Saverio Mercadante
Der Schwur
Oper in drei Akten
Personen
Manfredo, Graf von Syrakus
Bianca, seine Gemahlin
Elaisa, eine Fremde
Viscardo von Benevent
Brunoro, Geheimschreiber des Grafen
Isaura, Hofdame Biancg’s
Edelleute, Ritter, Damen, Edelfräulein, Pagen, Wachen, Fischer, Volk
Schauplatz: Syrakus. Zeit: das vierzehnte Jahrhundert.
Erster Akt.
Erste Scene.
Erleuchtete Gärten. Links Elaisa’s Pallast mit einer Freitreppe. Die Vorhalle und die oberen Gemächer sind zu einem nächtlichen Feste vorbereitet. Rechts Baumgänge. Der Vorgrund stellt ein Zelt dar. Im Hintergrunde das Gestade des Meeres. Im Pallaste Tanzmusik. Eine Schaar Musiker auf einem Boote am Ufer. Edelleute, Damen, Masken umhergehend; dann Viscardo, zuletzt Manfredo und Brunoro.
CHOR.
Horch! laut erschallen Jubellieder,
Wohin man blickt prangt Festesglanz;
Auf den Pallast deutend.
Geendet kaum, beginnen wieder
Zur Freude Aller Spiel und Tanz;
Aus jedem Antlitz lächelt Lust,
Der Frohsinn thront in jeder Brust.
Von holdem Zauber rings umgeben,
Winkt uns das Reich der Liebe hier;
Auf! hoch laßt Elaisa leben;
Ja, Heil, Heil, Elaisa, Dir!
Du, dieses Festes Königin!
Du, aller Herzen Herrscherin!
Der Chor entfernt sich.
VISCARDO.
Ja! aller Herzen Herrscherin;
Doch sie ersehnt allein das meine;
Umsonst; es klopft nur für die Eine,
Der treu geweiht ich Seel‘ und Sinn.
Du schöne Fremde, mir so theuer,
O wer entzog Dich meinem Blick!
Seit Dich verloren Dein Getreuer,
Sucht er Dich auf, sein höchstes Glück.
Könnt‘ ich Dich finden, wiedersehen
Nur einmal noch, Du, die mir fern;
Dürft‘ ich nur Deine Huld erflehen,
Dann, Heißgeliebte, stürb‘ ich gern …
Ach! stets von Dir getrennt zu sein,
Ist meiner Seele Todespein.
Er zieht sich zurück.
STIMMEN.
Wo ist Sie? Elaisa! Elaisa!
Aus dem Pallaste und aus den Gängen eilen Cavaliere und Damen herbei.
Man sucht sie überall … sie ist verschwunden;
Vielleicht vergnügt es sie sich zu ergehen
In einer unbekannten Maskenkleidung.
Manfredo naht.
MANFREDO umherblickend.
Auch hier nicht Elaisa?
Dahin ist ohne sie des Festes Freude,
Nur ihre Gegenwart hat es beseelt;
Nicht Scherz noch Frohsinn wird hier mehr gefunden,
Mit ihr zugleich sind Lust und Lieb‘ entschwunden.
CHOR.
Die Holde eilt vielleicht entgegen
Dem Hochbeglückten ihrer Wahl.
MANFREDO.
(Verdacht fühl‘ ich in mir sich regen,
Der mich erfüllt mit Folterquaal.
Ihr opfert‘ ich die reinsten Triebe,
Sie ward mein Leid und meine Lust;
Mein Leben, meine einz’ge Liebe,
Das Heil und Hoffen meiner Brust.
Mein, mein allein möcht‘ ich sie heißen, …
Ha! und jetzt, will vielleicht sie kühn
Ein Nebenbuhler mir entreißen? …
Und ich, ich sollte dulden ihn! …
Wie! Sie für einen Andern glüh’n? …
Hinweg, Du finstrer Argwohn! nein,
Du darfst nicht Elaisa kränken;
Lohn wird sie meiner Lieb‘ einst schenken,
Ihr mildes Herz wird hold mir sein.)
CHOR Elaisa erblickend.
Komm, schöne Festeskönigin,
Du, aller Herzen Herrscherin.
Alle gehen ihr entgegen.
Zweite Scene.
Elaisa mit Damen aus den Gängen; zugleich mit ihr tritt Viscardo auf.
ELAISA wendet sich zu Manfredo.
O mein … mein Bruder! … Wie das Herz mir klopft!
MANFREDO beobachtend.
(Welch‘ eine Gluth! Welch lieb‘ entflammter Blick!)
BRUNORO Viscardo betrachtend.
(Wie! seh ich recht? Viscardo hier!)
ELAISA Manfredo die Hand reichend.
Manfredo!
VISCARDO.
(In solchem Leide! …) Elaisa! ..
ELAISA leise zu Viscardo.
Theurer!
ELAISA, VISCARDO, MANFREDO.
(In uns’res Lieblings Nähe weilen,
Dort strenge zügeln Wort und Blick,
Und dann mit ihm nicht zärtlich theilen
Der Seele Sehnsucht Weh‘ und Glück:
O wahrlich! größ’ren Schmerz
Fühlt nie ein liebend Herz!)
BRUNORO.
(Gekommen endlich ist die Stunde,
Die heiß ersehnt ich schon so lang!
Verbergen tief im Herzensgrunde
Verschmähter Liebe Zornesdrang:
Ha wahrlich! größ’ren Schmerz
Fühlt nie ein liebend Herz!)
CHOR Manfredo beobachtend.
(Ja, Elaisa weiht Er Liebe
Und muß verbergen seine Triebe;
O wahrlich! größ’ren Schmerz
Fühlt nie ein liebend Herz!)
MANFREDO betonend.
Ihr Elaisa war’t verschwunden …
ELAISA.
Ein Hoffnungsschimmer täuschte mich …
Ein theures Wesen wähnte ich
Nach langer Trennung aufgefunden ..
Ein Antlitz war’s, das jenem glich.
VISCARDO betroffen.
Was hör‘ ich?
MANFREDO ironisch.
Und der Eure Gunst gewann,
Wer ist es? sprecht.
ELAISA mit Wärme.
Ein Weib.
VISCARDO, MANFREDO, BRUNORO ueberrascht.
Was sagt Ihr? Wie?
ELAISA.
Mein Vater ward gerettet einst durch sie;
Sie such‘ ich überall; hört nur mich an. –
Dem Schmerze der Verzweiflung preis gegeben,
Wand‘ ich vor einem Sieger mich im Staub;
Ich fleh’t ihn an um meines Vaters Leben,
Doch ach, sein Ohr blieb meinem Flehen taub.
Da weinte still des Mitleids fromme Zähren
Des Herzogs junge Tochter, mild gesinnt;
Sie bat den Vater, Gnad‘ uns zu gewähren
Und er erhörte sein geliebtes Kind;
Doch ich schwor Dankbarkeit im tiefsten Herzen,
Dem Engel, der erbarmt sich meiner Schmerzen.
CHOR.
So hat denn schon in Deiner Kindheit Tagen
Der schönsten Tugend warm Dein Herz geschlagen.
ELAISA.
Ein Heil’genbild, geweiht zu mächt’gem Schilde
Im Drang der Noth, trug ich auf meiner Brust;
Ihr reicht‘ ich es, die voller Engelmilde
Mein tiefstes Weh verkehrt in süße Lust;
»Dich möge« – rief ich – stets der Himmel
segnen;
Dem Bild hier grab‘ ich meinen Namen ein;
Vielleicht daß wir einst wieder uns begegnen
Mag in Gefahr dies Bild Dir Schutz verleih’n. –
Doch seit zehn Jahren schon such‘ ich vergebens
Den Rettungsengel jenes theuren Lebens.
ALLE.
Und Syrakus, seit jene Zeit entschwunden,
Hat einen Engel in Dir aufgefunden.
CHOR.
Auf! laßt des Tanzes Klänge froh erschallen,
Die Freud‘ erwach‘ auf’s Neu‘ in jeder Brust;
Hoch fei’re Elaisa unsre Lust,
Die Luft mag ihren Namen wiederhallen,
Und Echo finde dieser holde Klang
Ja jedem Herzen voll Entzückensdrang;
Lust, Lieb‘ und Elaisa preist vor Allen.
ELAISA, VISCARDO, MANFREDO.
Du Liebe bist des Daseins Licht und Wonne,
Der Gott, der allen Wesen Segen bringt;
Bist Gott der Götter selbst am Thron der Sonne;
Denn Himmel ist nur, wo die Liebe winkt.
Du hast die Gluth der Seele mir gegeben,
Ich athme hochbeglückt allein durch Dich;
In Deinem Himmel, Liebe, laß mich leben,
In Deinem Himmel laß einst sterben mich.
Der Chor wiederholt, und geht ab.
Dritte Scene.
Viscardo und Brunoro.
VISCARDO.
Brunoro! theurer, viel bewährter Freund,
Aus meines Ruhmes längst vergang’nen Tagen!
Komm! laß noch Einmal on mein Herz Dich drücken,
Von Neuem lächelt mir des Glückes Gunst.
BRUNORO mit Beziehung.
O wahrlich, mir noch mehr!
VISCARDO freudig.
So kennest Du
Und weißt wo sich mein Ideal verborgen?
Er zeigt Jenem ein Gemälde.
An dessen Bilde meine Lippen hingen,
Als durch Dein Nahen Du mich überraschtest.
BRUNORO bitter.
Ich weiß es ja! selbst seines gold’nen Kerkers
Geheimste Pforten sind mir wohl bekannt,
Und stets erschlossen.
VISCARDO angsthaft.
Aber ihr, der Theu’ren? …
BRUNORO.
Stellt an des Gartens Thor Euch pünktlich ein,
VISCARDO.
Wann, wann?
BRUNORO.
In einer Stunde, und ich selbst
Will schützend zur Geliebten Euch geleiten.
VISCARDO freudig.
Und dann! … O, durch Dich wird der Himmel mein.
In einer Stunde also harr ich Dein.
Er geht ab.
Vierte Scene.
Brunoro dann Elaisa von entgegengesetzter Seite kommend.
BRUNORO mit wilder Freude.
Und ich – ich bin gerächt in einer Stunde.
ELAISA.
Wer ist’s, der von Euch geht?
BRUNORO mit geheimnißvoller Bedeutung.
Der letzte Sprößling
Des Hauses Benevent, verarmt, geächtet.
ELAISA.
Und Ihr! … O Gott! … was hör‘ ich!
BRUNORO.
Und ich. Gräfin,
Weiß Alles … Alles! ja! … weiß, daß – um ihn
Zu bergen vor dem Späherblick der Feinde,
Und vor Manfredo’s ewig wachem Argwohn. –
Ihr ihn als Eu’ren Bruder aufgenommen.
ELAISA bewegt und leise.
Weh! mein Geheimniß …
BRUNORO.
Habt zu mir Vertrauen:
Er ist mir theuer, und ich bin erfreut
Durch Lieb‘ ihn hoch beglückt zu seh’n.
ELAISA lächelnd.
O ja!
BRUNORO mit Betonung.
Bald sinkt er zu der Heißgeliebten Füßen,
Die er beweint und wieder jetzt gefunden.
ELAISA aufgeregt.
Wie? … Gott! … was redet Ihr?
BRUNORO.
Die Wahrheit nur
ELAISA.
Viscardo! … Eine And’re! … Nein! … Ihr lügt.
BRUNORO.
Ich lüge?! … folgt mir.
ELAISA zornig.
Zittert; denn Ihr habt
Ein Todesurtheil ausgesprochen.
BRUNORO.
Ja,
Das Eurer Nebenbuhlerin.
ELAISA leidenschaftlich.
Gewiß,
Wenn Ihr Euch nicht getäuscht … Viscardo, Er,
Viscardo könnte ein Verräther sein!
BRUNORO gehend.
Kommt!
ELAISA.
Treulos Er! … Ich leide Folterpein.
Sie folgt Brunoro.
Fünfte Scene.
Biancas Zimmer im Palaste Manfredo’s.
Tische mit brennenden Kerzen. Eine Harfe, ein Sopha und Stühle. Ein Balkon mit der Aussicht auf das Meer. Seitenthüren; im Hintergrunde eine große Thür.
Damen im Gespräch begriffen, einige spielend; zweie sitzend neben Isaura welche auf Bianca deutet, die sich auf dem Balkon befindet.
CHOR.
Sie prangte hold, wie an des Himmels Auen
Der Morgenstern, doch ach! ihr Glanz erblich;
Gleich einer Rose war sie anzuschauen,
Im Frühlingsschmuck: allein ihr Reiz entwich.
O reine Lilie! so zart geboren,
Was macht im Lebensmai Dich schon verblüh’n?
Zu einem heit’ren Loos war sie erkohren,
Das wandellos ihr hold zu lächeln schien.
Zu neidenswerthen Paradieses-Freuden
War sie erseh’n vom schmeichelnden Geschick;
Doch jetzt zerstört es durch geheime Leiden
Erbarmungslos des schönsten Daseins Glück.
Wer ahnt was sie bewegt! – In Zauberschimmer,
Der schnell entfloh’n, erschien ihr einst die Welt.
BIANCA langsam vortretend.
Ja! Alles glänzt‘, Ihr Theuren, mir; doch nimmer
Strahlt mehr der Stern, der meinen Pfad erhellt. –
Im Geiste schifft‘ ich froh auf klaren Wogen
Zur Ferne hin, zu meinem Heimathland,
Von heit’ren Traumgestalten hold betrogen,
Sah ich erneut das Glück, das längst mir schwand.
Ich athmete der Lenznacht laue Lüfte,
Sog trunken ein der Blumen Balsamdüfte,
Sah‘ Bäume, Bach und Flur …. o, Traum, so schön!
CHOR.
Laß, hohe Frau, Dein schwermuthsvolles Klagen,
Der Hoffnung Morgenroth wird neu Dir tagen.
Der Freude Stern wird wieder auf Dir geh n.
BIANCA.
Ach kehre wieder im Geleit der Treue,
Du meiner Seele Liebling, mir so fern;
Dann lächelt meinem trüben Aug‘ auf’s Neue
Der Hoffnung Morgenroth, der Freude Stern.
Mein Himmel strahlt in Deinem Liebesblicke,
Er glänzte stets mir sonnenhell und rein;
Ein Blick von Dir giebt wieder mich dem Glücke,
O laß sein Licht mein trauernd Herz erfreu’n.
Doch schon neigt sich die Nacht dem Ende zu;
Verlaßt Ihr Guten mich, habt sanfte Ruh!
Die Damen entfernen sich durch die Mittelthür, welche Pagen öffnen und schließen.
Sechste Scene.
Bianca, Isaura.
BIANCA.
Fünf Jahre sind’s, Isaura, schon fünf Jahre,
Seitdem ich schnell Catanea verlassen
Und Ihn nicht mehr erblickt – Du weißt es,
Freundin.
ISAURA.
Beruhigt Euch und hofft.
BIANCA.
Wie? Ich und hoffen?
ISAURA.
Sein Schicksal kann nach Syrakus ihn führen.
BIANCA.
Und wie soll ich ihn sehen! … wie er mich? …
Wenn gleich in eines Kerkers engen Mauern,
Mich mein Gemahl hier eingeschlossen hält,
Er, dem ich schnell gezwungen ward zu folgen;
Ach! ohne Abschiedsgrüße und Entdeckung
Mußt‘ ich vom heißgeliebten Freunde scheiden,
Der nichts von mir als meinen Namen kannte.
Nun sage selbst, was darf ich wohl noch hoffen
Als meinen Tod.
ISAURA.
Gott! das sollt‘ ich erleben?
Ich Arme!
BIANCA.
O Isaura, weine nicht;
Geh, ruh‘ Dich aus.
ISAURA.
Laßt mich Euch erst entkleiden.
BIANCA.
Ich selbst …
ISAURA.
Ach könnt‘ ich morgen doch auf’s Neue
Euch lächeln seh’n.
BIANCA Isaura die Hand drückend.
Auf Wiederseh’n, Du Treue!
Isaura geht rechts ab.
Siebente Scene.
BIANCA ein Buch aus einem Kästchen nehmend.
Ja, beten will ich. Ach ich bete viel!
Doch meine Lippe nur haucht das Gebet …
Indeß mein Herz an ihn, den Fernen, denkt.
Sie legt das Buch weg.
Am letzten Abend sang er mir zu Füßen:
O, heller flammte mir sein Auge nie …
Und sein Gesang! … Dies war die Melodie.
Sie spielt auf der Harfe das Ritornell der Canzone, welche Viscardo nachher fingt.
Achte Scene.
Brunoro aus der Thür links kommend, giebt Viscardo ein Zeichen sich zu nähern.
BRUNORO leise.
Hier tretet ein.
VISCARDO auf der Schwelle Bianca erblickend.
Da ist sie.
BRUNORO.
Wohl, ich gehe,
Verbergt Euch still dort, in Biancas Nähe.
Er deutet auf den Balkon.
VISCARDO eilt dem Balkon zu.
Mein Leben, Freund, will ich Dir dankbar wei’hn.
Viscardo verbirgt sich auf dem Balkon. Brunoro zieht ein Blatt hervor, und legt es eiligst auf das Tischchen, indem er sich entfernt.
BRUNORO.
(Vielleicht wird es gar bald geendet sein.)
Neunte Scene.
Bianca und Viscardo versteckt.
BIANCA hört zu spielen auf.
Dies Lied nur ist’s, das meiner Harf‘ entklingt!
Doch seine Stimme, die zum Herzen dringt …
Dürft‘ ich nur Einmal noch mein Ohr ihr leih’n!
VISCARDO vom Balkon her.
Für mich allein erschaffen hat Dich Liebe;
Ich bin von Liebe nur für Dich erfüllt;
Zu Dir nur ziehen mich der Sehnsucht Triebe
Im Traum und Wachen schwebt um mich Dein Bild.
BIANCA freudig bewegt.
Gott!
VISCARDO.
Du verklärst mir hold der Erde Mängel;
Du bist das Leben, bist der Himmel mir.
BIANCA aufstehend.
Viscardo! Ha!
VISCARDO tritt hervor.
Bianka: Schutzgeist! Engel! …
BIANCA.
Du lächelst Theurer mir? Dich seh‘ ich hier?
BEIDE.
Welch‘ Uebermaaß von nie empfund’ner Wonne,
Durchfluthet, mich berauschend, meine Brust.
BIANCA.
O blick‘ auf mich, Du meines Daseins Sonne.
VISCARDO.
Ich schau‘ Dich an, mit des Entzückens Lust.
BEIDE.
Das ist der Liebe höchste Seligkeit,
Die uns beglückt nach langer Trennung Leid.
BIANCA.
Dir war mein herber Kummer nicht bewußt! …
VISCARDO.
Du warst mir fern, verhaßt war mir das Leben.
BEIDE.
Doch Theurer / Theure Du bist wieder mir gegeben,
Noch Einmal schau‘ ich froh in’s Antlitz Dir;
Vergessen sind mein Gram und meine Thränen‘
Solch Glück wiegt all‘ mein Weh‘ auf, all mein Sehnen.
BIANCA.
Verweile, Trauter, und erzähle mir …
Sie bemerkt das auf dem Tisch liegende Blatt.
Doch, ein beschrieb’nes Blättchen find‘ ich hier;
Um mich zu überraschen, hast Du …
VISCARDO.
Nein,
Vielleicht wird von Brunoro’s Hand es sein.
BIANCA bestürzt.
Gott! von Brunoro’s Hand?
VISCARDO.
Was macht Dich beben?
BIANCA.
Der Bube! … O mein Freund, Du weißt noch nicht …
Sie öffnet das Blatt und liest.
»Der Rache wird verschmäh’te Liebe leben.«
Ich zitt’re nur für Dich …
Sie geht zum Balkon und blickt spähend um sich.
VISCARDO zornig.
Der Bösewicht!
BIANCA angstvoll.
Weh‘ uns!
VISCARDO.
Was schreck’t Dich?
BIANCA.
Von dem Eingang dort
Der hierher führt, naht plötzlich sich ein Licht …
Wie rett‘ ich Dich! … verbirg Dich schnell … fort, fort.
VISCARDO.
Für mich, Du Heißgeliebte, fürchte nicht.
BIANCA.
Dort … bei Isaura … ist ein Zufluchtsort.
VISCARDO entschlossen.
Ich bleib‘ und schütze Dich vor frevler That.
BIANCA.
O welch‘ ein furchtbar Unheil, das uns nah’t!
VISCARDO.
Zum Opfer, ach, bist Du erkohren
Der Liebe, die ich Dir geweiht;
Doch Rache werde Dem geschworen,
Der Dir bereitet Gram und Leid.
BIANCA.
Flieh! warst Du jemals hold mir Armen:
Verzweiflungsvoll.
Denk meiner Ehre, schwer bedroht …
Mit meinen Qualen hab‘ Erbarmen …
Ich fühl‘ es … Gott! mir naht der Tod.
Sie zieht Viscardo zur Thür, öffnet diese, drängt ihn hinein, verschließt sie, löscht die Lichter und sinkt auf das Sopha.
Zehnte Scene.
Elaisa tritt aus der Thür links, mit einer Lampe in der Hand. Sie bemerkt das kaum verlöschte Licht und dann Bianca auf dem Sopha.
ELAISA.
Nur Nacht und Stille walten rings umher …
Doch glüht die Fackel noch … Sie ist allein …
Und stellt sich schlafend … Er hält sich verborgen …
Sie untersucht die Thüren.
BIANCA das Haupt wendend.
Wen seh‘ ich! … Eine Fremde!
ELAISA an der Mittelthür.
Hier Manfredo.
BIANCA.
O Gott! .. sie weiß …
ELAISA an der Thür rechts.
Und hier …
BIANCA angsthaft.
Kaum athm‘ ich noch.
ELAISA an der Thür rüttelnd.
Von Innen fest verschlossen!
BIANCA sich ermuthigend.
Welch ein Lärmen!
Was wagt Ihr hier in meinem Wohngemach?
Wer seid Ihr? sprecht …
ELAISA betrachtet Bianca forschend.
Ich? Himmel! welche Züge!
Wie von einem Gedanken erfaßt, den sie zu verscheuchen strebt.
Nein, nein!
BIANCA.
Nun? sagt was woll’t Ihr?
ELAISA heftig.
Diesen Schlüssel.
BIANCA.
Ihr? … und wer seid Ihr?
ELAISA.
Wer ich bin? … ich bin …
Erzittert! – En’re Nebenbuhlerin.
BIANCA bestürzt.
Gott! (Nebenbuhlerin!) …
ELAISA.
Und ich bin hier,
Um an dem Gegenstande Eurer Liebe
Zu kühlen meines Hasses heiße Triebe,
Und Euch zu strafen.
BIANCA.
Weh‘ Ihm! Wehe mir!
ELAISA.
Den Eure Liebesbande jetzt umstricken,
Viscardo, Ihn hab‘ ich einst mein genannt;
Hier lag er noch vor wenig Augenblicken
Zu Füßen Euch, von Leidenschaft entbrannt.
Doch strafen will ich ihn, der mich verrathen,
Und Euch, die Ihr der Gattenpflicht nicht denkt;
Hierher, als Rächerin so frevler Thaten,
Hat meinen Schritt die Furie gelenkt.
BIANCA Elaisa betrachtend.
Mit Engelreiz darf Euer Antlitz praugen,
Und voller Grausamkeit ist Euer Herz? …
Ich bin verwirrt … kaum athm‘ ich noch vor Bangen,
Ach! mich vernichtet der Verzweiflung Schmerz.
Glaubt mir … ich wußte nicht … wie konnt‘ ich wagen.
Ich schwör‘ Euch … nie verletzt‘ ich meine Pflicht,
Versagt mir – die so Schweres schon ertragen –
Mir Unglückseligsten Erbarmen nicht.
ELAISA.
Ihr habt gelitten … ja! … jetzt leide ich! …
Mit wachsendem Zorn.
Viscardo! … Er … wo ist er? …
BIANCA.
Großer Gott!
Beherrscht Euch! Ach! wenn Euch Manfredo hört,
So ist Viscardo rettungslos verloren.
ELAISA leidenschaftlich.
Hier ist er also doch? … Schließt auf denn dort.
BIANCA bittend.
Erbarmen! …
ELAISA drohend.
Zu Manfredo eil‘ ich fort.
Sie wendet sich zur Thür.
BIANCA mit ersticktem Schrei.
Nein! Er ist … da … doch soll ich wirklich glauben,
Daß Ihr geliebt ihn, der Euch tief gekränkt:
So wollt nicht grausam ihm das Leben rauben …
Schmach harret meiner Ehre, o, bedenkt …
Erbarmen Ihm, dem Lieb‘ Ihr einst geschenkt.
ELAISA.
Ha! ob auch Folterquaal Ihr jetzt empfindet,
Sie gleicht doch nimmer meiner Seelenpein;
Von Liebesgluth ist Er für Euch entzündet …
Verrather ich … und Mitleid! … niemals! nein!
Wie? Er … und Ihr … ich sollte …
Mit erhobener Stimme.
Manfre …
BIANCA entsetzt sich, Elaisa zu Füßen sinkend.
Ah!
Eilfte Scene.
Viscardo tritt aus der Thür rechts, und entzieht sich Isaura, die ihn zurückhalten will. Elaisa. Bianca.
VISCARDO zu Elaisa.
O haltet ein!
BIANCA, ISAURA.
Gott!
ELAISA zu Viscardo.
Du, Verräther?!
VISCARDO.
Ja!
Auf mich denn mög’t Ihr Euren Zorn ergießen,
Mein Leben leg‘ ich ganz in Eure Hand;
Doch laßt nicht meine Schuld Bianca büßen,
Ihr reines Herz sei nicht von Euch verkannt:
Laßt mich, eh‘ meine Blick‘ im Tod sich schließen,
Euch edel finden, wie ich stets Euch fand.
ELAISA.
Du wagst es noch ein Wesen anzuflehen,
Das schmachvoll sich gekränkt durch Dich gesehen?
VISCARDO.
O Elaisa … Mitleid nur für Sie …
ELAISA der Mittelthür zuschreitend.
Nein.
BIANCA bestürzt.
Elaisa! Dieser Name … wie!
Sie hält in höchster Angst Elaisa zurück.
Ist er der eu’re? Himmel! Hör‘ ich recht? …
ELAISA.
Der meine, ja!
BIANCA.
Und kennt dies Bild Ihr? sprecht.
Sie zieht ein Gemälde hervor, küßt es und zeigt es Bianca.
ELAISA.
Allmächt’ger Himmel! was erblick‘ ich hier? …
Wer ist es, der Euch dieses Bild gegeben?
BIANCA.
Einst gab es eine Elaisa mir,
Der ich gerettet eines Vaters Leben.
ELAISA.
Sie! … Vater! … und ich! … schweige Rachbegier!
Sie neigt sich Bianea zu als wolle sie diese umarmen.
Zwölfte Scene.
Die große Mittelthür wird schnell geöffnet, Manfredo tritt ein; hinter ihm zwei Waffenträger, die außerhalb der Thür stehen bleiben; man blickt durch dieselbe in einen Waffensaal.
ELAISA, VISCARDO, BIANCA, ISAURA.
Manfredo! Er! … Viscardo ist / So bin ich denn verloren.
ELAISA.
Ha jetzt! …
MANFREDO ueberrascht durch Elaisa’s und Viscardo’s Gegenwart.
(Was seh‘ ich hier! … Allein … Brunoro!)
Und der Verräther?
ELAISA.
Vater!
BIANCA, VISCARDO, ISAURA.
O Entsetzen!
Bianka einer Ohnmacht nah, wird von Isaura unterstützt es eilen Damen herbei.
MANFREDO zu Elaisa mit Bedeutung.
Euch find‘ ich hier in diesen Räumen? …
Schon längst wähnt‘ ich Euch heimgekehrt,
Was Euch so spät hier zwingt zu säumen,
Ist wohl hochwichtig Euch und werth.
(Nicht mehr vermag ich zu verhehlen
Zorn, Eifersucht, Haß und Verdacht:
O welche Martern, die mich quälen!
Erliegen muß ich ihrer Macht.)
ELAISA scharf betonend.
Ja! Hier verfolgt man, still im Bunde,
Der Ruhe, Ehr‘ und Liebe Glück;
Was her mich führt zu dieser Stunde,
Es ist das rächende Geschick.
Mein theurer Vater! … welch‘ ein Leid!
Wie halt‘ ich den geschwor’nen Eid?
Wer hat noch jemals unverschuldet
So herbe Quaal als ich erduldet?
BIANCA, VISCARDO.
(Wem würd‘ hier bang‘ das Herz nicht schlagen?
Das Antlitz des Tyrannen droht;
Ein Wort genügt uns anzuklagen,
Dies Wort weiht uns der Schmach, dem Tod.
Doch nur für Sie / Ihn ergreift mich Beben,
Zu retten Sie / Ihn, biet ich mein Leben.
Wer hat wohl jemals unverschuldet,
Solch herbes Weh als ich erduldet!)
ISAURA, CHOR.
(Hier Argwohn, Zorn, – dort Angst und Schmerz –
Für sie fühlt Mitleid jedes Herz!
Ach! welchem Schreckensloos geweiht
Hat sie des Schicksals Grausamkeit.
MANFREDO zu Elaisa.
Enthüllt uns denn das schreckliche Geheimniß;
Verschweigt mir nichts, die Wahrheit will ich hören; –
Scharf betonend.
Versucht es nicht, die Schuldigen zu retten:
Erzittern möge, wer mich feig verrathen,
Wer mich zu hintergehen keck gewagt. –
Ihr Wachen! auf, herbei!
Die Waffenträger entfernen sich.
BIANCA, VISCARDO.
Wie klopft mein Herz!
ELAISA.
Wißt: Hochverrath ..
MANFREDO ungestüm.
Nun? …
BIANCA.
(Gott! ich zitt’re!)
VISCARDO.
Himmel!
ELAISA einen raschen Blick auf Bianca und Viscardo werfend.
Zwei Pflichtvergess’ne …
MANFREDO drohend.
Nennt sie.
VISCARDO entschlossen hervortretend.
Ich allein …
MANFREDO.
Wie! …
ELAISA.
Er allein … ja … er nur hat gehört,
Wie zwei Verräther schnellen Tod Euch schwören; …
Im Schutz der Dunkelheit entkamen beide …
Von diesem Vorgang bracht er treu mir Kunde;
Und eiligst hat die Sorg‘ um Eure Rettung
Uns hergeführt …
BIANCA UND VISCARDO.
(Welch edelmüthig Wesen!
Sie selbst entreißt uns drohender Gefahr.)
MANFREDO argwöhnisch.
Und wär‘ es wirklich wahr was ich vernommen?
STIMMEN von Innen.
Ha! Agrigent! Auf, zu den Waffen! fort!
Verrätherei! zum Schwerte! Agrigent!
MANFREDO.
O! welche Höll‘ in meinem Innern brennt!
ELAISA.
Mein Vater! O Du bindend Eideswort!
Dreizehnte Scene.
Die Vorigen. Chor von Rittern und Edelleuten. Wachen im Saale sich aufstellend.
CHOR.
Manfredo! sieh uns stark bewehrt,
Zu schützen Dich, dem Unheil droht;
Wir schwören dem Verräther Tod,
Und weih’n Dir Herz und Hand und Schwert.
Zeig‘ uns die nahende Gefahr,
Führ‘ uns entgegen Deinem Feind;
Wir sind zum Kampf und Sieg vereint:
Verderben der Verräther-Schaar!
MANFREDO.
Ha! meiner Edlen Kriegsruf hör‘ ich schallen,
Entflammt ist, Helden, Eure Siegesgluth;
Vielleicht will Agrigent uns überfallen,
Und hier birgt sich ein Feind voll Frevelmuth:
Doch zitt’re er vor meiner Rache Wuth.
CHOR.
Mag Agrigent nur keck uns überfallen:
Erzittern soll’s mit den Verräthern allen.
ELAISA UND BIANCA zu den Rittern.
Euch lächle hold der Sieg; – mit Ruhmeskränzen
Lohnt bald die Liebe Eure Tapferkeit;
Der junge Tag mag leuchtender erglänzen,
Als Friedensbote, bannend Schmerz und Leid.
(Mein armes Herz, Du bleibst dem Gram geweiht.)
CHOR.
Der junge Tag mag leuchtender erglänzen,
Geschmückt mit Palmen und mit Lorbeerkränzen.
VISCARDO betonend.
Mein ist die Rache! furchtbar will ich röthen
Mit des Verräthers Herzblut meine Hand;
Ha! jenen Frevler darf allein ich tödten,
Von heißem Durst nach seinem Blut entbrannt.
Weh Ihm! wo er auch immer Zuflucht fand!
CHOR.
Mögst Du gerechte Rache denn vollbringen,
Und Dir des Sieges Ehrenpreis erringen.
Trommeln und Trompeten von Innen, die sich antworten und und dann vereinen. Krieger und Volk strömen herbei und stellen im Waffensaale sich auf.
ALLE.
Horch! Kampfesruf … hinaus in die Gefahren …
Das Volk erscheint, es sammeln sich die Schaaren
Dem Feind Vernichtung! muthig in den Streit.
Frisch auf den Feind! Laßt uns den Tod verachten,
Uns führt die Treue, hold dem Glück der Schlachten:
Hoch Syrakus! Sieg unsrer Tapferkeit!
Manfredo vereint sich mit den Rittern und folgt den Kriegern mit Viscardo, der mit Bianca sich begegnet. Elaisa drückt der Letzteren die Hand, welche mit Isaura und den Damen zurück bleibt.
Ende des ersten Aktes.
Zweiter Akt.
Erste Scene.
Freier Platz.
Links Manfredo’s Palast. Wachen an der Thür und andre Krieger in der Nähe; rechts ein Gotteshaus, Läden und Zelte im Hintergrunde.
Kriegerschaaren, Bürger und Handwerker bewaffnet; Volk, Fischer, Soldaten.
CHOR.
Heil Syrakus! – Viktoria!
O Kriegers Heimkehr, welche Lust!
Des Ruhmes Lorbeer winkt ihm da,
Und jeder Freund von fern und nah,
Sinkt froh dem Sieger an die Brust.
Keck hat der stolze Feind geglaubt,
Uns überfallen könn‘ er hier;
Solch eitler Wahn ward ihm geraubt,
Denn löwenmuthig kämpften wir:
Mit Deinen Tapf’ren im Verband
Bleibst ewig frei Du, Vaterland;
Den Helden Preis, und Ehre Dir!
Tag! dem des Sieges Sonne hold,
Den Syrakus stets festlich grüßt,
Dem Lorbeer, dauernd frisch, entsprießt:
Dir wird Bewund’rung stets gezollt.
Ha Agrigent! Mit Spott und Schand‘
Zahlst Du die freche Ruhmbegier;
Herbei, herbei! Dir stehen wir! …
Mit Deinen Tapfren im Verband
Bleibst ewig frei Du, Vaterland!
Den Helden Heil, und Ehre Dir! –
Preist Ruhm und Kampf im jubelnden Gesange,
Jauchzt dem errung’nen Sieg aus voller Brust;
Hoch feiert ihn bei hellem Becherklange,
Die flücht’ge Stunde gönnt der Freud‘ und Luft.
Sie eilen in die Zelte.
Zweite Scene.
VISCARDO von der Seite des Tempels herkommend.
Ha! furchtbar, doch verdient traf ihn die Rache,
Brunoro fiel: Du bist gerächt, Bianca. –
Auf ihrem Kirchgang hab‘ ich heut Isauren
Ein Blatt für Dich Geliebte mitgegeben;
O, wann werd‘ ich Dich wiedersehn, mein Leben!
Wer schildert sie, die himmelreine Wonne
Die unser Herz beim Wiederseh’n empfand; …
Die, gleich dem Strahl des Blitzes, schnell entschwand, …
Wann glänzt uns wieder solcher Freuden Sonne!
Kehrst Du zurück einst, sel’ger Augenblick?
Ja! lächeln wird uns neu der Liebe Glück.
CHOR.
Den Tapfren Heil! Laßt Ruhm und Ehre leben!
Sang, Liebe, Frohsinn und den Gott der Reben,
Dritte Scene.
Aus dem Palaste tönen klagende Stimmen; Frauen kommen von dort her und wenden sich traurig dem Gotteshause zu.
FRAUEN.
O Tag des Jammers! Die Beweinenswerthe!
MÄNNER herbeieilend.
Was ist gescheh’n?
FRAUEN.
Dahin ist jede Freude.
MÄNNER.
Was künden Eure Thränen, Eure Klagen?
FRAUEN.
Bianca …. weh! .. Bianca ist nicht mehr.
VISCARDO in höchster Aufregung.
Bianca …. wie? .. was sagt Ihr?
FRAUEN.
Unerwartet,
Ach! furchtbar schnell hat sie der Tod ereilt:
Als Leiche sank sie in Manfredo’s Arme.
VISCARDO, CHOR.
O Tag des Unheils! Zürnendes Geschick!
VISCARDO.
(Du todt Bianca, meines Daseins Glück!)
CHOR.
So schön … geliebt … fromm .. voller Engelgüte,
Und sterben muß sie in des Lebens Blüthe!
VISCARDO.
Verhängniß, das mir grausam Freud‘ und Frieden
Zugleich mit Ihr, der Heißgeliebten, nahm:
Warum mich fesseln an die Welt hienieden,
An ein verödet Dasein voller Gram!
O Schmerz, so schenke Du mir denn Erbarmen:
Vereine mit Bianca bald mich Armen.
Doch bin ich ausersehen vom Geschicke
Mein schweres Loos zu tragen in Geduld:
Dann sterbe der Verräther voller Tücke,
Der sie getödtet, die so rein von Schuld;
An ihrer Gruft will ich sein Blut vergießen,
Dort soll der Frevler sein Vergehen büßen.
Er entfernt sich.
CHOR.
O Schicksal! das erbarmungslos
Bianca senkt in Grabesschooß!
Daß dieses Tages Fröhlichkeit
Verwandelt in das tiefste Leid!
Der Chor verliert sich, die Frauen und Bürger gehen in den Tempel.
Vierte Scene.
Ein entlegner Ort nahe dem Palaste Manfredo’s, von Cypressen und Trauerweiden und einer hohen Mauer umschlossen, welche mit Ephen bewachsen ist. Man erblickt mehrere Grabmäler der Grafen von Syrakus. Links ein Theil der Außenseite des Tempels; rechts ein Monument mit Stufen, das an die Mauer sich lehnt. Zwei Piedestals mit Urnen. Ohnweit jenes Denkmals eine Thüre, durch welche man aus dem Palaste in die Grabstätte gelangt. Es ist Abend und die Sonne im Untergehen.
Manfredo kommt aus der Thür des Monuments rechts; er verschließt sie und steckt den Schlüssel ein; dann blickt er umher.
MANFREDO.
Dem Frieden der Entschlafenen geweiht! …
Du furchtbar und erhabenes Asyl,
Nach langen Jahren seh‘ ich heut‘ Dich wieder:
Mit welchem Herzen! und was führt mich her!
Ha! würdig bin ich Eurer, meine Ahnen,
Nie habt Ihr Kränkung ungerächt erduldet. –
Nur Elaisa weiß um meine Schmach,
Um meine Rache ….
Man vernimmt die dumpfen Töne einer Glocke.
Horch! .. die Todtenglocke
Von dort herüber, aus des Tempels Hallen
Hör‘ ich die düst’ren Grabesklänge schallen.
Trauermusik in der Kapelle, hierauf beginnt der Gesang der dort vereinten Frauen.
CHOR.
O Gott! zu Deines Himmels Frieden,
Den uns Dein heilig Wort verheißt,
Den allen Frommen Du beschieden,
Schwang sich empor Biancas Geist.
Die zu den Engeln Du erhoben,
Hat Engeltugend auch geübt;
Mag sie uns lieben nun dort droben,
Wie sie auf Erden uns geliebt.
MANFREDO.
Um Himmelsfrieden fleht man dort für Sie …
Die mich verrathen … die ich streng bestraft,
Die ich entseelt geglaubt … sie athmet noch?
Ich bebe! .. Welch ein Schauer weht mich an?
Wär‘ es das Strafgericht des Unerforschten?!.
Ja! … und wenn Argwohn! Wahn der Leidenschaft
Mich arg verblendet! … wenn ich ein Verbrechen! …
O Du mein Herz, gequält von Schuld und Leid,
Dich mahnt Dein Schöpfer: Denk der Ewigkeit.
Er blickt bewegt zum Himmel empor. faltet die Hände und knieet nieder.
O Gott! auf Deines Reiches Frieden
Hofft bang mein fündig Herz nicht mehr;
Zu viel gefehlt hab‘ ich hienieden,
Zu oft erzürnt Dich, und zu schwer.
Gott! Gnade schenkst Du jeder Reue,
Entzieh auch mir nicht Deine Huld:
Im Staube fleh‘ ich: Herr verzeihe!
Vergieb‘ Allgüt’ger meine Schuld.
Fünfte Scene.
Stimmen von Außen. Manfredo sich fassend, öffnet die Thür. Ritter und Edelleute treten ein.
CHOR.
Manfredo, komm!
MANFREDO.
Es nah’n die tapf’ren Meinen,
Vor ihnen darf ich muthlos nicht erscheinen.
CHOR.
Entreiß Dich der Entschlafnen Friedensräumen,
Gerechten Schmerz besieg‘ als starker Held;
Gieb preis die Myrthe, Lorbeer wird Dir keimen,
Dich ruft das Vaterland: hinaus in’s Feld!«
Noch kann Verrath des Krieges Flammen nähren,
Noch ist nicht Agrigento ganz besiegt;
Vergessen lernst Du Deines Schmerzes Zähren,
Wenn Deinem Schwert der stolze Feind erliegt.
MANFREDO.
Ha! sinken sollen Agrigento’s Fahnen,
Es sei besiegt durch uns’rer Helden Muth!
Wenn Vaterland und Ehre laut mich mahnen;
Entflammt in mir hoch der Begeist’rung Gluth.
O schöner Tod Du, auf dem Feld der Ehre,
Wer trotzt für Deinen Ruhm nicht der Gefahr!
(Und, wenn ich heim nach stolzen Siegen kehre,
Reicht mir den schönsten Kranz die Liebe dar.)
Er geht mit dem Chor ab.
Sechste Scene.
ELAISA tritt aus der großen Thür, die sie hinter sich verschließt.
Ja! mein Gelübde will ich treu erfüllen.
Du, theurer Vater, und Du heilig Bild:
O steht mir bei im Kampf der Leidenschaft. –
(Manfredo hat mir diese Gruft bezeichnet;
Beklagenswerthe! . Sie beklagenswerth?
Sie? wird sie nicht von Ihm geliebt? … Ich öffne.
Sie schließt die Gruft auf und zieht sich zurück.
Siebente Scene.
Bianca in weißem Gewande. Elaisa in der Entfernung.
BIANCA.
Ha! wieder Licht! … und Himmel! … Freiheit! … Leben! …
Niederkniend.
Gott des Erbarmens, Dank! …
Sie erhebt sich.
Doch … wer bringt Hülfe?
Wo ist ….
Elisa erblickend.
Ah! …
ELAISA sanft.
Flieht mich nicht … reicht mir die Hand …
BIANCA.
Euch? die Ihr hergekommen ….
ELAISA.
Euch zu retten
BIANCA betroffen.
Zu retten … mich?
ELAISA.
Ja! heut lös‘ ich den Eid,
Den ich auf jenes Bild einst fromm geschworen,
Als Ihr des Vaters Leben mir gerettet:
»Mag in Gefahr dies Bild Dir Schutz verleih’n.«
So sagt‘ ich Euch: Gott hat den Schwur gehört,
Er schützt Euch durch dies Bild.
BIANCA. zweifelhaft und scheu.
Und darf ich glauben
Manfredo … sprecht ..
ELAISA.
Er hat zu mir Vertranen.
Durch einen Dolchstoß wollt‘ er Euch ermorden;
Denn strafbar wähnt Euch seine Eifersucht
Durch jenes Blatt, das Er an Euch gerichtet,
Der … der Euch glühend liebt … doch von Brunoro
Ward jenes Schreiben treulos unterschlagen,
Er starb, eh‘ dessen Sender er genannt.
BIANCA.
Und ich auch sterbe, weil ich fest verweigert
Ihn je zu nennen.
ELAISA.
Euch durch Gift zu tödten.
Rieth ich Manfredo, um so Mitbewußte
Bei seiner schweren Rache That zu meiden.
BIANCA. unruhig.
Und Ihr? ….
ELAISA.
Mich sendet er jetzt her zu Euch,
Daß ich, das Gift zu trinken, Euch bewege.
Sie zieht eine Phiole hervor.
BIANCA.
Und jenes also ist …
ELAISA.
Ein Schlaftrunk nur
Doch stark genug, um Euch auf lange Stunden
In Todesschlaf zu senken: diesen trinkt Ihr,
Sobald Manfredo eintritt.
BIANCA. angstvoll.
Nun? … und dann? …
ELAISA.
Bedacht ist Alles, nichts werd‘ ich vergessen,
Der Himmel nehme gnädig Euch in Obhut,
Dann kehrt Ihr unversehrt zurück ins Leben.
BIANCA. schnell und freudig.
Und Er? Viscardo? ….
ELAISA. leidenschaftlich.
Ha!
BIANCA. traurig und schüchtern.
Ich seh‘ Euch beben.
ELAISA.
Viscardo! … welch‘ verhängnißvoller Name
Der Euren Lippen hier und jetzt entbebt,
Der wieder preis mich giebt dem tiefsten Grame,
Dem Weh, das zu vergessen ich gestrebt.
Kaum fühlt‘ ich noch des Herzens mattes Schlagen,
Vollendet wähnt ich meines Daseins Lauf ….
Doch dieser Name! … Ha! kann ich es tragen? …
Reißt alle Wunden meiner Seele auf.
BIANCA.
Ach, wollet meinem Herzen still vergeben,
Daß liebentglüht es unbewußt gefehlt;
Nur Eurer Milde dank ich heut mein Leben,
Und doch vergaß ich, welches Weh Euch quält.
Ich seh‘ den Kampf in Eurem wunden Herzen,
Die Großmuth, die den Sieg in ihm erringt;
O, haßt mich nicht! die Unheil nur und Schmerzen
Auf Euer Haupt für solch ein Opfer bringt.
ELAISA.
Ja wahrlich! leichter dünkt es mich zu sterben
Als zu erdulden meines Inn’ren Pein.
BIANCA.
Weh! Ich nur bring‘ Euch Unheil und Verderben,
So laßt mich denn des Todes Beute sein.
ELAISA.
Ihr sterben! Ihr? vertraut dem schönsten Glücke,
Geliebt! .. nein! .. sterben darf nur ich allein.
BIANCA.
Ach, Arme! – Thränen netzen Eure Blicke
Laßt uns’rem Loos vereint uns Zähren weih’n.
BEIDE.
Dem Herzen voll vergebnem Sehnen,
Dem jeder Hoffnung Traum entschwand;
Hat mild die Gottheit Thau der Thränen,
Als Trost in heißem Schmerz, gesandt.
O, doppelt süß, sie zu vergießen,
Wenn sie am Freundesherzen fließen.
Sie umarmen sich.
Ja, weine! laß Dich fest umarmen,
Vergessen hab‘ ich meiner Qual,
Am Thron des Ew’gen wohnt Erbarmen:
Noch glänzt auch uns ein Freudenstrahl.
BIANCA.
Viscardo!
ELAISA. mit Entschlossenheit.
Muth! Du wirst ihn wiederseh’n
Und, fliehend aus des Todes kalten Armen,
Wirst Du an des Geliebten Brust erwarmen.
BIANCA. freudig.
Wie? meiner harrt‘ ein Loos, so himmlisch schön?
Und Du?
ELAISA.
Ich folge ernstem Pflichtgebot:
Mir bleibt nur Eines übrig noch.
BIANCA.
Was?
ELAISA. entschlossen.
Tod!
BIANCA.
Weh!
Man hört einen Schlag an der Thür.
ELAISA.
Horch! Manfredo! Welch ein Augenblick!
Sie öffnet.
BIANCA.
Ich bebe nicht mehr scheu vor ihm zurück.
Achte Scene.
Manfredo. Elaisa. Bianca.
MANFREDO. Zu Elaisa.
Nun? hat sie über ihr Geschick entschieden?
ELAISA.
Sie trinkt das Gift.
MANFREDE.
Und des Verräthers Name,
Nach dessen Herzblut meine Seele dürstet? ….
Zu Bianca.
In einem fernen Kloster sollst Du leben,
Wenn Du den Ramen nennst …
BIANCA. mit Entschiedenheit.
Nein! niemals, nein!
Ich will Dein schuldlos Racheopfer sein, …
Doch ich allein, erbarmungsloser Mann!
MANFREDO. zornig.
Wohl! gehe dem Verräther denn voran!
Terzett.
MANFREDO.
Trink denn das Gift, Du ungetreue!
Daß, fröhnend heißer Rachelust,
Ich Deiner Folterquaal mich freue,
Des letzten Hauches Deiner Brust.
Er, den Du liebst … o, laß Dein Hoffen
Er werde meinem Haß entfliehn;
Von meinem Schwert fällt er getroffen,
Früh oder spät entdeck‘ ich ihn.
(Ja! ihn ereilt mein Strafgericht,
O Herzensstimme täusch‘ mich nicht.)
BIANCA.
Reich mir das Gift … nicht werd‘ ich zagen
Vor dem Geschick, das mich bedroht;
Wähnst Du, jetzt sei ich zu beklagen? …
Mein Leiden endet mit dem Tod.
Doch zitt’re Du: mir lebt auf Erden
Ein Rächer: flieh‘ sein Angesicht;
Er wird Dein Opfer nimmer werden,
Doch seinem Schwert entrinnst Du nicht.
O du mein Herz, das hörbar schlägt,
Verrathe nicht, was dich bewegt.
ELAISA. zu Manfred.
Laßt mich im letzten Augenblicke
Der Todgeweihten Beistand leih’n;
Zu Bianca.
Gehorcht in Demuth dem Geschicke,
Tragt standhaft Eure Todespein.
Ha wahrlich! furchtbar ohne Gleichen
Ist der verrath’nen Liebe Schmerz;
Er weiß das Opfer zu erreichen;
Verzweiflung bricht das arme Herz:
(Birg das Gefühl, das Dich bewegt
O Herz, das ohne Hoffnung schlägt.)
Laßt mich der Trost der Armen sein,
Und ihr im Tode Beistand leihn.
Bianca trinkt aus der Phiole, welche Elaisa ihr darreicht, wirft sie weg, schaudert, schwankt und sinkt in Elaisa’s Arms. Manfredo geht in wilder Freude ah.
Ende des zweiten Aktes.
Dritter Akt.
Erste Scene.
Zimmer in dem von Elaisa bewohnten Palaste. Im Hintergrunde eine durch Vorhänge geschlossene Nische. Zwei Seitenthüren, ein großes Fenster; Tisch und Stühle.
Elisa mit gelöstem Haar sitzt an einem Tische, auf welchem ein Candelaber mit brennenden Kerzen sich befindet. Sie erhebt sich, ergreift das Licht, und geht der Nische zu, in der man Bianca schlafend erblickt, das Bild ruht auf ihrer Brust.
ELAISA Bianca betrachtend.
Da ruht sie! .. Schön selbst als ein Bild des Todes;
Ach! allzuschön nur für mein blutend Herz.
Sie entfernt sich von der Nische und schließt die Vorhänge.
Schon wähnt Manfredo sie in’s Grab gesenkt;
Der Macht des Goldes wich des Hüters Treue;
Im Dunkel ward Bianca hergebracht:
Und hier, dem Dasein bald zurückgegeben,
Wird sie sich sonnen in des Theuren Blick …
Mit Betrübniß.
Und ich! … und ich? … werd‘ ich auch dann noch leben? …
Nein! .. sterben heißt mich grausam mein Geschick.
Es sei! Still! .. Ihr Bewußtsein kehrt zurück.
Sie nähert sich Bianca und betrachtet gerührt sie und das Bild, und nimmt es ihr von der Brust.
Nein! fest noch schläft sie, wie in Grabesruh; …
Der Heil’gen Bild! .. O Mutter, fromm gesinnt
Erflehtest ihren Schutz Du für Dein Kind;
Ach Heilige, nicht mich beglücktest Du.
Doch werd‘ ich nun dem Tod zum Raube,
Dann steh mir bei im letzten Schmerz;
Dann senk‘ erhab’ner, frommer Glaube,
Mir Fried‘ und Trost in’s bange Herz.
O wende lächelnd, voll Erbarmen,
Nur Einmal Deine Huld mir zu;
Im Paradies, in Mutterarmen,
Da harre meiner gnädig Du.
Sie sinkt auf einen Sessel.
Zweite Scene.
Die Thür öffnet sich links: Viscardo tritt ein mit entstellten, drohenden Zügen und schließt die Thür wieder.
VISCARDO.
Da ist Sie!
ELAISA.
Horch! wer naht? Viscardo! Ah!
VISCARDO.
Ich bin es, ja!
ELAISA.
Ihn betrachtend.
Welch zornentflammter Blick!
VISCARDO.
Erschreckt er Euch? Was macht Euch schnell erbleichen;
Wagt keine Lüge; denn Euch hat Isaura
An jenem Schreckensorte still belauscht.
Ihr hattet Gift; und ich hab‘ einen Dolch.
Er zieht ihn zornig hervor.
ELAISA.
Viscardo! Hör‘ ich recht? … Und meine Liebe …
Leidenschaftlich.
Die Eure …
VISCARDO.
Nur Bianca war mir theuer.
ELAISA.
Halt ein! denn jedes Wort aus Deinem Munde
Schlägt meinem Herzen eine Todeswunde;
Welch‘ heiße Liebe hast Du ihr geweiht!
VISCARDO.
Sie war mein Leben, meine Seligkeit.
Hör‘ es verzweifeld eh‘ mein Dolch Dich tödtet:
Bianken nur hat ganz mein Herz gehört;
Gleich einer Heiligen zu den man betet,
Hab‘ ich sie angebetet und verehrt.
Sie schuf zum Himmel mir die Welt der Mängel,
War Trost und Hoffnung mir in jedem Schmerz;
Und mich, mich liebte dieser reine Engel.
So heiß, wie nie geliebt ein menschlich Herz.
ELAISA.
So hast Du nie in meiner Brust gelesen,
Hast, Undankbarer, nimmer mich gekannt.
VISCARDO.
Du Lieb empfinden! mitleidsloses Wesen! …
ELAISA. betonend.
Mein Tod beweise Dir, was ich empfand;
Vielleicht beweinst Du ihn mit heißen Thränen.
Viscardo! meine Sonne war Dein Blick,
Dein Lächeln nur war meiner Seele Sehnen,
Dein Liebeswort ließ still mich selig wähnen,
In Deiner Näh‘ ahnt‘ ich des Himmels Glück;
Um Dich hätt‘ ich entsagt dem Paradiese,
Kein Eden ohne Dich für Elaise! …
VISCARDO.
Ich höre nicht mehr …
ELAISA.
Wohl denn … Dein Begehren …
VISCARDO.
Zu schnellem Tode haltet Euch bereit.
Nur noch Minuten will ich Euch gewähren …
Der tiefen Reue, dem Gebet geweiht;
D’rum hofft Ihr, daß Er Euch der Schuld entlade,
So fleht im Staub um des Allgüt’gen Gnade.
ELAISA.
Und Du! … o, sprich! … schenkst Du mir kein Erbarmen?
VISCARDO.
Ich? … Habt Bianca Mitleid Ihr gezeigt?
Habt Ihr gelauscht dem Jammerruf der Armen,
Als dem Tyrannen sie ihr Knie gebeugt?
Barbarin! ihre Thränen sahst Du fließen,
Und Wonn‘ empfand dabei Dein grausam Herz;
Doch mehr des Blutes noch sollst Du vergießen,
Als Thränen sie vergoß im Todesschmerz.
ELAISA.
Nur Deine Liebe war mein heiß‘ Verlangen,
Der Tod ist ohne sie mein Sehnsuchtsziel;
Doch wähnt‘ ich nicht durch Dich ihn zu emempfangen,
O rief er wach für mich Dein Mitgefühl!
Mein letztes Wort wird Deinen Namen nennen,
Mein letzter Seufzer Liebe Dir bekennen.
VISCARDO in heftigster Gemüthsbewegung.
Ha! sprecht, wo bergt Ihr jetzt Biancas Leiche,
Der Theuren, die mein Glück, mein Leben war;
Ja! sie allein, die Fromme, Engelgleiche,
Hab‘ ich geliebt, lieb‘ ich unwandelbar ….
ELAISA.
Nur Sie? – Nur Sie allein? Du harter Mann!
VISCARDO.
Ja! Noch die Todte bet‘ ich glühend an.
ELAISA.
Du siehst im Todeskampfe mich erblassen,
Und dennoch schenkst Du kein Erbarmen mir?
Verzweiflungsvoll.
Vernimm: mir war es Wonne sie zu hassen;
Ha! schand’re, rase: ich entzog sie Dir;
Mit Lust hab ich zerstört ihr blühend Leben;
Zur Rache, auf! entzügle Deine Wuth!
Ja, Deinem Engel hab‘ ich Gift gegeben;
Bianca fordert laut von Dir mein Blut.
VISCARDO.
Ha! Wahnsinn faßt mich … ob ich träum‘, ob wache,
Ich weiß es nicht … mein Schutzgeist, mir entschwebt,
Wo weilst Du? armes Opfer grauser Rache!
Du todt, und Deine Mörderin .. sie lebt?
Der Rache Geist ergreift mich .. Frevlerin!
Sei denn mit Deinem Blut mein Dolch geröthet;
Bianca ….
ELAISA in höchster Verzweiflung.
Ich, ich habe sie getödtet.
VISCARDO schwingt den Dolch.
Unselige .. Du willst es … fahre hin.
Er ersticht sie.
ELAISA hinsinkend.
Ach! .. Theurer! .. ja .. Da hast .. das Herz .. getroffen
Erfüllt … ist .. meiner .. Seele letztes Hoffen …
Sie erfaßt zärtlich seine Hand; in diesem Augenblick hört man Bianca’s Stimme, von der Nische her.
BIANCA.
Wo bin ich? …
VISCARDO.
Welche Stimme tönt mir nah! ..
BIANCA den Vorhang öffnend.
Viscardo!
BISCARDO.
Sie .. Du lebst? es wäre wahr?
Bianca Du .. entrissen der Gefahr ..
Durch wen?
ELAISA.
Durch … mich … für Dich … gerettet.
BIANCA.
Ja!
VISCARDO.
Und ich! … O Elaisa! … Hülf‘ herbei! …
Er knieet vor Elaisa nieder und unterstützt sie.
ELAISA.
Umsonst! bald bin ich aller Qualen frei.
Mit erlöschender Stimme.
Schon öffner sich der Himmel meinem Blick,
Ihr.. lebt beseligt durch der Liebe Glück;
Zu Viscardo.
O weine nicht, nein … lächle mir entgegen …
Reich mir die Hand … lehr‘ mir Dein Auge zu …
Lebt wohl! … sei mit Euch stets des Himmels Segen …
Ich sterbe .. glücklich … mein harrt … Grabesruh.
VISCARDO.
Weh mir! zerstört hab‘ ich Dein schönes Leben.
BIANCA.
Gott, welch ein Schmerz zerreißt die Seele mir!
VISCARDO, BIANCA.
Du hast für mich Dein Dasein hingegeben:
Der Liebe Opfer! Friede sei mit Dir!
Elaisa sinkt sterbend in Viscardo’s Arme.
Ende der Oper.