Domenico Cimarosa

Die heimliche Ehe

Komische Oper in zwei Aufzügen

Personen
Roms, ein reicher Rentner (taub)
Beate, seine Schwester
Lisette,
Karoline, seine Töchter
Sander, Buchhalter bei Roms, heimlich vermählt mit Karoline
Graf von Tiefenthal
Johann,
Jakob,
Christoph, Roms Bedienten

Erster Akt.

Saal mit drei Mittel- und zwei Seitenthüren.

Erste Scene.

Sander. Karoline.

Nro. 1. Duett.

SANDER.
Theure! sey unverzagt,
Weihe Dich holder Freude,
Nie sey von bangem Leide
Dein sanftes Herz zernagt.
KAROLINE.
Theurer! es sey gewagt,
Ich will mich froher zeigen,
Ich will den Gram verschweigen,
Der mir am Herzen nagt.
SANDER.
Kannst Du von mir Dich wenden?
KAROLINE.
Eh soll mein Leben enden!
SANDER.
Warum scheint denn die Ruhe
Auf ewig Dir entflohn?
KAROLINE.
Mich quälen alle Schrecken
Der trüben Zukunft schon.
Aus Mitleid, ach! verhehle
Die Liebe ja nicht mehr!
SANDER.
Geliebte meiner Seele!
Dich laß ich nimmermehr!
BEIDE.
Der Liebe stille Freuden
Sind weiche Rosenbetten,
Doch drückender als Ketten
Sind Furcht und Blödigkeit.
KAROLINE. Ist meine Besorgniß nicht gerecht? Lange kann unsere Verbindung nicht mehr verborgen bleiben, und der gerechte Zorn meiner Familie wird sich nur verdoppeln, wenn das Geheimniß von selbst den Schleier abwirft.
SANDER seufzend. Nur zu wahr!
KAROLINE. Darum gilt es raschen Entschluß! – Entdecke Dich meinem Vater: er ist zwar strenge, zuweilen sogar hart, aber ich weiß auch, daß er mich liebt.
SANDER. Auf dem Herzen des Vaters beruht meine ganze Hoffnung, und wenn ich bisher fürchtend schwankte, so geschah es ja nur Deinetwillen, theure Gattin, die mir das größte Opfer, die Liebe ihrer Familie, brachte. Auch erwartete ich nur einen günstigen Augenblick, um mich Deinem Vater zu entdecken; er ist gekommen, und unser Loos wird nun bald entschieden seyn.
KAROLINE ihn umarmend. O mein Karl!
SANDER. Du kennst die Schwäche Deines Vaters! Dem reichen Mann ist Befriedigung seiner Wünsche zur Gewohnheit geworden: kein Wunder, wenn sie oft ein verkehrtes Ziel haben. So krankt er jetzt wieder an der Sehnsucht, einen hochgebornen Schwiegersohn in seiner Familie zu besitzen, und mir, seinem einzigen Vertrauten, ist es gelungen, ihm dazu zu verhelfen.
KAROLINE. Du machst mich neugierig.
SANDER. Graf Tiefenthal, mein Freund und Gönner, dem es nicht an Ahnen, wohl aber an baaren Mitteln fehlt, muß sich – wie er es nennt – zu einer Mesalliance entschließen. Natürlich schlug ich ihn zum Ehestandskandidaten vor, und da beide Theile zugleich befriedigt wurden, konnte es mir nicht schwer werden, ihm die Aussicht auf Deiner Schwester Hand, und auf eine Mitgift von 100,000 Thalern zu verschaffen.
KAROLINE. Trefflich! Trefflich!
SANDER. Er wird sich heute selbst vorstellen, und die Angelegenheit sicherlich vor Sonnenuntergang zu Stande kommen. Mir dankt er die Rettung aus den Klauen seiner Gläubiger, und seiner Fürsprache mich zu versichern, soll mir ein Leichtes seyn.
KAROLINE. Du kennst aber die Dankbarkeit der großen Herrn! Wenn Du Dich täuschtest –
SANDER fröhlich. So bleibt uns noch die List! Die Tante gilt viel bei Deinem Vater, und Du weißt es, daß sie die Schwachheit hat, mich hübsch zu finden.
KAROLINE. Seht doch! Wie eitel!
SANDER. Ich mache ihr die Cour – versteht sich mit Moderation – ihrem Lieblingswahlspruch – und es wird mir gelingen, sie zu rühren, denn sie weiß von Alters her – was Liebe ist! – Doch still! – die Hausthür geht – es wird Dein Vater seyn.
KAROLINE drängend. Er darf uns nicht beisammen finden. Lebe wohl, mein Karl! Glück und Liebe mögen Deine Schritte leiten.

Nro. 2. Duett.

Sander. Karoline.

KAROLINE.
Gehen will ich, nah beisammen
Darf uns Niemand hier erkennen;
Ach, ich soll von Dir mich trennen,
Und die Seele raubst Du mir?
SANDER.
Geh nur, geh, so nah beisammen
Darf uns Niemand hier erkennen;
Schein ich mich von Dir zu trennen,
Bleibt die Seele doch bei Dir!
KAROLINE.
Nein, Niemand naht sich.
SANDER.
Ja, Jemand naht sich!
BEIDE.
Laß Dich, laß Dich noch umfangen,
Ja, dies Leid ist bald vergangen,
Und der Vater soll verzeih’n!
SANDER.
Willst Du weilen?
KAROLINE.
Laß mich eilen!
BEIDE.
Laß Dich, laß Dich noch umfangen u.s.w.

Karoline geht nach dem Duett in ihr Zimmer.

Zweite Scene.

Sander. Roms durch die Mitte. Hernach drei Bediente.

ROMS mit Hut und Stock. Ist das eine Art? Niemand kommt mir entgegen? – Johann! Jakob! Christoph! Soll ich Hut und Stock allein ablegen?
SANDER will ihm Beides abnehmen. Erlauben Sie mir, den Fehler zu repariren –
ROMS der es nicht duldet. Chikaniren? Mich wollen sie chikaniren? Den schwersten Mann in der Stadt, der bald einen Grafen zum Schwiegersohn haben wird? Das will ich ihnen schon vertreiben! – Ruft. Johann! Jakob! Christoph!

Die drei Bediente laufen, der eine aus der Mitte, die beiden andern aus den Seitenthüren auf einander los, stoßen hart zusammen, und prallen taumelnd auseinder.

ROMS. So geschieht’s Euch recht, das ist die rächende Nemesis!
DIE DREI BEDIENTE sich die Stirn reibend. Was befehlen der Herr?
ROMS zu dem Einen. Hier nimm den Hut! Zum Andern. Du den Stock – Beide gehorchen. und Du – Zum Dritten. und Du – verflucht! nun habe ich nichts mehr – Du – machst den Andern die Thüre auf und gehst hintendrein! – Marsch! Es geschieht, und die drei Bediente gehen durch die Mitte ab. Ja, ja, mein lieber Sander, das muß mir jetzt Alles auf einen vornehmeren Fuß, besonders wenn ich erst adeliches Blut in meiner Familie habe. Ich wollte mir erst selbst ein Adelsdiplom kaufen, aber das darf ich nicht, aus Respect für meinen Schwiegersohn, der sonst nichts voraus vor mir hat. Hab‘ ich nicht Recht?
SANDER. Erlauben Sie – seine Ahnen –
ROMS. Fahnen? Versteht sich; im Hochzeitssaal soll sein Wappen prangen, und Fahnen rechts und links quer darüber. – Aber einen Titel, einen anständigen Titel will ich mir zulegen; lassen Sie mir doch den Preiscourant aus der Residenz kommen; aber vor Allem schlagen Sie mir erst einen honnetten Titel vor.
SANDER ihm in die Ohren. Zum Beispiel – Rath!
ROMS. Rath? Nein, der ist zu kurz; 50 Louisd’or mehr, aber es muß noch hinten was d’ran seyn, an dem Rath –
SANDER wie oben. Titular-Rath.
ROMS. Schon besser! – Noch 50 Louisd’or, aber noch immer mehr d’ran.
SANDER wie oben. Wirklicher Titular-Rath.
ROMS. So ist’s recht, aber schreien Sie nicht so, Sie können Einem ja sonst taub machen. – Wirklicher Titular-Rath – klingt sehr gut – was hälfe der Titular-Rath, wenn er kein wirklicher wäre! Sie sind ein kluger Mann, mein lieber Sander. – Was giebt es sonst Neues?
SANDER. Ein Brief des Grafen Tiefenthal. Übergiebt ihn.
ROMS liest die Adresse. Aha! Vom Grafen – vom Herrn Grafen, geliebt’s der Fürsehung, mein künftiger Schwiegersohn! – Man riecht es schon, daß der Brief von einem Cavalier kommt – lauter Ambra! – Was schreiben denn Seine Hochwohlgeboren? Macht den Brief auf.
SANDER. Mit Vergunst – Ihm in die Ohren. ein Graf ist Hochgeboren –
ROMS. Nein, Herr! Er ist Hoch- und Wohlgeboren, je mehr, je besser! – Wenn Sie aber immer so schreien, werden Sie einen Katarrh bekommen. – Liest. – Hm – hm! – gar zu gütig, gnädiger Herr Schwiegersohn – ei, ei, weinen möchte man – so affabel – und wie gemein er sich mit mir macht – umarmen Sie mich, Sander! Umarmt ihn.
SANDER. Bester Herr Roms!
ROMS. Ich weiß, daß ich Ihnen das Glück meiner ältesten Tochter verdanke; ist sie nur erst getraut, dann müssen Sie mir an die Jüngste denken –
SANDER für sich. Ist schon gescheh’n.
ROMS fortfahrend. Und es soll Ihr Schade nicht seyn. – Der Graf wird noch heute erscheinen, sich zu präsentiren und den Contrakt zu unterschreiben. Richten Sie Alles zu seinem Empfange ein: fürstlich soll er aufgenommen werden – Alles von Gold – Gold soll er essen und trinken! Gehn Sie jetzt, mein lieber Sander, und bedenken Sie, daß ich ewig Ihr Schuldner bleiben werde.
SANDER im Abgehn. Hoffentlich eine kurze Ewigkeit. Ab.

Dritte Scene.

ROMS allein. Jetzt soll das ganze Haus von dem Glückswurf überrascht werden, der mir gelungen ist. Lisette wird deckenhoch springen vor Freude, das darf sie jetzt noch, weil sie noch bürgerlich ist, später schickt sich’s nicht, derlei Sprünge zu machen. Ruft. Heda, Lisette! Karoline! Beate! Johann! Jakob! Christoph! Kinder! Schwester! Bediente! Knechte, Mägde, Vieh! Heraus aus den Löchern!

Vierte Scene.

Roms. Lisette und Karolin aus der linken Seitenthür. Beate aus der linken Mittelthür. Bediente u.s.w. aus der Mitte.

LISETTE UND KAROLINE. Was befehlen Sie, lieber Vater?
BEATE. Moderation, mon frère! Du schreist ja wie besessen.
DIE BEDIENTE. Da sind wir, Herr Roms!
ROMS zu Beaten. Ach was, essen! Hier ist von andern Dingen die Rede, von Dingen, über die man Essen und Trinken vergessen muß! Aufgepaßt!

Nro. 3. Arie.

ROMS.
Hört, welche Wunderdinge
Ich Euch hab‘ zu erzählen.
Vor Freude muß ich springen,
Ein hohes Matrimonium
Ist unserm Hause nah.
Lisette wird Frau Gräfin,
Ja der Bräut’gam kommt heut.
Verneig‘ Dich schön, Frau Gräfin,
Und dank‘ dem Herrn Papa.
Ich spare keine Kosten,
Dich prächtig auszustatten,
Ich weiß mich kaum zu fassen
Vor lauter Fröhlichkeit,
Du freu’st Dich auch, ich wette;
Und was sagt denn mein Lieschen?
Sey heiter, Karoline!
Woher der düstre Blick?
Was sagst Du? was denkst Du?
Du mußt Dich drum nicht kränken,
Für Dich werd‘ ich auch sorgen,
Du wirst Frau Baronesse,
Da steh‘ ich Dir dafür.
Noch immer diese Mienen?
Willst Du denn noch nicht lachen?
Ich halte mein Versprechen,
Ein Freiherr wird Dein Mann,
Und jetzo sollst Du fröhlich seyn,
So froh als ich es bin.
Ein hohes Matrimonium
Ist meinem Hause nah!

Nach der Arie durch die Mitte ab. Die Bedienten folgen.

Fünfte Scene.

Lisette. Beate. Karoline.

KAROLINE für sich. Glück sey uns günstig! – Lisette soll unserm Plane kein Hinderniß seyn; darf ich mich doch nur stellen, als beneidete ich sie.
BEATE. Kinder! ich bin wie aus den Wolken gefallen. Eine Heirath über Hals und Kopf bricht in’s Haus, und mon frère befindet sich in einer Exaltation, als ob er – Seufzend. die Glückliche wäre.
LISETTE triumphirend. Hier sieht die Glückliche, ma tante, hier!
BEATE. Modération, mein Kind, Modèration! – Zu Karolinen. Eh bien, Karoline, so still und stumm?
LISETTE. Mademoiselle beneiden mich wohl gar! –
KAROLINE. Wie kindisch!
LISETTE eifrig. Ich bin kein Kind mehr, ich heirathe.
KAROLINE kalt. Meinen Glückwunsch; von Herzen.
LISETTE. O ja doch, von Herzen, man merkt es an Deinem Tone.
BEATE. Modèration, lieben Kinder! Wenn Karoline Dich beneidet, kannst Du es ihr verübeln? Du heirathest –
LISETTE gewichtig. Einen Grafen!
BEATE. Toujours eine Mannsperson; enfin, Du heirathest, während Seufzend und Karolinen umar mend. wir armen Mädchen einsam durch die Hallen dieses Hauses wandeln.
LISETTE. Ma tante, Sie werden romantisch –
BEATE. Deine glückliche Lage erinnert mich an eine schöne dahingeschwundene Zeit, wo auch ich einen so gewichtigen Schritt thun wollte.
LISETTE schnippisch. Aber mit Modération.
BEATE. Mit großer Modération, weshalb auch – Seufzend. nichts daraus wurde.
LISETTE. Mit der Zeit bricht man Rosen, und vielleicht stellt sich der flatterhafte Galan wieder ein. – Also heute wird er erscheinen, mein gräflicher Bräutigam – ich sehe mich schon am Hochzeitstage – geputzt wie eine Königin –
KAROLINE. Wie eine Kaiserin!
LISETTE. So ist es, Mademoiselle! – Mit einem Strauß von Diamanten, Rubinen, Smaragden, Topasen, Türkisen –
BEATE. Modération, Lisette, Modération!
KAROLINE spöttisch. Der Strauß möchte sonst zu bunt werden.
LISETTE für sich. Der pure Neid, aber warte nur! – Laut. Bin ich erst Gräfin, fahren wir an den Hof – o, wenn ich nur daran denke, hüpft mir das Herz, denn ich fühle es, ich bin geboren für den Hof! Schon höre ich das Fragen, das Flüstern – »er ist die junge Dame? – Comtesse de Tiefenthal !Ah, die jüngst Vermählte!«
KAROLINE. Glücklicher Graf!
LISETTE. Das soll er auch seyn, denn ich werde ihn sehr glücklich machen! – Vornehm zu Karoline. Beruhige Dich nur, liebes Kind, auch Deine Stunde wird einmal schlagen, und wenn ich Dir einmal in meiner Equipage am Arme eines Tiefenbachers oder Handschuhmachers begegne, so erlaube ich Dir, mich zu grüßen.
KAROLINE. Gnädige Comtesse, ich werde mir die Erlaubniß nehmen, es bleiben zu lassen.
LISETTE. Wie? Du willst Deine gräfliche Schwester nicht grüßen?
KAROLINE. Sobald die Grafschaft ihr den Kopf verrückt hat – nein.
LISETTE. Was? ich verrückt? Eine Gräfin verrückt? Unverschämte!
KAROLINE sich tief verbeugend. Excellenz!
BEATE. Modération! Modération!

Nro. 4. Terzett.

KAROLINE.
Ich neige vor Ihnen
Mein Antlitz im Staube!
Gebietende Dame,
Hier fleh‘ ich um Gnade,
Doch sagt man, ich lache dabei.
LISETTE.
Verschmachte, verzage!
Ich bin Baronesse,
Wer andre verspottet,
Wer andre verhöhnet,
Der, sagt man, wird selber zum Spott.
BEATE.
Dies Prahlen, dies Pochen
Geziemet Dir wenig,
Und Jene vergißt sich
Mit beißenden Reden.
So schweiget und endet den Zank!
KAROLINE.
Nie werd‘ ich heucheln.
LISETTE.
Ich darf hier befehlen.
KAROLINE.
Ein Vater gab beiden
Auch einerlei Rechte.
LISETTE.
Du träumest!
KAROLINE.
Du pochest!
BEATE.
Wie könnt‘ Ihr noch streiten?
Verstummet einmal!
Der ewige Hader
Steht Euch nicht wohl an.
KAROLINE. LISETTE.
Nein, nein! ich ertrage
Die Närrin nicht mehr!

Sechste Scene.

Vorige. Roms durch die Mitte. Sander.

ROMS. Er kommt, er kommt, der Graf kommt!
LISETTE. Mein Bräutigam? Schon jetzt, und ich bin noch nicht angezogen.
ROMS. Ungezogen wäre er? Albernes Ding von einer Braut! – Ein Graf kann niemals ungezogen seyn.
BEATE. Nicht doch, sie meint, und mit Recht – wir haben noch nicht Toilette –
ROMS. Du willst zu Bette? – Das wird er Dir nicht übel nehmen, vor der Hand hat er es nur mit Auf Lisetten. der da zu thun.
SANDER dem Grafen die Thür öffnend. Der Herr Graf.

Siebente Scene.

Vorige. Graf. Die Bediente des Roms in Galla.

Nro. 5. Sextett.

Ohne alle Komplimente
Bin ich lieber selbst gekommen;
Wird man mich wohl gerne sehen?
Kein Derangement! ich hab’s nicht gerne,
Nein, möge aller Zwang verschwinden,
Würdiger Herr Schwiegervater!
Ich leg‘ mich zu Ihren Füßen.
Hoheit thront auf dieser Stirne,
Feuer blitzt aus diesen Augen,
Unschuld liegt in dieser Miene,
Liebreiz herrscht in jedem Zuge.
Junger Freund, ich danke Ihnen
Für die süßen Augenblicke!
Braver Vater, schöne Kinder!
Seyd mir tausendmal willkommen!
Welche Freude, welche Wonne!
Schönheit, Anmuth, Hoheit, Würde,
Welche Grazie, wie bezaubernd!
Ach, ach! verzeihet!
Ich muß suchen mich zu fassen,
Sonst geht mir der Athem aus.
KAROLINE. LISETTE. BEATRIX.
Sie erzeigen uns viel Ehre
Durch die hohe Gegenwart!
SANDER.
Welch ein Schwall von Komplimenten!
Höflichkeit erstickt ihn fast.
KAROL. LISETTE. BEATE. SANDER. ROMS.
Alles ist so gut als richtig,
Sie sind sehr willkommen uns.
KAROLINE. LISETTE. BEATE.
Dieser Herr ist gar zu höflich,
Er beschämt uns Alle hier.
GRAF.
Alles, was ich sehe, zeigt mir,
Wie beneidenswerth ich bin.
Wie gesagt, ohne alles Ceremoniell! Sie sind, cher Schwiegerpapa, ein scharmanter Mann, obschon es das Erstemal ist, daß ich die Ehre habe, Sie zu seh’n.
ROMS. Die Kanaillen lassen Sie steh’n – es ist eine Schande, Excellenz – Zu den Bedienten. Stühle, Ihr Schlingel!

Die Bedienten stürzen mit Stühlen auf den Grafen los.

GRAF sie von sich weisend. Schon gut, schon gut! – Zu den drei Damen. Meine Damen, ich bin entzückt, Sie begrüßen zu können. Die Damen ver beugen sich. Zu Roms. Ich wußte nicht, daß Sie drei Töchter besitzen.
ROMS zu den Bedienten. Der Herr Graf wollen nicht sitzen – Zum Grafen. wie Sie befehlen!
SANDER leise zum Grafen. Ein wenig lauter, Graf, ich sagte Ihnen ja, daß er harthörig ist.
GRAF leise zu ihm. Weiß schon! Aber der alte Bursche soll mich unterhalten mit seinen Qui pro quo’s. Zu Roms. Nun, was sagten Sie zu meinem Schreiben, Herr Schwiegerpapa?
ROMS lachend. Da haben der Herr Graf recht; der Tausendsasa sieht ihr aus den Augen.
GRAF zu Sander, lachend. Bravo, gar nicht übel. Zu Roms. Nicht doch, nicht doch, ich sprach von meinem Brief.
ROMS. Sie wäre schief? Ei warum nicht gar, sie ist grade wie ein Lineal! Abscheuliche Verläumdung das!
GRAF. Sehr unterhaltend, auf meine Ehre! Indessen wäre es doch zweckmäßig, Sie Sehr laut. ließen mich jetzt mit den Damen allein.
ROMS. Das sage ich immer. Man braucht gar nicht so zu schrei’n, ich verstehe alle Worte, obgleich ich nicht läugnen will, daß ich einen kleinen Fluß im Gehör habe. Sander winkt ihm zu gehn. Aha, er will allein seyn mit der Braut, nicht mehr als billig. Zum Grafen. Wenn der Herr Graf es nicht ver übeln, wollte ich mich Ihnen ganz gehorsamst empfehlen; es ist doch noch dies und jenes zu ordnen –
GRAF. Sans gêne, mon ami!
ROMS zu Sander. Was sagt er? Heidideldi? – Laut. Es ist mir sehr angenehm, Ew. Gnaden so vergnügt zu sehn. Zu Sander. Kommen Sie auf’s Comptoir, Sie müssen mir brühwarm den wirklichen Titularrath verschreiben.

Sander und Roms durch die Mitte ab.

Achte Scene.

Vorige, ohne Sander und Roms.

LISETTE zu Beaten. Ma tante, es ist nicht auszuhalten mit Papa’s Harthörigkeit.
BEATE. Modération, Kind, Modération!
GRAF für sich. Welche von den drei Grisetten mag wohl meine Zukünftige seyn! Laß sehn, ob ein guter Genius mich leitet. Zu Beaten. Mein schönes Kind, wahrscheinlich sind Sie die mir Bestimmte – Er legt die Lorgnette an und gewahrt den Irrthum. Ah so! Ich bitte um Vergebung, Madame –
BEATE schamhaft. Zur Zeit noch Mademoiselle –
GRAF. Gratulire von Herzen! Zu Karolinen, sie lorgnirend. Aber hier ist kein Zweifel, hier kann kein Irrthum obwalten –
KAROLINE. Und doch, mein Herr Graf! Auf Lisette. Ich habe die Ehre, Ihnen in meiner Schwester Lisette Ihre Braut vorzustellen. Ich bin nur die Jüngste, Karoline.
GRAF für sich. Die Jüngste? Der Fehler wäre zu tragen. Zu Lisetten. Höchst angenehm, Ihre Bekanntschaft zu machen. Für sich. Auch gar nicht übel, obwohl mir die Andre lieber wäre. Zu Lisetten. Also Sie, meine Charmante
LISETTE. Ja, mein Herr Graf – ich bin diejeni ge – welche –
GRAF. Ich weiß, ich weiß! Karoline lorgnirend. Parole d’honneur, ich ambire mich auf Karolinen.
LISETTE zu Beaten gehend. Was er nur immer nach ihr zu schielen hat.
BEATE zu ihr. Modération!
KAROLINE. Er durchbohrt mich mit seinen Blicken!

Nro. 6. Quartett.

GRAF.
Ich empfinde Haß und Kälte,
Nie kann ich Ihr Gatte seyn;
Karoline flößt nur Liebe
Meinem Herzen ein.
LISETTE.
Was mag Alles das bedeuten?
Spottet mein der Fremde gar?
Ach! vor schwarzem Argwohn welket
Meiner Hoffnung Knospe schon.
KAROLINE.
Kalt wie Eis ist er geblieben,
Und der Muth scheint ihm entfloh’n;
Etwas minder sich zu brüsten,
Lernet so die Stolze schon.
BEATE.
Allen ist das Wort vergangen,
Schnell ist der Gedanken Lauf.
Doch ein schweres Ungewitter,
Dämmert schon von weitem auf.
ALLE VIER.
Sturm erwacht in meiner Seele,
Aengstlich pocht mein banges Herz,
Wie wird mir der Himmel lachen,
Ich vergehe noch im Schmerz.

Nach dem Quartett gehen Beate und Lisette durch die Mitte ab, Karoline in das Kabinet links.

Neunte Scene.

Graf. Hierauf Sander.

GRAF. Auf Parole! das ist ein schreiendes Malheur, daß mir der Alte Karolinen nicht bestimmt hat; denn muß ich mich einmal encanailliren, so spiele auch der Geschmack seine Rolle. – Doch wird es dem Alten gleichviel seyn, und giebt er seine Einwilligung nicht, so lasse ich von der Mitgift nach, und dann habe ich ihn sicher. Sander tritt ein. Du kommst mir eben recht, mon ami!
SANDER. Sie befehlen, Herr Graf!
GRAF. Ich werde Dir’s gedenken, wie charmant Du meine Sachen arrangirt hast; meine Gläubiger, die Schufte, verdienen es zwar nicht, daß ich ihretwegen meinem Stammbaume einen Klex anthue, indessen – que faire!
SANDER. Es macht mich glücklich, wenn Sie zufrieden gestellt sind, Herr Graf!
GRAF. Ehrlich gesagt, so ganz bin ich es doch nicht. Lisette ist allerliebst – sie hat ein schelmisches Augenpaar, ist schlank und wohl gebaut – indessen – wir Leute von Stande haben nun einmal eine Passion für verbotene Waaren, und daher mag es wohl kommen, daß mir Karoline besser gefällt.
SANDER für sich. Weh mir! Was höre ich!
GRAF. Qu’en ais-tu, cher Sander, sage mir Deine Meinung.
SANDER verwirrt. Ehrlich gestanden – ich möchte fast glauben, daß sich Lisette – mehr für Sie eignen möchte – Karoline ist einfacher, um nicht zu sagen –
GRAF. Dumm? Passe pour cela! Je dümmer, je besser! Enfin, ich piquire mich auf die verbotne Waare, wie Eva jadis auf den Apfel; deshalb, mein lieber Sander, theile meine Ansicht dem alten Geldwurm mit, und macht er Sprünge, so bin ich bereit, 10,000 Thaler von der Mitgift nachzulassen.
SANDER für sich. Abermals meine Hoffnung vernichtet. Laut. Mein Herr Graf, Ihrem Befehle soll genügt werden. Ab durch die Mitte.
GRAF. Was soll denn das? Du kommst mir so consternirt vor – was fehlt Dir denn?

Zehnte Scene.

Graf. Karoline aus der linken Seitenthür.

GRAF. Siehe da, meine Inclination erscheint. Zieht sich etwas zurück.
KAROLINE ohne den Grafen zu bemerken. Die Unruhe leidet mich nicht länger in meinem Zimmer! hat Sander mit dem Grafen schon gesprochen, wird er sich unserer annehmen?
GRAF hervortretend. Willkommen, schöne Karoline!
KAROLINE verlegen. Herr Graf –
GRAF für sich. Sie schlägt die Augen nieder – ein wahres Bild der Sittsamkeit! damit hat sie mich eben so bezaubert. Karoline wirft, wenn sie sich unbemerkt glaubt, einen prüfenden Blick auf den Grafen. Aber seh‘ ich recht – sie schielt nach mir – Laut. Warum so schüchtern, liebes Kind? Ihre Schwester ist doch viel munterer, redseliger, aber, ich errathe! Für sich. Morbleu! Ich glaube, sie ist verliebt in mich. Laut. Mir ist nichts entgangen! Ein geheimer Kummer drückt Sie.
KAROLINE für sich. Er weiß Alles.
GRAF. Darum vertrauen Sie sich mir, mon enfant, ohne Umstände, und auf Parole, es soll Ihr Schade nicht seyn.
KAROLINE. Wenn ich dürfte –
GRAF. Sie dürfen –
KAROLINE. Wenn sich’s hoffen ließe –
GRAF. Es läßt sich. – Ohne Sorgen, Kind, das arrangire ich Alles.
KAROLINE. Großmüthiger Mann.
GRAF für sich. Alle Wetter, die ist demüthig! Laut. Was schwatzen Sie denn von Großmuth? Wer könnte einem so hübschen Kinde widerstehen – Will sie umarmen.
KAROLINE sich losmachend. Herr Graf!
GRAF. Warum wollen wir noch Umstände machen, wir Beide sind für einander geschaffen.
KAROLINE für sich. Höre ich recht?
GRAF. Mit dem Papa will ich wohl fertig werden, und Lisette wird schon einen Mann bekommen; doch mit der Grafenkrone schmücke ich mein Karolinchen, dabei bleibt es.
KAROLINE für sich. Unseliges ißverständniß. Laut. Und Sie können glauben, ich würde die Rechte meiner Schwester verletzen?
GRAF. Was, Rechte! Nichts da! Ich bin hier, um zu beglücken mit meiner Hand: ob ich nun rechts, ob links beglücke, geht Niemand etwas an, und ich entetire mich nun einmal darauf, Sie zu meiner Gräfin zu machen!
KAROLINE. Mein Herr Graf, im Bürgerstande pflegt das Herz auch eine Stimme zu haben. Nochmaligen Dank. Geht links ab.
GRAF. Die kleine Hexe macht mich ganz verwirrt. Blödigkeit – Bescheidenheit – mein Himmel, dergleichen kommt Einem jetzt so selten vor, daß man sich ihnen gegenüber gar nicht recht zu benehmen weiß. – Aber verliebt ist sie in mich, ich hab‘ es recht gut gesehen, wie sie unter den großen Augenwimpern verstohlen nach mir schielte. – Bah! die kleine Roturière wollen wir schon kirre machen. Geht ihr nach.

Eilfte Scene.

Beate. Lisette, geputzt aus der Mitte.

LISETTE eifrig. Nein, ma tante, das ist zu arg. Er läßt sich gar nicht seh’n bei mir, kümmert sich mehr um Karolinen, als um seine gräfliche Braut! Wenn das so Mode bei dem Adel ist, so bedanke ich mich für ihn.
BEATE. Modération, mein Kind, Modération! Du kennst die Männer und ihre Unbilden nicht – ich habe darin gehörige Erfahrungen –
LISETTE. Ei was, von meinem Herrn Bräutigam habe ich schon mehr erfahren, als mir lieb ist.
BEATE. Uebrigens kann sich Karoline so wenig mit Dir vergleichen, als mein Bruder mit mir; genug, Du bist Braut, und stehst an einem Ziele, das – erstaune nicht – das – Sehr schamhaft. vielleicht auch mir nicht mehr fern ist.
LISETTE aufschreiend. Ma tante!
BEATE. Modération, Kind, Modération!
LISETTE ganz erstaunt. Sie spaßen!
BEATE. Mit so ernsthaften Dingen soll keine Jungfrau spaßen. – Anfangs wollte ich es selbst nicht glauben – aber seit einiger Zeit – seine Blicke werden sichtlich glühender – wiewohl mit aller Modération!
LISETTE. Wessen Blicke?
BEATE. O laß es mich verschweigen, bis der süße Liebesschwur seinen schüchternen Lippen entfallen, dann will ich – bei nächtlicher Stille – bei Luna’s Schein – den Trauten Dir nennen.
LISETTE. Sagen Sie mir nur, ist er jung –
BEATE. Ein wenig jünger, als ich.
LISETTE. Und schön?
BEATE. Wie Cupido.
LISETTE. Sein Namen –
BEATE. Noch ruhe er – in diesem keuschen Busen!
LISETTE für sich. Entweder will sie mich foppen, oder es rappelt bei ma tante!

Zwölfte Scene.

Roms. Vorige.

ROMS. Alles gehörig in Ordnung! Wie steht es mit Euch Frauenzimmern – Betrachtet Lisette. Bravo, mein Kind, sehr gut aufgetakelt, wie es einer gräflichen Braut geziemt.
BEATE etwas laut zu ihm. Wenn Du Dich nur mit einiger Moderation vernehmen lassen wolltest in Deinen Ausdrücken. Nicht so massiv.
ROMS. Meine Perücke sitzt schief? Das thut nichts, bin ich doch die Braut nicht; aber bei der sey Alles gerecht und gerade.
BEATE. Dann schlafe mir bei Tisch nicht ein.
ROMS. Versteht sich! vom allerbesten Wein!
BEATE lauter. Und trinke nur nicht zuviel Wein.
ROMS. Ich schlafe bei Tisch immer ein, sagst Du? Ja, das ist eine vertrackte Angewohnheit. Zu Lisetten. Na, wie gefällt Dir denn der Herr Bräutigam? ist er nicht galant? ist er nicht zärtlich?
LISETTE ärgerlich. Bis jetzt hat er mich noch gar nicht angesehen.
ROMS. Er findet Dich schön? Sehr natürlich, Du siehst mir wie aus den Augen geschnitten ähnlich!
LISETTE ihm ganz laut in die Ohren. Ich sage, er hat mich fast nicht angesehen.
ROMS. Das wäre? Na, wird schon kommen.
BEATE. Sie macht sich darüber allerlei Gedanken.
ROMS. Ne, darüber muß sie nicht zanken; so ein Graf geht subtil zu Werke, daraus mußt Du Dir nichts machen; zur rechten Zeit wird er Dich schon ansehen.

Nro. 7. Finale.

ROMS.
Was, der Graf ist stumm geblieben?
Hat mit Dir kein Wort gesprochen?
Ja, so sind die großen Herren,
Ich bin auch zuweilen so!
LISETTE.
Nicht ein armes kleines Lächeln
Hat er je mir zugesandt.
BEATE.
Wahrlich, ja die Auserwählte
Hat er nicht in ihr erkannt.
ROMS.
Glaubt ihr denn, daß Edelleute
Freien werden wie Plebejer?
Glaubt ihr denn, daß ihrer Gattin
Sie sich tief zu Füßen legen?
Nein, Sie irren, meine Damen!
Glatte Worte, Schmeichelreden,
Ihre werthesten Romane
Steh’n dem Cavalier nicht an.
SANDER.
Möcht‘ es Ihnen jetzt gefallen,
Ihre Tafel zu betrachten.
Alles, Alles ist bereitet,
Daß es Ihnen Ehre macht.
ROMS.
Reden Sie nur! ich will hören.
SANDER.
Alles, Alles ist schon bereitet
In dem Saale, zu dem Mahle,
Daß es Ihnen Ehre macht.
LISETTE. BEATE. SANDER.
Eilig, eilig, laßt uns gehen,
Diese hohe Pracht zu sehen,
Da sie Ihnen Ehre macht.
ROMS.
Eilig, eilig, laßt uns gehen,
Diese hohe Pracht zu sehen,
Die mir so viel Ehre macht.
KAROLINE.
Ach, lassen Sie mich gehen,
Und quälen mich nicht länger.
GRAF.
Erst lassen Sie mich hören:
Ist Ihre Hand vergeben?
KAROLINE.
Ich weiß von keinem Freier,
Das red‘ ich treu und wahr.
GRAF.
So stell‘ ich mich zum Freier
Um Ihre Schönheit dar!
KAROLINE.
Ach, lassen Sie, ich bitte,
Ach, lassen Sie mich gehen.
GRAF.
Ich laß Dich nicht, mein Leben,
Bis Du Dich mir ergeben;
Nie weich‘ ich von der Stelle,
Der Hoffnung Strahl erhelle
Mein liebend Herz zuvor.
KAROLINE.
Dies eignet meiner Schwester.
GRAF.
Nie soll es ihr gehören,
Nein, nie gehört’s ihr an!
KAROLINE.
Erwägen Sie, erwägen Sie,
Es eignet meiner Schwester.
GRAF.
Ich kann nur Sie verehren!
Und daß ich Sie erwähle,
Geziemt dem freien Mann.
LISETTE.
Oh! so seh‘ ich mich verrathen!
So werd‘ ich hier verachtet!
Die Schande, die mir drohet,
Ich wälze sie hinweg.
Ich sehe mich betrogen,
Ich sehe mich belogen,
Ich will dagegen schreien
Im Haus‘ und in der Stadt! –
GRAF.
Sie reden, was Sie wollen.
KAROLINE.
Vergieb mir!
LISETTE.
Nein, ich kenne Dich!
KAROLINE.
Vergieb mir!
LISETTE.
Nein, ich räche mich,
Verrätherin! Bundbrüchiger!
KAROLINE.
Ich bin nicht Schuld daran;
Laß Dir sagen –
GRAF.
Sie hat ja nichts gethan.
BEATE.
Was soll mir dieser Ungestüm?
Was soll der Zank bedeuten?
LISETTE.
Er hat sein Wort gebrochen,
Ihr Liebe vorgesprochen;
Und treulos steh’n sie da!
BEATE.
O weh! ich muß mich schämen,
Die Greuel zu vernehmen.
KAROLINE.
Ach! lassen Sie sie schweigen,
In Unschuld steh‘ ich da!
BEATE.
Noch bin ich unpartheiisch,
Als Richt’rin steh‘ ich da!
GRAF.
Sie mag sich müde schreien,
Geduldig steh‘ ich da.
LISETTE.
Ich will dagegen schreien
Im Haus‘ und in der Stadt;
Das nenn‘ ich doch Verrath.
BEATE.
Wir schweigen, wir schweigen,
Es nahet mein Bruder.
Die Klugheit gebietet,
Ihm noch nichts zu sagen;
Wir machen die Sache
Ein andermal aus.
ROMS.
Es scheinet, sie reden
Gar heimlich zusammen;
Was soll das Geflüster?
Was treibt man für Spaß?
Was muß ich gewahren?
Soll ich nichts erfahren?
Sie stehen verlegen,
Was Teufel ist das?
SANDER.
Ich sehe mein Leben
Das Haupt nicht erheben,
Erblassen, erbeben!
O weh! was ist das?
KAROLINE. LISETTE. BEATE.
Die Trauer, die Stille
Erwecket nur Argwohn;
Zu reden gebietet
Und fordert die Pflicht.
ROMS. SANDER.
Die Trauer, die Stille
Erwecket nur Argwohn;
Hier waltet ein Unmuth,
Sie bergen ihn nicht.
ROMS.
Wohlan! kann ich erfahren,
Was ist’s? was hat’s gegeben?
KAROLINE.
Sie hat mich falsch verstanden,
Sie hat nicht recht gesehen,
Wenn Uebels ist geschehen,
Der Herr ist Schuld daran.
LISETTE.
Ganz recht hab‘ ich gesehen!
Mich besser zu verstehen,
Mag meine Tante reden,
Sie traf hier Beide an.
BEATE.
Herr Bruder, laß Dir sagen,
Sie werden sich vertragen,
Doch viel davon zu sagen,
Steht nicht der Klugheit an.
ROMS.
Ich kann kein Wort verstehen.
GRAF.
Mir will, ich darf es sagen,
Die Braut nicht recht behagen,
Und ihre jüngste Schwester
Gefällt mir freilich besser.
Hernach, doch im Vertrauen,
Erfahren Sie noch mehr.
ROMS.
Das mag ein And’rer versteh’n!
Für solche leise Reden,
Besitz‘ ich kein Gehör!
SANDER.
Was soll denn das Geheimniß?
Und wer versteht es, wer?
KAROLINE. LISETTE. BEATE. GRAF.
Die Täuschung kann nicht dauern,
Denn Wahrheit nur besteht;
Und treulich will ich sagen,
Was an der Sache sey.
SANDER.
Mein Kopf ist ganz verwirret,
Wann soll das Alles enden?
Mein Glück wird nie sich wenden,
Mir steht kein Zufall bei!
ROMS.
Mir saust es vor den Ohren,
Mein Kopf ist wie zerschlagen,
Will keiner Wahrheit sagen,
So laßt mich doch nur frei.

Alle ab in ihre Zimmer, Sander durch die Mitte.

Zweiter Aufzug.

Dasselbe Zimmer.

Erste Scene.

Roms. Graf eintretend.

ROMS. Nehmen Sie mir es nicht übel, Hochwohlgeborner Herr Schwiegersohn, wenn ich etwas in den Formalien fehle: der Wirrwar von vorhin hat mich ganz verdreht, und in der Herzensfreude habe ich meinem alten Rheinwein einmal ernsthaft in’s Auge geseh’n.
GRAF für sich. Die Sache muß kurz abgemacht werden, obwohl es meine Lunge spüren wird. Laut. Es ist nicht zu läugnen, Ihr Keller ist exquisit.
ROMS. Aquarit? Nöe, die Zeiten sind vorbei, jetzt dominiren Portwein und Madeira.
GRAF für sich. Heilige Geduld! Laut. Sehr wahr, aber lassen Sie uns jetzt von Geschäften sprechen.
ROMS. Sie wollen noch einem Paar die Hälse brechen? Nur zu, ich bin dabei.
GRAF halb ärgerlich. Nicht doch! Ihm ganz in die Ohren. Unser Contrakt ist also ganz in Ordnung?
ROMS. Unterschrieben und besiegelt von beiden Theilen! So wie die Ringe gewechselt sind, werden die Contanten übermacht.
GRAF. Wenn ich nun aber andere Paragraphen vorschlüge?
ROMS. Einen Grafen belügen? – Potz alle Hagel, wer kann mir das nachsagen?
GRAF ihm wieder in die Ohren. Ich meine andre Bedingungen –
ROMS der ihn verstand. Sie wollen andre Bedingungen vorschlagen? Das ist etwas anders. Wenn ich auch nicht begreife, weshalb, so lassen Sie doch hören.
GRAF ihm dicht in’s Ohr. Sie haben mir Mademoiselle Lisette zur Braut bestimmt?
ROMS verstehend. Allerdings! Sie hat den vornehmsten Aqui, ist für den Adel wie geboren, und wenn meine selige Frau nicht ein Muster ehelicher Treue gewesen wäre, so – na, gut! Weiter in dem Text, Hochgräflicher Herr Schwiegersohn!
GRAF wie oben. Sie ist allerliebst. –
ROMS wie oben, sich auf die Brust schlagend. Der Apfel fällt nicht weit vom – fahren Sie gefälligst fort. Hält das Ohr hin.
GRAF wie oben. Würden Sie sich nun entschließen können, Karolinen an Lisettens Stelle treten zu lassen?
ROMS wie oben, aber aufgeregt. Warum das? Ist Lisette nicht ein Prachtmädchen?
GRAF nicht so laut wie vorhin. De gustibus non est disputandum.
ROMS falsch verstehend. Daß ihre Tante dumm ist, weiß ich recht gut, denn sie ist meine Schwester, aber Lisette soll mir Niemand für dumm ausgeben.
GRAF. Wer thut denn das? Wenn mir nun aber Karoline besser gefällt?
ROMS. Mädchen und Geld! das ist eine abgemachte Sache.
GRAF verdrießlich. Potz Taubheit und kein Ende! – Lauter. Mit einem Wort, Karoline gefällt mir besser, und sie muß an Lisettens Stelle treten.
ROMS. Herr Graf! meinen Sie denn, man vertauscht Mädchen, wie Karten? Lisette ist ein hübsches, ein gutes Kind, – wiewohl Sie die Karoline auch hätten haben können, – aber Lisette steht einmal im Contrakt, sie hat von ihrer bevorstehenden Heirath bereits unter dem Siegel der heiligsten Verschwiegenheit etwas gemunkelt, mithin weiß es die ganze Stadt, und sie wäre compromittirt. Verzeihen Hochgräfliche Gnaden, aber geschrieben ist geschrieben, und wenn meine Unterschrift auch einen Eselsstreich documentirt, geschrieben bleibt geschrieben!

Nro. 8. Duett.

ROMS.
Herr, wenn Sie Ehre fühlen,
So müssen Sie sie nehmen,
Ich laß mit mir nicht spaßen,
Ich bin ein reicher Mann,
Der Sie wohl zwingen kann.
GRAF.
Gedulden Sie ein wenig,
So wird Ihr Zorn verschwinden;
Wenn Sie sich störrisch finden,
So setz‘ ich Alles d’ran.
ROMS.
Sie müssen Lieschen nehmen.
GRAF.
Mein Herr, das kann nicht seyn.
ROMS.
Ich sage, ja, ja, ja!
GRAF.
Ich sage, nein, nein, nein!
BEIDE.
Der Mann muß toll im Kopfe seyn,
Mehr laß ich mich nicht ein!
ROMS.
Sehe man doch das tolle Betragen,
Was läßt wohl Gutes sich davon sagen?
Erst wollt‘ er jene, nun wieder diese,
Ich hab‘ wohl Ursach böse zu seyn.
GRAF.
O welche Plumpheit, welch‘ bäurische Sitten!
Handelt man so gegen Männer von Stande?
Er will nicht hören, was ich ihm sage,
Eigensinn stopfet ihm Ohren und Mund.
ROMS.
Hat er sich etwa anders besonnen?
GRAF.
Will doch sehen, ob er kälter geworden.
ROMS.
Werden Ihr Gnaden Lieschen nun nehmen?
GRAF.
Wär‘ es gefällig, mich anzuhören?
Hoff‘ ich Sie bald zufrieden zu sehn!
ROMS.
Reden Sie also, ich spreche nicht drein.
GRAF.
Geben Sie mir Karoline,
So lasse ich die Summe
Von 50,000 Thalern
An ihrer Mitgift nach.
ROMS.
Das ist wohl klug gesprochen,
So etwas läßt sich hören,
Nur einen Augenblick
Gedulden sich Ihr Gnaden,
Ich mach den Ueberschlag.
GRAF.
Ich lasse dann die Summe
Von Ihrer Mitgift nach.
ROMS.
Dabei läßt sich was ersparen,
Und die Ehre doch bewahren,
Fünfzigtausend baare Thaler,
Element! das ist viel Geld!
GRAF.
Schwerlich wird er widerstehen,
Der Gewinn ist gar zu reizend,
Gegen solche Argumente
Hält der Kaufmannsgeist nicht Stich.
ROMS.
Hab‘ schon die Bilanz gezogen.
GRAF.
Nun, zu was sind Sie entschlossen?
ROMS.
Ich laß mir den Tausch gefallen;
Doch es muß Lisettens Wille,
Ja ihr Wille muß es seyn.
GRAF.
Schnell und gerne will ich’s machen,
Daß sie mich verachten soll.
BEIDE.
Laßt uns nun der Freude weihen,
Unser Bund beginnt von Neuem.
Beide wollen wir uns freuen,
Einig und vergnügt nun seyn.

Nach dem Duett geht Roms ab.

Zweite Scene.

GRAF allein. Hab‘ ich nicht recht gehabt? Mit Geld kann man den Teufel in diesen Rechenseelen am leichtesten bannen. Curios, daß reiche Leute grade am Gelde kleben, wir dagegen, nicht Reiche – wissen elendes Metall zu verachten. – Ich höre Lisette! Sie mir vom Halse zu schaffen, soll mir ein Leichtes seyn.

Dritte Scene.

Graf. Lisette.

GRAF. Schönes Kind, ich lege mich Ihnen zu Füßen.
LISETTE geschmeichelt. Mein Herr Graf, das werde ich nicht zugeben.
GRAF. Es ist auch nur so eine Redensart, wie denn überhaupt bei uns Leuten von Stande die Worte wohlfeil sind.
LISETTE. Ich hoffe nicht ein jedes Wort.
GRAF kalt. Ein Jedes, mein Kind, ohne Ausnahme.
LISETTE. Zum Beispiel – was Sie mir am Altar geloben werden –
GRAF. Formalitäten, lauter Formalitäten!
LISETTE zärtlich. Der Artikel von der Treue ist doch wohl etwas mehr als Formalität?
GRAF. Gerade die allergrößte! Sehen Sie, meine Liebe, Sie treten gewissermaßen in eine neue Welt, in der die Menschen weniger Engel sind, als unter Euch, Plebejer. Ich, so wie Sie mich da sehen – ich bin ein Muster von Freimüthigkeit, und so will ich Ihnen gerne gestehen, daß nach dem Maßstab philisterhafter Begriffe eigentlich verdammt wenig an mir ist.
LISETTE. Sie sind zu bescheiden –
GRAF. Das ist nun vollends eine Tugend, von der ich gar keine Idee habe. – Wieder auf den Artikel der Treue zu kommen, darf ich Ihnen nicht verhehlen, daß Sie in dieser Hinsicht gar nicht auf mich rechnen können. Ich laufe jeder Schürze nach.
LISETTE. Das habe ich bei meiner Schwester bemerkt.
GRAF. Nicht wahr, die kleine Hexe hat es mir ordentlich angethan!
LISETTE. Sehr schmeichelhaft für mich.
GRAF. Uebrigens brauchen Sie sich eben so wenig zu geniren; ich übe gegenseitig die größte Toleranz.
LISETTE beleidigt. Erlauben Sie mir die Bemerkung, Herr Graf, daß solche Unsitte in unserem Kreise noch nicht zur Sitte wurden. Will ab.
GRAF. Bleiben Sie, Kind, und bewundern Sie meine Offenheit; das ist noch lange nicht Alles: Sie sollen mich ganz kennen lernen und darüber erstaunen, daß ich nicht einmal vor mir selber erröthe, denn ich stecke voller Unbilden und Mängel.

Nro. 9. Duett.

GRAF.
Ich bin öfter mondensüchtig,
Oft im Schlafe werd‘ ich flüchtig,
Lärme, fluche, tobe tüchtig,
Fange tolle Händel an;
Aus dem Bett auf Dach und Bäume
Steig ich keck und kühn hinan;
Und gequält durch böse Träume,
Stech‘ ich, hau‘ ich Jedermann.
LISETTE.
Ist das Alles? Kleinigkeiten!
Das hat gar nichts zu bedeuten,
Ja, mein Herr! Sie werden sehen:
In der Eh‘ wird das vergehen.
GRAF.
Stille! stille! kommt noch besser.
Alle Mädchen seh‘ ich gerne,
Zeigt sich eine nur von ferne,
Plagt mich schon die Lüsternheit.
LISETTE.
Schlimm ist freilich dieser Fehler,
Doch es mindert ihn die Zeit.
GRAF.
Noch hab‘ ich weit größ’re Fehler,
Ach, ich bin ein Weiberquäler!
Frühe schon an jedem Tage,
Such‘ ich Spiel und Trinkgelage;
Ja, ich schwelge, juble, prasse,
Taumle trunken durch die Gasse.
Ich rumore, lärme, zanke,
Meine Wuth hat keine Schranke,
Und mit Prügeln schlag ich drein.
LISETTE.
Diese Fehler sind schon größer.
GRAF.
Nur Geduld, es kommt noch besser.
Ich rumore, lärme, zanke,
Meine Wuth hat keine Schranke,
Und mit Prügeln schlag ich drein.
LISETTE.
Sie vergrößern Ihre Fehler,
Nein, es kann so arg nicht seyn.
GRAF.
Wollen Sie mir gar nicht glauben,
Nun, so werden Sie erlauben,
Wenn ich sage, daß von Allen
Sie am mindsten mir gefallen,
Daß ich Sie nicht lieben kann.
LISETTE.
Ich kann’s nicht glauben.
O Himmel, ich bebe, nein!
GRAF.
Wollen Sie mir das nicht glauben,
Nun so werden Sie erlauben,
Wenn ich sage etc.

Nach dem Duett geht der Graf rechts durch die Mitte ab.

Vierte Scene.

LISETTE allein. Ich kann von meinem Erstaunen nicht wieder zu mir selber kommen! War das ein Benehmen, wie man es von einem Cavalier erwarten kann? Unmöglich! Eine List – nichts weiter! Er will mir meine Ansprüche nur verleiden, um mit der sentimentalen Karoline anbinden zu können, die mit heuchlerischer Zurückhaltung ihn um so sicherer zu fesseln weiß. Aber Geduld, die Stunde der Rache ist nicht fern!

Fünfte Scene.

Lisette. Beate.

LISETTE. Gut, daß Sie kommen, ma tante, ich bin außer mir vor Wuth!
BEATE. Ich ebenfalls, aber Modération, Modération!
LISETTE. Karoline ist die ausgemachteste Heuchlerin –
BEATE. Eine Abscheuliche –
LISETTE. Hinterlistige –
BEATE. Mit einem Wort – eine Coquette.
LISETTE. Denken Sie nur: mit einer angenommenen Schüchternheit, mit der raffinirtesten Sentimentalität hat sie den Grafen in ihr Netz zu ziehen gewußt. Er versucht es nun, sich mir so unangenehm als möglich darzustellen, um mich zum Entsagen zu bewegen, aber er irrt sich; wie gleichgiltig er mir auch ist, mich beseelt jetzt nur der Gedanke der Rache.
BEATE. Kind, Modération! Du bist auf falschem Wege, wenn Du glaubst, sie habe es auf den Grafen abgesehen: nein, da bin ich besser unterrichtet. In den Buchhalter Sander ist sie verliebt –
LISETTE. Das möchte sie meinethalben, mich interessirt er nicht.
BEATE. Aber mich desto mehr, denn – Verschämt. ich will es Dir nur gestehen – er ist es – den ich liebe.
LISETTE. Also Sander ?
BEATE feurig. Und er liebt auch mich – das sagen mir seine Blicke – ich verstehe mich darauf. – Und ihn – den süßen Jüngling – der mich mit der schuldigsten Modération anbetet, sucht sie mir abspenstig zu machen – die Heuchlerin!
LISETTE. Wohlan, ma tante, machen wir gemeinschaftliche Sache. – Sie muß fort von hier, denn sie ist uns Beiden gefährlich: in’s Kloster mit ihr, und das müssen Sie bewerkstelligen, Sie, die Sie Alles über den Vater vermögen.
BEATE. Laß Du mich nur machen, ich will ihn schon mit gehöriger Modération bearbeiten. Ab.

Nro. 10. Arie.

LISETTE.
O welches Vergnügen!
Die Rache muß siegen,
Dem Grafen verzeih‘ ich,
Daß er so treulos war.
Kann ich sie entfernen,
Die ihn so berückte,
Dann führt der Beglückte
Mich gerne zum Altar.
O welches Vergnügen, u.s.w.

Sechste Scene.

Vorige. Roms. Beate.

ROMS. Gut, daß ich Dich finde, Lisette, Du gutes, liebes Kind – wahrhaftig, Du bist die Perle von meinem Töchterpaar. Für sich. Ich muß ihr nur die Pille ein wenig verzuckern.
LISETTE für sich. Die Zärtlichkeit ist mir verdächtig.
BEATE für sich. Nur Geduld, mon frère, Du sollst mir zwar mit Modération, aber doch nach meiner Pfeife tanzen.
ROMS. Wahrhaftig, Dein Glück ist meine einzige Sorge, und da will ich denn gar nicht läugnen, daß es mir vorkommt, als ob Du eben kein besonderes Wohlgefallen an dem Grafen finden wolltest.
LISETTE. Quälen Sie sich nicht, Papa, ich merke doch, wo das hinaus will.
ROMS. Deshalb bist Du eben so mausstill – ja, ja, ich habe es gleich gemerkt. Nun, siehst Du, wenn Dein Glück auf dem Spiele steht, so könnte ich mich fast zu einem Tausche entschließen: mit einem Wort, Karoline mag an Deine Stelle treten.
LISETTE. Habe ich Sie endlich? Aber Sie irren sich in mir: es ist einmal bekannt, daß ich den Grafen heirathe – Ihm in die Ohren. und ich bestehe auf meinem Rechte.
BEATE eben so. Lisette wird Gräfin – dabei bleibt es.
ROMS. Wenn ich Euch aber sage, daß ich 40,000 Thaler bei dem Handel gewinnen kann.
LISETTE. Ich lasse mich nicht verhandeln.
BEATE ihm in die Ohren. Es bleibt beim Alten, oder Du sollst ohne alle Modération meinen Zorn fühlen. Karoline allein ist Schuld an diesem Wirrwarr, und so lange sie hier im Hause ist, wird niemals Friede werden, darum fort mit ihr in’s Kloster.
LISETTE. Ja, Papa, sie muß in’s Kloster.
ROMS zu Beate. Du willst in’s Kloster? Recht, liebe Schwester, da gehörst Du hin, Dein Vermögen will ich schon verwalten.
BEATE spöttisch. Ich glaube, damit geschähe dem Herrn Bruder der größte Gefallen. Laut. Karoline soll in’s Kloster.
LISETTE eben so. Ja, Karoline soll in’s Kloster.
ROMS. Schreiet doch nicht so kanibalisch.
BEATE. Und wenn sie morgen früh nicht fort ist, so ziehe ich von Dir, stoße mein Testament um, und lasse mich blank und baar von Dir auszahlen.
ROMS erschrocken. Du wirst doch nicht des Teufels seyn.
BEATE. Ich werde, und mit aller möglichen Modéra tion.

Nro. 11. Terzett.

BEATE.
Was wird geschehen? Ich möcht‘ es wissen.
LISETTE.
Sie haben Eile, sich zu entschließen,
Also nur bald bedacht, es gilt Entschluß.
ROMS.
Schreit nur nicht närrisch, schreit nur nicht Beide,
Thut meinem Trommelfell nur nichts zu Leide,
Redet nur sachte, kann’s schon versteh’n.
LISETTE. BEATE.
Wir sagen also, wir sagen stille,
Sie muß in’s Kloster, das ist mein Wille,
So kann nur ganz allein
Ruh in dem Hause seyn.
Ja Karoline muß jetzt hinein,
Ist’s so gefällig?
ROMS.
Will mich bedenken.
LISETTE.
Hab‘ schon gesprochen.
BEATE.
Hab‘ schon erkläret.
ROMS.
Schreit nicht so närrisch in mich hinein.
LISETTE.
Fort in ein Kloster mit Karolinen!
ROMS.
Hab’s schon vernommen aus Dero Munde.
BEATE.
Morgen mit Frühestem rathe ich Ihnen.
ROMS.
Hab’s schon gehört vor einer Stunde.
LISETTE. BEATE.
So will ich lärmen, so will ich schwärmen,
Daß fremde Leute laufen herein.
ROMS.
Ohne zu lärmen, ohne zu schwärmen,
Dürft Ihr nur sagen, wie es muß seyn.

Nach dem Terzett gehen Beate und Lisette jede in ihr Zimmer.

Siebente Scene.

ROMS allein. Das wäre mir eine schöne Geschichte! Ein so liebes, rundes Vermögen auszuzahlen – ein Vermögen, das ich mir schon so zu sagen ganz zu Buche gestellt habe – nichts da! Setzt sich und schreibt. Sie muß ins Kloster, bis Lisette Gräfin ist. Freilich wird der Graf toben, ich kann ihm aber nicht helfen; ein Wort ist keine Brücke, und unterschrieben hat er einmal. – Die Aebtissin thut mir den Gefallen schon, ist sie doch – so zu sagen – eine ehemalige Amour von mir. Schreibt.

Achte Scene.

Roms. Karoline aus ihrem Zimmer.

KAROLINE für sich. Er ist allein – soll ich es wagen, mich ihm entdecken – ach, wer giebt mir Muth!
ROMS den Brief zumachend. Abgemacht, ich kann ihr nicht helfen!
KAROLINE sich ihm zu Füßen werfend. O mein theurer Vater!
ROMS. Was hast Du? Was soll das? Was fehlt Dir? Steh‘ auf, laß die Alfanzereien – damit ist nichts gutgemacht.
KAROLINE. Können Sie mir vergeben –
ROMS. Liebe geht vor Leben? Dummes Zeug! Leben geht vor Liebe, und eben deshalb sollst Du in’s Kloster.
KAROLINE erschrocken. Ins Kloster?
ROMS. Morgen mit Tagesanbruch! – Aber sey nur ruhig, mein Kind, nicht auf ewig, nur so lange, bis Lisette verheirathet ist, denn Dein Lärvchen hat dem Grafen ganz den Kopf verdreht, und ich will Frieden im Hause haben.
KAROLINE die Hände ringend. Wenn Sie mich lieben –
ROMS. Um sieben willst Du fort? Meinetwegen, eine Stunde früher oder später, aber bei der Reise bleibt es, und Sander soll mir den Brief sogleich mit einem Expressen der Aebtissin zusenden. – Keine Einreden – hilft Dir nichts – Ordre parirt – marsch, in’s Kloster! Ab durch die Mitte.

Neunte Scene.

Karoline, allein.

Nr. 12. Recitativ und Arie.

KAROLINE.
Von ihm getrennt, für den allein ich lebe –
Wie werd‘ ich das ertragen?
Wehe mir! Wie schrecklich stürmen
Auf mich des Schicksals Pfeile!
Ich bin verloren! Himmel zeige gnädig
Einen Ausweg mir.

Ariette.

Laß mein Leiden nicht ewig dauern;
Ach, des Herzens Schlagen
Sagt mir laut: du hoffst vergebens,
Du kannst kein Mitleid finden!
Ich bin ganz außer mir,
Bald wird der Gram mich tödten.

Sie will gehen, der Graf tritt ihr aus seinem Zimmer entgegen.

Zehnte Scene.

Karoline. Graf.

GRAF. Gut, daß ich Sie finde, schöne Karoline, schon längst sehnte ich mich nach Ihnen.
KAROLINE will gehen. Mein Herr Graf!
GRAF. Sie wollen mich verlassen, Grausame? Bin ich denn gar nicht im Stande, Ihnen etwas Theilnahme für mich einzuflößen? So wahr ich lebe, schönes Kind, Sie haben Gefühle in mir geweckt, die mir bisher ganz fremd waren.
KAROLINE. Wenn ich auch, mein Herr Graf, die Schmeicheleien vornehmer Herren nicht zu würdigen wüßte, ich muß Sie dennoch wiederholt aufmerksam machen, daß Ihnen meine Schwester zur Gattin bestimmt ist, und zur gewöhnlichen Tändelei – verzeihen Sie – achte ich mich zu hoch.
GRAF. Da haben Sie ganz recht, aber Ihre Besorgnisse sind nichtig, und mit dem lieben Papa habe ich mich bereits arrangirt. Zärtlich. Wenn Sie nur wollen –
KAROLINE gefaßt. Herr Graf – darf ich offen mit Ihnen reden?
GRAF. Das versteht sich! Sie können mir Alles sagen, ich nehme nichts übel, gar nichts.
KAROLINE. Meine Schwester – meine Tante – fein den mich an – der Vater wird von Beiden beherrscht – ich habe Niemand, Niemand, der sich meiner annimmt, ach, und ich bedarf des Schutzes so sehr. Weint.
GRAF. Der Teufel, das wird ernsthaft! – Ruhig, mein Kind, man soll Ihnen nichts anhaben, darauf gebe ich Ihnen mein Ehrenwort. Parbleu! Sie sollen einen Cavalier kennen lernen.
KAROLINE. Bin ich Ihnen wirklich etwas werth, so beschwöre ich Sie, entsagen Sie jeder Hoffnung auf meine Hand.
GRAF. Was verlangen Sie, Marmorherz?
KAROLINE stockend. Ich – ich kann es, darf es nicht verhehlen – mein Herz ist nicht mehr frei –
GRAF. Diable!
KAROLINE. Ich liebe – werde wieder geliebt –
GRAF. Das finde ich sehr natürlich.
KAROLINE fortfahrend. Aber hinter dem Rücken meines Vaters –
GRAF. Das ist ganz in der Ordnung.
KAROLINE. Bisher ließ sich mein Geheimniß verbergen, jetzt nicht mehr: es muß zur Erklärung kommen, und ich weiß es, die Schutzlose wird dem Zorn ihrer Familie geopfert werden.
GRAF. Das wird sich zeigen! – Nach einer kurzen Pause. Mein Kind, Sie bereiten mir einen höchst peinlichen Augenblick, denn ich muß ernsthaft seyn, und das ist mir sehr fatal. Doch sollen Sie sich nicht in mir geirrt haben. Entdecken Sie sich mir ganz, und auf Grafenparole, Sie sollen einen Champion in mir finden, wie Sie ihn nicht geahnet haben.
KAROLINE. Edler Mann – Will ihm die Hand küssen.
GRAF die Hand zurückziehend. Fi donc! Was wollen Sie thun? das schmeckt nach Ehrfurcht, und mein Lafleur hat doch die paar graue Haare vortrefflich wegpoudrirt. Ihre Hand nehmend. Erlauben Sie Ihrem Ritter dagegen – Knieet nieder. auf ächt chevalereske Weise sich zum Liebesdiener zu weihen. Küßt ihre Hand.

Eilfte Scene.

Vorige. Lisette, Beate aus der Mittelthür links. Roms aus der Mitte.

zugleich. LISETTE aufschreiend. Da haben wir’s!
ROMS eben so. Blitz und Hagel!
BEATE eben so. Welch ein Scandal!
GRAF lachend aufspringend. Da ist die ganze Sippschaft!
ROMS zu Karolinen. Satanskind, kannst Du denn das Charmiren gar nicht lassen.
KAROLINE. Bester Vater –
ROMS. Schweig! – Mein Herr Graf – es thut mir leid, aber es muß bei dem ersten Vertrage bleiben. Gründe – wichtige Gründe zwingen mich dazu. Zu Karolinen. Im Kloster sollen Dir die Liebeleien schon vergehen.
GRAF. Hören Sie doch Ihre Tochter an.
ROMS. Sie ist wie toll auf einen Mann! – Ganz recht! – Kannst Du denn nicht noch ein Bischen warten.
KAROLINE. Nur ein Wort, bester Vater –
LISETTE U. BEATE. In’s Kloster mit ihr, in’s Kloster!

Nro. 13. Quintett.

KAROLINE.
Gönnen Sie mir doch Erholung
Von den Qualen, von den Leiden;
Meine Schwester soll ich meiden?
Ich bin rein von dem Verrath.
Fälschlich werd‘ ich angeklagt.
Möcht‘ es Ihnen doch gefallen,
Zu bezeugen hier vor Allen,
Was ich sprach und was ich that.
GRAF.
Diese so verkannte Schöne –
LISETTE. BEATE.
Die Verschlag’ne! Die Syrene!
Täuscht uns nicht durch Schmeicheltöne!
LISETTE. BEATE. ROMS.
Geht in’s Kloster morgen ein.
KAROLINE.
Gönnen Sie mir nur drei Tage,
O wie bald sind die vorbei!
Unterdessen spricht von Vorwurf
Mich vielleicht der Ausgang frei.
LISETTE. BEATE. ROMS.
Nein, das Kloster soll Dir werden!
Nein, Du gehst in’s Kloster ein!
GRAF.
Bald empört mich dies Betragen,
Länger bleib‘ ich nicht mehr da.
KAROLINE.
Ach, ich sterbe, ich verschmachte!
Schon bin ich dem Tode nah.
LISETTE. BEATE. ROMS.
Mag die ganze Welt zertrümmern,
Unbeweglich steh‘ ich da!
KAROLINE.
O! wo lebt, der solchen Jammer
Ohne Mitleid jemals sah!

Nach dem Quintett geht Jedes in sein Zimmer, Roms durch die Mitte. – In der Hälfte des Quintetts verfinstert sich die Bühne. Wenn Alles ab ist, wird es ganz Nacht, und Sander tritt nach einer Pause durch die Mitte ein.

Zwölfte Scene.

SANDER allein. Alles still. Sie wird in ihrem Zimmer seyn. Jedenfalls muß ich sie sprechen. Hier gilt kein Besinnen, wir müssen fliehen, und noch in dieser Nacht; meine Mutter wird uns freundlich aufnehmen, und der Vater gab mir ja selbst die Waffen in die Hand. Pferde und Wagen sind bestellt, aber – wird Karoline einwilligen? Sie muß – es bleibt uns keine Wahl.

Dreizehnte Scene.

Sander. Beate aus der Mittelthür links.

BEATE. Wer ist denn hier noch – Sehr freundlich. Ach, mein lieber Herr Sander, was wollen Sie denn hier im Dunkeln?
SANDER. Ich suchte Herrn Roms.
BEATE. Lassen Sie ihn, wo er ist – genug, daß wir uns gefunden haben. Für sich. Modération, Beate, das war fast zu viel.
SANDER für sich. Ob ich bei ihr noch einen Versuch wage, ehe wir zum Aeußersten schreiten?
BEATE wie oben. Er scheint Etwas auf dem Herzen zu haben.
SANDER eben so. Gilt sie doch Alles bei dem Bruder.
BEATE. Wie er mich verstohlen anblickt, der Süße! –
SANDER. Wenn es aber fehlschlüge – ach! Seufzt.
BEATE entzückt. Er seufzt. – Ach! Seufzt ebenfalls.
SANDER. Muth, Muth, gilt es doch Karolinens Glück.
BEATE. Er seufzte abermals – es ist richtig. Zu Sander. Was fehlt Ihnen, lieber Sander – Seufzer entquillen Ihrem Busen – es drückt Sie Etwas – machen Sie Ihrem schönen Herzen Luft.
SANDER. Sie irren nicht, hochgeehrteste Mademoi selle! – ich bin sehr unglücklich.
BEATE theilnehmend. Sander!
SANDER. Mademoiselle!
BEATE. Könnte ich Ihnen helfen.
SANDER. Mein Glück ruht in Ihrer Hand.
BEATE. So habe ich mich nicht getäuscht – so hätte mein Scharfblick mich nicht irre geführt.
SANDER. Sie wissen Alles? – Wehe mir!
BEATE. Modération, lieber Sander, Modération! Einmal mußte es doch zur Sprache kommen, und Sie sollen mich nicht grausam finden.
SANDER entzückt. Ich dürfte hoffen –
BEATE eben so. Hoffen Sie, hoffen Sie.
SANDER. Aber Ihr Herr Bruder –
BEATE. Er muß wollen, wenn ich will – Zärtlich. und ich will so gerne.
SANDER. Sie werden mit ihm sprechen ?
BEATE. Morgen, süßer Junge.
SANDER. Morgen?
BEATE. Und übermorgen sind wir Mann und Frau.
SANDER wie aus den Wolken gefallen. Mann und Frau?
BEATE. Modération, Bester, Modération!
SANDER für sich. Fassung, Fassung! Laut. In der That, ich bin so überrascht – ich fühle, wie wenig ich verdiene –
BEATE. Du verdienst es, an meiner Hand durch’s Leben zu gehen. – Aber auch ich habe die Modération vergessen, meine Nerven werden schwach. – Leb wohl, du Trauter – nicht lange mehr – und ich bin ganz die Deine. Ab in ihr Zimmer.

Vierzehnte Scene.

Sander. Hernach Karoline.

SANDER klopft an Karolinens Thür. Karoline! Karoline!
KAROLINE heraustretend. Nun, mein Herr, haben Sie sich von dem girrenden Täubchen losreißen können?
SANDER. Unseliges Mißverständniß, das uns beinahe verrathen hätte!
KAROLINE. Sie, mein Herr, Sie haben sich verrathen. Gehen Sie, Sie sind ein Abscheulicher.
SANDER. Karoline, mache mich nicht rasend. Ich wollte mich der alten Närrin anvertrauen, ihren Beistand in Anspruch nehmen – sie war so gütig – ich wähnte ihrer sicher zu seyn – da wird es mir mit Einemmale klar, daß sie sich einbildet, ich habe Absichten auf ihre Hand.
KAROLINE. Darf ich Dir glauben? Warum nicht, ich glaube Dir ja so gerne.
SANDER. Jetzt bleibt uns nur ein Ausweg – Flucht.
KAROLINE. Wehe mir!
SANDER. Wagen und Pferde, die Dich morgen früh in’s Kloster bringen sollten, warten unserer. Meine Mutter wird uns freundlich ausnehmen, und Dein Vater, sieht er das Unvermeidliche – wird auch Dir verzeihen, und sich fügen. Wo nicht – ich verachte seine Reichthümer, Pflicht und Liebe werden mir Kraft geben, für meine Gattin zu sorgen.

Nro. 14. Arie.

SANDER.
Eh noch Tag und Nacht sich scheiden,
Fliehen wir von hier mit Freuden!
Treue Liebe wird uns leiten
Hin an einen sichern Ort;
Hat die Glocke Eins geschlagen,
Hält am Gartenthor ein Wagen,
Und vier muntre Rosse jagen
Immer weiter mit uns fort.
Mit des neuen Tages Morgen,
Arm in Arm und ohne Sorgen,
In der Treue Schooß geborgen,
Bringt uns Liebe froh an Bord;
Dort an meiner Mutter Seite
Fühlen wir der Liebe Freude;
Dich als Tochter wird sie pflegen,
Denn sie liebt ja ihren Sohn.
Auch Dein Vater wird verzeihen,
Weil wir diesen Schritt bereuen.
All‘ der Liebe Glück und Segen
Wird dann unsrer Leiden Lohn.

Nach der Arie

KAROLINE. Man kommt – geschwinde auf mein Zimmer. Beide in Karolinens Zimmer ab.

Fünfzehnte Scene.

GRAF mit Licht aus seinem Zimmer. War mir’s doch, als hörte ich sprechen? Vielleicht der beglückte Galan meiner kleinen Donna! – Armer Graf, Du bist angeführt! Zum Erstenmale verliebt, mußt Du mit langer Nase abziehen, aber Du gabst einmal Dein Wort, und mußt es halten wie ein Cavalier!

Nro. 15. Finale.

GRAF.
Karolinens stilles Leiden
Raubt mir alle meine Freuden;
Wüßt‘ ich, was die Arme quälet,
Welcher Gram ihr Herz verzehret.
Wollte sie ihr Leid mir klagen,
Alles, Alles würd‘ ich wagen,
Ihren Kummer zu verjagen
Und zu lindern ihren Schmerz.
LISETTE.
Dacht‘ ich doch, er sey gegangen,
Jetzt seh‘ ich ihn leise schleichen,
Und ein sonderbarer Argwohn,
Wacht bei diesem Anblick auf.
GRAF.
Soll ich sie noch einmal fragen?
Thu‘ ich wohl gescheut daran?
LISETTE.
Darf ich wagen? Darf ich fragen?
Sie noch hier? Was will das sagen?
GRAF.
Wie Sie sehen, um zu gehen.
LISETTE.
Steht noch Etwas zu Befehle?
GRAF.
Nein, ich danke, gar nichts weiter;
Auf mein Zimmer will ich gehen,
Denn schon ist es Schlafenszeit.
LISETTE.
Nun so wünsch‘ ich wohl zu schlafen.
GRAF.
Wohl zu schlafen wünsch‘ ich Ihnen.
LISETTE.
Eine Nacht ist bald vergangen,
Auf der Lauer will ich stehn.
GRAF.
Denkt die Schlaue mich zu fangen?
Nein, sie soll nichts weiter sehn.
SANDER.
Nur Muth gefaßt mein Leben!
Folge leise, leise, mir.
KAROLINE.
O leite mich, ich falle!
Denn, ach! mir wankt der Fuß.
SANDER. KAROLINE.
Dies ist die letzte Stufe
Der Leiden, der Besorgniß.
Noch eine kleine Weile,
Dann find‘ ich Sicherheit.
SANDER.
Stille! ich hör‘ es rauschen,
Man öffnet eine Thür.
SANDER. KAROLINE.
Dort möchte Jemand kommen,
Wir bleiben besser hier.
LISETTE.
Heimlich hört‘ ich dort Geflüster,
Jemand schlich sich in den Saal;
Eine Thüre hört‘ ich öffnen,
Eine Thür ging wieder zu.
Ich befürchte, – ich muß wissen,
Ja, hier hört‘ ich leises Reden,
Die Verräther sind beisammen,
Ihre Schmach sey offenbar!
Ma tante! – Sie schlafen?
Wie können Sie schlafen?
BEATE.
Wer klopft da? Wer ruft mich?
LISETTE.
Ich bin es, die Nichte.
Erwachen, erwachen!
Und hören Sie, Vater!
ROMS.
Wer darf mich noch stören?
Wer macht das Getöse?
LISETTE.
Ich bin’s, Ihre Tochter,
Ich muß Sie wohl stören,
Sonst ist’s um uns Alle gethan!
BEATE.
Was hast Du gesehen?
ROMS.
Was ist denn geschehen?
BEATE.
Du siehst mich erblassen!
ROMS.
Ich kann mich kaum fassen.
LISETTE.
Im Zimmer der Schwester
Vernahm ich den Fremden.
Man schone nicht länger
Den frechen Verräther.
LISETTE. BEATE. ROMS.
Fremdling! der des Gastrechts spottet,
Fremdling! der dies Haus entehret,
Komm hervor aus diesem Zimmer,
Dein Verrath ist offenbar!
GRAF.
Welch Getümmel! Wie vermessen!
So das Gastrecht zu vergessen.
Heißt das wohl das Gastrecht ehren?
Mich im Schlafe jetzt zu stören.
LISETTE. ROMS. BEATE.
Welcher Irrthum! Welch Vergehen!
Wie betreten steh‘ ich da!
Sie vergeben! Sie verzeihen,
Wir bereuen, was geschah.
GRAF.
Hat hier Jemand böse Träume?
BEATE. ROMS.
Meine Nichte / Meine Tochter hat geträumet.
LISETTE.
Nein, ich rede nicht im Traume,
Dorten lauscht ein andrer Mann.
BEATE. GRAF. ROMS.
Ja, sie träumet offnen Auges,
Doch sie mag sich überzeugen,
Und erröthend steht sie dann.
LISETTE. BEATE. GRAF. ROMS.
Karoline, laß Dich sehen,
Auf die Thür! Wir sind daran!
Was ich seh, macht mich erstaunen,
Dieses, dieses war der Mann?
KAROLINE. SANDER.
Demuthsvoll zu Ihren Füßen
Flehen wir Ihr Mitleid an!
ROMS.
Was will das sagen?
BEATE.
Was soll das geben?
KAROLINE. SANDER.
Es sey nicht länger von uns verhehlet,
Schon seit zwei Monden sind wir vermählet,
Sind beide schon Frau und Mann.
BEATE. ROMS.
Seyd Ihr vermählet?
KAROLINE. SANDER.
Wir sind es, ja.
ROMS.
O Ihr Verworfnen! Welch ein Verbrechen!
Fort aus dem Hause, will Euch nicht sprechen!
Nennt mich nicht Vater! Ich will Euch hassen,
Will Euch verstoßen, will Euch verlassen,
Ihr könnt nun betteln, ferne von hier.
KAROLINE. SANDER.
Mitleid! Erbarmen! Schonung uns Armen!
BEATE.
Nein, den Verbrechern werde nicht Gnade,
Ihnen vergeben, wäre ja Schande,
Sie mögen fühlen, was Strafe sey!
KAROLINE. SANDER.
Sie zu versöhnen, gäb‘ ich mein Leben,
Gäbe es gerne, stünd‘ es mir frey!
GRAF.
Hört ein Wort zur guten Stunde,
Laßt Euch klugen Rath gefallen,
Ueberlegung hat uns Allen
Ja so oft schon wohlgethan.
Theuer ist mir Karoline.
Längst hab‘ ich ihr schon vergeben:
Laßt sie dem Geliebten leben,
Und ich bin der Schwester Mann!
LISETTE.
Ja für sie, die ich verkannte,
Fleh ich jetzt Ihr Mitleid an!
ROMS.
Was nun, Schwester?
BEATE.
Was, Herr Bruder?
KAROLINE. LISETTE. SANDER. GRAF.
O Vergebung! o Versöhnung!
ROMS.
O Ihr Heuchler! o Ihr Schmeichler!
BEATE.
Weil wir nichts mehr ändern können,
Nehmen wir den Vorschlag an!
ROMS.
Zornig hab‘ ich Euch verworfen,
Doch ich nehm‘ Euch wieder an!
ALLE.
Freude strahlt aus allen Blicken,
Vor Erstaunen und Entzücken
Klopfte nie das Herz mir so.
Aller Unmuth weicht und schwindet,
Weil der Wunsch Erhörung findet.
Glänzender sey nun die Feier
Dieses Tag’s als irgendwo.
Man berufe die Verwandten,
Man versammle die Bekannten,
Saitenklang soll Euch nicht fehlen,
Ja, man tanz‘ in allen Sälen,
Und ein Jeder sey nun froh!

Der Vorhang fällt.