt mit Beben und mit Lust!
Lebhaft.
Ich sprach zu ihr, mir kaum bewußt:
O Engel, alles gäb‘ ich für die Lust,
Zu ruhn, zu ruhn an deiner Götterbrust!
O Gott, welch Glück! O Gott, welch Glück,
Zu ruhn an deiner Brust!
O weiche Götterlust, zu ruhn, zu ruhn an deiner Brust!
CHOR DER EDELLEUTE lachend.
Ei! Ei! wer wird ob zwei feurigen Augen
Sogleich entbrennen in zärtlicher Glut!
RAOUL sehr sanft.
Sie horcht mir zu, ein sanftes Lächeln
Schwebt um die Lippe und um den holden Engelsblick,
Und ihrer Brust zartes Pochen
Gab mir kund mein unendlich Glück.
Ich fühlt im Herzen
So süße Schmerzen,
Im Busen war entglommen
Ein neues Leben mir.
Lebhaft.
Ich sprach zu ihr, ich sprach zu ihr:
O Engel, alles gäb ich für die Lust,
Zu ruhn, zu ruhn an deiner Götterbrust!
O Gott, die Lust, o Gott, die Lust,
Zu ruhn an deiner Brust!
O welche Götterlust, zu ruhn, zu ruhn an deiner Brust!
Cossé ist aufgestanden und an die rechte Seite der Mitteltafel getreten, um mit den Gästen dort anzustoßen.
CHOR DER EDELLEUTE lachend.
Ei! ei! wer wird ob zwei feurigen Augen
Sogleich entbrennen in zärtlicher Glut!
Raoul setzt sich auf seinen vorigen Platz.
Der Diener Marcel ein alter derber Soldat, erscheint von links auf der Terrasse.
Dritter Auftritt.
Die Vorigen. Marcel.
Cossé wendet sich nach seinem Platz zurück, um sich wieder zu setzen; dabei erblickt er Marcel.
Nr. 3. Recitativ und Choral.
COSSÉ.
Welch besondre Figur naht sich von dort soeben?
RAOUL.
’s ist mein Diener, ihr Herrn, mir als Kind schon ergeben.
MARCEL wendet sich leise fragend an einen Pagen.
Herr Raoul?
Page zeigt nach Raoul.
MARCEL tritt zu Raoul vor; für sich.
Gott! Gefahr droht ihm hier!
Vom Gelage der gottlosen Schlemmer bleibe fern!
MÉRU lachend.
’s ist ein christlicher Held!
MARCEL barsch.
Im philistrischen Feld.
Einige Edelleute springen auf.
CHOR DER EDELLEUTE.
Höret ihr, was er sagt?
RAOUL sie beruhigend.
O verzeiht! Er kennt Schwert nur und Bibel;
Streng erzog einst mein Ahn‘
Ihn nach Luthers Gesetz,
Flößt ihm Haß gegen Rom und eure Lehre ein.
Die Edelleute setzen sich wieder.
MARCEL selbstzufrieden.
Ja, so ist’s – ja, so ist’s!
RAOUL.
Doch er liebt mich, ist getreu mir und bieder,
Ein ungeschliffner Demant ist der Greis.
Leise zu Marcel.
Komm und schweig, wenn du kannst –
Marcel macht eine Bewegung, um zu antworten.
RAOUL.
Und diene uns bei Tische. –
MARCEL leise.
Wohl es sei!
Mit einigen Schritten nach rechts; für sich.
Ach, wie rett‘ ich den Herrn vor Gefahr?
MÉRU UND NEVERS sich erhebend und ansto ßend.
Auf, lasset die Becher uns heben!
Die zwölf Pagen schenken nochmals ein; dann stellen sich je zwei Pagen rechts und links ganz vorn auf; die übrigen acht Pagen gehen nach hinten auf die Stufen der Mitteltreppe.
Die acht Nobeldiener treten je vier und vier vor die Mitteltreppe.
Raoul, Cossé und Tavannes stehen gleichzeitig mit Méru und Nevers auf.
RAOUL anstoßend.
Die Eine, die Reine soll leben!
COSSÉ UND TAVANNES ebenso.
Die freundlichen Schönen laßt leben!
Raoul und die vier Anderen setzen sich sofort wieder.
Raoul steht im Begriff, mit seinen Nachbarn anzustoßen; er hält aber plötzlich beim Beginn des Chorals inne und setzt den bereits erhobenen Pokal wieder auf die Tafel; nach wenigen Takten steht er auf, entblößt das Haupt und hört andächtig zu.
Die drei protestantischen Edelleute am Tisch links hinten thun dasselbe.
MARCEL in Angst, laut betend.
O Gott, steh‘ jetzt mir bei in der Gefahren Drang,
O komm und meng‘ dein Donnerwort in der Gottlosen Sang!
Er nimmt seinen Hut ab, die Arme gen Himmel ausgebreitet, in Verzückung.
O höre mich, du starker Gott!
An dich mein Ruf –
Ergehet!
NEVERS sitzend, zu Raoul, indem er ihm seinen Pokal entgegenhält.
Hier! trink!
RAOUL stehend, ablehnend.
Nein!
MARCEL wie oben.
Kein Christ hat noch in seiner Not –
Die Edelleute an der Seitentafel rechts vorn sind unruhig geworden und zum Teil aufgesprungen.
Nevers wendet sich zu ihnen und besänftigt sie mit beruhigenden Gebärden.
Die Edelleute setzen sich wieder.
MÉRU lachend zu Raoul, auf Marcel zeigend.
Was ist das?
MARCEL wie oben.
Umsonst zu dir geflehet!
RAOUL andächtig.
Das ist Luthers geheiligtes Lied,
Das wir anstimmen dann,
Wenn Gefahr uns umzieht!
MARCEL wie oben.
Es waffnet gegen mich der Versucher sich;
O Herr erbarme dich! Die Höll‘ ist fürchterlich!
Laß uns ihr widerstehen! Herr Gott! steh‘ uns bei, o Gott!
Cossé erhebt sich, Marcel näher ins Auge fassend, tritt zwischen ihn und Raoul.
Nr. 4. Scene und Hugenottenlied.
Recitativ.
COSSÉ Marcel auf die Schulter klopfend.
Mein Freund, irr‘ ich mich nicht,
Antworte mir zur Stelle!
Warst du nicht der Soldat,
Der einst bei la Rochelle –
MARCEL überrascht, freudig.
Wie? Kennet Ihr mich noch?
COSSÉ.
Ich erhielt einst von dir
Er zeigt die Stelle.
diese Wunde am Kopfe.
MARCEL stolz.
Ja, ja, sie kam von mir.
RAOUL besorgt.
O Gott! Marcel!
COSSÉ lustig.
Du wußtest dich zu wehren,
Drum will ich ohne Groll
Den Becher mit dir leeren.
MARCEL schroff abwehrend.
Schön Dank! Ich trinke nicht –
Die katholischen Edelleute bezeigen ihren Unwillen.
Einige rechts und links springen auf.
Raoul und Nevers beruhigen sie und veranlassen sie, sich wieder zu setzen.
COSSÉ lachend.
Mit einem Höllensohn!
Er setzt sich wieder auf seinen Platz.
RAOUL.
Ach, entschuldigt ihn!
NEVERS.
Nun denn, wenn er nicht trinkt, so sing‘ er!
RAOUL sich dem Vorschlag widersetzend.
Meine Herrn!
COSSÉ lebhaft zustimmend.
Ja, ganz recht, er singe!
MARCEL tritt allmählich nach links, absichtlich.
Ja, recht gern will ein herrliches Lied,
Das mir die Brust durchglüht,
Singen ich gleich zur Stelle!
Zu Cossé.
Ihr kennt es wohl schon lang,
’s ist unser Schlachtgesang;
Wir sangen’s bei Rochelle!
Ja, damals hat der Tambour den Takt angegeben,
Und es erscholl ein piff, paff, puff daneben,
Er macht die Geste des Schießens.
Und ich sang, ja, ich sang: piff – paff – piff – paff!
Einzelne Edelleute der hinteren Tafeln stehen auf und treten näher.
Hugenottenlied.
MARCEL.
Die Klöster brennt alle ab,
Die Mönche verheeret;
Es finde ein schnelles Grab,
Was Luthern nicht ehret!
Zerstreuet wie Staub in Wind das böse Gesind,
Zerstreuet wie Staub in den Wind
Jenes gottlose Heuchlergesind!
Erwürget sie, mordet sie, schlaget sie, brennet sie!
Vernichtet sie, schlaget sie, mordet sie, würget sie!
Er macht die Geste des Schießens.
Piff, paff, puff, brennet sie!
Piff, paff, puff, würget sie!
Piff, paff, puff, piff – paff! – Piff, paff, puff, piff!
Laßt heulen die Feilen, erbarmet euch nicht!
Nein, nein, nein! Gnade nicht!
Nein, nein, nein! haut zu!
Nein, nein, nein! schlagt zu!
Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, Gnade nicht!
Es bilden sich lebhafte Gruppen.
Die an der zweiten Tafel rechts befindlichen Edelleute stehen auf und treten näher; die Vorderen bleiben noch sitzen, ebenso die links an Nevers Seite befindlichen Edelleute.
DIE SIEBEN EDELLEUTE lachend und parodistisch zu Marcel.
Hahahahaha! Seid barmherzig, o Herr!
Haha! Euer Zorn trifft uns schwer.
Gnade! Gnade! Laßt Euch erweichen!
EINER.
Gnade!
EIN ANDERER.
Schön Dank!
MARCEL mit einigen Schritten nach rechts.
Selbst Weiber verschonet nicht,
Vertilgt sie in Eile!
Ein weinendes Weibsgesicht
Entfernt euch vom Heile;
Vergießet mit Kraft und Mut ihr rosiges Blut,
Vergießet ihr rosiges Blut, ihr rosiges Blut!
Die Dalileu, mordet sie, würget sie, mordet sie!
Die Dalileu, schlaget sie, mordet sie, würget sie!
Wie oben.
Piff, paff, puff, mordet sie!.
Piff, paff, puff, würget sie!
Piff, paff, puff, piff – paff! – Piff, paff, puff, piff!
Laßt heulen die Feilen, erbarmet euch nicht!
Nein, nein, nein! Gnade nicht!
Nein, nein, nein! haut zu!
Gnade nicht, haut zu!
Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, Gnade nicht.
Die acht Pagen auf der Mitteltreppe gehen je vier und vier über die Terrasse ab nach rechts und links.
Ein Nobeldiener kommt, die verschleierte Valentine begleitend, von links über die Terrasse.
Vierter Auftritt.
Die Vorigen. Valentine. Ein Nobeldiener.
Valentine entfernt sich auf der Terrasse nach rechts.
Nobeldiener tritt zu Nevers und meldet.
Die Nobeldiener und Diener halten sich bereit, um die Tafeln und Sitze nach rechts und links hinein zu entfernen.
Recitativ.
NOBELDIENER.
Mit dieses Schlosses Herrn,
Dem Grafen von Nevers,
Wird zu sprechen verlangt.
NEVERS selbstgefällig und gleichgültig sitzen bleibend.
Und wenn’s der König wäre,
Ich bin nicht hier!
Kühn.
Selbst Gott, er kümmert mich nicht sehr,
Wenn der Becher mir winkt!
MARCEL rechts vorn, für sich.
Ha, der Frevler! Er lästert.
NOBELDIENER halblaut.
Doch ein schönes Weib wünscht ein Wort.
NEVERS.
Wie? Ein Weib, sagest du?
Nachlässig und lächelnd zu den Edelleuten.
Fürwahr, kaum könnt ihr glauben,
Wie mich die schönen Fraun verfolgen immerfort.
NOBELDIENER nach der Fensterthür rechts vorn zeigend.
Dorten harret sie im Betgemache.
NEVERS.
Sie soll warten!
COSSÉ UND THORÉ zusammen.
Nein, nein, nicht so!
Ritterpflicht, feiner Sinn erfordern,
Daß sogleich statt dir –
DE RETZ UND MÉRU zusammen.
Geh ich –
TAVANNES UND COSSÉ zusammen.
Statt dir!
DE RETZ UND MÉRU zusammen.
Geh ich!
NEVERS.
Ei, immerhin! Doch erlaubt mir vorher!
Zum Nobeldiener.
Sag‘, wer ist diese Schöne?
Die Marquise d’Entrague?
Ist’s die Gräfin Irene?
NOBELDIENER.
Nein, nein, mein Herr!
NEVERS.
So ist’s Madame de Raincy?
NOBELDIENER.
Nein, mein Herr, nie sah ich diese Dame hier.
NEVERS steht auf, feurig.
Ha, eine neue Erob’rung!
Das lohnt die Mühe mir.
Sie zu sehn, will ich eilen
Und wär’s aus bloßer Neubegier.
Zu den Edelleuten.
Entschuldigt mich, lieben Freunde, ich bitte.
Setzet eure Lust immer fort!
Entfern‘ ich mich auch jetzt aus eurer frohen Mitte,
Liebe ruft mich von hier, doch wünsche ich es nicht,
Daß sie der Freunde Mahl, ihre Lust unterbricht!
Er eilt ab über die Terrasse nach links.
Nobeldiener folgt ihm.
Fünfter Auftritt.
Die Vorigen ohne Nevers, Valentine und den Nobeldiener.
Die Edelleute von den hintern Tafeln stehen alle auf und folgen Nevers bis zur Mitteltreppe, Einige bis auf die Stufen, sodaß die hintern Tafeln von den Dienern entfernt werden können.
Die Edelleute an der Tafel rechts vorn treten vor diese Tafel, sodaß die Diener unauffällig die Tafeln, Taburetts und Bänke der rechten Seite wegnehmen können.
Die links befindlichen Edelleute bleiben noch sitzen.
Die Edelleute von der zweiten Tafel rechts treten mit den Edelleuten von der Mitteltafel vor diese Tafel, sie dadurch deckend und Nevers nachsehend.
Die Edelleute auf der linken Seite erheben sich und nun werden von den Dienern die Mitteltafel und die Seitentafeln links mit ihren Taburetts und Bänken entfernt.
Vier Pagen kommen je zu Zweien von rechts und links ganz vorn und stellen die beiden runden Tische wieder rechts und links wie zu Beginn des Aufzugs vorn auf und umgeben sie mit je drei Taburetts; auf dem Tisch links vorn ein Damenspiel.
Die Pagen und Diener haben ihre Arbeit beendet und sind aus dem Saale verschwunden; alle Tafeln, Taburetts und Bänke sind entfernt, nur die runden Tische rechts und links vorn stehen mit ihren Taburetts wieder.
Sechster Auftritt.
Die Vorigen ohne die Pagen und Diener.
Marcel führt Raoul in die Ecke nach links hinten, und macht ihm ersichtlich dort Vorwürfe über seinen leichtfertigen Umgang mit den Katholiken.
Raoul hört dadurch zunächst nichts von dem vorn Vorgehenden.
Drei Edelleute setzen sich links vorn zum Damenspiel.
Andere stehen dabei.
Die übrigen Edelleute sowohl diejenigen, welche Nevers begleiteten, als diejenigen, die ihm mit den Blicken folgten, sehen sich, sowie er abgegangen ist, bedeutungsvoll an und lachen leise, sich über ihn lustig machend, indem sie teils wieder nach vorn kommen, teils sich nach rechts und links zurückziehen, sowie der Platz dort frei geworden ist, so daß sich zunächst nur die Solisten im Vordergrunde befinden.
Nr. 5. Ensemble.
TAVANNES nach der Fensterthür rechts vorn gewendet.
Doch wer ist denn jene Schöne?
DE RETZ ebenso.
Könnte man sie doch nur sehn!
CHOR DER EDELLEUTE sehr sanft und leicht.
Allen Frauen, allen, allen
Weiß er schnelle zu gefallen,
Und ihm winket süßer Lohn,
Fürwahr, ein süßer Lohn.
Schweiget! Solch‘ ein Abenteuer
Wünschet keine lauten Schreier.
Ach, wär‘ ich der Held davon!
TAVANNES.
Ach, wär‘ ich der Held davon!
MÉRU.
Ach, wär‘ ich der Held davon!
CHOR DER EDELLEUTE.
Allen Frauen, allen, allen
Weiß er schnelle zu gefallen,
Und ihm winket süßer Lohn!
Recitativ.
THORÉ.
Doch wer ist denn diese Schöne?
COSSÉ.
Möcht es wissen, muß gestehn!
DE RETZ.
Kann man denn sich ihr nicht nähern?
COSSÉ.
Kann man sie denn gar nicht sehn?
TAVANNES.
Ja, ich wüßte wohl ein Mittel!
Er zeigt nach der Fensterthür rechts vorn.
Hin zu jenem Fenster gehn
Und den Vorhang nur zu lüften,
Dorten können wir sie sehn;
Im Betgemach sind sie beide dort zu sehen.
DIE SOLO-EDELLEUTE wollen nach dem Fenster.
Das ist recht schön, kommt, schauen wir!
TAVANNES sie zurückhaltend.
Die Entdeckung ist von mir,
Drum will ich zuerst sie sehen!
Er tritt zur Fensterthür rechts vorn und blickt, den Vorhang etwas hebend, hinein.
Einzelne Solo-Edelleute treten nach und nach hinzu.
DE RETZ zu Tavannes.
Erblickst du sie?
TAVANNES.
Ja, sie ist hier.
Die Solo-Edelleute drängen sich näher zum Fenster.
COSSÉ.
Und ist sie hübsch?
TAVANNES entzückt.
Ein herrlich Weibchen!
DE RETZ Tavannes‘ Platz einnehmend.
Nun ist’s an mir!
COSSÉ hineinsehend.
Ich seh‘ sie auch!
Die übrigen Chor-Edelleute werden ebenfalls aufmerksam und kommen nach vorn.
MÉRU ebenso.
Ein Engelsbild!
DE RETZ.
Ein zartes Täubchen!
TAVANNES zu de Retz.
Und kennst du sie?
DE RETZ.
Ich nicht!
COSSÉ zu Méru.
Und du?
MÉRU.
Ich nicht!
TAVANNES zu Cossé.
Und du?
COSSÉ.
Ich nicht!
CHOR DER EDELLEUTE.
Du nicht? Nicht ich! Nicht ich!
Nicht du? Nicht du? Nicht du? Nicht ich! Nicht ich!
Sehr sanft und gebunden.
Sie ist die schönste aller Frauen!
ch, wie glücklich ist unser Nevers!
Er kann sie in der Nähe schauen! –
Glücklich ist er! – Glücklich ist er!
Recitativ.
MÉRU wendet sich zu Raoul, der noch immer links hinten heimlich mit Marcel spricht.
Und Ihr, verlangt Ihr nicht auch sie zu sehn?
Soll dies vielleicht mit Luthers strenger Lehre,
Die Ihr so eifrig übt, im Widerspruche stehn?
RAOUL lächelnd, indem er sich mit Marcel nähert.
Es ist nicht gar so arg, laßt mich schauen!
Alle Edelleute treten bereitwillig von der Fensterthür zurück, so daß der Weg für Raoul frei wird.
RAOUL hineinsehend.
O Gott!
Er steht bestürzt.
CHOR DER EDELLEUTE erstaunt.
Was ist das?
RAOUL lebhaft zu Marcel und den Edelleuten.
Jenes Mädchen, an das mein Herz gekettet,
Das mein Arm hat gerettet,
Von dem ich sprach mit euch –
Sie ist es!
CHOR DER EDELLEUTE.
Diese?
RAOUL wie oben.
Sie ist es!
CHOR DER EDELLEUTE.
Diese?
RAOUL bestimmt.
Ich kannte sie gleich!
MÉRU verwundert.
Sie ist es!
TAVANNES ebenso.
Sie ist es!
CHOR DER EDELLEUTE lachend.
Armer Schelm, der in der Liebe
Glaubt, daß treu ein Weib ihm bliebe!
Siehst du deinen Wahn nun ein?
RAOUL empört.
Treue halten Weiber nie,
Ja, mit Verachtung straf‘ ich sie!
Schöner Traum, ach, so entflieh!
Mit Verachtung straf‘ ich sie!
CHOR DER EDELLEUTE lachend.
Armer Schelm, der in der Liebe
Glaubt, daß treu ein Weib ihm bliebe!
Siehst du deinen Wahn nun ein?
Armer Schelm, der in der Liebe
Glaubt, daß treu ein Weib ihm bliebe!
Siehst du deinen Wahn nun ein?
RAOUL.
Einen andern beglücket ihre Liebe,
Nun so sollen meine Triebe
Nur für sie Verachtung sein! Hinein!
CHOR DER EDELLEUTE lachend.
Siehst den Wahn du, den Wahn nun ein?
Armer Schelm, der in der Liebe
Glaubt, daß treu ein Weib ihm bliebe!
Siehst du deinen Wahn nun ein?
Hahahahahahaha!
Raoul will ergrimmt durch die Fensterthür rechts vorn in das Gemach stürzen.
Die Edelleute halten ihn lachend davon zurück.
Méru und einige Edelleute sind inzwischen zurückgegangen und haben über die Terrasse nach rechts geblickt.
MÉRU nach vorn zu den Edelleuten.
Nur stille! Sie kommen schon!
Geht zurück!
CHOR DER EDELLEUTE.
Zieht euch zurück, nur fort!
Raoul entfernt sich mit Marcel nach links.
Die drei protestantischen Edelleute folgen ihnen.
Siebenter Auftritt.
Die Vorigen ohne Raoul, Marcel und die protestantischen Edelleute. Dann Nevers, Valentine und ein Page.
Die katholischen Edelleute ziehen sich lachend, in Gruppen nach beiden Seiten hin zurück und verbergen sich; nur Wenige bleiben links vorn beim Damenspiel und im Hintergrunde zurück.
Der Graf von Nevers kommt auf der Terrasse von rechts, die verschleierte Valentine an der Hand führend und von einem Pagen gegefolgt; auf der Mitte der Terrasse verabschiedet er sich respektvoll mit Handkuß und Verbeugung und wendet sich, gedankenvoll vor sich hinblickend, nach vorn, ohne die Anwesenden zu bemerken.
Der Page geleitet Valentine auf der Terrasse nach links hinaus.
Achter Auftritt.
Nevers. Die Edelleute. Dann Pagen.
Die Edelleute vereinigen sich hinter Nevers mit Lachen und Zuwinken und nähern sich ihm allmählich und vorsichtig, so daß er sich beim Choreinsatz plötzlich von heitern Genossen umringt sieht.
Recitativ.
NEVERS nachdenklich.
Trennen muß ich das Band, das so froh mich gemacht,
Und die Königin selbst rät mir zu diesem Schritte;
Und meine Braut hat nun gar ihre Bitte,
Ihr Wort ihr zu erlassen, bei mir selber angebracht.
Die hellsten Thränen sind von ihrem Aug‘ geflossen,
Daß diesen Ehebund nur der Vater beschlossen.
Als ein großmüt’ger Mann trat ich schnelle zurück,
Doch hat es mich im Innersten verdrossen.
Er steht in Gedanken.
Vier Pagen kommen mit Weinkrügen und Bechern auf Tabletts von rechts vor der Terrasse.
Nr. 6. Finale.
CHOR DER EDELLEUTE mit festem Einsatz.
Es lebe hoch der Held,
Der auf der Ehre Feld
So viele Siege zählt,
Als bei der Liebe Kosen!
Lob ihm! Preis ihm! Lob ihm! Preis ihm!
Nevers fährt aus seinem Nachsinnen auf, schlägt sich vor die Stirn, lacht und winkt den Pagen um Wein.
Die Pagen bedienen Nevers und die Edelleute; einen Krug mit drei Bechern setzen sie auf den Tisch rechts vorn.
Nevers nimmt mit Tavannes und Méru rechts vorn Platz.
Die andern Edelleute stehen lachend, plaudernd und trinkend in Gruppen zurück.
Die Edelleute am Tisch links sind noch beim Damenbrettspiel.
DIE SECHS EDELLEUTE.
Der Frauen Herz und Sinn
Für ihn allein erglühn,
Die Liebe hat für ihn
Keinen Dorn in den Rosen.
CHOR DER EDELLEUTE.
Es lebe hoch der Held,
Der soviel Siege zählt!
Ja, hoch! ja, hoch! ja, hoch! ja, hoch!
Hoch lebe dieser Held,
Hoch, hoch der Held!
Der Page Urban kommt mit einem Briefe von links über die Terrasse.
Neunter Auftritt.
Nevers. Urban in der Mitte. Edelleute. Pagen.
NEVERS.
In diesem Schloß, was suchst du, schöner Page?
URBAN ritterlich.
Ihr edlen Herrn allhier,
Nehmt erst den Gruß von mir, seid schön gegrüßt!
Kavatine.
Eine holde edle Dame,
Aller Frauen schönste Zier,
Hat mich abgesandt an einen
Unter euch, meine Herrn, im Kreise hier.
Ist sie zu nennen mir nicht erlaubt,
Preis‘ ich doch jenen, der an sie glaubt.
Glaubt mir, dem Helden, auch noch so groß,
Lachte noch nie ein so glücklich Los.
Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nie!
Fürchtet etwa keine Falle,
Davon bin ich wahrlich fern!
Gott behüt‘ und schütz‘ euch alle;
Gott mög‘ euch schützen.
Er behüt‘ und bewahr‘ euch, ihr Herrn!
Der Edelmann Raoul von Nangis kommt mit seinem Diener Marcel unauffällig von links zurück.
Zehnter Auftritt.
Die Vorigen. Raoul, Marcel links. Dann zwei Vermummte.
Recitativ.
NEVERS sich erhebend, selbstgefällig zu seiner Umgebung.
Zwar manchmal lästig wird zu viele Gunst der Frauen,
Denn oft zu viel begehren sie;
Doch will ich dieser Unbekannten noch vertrauen!
Zu Urban.
Darum gieb mir den Brief.
Er greift nach dem Brief.
URBAN zögernd ihn zurückziehend.
Seid denn Ihr Sir Raoul de Nangis?
NEVERS überrascht.
Was sagst du?
URBAN.
Diesen Brief an ihn soll ich ihm geben.
CHOR DER EDELLEUTE erstaunt.
Wie? An ihn?
Tavannes und Méru stehen auf.
Die Edelleute links vorn ebenso.
MARCEL stolz zwischen Urban und Raoul tretend.
Meinem Herrn? Er ist hier! Seht ihn hier!
Auf Raoul zeigend.
Dieser ist’s. Dieser ist’s! Seht ihn hier!
Er tritt zurück.
RAOUL.
Wie? Mir?
URBAN ihm den Brief reichend.
Nehmet hier!
Raoul nimmt und löst das Siegel.
Die Edelleute blicken gespannt auf Raoul und flüstern sich Bemerkungen zu.
RAOUL liest.
»Nach fünf Uhr allsogleich, Herr Ritter von Nangis,
Wird eine Kutsche, Euch vom Hofe abgesandt,
Bei dem Hause Euch finden,
Die Augen laßt Euch immerhin verbinden.
Werdet Ihr wohl es wagen?« –
Ich seh‘, es wird ein Scherz
Mit mir wohl hier getrieben,
Doch mag es auch drum sein,
Ich versuch’s, will’ge ein. –
Hier, leset selber!
Er giebt Nevers den Brief.
NEVERS erstaunt lesend, mit leiser Stimme.
Seh ich recht!
Alle zeigen großes Erstaunen in Miene und Gesten.
Nevers giebt den Brief weiter an Méru.
MÉRU erstaunt lesend, ebenso.
Ist es möglich!
COSSÉ der gleichzeitig mit Tavannes hineingeblickt, ebenso.
Der Kön’gin Hand!
TAVANNES erstaunt, ebenso.
Und ihr Siegel!
CHOR DER EDELLEUTE ebenso.
Ihre Hand! Es ist klar!
Welches Glück! Es ist wahr!
Raoul erhält den Brief zurück.
Die Edelleute haben sich untereinander angesehen, dann nähern sie sich Raoul mit liefen Verbeugungen, ihm die Hand drückend.
Lange Pause.
Ensemble.
Alle nähern sich Raoul, und ihm die Hand zu drücken, indem einer den andern wegdrängt.
NEVERS achtungsvoll, mit erkünstelter Zärtlichkeit.
Daß ich lieb‘ Euch und achte,
Das wollet gefälligst bedenken.
MÉRU wie oben, ebenso.
Eure Freundschaft wollt ferner,
Auch ferner, Herr Ritter, mir schenken!
DE RETZ wie oben, ebenso.
Was Euch Übles geschieht,
Würde bitter, ja bitter mich kränken;
Wollt ferner auch meiner in Freundschaft gedenken!
NEVERS wie oben, ebenso.
Was Euch Übles geschieht,
Würde bitter, ja bitter mich kränken,
Wollt ferner auch meiner in Freundschaft gedenken!
COSSÉ UND TAVANNES wie oben.
Eure Freundschaft wollt ferner, ja ferner,
Herr Ritter, mir schenken!
MÉRU wie oben.
Eure Freunde sind wir, wie Ihr wißt, jederzeit!
Im Glücke denket mein! Im Glücke denket mein!
DE RETZ ebenso.
Eure Freundschaft wollt ferner mir schenken,
In Freundschaft auch ferner gewogen mir sein!
Im Glücke denket mein! Im Glücke denket mein!
URBAN.
Eure Freunde sind wir, wie Ihr wißt, jederzeit,
Seid nun auch uns im Glücke jetzt zum Dienst bereit!
TAVANNES ebenso.
Wollet mein freundlich gedenken! Im Glücke denket mein,
In Eurem Glück!
NEVERS.
Wollet auch ferner gewogen mir sein,
Im Glücke denket mein! Im Glück denket mein!
COSSÉ.
Baut auf mich, o denket mein! O denket mein!
CHOR DER EDELLEUTE ebenso.
Im Glücke denket mein!
ALLE.
Denkt mein in Eurem Glück,
Ja, denket mein in Eurem Glück!
RAOUL erstaunt.
Welch‘ Änd’rung ist das nun!
Was kann ich für euch thun?
TAVANNES beteuernd.
Viel!
CHOR DER EDELLEUTE ebenso.
Viel!
MARCEL ebenso.
Viel!
URBAN ebenso.
Viel!
Stretta.
URBAN zu Raoul, sehr abgestoßen und mit halber Stimme.
Das Geschick will mit Euch, edler Herr, sich versöhnen.
Was Ihr wünscht, was Ihr hofft, wird die Zukunft Euch krönen,
Seid nur kühn, folget mir zu der harrenden Schönen!
Vorwärts, Freund, nicht zurück,
Denn Euch lächelt das Glück!
DIE SIEBEN EDELLEUTE zu Raoul, ebenso.
Das Geschick will Euch krönen
Durch die Hand einer Schönen!
Eurer harret mit Sehnen
Offnen Armes das Glück.
Folget schnell seinem Winken,
Freud‘ und Lust dort zu trinken!
Seid nur kühn, folget ihm
Zu der harrenden Schönen.
Nur vorwärts, mein Freund,
Denn Euch lächelt das Glück.
Folget und faßt das Glück!
ALLE EDELLEUTE ebenso.
Und erfasset das Glück!
RAOUL erstaunt bald den einen, bald den andern fragend.
Meiner harrt Freud‘ und Lust?
Bin mir kaum selbst bewußt.
Ach, es pocht ungestüm meine Brust!
MARCEL leise.
Folgt, mein Herr, nicht der Lust,
Folget nicht den Schmeicheltönen!
Gehet nicht, gehet nicht hin zur Lust!
DIE SIEBEN EDELLEUTE zu Raoul.
Freud‘ und Lust harren schon,
Folget nur Eurem Glück!
Euch will wohl das Geschick!
MARCEL der seine Freude nicht bezähmen kann, emporgerichteten Blickes, die Hände kreuzend, mit donnernder Stimme.
Herr Gott, dich loben, preisen wir!
Samson schlägt jetzt die Philister!
URBAN zu Raoul, mit Leichtigkeit.
Euch erkor sich zum Günstling fürwahr das Geschick.
Was Ihr wünscht, was Ihr hofft, wird erfüllt,
Ja, Euch lächelt das Glück!
Was Ihr wünscht, was Ihr hofft, wird erfüllt!
Vorwärts, Freund, denn Euch lacht ja das Glück!
RAOUL.
Ungestüm schlägt die Brust,
Bin mir kaum selbst bewußt!
Ach, es pocht ungestüm meine Brust!
MARCEL wie vorher.
Dich loben wir, dich preisen wir!
Wir preisen, loben, loben dich!
Wir loben dich, wir loben dich!
Samson schlägt alle Philister tot!
Ja, dich loben, preisen wir!
Erbarme dich seiner, gewaltiger Gott!
O erbarme dich seiner, o Gott!
DIE SIEBEN EDELLEUTE zu Raoul.
Euch erkor sich zum Günstling fürwahr das Geschick!
Euch erkor sich das Glück!
Euch erkor sich zur Gunst das Geschick!
Vorwärts, Freund, faßt das Glück! vorwärts, Freund!
Was Ihr hofft, was Ihr wünscht, wird erfüllt!
Vorwärts, Freund, faßt das Glück! vorwärts, Freund!
Fasse nur schnelle das Glück, fasse schnelle das Glück!
CHOR DER EDELLEUTE zu Raoul.
Gehet hin zu der Schönen!
Denn sie harrt schon mit Sehnen!
Fasset schnell das Glück! vorwärts, Freund!
Vorwärts, Freund! faßt das Glück!
Was Ihr hofft, was Ihr wünscht, wird erfüllt!
Vorwärts, Freund, fasset schnelle, nur schnelle das Glück!
Fasset schnelle, ja schnelle das Glück.
URBAN Raoul einen Schritt vorführend, halblaut.
Es will das Schicksal Euch krönen,
Folget mir zur herrlichen harrenden Schönen,
Denn Euch lächelt dort das schönste Glück!
Er giebt nach links hinten, der Terrasse zu, einen Wink.
Zwei Vermummte kommen von links hinten über die Terrasse, der eine mit einer weißen Binde in der Hand.
URBAN.
O laßt ohne Weilen zur Freude uns eilen,
Zur Freude uns eilen und fasset das Glück!
Folgt schnelle mir und faßt das Glück!
Nur fort, eilen wir! Laßt zur Lust uns eilen!
Laßt zum Glück uns eilen, folgt mir zum Glück!
CHOR DER EDELLEUTE lachend und humorvoll.
Es will das Schicksal Euch krönen.
Folget ihm zur liebenden harrenden Schönen,
Denn Euch lächelt dort das schönste Glück!
Ihr sollt ohne Weilen zur Freude hineilen,
Zur Freude hineilen und fassen das Glück!
Lebt wohl und fasset schnell das Glück!
Nur fort, eilet hin! eilt zur Lust ohne Weilen!
Folgt ihm ohne Weilen und folgt ihm zum Glück!
Der eine Vermummte zeigt Raoul die Binde und bindet sie ihm über die Augen.
Urban faßt Raoul an der Hand und geht mit ihm über die Mitteltreppe nach links dem Ausgang zu.
Die beiden Vermummten folgen.
Marcel bemüht sich vergebens, Raoul zurückzuhalten.
Die Edelleute stellen sich ihm lachend in den Weg, klopfen ihm auf die Schulter, halten ihn scherzhaft auf.
Zweiter Aufzug.
Nr. 7. Zwischenakt und Arie.
Der Vorhang hebt sich nach dem achtzehnten Takte.
Schloß und Garten von Chenonceau bei Amboise in der Touraine; das Schloß ist auf eine Brücke gebaut. In der Mitte führt eine kleine Bodenerhebung zum See-Ufer; auf dem See einige Schwäne. Rechts vorn ein Laubenthron, von Blätterwerk überdacht, die Stufen mit Teppichen belegt. Links vorn eine Laube mit Statuen und einer Steinbank. Links hinten eine große steinerne Treppe, nach den oberen Teilen des Gartens. Statuen. Steinerne Bänke. Taburetts.
Heißer Sommernachmittag.
Requisiten für das Personal:
Für den Pagen Urban einen Handspiegel.
Für die Hofdamen ein Schmuckkästchen; einige Albums; Mandolinen; Angelgerät; Guirlanden; Kränze; ein Körbchen mit Brot, die Schwäne zu füttern.
Erster Auftritt.
Die Königin Margarete. Der Page Urban. Ehrendamen. Hofdamen. Pagen.
Margarete sitzt auf dem Laubenthron rechts vorn, mit Beendigung ihrer Toilette beschäftigt.
Urban kniet zu ihrer Linken, ihr einen Spiegel vorhaltend.
Eine Ehrendame zur Rechten der Königin, hält ihr ein Schmuckkästchen offen hin.
Margarete betrachtet sich wohlgefällig in dem Spiegel.
Drei Ehrendamen sitzen auf den Taburetts zur Linken Margaretes; hinter jeder steht ein Page bereit, das Taburett fortzustellen, sobald die Dame sich erhoben hat.
Pagen befinden sich auf der Treppe links; der Eine singt einigen Damen aus einem Notenblatt; ein Zweiter begleitet den Gesang auf der Mandoline; ein Dritter liest unter heimlichem Kichern der Damen einer andern Gruppe vor.
Einige Hofdamen füttern die Schwäne.
Andere Hofdamen angeln.
Wieder Andere fertigen Guirlanden oder Kränze, oder besehen sich Bilder in großen Albums.
Margarete steht auf und steigt herab in den Vordergrund.
Die drei Ehrendamen zur Linken des Laubenthrons erheben sich von ihren Taburetts.
Die dahinterstehenden Pagen entfernen die Taburetts nach rechts hinter den Laubenthron; dann begeben sie sich nach links auf die Treppenstufen.
Arie mit Chor.
MARGARETE.
O glücklich Land, ihr Saatenwellen,
Du Blätterdach mit grünen Zellen,
Klarer Bach, welcher murmelt, welcher murmelt in Quellen,
Wie träum‘ ich gern in eurem Schoß!
O klarer Bach, der leise murmelt, leise murmelt,
Wie träum‘ ich gern in eurem Schoß!
Süßer Traum! süßer Traum! süßer Traum!
Mag man hier Luthers Wort, dort Calvins Ausspruch ehren
Und sie verteidigen mit Blut;
Hier soll uns nur Natur, die hohe Göttin lehren,
Was Gott gefällig, was recht und gut.
Urban und erste Ehrendame Margarete zur Rechten.
Zweite Ehrendame Margarete zur Linken.
Terzett.
URBAN, ERSTE EHRENDAME, MARGARETE.
Zwiespalt entweiche
Aus diesem Reiche,
Und alles gleiche
Sich freundlich aus.
Ein jeder übe
Nur sanfte Triebe,
Baut nur der Liebe
Ein Gotteshaus.
MARGARETE.
Das Echo soll den Klang
Von unserm Liebessang
Stets wiederholen Tage lang!
Höret ihr diesen Klang?
Echos freundlicher Klang
Wiederholt unsern Sang,
Unsern Liebessang.
O holde Liebe! O holde Liebe!
Nachtigallen im Flieder
Singen nach unsre Lieder!
URBAN, ERSTE, ZWEITE EHRENDAME.
Ja, des Echos treuer Klang,
Er wiederholet unsern Liebessang.
Liebe! Liebe! Ja! Ja!
MARGARETE.
Und das zarte Geräusch
Jener Zweige am Baum
Trägt zu der Liebe Gruß
Dem zarten Wellenschaum.
O du lieblicher Traum!
Süßer Traum! O Ton der Freude!
O süßer Ton!
URBAN, DIE ZWEI EHRENDAMEN.
Zwiespalt entweiche
Aus diesem Reiche,
Und alles gleiche
Sich freundlich aus.
Ein jeder übe
Nur sanfte Triebe,
Baut nur der Liebe
Ein Gotteshaus.
URBAN, ERSTE EHRENDAME, MARGARETE, ZWEITE EHRENDAME.
Zwiespalt entweiche
Aus diesem (meinem) Reiche,
Und alles gleiche
Sich freundlich aus.
Ein jeder übe
Nur sanfte Triebe,
Baut nur der Liebe
Ein freundlich Haus.
MARGARETE.
Ein freundlich Haus! –
Dies einz’ge Wörtlein »Liebe«
Erwärmet alle Wesen;
Das Herz, wenn noch so krank,
Das es hört, wird genesen.
Man kann’s auf jedem Blatt,
In Baches Murmeln lesen,
Die Erde, der Himmel, die ganze Natur,
Sie sprechen, sie atmen stets Liebe nur.
Das einz’ge Wörtlein »Liebe«
Erwärmet alle Wesen;
Das Herz, wenn noch so krank,
Das es hört, wird genesen.
Himmel und Erd‘, sie atmen allein
Liebe nur, allein Liebe nur!
URBAN, DIE ZWEI EHRENDAMEN.
Die Natur atmet stets Liebe nur, ja!
Zwei Pagen gehen links oben ab.
Die Treppendamen steigen herab, den Weg für Valentine freigebend.
Die anderen vier Pagen verweilen oben auf der Treppe.
Die sitzenden Hofdamen erheben sich.
Alle Damen bewegen sich langsam in Gruppen nach rechts.
Recitativ.
URBAN die Königin betrachtend, seufzend, für sich.
Wie schön ist unsre Herrin! Ach!
Er tritt vor die Treppe links.
Die zwei Pagen kehren links oben zurück.
Das Edelfräulein Valentine von Saint Bris folgt ihnen zaghaft.
Zweiter Auftritt.
Margarete rechts unten. Valentine auf der Treppe links oben. Die sechs Pagen auf der Treppe. Urban vor der Treppe. Die Ehren- und Hofdamen rechts zurückstehend.
MARGARETE.
Wer kommt denn dort? Sieh!
URBAN.
’s ist die schönste der Damen, die Euch dienen.
Die zwei Pagen deuten Valentine an, daß sie die Königin unten im Parke finden werde.
Die anderen vier Pagen haben sich bei Valentines Erscheinen vor ihr verneigt, und gehen links oben ab, sobald sie herabsteigt.
Valentine bleibt einen Moment oben schüchtern und zögernd stehen, bevor sie sich herab begiebt.
Die ersten zwei Pagen steigen bis zum ersten Treppenabsatz herunter und lassen Valentine zwischen sich durch; dann entfernen sie sich nach links oben.
MARGARETE.
Valentine, sie nahe sogleich!
URBAN für sich.
Ganz besonders beschützt sie unsre Herrin.
Er giebt Valentine ein Zeichen.
MARGARETE.
Ich kann nicht weinen sehn,
Und doch sah Thränen ich in ihren Augen stehn.
URBAN für sich.
Auch mich bewegt das sehr,
Nun lach‘ ich auch nicht mehr.
Margarete giebt ihren Damen einen Wink, sich zu entfernen.
Die Damen entfernen sich nach rechts hinter den Laubenthron.
Urban läßt Valentine mit einer Verneigung an sich vorüber, dann geht er, sich noch mehrmals nach Margarete umsehend, ab über die Treppe nach links oben.
Dritter Auftritt.
Margarete, Valentine zu ihrer Linken.
Valentine unten angelangt, verneigt sich in ehrerbietiger Entfernung vor Margarete.
MARGARETE.
Nur näher! Du darfst es wagen,
Und was gelungen dir,
Das sollst du gleich mir sagen.
VALENTINE die sich genähert hat.
Der Graf gab mir sein Wort.
Daß er leiste Verzicht sofort auf meine Hand.
MARGARETE.
Gut, so muß es gelingen,
Und ich schließe für dich ein andres Band.
VALENTINE betroffen.
Was hör ich? Gott!
Sie senkt die Blicke zu Boden.
MARGARETE.
Du errötest, mein Kind?
Du liebst ihn wohl sehr?
VALENTINE angstvoll.
Nein, nein! Nicht darf ich lieben ihn!
Und mein Vater –
MARGARETE.
Tröste dich, sprechen werd ich ihn.
VALENTINE schüchtern.
Doch Raoul, wird er –
MARGARETE.
Das wird sich zeigen.
Er kommt hierher.
VALENTINE erschreckt.
O Gott! Ich kann ihn ja nicht sehn.
MARGARETE lächelnd.
Nicht sehn? Wenn du nicht kannst,
So soll er mir denn Rede stehn.
Die Ehrendamen kommen mit der Badetoilette Margaretes zurück.
Die Hofdamen von vier Kammerfrauen begleitet, folgen.
Damen in Gondeln kommen von rechts und links auf dem See im Hintergrunde.
Vierter Auftritt.
Margarete. Valentine. Ehren- und Hofdamen. Kammerfrauen.
Margarete ladet Valentine ein, mit ihr auf dem Sitz neben dem Ruhelager rechts Platz zu nehmen.
Valentine folgt dieser Aufforderung in ergebener Haltung.
Die Kammerfrauen bringen Taburetts für die Damen herbei.
Eine Anzahl Hofdamen beschäftigen sich mit ihrer Toilette.
Die Kammerfrauen nehmen ihnen nach und nach Schleier, Blumen, Schmuck und Oberkleider ab.
Die Hofdamen eilen ab nach rechts hinten und erscheinen nach einigen Augenblicken badend hinten im See.
Die anderen Ehren – und Hofdamen verweilen im Vordergrunde in Gruppen in der Nähe Margaretes.
Margarete streckt sich nachlässig auf dem Ruhelager rechts vorn aus, um zuzuschauen.
EINE EHRENDAME.
Kommt, gnäd’ge Herrin, im Schatten der Gebüsche,
Da winket Kühlung Euch vor heißer Sonnenglut;
Die Well‘ entläßt Euch dann in neuer Schönheit Frische,
Und glücklich preiset sich darob diese Flut.
Nr. 8. Chor der Radenden.
EINE HOFDAME.
Ihr Mädchen, kommt! In jenem Schatten,
Da winket Kühlung dem Heißen, Matten.
Entkleidet euch auf weichem Moos!
Taucht in die klare Quelle nieder
Und stärket neu die zarten Glieder!
Es winket dort, es winkt Erfrischung,
Erfrischung im klaren Wellenschoß!
Entkleidet dort euch auf weichem Moos
Und stärket euch im Wellenschoß!
CHOR DER DAMEN.
Ihr Mädchen, kommt! Ihr Mädchen, kommt!
Entkleidet euch auf weichem Moos!
Kommt, Mädchen, kommt!
Entkleidet euch dort auf dem weichen Moos!
Die Kühlung winkt im Wellenschoß;
Dort stärket neu die zarten Glieder,
In der klaren Welle sanftem Schoß!
Kühle im klaren Wellenschoß!
Entkleidet dort euch auf weichem Moos
Und stärket euch im Wellenschoß!
EINE HOFDAME UND CHOR DER DAMEN.
Kleidet euch aus auf weichem Moos,
Stärket euch dann im Wellenschoß!
Taucht in die klare Welle nieder
Und stärket neu die zarten Glieder,
Stärkt euch dort im Wellenschoß!
Der Page Urban kommt rasch von links oben, bleibt aber, im Begriff herabzusteigen, stehen beim Anblick des sich ihm bietenden berückenden Bildes.
Fünfter Auftritt.
Die Vorigen. Urban.
MARGARETE.
Recht gut! Ich dank euch, liebe Kinder.
Urban erblickend.
Doch sieh! – Was willst du noch hier, junger Faut?
Was willst du noch hier?
URBAN hält halb bestürzt, halb entzückt im Gehen inne; dann kommt er langsam, nur schrittweise herab.
Wer? Ich?
Meiner Herrin Wink wollt‘ ich erwarten,
Drum weilt ich noch im Garten.
MARGARETE.
Und ich dachte nicht dran,
Und würde bald den Knaben ganz vergessen haben.
Geh fort sogleich, und zieh dich schnell zurück!
URBAN betrübt für sich.
Schade, wahrlich schad‘,
Fortzugehn in solchem Augenblick. Ach, wie schad‘!
Ach, wie schad‘! – Ach, wie schad‘!
Jetzt zu gehn im Augenblick!
EINE HOFDAME.
Ihr Mädchen, kommt! In jenem Schatten,
Da winket Kühlung dem Heißen, Matten.
Entkleidet euch auf weichem Moos
Und stärkt euch neu im Wellenschoß!
CHOR DER DAMEN.
Ihr Mädchen, kommt! Ihr Mädchen, kommt!
Entkleidet euch auf weichem Moos!
Kommt, Mädchen, kommt! entkleidet euch
Dort auf dem weichen Moos!
Urban geht zögernd über die Treppe ab nach links oben.
Sechster Auftritt.
Die Vorigen ohne Urban.
EINE HOFDAME.
Taucht in die klare Quelle nieder
Und stärket neu die zarten Glieder!
Es winket dort, es winkt Erfrischung,
Erfrischung im klaren Wellenschoß!
Entkleidet euch dort auf weichem Moos
Und stärket euch im Wellenschoß!
CHOR DER DAMEN.
Die Kühlung winkt im Wellenschoß!
Dort stärket neu die zarten Glieder
In der klaren Welle sanftem Schoß!
Kühle im klaren Wellenschoß!
Entkleidet euch dort auf weichem Moos
Und stärket euch im Wellenschoß!
Der Page Urban erscheint von links oben auf der Treppe.
Siebenter Auftritt.
Die Vorigen. Urban. Dann zwei Pagen.
MARGARETE entrüstet.
Was bringt dich her, Urban? sag an!
URBAN verlegen.
Erhabne Frau, ein Ritter folget mir!
Die badenden Damen entfliehen bei dem Anblick Urbans aus dem See nach rechts.
Die vier Kammerfrauen entfernen sich mit den Taburetts, Oberkleidern, Schmuck, Schleiern und Blumen nach rechts hinten.
DIE HOFDAMEN eilen unruhig hin und her und blicken hilfesuchend nach Margarete.
Ein Fremder hier! Ein Fremder hier! Ein Fremder hier!
Margarete erhebt sich mit Valentine und tritt herunter.
Valentine macht eine zaghafte Bewegung.
URBAN.
Erschrecket nicht!
Er trägt ein Band vor dem Gesicht.
MARGARETE zu Urban.
Er komme!
Zu Valentine.
Das ist Raoul.
URBAN für sich.
Er vermutet wohl nicht, was er findet.
MARGARETE.
Er ist’s, bring ihn nur schnell herein.
Urban geht ab nach links über die Treppe.
VALENTINE halblaut.
Ich will entfernen mich.
MARGARETE.
Gut. Doch bleib in meiner Nähe!
Valentine entfernt sich nach einer tiefen Verbeugung nach rechts hinter dem Laubenthron.
Der Edelmann Raoul von Nangis kommt, die Binde vor den Augen, von dem Pagen Urban gefolgt, von zwei Pagen geführt, von links oben die Treppe herab.
Die beiden Pagen entfernen sich sofort wieder, woher sie kamen.
Achter Auftritt.
Margarete rechts vorn, Raoul zu ihrer Linken. Urban links vor der Treppe. Die Hofdamen Raoul umringend.
Die Hofdamen flüstern untereinander, den eintretenden Raoul neugierig musternd.
Nr. 9. Rinde-Scene.
CHOR DER HOFDAMEN.
Seht ihn hier. Seht ihn hier!
Stille! leise! Zitternd naht,
Zitternd naht er dem Kreise!
Hat verloren er den Mut?
Das wär‘ schön, das wär‘ gut!
Er hat Furcht, das ist schön, er hat Furcht!
O würde er gewahr
Die drohende Gefahr,
Nicht stellte Furcht sich ein,
Er würde glücklich sein.
Doch darf die Binde nicht
Er nehmen vom Gesicht,
Und so sind sicher wir
Vor seiner Neubegier.
URBAN für sich.
Mich hat man vergessen, und ich kann, welches Glück!
Die Gefahren beschaun, die man birgt seinem Blick.
MARGARETE den Damen dankend, die sich mit ihr beschäftigen.
Allein muß ich ihn sprechen,
So geht, verlasset mich!
URBAN für sich.
Ach, größ’res Glück als er
Hat niemand sicherlich.
CHOR DER HOFDAMEN.
Uns Befehl sei ihr Wille,
Gehet fort, leise, stille;
Ganz verloren ist sein Mut;
Das ist schön, das ist gut!
O würde er gewahr
Die drohende Gefahr,
Nicht stellte Furcht sich ein,
Denn er würd‘ glücklich sein, glücklich sein!
Nur fort, leis‘ und stille,
Denn er wird glücklich sein, glücklich sein!
CHOR DER HOFDAMEN.
Doch darf er seine Binde noch nicht nehmen –
URBAN für sich.
Ach, größ’res Glück als er
Hat sicher niemand mehr!
MARGARETE drängend.
Nur fort, nur fort!
Lasset mich, nur fort, nur fort!
CHOR DER HOFDAMEN.
Von dem verhüllten Gesicht
Und so sind sicher wir,
Daß sein Auge gewahre uns hier!
Nur fort in aller Stille!
Margarete giebt nochmals einen Wink.
Die Damen eilen, sich Bemerkungen zuflüsternd, lachend ab nach rechts hinter dem Laubenthron.
Urban verschwindet unauffällig über die Treppe nach links oben.
Neunter Auftritt.
Margarete rechts vorn, Raoul zu ihrer Linken.
Nr. 10. Recitativ und Duett.
Recitativ.
MARGARETE zu Raoul.
Wer uns Vertrauen gab,
Der verdient auch den Lohn.
An dem Ort seid Ihr schon.
Nehmt nun die Binde ab
Und wollet sehen.
Sie geht langsam ab nach rechts hinter dem Laubenthron.
Zehnter Auftritt.
Raoul allein.
RAOUL sich die Binde abreißend und um sich blickend.
O Gott! Wo bin ich?
Entzückt.
Dem geblendeten Aug‘ scheint dies alles ein Wunder.
Die Königin Margarete kommt langsam von rechts zurück.
Elfter Auftritt.
Margarete, Raoul zu ihrer Linken.
Raoul der sich nach rückwärts umgeblickt, wendet sich nach vorn, erblickt Margarete, hält überrascht inne, dann verbeugt er sich ehrerbietig.
Duett.
RAOUL entzückt.
Wer bist du, himmlisch schönes Wesen,
Die du hier herrschest sanft und mild?
Bist du der Erde, dem Himmel entsprossen?
Bist du ein schönes Traumgebild?
O sprich ein Wort, das meines Herzens Sehnen stillt.
MARGARETE für sich, ihn mit Interesse betrachtend, sehr mild.
Wie’s ihm gelang, sie zu gewinnen,
Wohl fühl‘ ich’s in der eignen Brust!
Die holde Stimme, sein freundlich Wesen
Erfüllt mich selbst mit hoher Lust,
Erfüllt mein Herz mit hoher Lust,
Erfüllt mein Herz mit hoher, nie gefühlter Lust!
Laut zu Raoul.
Seiner Liebe treu ergeben,
Muß der Ritter fern auch leben,
Und der Busen darf nicht heben
Je für eine andre sich!
Seiner Liebe treu ergeben,
Soll der Ritter fern auch leben
Und nicht heben darf der Busen treulos sich!
Seiner Liebe treu ergeben,
Darf sein Busen sich nicht heben
Treulos für eine andre sich!
Ja, in der Lieb‘ ist ein Verbrechen schon im Blick,
Sie wird ihn rächen, darum habt wohl acht!
RAOUL beiseite, mit unterdrückter Stimme.
Nein, ich kann nicht widerstreben,
Mich durchströmet neues Leben,
Und ein süßes, ja, ein nie gefühltes Beben
Regt in meinem Busen sich.
Ja, an der Ungetren’n mich rächen,
Ist Vergeltung, kein Verbrechen;
Ich liebe, wo mir Liebe lacht.
Recitativ.
RAOUL lebhaft.
Als Ritter weih‘ ich Euch, schöne Frau, Blut und Leben.
MARGARETE lächelnd.
Ihr müßt von Eurer Tren
Zuvor ein Pfand mir geben.
Sie geht langsam auf ihn zu.
RAOUL feurig.
Ha, so vernehmt den heil’gen Eid,
Knieend.
Euch allein sei fortan mein ganzes Sein geweiht!
Margarete hält im Gehen inne und fixiert Raoul heimlich.
RAOUL.
Zum Tod für Euch bin ich bereit!
MARGARETE seufzend, für sich.
Ah! Ah! Ah! Ah!
Sie geht an ihm vorüber nach links, mit dem Finger drohend.
Wär‘ ich so wie andre Fraun,
Würd‘ ich seinem Wort vertraun;
Doch ich fühl‘ ein heimlich Graun,
Nein, nein, nein, das darf nicht sein!
Mein Blut darf nicht wallen,
Ich darf ihm vor allen
Für sie nur gefallen,
Für sie nur allein.
Ach! nicht wie andre Frauen
Darf ich ihm vertrauen
Und es stellt ein Grauen sich ein!
Mein Blut darf nicht wallen,
Und ich darf vor allen
Nur für sie gefallen,
Nur für sie allein,
Für sie allein, für sie allein!
Nein, nein, nein, nein, für sie allein!
RAOUL feurig.
Nur Euch weih ich Blut nun und Leben,
Nur Euch diesen Arm, dieses Schwert;
Für die Ehre, für Gott und sein Liebchen
Ist dem Ritter der Tod selbst noch wert!
MARGARETE für sich.
Wie schön ist der Mut, der ihn durchglühet!
RAOUL.
Ja, Euch weih ich Blut nun und Leben!
Ja, für Euch diesen Arm,
Für Euch dieses Schwert!
MARGARETE für sich.
Wie lieb ich den Mut,
Der so kühn ihn durchflammet!
Laut.
Doch glaubet mir, ich wünsch‘ allein,
Ihr nur mögt ganz glücklich sein.
RAOUL.
Ja, nur Euch – will ich ganz – mich nun weihn!
MARGARETE beiseite, ihn mit einem leichten Seufzer ansehend.
Ah! Ah!
Sie reicht ihm die Hand zum Kusse und geht an ihm vorüber nach rechts.
Wär‘ ich so wie andre Fraun,
Würd‘ ich ganz mich ihm vertraun;
Doch ich fühl‘ ein heimlich Graun,
Nein, nein, nein, es darf nicht sein!
Mein Blut darf nicht wallen,
Ich darf ihm vor allen
Für sie nur gefallen,
Für sie nur allein!
Ach! Nicht wie andre Frauen
Darf ich ihm vertrauen
Und es stellt ein Grauen sich ein!
Mein Blut darf nicht wallen
Und ich darf vor allen
Nur für sie gefallen,
Nur für sie allein, für sie allein!
Ja, nur für sie, für sie allein!
RAOUL.
Der schönsten der Frauen,
Ihr will ich vertrauen,
Auf sie will ich bauen,
Mein Leben ihr weihn.
Ja! Neuer Liebe Schmerzen
Brennen tief in meinem Herzen,
Fort zu scherzen sind sie nie
Wird unmöglich sein,
Ja, die Schmerzen, sie brennen für sie nur allein!
Der Page Urban kommt eilig von links oben über die Treppe.
Zwölfter Auftritt.
Die Vorigen. Urban vor der Treppe links.
Nr. 11. Recitativ.
URBAN.
Erlaubet!
MARGARETE ärgerlich.
Was bringst du denn schon wieder?
URBAN.
Alle Edlen des Lands
Wollen die Kniee beugen
Vor Eurer Majestät.
RAOUL sinkt respektvoll aufs Knie.
Gott!
Urban beobachtet mit kindischer Eifersucht.
MARGARETE nähert sich Raoul, freundlich herablassend.
Staunet Ihr, mein Freund?
Gehorsam habt Ihr mir gelobt, wohlan!
Ich fordere Herz und Hand für ein eh’liches Band.
Daß dem Lande die Sonne der Ruh möge scheinen,
Soll Protestantenblut katholischem sich einen;
Darum geb‘ ich Euch auch zur Gattin
Eine hübsche und sehr reiche Erbin,
Die einz’ge liebe Tochter des Grafen von Saint-Bris,
Eurem vorigen Feind, welcher gern allen
Haß vergißt und seine Tochter mit Euch vereint.
RAOUL erhebt sich.
Wie? Er?
Er verneigt sich tief.
Euer Wunsch ist Befehl!
MARGARETE reicht ihm die Hand zum Kusse.
Gut.
Dieser Bund hält künftig Euch in meiner Nähe.
RAOUL ihr die Hand küssend.
Zu gnädig seid Ihr!
URBAN ganz links vorn, seufzend für sich.
Ja, zu gnädig sehe ich, für alle Menschen, nur nicht für mich.
Raoul geleitet Margarete zum Laubenthron rechts vorn, dann tritt er nach links zurück.
Alle nun Eintretenden kommen von links oben über die Treppe.
Vierunddreißig Takte Eintrittsmusik.
Sechs Königspagen je drei in einer Reihe, Abstand zwischen den Reihen; sie verneigen sich vor der Königin, dann gehen Zwei ab nach rechts hinter dem Laubenthron, um mit den Ehren- und Hofdamen zurückzukehren; Vier nehmen rückwärts Aufstellung.
Der Ceremonieumeister mit dem Stabe; Verneigung vor der Königin.
Saint Bris und Nevers.
Die katholischen Edelleute nehmen rechts von der Treppe Aufstellung.
Die hugenottischen Edelleute ebenso links.
Ein Königskurier.
Der Diener Marcel.
Acht Hofherren ebenso zwischen beiden Parteien.
Sechs Neverspagen in zwei Reihen, in breiter Front, auf der Treppe.
Acht Königsdiener ebenso.
Vier Neversnobeldiener ebenso.
Acht Königsgardenhellebardiere ebenso.
Zwölf Soldaten mit Gewehren ganz oben auf der Treppe.
Zwei Königinpagen kommen gleichzeitig mit den beiden Königspagen, mit den Ehren- und Hofdamen von rechts, um am Laubenthron Aufstellung zu nehmen.
Die zwei Königspagen treten zu den andern rückwärtsstehenden.
Alle Edelleute und Hofherren entblößen bei der Begrüßung der Königin das Haupt.
Dreizehnter Auftritt.
Margarete. Urban. Der Ceremonieumeister. Saint-Bris. Nevers. Raoul. Marcel. Ehren- und Hofdamen. Katholische Edelleute. Hofherren. Hugenottische Edelleute. Königinpagen. Königspagen. Neverspagen. Königsdiener. Neversnobeldiener. Königsgardenhellebardiere. Soldaten. Dann ein Königskurier.
MARGARETE.
Seid mir willkommen hier! Ihr sollt nun im Verein
Von einem Band, das ich geschlungen, Zeuge sein.
Königskurier übergab mit einigen leisen Worten Urban einen versiegelten Brief.
Urban übergiebt den Brief der Königin.
Königskurier zieht sich unauffällig zurück.
Saint-Bris und Raoul haben sich inzwischen durch Nevers einander vorstellen lassen und sich ceremoniell die Hand gereicht.
Saint-Bris und Nevers treten dann mehr nach rechts.
Margarete hat den Brief erbrochen, tritt herunter, so daß sie Saint-Bris und Nevers zu ihrer Rechten findet; sie liest, winkt beide zu sich heran und zeigt ihnen das Schreiben.
Marcel tritt mittlerweile aufgeregt zu Raoul heran und flüstert ihm leise die Bemerkung zu: »Um die Hand einer Buhlerin wollt Ihr Euch bewerben?«.
Raoul weist ihn zurück.
Margarete übergiebt Urban den Brief.
Urban steckt ihn zu sich.
CHOR.
Befehl – Befehl sei uns dein Wille!
Der Fraun, der Frauen schönster Zier
Huld’gen all freudig wir,
Ja, alle huld’gen wir der Frauen schönster Zier!
MARGARETE halblaut zu Saint-Bris und Nevers.
Mein Bruder, König Karl,
Kennt und schätzet euch beide;
Er befahl, daß ihr gleich nach Paris euch verfüget,
Um mit euch ein Geschäft zu bereden.
SAINT-BRIS UND NEVERS.
Sein Befehl sei sogleich erfüllt!
Sie treten mit einer Verbeugung zurück und wenden sich nach links.
MARGARETE mit einigen Schritten nach rechts.
Gut! Doch zuvor noch der meine.
Zu Saint-Bris, Nevers, Raoul.
Schwöret feierlich, keinen Haß mehr zu nähren,
Schwöret mir alle drei;
Gott hört’s und ist dabei,
Daß ihr in Ruh‘ euch wollt
Und in Frieden verstehn;
Diesen Schwur haltet treu!
Zu den andern allen.
Ihr, meine Herren, auch,
Sollt ein Gleiches mir schwören.
Sie tritt zum Laubenthron hinauf.
Alle Edelleute und Hofherrn verbeugen sich zustimmend.
Saint-Bris, Nevers und Raoul treten in der Mitte zusammen.
Marcel steht Raoul zur Linken.
Alle Edelleute und Hofherrn treten einen Schritt näher, um den Schwur zu leisten.
Nr. 12. Finale.
SAINT-BRIS, NEVERS, RAOUL.
Bei des Königs teurem Haupt und bei unserer Ehre!
MARCEL für sich.
Hoch bei Luthers teurem Haupt und der heiligen Lehre!
ALLE EDELLEUTE, HOFHERRN UND MARCEL erheben die rechte Hand.
Schwören wir!
SAINT-BRIS, NEVERS UND RAOUL.
Bei dem Schwert und dem Schild, die dem Rechte wir weihn!
MARCEL für sich.
Bei dem Kreuz und dem Schwert, das dem Rechte wir weihn!
ALLE EDELLEUTE, HOFHERRN UND MARCEL erheben wie oben die rechte Hand.
Schwören wir!
SAINT-BRIS, NEVERS UND RAOUL.
Bei dem Gott, welcher sieht und bestrafet den Meineid!
MARCEL für sich.
Bei dem Gott, welcher sieht und bestrafet den Meineid!
ALLE EDELLEUTE, HOFHERRN UND MARCEL erheben wie oben die rechte Hand.
Schwören wir!
SAINT-BRIS, NEVERS UND RAOUL.
Hier vor Euch schwören wir, ewig Freunde zu sein!
MARCEL für sich.
Niemals soll unter uns Freund- und Brüderschaft sein!
SAINT-BRIS, NEVERS, RAOUL UND CHOR DER EDELLEUTE.
Bei des Herrn teurem Haupt,
Bei dem Schwert und bei Gott,
Hier vor Euch schwören wir,
Schwören wir hier vor Euch:
Sie erheben die rechte Hand.
Schwören wir, immer Freunde zu sein!
Schwören wir, immer Freunde und Brüder zu sein!
MARCEL für sich.
Bei dem Kreuz und dem Schwert,
Bei dem Schwert und dem Kreuz,
Und bei Gott schwöre ich,
Hier vor Euch, hier vor Euch:
Er erhebt die rechte Hand.
Schwöre ich, niemals soll unter uns,
Niemals soll unter uns Freund- und Brüderschaft sein!
SAINT-BRIS, NEVERS UND RAOUL vereinigen ihre Hände.
Süße Eintracht schirm‘ uns wieder,
Steig‘ von deinem Thron hernieder,
Lasse alle Menschen Brüder,
Alle eines Herzens sein!
Alle eines, alle eines, alle eines Herzens sein,
Ja, alle eines Herzens sein!
MARCEL für sich.
Sieh, o Luther, sieh hernieder,
Meinen Herrn erleuchte, stärke wieder,
Daß er kann für seine Brüder
Schirm und Schild und Stütze sein!
Luther, sieh herab!
Meinen Herrn erleuchte wieder,
Daß er uns Schützer könne sein!
MARGARETE.
Mag der Himmel ihn vernehmen
Und Segen dem Schwure verleihn!
URBAN UND EINE EHRENDAME, SAINT-BRIS, NEVERS UND RAOUL, MARCEL, ALLE EDELLEUTE.
Gott!
MARGARETE.
Diesen Schwur – vernehmen, diesen heil’gen Schwur!
URBAN, EHRENDAME, NEVERS, RAOUL, CHOR.
Hör‘ den Schwur, segne ihren / unsern Schwur!
SAINT-BRIS, MARCEL.
Gott, vernimm diesen Schwur!
URBAN, EHRENDAME, SAINT-BRIS, NEVERS, RAOUL, MARCEL.
Unsern Schwur!
CHOR DER EDELLEUTE.
Hör‘ unsern Schwur!
Margarete giebt zwei Ehrendamen einen Wink.
Die beiden Ehrendamen entfernen sich nach rechts hinter dem Laubenthron, um Valentine herbeizuholen.
Nevers wendet sich auf die rechte Ecke.
Margarete tritt herab und nach der linken Seite zu Raoul.
Urban folgt ihr.
Die beiden Ehrendamen kommen mit der verschleierten Valentine von rechts zurück.
Vierzehnter Auftritt.
Die Vorigen. Valentine.
Saint-Bris wendet sich zurück, Valentine entgegen; er saßt sie bet der Hand und führt sie Margarete zu.
MARGARETE heiter zu Raoul.
Nein, länger soll
Nicht Ungewißheit Euch bedrücken,
Ihr sollt nun Eure Braut erblicken,
Die’s gewiß leicht Euch macht,
Daß Ihr den Schwur erfüllt.
Valentine entschleiert sich.
RAOUL bei Valentines Erkennen zurückschaudernd.
Großer Gott! Seh ich recht?
MARGARETE verwundert.
Wie? Ihr staunt?
RAOUL stammelnd.
Wie? Sie wär‘ es?
Diese, meine Braut wäre sie?
MARGARETE.
Ja, sie schenkt Euch ihr Herz.
Die Edelleute drücken ihr Befremden aus, indem sie Raoul erwartungsvoll anblicken.
Einige katholische Edelleute treten etwas mehr nach der Mitte zu, dadurch den Stellungswechsel vorbereitend.
RAOUL energisch ausbrechend.
Ha, Verrat! Und sie wagt es?
Ihr Gatte werd‘ ich nie!
Nein!
ALLE.
Ha!
Raoul erst Schritt für Schritt nach links zurückweichend, geht mit den letzten Worten energisch nach links zu vor.
Marcel drückt seine Freude über Raouls Weigerung aus.
Nevers, Saint-Bris und die katholischen Edelleute ziehen sich in jähem Stellungswechsel und in drohender Haltung nach rechts hinüber.
Nevers und Saint-Bris treten rechts vor.
Die Damen wenden sich sehr rasch nach der Mitte zu.
Die Pagen nehmen die Stellung der Damen ein.
Die hugenottischen Edelleute befragen Raoul mit Gebärden der Überraschung über seine Meinungsänderung.
Stretta.
NEVERS UND SAINT-BRIS.
Schändlich ist’s, unerhört, solche Kühnheit zu wagen!
Wer auf Ehre noch hält, darf den Schimpf nicht ertragen!
Das, bei Gott! ist zu viel und in mir tobt die Wut,
Doch der Schimpf fordert Blut, ja, der Schimpf fordert Blut.
VALENTINE.
Schändlich ist, unerhört ist ein solches Betragen!
Ach, zu viel! Solchen Schimpf kann ich nimmer ertragen!
VALENTINE UND EHRENDAME.
Ach, mein Herz blutet sehr, und es sinkt mir der Mut,
Er entgeht sicher nicht ihrer schrecklichen Wut!
MARGARETE UND URBAN.
Schändlich ist, unerhört ist ein solches Betragen!
Was bestimmt ihn dazu, solche Kühnheit zu wagen!
Weiberehr‘ ist beschimpft, und der Schimpf fordert Blut,
Er entgeht sicher nicht ihrer schrecklichen Wut!
RAOUL.
Schändlich ist’s, unerhört! Ha, wie konnten sie’s wagen,
Mir als Braut dieses buhl’rische Weib anzutragen!
Treu der Ehr‘ und der Pflicht, schlag‘ ich aus sie mit Mut,
Kümmre mich wahrlich nicht um die schreckliche Wut!
MARCEL.
Bravo, Herr! Solches nenn‘ ich ein männlich Betragen!
Als ein Mann, als ein Christ schlägt er aus diese Brut,
Und er lacht ihrer Wut, ja, er lacht ihrer Wut
Und er lacht, ja, er lacht ihrer Wut!
CHOR.
Schändlich ist’s, unerhört, solche Kühnheit zu wagen!
Wer auf Ehre noch hält, darf den Schimpf nicht ertragen!
Das, bei Gott, ist zu viel! Solcher Schimpf fordert Blut,
Ganz gerecht ist die Wut, dieser Schimpf fordert Blut!
VALENTINE.
Hab ich wohl je verdient solch ein schändlich Betragen?
Ach, zuviel, solchen Schimpf kann ich nimmer ertragen!
RAOUL.
Schändlich ist’s, unerhört! Ha, wie konnten sie’s wagen?
NEVERS UND SAINT-BRIS.
Schändlich ist’s, unerhört, solche Kühnheit zu wagen!
Das, bei Gott, ist zuviel und in mir tobt die Wut!
Dieser Schimpf fordert Blut, fordert Blut!
Schändlich ist’s, unerhört, solche Kühnheit zu wagen!
Das, bei Gott, ist zuviel und in mir tobt die Wut!
Solcher Schimpf, solcher Schimpf fordert Blut, solcher Schimpf fordert Blut!
VALENTINE.
Ach, mein Herz blutet sehr und es sinket mein Mut,
Und entgehn, nein, entgehn wird er nicht ihrer Wut!
Schändlich ist, unerhört ist ein solches Betragen!
Ach, mein Herz blutet sehr und es sinkt mir der Mut!
Nicht entgehn wird er mehr ihrer schrecklichen Wut, ihrer schrecklichen Wut.
EINE EHRENDAME.
Ach, ihr Herz blutet sehr und es sinket ihr Mut,
Und entgehn, nein, entgehn wird er nicht ihrer Wut!
Schändlich ist’s, unerhört ist ein solches Betragen!
Ach, ihr Herz blutet sehr und es sinkt ihr der Mut!
Nicht entgehn wird er mehr ihrer schrecklichen Wut, ihrer schrecklichen Wut!
MARGARETE UND URBAN.
Weiberehr‘ ist beschimpft und der Schimpf fordert Blut,
Und entgehn, nein, entgehn wird er nicht ihrer Wut!
Schändlich ist, unerhört ist ein solches Betragen!
Weiberehr‘ ist beschimpft und der Schimpf fordert Blut,
Nicht entgehn wird er mehr ihrer schrecklichen Wut, ihrer schrecklichen Wut!
RAOUL.
Treu der Ehr‘ und der Pflicht schlag ich aus sie mit Mut,
Und ich lach‘, lach‘ ihrer Wut!
Schändlich ist’s, unerhört, ha, wie konnten sie’s wagen!
Treu der Ehr und der Pflicht schlag ich aus sie mit Mut
Und ich lach‘, ja, ich lach‘ ihrer Wut, ja, ich lach‘ ihrer Wut!
MARCEL.
Als ein Mann hat er sie ausgeschlagen
Und er lacht ihrer Wut, ja, er lacht ihrer Wut!
Bravo, Herr! solches nenn‘ ich ein männlich Betragen!
Als ein Mann, als ein Christ schlägt er aus sie voll Mut
Und er lacht, ja, er lacht ihrer Wut!
CHOR.
Dieser Schimpf fordert Blut, ja, der Schimpf fordert Blut!
Schändlich ist, unerhört ist ein solches Betragen!
Das, bei Gott, ist zuviel, solcher Schimpf fordert Blut,
Ganz gerecht ist die Wut, ganz gerecht ist die Wut!
MARCEL triumphierend, für sich.
O Gott, du unser Schirm und Hort!
MARGARETE.
Diese Weig’rung fürwahr –
RAOUL.
Hat mein Herz zwar zerrissen –
MARCEL wie oben.
Erhöre unser Flehen!
MARGARETE.
Doch die Ursach‘ davon?
RAOUL.
O fordert nicht sie zu wissen!
Mit Kraft.
Doch – dieses Band – Nein! Nie! –
MARGARETE.
Schändlich ist, unerhört ist ein solches Betragen!
Was bestimmt ihn dazu, solche Kühnheit zu wagen?
NEVERS UND SAINT-BRIS.
Schändlich ist, unerhört ist ein solches Betragen!
RAOUL.
Nie! Welcher Schmerz, ach, mein Herz fühl‘ ich laut in mir schlagen.
Nevers und Saint-Bris ziehen die Schwerter.
Raoul und alle Edelleute ebenso.
NEVERS UND SAINT-BRIS.
Fort, fort! er fall‘ in seinem Blut!
CHOR.
Dieser Schimpf –
RAOUL.
Ich liebte sie –
Mit unermess’ner Glut!
CHOR.
Fordert Blut!
MARGARETE.
Haltet ein! Wie, vor mir
Wagt das Schwert ihr zu ziehen?
Zu Raoul.
Alsogleich legt es ab!
Zu Saint-Bris.
Und Ihr vergesset nicht,
Daß Euch heut‘ in Paris
Euer König erwartet.
RAOUL.
Ich folge hin!
MARGARETE.
Nicht doch! Höret mich und gehorcht!
Ihr bleibt hier!
SAINT-BRIS laut, ergrimmt.
Zu glücklich ist er noch,
Daß sie ihn nimmt in Schutz; doch mein Arm
Wird ihn finden!
MARGARETE zu Saint-Bris.
Ha, Verwegner!
RAOUL zu Saint-Bris.
Ich bin für Euch zu finden
Und Eure Rach‘ ist gewiß!
SAINT-BRIS.
Meinem Zorn sucht man ihn
Ganz umsonst zu entwinden –
MARGARETE zu Saint-Bris und Raoul.
Ha, Verwegne, beide sollt
Meinen Zorn ihr empfinden!
NEVERS UND SAINT-BRIS.
Und es trifft ihn mein Arm,
Meine Rach‘ ist gewiß!
VALENTINE.
Ach, wie hab ich verdient
Diesen Schimpf, diese Schmach!
RAOUL zu Nevers und Saint-Bris.
Ja, ihr trefft mich gewiß
Und die Rach‘ ist so süß!
MARCEL.
Gott, ich danke dir!
NEVERS.
Schändlich ist, unerhört ist ein solches Betragen!
Was bestimmt ihn dazu, solche Kühnheit zu wagen?
Zu Raoul.
Fort, entfernet Euch von hier, entfernet Euch, nur fort!
Schändlich ist, unerhört ist ein solches Betragen!
Was bestimmt ihn dazu, solche Kühnheit zu wagen?
Diese Schmach ist zu groß, dieser Schimpf fordert Blut,
Er entgeht sicher nicht meinem Zorn, meiner Wut!
SAINT-BRIS.
O wie schändlich! wie kann dies er wagen?
Zu Raoul.
Fort, entfernet Euch von hier, entfernet Euch, nur fort!
Schändlich ist, unerhört ist ein solches Betragen!
Was bestimmt ihn dazu, solche Kühnheit zu wagen?
Diese Schmach ist zu groß, dieser Schimpf fordert Blut,
Er entgeht sicher nicht meinem Zorn, meiner Wut!
VALENTINE UND EINE EHRENDAME.
Schändlich ist, unerhört ist ein solches Betragen!
Was bestimmt ihn dazu, solche Kühnheit zu wagen?
Ach, dieses Herz blutet sehr und es sinkt mir / ihr der Mut,
Er entgeht sicher nicht ihrer Wut! – Ach Gott! ach Gott! – Ach Gott! ach Gott!
MARGARETE UND URBAN.
Schändlich ist, unerhört ist ein solches Betragen!
Was bestimmt ihn dazu, solche Kühnheit zu wagen?
Die Frauenehr‘ ist beschimpft und der Schimpf fordert Blut,
Er entgeht sicher nicht ihrer Wut! – Ach Gott! ach Gott! – Ach Gott! ach Gott!
RAOUL.
Ehr‘ und Pflicht fordern es, dieses Weib auszuschlagen!
Was daraus dann erfolgt, muß ich männlich auch tragen,
Muß ich tragen! Nur fort, nur fort! Nur fort, nur fort!
Was daraus jetzt erfolgt, muß ich männlich ertragen.
Ja, ihr trefft mich gewiß und die Rach‘ ist so süß!
Eurem Trotz stell‘ ich kühn mich entgegen voll Mut
Und entgegnen will ich mit dem Schwert eurer Wut!
MARCEL.
Der Philister Heer hat Raoul nun ganz geschlagen!
Kommt, o Herr, und folget mir! O laßt uns fort und folget mir!
Als ein Mann, als ein Christ habt Ihr jetzt Euch betragen
Und das Weib habt Ihr kühn, habt Ihr kühn ausgeschlagen!
Bleibt dabei, wanket nicht, seid nur fest, habet Mut!
Euer Gott schützet Euch, nichts vermag diese Brut!
CHOR.
Schändlich ist, unerhört ist ein solches Betragen!
Was bestimmt ihn dazu, solche Kühnheit zu wagen!
Zu Raoul.
Fort, nur fort! nur fort, entfernet euch! nur fort, nur fort, entfernet Euch!
Diese Schmach, diesen Schimpf darf der Mann nicht ertragen,
Diese Schmach ist zu groß, dieser Schimpf fordert Blut,
Er entgeht sicher nicht ihrem Schwert, ihrer Wut!
MARCEL.
Beschütz uns ferner noch –
Mein Gott!
ALLE zu Raoul.
Entfernt Euch nun und eilet fort!
MARCEL.
Wenn uns die Wut der
Hölle droht!
ALLE wie vorher.
Entfernt Euch nun und eilet fort!
RAOUL.
Was daraus jetzt erfolgt, muß ich männlich ertragen!
MARCEL zu Raoul.
Als ein Mann, als ein Christ habt Ihr jetzt Euch betragen!
ALLE außer Raoul und Marcel.
Schändlich ist, unerhört ist ein solches Betragen!
NEVERS UND SAINT-BRIS.
Was bestimmt ihn dazu, solche Kühnheit zu wagen?
Diese Schmach ist zu groß, dieser Schimpf fordert Blut,
Er entgeht sicher nicht meinem Zorn, meiner Wut!
VALENTINE UND EHRENDAME.
Was bestimmt ihn dazu, solche Kühnheit zu wagen?
Ach, dies / ihr Herz blutet sehr und es sinkt mir / ihr der Mut!
Nicht entgehn wird er mehr, nicht entgehn ihrer Wut!
MARGARETE UND URBAN.
Was bestimmt ihn dazu, solche Kühnheit zu wagen?
Weiberehr‘ ist beschimpft und der Schimpf fordert Blut,
Nicht entgehn wird er mehr, nicht entgehn ihrer Wut!
RAOUL.
Ehr‘ und Pflicht fordern es, dieses Weib auszuschlagen!
Ja, ich weiß, dieser Schimpf, diese Schmach fordert Blut,
Doch ich steh, wenn ihr wollt, eurem Schwert, eurer Wut!
MARCEL zu Raoul.
Und das Weib habt Ihr kühn, habt Ihr kühn ausgeschlagen;
Bleibt dabei, wanket nicht, seid nur fest, habet Mut!
Euer Gott schützet Euch, nichts vermag diese Brut!
CHOR.
Was bestimmt ihn dazu, solche Kühnheit zu wagen?
Diese Schmach ist zu groß, dieser Schimpf fordert Blut,
Er entgeht sicher nicht ihrem Schwert, ihrer Wut!
Saint-Bris stürzt mit gezücktem Degen auf Raoul zu.
Valentine fällt ihm, sowie er vor ihr vorüber geeilt ist, ihn zurückhaltend, fast drohend in den Arm; dann verläßt sie ihre Kraft, sie wankt.
Nevers eilt zu ihrer Unterstützung herbei.
Valentine fällt Nevers in die Arme.
Nevers und Saint-Bris geleiten sie nach rechts, dem Laubenthron zu.
Raoul will mit gezogenem Degen auf Saint-Bris los.
Marcel hält ihn zurück und beschwichtigt ihn.
Die Damen wenden sich erschreckt nach rechts und nach hinten zur Flucht.
Die Pagen eilen Schutz suchend auf die Stufen des Laubenthrons rechts.
Größte Verwirrung.
Die katholischen Edelleute wollen sich auf die Hugenotten stürzen.
Die hugenottischen Edelleute verharren im Verteidigungszustande, ohne anzugreifen.
Der Ceremonieumeister hebt, Ruhe gebietend, seinen Stab zwischen den Parteien.
Margarete tritt nach der Mitte zurück, mit einer großen Gebärde die Edelleute an ihren Schwur erinnernd und nach Raoul hinblickend.
Raoul beugt das Knie vor ihr.
Urban ist dicht zur Königin getreten wie zu ihrem Schutze.
Die Soldaten, Diener und Pagen auf der Treppe links zeigten stets in Blicken und unauffälligen Gebärden ihre Teilnahme.
Die Damen wenden sich erschreckt nach rechts und nach hinten zur Flucht.
Die Pagen eilen Schutz suchend auf die Stufen des Laubenthrons rechts.
Größte Verwirrung.
Die katholischen Edelleute wollen sich auf die Hugenotten stürzen.
Die hugenottischen Edelleute verharren im Verteidigungszustande, ohne anzugreifen.
Der Ceremonieumeister hebt, Ruhe gebietend, seinen Stab zwischen den Parteien.
Margarete tritt nach der Mitte zurück, mit einer großen Gebärde die Edelleute an ihren Schwur erinnernd und nach Raoul hinblickend.
Raoul beugt das Knie vor ihr.
Urban ist dicht zur Königin getreten wie zu ihrem Schutze.
Die Soldaten, Diener und Pagen auf der Treppe links zeigten stets in Blicken und unauffälligen Gebärden ihre Teilnahme.
Dritter Aufzug.
Nr. 13. Zwischenakt und Chor.
Der Vorhang hebt sich im zwanzigsten Takte.
Die Schreiberwiese, der Pré aux clercs vor Paris, im Hintergrunde die Seine mit der Aussicht auf die Stadt. In der Mitte ein sehr großer Baum, der fast den ganzen Platz überschattet; unter dem Baum eine Bank. Im Vordergrunde rechts die katholische Schenke mit Holzgalerien und praktikabeln Fenster; im Vordergrunde links die Hugenottenschenke ebenso; vor der Schenke rechts zwei Kreuztische mit Schemeln nach Bedarf: an der Schenke links eine Straßenlaterne, vor der Schenke links zwei Kreuztische mit Bänken, auf allen Tischen Krüge, Trinkbecher, Würfelbecher, Karten. Rechts hinten über mit einem Teppich belegten Stufen der Eingang in eine Kapelle. Links hinten das Stadtthor; neben dem Stadtthor ein Kletterbaum. Am Ufer hinten ein Marionettentheater.
Es ist Sonntag im August und sechs Uhr abends.
Erster Auftritt.
Der protestantische Soldat Bois Rosé. Soldaten. Studenten. Schreiber. Grisetten. Angler. Marionettenspieler. Zuschauer. Musikanten. Matrosen. Schiffsleute. Arbeiter. Hausierer. Fliegende Getränkehändler. Taschenspieler. Bürger. Bürgerfrauen und Mädchen. Aufwärter. Priester. Mönche. Chorknaben. Volk. Knaben. Mädchen. Kinder.
Bewegtes Volksleben.
Einige Studenten und Schreiber sitzen mit ihren Mädchen in anregender Unterhaltung unter dem Mittelbaum.
Ein paar Buben angeln hinten am Ufer.
Studenten und Gerichtsschreiber mit ihren Grisetten vergnügen sich an den Tischen vor der katholischen Schenke rechts, trinken und plaudern.
Bois Rosé, Soldaten und Bürgermädchen sitzen an den Tischen vor der Hugenottenschenke links, zechen und würfeln.
Große und kleine Zuschauer lauschen vor einem Marionettentheater am Ufer rechts hinten.
Zwei vagabundierende Musikanten spielen am Stadtthor links hinten, von einigen Zuhörern umgeben.
Knaben bemühen sich am Kletterbaum am Ufer links hinten.
Taschenspieler belustigen im Hintergrunde ihre Umgebung.
Matrosen, Schiffsleute, Arbeiter, Hausierer, Getränkehändler, Bürgervolk spazieren auf und ab und bewegen sich hin und her.
Aufwärter ilen mit gefüllten und leeren Krügen und Kannen aus den Schenken rechts und links an den Tischen ab und zu.
Zwei Mönche kommen gleich zu Beginn aus der Kapelle rechts hinten und gehen ab nach links hinten durch das Stadtthor.
CHOR.
Ruhet aus, liebe Leute, legt die Hand in den Schoß –
Denn ein Sonntag ist heute, alle Freude ist los! –
Lala! – Lala! – Lala!
Ruhet aus, liebe Leute, legt die Hand in den Schoß,
Denn ein Sonntag ist heute, alle Freude ist los!
Tralalala! Tralalala! Tralala! Lalalalalalalala!
Ruhet aus, liebe Leute, legt die Hand in den Schoß!
Ein Priester kommt mit zwei Chorknaben und mit den zwei Mönchen von links hinten aus dem Stadtthor und geht ab nach rechts hinten in die Kapelle.
Nr. 14a. Soldatenchor.
SOLDATEN an den Tischen links ahmen mit ihren Fäusten den Trommelschlag nach.
Rataplan, rataplan, rataplanplanplan!
BOIS ROSÉ kräftig.
Er nahm den Säbel in die Rechte,
Und eilte mutig zum Gefechte!
SOLDATENCHOR.
Plan, rataplan, rataplanplanplan!
Er nahm den Säbel in die Rechte,
Und eilte mutig zum Gefechte!
Rataplan, rataplan, rataplanplanplan!
BOIS ROSÉ.
Und sprach: seid wackre Krieger ihr!
SOLDATENCHOR.
Plan, rataplan!
Und sprach: seid wackre Krieger ihr!
Rataplan, rataplan!
BOIS ROSÉ.
Folget mir!
BOIS ROSÉ UND SOLDATENCHOR.
Folget mir! Folget mir!
BOIS ROSÉ UND DREI SOLDATEN weich.
Schon oft sind wir mitsamm‘ marschieret!
BOIS ROSÉ UND SOLDATENCHOR.
Rataplan!
BOIS ROSÉ UND DREI SOLDATEN.
Zum Siege hab ich euch geführet!
BOIS ROSÉ UND SOLDATENCHOR.
Rataplan!
BOIS ROSÉ UND DREI SOLDATEN.
Oder ich führte euch zum Tod,
Wenn es Not!
EIN SOLDAT.
Rataplanplan, rataplanplanplanplanplan!
BOIS ROSÉ UND SOLDATENCHOR.
Rataplanplan, rataplanplanplanplanplan!
SOLDATENCHOR.
Vivat der Krieg! Wir verzagen nie!
Vivat der Vater Coligny!
Vivat Coligny! Vivat Coligny! Vivat Coligny! –
SOLDATENCHOR aufstehend und in die Mitte tretend.
Rataplan, rataplan, rataplanplanplan!
BOIS ROSÉ kräftig, ebenso.
Allons, ihr braven Calvinisten,
Zieht mutig gegen die Papisten!
SOLDATENCHOR.
Plan, rataplan, rataplanplanplan!
Allons, ihr braven Calvinisten,
Zieht mutig gegen die Papisten!
Rataplan, rataplan, rataplanplanplan!
BOIS ROSÉ.
Ihr Reichtum soll bald unser sein!
SOLDATENCHOR.
Plan, rataplan!
Ihr Reichtum soll bald unser sein!
Rataplan, rataplan!
BOIS ROSÉ.
Und ihr Wein!
BOIS ROSÉ UND SOLDATENCHOR.
Und ihr Wein! Und ihr Wein!
BOIS ROSÉ UND DREI SOLDATEN weich.
Der Brave nur die Welt regieret!
BOIS ROSÉ UND SOLDATENCHOR.
Rataplan!
BOIS ROSÉ UND DREI SOLDATEN.
Was ihre vollen Keller zieret!
BOIS ROSÉ UND SOLDATENCHOR.
Rataplan!
BOIS ROSÉ UND DREI SOLDATEN.
Das mit des Siegers Ruhmbegier
Trinken wir!
EIN SOLDAT.
Rataplanplan, rataplanplanplanplanplan!
BOIS ROSÉ UND SOLDATENCHOR.
Rataplanplan, rataplanplanplanplanplan!
SOLDATENCHOR.
Vivat der Krieg! Wir verzagen nie!
Vivat der Vater Coligny!
Vivat Coligny! Vivat Coligny! Vivat Coligny!
Sie nehmen ihre Sitze wieder ein.
Während und nach dem Rataplanchor lebendigster Verkehr auf dem ganzen Platze.
Bei Beginn der Litanei, der choralartigen Einleitung zu dem Gelübdeprozessionszug, stockt auf der rechten Seite die Bewegung.
Der Gelübdeprozessionszug kommt von links hinten aus dem Stadtthor.
Vier Chorknaben, zwei mit langen Lichtern, zwei Geistliche, ein Priester kommen gleichzeitig von rechts hinten aus der Kapelle und bleiben auf den Stufen stehen.
Die Katholiken auf der rechten Seite knieen beim Erscheinen des Zuges entblößten Hauptes nieder.
Die Hugenotten auf der linken Seite bleiben sitzen, oder trotzend und gleichgültig stehen.
b. Litanei.
ZWEI JUNGE MÄDCHEN.
Heil’ge Maria, sei uns gegrüßet! Aus dir nur fließet Gnade und Heil.
FRAUENCHOR.
Ave! – Ave! – Ave! – Ave!
ZWEI JUNGE MÄDCHEN.
Mutter der Gnaden, wend’ab die Streiche;
Vom Himmelreiche schenk uns ein Teil!
Heil’ge Maria, sei uns gegrüßet!
FRAUENCHOR.
Ach! Heil’ge Maria, sei uns gegrüßet!
Zweiter Auftritt.
Die Vorigen. Der Gelübdeprozessionszug.
Gelübde-Prozessionszug.
Zwei Neversdiener an den Stufen der Kapelle rechts und links zur Seite tretend.
Acht junge weißgekleidete Mädchen paarweise.
Zwei Neverspagen.
Valentine tiefverschleiert, mit Nevers.
Saint-Bris und Maurevert.
Zwei Neverspagen.
Vier Edellente mit ihren Damen.
Zwei Neversdiener denen sich die beiden ersten Diener anschließen.
Der Priester auf den Stufen, segnet Valentine und Nevers an der Kirchthär.
Die Personen des Zuges begeben sich unter Vorantritt des Priesters, der zwei Geistlichen und der vier Chorknaben in die Kapelle rechts hinten.
Der Diener Marcel seinen Hut auf, einen Brief in der Hand, kommt suchend von rechts vor der Schenke.
Dritter Auftritt.
Die Vorigen ohne die Personen des Zuges. Marcel.
MARCEL zu den Nächststehenden.
Wo ist der Ritter von Saint-Bris?
CHOR DER KATHOLIKEN sich entrüstet nach ihm umwendend, leise.
Sprechen kannst du ihn nicht.
MARCEL absichtlich laut, weiter nach der Mitte gehend.
Und warum?
CHOR DER KATHOLIKEN wie oben.
Beuge deine Knie!
MARCEL stehen bleibend.
Und warum sollt ich’s thun?
Auf die Prozession zeigend.
Gott ist hier nicht zugegen.
Er geht weiter, der Kapelle zu.
CHOR DER KATHOLIKEN.
Verruchter!
Sie springen auf und stellen sich Marcel in den Weg.
Marcel verliert sich in der Menge nach links durch das Stadtthor.
Vierter Auftritt.
Die Vorigen ohne Marcel.
BOIS ROSÉ links vorn an einem Tisch stehend.
Er hat wohl recht.
BOIS ROSÉ MIT DEM SOLDATENCHOR.
Rataplanplan, rataplanplanplanplanplan!
Vivat der Krieg, wir verzagen nie!
Vivat der Vater Coligny!
Rataplanplan, rataplanplan, rataplan!
Vivat der Krieg, wir verzagen nie!
Vivat der Vater Coligny!
Rataplanplan, rataplanplan, rataplanplanplan!
Sie verhalten sich bei ihrem Spottrataplan immer noch an ihren Tischen links und in ziemlicher Entfernung von den Katholiken, trinken ihnen höhnend und lachend zu, ohne die Waffen zu ziehen.
CHOR DER FRAUEN.
Heil’ge Maria, sei uns gegrüßet!
Aus dir nur fließet Gnade und Heil.
CHOR DER KATHOLIKEN.
Zur Strafe erkoren,
Deren Seelen ewig verloren!
Ha, die Frevler, die Verruchten!
Sicher wird noch spät oder früh
Des Herrn Gericht erreichen sie!
Sie erregen sich über den Spott der hugenottischen Soldaten immer mehr, bis ihr Unwille aufs Höchste gestiegen ist und in Thätlichkeiten überzugehen droht.
Tumult.
Ein Trupp Zigeuner erscheint in diesem Augenblick und trennt die Streitenden.
Volk ist herzugelaufen.
Fünfter Auftritt.
Die Vorigen. Die Zigeuner. Dann der Gelübdeprozessionszug.
Die Frauen haben sich ängstlich an die Häuser gedrückt und gesetzt Der Marionettenspieler entfernt sein Theater nach rechts hinten.
Im Hintergrunde ist es still geworden.
Nr. 15. Zigeunerlied.
CHOR DER ZIGEUNER erst außerhalb, dann im Auftreten.
Herbei, herbei, kommt all herbei!
Ihr, die ihr wollt voraus erfahren,
Ob freundlich euch noch lacht das Glück,
Zahlt nur recht gut und offenbaren
Wollen wir euch euer Geschick.
In fremde Welten reicht unser Bund,
Der Himmel selber thut sich uns kund.
Kommt her, ihr Herren, kommt her, ihr Fraun,
Ihr könnt auf unser Versprechen bann.
Tralala, tralala, tralalalalalalalala!
Ihr, die ihr wollt voraus erfahren,
Ob freundlich euch noch lacht das Glück,
Zahlt nur recht gut und offenbaren
Wollen wir euch euer Geschick!
Reichtum und Würden und manch Geschmeid,
Was ihr nur wünschet, es ist bereit,
Dürft nur begehren, könnt uns vertrann,
Kommt, alte Herren und junge Frann!
Tralala, tralala, tralalalalalalalala!
Ihr, die ihr wollt voraus erfahren,
Ob freundlich euch noch lacht das Glück,
Zahlt nur recht gut und offenbaren
Wollen wir euch euer Geschick!
Nr. 16. Zigeunertanz.
Die Gelübdeprozession kommt, mit Ausnahme Valentines, in vorheriger Ordnung aus der Kapelle zurück und geht ab nach links hinten durch das Stadtthor.
Maurevert, Névers und Saint-Bris treten aus dem Zuge heraus und wenden sich nach vorn.
Es ist inzwischen dunkler geworden.
Die Fenster der beiden Schenken und der Kapelle erhellen sich.
Sechster Auftritt.
Nevers zwischen Maurevert und Saint-Bris. Katholisches Volk an den Tischen rechts. Hugenottische Soldaten und ihre Mädchen an den Tischen links.
Ein Aufwärter zündet die Straßenlaterne an der Schenke links vorn an.
Recitativ.
NEVERS zu Saint-Bris.
Diesen Abend hier am Altar
Bringt Valentine ein Gelübde dar,
Wenn die Sonne sich senkt, wird die Teure erscheinen;
Diesen Wunsch sprach sie deutlich gegen Euch heut aus.
Mit meiner Freunde Schar will ich mich erst vereinen,
Dann führ ich sie im Pompe in mein Haus.
Er geht ab nach links hinten durch das Stadtthor.
SAINT-BRIS nevers nachblickend.
So ist durch dieser Ehe heil’ge edle Bande
Raouls Weigrung getilgt und ausgelöscht die Schande;
Doch vergeß ich sie nie, und erreicht ihn mein Arm –
Der Diener Marcel kommt mit dem Brief von links hinten durch das Stadtthor.
Siebenter Auftritt.
Die Vorigen. Marcel.
Marcel sucht zuerst Saint-Bris mit den Blicken und nähert sich ihm dann.
Volk und Soldaten beachten sitzend, in Gruppen stehend und auf und abgehend den Vorgang nicht.
MARCEL zu Saint-Bris.
»Dem Edlen von Saint-Bris gieb den Brief alsogleich!«
So sprach mein Ritter, und also –
Er überreicht den Brief.
SAINT-BRIS erfreut.
Gieb her!
Er öffnet und liest die Unterschrift.
Wie? Raoul! Er selbst
Kommt endlich doch hierher?
Er liest.
MARCEL stolz.
Mit ihm die Königin!
Alle drei haben wir die Tonraine verlassen,
Ziehen ein in Paris.
SAINT-BRIS nachdem er gelesen.
Der Himmel sei gelobt!
Es bringet dieser Brief eine Ansfordrung mir.
Aufwärter kommen aus den Schenken rechts und links vorn und stellen Metallleuchter mit brennenden Lichtern auf die Tische.
MARCEL erschrocken, für sich.
O Gott, welch Wort hab ich vernommen!
SAINT-BRIS.
Auf diese Schreiberwiese hier,
Wenn die Dunkelheit sie menschenleer hat gemacht, komm er her.
MAUREVERT zu seiner Rechten.
Also hier versprach er zu erscheinen?
SAINT-BRIS halblaut, aber energisch.
Sein Unstern führt ihn her,
Er geht nicht mehr von hier!
Laut zu Marcel.
Wir harren sein!
Marcel eilt ab nach links hinten durch das Stadtthor.
Es ist vollständig Nacht geworden.
Achter Auftritt.
Die Vorigen ohne Marcel.
SAINT-BRIS heimlich zu Maurevert.
Mein Eidam darf dies nicht erfahren,
Sein Hochzeitstag darf nicht ein Tag
Des Kampfes sein und der Gefahr.
MAUREVERT halblaut.
Auch nicht für Euch. Einen Ketzer zu strafen,
Giebt’s andere Mittel, die der Himmel Euch zeiget.
SAINT-BRIS.
Diese sind?
MAUREVERT wie vorher.
Was Gott will!
Auf die Kapelle weisend.
O kommt, klar wird es Euch,
Denn bereit ist für ihn schon der tödliche Streich.
Beide gehen ab nach rechts hinten in die Kapelle.
Man hört die Abendglocke.
Volk und Soldaten mit ihren Mädchen stehen auf und alle schicken sich an, nach Hause zu gehen.
Die Aufwärter schaffen die Tische im Vordergrunde rechts und links in die Schenken.
Ein Nachtwächter kommt mit einer Partisane und einer Laterne von links hinten durch das Stadtthor.
Neunter Auftritt.
Der Nachtwächter. Volk und Soldaten mit ihren Mädchen.
Nr. 17. Feierabend.
DER NACHTWÄCHTER.
Geht heim und verlaßt Saus und Braus,
Verschließet euch in eurem Haus;
Endet das Schwärmen, sorget und wacht,
Sonne will Lärmen, Ruhe doch will die Nacht.
Er entfernt sich nach rechts vorn vor der Schenke.
CHOR DES VOLKS UND DER SOLDATEN sehr leise, im Abgehen.
Geht heim und verlaßt Saus und Braus,
Verschließet euch in eurem Haus;
Endet das Schwärmen, sorget und wacht,
Sonne will Lärmen, Ruhe doch will die Nacht!
Das Volk verliert sich nach allen Seiten hin.
Die Studenten sind mit ihren Grisetten in die Schenke rechts vorn eingetreten.
Die Soldaten mit ihren Mädchen ebenso in die Schenke links vorn.
Die Thüren der Schenken werden hörbar verriegelt.
DER NACHTWÄCHTER wiederholt entfernt, nach und nach immer weniger hörbar.
Geht heim und verlaßt Saus und Braus,
Verschließet euch in eurem Haus –
Er wird nicht mehr gehört.
Der Platz ist während der Wiederholung des entfernten Nachtwächtersanges ganz leer geworden.
Es ist sehr dunkel.
Maurevert und Saint-Bris kommen vorsichtig von rechts aus der Kapelle.
Zehnter Auftritt.
Maurevert, Saint-Bris zu seiner Linken.
SAINT-BRIS geheimnisvoll.
Beschlossen ist’s – so soll es sein –
MAUREVERT.
In einer Stunde finden hier sich unsre Freunde ein.
Beide gehen ab nach rechts hinter der Kapelle.
Valentine kommt, einen schwarzen Mantel umgeworfen, von rechts hinten aus der Kapelle.
Elfter Auftritt.
Valentine allein.
Valentine einen Augenblick am Ausgang verharrend, dann noch oben auf den Stufen, sich an einen Pfeiler lehnend.
Nr. 18. Scene und Duett.
Recitativ.
VALENTINE.
Welch ein Schreck! Ach, ich halte mich aufrecht noch kaum!
Sich aufrichtend.
Was hab ich gehört?
Herabsteigend.
Ist es wahr? Ist’s ein Traum?
Nach der Kapelle zeigend.
Verborgen stand ich dort und hielt den Atem an,
Und so vernahm ich, ach! diesen schändlichen Plan.
Sein Leben in Gefahr!
Energisch.
Ach, ich muß ihn befreien!
Sich besinnend.
Und thu ich’s nicht für ihn, doch für des Vaters Ehre.
Himmel, wie unterricht ich ihn?
Sie geht suchend ab nach rechts zwischen Schenke und Kapelle.
Der Diener Marcel kommt niedergeschlagen von links hinten durch das Stadtthor.
Zwölfter Auftritt.
Marcel. Dann Valentine.
MARCEL traurig vortretend.
Ich warte hier!
Wenn du fällst, teurer Herr, fall auch ich dann mit dir.
Er horcht beobachtend nach rechts, dann nach hinten und kommt wieder zurück.
Duett.
Beinahe gesprochen.
In der Nacht, allein und stille, horch!
Aufhorchend.
Geräusch dringt an meine Ohren.
Gesungen und gebunden.
Vorsicht rät mir schweigend harren
Und von fern gewärtig sein.
Er tritt vorsichtig zurück bis zum Mittelbaum.
VALENTINE kommt von rechts zurück, sich rechts ganz vorn haltend.
Großer Gott, sieh meine Leiden!
Bald muß sich sein Los entscheiden,
Doch wie soll ich ihm verkünden
Die Gefahr, die hier ihm droht?
MARCEL am Mittelbaum, aufhorchend, halblaut.
Wer ist hier?
VALENTINE sich rechts vorn nicht vom Platze rührend.
O – welch Glück! Ich irre nicht, das ist Marcel!
Halblaut.
Still! Marcel!
MARCEL.
Ha! Wer spricht zu dieser Stunde hier mit mir?
Wer ist hier?
VALENTINE immer auf derselben Stelle.
Komm zu mir.
MARCEL.
Gebt zuvor mir die Losung oder Ihr seid verloren.
VALENTINE halblaut.
Raoul.
MARCEL.
Raoul? Ja, ganz gut! Näher denn!
Er tritt ganz nahe zu ihr hin und sofort betroffen zurück.
Ha, ein Weib ist’s und verschleiert!
VALENTINE.
Hast du Furcht?
MARCEL stolz.
Wer? Ich? Ich Furcht? Ich?
Nein, nein, nein, ich bin Marcel,
Treu dem alten Israel
Und dem Herrn mit Leib und Seel‘!
VALENTINE.
Nun höre mich!
Dein Herr wird hierher sich begeben –
MARCEL.
So ist’s.
VALENTINE.
Zu einem Kampf –
MARCEL.
Ja, ja, für Ehr‘ und Recht,
Und dazu wird auch Gott seinen Segen ihm geben.
VALENTINE sehr markiert und gut ausgesprochen.
Nur mit starkem Geleit komm er zu dem Gefecht.
Sie drängt Marcel nach links zum Stadtthor hin.
Marcel eilt nach links durch das Stadtthor ab, um seinen Herrn zu warnen.
VALENTINE ganz mild und gebunden.
Ach! Dies Herz, das nur ihn hat gewählet,
Hat gekränkt der Verräter und so schrecklich gequälet.
Mit einigen Schritten nach links.
Und doch ist es noch immer beseelet
Von der heftigsten Liebe und Treue für ihn.
Marcel kehrt bewegt und unruhig durch das Stadtthor, Valentine zur Rechten, zurück.
VALENTINE für sich.
Ja, ich will – über ihm – schützend walten,
Ihm das Leben, ihm das Leben erhalten!
Gieb, o Gott – mir für ihn – auch den Tod!
MARCEL für sich.
Schon enteilt ich, die Nachricht ihm schnell zu verkünden,
Daß kein Haar auf dem Haupte ihm werde verletzt.
Immer besorgter.
Aber Himmel, wo werd ich den Teuren jetzt finden,
Seiner harren soll ich, er befahl’s, auf dem Platze hier, jetzt.
Ach, großer Gott, ich vergaß, während ich mich entferne,
Ist vielleicht hier für ihn auch schon alles verloren;
Wenn die Schar etwa kommt, ihm die Brust zu durchbohren,
Aufs höchste erregt.
Wenn die Schar etwa kommt, ihm die Brust zu durchbohren,
Und er rufet nach mir, ach, umsonst, ’s ist geschehn,
Und er muß untergehn! Nein! Ich warte auf ihn!
Schmerzlich, nach einer kleinen Pause.
Doch allein kann ich ihn ja nicht retten!
Entschlossen und fest.
Doch getreu meiner Pflicht
Kann ich mit ihm an seiner Seite fallen,
Ja, mit ihm sterben hier.
Herr, mein Gott, laß die Schuld mich der Treue bezahlen,
Gieb mir Kraft! – Gieb mir Kraft, die Gefahr zu bestehen,
Herr, mein Gott, gieb mir Kraft, ihm beizustehen,
O gieb mir Kraft – mir Kraft!
VALENTINE für sich.
Ja, ich will schützen ihn!
Erst schützen ihn und sterben dann!
Ach, dies Herz, das nur ihn hat erwählet,
Liebt doch noch immer so heftig ihn!
Ich will ihn schützen erst – dann sterben auch – für ihn!
Sie bemerkt Marcel, eilt auf ihn zu.
Du weißt es nun, leb wohl!
Sie will sich entfernen.
MARCEL drohend an den Degen fassend..
Nein! Wer du bist, sag erst!
VALENTINE halblaut, zitternd.
Ich bin –
MARCEL erwartungsvoll.
Wie?
VALENTINE verlegen.
Ich bin –
Entschlossener.
bin ein Mädchen –
O Marcel –
Den höchsten Ausdruck der Empfindung steigernd.
das ihn liebet –
Und das sein Leben willig giebt für ihn!
MARCEL weich, in großer Bewegung.
Ist es wahr? Ist es wahr?
VALENTINE.
Ach! –
Ach, du kannst nicht begreifen, nicht fühlen,
Welche Qualen die Brust mir durchwühlen,
Diese Flammen, die nie mehr zu kühlen,
Diesen Kampf zwischen Liebe und Pflicht!
Sanft für sich.
Daß von ihm die Gefahren ich kehre
Und dem Dolche der Mörder ich wehre,
Hab verraten ich Vater und Ehre,
Ja, den Tod selbst scheute ich nicht!
Nach der Kapelle zeigend.
Doch gewiß, es verzeihet mir Armen,
Der Gott, der die Herzen erkennt.
MARCEL bewegt, im Tone eines Greises, sie mild und teilnahmsvoll betrachtend.
Dein Opfer darfst du nicht bereuen,
Der Himmel segnet ja die Treuen;
Er wird dir Kraft und Mut verleihen,
Meine Tochter, bau auf Gott!
Segnend leg ich meine Hände
Auf dein Haupt, daß er dir sende
Seinen Strahl
Mit Weihe.
und gnädig wende
Von deinem Haupte den Tod!
VALENTINE laut.
Ach, du kannst nicht begreifen, nicht fühlen,
Welche Qualen die Brust mir durchwühlen,
Diese Flammen, die nie mehr zu kühlen,
Diesen Kampf zwischen Liebe und Pflicht!
Sanft für sich.
Daß von ihm die Gefahren ich kehre
Und dem Dolche der Mörder ich wehre,
Hab verraten ich Vater und Ehre,
Ja, den Tod selbst, ihn scheute ich nicht!
Wie oben.
Doch gewiß, es verzeihet mir Armen.
Kräftig.
Der Gott, der die Herzen erkennt.
Ängstlich.
Ja, ich hoffe, er wird verzeihn!
Laut.
Fühlen kannst du ja nicht,
Fassen nicht diese Qual, diese Angst,
Diesen Kampf zwischen Lieb und der Pflicht!
Ich verriet meinen Vater, die Ehre,
Verzeih mir Gott, verzeih mir Gott!
Verraten hab ich Pflicht und Ehre,
Verzeih, lieber Gott, o verzeih, lieber Gott!
Ach! nicht begreifen kannst du und nicht fühlen,
Welche Qualen den Busen durchwühlen!
Diesen Schmerz, diese Angst,
Diesen Kampf zwischen Lieb‘ und der Pflicht,
Zwischen Lieb‘ und der Pflicht, und der Pflicht!
Ich verriet meine Pflicht, meine Pflicht und die Ehre,
Doch mein Herz, mein Herz ist rein!
Himmel, du wirst mir verzeihn,
Ja du, ja du wirst mir verzeihn!
MARCEL.
Sonst pflegen Weiber zu spielen,
Mit Schwüren und mit Gefühlen,
Doch diesen Busen durchwühlen
Stets im Kampf Liebe und Pflicht.
O weine nicht, du armes Kind,
Rein, nein, nein, o weine nicht!
Mild wie oben.
Dein Opfer darfst du nicht bereuen,
Der Himmel segnet ja die Treuen,
Er wird dir Kraft und Mut verleihen,
Meine Tochter, bau auf Gott!
Segnend leg ich meine Hände
Auf dein Haupt, daß er dir sende
Seinen Strahl und gnädig wende
Von deinem Haupte den Tod.
Von deinem Haupte Qual und Tod!
Weine nicht, armes Kind, weine nicht.
Sonst pflegen Weiber zu spielen
Mit Schwüren und auch mit Gefühlen,
Doch ihren Busen durchwühlen
Stets im Kampfe, im Kampf Liebe und Pflicht.
Meine Tochter, weine nur nicht!
Nein, nein, weine nur nicht!
Marcel, mein Kind, er segnet dich!
Mein Kind, Marcel, er segnet dich!
Liebes Kind, o weine nicht,
Sieh, du thatst ja deine Pflicht,
Ach, du thatest ja nur deine Pflicht!
Er tritt mit einer fragenden Gebärde auf Valentine zu.
Valentine entschlüpft ihm nach rechts hinten in die Kapelle.
Dreizehnter Auftritt.
Marcel allein.
Nr. 19. Scene und Septett.
Recitativ.
MARCEL mit einigen Schritten nach rechts.
Ha, ihm drohen Gefahren!
Doch welche, weiß ich nicht.
So sei es! Ich will wachen –
Und Benjamin sorgsam bewahren.
Er hört Tritte, geht nach hinten und sieht erst nach rechts, dann nach links.
Ha, er kommt! Judas mit ihm!
Der Edelmann Raoul von Raugis kommt mit seinen Zeugen de Retz und Méru von links durch das Stadtthor und tritt nach rechts vor.
Saint-Bris tritt mit seinen Zeugen Cossé und Tavannes zwei Takte später von rechts hinter der Kapelle hervor und nimmt die linke Seite.
Vierzehnter Auftritt.
Marcel. Raoul. de Retz. Méru. Saint-Bris. Cossé. Tavannes.
SAINT-BRIS im Auftreten zu Raoul.
Zugleicher Zeit mit uns fandet ihr Euch hier ein, recht brav!
RAOUL stolz.
Wie, zweifelt Ihr, daß ich Versprechen halte?
MARCEL Saint-Bris beobachtend, für sich.
Ach, wie komm‘ ich den Plänen der Verräter zuvor?
RAOUL Marcel, den er jetzt erst bemerkt, die Hand reichend.
Du hier, mein alter Freund?
MARCEL betonend.
Ja!
Geheimnisvoll, Raoul nach vorn ziehend, ihm ins Ohr.
Ein Engel kam, Herr Ritter,
Verkündend ein Gewitter,
Ein Abgrund thut sich vor Euch auf.
RAOUL erstaunt.
Was wähnst du, Alter? Schweig still!
Zu den vier Zeugen.
So teilet nun, ihr Herrn, da die Zeugen ihr seid,
Sonne und Wind, ich bin mich zu fügen bereit. –
Will meinem guten Recht vertrauen!
RAOUL, DE RETZ, MÉRU, COSSÉ, TAVANNES, SAINT-BRIS.
Will meinem guten Recht vertrauen!
RAOUL.
Auf Gott und meinen Mut nur bauen!
RAOUL, DE RETZ, MÉRU, COSSÉ, TAVANNES, SAINT-BRIS.
Und nur das Schwert entscheid allein!
Was Wort und That einmal verbrochen,
Wird nur durch Blut wieder gerochen.
RAOUL.
Mag zwischen uns Gott Richter sein!
DIE ANDEREN.
Du sollst, o Gott, Richter sein!
COSSÉ, TAVANNES, DE RETZ, MÉRU, SAINT- BRIS einer nach dem andern.
Sollst Richter sein!
RAOUL.
Will meinem guten Recht vertrauen!
RAOUL, DE RETZ, MÉRU, COSSÉ, TAVANNES, SAINT-BRIS.
Will meinem guten Recht vertrauen!
RAOUL.
Auf Gott und meinen Mut nur bauen!
RAOUL, DE RETZ, MÉRU, COSSÉ, TAVANNES, SAINT-BRIS.
Und nur das Schwert entscheid allein!
Mag zwischen uns Gott Richter sein,
Es richte Gott, nur Gott allein!
Die Zeugen Méru und Cossé messen während der nächsten sechzehn Takte den Platz ab: der eine geht von rechts, der andere von links aufeinander los; beim vierten Schritt schwenken sie nach hinten ein und marschieren nebeneinander acht Schritte; dann wieder vier Schritte ausschwenken nach rechts und links und wieder acht Schritte vor.
MARCEL fast weinend vor Schmerz, während die Zeugen den Platz abmessen, für sich.
Ach, welcher Schmerz! Kann kaum mich fassen,
Uns hat der Himmel ganz verlassen.
Mit zitternder Stimme.
Hölle frohlockt, öffnet sich schon;
Hab Mitleid, Gott, mit meinem Sohn!
Die Zeugen de Retz, Méru, Cossé und Tavannes gehen bei dem folgenden vierstimmigen Satz aufeinander zu nach der Mitte.
Marcel und Raoul sowie Saint-Bris bleiben auf ihren äußersten Ecken.
DIE VIER ZEUGEN halblaut, jedes Paar zum andern.
Wie es mag kommen und gehn, ihr Brüder,
Wenn einer auch fechtet gegen zwei,
Ungleich und gleich, drei gegen drei,
Bis einer sinkt im Blute nieder,
Kämpfen wir auch fort.
RAOUL, DE RETZ, MÉRU.
Wir stimmen ein!
COSSÉ, TAVANNES UND SAINT-BRIS.
So soll es sein!
Méru und Cossé nehmen die Degen von Raoul und Saint-Bris in Empfang, prüfen dieselben, messen sie gegeneinander und geben sie mit Salutieren zurück.
MARCEL wie oben, für sich.
Hölle frohlockt, öffnet sich schon;
Hab Mitleid, Gott, mit meinem Sohn!
DE RETZ, MÉRU, COSSÉ, TAVANNES.
Uns nur allein, zu kämpfen allhier, gestattet soll sein.
RAOUL, DE RETZ, MÉRU.
So soll es sein!
COSSÉ, TAVANNES, SAINT-BRIS.
Wir stimmen ein!
DE RETZ, MÉRU, COSSÉ, TAVANNES.
Und wer auch im Blute sich bade,
Weder Hilfe, noch Trost, noch Gnade!
RAOUL, SAINT-BRIS, DIE VIER ZEUGEN.
Weder Hilfe, noch Gnade, noch Trost!
Weder Gnade noch Trost, nimmer Gnade noch Trost!
RAOUL, DE RETZ, MÉRU.
So soll es sein!
COSSÉ, TAVANNES, SAINT-BRIS.
Wir stimmen ein!
RAOUL.
Will meinem guten Recht vertrauen!
RAOUL, DE RETZ, MÉRU, COSSÉ, TAVANNES, SAINT-BRIS.
Will meinem guten Recht vertrauen!
RAOUL.
Auf Gott und meinen Mut nur bauen!
RAOUL, DE RETZ, MÉRU, COSSÉ, TAVANNES, SAINT-BRIS.
Und nur das Schwert entscheid allein!
Die Parteien stehen weit auseinander und reizen sich von hier ab durch Wort und Miene.
MÉRU UND SAINT-BRIS.
Ach, wie sie zittern, wie sie beben!
RAOUL, COSSÉ, TAVANNES, DE RETZ, MARCEL.
Keine Antwort will ich geben!
MÉRU UND SAINT-BRIS.
Das wird ein Hasenhetzen geben!
RAOUL, COSSÉ, TAVANNES, DE RETZ, MARCEL.
Uns nur zu reizen ist ihr Streben!
ALLE SIEBEN.
Wird erst der Kampf zu Ende sein!
MÉRU UND SAINT-BRIS.
Ha, wie sie zittern, wie sie beben!
RAOUL, TAVANNES, DE RETZ, MARCEL.
Will keine Antwort ihnen geben!
COSSÉ, MÉRU, SAINT-BRIS.
Gewiß, ich werde Sieger sein!
RAOUL, TAVANNES, DE RETZ, MARCEL.
Gewiß, ich werde Sieger sein!
COSSÉ, MÉRU, SAINT-BRIS.
Wird erst der Kampfentschieden sein,
Gewiß, ich werde Sieger sein!
RAOUL, TAVANNES, DE RETZ, MARCEL.
Wird erst der Kampf zu Ende sein,
Gewiß ich werde Sieger sein!
Raoul tritt in die Mitte.
ALLE SIEBEN schreiten begeistert und mit erhobenen Degen einen Schritt nach vorn.
Nun stellet Euch! Auf, auf zur Rache!
Nur Gott allein wird Richter sein!
Zur Rache! Zur Rache! Zur Rache!
Nur Gott allein wird Richter sein!
Sie beginnen zu kämpfen.
Marcel der Geräusch zu hören glaubt, eilt nach hinten und beobachtet nach rechts hinter der Kapelle.
Sechs Männer mit Spießen und Stöcken bewaffnet, schleichen sich von dort heran und verbergen sich hinter dem Mittelbaum.
Marcel zieht den Degen und eilt nach vorn, sich dicht an Raouls Seite haltend.
Maurevert eilt mit drei anderen Edelleuten von rechts hinter der Kapelle nach links auf Saint-Bris‘ Seite hervor.
Fünfzehnter Auftritt.
Die sieben Vorigen. Die sechs Männer. Maurevert und seine drei Edelleute. Dann Soldatenstimmen in der Schenke links.
Die Kämpfer wechseln die Stellung.
MARCEL wirst sich zwischen die Parteien.
Haltet ein!
Es nahen Tritte sich,
Im Dunkeln unterscheidet man nicht die Kräfte und die Anzahl.
Zu Maurevert und seinen Genossen.
Ihr, die ihr schleicht in der Nacht,
Was hat euch hergebracht?
MAUREVERT.
Warum fragst du?
Was seh ich? Gott! Ha, schändlicher Verrat!
Es kämpfen hier verruchte Hugenotten
Ganz in ungleicher Zahl
Gegen einen der Unsern im Dunkel.
Zu seinen Genossen.
Herbei, herbei, wer dem Gotte ist treu!
MARCEL.
Hier ist Verrat im Spiel!
Frevler! Gott wird euch strafen!
Die sechs Männer eilen mit ihren Spießen und Stöcken nach links vorn und umzingeln Marcel, Raoul, de Retz und Méru.
Marcel schließt sich dicht an Raoul an, und die vier Hugenotten, mit dem Rücken gegeneinander, das Gesicht gegen die Angreifer, die von allen Seiten auf sie eindringen, suchen sich ihrer zu erwehren.
CHOR DER HUGENOTTISCHEN SOLDATEN im Innern der Schenke links.
Rataplanplan! Rataplanplanplanplanplan! Ja!
Hoch leb der Krieg! Wir verzagen nie! Ja!
MARCEL.
Coligny!
Die Kämpfergruppen halten in diesem Augenblick, wo die Hugenotten der Übermacht zu erliegen drohen, betroffen und überrascht von dem Ruf der Soldaten inne.
Maurevert und seine Genossen flüchten erschreckt hinter Saint-Bris und seine Begleiter.
MARCEL schlägt mit seinem Degen an die Thür der Schenke links.
Coligny! Komm herbei, brave Schar!
Ganz Israel ist in Gefahr!
Die hugenottischen Soldaten sind aus der Schenke links in drohender Haltung hervorgestürmt, Marcel umringend.
Aufwärter folgen ihnen.
Sechszehnter Auftritt.
Die Vorigen. Die hugenottischen Soldaten. Dann katholische Studenten und Schreiber, Bürgerfrauen und Mädchen, Aufwärter, Grisetten, Volk.
MARCEL mit Donnerstimme, ohne Pause fortfahrend.
Verleih uns Sieg, o großer Gott,
Wenn sich die Hölle rüstet!
SAINT-BRIS schlägt ebenso gegen die Schenke rechts, wo sich die Studenten befinden.
Herbei, herbei, da Gefahr uns droht,
Kommt herbei! Kommt herbei!
Greifet schnell zu den Waffen! O eilt!
EIN KATHOLISCHER STUDENT am Fenster rechts.
Ja, gleich!
Saint-Bris und Raoul nehmen mit ihren Edellenten den Kampf während Marcels Hilferuf wieder auf und verlieren sich nach links hinten dem Stadtthor zu.
Marcel folgt ihnen.
Die katholischen Studenten und Schreiber stürzen aus der Schenke rechts und bedrohen die hugenottischen Soldaten.
Die beiden Parteien stehen in drohender Haltung gegeneinander, doch ohne die Schwerter zu ziehen; sie erregen sich immer mehr, immer noch weit auseinander stehend und nur allmählich näher tretend.
Volk kommt etwas später in einzelnen Gruppen, nicht alle auf einmal; sie werden mit den sechs Männern Maureverts handgemein und kämpfen im Hintergrunde.
Frauen und Mädchen erscheinen an den Fenstern und auf den Holzgalerien rechts und links, einen Augenblick herabschauend, dann erschreckt verschwindend, um während der folgenden Vorgänge wieder sichtbar zu werden.
Nr. 20. Spottchor.
DIE KATHOLISCHEN STUDENTEN UND DIE HUGENOTTISCHEN SOLDATEN.
Wir sind da, wir sind da, wir sind da!
Streckt gleich die Waffen!
Streckt die Waffen, streckt die Waffen,
Machet Platz und haltet Ruh!
DIE KATHOLIKEN zu den Hugenotten.
Legt euch lieber fein schlafen,
Und dann deckt euch gut zu!
DIE HUGENOTTEN zu den Katholiken.
Der Magister wird strafen
Euch junge Herrn im Nu!
DIE KATHOLIKEN wie oben.
Ehr‘ und Ruhm den Calvinisten!
DIE HUGENOTTEN ebenso.
Sieg und Preis den Papisten!
DIE KATHOLIKEN wie oben.
Nimm die Brut, Hölle, auf!
DIE HUGENOTTEN ebenso.
Komm, Satan, führ sie ‚rauf!
Sie drohen handgemein zu werden.
Die Grisetten, Frauen und Mädchen eilen aus den beiden Schenken rechts und links zwischen die Streitenden, bringen sie auseinander und drängen sie nach beiden Seiten hin zurück.
Einzelne Frauen treten schon etwas früher heraus, holen Andere herbei und schauen angstvoll der Entwicklung zu.
Andere Frauen und Mädchen kommen ebenso gleichzeitig von rechts und links hinten in die Mitte.
Die Frauen stehen zuerst, sich beleidigend und beschimpfend, noch weit auseinander.
KATHOLISCHE FRAUEN stets spöttisch.
Geht doch in die Kaserne,
Ein Ketzermahl euch winkt!
HUGENOTTISCHE FRAUEN stets ebenso.
Geht mit in die Taverne,
Mit Schülern eßt und trinkt!
KATHOLISCHE FRAUEN.
Weh! Wehe euch verirrten Herden!
HUGENOTTISCHE FRAUEN.
Still geschwiegen, ihr Entehrten!
KATHOLISCHE FRAUEN.
Still, Hugenottenbrut!
HUGENOTTISCHE FRAUEN.
Bezähmet euer Blut!
KATHOLISCHE FRAUEN.
Wehe euch verirrten Herden!
HUGENOTTISCHE FRAUEN.
Still geschwiegen, ihr Entehrten!
KATHOLISCHE FRAUEN.
Still, Hugenottenbrut!
HUGENOTTISCHE FRAUEN.
Bezähmet euer Blut!
Sie gehen schrittweise, mit den Händen drohend, aufeinander los.
KATHOLISCHE FRAUEN.
Schweiget still!
HUGENOTTISCHE FRAUEN.
Schweiget still!
KATHOLISCHE FRAUEN.
Weicht zurück!
HUGENOTTISCHE FRAUEN.
Weicht zurück!
KATHOLISCHE FRAUEN.
Schweiget still!
HUGENOTTISCHE FRAUEN.
Ihr Entehrten!
KATHOLISCHE FRAUEN.
Du Hugenottenbrut, still, Hugenottenbrut!
HUGENOTTISCHE FRAUEN.
Bezähmet euer Blut, zähmet euer Blut!
KATHOLISCHE, HUGENOTTISCHE FRAUEN zusammen.
Nicht länger ist’s zu tragen,
Hier ist nur drein zu schlagen!
Kein Wort jetzt mehr, kein Wort!
Die Studenten, Schreiber und Soldaten mischen sich nun wieder in den Streit.
Volk eilt von allen Seiten herbei, zum Teil mit Fackeln.
Buben erklettern Bäume und andere hohe Punkte, um besser sehen zu können.
KATHOLISCHE MÄNNER.
Legt euch lieber fein schlafen!
Der Magister wird strafen!
Ruhm und Sieg den Papisten!
Tod dem, welcher nicht schweiget!
Länger ist’s nicht zu tragen, schweiget stille!
Wer nicht weicht, der soll sterben,
So will’s Gott, packt euch fort!
Schweiget still, packt euch fort!
HUGENOTTISCHE MÄNNER.
Legt euch lieber fein schlafen
Und dann deckt euch gut zu!
Legt euch schlafen!
Länger ist’s nicht zu tragen,
Hier ist nur drein zu schlagen!
Schweiget still, packt euch fort!
Ja, schweiget still und packt euch fort!
KATHOLISCHE FRAUEN.
Geht schnell und packt euch fort!
Geht, packt euch schnell nur fort!
Fort, Hugenotten, fort und wagt nicht mehr ein Wort!
Schweiget still, ihr Entehrten, packt euch fort!
Nicht länger ist’s zu tragen,
Schweigt still und packt euch fort!
So schweiget still und sprecht kein Wort!
So schweiget, nicht mehr ein Wort, nicht ein Wort!
HUGENOTTISCHE FRAUEN.
Kein Wort jetzt mehr, kein Wort,
Geht schnell und packt euch fort!
Länger ist’s nicht zu tragen,
Hier ist nur drein zu schlagen!
So schweiget still und sprecht kein Wort,
Packt schnell euch fort!
Wer nicht weicht, der soll sterben,
So will’s Gott, packt euch fort!
Schweiget still, packt euch fort!
KATHOLISCHE UND HUGENOTTISCHE FRAUEN UND MÄNNER zusammen.
Ach, schweiget still, schweiget still!
Schweiget still, ach, nicht ein Wort!
Tod! Tod dem, der nicht schweiget!
Nicht ein Wort! packt euch fort!
Die Männer ziehen endlich aufs Höchste gereizt die Waffen und gehen aufeinander los.
Erschreckte Frauen flüchten, den Himmel um Schutz anflehend, nach rechts und links zur Seite vor.
Andere Frauen werfen sich von rückwärts zwischen die Streitenden, umklammern die Männer, um sie auseinander zu halten.
Saint-Bris und Raoul welche mit Marcel und ihren Edelleuten kämpfend von links hinten zurückgekommen waren, stehen, die Degen gekreuzt, zwischen den Streitenden.
Marcel der einem Aufwärter ein Beil aus der Hand gerissen hat, steht zu Raouls Schutz ihm zur Linken, drohend die Waffe gegen die Angreifer schwingend und seinen Herrn mit seinem Körper deckend.
Trommelwirbel rechts außerhalb.
Alle horchen auf.
Der Kampf stockt
Der Page Urban kommt mit acht Königsgarden rasch von rechts hinter der Kapelle, nach vorn tretend und Spalier bildend.
Zwei Königsläufer mit Fackeln, sechs Königspagen mit Fackeln folgen.
Die Königin Margarete die außerhalb vom Pferde gestiegen ist, kommt mit drei Hofdamen, zwei Hofherren und zwei Stallmeistern nach ihnen.
Acht Königslakaien mit Fackeln, dreißig Königssoldaten mit Hellebarden folgen ihr.
Alle Streiter stehen beim Erscheinen Margaretens vom Kampfe ab und treten ehrerbietig zurück.
Siebzehnter Auftritt.
Die Vorigen. Margarete. Urban. Drei Hofdamen. Zwei Hofherren. Zwei Stallmeister. Acht Königsgarden. Dreißig Königssoldaten. Sechs Königspagen. Acht Königslakaien. Zwei Königslaufer.
Recitativ.
URBAN.
Haltet ein! und gebt Raum
Der Kön’gin von Navarra!
MARGARETE.
Wie? Hier auch in Paris ist nicht Ruh‘ zu gewinnen?
Parteienwut auch hier diese Rasenden faßt.
Und abends seh ich selbst am eigenen Palast
Schwert entblößt gegen Schwert,
Und das Blut seh ich rinnen!
SAINT-BRIS auf Raoul zeigend.
Sie tragen nur die Schuld, die uns zu dem Gefecht
Durch schändlichen Verrat gezwungen.
RAOUL auf Saint-Bris zeigend.
Ich klage diesen an, ohne Fug, ohne Recht
Ist der Schändliche hier gegen uns eingedrungen.
MARGARETE.
O Gott, wem soll ich glauben?
Wer giebt von dem Verdacht mir Beweise?
MARCEL vortretend.
Beweise kann nur ich Euch geben!
Auf Saint-Bris und Maurevert zeigend.
Diese hier trachten meinem Ritter nach dem Leben.
SAINT-BRIS.
Verleumdung! Verleumdung!
MARCEL wendet sich der Kapelle zu und erblickt Valentine.
Eine Frau diese Nacht,
Hat mir von dem Verrat die Entdeckung gemacht!
Valentine kommt tief verschleiert von rechts hinten aus der Kapelle auf die Stufen.
Achtzehnter Auftritt.
Die Vorigen. Valentine.
MARCEL.
Hier kommt sie selber, diese Frau!
Valentine eilt bei dem plötzlichen Anblick der Menge erschreckt herab und will sich unbemerkt entfernen.
Saint-Bris kommt ihr zuvor, indem er erregt zu ihr tritt und ihr den Schleier entreißt.
Nr. 21. Finale.
SAINT-BRIS zurückprallend.
Meine Tochter!
ALLE betroffen.
Großer Gott!
Große Bewegung.
Alle sehen sich betroffen an.
SAINT-BRIS.
Welche Kühnheit! – Ist es möglich? –
Pflichtvergess’ne!
RAOUL.
Seh‘ ich recht? Ist es wahr!
MARGARETE.
Hört, Raoul! Bald wird Euch klar –
VALENTINE eilt an Saint-Bris vorüber auf Margarete zu, um sie am Reden zu verhindern.
O schweigt, erhab’ne Frau!
RAOUL lebhaft.
Und jener Treuebruch,
Von dem ich selbst Zeuge war,
Als Nevers hier sie fand?
MARGARETE.
Sie kam hierher, um schnell zu zerreißen das Band.
SAINT-BRIS mit erzwungener wilder Freude.
Und mein Kind wird mit ihm als Gattin nun verbunden,
Als Gattin verbunden, als Gattin nun verbunden!
ALLE.
Als Gattin! Als Gattin! Ach, mein Gott!
Valentine bedeckt ihr Gesicht mit den Händen.
Hochzeitsmusik.
Nevers auf der Gondel links außerhalb.
Die Königssoldaten im Hintergrunde öffnen die Mitte.
Die Musikgondel mit Bläsern und Ruderern besetzt, naht sich auf der Seine von links hinten.
Die Neversgondel mit Nevers, drei Kavalieren, drei Damen, vier Pagen und den Ruderern, reich geschmückt mit Guirlanden, Festons, Lampions, über Bord hängenden Teppichen folgt der Musikgondel von links hinten.
Neunzehnter Auftritt.
Die Vorigen. Nevers und seine Begleitung. Dann Zigeuner.
Ensemble.
SAINT-BRIS.
Doch horchet nur! Ha, schon naht
Sich der Zug mit Gepräng und Gesange.
Raoul fixierend.
Ja, daß der edle Nevers seine Braut hier empfange,
Ja, schon naht sich der Zug mit Gepräng und Gesange,
Freudenvoll schließe sich das beglückende Band!
Nevers steigt aus und tritt zwischen Valentine und Margarete.
Die Neverskavaliere und Damen nehmen hinter den Königshofherren und Damen Aufstellung.
Die vier Neverspagen ebenso rechts und links bei den Königsläufern.
NEVERS fast abgemessen zu Valentine.
Edle Dame, holde Schöne,
O kommt, kommt zum Altar, daß mein Glück sich jetzt kröne.
Meine Hand Euch den Ring ew’ger Treue nun reicht,
Es winken mir durch Euch nun die seligsten Stunden,
Und ein Sklav‘ folg ich Euch, den Ihr fest habt gebunden;
Doch dies Band macht mich stolz und die Kett‘ ist mir leicht,
Meine Kett‘ ist mir leicht, meine Kett‘ ist mir leicht!
Blasmusik aus der Gondel.
Zigeuner nähert sich dem Brautpaar und bietet ihm nach der Sitte der Zeit Blumen dar.
Nevers giebt seinen Pagen einen Wink.
Die Neverspagen verteilen Geld unter die Zigeuner.
Die Zigeuner äußern ihre Freude durch Tanz.
Nevers führt seine Braut Valentine auf die linke Seite zu Margarete.
Saint-Bris folgt und stellt sie Margarete vor.
SAINT-BRIS, MARGARETE, URBAN UND CHOR DER HOCHZEITSGÄSTE.
Möge dies Fest, das wir euch bereiten,
Eurer Lust, eures Glücks Anfang sein!
Immerdar ihr nur auf Blumen schreiten,
Überstrahlt helle vom Sonnenschein.
Rosen nur sollen stets euch umwinden,
Jeder Wunsch schnell erfüllt sich finden.
Hoch die Braut! Hoch soll leben die Schöne!
Tanzt und singt! von der Freude umschwingt!
Hoch die Braut, die Herrliche und Schöne lebe!
Möge dies Fest, das wir euch bereiten,
Eurer Lust, eures Glücks Anfang sein!
Immerdar ihr nur auf Blumen schreiten,
Überstrahlt helle vom Sonnenschein.
KATHOLISCHE STUDENTEN UND HUGENOTTISCHE SOLDATEN sich heimlich höhnend und reizend.
Nicht Ruhe und nicht Frieden,
Und jede Lust gemieden,
Bis erst das Schwert entschieden
Des Sieges Morgenrot.
Ja, Tanz und Freudensänge
Weichen dem Schwertgedränge.
Nur Rach‘ und Tod!
MARGARETE zu beiden Parteien.
Haltet ein!
Achtet hier eure Herrin!
CHOR DER HOCHZEITSGÄSTE.
Möge dies Fest, das wir euch bereiten,
Eurer Lust, eures Glücks Anfang sein,
Immerdar ihr nur auf Blumen schreiten,
Überstrahlt helle vom Sonnenschein!
SAINT-BRIS, MARGARETE, URBAN UND CHOR DER HOCHZEITSGÄSTE.
Rosen nur, sie sollen euch umwinden,
Jeder Wunsch soll sich erfüllet finden!
Tanzt und singt, tanzt und singt,
Von Freude umschwingt!
MARCEL, KATHOLISCHE STUDENTEN UND HUGENOTTISCHE SOLDATEN mit gedämpfter Stimme sich gegenseitig heimlich drohend.
Keine Ruh‘! Keine Lust!
Rache, Rach‘ oder Tod!
SAINT-BRIS UND DIE EDELLEUTE den Soldaten drohend.
Seiner Wut kann er lachen!
MARGARETE zu Raoul.
Mäßigt euch! laßt sie ziehn!
RAOUL.
All mein Glück ist dahin!
MARCEL, KATHOLISCHE STUDENTEN UND HUGENOTTISCHE SOLDATEN wie oben.
Keine Ruh‘! Keine Ruh‘!
SAINT-BRIS UND DIE EDELLEUTE.
Sie ist ihm nun verloren!
MARGARETE zu Raoul.
Mäßigt Euch! laßt sie ziehn!
RAOUL.
Sie ist mir nun verloren!
MARCEL, KATHOLISCHE STUDENTEN UND HUGENOTTISCHE SOLDATEN wie oben.
Keinen Frieden! Keinen Frieden!
SAINT-BRIS.
Wie erfreut mich sein Schmerz!
Er machet mich nur lachen!
Ja, Rach‘ und Tod, nur Rach‘ und Tod!
MARGARETE.
Laßt sie ziehn! – Zuviel!
RAOUL.
Welcher Schmerz! Zuviel!
Kein Frieden mehr und keine Ruhe!
Kein Frieden mehr!
DIE EDELLEUTE.
Wie erfreut mich sein Schmerz!
Kein Frieden mehr und keine Ruhe!
Kein Frieden mehr!
KATHOLISCHE STUDENTEN mit halber Stimme heimlich drohend.
Bis das Schwert hat entschieden.
Nein, nein, nein, nein! Ja, Tanz und Freudensänge
Weicht nur dem Schlachtgedränge,
Nur Rach‘ und Tod, nur Rach‘ und Tod!
MARCEL UND HUGENOTTISCHE SOLDATEN ebenso.
Bis das Schwert hat entschieden!
Nein, nein, nein, nein, kein Frieden, still!
Nein, keinen Frieden, nur Rach‘ und Tod!
MARGARETE zu beiden Parteien.
Haltet ein! – Achtet hier eure Herrin!
Zu Raoul.
Mäßigt doch Eure Schmerzen
Und befehlt Eurem Herzen;
Laßt die Braut, laßt sie ziehn! Ja!
SAINT-BRIS UND DIE EDELLEUTE.
Ja, ich lache seines Schmerzes!
Ha, er lacht seiner Schmerzen,
Unter Lust und Scherzen
Er zieht zum Altare hin!
RAOUL für sich.
Himmel! Alles ist verloren!
Welche Qual! O Schmerzen
Wüten hier im Herzen
Und schon brennen hier Hochzeitskerzen!
CHOR DER HOCHZEITSGÄSTE.
Möge dies Fest, das wir euch bereiten,
Eurer Lust, eures Glücks Anfang sein! Ja!
MARCEL, KATHOLISCHE STUDENTEN UND HUGENOTTISCHE SOLDATEN wie vorher.
Keine Ruh‘! – Rach‘ und Tod!
Nur das Schwert spreche hier!
Nur das Schwert! Rache nur, oder Tod!
Rach‘ und Tod! Ja!
SAINT-BRIS, DIE EDELLEUTE, MARGARETE, URBAN UND CHOR DER HOCHZEITSGÄSTE.
Rosen sollen immer euch umwinden,
Jeder Wunsch sich schnell erfüllet finden!
Rufet laut, die Königin / die schöne Braut soll leben
Und tanzt, ja tanzt und singt!
Mag dieses Fest, das wir euch bereiten,
Von eurem Glücke der Anfang sein
Und immer ihr nur auf Blumen schreiten,
Hell überstrahlet vom Sonnenschein!
Es sollen Rosen euch stets umwinden,
Und jeder Wunsch soll Erfüllung finden!
Die Braut soll leben! Auf, tanzt und singet!
Hoch, die Schöne, hoch, lebe hoch!
RAOUL.
Nein, keine Ruh‘ und keinen Frieden,
Nein, nein, nein, nein, keine Ruh‘,
Bis erst das Schwert entschieden,
Und das Blut, ja, das Blut fließet rot!
Nein, keine Ruhe und keinen Frieden,
Bis unser Feind liegt im Blute rot!
Und alle Lust sei für jetzt gemieden,
Nur Rache, Rache nur, Rach‘ und Tod!
Es weichen Tänze und Jubelsänge
Dem Kriegesschalle, dem Schwertgedränge!
Nur Rach‘ und Tod, nur Rach‘ und Tod!
Nein, keine Ruh‘, nein, nein, nein, nein, keinen Frieden!
Nein, keinen Frieden! Nein, nein, nein, nein, nein!
Rach‘ und Tod!
MARCEL, KATHOLISCHE STUDENTEN UND HUGENOTTISCHE SOLDATEN wie vorher.
Nein, keine Ruh‘ und keinen Frieden!
Nein, nein, nein, nein, keine Ruh‘,
Bis erst das Schwert entschieden
Und das Blut, ja das Blut fließet rot!
Nein, keine Ruh‘ und keinen Frieden,
Bis unser Feind liegt im Blute rot!
Und alle Lust sei für jetzt gemieden,
Nur Rache, Rache nur, Rach‘ und Tod!
Es weichen Tänze und Jubelsänge
Dem Kriegesschalle, dem Schwertgedränge!
Nur Rach‘ und Tod, nur Rach‘ und Tod!
Nein, keine Ruh‘! Nein, nein, nein!
Nein, keinen Frieden! Nein, nein, nein, nein, nein!
Rach‘ und Tod!
Die acht Königslakaien bilden Spalier für Margarete nach rechts hinten hin.
Margarete reicht Saint-Bris die Hand.
Urban tritt voran nach rechts hin.
Die sechs Königspagen folgen Urban.
Saint-Bris geleitet Margarete durch das Spalier der Königslakaien nach dem Hintergrunde rechts zu.
Raoul und alle Edelleute, die Königshofherren und Damen, die Stallmeister, die Königsgarden, die Königssoldaten folgen.
Zigeuner holen Fackeln herbei und leuchten dem Hochzeitspaare vor, indem sie nach der Neversgondel hin Spalier bilden.
Nevers bietet Valentine die Hand und Beide bewegen sich nach der Gondel in der Mitte hin.
Die zwei Königsläufer und die vier Neverspagen folgen.
Die Neverskavaliere und Damen schließen sich an.
Der Tanz währt bis zum Aktschluß.
Das Volk auf den Erhöhungen, Stufen, Galerien, Bäumen und an den Fenstern, jubelt Margarete zu.
Katholiken und Hugenotten rechts und links vorkommend, anfänglich noch durch die Gegenwart der Königin zurückgehalten, beginnen sich wieder zu bedrohen und wollen aufs neue energisch aufeinander losgehen.
Die Frauen drängen sich vor sie hin und wehren ihnen ab.
Umzug Valentine.
Vierter Aufzug.
Nr. 22. Zwischenakt, Recitativ, Romanze und Scene.
Der Vorhang hebt sich im fünfzehnten Takte.
Ein großes gotisches Gemach im Hause des Grafen von Nevers zu Paris. Breite Mittelthür. Rechts vorn eine Thür zu Valentines Schlafzimmer. Links vorn ein hohes gotisches Fenster, links hinten eine Thür. Von der Decke bis zum Boden hohe Gobelins mit Ahnenbildern, welche auch die Thüren rechts und links vollständig bedecken. Zur Rechten vorn auf einem Teppich ein Ruhelager. Im Hintergrunde acht hochlehnige Sessel. Ein brennender Kronleuchter mit kleinen Laternen von farbigem Glase im Geschmacke jener Zeit.
Es ist Abend.
Requisiten für das Personal:
Für die Pagen eine Anzahl weiße Armbinden in Körbchen.
Erster Auftritt.
Valentine in Gedanken, mit zu Boden gerichteten Blicken auf dem Ruhelager rechts vorn sitzend.
Recitativ.
VALENTINE.
Ganz allein bin ich nun,
Ach! allein mit meinem Schmerz.
Zu steter Qual hast du nun
Verdammet mein Leben, mein Vater.
Sie steht auf und tritt nach rechts vor.
Nur Raoul besitzt mein Herz,
Und Nevers mußt‘ die Hand ich geben!
Und du, zu dem ich rief umsonst in meinem Schmerz,
Der das verhaßte Band hat dennoch zugegeben,
Mein Gott, erhöre mich, ich flehe nun zu dir:
O nimm zu meiner Ruh‘ Erinnerung von mir!
Romanze.
Er füllt allein mein Herz mit heißer Liebe,
Doch ist im Streit mein Gefühl mit der Ehr‘ und Pflicht;
Unerlaubt sind, ach! für mich diese Triebe,
Ihn sollt ich fliehn, doch mein Herz, nein, es kann es wahrlich nicht.
Überall hör ich seine Stimme;
Selbst wenn ich bete am Altar,
Seh ich nur ihn, sein teures Bildnis
Stellt sich auch dort nur mir dar!
Selbst am Altar seh ich sein Bild,
Stellt sich sein Bild der Seele dar,
Stellt sich sein Bildnis dar!
Der Edelmann Raoul von Nangis öffnet beim Tremolo schnell die Mittelthür.
Zweiter Auftritt.
Valentine rechts vorn. Raoul an der Mittelthür.
Recitativ.
VALENTINE beim Anblick Raouls zurückprallend.
Heil’ger Gott! Ist es Raoul, den überall ich sehe?
Wie, oder ist’s ein Traum, der mir ein Blendwerk macht!
RAOUL noch an der Mittelthür, finster.
Ja, ich bin’s! Ich, der kommt im Dunkel dieser Nacht,
Wie ein Verbrecher kommt, der um Gnade will flehen;
Doch umsonst flehet er, er muß zu Grunde gehn.
VALENTINE befremdet.
Was wünschet Ihr von mir?
RAOUL.
Nichts! Wollte nur Euch sehn, bevor ich sterbe noch.
VALENTINE erschrocken.
Was hör ich? Wie wird sich’s wenden?
Und mein Vater und mein Gemahl!
RAOUL kalt.
Ja, treffen konnt‘ ich sie in diesem Saal,
Ich weiß es wohl.
Er tritt weiter vor.
VALENTINE horcht nach der Mittelthür.
Ach! wenn sie hier Euch fänden,
Wär’s Euer Tod, entflieht!
RAOUL.
Nein, ich will stehn dem Streich.
VALENTINE erschreckt.
Schon hör ich Tritte nahn, entflieht!
Sie eilt nach der Mittelthür.
RAOUL mit einigen Schritten nach rechts.
Nein, nein! Ich weile, mir bleibet keine Wahl.
VALENTINE wieder vorkommend, Raoul zur Linken.
Mein Vater, mein Gemahl, sie sind’s!
Flehend.
Ach, thut’s für mich, und entfernt Euch geschwind!
Sie nötigt Raoul in das Gemach links.
Raoul wird während des folgenden Vorgangs einige Male in der Thür hinter dem Gobelin beobachtend sichtbar.
Valentine verharrt noch einen Augenblick an der Thür, dann begiebt sie sich nach dem Ruhelager rechts vorn.
Die katholischen Edelleute Nevers, Saint-Bris, Cossé, Tavannes, Thoré, de Retz, Méru, Maurevert kommen durch die Mitte.
Sieben Neversdiener folgen ihnen.
Dritter Auftritt.
Valentine. Nevers. Thoré. Cossé. Tavannes. Saint-Bris. de Retz. Méru. Maurevert. Sieben Neversdiener. Raoul lauschend.
Die sieben Diener setzen sieben Sessel von hinten in die Mitte des Gemachs und entfernen sich dann durch die Mitte.
Nevers begrüßt sofort ritterlich seine Gattin, indem er zu ihr tritt und ihr die Hand küßt.
SAINT-BRIS der während des Sesselstellens leise mit den Edelleuten sprach, beginnt, nachdem er sich überzeugte, daß sich die Diener entfernt haben.
Ja, uns versammelt hier unsrer Königin Wille.
Da ist die Stunde nun, wo ich euch sagen kann,
Welchen Plan ich mit Gott, welches Werk ich ersann,
Und den auch gut geheißen Medicis.
VALENTINE für sich.
Nur stille!
SAINT-BRIS zu Valentine mit gebieterischer Gebärde.
Laß, mein Kind, uns allein!
VALENTINE zögernd.
Mein Vater!
Sie will gehen.
NEVERS hält sie bei der Hand zurück.
Und warum? Ihr Eifer für die katholische Sache
Erlaubt, daß wir auch vor ihr überlegen die Rache,
Und ein Glied wird auch sie von unserm Bunde sein
Saint-Bris giebt ein zustimmendes Zeichen.
Nevers geleitet Valentine zum Ruhelager rechts.
Saint-Bris ladet zum Sitzen ein.
Alle setzen sich.
Nr. 23. Schwur und Schwertweihe.
SAINT-BRIS.
Vom Krieg, der uns bedroht, der alles bald verheeret –
Wollet ihr so wie ich, euer Land schnell befrein?
Raoul hebt den Gobelin.
Valentine bemerkt es; stummes Augenspiel zwischen beiden.
CHOR DER EDELLEUTE.
Wir sind bereit! Wir sind bereit!
SAINT-BRIS.
Des Throns und des Gotts, den ihr verehret
Wollet ihr, so wie ich, die mut’gen Rächer sein?
CHOR DER EDELLEUTE.
Wir sind bereit zu jeder Zeit!
SAINT-BRIS steht auf.
Wohlan! Vertrauet eurem Gotte,
Der über ihrem Haupt schon gezückt das Racheschwert!
Heute wird noch der Hugenotten Rotte
Von uns vernichtet sein, und vertilgt von der Erd.
NEVERS erstaunt, noch sitzend.
Sagt, wer sie verdammet?
SAINT-BRIS mit Kraft.
Gott!
CHOR DER EDELLENTE ebenso.
Gott!
NEVERS.
Und straft er selber sie?
SAINT-BRIS.
Ihr!
CHOR DER EDELLEUTE.
Wir!
NEVERS springt entsetzt auf.
Wir? – Wir?
Die Edelleute erheben sich ebenfalls tumultuarisch und betrachten Nevers mit steigendem Mißtrauen.
SAINT-BRIS sehr markiert.
Geheiligt sei die Rache,
Gehorcht der guten Sache,
Eurem Gott, eurem Gott, eurem Land!
Wie sich die Sache wende,
Ich führe sie zu Ende,
Meinen Schwur leg ich jetzo in eure Hand.
Die Edelleute haben Saint-Vris im weiten Halbkreis umringt, aller Blicke und Haltung ist gegen Nevers gerichtet.
VALENTINE aufstehend.
Wie sich die Sache wende,
Güt’ger Himmel, o sende
Ruh‘ und Frieden dem Land!
Großer Gott, sende Ruh‘ diesem Land!
NEVERS zu Saint-Bris gewendet, sanft.
Wie sich die Sache wende,
Ich führe sie zu Ende.
Ich leg in eure Hände
Meinen Schwur jetzt zum Unterpfand
Meinem Gott, meinem Gott!
SAINT-BRIS.
Wie sich die Sache wende,
Ich führe sie zu Ende.
Meinen Schwur, meine Hand
Meinem Gott, meinem Gott!
TAVANNES.
Wie sich die Sache wende,
Leg ich euch in die Hände
Meinen Schwur jetzt zum Unterpsand,
Meinen Schwur meinem Gott!
CHOR DER EDELLEUTE.
O Gott! rette dies Land!
Ihm weih ich diese Hand!
SAINT-BRIS.
So kann der König euch vertraun?
CHOR DER EDELLEUTE.
So schwören wir!
SAINT-BRIS.
Ich werde euer Führer sein.
CHOR DER EDELLEUTE außer Nevers, Saint-Bris näher tretend.
Wir folgen dir!
VALENTINE UND SAINT-BRIS zu Nevers, befremdet.
Wie? Nevers! Ihr brechet nicht Euer Schweigen?
VALENTINE für sich.
Was wird er sagen? Es bebt mein Herz!
NEVERS unwillig.
Auch ich will mich dem Feind, aber offen nur zeigen,
Der Dolch ist für die Hand des Braven nicht gemacht.
SAINT-BRIS.
Doch des Königs Befehle.
NEVERS mit Würde.
Ich nehm sie nicht in acht!
Nie hab ich mein Geschlecht
Durch feigen Mord geschändet,
Mit Kraft.
Und wenn sich euer Blick umher
Auf die Ahnenbilder an den Wänden zeigend.
Auf meine Ahnen wendet,
Zähl ich der Krieger viel,
Doch einen Mörder nicht,
Nein, einen Mörder nicht!
SAINT-BRIS.
Wie? Du reihst dich nicht ein in die tapferen Scharen?
NEVERS.
Nein! Meinen Degen will vor Schande ich bewahren.
Er wirft ihm seinen Degen vor die Füße.
Sieh – hier – hast du ihn!
Zum Mord brauch ich ihn nicht.
Raoul schließt seinen Gobelin.
Valentine eilt hocherfreut auf Nevers zu, ihm die Hand drückend.
Saint-Bris ist inzwischen zur Mittelthür getreten und hat hinaus gewinkt.
Ein Offizier tritt ein, salutiert.
Ein zweiter Offizier und sechs Mann Wachen sind draußen sichtbar.
Die Edelleute sind vor die Lehnsessel und zur Seite getreten und blicken, nach hinten gewendet, auf Nevers und Saint-Bris.
Die sieben Neversdiener sind hinter dem Offizier eingetreten.
Vierter Auftritt.
Die Vorigen. Offiziere. Neversdiener. Wachen.
Die sieben Neversdiener setzen die sieben Lehnsessel zurück und entfernen sich durch die Mitte.
Der Offizier hebt den am Boden liegenden Degen auf und bleibt in Nevers Nähe stehen.
VALENTINE halblaut zu Nevers, mit Hingebung.
Ha, braver Mann, du erkennst deine Pflicht, ja!
Für dich mein Blut von nun an spricht.
Ja, dir vertrau ich alles an.
O komm, bald sollst du erfahren –
Sie will Nevers mit sich fortziehen, als sie von Saint-Bris den Verhaftsbefehl vernimmt.
SAINT-BRIS zu dem Offizier, auf Nevers zeigend.
Bemächtigt seiner euch, vor Verrat uns zu wahren!
Bis morgen früh bewachet ihn recht gut!
VALENTINE für sich.
O güt’ger Gott, nimm ihn du in die Hut! Gott! –
Ach! Alles ist verschworen,
Das Spiel schon verloren,
Großer Gott, erbarme dich! Großer Gott! Schütze mich!
NEVERS ruhig.
Ist alles auch verschworen,
Die Ehr‘ sei nicht verloren,
Und ich folge der Pflicht,
Folge kühn meiner Pflicht!
SAINT-BRIS.
Vernichtung sei geschworen!
Sie alle sei’n verloren – verloren!
Wir thun unsre Pflicht –
Und kein Mund für die Schändlichen spricht!
Ja, wir thun unsre Pflicht!
CHOR DER EDELLEUTE.
Vernichtung sei geschworen!
Sie alle sei’n verloren! Thut eure Pflicht!
Ja, wir thun unsre Pflicht!
Saint-Bris giebt dem Offizier ein Zeichen.
Offizier tritt zu Nevers heran.
Nevers folgt ihm durch die Mittelthür.
Sechs Edelleute, Bürgermeister und vier Schöffen sind nach den Neversdienern schon vorher eingetreten.
Fünfter Auftritt.
Die Vorigen ohne Nevers und den Offizier. Sechs Edelleute. Bürgermeister. Vier Schöffen.
Valentine will ihrem Gatten folgen.
Saint-Bris giebt ihr einen Wink nach rechts vorn
Valentine geht verzweifelt ab nach rechts vorn; sie ist von Zeit zu Zeit hinter dem Gobelin sichtbar, ohne so selbst von den Anwesenden gesehen zu werden.
SAINT-BRIS halblaut zu den Edelleuten.
Und ihr, die ihr nun wollt verfechten Gottes Rache,
Streiter für Gott und seine heil’ge Sache,
Führer ihr dieses Volks, hört nun mein Wort an euch!
Er tritt etwas vor.
Die Edelleute nähern sich ihm.
SAINT-BRIS leise.
Ruhig, ohne Geräusch, wie sonst, ganz still, gelassen,
Verteilet alle euch auf alle Plätz‘ und Gassen,
Und ertönt das Signal, dann brecht alle vor zugleich!
CHOR.
Dann trifft sie der Rache Streich!
SAINT-BRIS nach rechts zu Cossé.
Du, Cossé und dein Corps,
Umringet still die Hallen des Admirals,
Er soll, der Erste, fallen! –
CHOR.
Er soll, der Erste, fallen!
SAINT-BRIS nach links zu Tavannes.
Ihr zum Hotel von Nesle, wo unser aller Feind
Die Häupter seines Corps am Abend heut vereint,
Sich bereitend zu dem Feste
Für Margarete, umringet dort die Gäste!
CHOR mit dumpfer Stimme.
Wir zum Hotel von Nesle!
Wir eilen zu dem Feste!
Sie wollen sich entfernen.
Saint-Bris hält sie zurück.
Valentine ist unbemerkt hinter ihrem Gobelin rechts vorn sichtbar.
SAINT-BRIS.
Hört nur, hört, schweiget still!
SAINT-BRIS aneifernd, sehr ernst.
Wenn bei Sankt Theobald
Zum erstenmale dann die Abendglock‘ erschallt,
Mustert heimlich und stumm die Waffen und die Leute,
Bereitet still euch vor zu diesem heil’gen Streite!
Zu einem Edelmann.
Du, wenn tönet das Signal,
Du läufst umher, kündest Schrecken überall,
Damit der Mut des Feindes schwindet.
Wenn auf dem Turm Sankt Theobald
Zum zweitenmale die Abendglocke dann erschallt,
Und so sich euch die göttliche Rache verkündet,
Dann stürzt hervor und führt den Rachestreich,
Und streckt dahin, was widerstehet euch!
Der Gott, der euch vernimmt und euch im voraus segnet,
Hört unser Flehn, und er wird vor euch gehn!
Alle begeben sich in den Hintergrund.
Saint-Bris erteilt dort seine Aufträge.
Die Edelleute umgeben ihn, indem sie dem Publikum den Rücken wenden.
VALENTINE wird von allen ungesehen hinter ihrem Gobelin sichtbar; in Todesangst, für sich.
Mein Gott, mein Gott! Ach, wie errett‘ ich ihn?
Es ist umsonst, er kann nicht mehr entfliehn!
Wie wollt ich, ach! so gern und kann nicht hin zu ihm!
Mit Kraft.
O laß, mein Gott, sein Leben nicht gefährden!
Sich fassend.
Beschütze ihn, beschütze ihn, laß mich das Opfer werden!
Die Mittelthür öffnet sich während der letzten Takte Valentines.
Fünfzehn Edelleute mit Verbeugung, achtzehn katholische Priester, dreizehn katholische Studenten, vier Mönche in weiß mit schwarzem Skapulier, sechs weiße Nonnen, acht braune Nonnen, sechs blaue Nonnen, sechs Pagen mit weißen Binden mit rotem Kreuz in ihren Körbchen, Volk kommen durch die Mittelthür.
Sechster Auftritt.
Die Vorigen. Edelleute. Die vier Mönche. Priester. Studenten. Nonnen. Pagen. Volk.
Die Mittelthür schließt sich.
Alle kommen vor.
SAINT-BRIS UND DIE MÖNCHE langsam vortretend, die aufgehobenen Hände wie segnend ausgebreitet.
Ehre dem allgerechten Gott!
Ehre des Herren mut’gem Krieger!
Ihr werdet sein die Sieger,
Verbreiten Furcht und Tod.
Alle Anwesenden ziehen ihre Degen und Dolche.
Die vier Mönche nach den vier Seiten hin die Waffen segnend.
SAINT-BRIS UND DIE MÖNCHE.
Waffen, für Gott mutig gebrauchet
Und in der Ketzer schändlich Blut heut noch getauchet!
Ihr, durch die unser Herr führt den rächenden Streich,
Waffen, wir segnen, heil’ge Waffen, euch!
Die vier Mönche treten nach rechts und links zur Seite.
Die Nonnen kommen vor.
SAINT-BRIS, DIE VIER MÖNCHE UND DIE NONNEN.
Ehre dem allgerechten Gott!
Ehre des Herren mut’gem Krieger!
Ihr werdet sein die Sieger,
Verbreiten Furcht und Tod!
Saint-Bris giebt den Pagen ein Zeichen.
Die Pagen verbreiten sich mit den Nonnen durch das ganze Gemach und verteilen die weißen Binden mit rotem Kreuz an den rechten Arm Saint-Bris‘ und der übrigen Anwesenden.
Die vier Mönche stehen je zu zweien rechts und links in ihren Gruppen.
SAINT-BRIS auf seine weiße Binde mit rotem Kreuz zeigend.
Hier diese weiße Schärpe und dieses Kreuz soll zieren
Die Streiter des Herrn.
SAINT-BRIS UND DIE MÖNCHE fanatisch.
Jede Schonung bleibe fern!
Jeden Feind schnell erschlaget!
Jeden Feind, welcher flieht,
Jeden Feind, welcher zaget!
CHOR.
Schlagt zu! Schlagt zu! Schlagt zu!
SAINT-BRIS UND DIE MÖNCHE.
Strecket nieder auch den, der um Gnade euch fleht.
CHOR.
Schlagt zu! Schlagt zu! Schlagt zu!
SAINT-BRIS UND DIE MÖNCHE.
Kein Mitleid werde wach! und das Schwert und die Flammen,
Vertilgen sollen sie alle Feinde zusammen.
Gottes Fluch über sie!
ALLE.
Gottes Fluch über sie!
CHOR.
Gottes Fluch über sie!
SAINT-BRIS UND DIE MÖNCHE mit halber Stimme.
Gott! – Gott will es so!
Alle vorstürzend, fanatisch, mit hochgehobenen Waffen ausbrechend.
Großer Effekt.
ALLE.
Alles streckt schnell danieder!
Nein, nein, schont nicht der Brüder!
Dann wird Gott euch die Sünden verzeihn,
Eure Sünden verzeihn!
Volle Rache zu nehmen,
Fließe Blut nun in Strömen!
Die ew’ge Siegespalme wird euch dort sicher sein.
Alles streckt schnell danieder!
Nein, nein, schont nicht der Brüder!
Dann wird Gott euch auch wieder verzeihn!
Alles streckt schnell danieder,
Nichts schonet, ihr Brüder!
Um volle Rach‘ zu nehmen,
Soll das Blut nun strömen!
So will’s Gott! – So will’s Gott! –
Und er wird – euch verzeihn!
Euch verzeihn – euch verzeihn!
So will’s Gott – so will’s Gott! Ja!
SAINT-BRIS plötzlich abbrechend und mit schwacher Stimme.
Nur Ruh‘ führt euch zum Ziel!
Die vier Mönche geben ein Zeichen zum Niederknien.
Alle sinken in die Knie.
Die Mönche verteilen sich unter die verschiedenen Gruppen und segnen sie.
ERSTER MÖNCH leise.
Nur Ruh‘ führt euch zum Ziel!
SAINT-BRIS.
Damit uns nichts verrate –
ERSTER MÖNCH.
Damit uns nichts verrate –
SAINT-BRIS UND ERSTER MÖNCH.
Entfernet euch ganz still!
CHOR leise, sich erhebend.
Geheiligt ist die Rache!
ALLE steigernd.
Gehorcht der guten Sache,
Eurem Gott, eurem König und Land!
Wie sich die Sache wende,
Wir führen sie zu Ende,
Unzerreißbar ist dies unser Band.
Sie ziehen sich langsam nach der Mittelthür zurück.
Habet acht! Mitternacht! Leis‘ und still!
Leise.
Wie sich auch die Sache wende,
Führet sie zu Ende, sie zu Ende,
Führet sie zu Ende!
Leise.
Leis‘ und still! Habet acht! Mitternacht! Mitternacht!
Habet acht! Habet acht! Mitternacht! Mitternacht!
Habet acht!
Ganz leise.
Mitternacht!
Sie stürzen noch einmal nach vorn; sehr stark.
Mitternacht!
Pause; dann wieder ganz leise.
Ja! – Mitternacht!
Alle entfernen sich durch die Mittelthür.
Die Thür wird geschlossen.
Raoul von Nangis hebt langsam den Gobelin an der Seitenthür links und versichert sich, daß niemand mehr anwesend ist.
Valentine kommt in diesem Augenblick von rechts vorn aus ihrem Gemach.
Siebenter Auftritt.
Valentine. Raoul.
Raoul eilt nach der Mittelthür, um sich zur Rettung seiner Glaubensgenossen zu entfernen.
Die Thür wird hörbar von außen verschlossen.
Valentine vertritt ihm gleichzeitig den Weg, indem sie sich mit ausgebreiteten Armen vor die Mittelthür stellt.
Raoul hält betroffen inne.
Nr. 24. Duett und Finale.
VALENTINE.
O Gott! Wo eilt Ihr hin?
Raoul, steht Rede mir!
RAOUL noch an der Mittelthür, mit unterdrückter Stimme, fast gesprochen.
Und Ihr fragt?
Retten meine Brüder
Von dem blutigen Streich,
Der schon fällt auf sie nieder,
Bewaffnen sie, an ihrer Seite stehn,
Und dem schändlichen Feind, der uns droht, widerstehn.
VALENTINE.
Doch wer ist der Feind?
’s ist mein Vater und mein Gemahl,
Den ich hoch jetzt verehre;
Habt Ihr zu morden sie den Mut?
RAOUL.
Ja, Blut verlanget wieder Blut.
VALENTINE ernst, mit erhobener Hand.
Sie führen Gottes Schwert!
RAOUL zu ihrer Linken vortretend; ironisch.
Dies wäre Gottes Schwert?
Wäre dies der Gott, den so hoch Ihr verehret
Und der in seinem Grimm die Brüder morden lehret?
VALENTINE sich ihm nähernd.
Ach, lästre nicht den Gott!
Denn er verläßt dich nicht,
Er hat mein Herz für deine Rettung ja entzündet,
Geh nicht von hier!
RAOUL stets sanft im Ton.
Sieh, ich muß!
VALENTINE ebenso.
Suchst den Tod, der dich findet.
RAOUL.
Blieb ich hier, so verriet die Ehre ich und Pflicht.
Sich von Valentine nach hinten entfernend.
Nein, nie! Nein, nie! Nein!
Valentine tritt ihm in den Weg.
RAOUL mit weicher Stimme.
Zur Rettung aller bin ich erkoren,
Lasse mich, lasse mich, laß, o laß mich fort!
VALENTINE fast weinend, ihre Hand um seine Schulter legend.
Laß dich erweichen, du bist verloren,
Höre mich, höre mich, hör‘ mein warnend Wort! Raoul!
RAOUL schwankend.
Bedenk!
VALENTINE.
Soll ich mein Liebstes sehen sterben?
RAOUL.
Es droht den Brüdern das Verderben!
VALENTINE ihn vorführend.
Willst du die Qual bereiten mir?
RAOUL sucht sich sanft los zu machen.
O laß mich, laß mich fort von hier!
VALENTINE ihn ebenso zurückhaltend.
O folge mir –
RAOUL.
Umsonst, mich ruft –
VALENTINE.
Und bleib zurück –
RAOUL.
Mein Mißgeschick.
VALENTINE.
Und bleib zurück, ich bitte dich!
RAOUL.
Nein, laß mich fort!
VALENTINE.
O hör mein Wort!
RAOUL.
Nein, laß mich fort!
VALENTINE.
Noch ist es Zeit!
RAOUL.
Die Pflicht gebeut!
VALENTINE.
O folge mir!
RAOUL.
Es rufet mich –
VALENTINE.
O folge mir –
RAOUL.
Es ruft mein Mißgeschick, mein Mißgeschick!
VALENTINE.
Und bleib zurück!
O folge mir und bleib zurück,
O bleib zurück, o hör mein Wort
Und geh nicht fort! O geh nicht fort!
Nein, nein! O hör mein warnend Wort!
RAOUL sich losmachend, mit einigen Schritten nach links.
Umsonst, mich ruft mein Mißgeschick,
Ich darf es nicht, o laß mich fort,
Die Pflicht gebeut, o laß mich, laß mich fort!
Er eilt der Mittelthür zu.
Valentine ist rascher wie er und verstellt ihm den Weg.
Beide von hier ab leidenschaftlich erregt.
VALENTINE an der Mittelthür; kräftig.
Deinen Plan, ihn muß ich zerstören!
Raoul macht wieder eine Bewegung nach der Thür.
VALENTINE.
Nein, du darfst nicht von hier,
Fest an dich klammr‘ ich mich!
Sie hält ihn umschlungen.
RAOUL sucht sich loszumachen.
Hab‘ Mitleid doch! Darf dich nicht hören.
VALENTINE ihn etwas nach vorn führend, verwirrt.
Und ich, mein Freund, ach! ich höre nur dich.
RAOUL.
Gott!
VALENTINE.
Sieh, o sieh meinen Schmerz!
Soll ich sterben dich sehen?
Raoul steht von ihr abgewendet.
VALENTINE.
Ist erhalten sich selbst denn nicht auch eine Pflicht?
O bleib, Raoul!
Sich immer mehr belebend.
Denn wenn dein Auge bricht,
Bricht auch dieses Herz, muß vergehen.
Derselbe Streich trifft beide uns, beide!
Mit aufgehobenen Händen.
Bleibe!
In höchster Verzweiflung.
Ich liebe dich!
Sie verbirgt über ihr Geständnis ihr Gesicht in den Händen.
RAOUL wendet sich überrascht zu ihr; mit erstickter Stimme.
Du liebst mich! Du liebst mich!
Sehr weich.
Du liebst mich? Ach, welch ein Blitz!
O welches Glück! Dies Himmelswort aus deinem Munde,
Ändert mein Herz und mein Geschick.
O Wonnetag! O sel’ge Stunde!
Mit einigen Schritten nach vorn.
Komme nun, Tod! Nun komm, o Tod!
Dies Wort, es wird dich mir versüßen,
Zu ihr hineilend.
Denn sterben kann ich nun zu deinen Füßen!
VALENTINE.
Wie, ich sprach dieses Wort?
Sie wankt bestürzt nach dem Ruhelager rechts und sinkt dort nieder.
RAOUL trunken.
Ja, ich hör’s immerfort!
Er nähert sich ihr.
Kavatine.
RAOUL.
Dieses Wort deiner Liebe
Leuchtet nun mir so hell durch die Nacht.
Und die gleichen, die süßesten Triebe
Sind in mir, ja in mir nun erwacht.
Nimm von mir Lieb‘ um Liebe!
Er sinkt zu ihren Füßen und umschlingt sie mit seinen Armen.
Man hört ganz fern einen dumpfen Glockenton.
VALENTINE schrickt zusammen und will aufspringen; für sich.
Die Gefahr nahet sich, o mein Gott!
RAOUL hält sie sanft zurück.
O wiederhole, nicht zerstöre
Dieser Stund‘ unaussprechliches Glück!
Ist’s ein Traum, was ich sehe und höre,
Dann, o Gott, ende jetzt mein Geschick!
Man hört wieder ganz fern dumpfen Glockenton.
VALENTINE für sich.
’s ist geschehn!
RAOUL.
Wiederhol‘ und zerstöre –
VALENTINE.
Die Gefahr!
RAOUL.
Nicht dies himmlische Glück!
VALENTINE.
O mein Gott!
RAOUL.
Ist’s ein Traum –
VALENTINE.
Diese Stunde!
RAOUL.
Was ich höre!
VALENTINE erhebt sich.
Und erfüllet wird bald sein Geschick!
RAOUL ebenso.
Dann, o Gott, ende jetzt mein Geschick!
Dann, o Gott, ende jetzt mein Geschick!
Beide in gehobenster Stimmung einige Schritte nach vorn.
VALENTINE.
Ha! der Tod!
RAOUL.
Dieses Wort –
VALENTINE.
Dies die Stunde –
RAOUL.
Deiner Liebe!
VALENTINE.
Die erfüllt sein Geschick!
RAOUL.
Götternacht!
VALENTINE.
Nacht des Schreckens!
RAOUL.
Götternacht!
Laß uns fliehn, laß uns fliehn!
Er tritt etwas zurück.
VALENTINE geht erschrocken an ihm vorüber nach links.
Nein, nein, nein, nein!
RAOUL tritt näher, fast gesprochen.
Spende Liebe um Liebe!
Sie umschlingend und nach der Mittelthür ziehend.
Laß uns fliehn!
VALENTINE ihn haltend.
Nein, nein, bleibe!
RAOUL.
Laß uns fliehn!
VALENTINE fast gesprochen, mit Schreck.
Nein, nein, bleibe!
RAOUL trunken.
Ach, komm! ach, komm!
Er sinkt in die Knie.
Ach, komm!
Man hört wieder einzelne Doppelglockenschläge, dumpf und tief, noch immer entfernt.
RAOUL noch immer nicht zu sich gekommen.
Hörst du dort die Glocken hallen?
VALENTINE für sich.
Keine Rettung giebt es mehr.
RAOUL.
Durch nächtlich Dunkel erschallen
Der Rache Stimmen daher!
Sich erhebend und wie besinnend an die Stirn fassend.
O Gott, wo war ich?
VALENTINE zärtlich ihn umschlingend.
Hier, bei mir, teurer Freund!
RAOUL.
Ach, nun besinn‘ ich mich,
Meine Brüder will man morden!
Das Signal höre ich!
Er reißt sich von der widerstrebenden Valentine los und eilt an ihr vorüber nach links vor.
Nein! nein! nein! nein, nein, nein, nein, nein!
Valentine wankt zur Mittelthür, wo sie sich fast ohnmächtig anlehnt.
RAOUL.
Nein, ich darf nicht mehr zaudern,
Ha, schon seh‘ ich mit Schaudern,
Wie euch trifft, o ihr Armen, der mordende Streich.
Ja, ich höre die Treuen
Voll Angst nach mir schreien,
Ja, ich will euch befrein,
Oder sterben mit euch!
Er eilt nach hinten, wo er Valentine, den Ausgang sperrend erblickt und prallt zurück nach rechts.
VALENTINE.
Wie, mein Raoul! Dieser Schmerz,
Er beweget nicht dein Herz?
Du vernimmst nicht mein Wort,
Hörst mich nicht, eilest fort?
Siehst nicht mehr die Gefahr, die dir droht,
Eilest fort in den sicheren Tod?
Kannst du dies? Rührt mein Flehn dich nicht mehr?
Sie bietet ihre Brust zum Stoß.
Nun, wohlan! Stoß mich nieder vorher!
RAOUL sie im Ringen zurückstoßend und ganz vor nach rechts eilend.
Nein, ich darf nicht mehr zaudern!
VALENTINE wankt ihm nach und sinkt im Stellungswechsel vor ihm nieder, ihn dabei festhal tend.
Ich seh‘ es wohl mit Schaudern
RAOUL.
Ha, schon seh ich mit Schaudern –
VALENTINE zu seiner Rechten.
Daß du willst nicht mehr zandern,
O hör mein Flehn! –
Willst nun fort, willst nun fort,
In den Tod willst du gehen?
Hörest nicht mehr mein Flehn,
Und mein Schmerz gilt dir gleich?
O du wirst, ja, du wirst es bereuen,
Selbst dem Tod, ja, dem Tod dich zu weihen,
Du kannst sie nicht befrein,
Und auch dich trifft der Streich!
Ja, auch dich trifft der Streich,
Auch dich trifft der Streich!
Sie liegt rechts von ihm am Boden.
RAOUL.
Wie euch trifft, o ihr Armen
Dort der Streich, ja, der mordende Streich!
Ja, ich höre, ich höre die Treuen
Voll von Angst, voll von Angst nach mir schreien!
Ja, ich höre – ihr Geschrei!
Ja, ich will euch befreien, euch befrein,
Oder fallen, fallen mit euch!
Man hört die Sturmglocke stärker.
Raoul wendet sich dadurch erschreckt nach dem Fenster links.
Valentine am Boden liegend, umschlingt ihn und hält ihn zurück.
RAOUL der sich nicht losmachen kann, schleppt die Widerstrebende gewaltsam mit sich zum Fenster.
Hörst die Glocke du schallen?
VALENTINE ihm um die Hüfte fassend und sich von ihm schleppen lassend.
Nein!
RAOUL.
Gott verlangt, ich soll fallen!
VALENTINE.
Nein!
RAOUL.
Ja, ich höre die Treuen!
VALENTINE.
Nein!
RAOUL.
Fort, ich will euch befreien!
VALENTINE.
Nein!
RAOUL.
Umsonst! Entferne dich!
VALENTINE.
Nein, nein, durchbohre mich!
RAOUL.
Umsonst, entferne dich!
VALENTINE.
Umsonst, durchbohre mich! Nur schnell!
Raoul stößt sie endlich von sich, eilt zum Fenster links und zieht den Vorhang fort.
Es ist schwacher Feuerschein sichtbar.
RAOUL.
O Gott, entflamme jetzt mich mit Mute!
VALENTINE.
Nur schnell, du mußt mein Mörder sein!
Raoul stößt das Fenster auf.
Greller Feuerschein.
RAOUL.
Sieh‘, dort in ihrem Blute –
Fallen die Armen schon hin!
VALENTINE taumelt zurück nach dem Ruhelager rechts.
Ach! Nimmer kann ich’s schauen,
Es erfüllt mich mit Grauen. – Ach, Raoul!
Sie töten dich! – Ach! zu viel! – Ich sterbe! – Ach!
Sie sinkt, den Kopf auf dem Sitz, bewußtlos zusammen.
RAOUL wendet sich nach der Mittelthür, die er verriegelt findet; indem er wieder nach vorn eilt, erblickt er die ohnmächtige Valentine; in höchster Angst.
Ermanne dich!
Ratlos, knieend.
Was thu‘ ich? Kann ich jetzt widerstreben?
Und so – verlassen sie?
Teure, hör‘ nur ein Wort!
Dumpfer Waffenlärm.
Stärkerer Feuerschein, flackernde Flammen.
Stärkstes Sturmläuten.
Aufstehend.
Nein! nur fort! nur fort! nur fort! –
Mit Kraft.
Gott, dir befehle ich dieses teure Leben!
Er enteilt durch das Fenster links.
Valentine die zu sich kam und sich erhoben hatte, stößt einen Schrei des Entsetzens aus und sinkt neuerdings bewußtlos zusammen.
Fünfter Aufzug.
Nr. 25. Zwischenakt und Ballett.
Der Vorhang hebt sich im vierzigsten Takte.
Sturmglocken sind schon vorher hörbar.
Ballsaal im Hotel de Nesle zu Paris.
Festliche Erleuchtung.
Erster Auftritt.
Protestantische Ballgesellschaft zu Ehren der Vermählung Heinrichs von Navarra mit Margarete von Valois. Der Page Urban.
Allgemeiner Tanz der Hofherren und Damen.
Nach dem zwölften Takte sind wieder entfernte Sturmglocken hörbar.
Die Tänzer halten verwundert inne.
Nach vier Takten schweigen die Sturmglocken.
Nach acht Takten erneutes Sturmgeläute.
Die Tänzer halten wiederum erstannt inne und fahren nach weiteren vier Takten aufs neue im Tanze fort.
Der Edelmann Raoul von Naugis stürzt am Schlusse desselben bleich, mit blutigen Kleidern in den Saal.
Zweiter Auftritt.
Die Vorigen. Raoul.
Nr. 26. Arie mit Chor.
Recitativ.
RAOUL.
Die Waffen nehmt zur Hand! Man erschlägt unsre Brüder!
Jenes Ufer der Seine, es schwimmt schon von Blut!
Gedung’ne Mörderschar streckt dort schon alles nieder,
Bald naht auch euch die Höllenbrut!
Arie.
Ich sah beim Scheine der Fackeln sie ziehen
Zu feigem Morde, die Scharen wutentflammt;
Hörte, wie sie durch das Dunkel hinschrieen:
Verderben den Ketzern! Gott selbst hat sie verdammt!
Die Unsern sah, die Unsern sah ich im Schlaf überfallen,
Des Führers Haus, Colignys Haus umringten jubelnd sie,
Und ohne Hilf‘ in den eigenen Hallen
Von ihrem Dolch dreimal durchbohrt,
Fiel der Held Coligny!
Er zeigt auf seine blutbefleckten Kleider.
Seht Freunde hier sein Blut!
CHOR mit Schrecken.
O Gott, Colignys Blut!
RAOUL.
Sein Blut! sein Blut!
Mit zitternder Stimme.
O der Greul, der Greul unerhört
CHOR ebenso.
O der Greul, der Greul unerhört!
RAOUL.
Die rachetrunknen Schreckenshorden,
Sie sengen überall und morden,
Verkündend ihres Gottes Wut.
Kein Weib, kein Greis erhält Erbarmen,
Der Säugling in Mutter Armen,
Alles schwimmt in seinem Blut,
Nichts, nichts entgeht ihrer Wut.
Wollt ihr nicht dem Greul widerstehen,
Und ohne Verteidigung sehen
Fließen dort eurer Brüder Blut?
Nein, o nein! Nächt dies Blut!
Auf, greift zu den Waffen!
Mit erstickter Stimme.
Eilet zur Rache,
Fechtet kühn für eure Sache!
Blut für Blut! Mord für Mord!
CHOR ausbrechend.
Greift zu den Waffen, eilet zur Rache!
Fechtet für die gute Sache!
Blut für Blut und Mord für Mord!
RAOUL betont.
Wer euch nur naht, den stoßet
RAOUL UND CHOR.
Nieder!
RAOUL.
Rächet den Tod eurer
RAOUL UND CHOR.
Brüder!
RAOUL.
Säumet nicht und eilet fort!
Greift zu den Waffen, eilet zur Rache!
Fechtet für die gute Sache!
Blut für Blut! Mord für Mord!
CHOR.
Greift zu den Waffen, eilet zur Rache!
Fechtet für die gute Sache!
Blut für Blut und Mord für Mord!
RAOUL.
Ja! Wer euch naht, den stoßet nieder!
Freunde, rächet eure Brüder!
Leidenschaftlich.
Nieder! nieder!
Freunde, rächet eure Brüder!
Säumet nicht und eilet fort!
Nur fort, nur fort, nur fort, nur fort, nur fort, nur fort!
Eilt fort und fechtet für die gute Sache!
Fechtet für die gute Sache!
Blut für Blut! Mord für Mord!
CHOR.
Greift zu den Waffen! Blut für Blut und Mord für Mord!
Eilt fort und fechtet für die gute Sache!
Fechtet für die gute Sache!
Blut für Blut! Mord für Mord!
Raoul eilt hinaus.
Alle drängen ihm nach.
Verwandlung.
Düsterer Kirchhof. Im Hintergrunde eine protestantische Kirche mit erleuchteten Fenstern; eine kleine Thür führt ins Innere der Kirche.
Links als Eingang zum Kirchhof ein Gitterthor.
Es ist Nacht.
Nr. 27. Scene und Terzett.
Der Vorhang hebt sich im fünfzehnten Takte.
Dritter Auftritt.
Frauen. Kinder. Dann Marcel. Dann Raoul.
Frauen und Kinder fliehen von links durch das Gitterthor nach rechts über den Kirchhof.
Marcel kommt verwundet, mit hilfesuchenden, sich an ihn drängenden Frauen und Kindern, die teils getragen, teils an der Hand geführt werden, von links durch das Gitterthor; er verschließt das Gitterthor, wankt nach der Mitte zu, weist auf die Kirche, sinkt ermattet in die Knie und betet.
Die Frauen und Kinder flüchten durch die kleine Thür ins Innere der Kirche.
Der Edelmann Raoul von Raugis kommt von links durch das Gitter.
Recitativ.
RAOUL hereinstürzend.
Wie? Du bist’s, mein Marcel? Dies Wiedersehn ist bitter!
MARCEL sich erhebend.
Ach, mein Gebieter, ich seh Euch noch?
RAOUL seine Wunden bemerkend.
Wie, verwundet du?
MARCEL mit Resignation.
Ist wohl möglich!
RAOUL.
Ha, Rache!
MARCEL.
Wo denkt Ihr hin?
Überall schließt der Feind unsre Brüder schon ein,
Deren Häuflein nur klein,
In des Herrn heil’gem Tempel,
Wo Blut noch nicht geflossen.
Dort haben sich die Frauen und Kinder eingeschlossen,
Um zu sterben mit Gott.
O kommt, o kommt zum heil’gen Ort!
Mit ihnen wollen wir den Tod auch teilen dort.
Beide wenden sich nach der kleinen Kirchthür.
Valentine kommt in aufgelöstem Haar, mit weißer Binde, in einen weißen Mantel gehüllt, einen Männerhut auf dem Haupte, von links durch das Gitterthor stürzend und es hinter sich zuwerfend.
Vierter Auftritt.
Marcel rechts. Raoul in der Mitte. Valentine links. Dann Frauen und Mörder in der Kirche. Dann einige Soldaten. Dann die Mörder.
VALENTINE.
Wo eilt ihr hin?
RAOUL.
Zum Ruhme!
MARCEL.
Und zur Marter!
VALENTINE.
Nein, sterben darfst du nicht,
Wer wagt es, dies zu sagen?
Ich rette dich, vertraust du dich mir!
RAOUL.
Wär‘ es wahr?
VALENTINE ihm eine weiße Binde reichend.
Nimm diese weiße Schärp‘ an den Arm,
Und sie führt sicher dich zum Louvre,
Wo dann, wie sie’s versprochen,
Die Königin dich retten wird, wenn du thun willst –
RAOUL.
Sprich nur, was verlangt man?
VALENTINE.
Meinen Glauben anzunehmen.
RAOUL.
Nein, nie! Wenn ich meineidig wär‘,
Sag‘: liebtest du mich mehr?
Ach! Alles trennt uns!
VALENTINE.
O nein! Dann könnt ich lieben dich ohne Scheu.
RAOUL.
Und Nevers?
MARCEL.
Der ehrenwerte Held, er war’s, der mir das Leben erhielt;
Doch ein Opfer seines Eifers fiel auch er, von ihnen hingestreckt.
RAOUL.
Nevers tot!
VALENTINE.
So komm‘! Entflieh‘!
RAOUL zögernd.
Die Pflicht! Mein Herz! O schwerer Kampf!
MARCEL vorwurfsvoll warnend.
O Raoul!
RAOUL sehr mild.
Marcel, siehst du denn nicht?
Mir kommt die Lieb‘ entgegen.
MARCEL ernst.
O Naoul, die Hand des Himmels zeigt nach anderen Wegen.
VALENTINE furchtsam.
Komm, komm!
RAOUL sich fest an Marcel schmiegend.
Nein, hier bei ihm erwarte ich den Tod!
VALENTINE steigernd.
O komm! Bedenke, was dir droht!
Glaubst du, daß ohne dich ich ferner könnte leben
Auf dieser Erde hier, wo alles mir dann fehlt?
Mit Bitterkeit.
O nein! das glaubst du nicht!
Dein Blick ist meine Sonne,
Dich lieben ist mein Ziel, und dein Herz meine Welt.
Außer sich.
Wohlan! Beweisen will ich dir ganz meine Liebe;
Trifft dich der Todesstreich,
Ist mein Tod auch ganz gewiß!
Bei Gott! Und stünde auch dabei die Seele auf dem Spiele,
Ich teile gern mit dir so Höll‘ und Paradies.
Dich soll nichts, nichts mir rauben,
Nicht Wahrheit und nicht eitler Wahn.
Du willst nicht meinen Glauben,
Ich – ich nehm den deinen an!
Mag auch von nun geschehen, was das Geschick gebeut,
Wir sind nun fest verbunden, und für die Ewigkeit.
Sie wirft sich, in Thränen ausbrechend, in Raouls Arme.
RAOUL.
Welches Glück!
MARCEL sie zärtlich anblickend.
Gottes Flamme hat nun ihre Seele erleuchtet.
VALENTINE.
Auf dich will ich hoffen, mein Gott!
Doch sie verfluchen mich.
Ach, mein Marcel, mein Vater,
Gieb deinen Segen uns
Und stärk‘ im Glauben mich!
RAOUL.
Da kein Diener des Herrn hier ist zur Hand,
Marcel, segne du unsern Schwur und unser Band.
Choral.
MARCEL tritt zwischen beide; ernst und streng.
Ja, dies heil’ge Amt des Herrn,
Ich verwalt‘ es mit Freuden
Feierlich.
Und will segnen den Bund,
Will dein Priester, dein Priester heut‘ sein.
Raoul und Valentine knieen nieder.
CHOR DER PROTESTANTISCHEN FRAUEN in der Kirche.
O Herr, du unser Schirm und Hort,
Erhöre unser Flehen!
Die Hölle waffnet sich jetzt gegen uns,
Laß uns ihr widerstehen!
MARCEL.
Höret ihr, an dem heil’gen Altar
Fleht dort die heil’ge Schar;
Das Lob des Herrn ertönt in frommen Chören,
Erwartend dort den Tod;
Ihr gebt indessen Antwort hier,
Wahrheit sagt, als ob Gott euch gefragt!
Terzett.
MARCEL giebt ihre Hände zusammen.
Wisset ihr, wenn ich jetzt verbinde eure Hände,
Euch nichts trennen mehr kann,
Weder Qualen noch Tod,
Wie das Schicksal sich wende?
RAOUL UND VALENTINE.
Ja, wir wissen, daß vereint
Uns betrifft, was uns auch droht.
MARCEL.
Warfet ihr schon von euch alle irdischen Bande,
Leistet ihr auch Verzicht jedem Hoffnungsstrahl
An des Grabes finsterm Rande?
RAOUL UND VALENTINE.
Wir vertrauen nur auf Gott
Und die Welt dünkt uns schal.
MARCEL.
Werdet ihr Flamm‘ und Schwert sehn blitzen ohne Zagen?
Fallt vom Glauben nicht ab, den ihr heute beschwört,
Wenn Martern auch euch plagen?
RAOUL UND VALENTINE.
Nein, es gab uns Gott die Kraft,
Da er Liebe uns gab.
MARCEL.
Gott!
CHOR DER PROTESTANTISCHEN FRAUEN in der Kirche.
O Herr, du unser Schirm und Hort
Erhöre unser –
Marcel segnet beide.
Einbruch in die Kirche und Sturmglocke, Waffenlärm, drohende Rufe.
Durch die Fenster der Kirche sieht man Fackel- und Feuerschein.
Die Mörder sind von der entgegengesetzten Seite durch das Hauptportal, welches sie erbrochen haben, in die Kirche eingedrungen.
Raoul und Valentine stehen auf.
CHOR DER MÖRDER in der Kirche.
Schwöret ab euren Gott und das zur Stelle!
CHOR DER PROTESTANTISCHEN FRAUEN in der Kirche, fest.
Nein!
CHOR DER MÖRDER ebenso.
Schwöret ab euren Gott, sonst fahrt zur Hölle!
CHOR DER PROTESTANTISCHEN FRAUEN ebenso.
Nein!
CHOR DER MÖRDER ebenso.
Renegaten, schwöret ab! Ihr müsset sterben!
VALENTINE.
Höret ihr –
CHOR DER MÖRDER wie vorher.
Ihr müsset sterben!
CHOR DER PROTESTANTISCHEN FRAUEN wie vorher.
Nein!
VALENTINE.
Die Horden?
CHOR DER MÖRDER wie vorher.
Euch trifft hier sonst und dort Qual und Verderben!
VALENTINE.
Haltet ein –
CHOR DER PROTESTANTISCHEN FRAUEN wie vorher.
Nein!
CHOR DER MÖRDER wie vorher.
Schwöret ab!
VALENTINE.
Im Morden!
CHOR DER MÖRDER wie vorher.
Sonst fahrt zur Hölle!
CHOR DER PROTESTANTISCHEN FRAUEN wie vorher.
Nein!
VALENTINE.
Gott!
CHOR DER MÖRDER wie vorher.
Gott befiehlt es so!
VALENTINE.
Umsonst! Umsonst!
CHOR DER PROTESTANTISCHEN FRAUEN wie vorher, ängstlich betend.
O Herr, sei unser Schirm und Schild!
Kleingewehrfeuer im Innern der Kirche.
VALENTINE schmerzlich.
Ihr Todesgesang!
RAOUL UND MARCEL ebenso.
Ihr Todesgesang!
CHOR DER MÖRDER wie oben.
Schwöret ab euren Gott, und das zur Stelle!
VALENTINE.
Jener Greis, der betet –
CHOR DER PROTESTANTISCHEN FRAUEN wie oben.
Nein!
CHOR DER MÖRDER wie oben.
Schwöret ab euern Gott, sonst fahrt zur Hölle!
VALENTINE.
Kein Engel ihn rettet!
CHOR DER PROTESTANTISCHEN FRAUEN wie oben.
Nein!
CHOR DER MÖRDER wie oben.
Schwöret ab, sonst fahrt zur Hölle!
VALENTINE.
Gott!
CHOR DER PROTESTANTISCHEN FRAUEN wie oben.
Nein!
VALENTINE.
Jetzt sinkt er hin!
CHOR DER MÖRDER wie oben.
Gott befiehlt so!
CHOR DER PROTESTANTISCHEN FRAUEN wie oben.
O Herr, sei unser Schirm und Schild!
VALENTINE schmerzlich.
Ihr Todesgesang!
RAOUL UND MARCEL ebenso.
Ihr Todesgesang!
RAOUL UND VALENTINE niederknieend.
Herr, hab‘ Erbarmen! O rette die Armen! O hilf in der Not!
CHOR DER MÖRDER wie oben.
Schwöret ab – oder sterbt!
Das einzelne Schießen und der Waffenlärm in der Kirche dauerten bis hierher fort.
Eine Gewehrsalve in der Kirche.
Schmerzlicher Aufschrei, dann plötzlich alles unheimlich still.
Auch der Fackel- und Lichtschein ist verschwunden, die Kirche verdunkelt sich.
Beim Paukenwirbel tödliche Stille.
MARCEL knieend, gebeugt.
Alles stumm und tot!
Alle Drei verhüllen schmerzbewegt das Gesicht.
MARCEL fährt endlich, emporspringend, aus seinen dumpfen Brüten auf, starrt gen Himmel, als ob er eine Erscheinung sähe.
Ah! – – Seht hier! –
In Verzückung.
Seht, der Himmel öffnet sich! Posaunen dröhnen!
Ehre Gott! Ehre Gott! Hört, Himmelschöre tönen!
RAOUL UND VALENTINE aufstehend, mit Bewunderung auf Marcel blickend.
Seht mit Himmelsglanz sein Antlitz sich verschönen!
MARCEL.
Und die Engel, sie schreiten hernieder!
RAOUL UND VALENTINE begeistert.
Himmelsruh‘ strahlt vom Auge ihm wieder
Und er höret die frohen, die himmlischen Lieder!
Seine Seele, sie schwingt sich zum Himmel hinauf,
Fühlt der Sel’gen Entzücken!
MARCEL.
Und sie singen so frohe, so himmlische Lieder,
Herr, mein Gott, nimm die Sünder in Gnaden nun auf,
Laß dein Reich mich erblicken!
Als ob er eine himmlische Musik hörte.
Die himmlischen Chöre –
RAOUL UND VALENTINE Marcel anblickend.
Ich staune und höre –
MARCEL.
Sie klingen von ferne –
RAOUL UND VALENTINE.
Sie klingen von ferne –
MARCEL.
Ich folg euch –
RAOUL UND VALENTINE.
Ich folg euch –
MARCEL.
So gerne!
RAOUL UND VALENTINE.
So gerne!
RAOUL, MARCEL UND VALENTINE.
Ich staune und höre die himmlischen Chöre,
Sie klingen von ferne, ich folg ihnen gerne.
O ende mein Leben,
Laß süß mich nun entschweben!
Leb wohl, o Welt! Leb wohl, o Welt!
Einige Soldaten erscheinen mit Fackeln hinter dem Gitterthor links, um es mit Gewalt zu öffnen; das Gitterthor wiedersteht; sie entfernen sich, um Verstärkung zu holen.
CHOR DER MÖRDER links außerhalb.
Schwöret ab euern Gott, und das zur Stelle,
Schwöret ab euern Gott, der Himmel will’s!
RAOUL, MARCEL UND VALENTINE.
Kommt nur heran, ich fürcht‘ euch nicht,
Mich stärket Gottes Gnadenlicht.
CHOR DER MÖRDER wie vorher.
Schwöret ab! – Schwöret ab!
MARCEL.
O hört, o hört! Posaunen dröhnen,
Die Himmelschöre tönen, Ehre Gott!
RAOUL, MARCEL UND VALENTINE.
Ehre Gott! Ehre Gott!
CHOR DER MÖRDER werden am Gitterthor sichtbar.
Seht nur, seht – wie sie trotzen!
MARCEL.
Die Himmelschöre tönen!
Das Gitterthor wird erbrochen.
Die Mörder stürzen durch dasselbe herbei.
RAOUL UND VALENTINE.
Seht mit Himmelsglanz sein Antlitz sich verschönen!
RAOUL, MARCEL UND VALENTINE.
Seine / Meine Seele, sie schwingt sich zum Himmel hinauf,
Ich fürcht euch nun nicht, mich stärkt Gottes Licht!
Sie schlagen die dargebotene weiße Binde aus.
Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein!
Hosana, Tod willkommen! Hosana, Welt, so lebe wohl!
O Tod, willkommen! o Tod, willkommen!
Trefft mich ins Herz, es macht nicht Schmerz! Stoßt zu! stoßt zu!
Begeistert.
Hosana, Hosana, komm Tod, o Erde, lebe wohl!
Kommt her, ich fürchte nicht, stoßt uns ins Herz!
Es macht uns keinen Schmerz!
Stoßt uns ins Herz, stoßt zu! stoßt zu! stoßt zu! stoßt zu!
Wie vorher.
Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein!
Erde, lebe wohl!
CHOR DER MÖRDER bieten den Dreien die weiße Binde.
Schwöret ab euern Gott! – Schwöret ab!
Wo nicht, so treffe euch der Tod!
Schwört ab den Gott! Schwört ab, schwört ab!
Fanatisch.
Wo nicht, so fahrt zur Höll‘!
Schwört ab den Gott! Wo nicht, fahrt hinab!
Schwöret ab den Gott, euern Gott!
Schwöret ab euern Gott, schwöret ab, oder Tod! Tod!
Raoul, Marcel und Valentine gehen festen Schrittes auf die Mörder zu und bieten ihnen die Brust.
Die Mörder stutzen und weichen unwillkürlich zurück.
Raoul, Marcel und Valentine werden endlich umringt, ergriffen und fortgeschleppt.
Kleingewehrfeuer rechts und links außerhalb.
Verwandlung.
Quai von Paris im Jahre 1572. Links rückwärts ein Kloster, davor Saint-Bris‘ Palast; im Klostergang ewiges Licht. Eine Holzbrücke mit Stufen führt über das Wasser. Straßenlaternen. Brunnensäule. Baumgruppen.
Sternenhelle Nacht, entfernter Feuerschein.
Fünfter Auftritt.
Fliehende. Verfolgende. Dann Raoul, Valentine und Marcel. Dann Saint-Bris mit Soldaten. Dann die Königin Margarete mit Urban und ihrem Gefolge.
Fliehende, Greise, Weiber, Kinder eilen erst vereinzelt, dann in Gruppen von links nach rechts.
Kleingewehrfeuer links außerhalb.
Bewaffnete mit Fackeln, Mönche, Soldaten mit Gewehren, die sie im Gehen laden stürmen den Fliehenden nach.
Marcel und Valentine kommen von rechts vorn, den tödlich verwundeten Raoul führend.
Nr. 28. Schlußscene.
CHOR DER VERFOLGER.
Flamm‘ und Schwert sollen sie verheeren,
Die Gott nicht so wie wir verehren,
Nicht Gnade gebt der Ketzerbrut!
Verfolget die schändlichen Horden!
Der Herr will, ihr sollt sie ermorden.
Gott verlangt, Gott will ihr Blut!
SAINT-BRIS links außerhalb, Raoul anrufend.
Wer kommt da?
Raoul will antworten.
VALENTINE legt ihm die Hand auf den Mund, ihn daran verhindernd.
Schweig, Geliebter und laß uns entfliehn!
Sie hält ihn mit ihren Armen umfangen.
RAOUL mit Kraft, schreiend.
Hugenott!
MARCEL UND VALENTINE ebenso.
Und auch wir!
SAINT-BRIS noch außerhalb, kommandierend.
Feuer!
Man hört von links außerhalb eine Gewehrsalve, welche Raoul, Marcel und Valentine niederstreckt.
VALENTINE im Fallen aufschreiend.
Gott, mein Vater!
Saint-Bris eilt von links herbei und erkennt seine Tochter.
Die Soldaten folgen ihm und stehen schußbereit.
SAINT-BRIS.
Meine Tochter! O Himmel!
Er wehrt den Soldaten, weiter zu schießen, sinkt bei Valentine in die Knie.
VALENTINE sterbend.
Ja, ich bin’s, mich traf Euer Todesstreich,
Bitten will ich dort für Euch.
Sie sinkt auf Raouls entseelten Körper.
URBAN rechts außerhalb.
Platz für die Kön’gin!
Fünf Königsgarden, zwei Läufer mit Fackeln, Urban und vier Pagen mit Fackeln, eine Sänfte mit der Königin Margarete, von vier Dienern getragen, vier Fackeldiener, fünf Königsgarden kommen von rechts hinten.
Margarete steigt aus.
Die Pagen leuchten.
Margarete stößt, als sie die Gruppe der drei Entseelten erblickt, einen durchdringenden Schrei aus, den andringenden Soldaten von weiteren Greueln mit der Hand abwehrend.
Protestantisches Volk, Greise, Weiber und Kinder werfen sich ihr zu Füßen und flehen sie um Schutz an.
Gruppe.
CHOR DER VERFOLGER.
Flamm‘ und Schwert sollen sie verheeren,
Die Gott nicht so wie wir verehren!
Der Herr will, ihr sollt sie ermorden,
Gott verlangt, Gott will ihr Blut!
Ja, Gott will ihr Blut!
Ende.