Antonio Salieri
Der Rauchfangkehrer oder Die unentbehrlichen Verräther ihrer Herrschaften aus Eigennutz
Ein musikalisches Lustspiel in drey Aufzügen
Libretto von Johann Leopold von Auenbrugger
Uraufführung: 30.04.1781, Burgtheater, Wien
Personen
Frau von Habicht, eine junge Wittwe
Fräule Nannette, ihre majorenne Stieftochter
Johann, der Bediente
Fränzl, die Stubenmagd
Lisel, die Köchinn
Herr von Bär, Liebhaber der Frau von Habicht
Herr von Wolf, Liebhaber der Fräule Nannette
Jakob, der Bediente von Herrn von Bär
Peter, der Bediente von Herrn von Wolf
Volpino, ein Rauchfangkehrergesell
Herr Tomaso, ein Rauchfangkehrermeister mit Gesellen und Lehrjungen
Die Handlung geht in einer Hauptstadt Deutschlandes vor.
Abänderungen des Theaters.
Erster Aufzug: eine Küche, hernach ein Zimmer mit vier Thüren und einem Kamin.
Zweyter Aufzug: ein Zimmer mit drey Thüren.
Dritter Aufzug: das Zimmer des ersten Aufzuges.
Erster Aufzug.
Das Theater stellet eine Küche vor.
Erster Auftritt.
Volpino und die Lisel.
Sie wechseln die Ringe und halten ihr Versprechen in Geheim.
Duetto.
VOLPINO.
Liebste Lisel, mein Vergnügen,
Du mein Herz, mein Schatz, mein Kind;
Bald wird sich auch dieses fügen,
Daß wir eins in Zimmer sind.
LISEL.
Mein Volpino, meine Freude,
Mein Verlangen, meine Lust;
Bald werd ich Trotz allem Neide,
Freyer athmen von der Brust.
BEYDE zusammen.
Wenn ich dir mein Herz und Hand,
Mit dem Jawort zugewandt.
VOLPINO. Nun ist mich die Stein von das Herze, so mich immer gedrücket hat.
LISEL. Und mir ists auch leichter, weil ich itzt weis, wem ich zugehöre.
Zweyter Auftritt.
Johann und die Vorigen.
Man hört an der Kuchelthüre stark anpochen. Lisel verbirgt den Volpino im Kuchelkasten, und geht die Thüre zu eröffnen.
LISEL etwas aufgebracht. Nun! was ist dieß‘ für ein Lärmen?
JOHANN sich herum sehend. Nun! was ist dies für eine Art, die Kuchelthüre zu versperren? – Hast vielleicht einen Vetter bey dir?
LISEL. Ich will ihm die Ursache ganz höflich sagen: damit nicht Hunde, und jeder Lackenpatscher glat herein laufen können.
JOHANN abseits. Hänsel gieb nach!
LISEL. Was will er?
JOHANN. Der Herr von Bär und der Herr von Wolf lassen Ihr viel Schönes sagen, und hier schicken sie Ihr durch mich ein Geschenke für das Soupée, welches Sie gestern bey ihnen gekocht hat. Giebt ihr ein petschirtes Papier.
LISEL gelassen. Waren Sie also zufrieden?
JOHANN. Wie die Fürsten.
LISEL. Das freut mich. Sie eroffnet das Papier. Was? sechs Dukaten? daß heiß ich raisonnable!
JOHANN aufgeblasen. Daß hat Sie mir zu verdanken, ich habe sie vorgeschlagen.
LISEL. Sag‘ er, ich lasse mich schönstens bedanken; und ich wünsche nichts mehr, als beyden Herren bey uns bald das Hochzeitmal zu kochen.
JOHANN stolz. Das kömmt auf mich an. – Itzt hab ich schon ausgeredet. Will fortgehen.
LISEL abseits. Ich aber nicht. Zum Johann. Das glaub ich nicht. – Er ist zwar ein ausgestochener Kopf.
JOHANN. Sie muß wissen, daß wir drey zusammen als Buben in die Schule gegangen sind: ich weiß ihr Aufkommen, ihre Umstände, und ihre Absichten.
LISEL. Ein Glück für Beyde, daß Sie sich an den Johann gewendet haben.
JOHANN. Ja, ich könnte Ihnen ein übles Spiel machen. – Im Vertrauen: wer glaubt sie wohl, daß diese zwey Herren sind?
LISEL. Daß weiß ich nicht.
JOHANN leise. Zwey Jägerhornisten, die in der Liv ee gestanden sind; allein Sie spielten in die Lotterie auf drey Traumnummern, jeder einen Dukaten, und gewannen einen Terno Secco von 40000 Gulden.
LISEL. Daß heiß ich glücklich!
JOHANN. Jetzt reisen Sie herum, geben sich für nobilitirte Kaufleute aus, und suchen in der Fremde durch eine reiche Heurath ihr Glücke größer zu machen.
LISEL. Daß könnten Sie durch unsere Frauen.
JOHANN. Deßwegen habe ich Sie ins Haus gebracht.
LISEL. Daß wird einen Pelz absetzen!
JOHANN. Kleine hundert Dukaten; wovon ich 50 à Conto empfangen habe.
LISEL. Ja! auf die Art steht dieser Herren Glück blos in seinen Händen.
Aria.
Von Johann stolz.
Ich bin der Mann,
Auf mich kömmts an,
Diese Heurath itzt zu schlichten,
Oder gänzlich zu zernichten.
Auf mich kömmts an,
Ich bin der Mann,
Die zwey Herren zu beglücken,
Oder in April zu schicken.
Ich bin der Mann,
Auf mich kömmts an,
Zu vermännern meine Frauen;
Mehr darf ich ihr nicht vertrauen,
Denn fast jedes Frauenzimmer,
Was sie hört, das schwäzt sie immer.
Geht ab.
Dritter Auftritt.
Volpino und die Lisel.
Volpino kömmt aus dem Kuchelkasten. Die Lisel lacht.
VOLPIN. Wie froh bin ich, daß ich von der verfluchter Arrest los bin.
LISEL lacht. Wie gefällt dir diese Komödie?
VOLPIN. Nicht übel. – Wie wäre es, wenn ich und du anch einer Rolle mitspielten?
LISEL. Hum! daß läßt sich hören.
VOLPIN. Sage mir, sind deine Frauen Liebhaberinnen von die Musik?
LISEL. Unaussprechlich. – Fragst du das, weil du selbst ein gelernter Musikant bist? – Du must wissen daß die gnädige Frau, als ledig, eine deutsche Operistinn gewesen; und weil Sie der Fräule fingen gelernet, so hat Sie unser verstorbener Herr in seinen alten Tägen geheurathet.
VOLPIN. Ha! Jetzt ist meiner und deiner Rolle schon bestimmet.
LISEL. Welche Rolle wirst du spielen?
VOLPIN. Der Rolle von einer Nebenbuhler der zwey Messieurs.
LISEL aufgebracht. Was? – untersteh‘ dich, – ich kraze dir die Augen aus. – Das wäre mir ein Fressen!
VOLPIN. Mein Schatz! – du spielst ja mit – höre bevor meiner Plan. – Ich steh dir gut daß wir zwey bey diese Komödie sicher mehr gewinnen, als mancher Impressario bey die wälsche Opera.
LISEL. Du wärst mir ein schöner Nebenbuhler, du schwarzer Teufel.
VOLPIN. Laß‘ mir der Sorge. – Höre meiner Plan. – Ich werde die gnädige Frau, und die Fräule mit das Musik, und die Lugerey in mich verliebt machen; da wird mich eine jede zum Mann haben wollen; alsdann werden die zwey Messieurs natürlich in Verlegenheit kommen; dann werde ich ihnen Verstande machen, daß Sie gegen uns mit einer guter Heurathgut herausrücken müssen, wenn Sie in Ihrer Liebe wollen glücklich seyn; hieüber soll euer dummes Bedienter aus Aergerniß das schwere Noth bekommen.
LISEL. Aber was giebst du mir für eine Rolle?
VOLPIN. Du spielst la Messagiera interessata fra gli Amorosi.
LISEL. Deutsch! deutsch!
VOLPIN. Eine eigennützige Liebesunterhändlerin, zwischen mich und deine Frauen. – Du mußt von alles wissen; und wirst von mich all zeit vorhinein der Instruction bekommen, was zu machen.
LISEL. Ich bin einverstanden – du kannst deine Rolle gleich anfangen – du mußt ohnehin den Kamin im Eintrittzimmer kehren. – Ich gehe dich zu melden. Geht ab, kehrt wieder zurück. Du wirst ein Klavier im Zimmer finden.
Aria.
Von der Lisel.
Mein Volpin! darf ich dir traun
Und auf deinen Vorschlag baun?
Wirst du nicht im Spas der Sachen,
Mich zu täuschen Ernst machen?
Abseits und mürrisch.
Argwohn; lasse mich in Ruh!
Zum Volpino zärtlich.
Dir Volpin, dir trau ich zu.
Geht ab.
Vierter Auftritt.
Volpino allein.
VOLPINO tiefsinnig mit sich selbst sprechend. Für mich – einer gebohrner Italianer – dessen Vater einer berühmter Ciarlatano gewesen; ist nur Kleinigkeiter, solcher Plan auszuführen. – Ich danke dir, lieber Vater! in deiner Grab hinein; daß du mich in meine Jugend der Musik hast lernen lassen. – Hat sie mich zu viele schöne Bekanntschaft genützet; und schon vieles gutes Mangiare in mein hungeriges Magen gejagt, und auch manigmal in mein leeres Beutel schöne Denari gebracht. – Jetzt aber mußt du mich und meine Lisel helfen ein gute Heurathgut zu bekommen. – Animo Volpino! – animo! – Coll‘ arte coll Inganno si vive mezzo l'anno: Coll‘ Inganno e coll‘ arte, si vive l'altera parte.
Aria.
Von Volpino.
Fino fino sopra fino,
Wird man sehen der Volpino
Sich erwerben Lieb und Gunst,
Und der Meister in sein Kunst
Da verschwiegen,
Dort belügen.
Schwören, blenden,
Loben, schänden,
Klug und witzig,
Sacht, nicht hitzig;
Macht Vertrauen, Lieb und Gunst,
Und mich Meister in dies Kunst.
Fünfter Auftritt.
Volpino, Franzel die Stubenmagd, hernach die Lisel.
FRÄNZL. Guten Tag Herr Volpino! Sie reibet Koffee.
VOLPIN. Schöne Dank Jungfer Franzel. Giebts viel zu thun?
FRÄNZL. Entsetzlich viel. Heute kommen die zwey Amanten von meinen Frauen schon wieder zum Frühstück. – Bald werd ichs nicht mehr aushalten können.
VOLPIN. Wie so?
FRÄNZL. Tag und Nacht kein Friede. – Ich werde froh seyn, wenn diese Heurath wird vorbey seyn.
VOLPIN. Wie? sollte dieser kurzer Bekanntschaft schon so weit gekommen seyn?
FRÄNZL. Natürlich: man redet schon überlaut von Versprechen.
VOLPIN. Wie hat dann dieses zugegangen?
FRÄNZL. Ganz ungezwungen. Die zwey Herren haben Geld und können Musik; und meine zwey Frauen haben auch Geld, und sind Liebhaberinnen von der Musik.
VOLPIN. Wie viel Geld haben sie?
FRÄNZL. Jede hat 40000 haare Gulden.
VOLPIN. Bagatelle! ist dann euer verstorbener Herr so reich gewesen?
FRÄNZL. Beym Auskehren hat sich so viel gefunden. – Man redet freylich bedenklich von diesem Vermögen. Man sagt: er seye im vorigen Krieg Proviantofficier bey der Armee gewesen.
VOLPIN. A propos! Was für Musik können die zwey Herren?
FRÄNZL. So viel ich verstehe, so röhret einer den Baß, und der andere fidlet auf der Geige, und sumset auch ein wenig.
VOLPIN. Ich bedaure die Jungfer von meiner Herz, wegen die viele Strapazzi, und die wenige Verdienst.
FRÄNZL. Ja mein lieber Herr Volpino, was das unausstehlichste ist, so sind meine zwey Frauen eine Zeit her so räppelköpfig, daß man ihnen nichts mehr recht machen kann.
Aria.
Von der Fränzl.
Wir Stubenmägde sind fürwahr
Geplagte Kreaturen,
Ich diene hier schon sieben Jahr‘
Treu, fleißig, ohne Murren;
Und doch geht keine Stund vorbey,
So lärmen Sie, so ist ein G'schrey.
Erst wenn ich fehl‘, was menschlich ist,
Wie sind sie nicht erbittert?
Fast wie ein Wolf, der Lämmer frißt,
der schnaubt und tobt, und fippert.
Dann geht's aus vollem Hals zu mir,
Du Talk, du Tatsch, du Trampelthier
Was schandlos ist, verschweig ich hier.
Geht ab.
VOLPIN. Ha! Daß ist vortreflich zu meiner Plan.
LISEL ruft bey der Thür. Volpin! Komm in das Eintrittzimmer. Er nimmt seinen Werkzeug und geht ab.
Sechster Auftritt.
Volpino, hernach Frau von Habicht., und die Fräule.
Das Theater stellet ein großes Zimmer vor, welches mit vier Thüren versehen ist, am Ende des Zimmers sieht man den Kamin, und an der Seite ein Klavier. Volpino kömmt durch die Thüre, die in die Kuchel führt herein; sieht sich herum; erblickt das Klavier; setzet sich, und fängt an zu spielen. Frau von Habicht und die Fräule kommen aus ihren Zimmern, behorchen den Volpin, und bewundern ihn.
VOLPIN im hereingehen sich herumsehend. Itzt will ich anfangen meine Rolle zu spielen. Er erblicket das Klavier. Ha! ha! Du bist der Lochspeiser, womit ich zu meiner Vortheiler fischen werde. Er setzt sich zum Klavier und fängt an zu singen mit allmöglicher Karikatur und Ausdruck.
Aria.
Von Volpino.
Augelieti che intorno cantate!
Deh volare alla bella che adore;
Dite a lei, che languisco, e che moro,
Se mi nega Costanza in amor.
Hierunter wird er von beyden Damen behorchet, und abseits in der Stille bewundert.
Siebenter Auftritt.
Lisel und die Vorigen.
LISEL beym eintreten. Euer Gnaden! bleibt es noch bey dem Soupée? so geh ich einkaufen.
FRAU VON HABICHT. Ja, Ja! Lisel geht ab.
VOLPIN stellt sich betroffen, springt auf, gang demüthig. Euer Gnaden! Ich bitte meiner Keckheit zu pardoniren.
FRAU VON HABICHT. Ist schon verziehen.
FRÄULE. Bravo, unvergleichlich. Volpino macht gegen beyde eine tiefe Verbeugung.
FRAU VON HABICHT. Wie heißt er?
VOLPIN. Volpino.
FRAU VON HABICHT. Wo hat er die Singkunst erlernet?
VOLPIN. In Italien.
FRÄULE. Wer war sein Singmeister?
VOLPIN. Farinello.
FRAU VON HABICHT. Farinello? der in Spanien war?
VOLPIN. Der war meiner Meister.
FRÄULE. Warum macht er keinen Singmeister?
VOLPIN stellt sich etwas betroffen. Ja – Ich – Singmeister? bin ichs zu schwacher.
FRAU VON HABICHT. Wie zu schwache? – Ein Schüler von Farinello?
FRÄULE. Warum so betroffen? – eine Antwort! Wahrheit!
VOLPIN stellt sich verwirrt. Euer Gnaden! Frage? – Antwort? – Wahrheit? – darf nicht; – kan nicht.
FRAU VON HABICHT abseits zur Fräule. Nannette! Da stecket etwas dahinter – ein liebenswürdiger Mensch!
FRÄULE abseits zur Frau von Habicht. Mama! er gefällt mir aufferordentlich: sein Anstand zeigt etwas Nobles.
FRAU VON HABICHT. Mein Volpino! Was hindert ihn, eine unschuldige Frage zu beantworten?
VOLPIN traurig. Leider! meine Schicksal.
FRÄULE. Vielleicht aus Eigensinn?
VOLPIN. Den hasse ich.
FRAU VON HABICHT. Vielleicht aus Mißtrauen, weil wir Frauenzimmer sind?
VOLPIN. Noch weniger. – Ich habe zu viele Hochachtung für die schöne Geschlecht.
FRAU VON HABICHT. Ausflucht! Sie nimmt die Fräule auf die Seite, sagt ihr etwas ins Ohr, wovon man das lezte Wort hört. Eine Intrigue.
VOLPIN stellet sich erschrocken. Himmel! – Ach! – ich bin verrathen. – Woher wissen Euer Gnaden meiner Geschlechtsname? – Wer hat meiner Flucht entdecket?
FRAU VON HABICHT hönisch. Frag – Antwort – Wahrheit, – darf nicht, – kann nicht.
FRÄULE. Hä! heraus mit der Geschichte! die uns zum Theil schon bekannt ist.
VOLPIN mit zitternder Stimme. Gut! – Bitte nur um der Verschwiegenheit – dann werde ich alles bekennen.
FRAU VON HABICHT. Besorge er nichts, seine Geschichte soll uns beyden ein ewiges Geheimniß bleiben.
VOLPIN. So bitte ich, die Thüren zu verschliessen.
Beyde laufen auf die Thüren zu, und verschliessen selbe. Volpino setzet zwey Sessel in die Mitte.
Achter Auftritt.
Volpino, Frau von Habicht., die Fräule.
Beyde Damen setzen sich. Volpino stellt sich in die Mitte, macht eine tiefe Verbeugung, und fängt die Erzählung an.
VOLPIN. Gnädige Dames! dieselbe ursprünglich von meiner Stande und meine Schicksal zu belehren; so versichere, daß ich von das Geburt ein Cavalier bin, und zwar von das uralte Geschlecht der berühmten Marchesi d'Intrighi. Der Stammhause von dieser Geschlecht ist Italien, dermaliger Hauptsitz ist Frankreich, von da aus hat sich dieser Geschlecht in aller vier Welttheile ausgebreitet, also zwar, daß man itzt meiner Geschlecht in alle grosse Haupt- und Handelsstädte findet.
FRAU VON HABICHT. Ich kenne hierorts alle adelichen Familien; aber unter dem Namen deren Marchesen d'Intrighi ist mir keine bekannt.
VOLPIN schmeichelhaft. Um Vergeben! – Euer Gnaden was bin dann ich?
FRAU VON HABICHT. Es ist wahr – Nun weiter Herr Marchese!
VOLPIN. Ich bitte unterthänig, mir mit meiner Geschlechtsname noch zu verschonen.
FRAU VON HABICHT. Es soll nicht mehr geschehen. – Nun weiter, Herr Volpino.
VOLPIN. Ich bin begütert in Korsika, hielt mich aber meistens in Genua auf. Da gerieth ich mit andere Kavaliers in der Faraospiel. Ich machte der Tailleur, und hielt der Banque: da war mir die Glück überaus günstig. Ich sah meiner Banque von die Geld der Pointeurs reichlich anwachsen. Ein Kavalier, der bey meine Glück am übelste daran war, beschuldigte mich von einer Betrug in der Spiel. Wir kamen von das Wortwechsel auf Vorwürfer, und dann auf Thätigkeiten. Er gab mich einer Ohrfeige, und ich – ich – unglückselig – erstach ihn auf der Stelle,
FRAU VON HABICHT mit einem Geschrey. Himmel!
FRÄULE mit einem Geschrey. Hölle!
Sie schweigen auf eine kleine Weile alle drey still, und zeigen sich betroffen.
FRAU VON HABICHT. Ach! was thut man nicht in der ersten Rage!
FRÄULE. Unglückseliger Volpin! was geschah hernach?
VOLPIN. Ich entfloh durch das Begünstigung der Nacht, in die Haus von einer Rauchfangkehrer; er hielt mir durch etwelche Tage in seine Haus ver borgen; ich kaufte da von seiner Geselle der hieß Volpino die Lehrbriefer, seine Kleider und das Werkzeuge, und setzte unter seiner Name, und dieses Mascara meiner Person, und meine Leben in Sicherheit, und reisete in der Deutschland.
FRÄULE. Wie steht es aber itzt mit seinen Gütern in Korsika?
VOLPIN. Der Obrigkeit hat selbe an sich gezogen.
FRAU VON HABICHT. Für eine prima Furia ist diese Strafe zu übertrieben. Sie nimmt Volpino auf die Seite: ganz leise. Lieber Marthes! suchen Sie ihre Sache wieder gut zu machen: 1000 Dukaten will ich dazu herschiessen.
Volpin. Macht eine tiefe Verbeugung, und bleibt tiefsinnig stehen.
FRÄULE abseits, mit einer bedeutenden Mine. Ha Nannette! merkst du was? Sie geht auf den Volpino zu, nimmt ihn auf die Seite, und sagt ihm leise. Marches! suchen Sie Ihren Fall wieder gut zu machen, wenn es 2000 Dukaten kostet, so bin ich Zahlerinn.
Volpin. Macht eine tiefe Verbeugung, und bleibt tiefsinnig stehen.
FRAU VON HABICHT zur Fräule. Nannette, Sie sind keinen Augenblick sicher, daß nicht Ihr Lieb haber, der Herr von Wolf eintritt.
FRÄULE zur Frau von Habicht lachend. Kömmt Herr von Bär, der künftige Gemahl der Mama, nicht mit?
FRAU VON HABICHT ihren Zorn zurückhaltend. Was wird also mit Ihren Gütern in Korsika geschehen?
VOLPIN. Euer Gnaden! ich habe einer sehr reicher Oheim in Korsika, dieser hat meiner Processe über sich genommen, ich erwarte alle Augenblicker ein erfreulicher Briese.
FRÄULE. Sie erlauben Marches! daß ich davon den vergnügtesten Antheil nehme.
Volpin. Macht eine Verbengung.
FRAU VON HABICHT aufgebracht. Aber Nannette! Sie vergessen, daß er sich den Namen seines Standes verbeten hat.
FRÄULE hönisch. Ja! nur vor andern Leuten.
FRAU VON HABICHT läßt ihre Aergerniß und Eifersucht gegen die Fräule merken, und geht, die Thüren zu eröfnen; ruft sehr heftig. Johann! – Johann!
VOLPIN abseits, leise. Meiner Rolle spielt sich unvergleichlich.
Neunter Auftritt.
Johann, die Vorigen und hernach die Fränzl.
JOHANN ganz ei fertig. Euer Gnaden!
FRAU VON HABICHT aufgebracht. Wo steckt ihr Flegel? – Warum bereitet ihr nicht zum Frühstücke?
JOHANN. Euer Gnaden, ich konnte bey der verschlossenen Thüre nicht herein.
FRAU VON HABICHT. Ihr Ochs! so klopft man an.
Die Fränzl bringt das Butterbrod.
FRAU VON HABICHT. Habt ihr Trampel den Koffee noch nicht fertig?
FRÄNZL. Euer Gnaden, ich kann ihn den Augenblick bringen.
Volpin steht ganz eingezogen an der Seite. Die Franzel geht hin und her.
FRÄULE zum Volpin. Apropos! Volpin! wir haben gestern Abends auf der Post neue deutsche Lieder bekommen; möchte Volpin nicht so gut seyn, und mir eines accompagniren?
VOLPIN. Euer Gnaden, ich bin aus das Uebung – will probiren. Setzt sich zum Klavier. Mach ich so gut, als ich kann.
FRAU VON HABICHT schmeichelhaft. Liebster Volpin! ich werde am ersten singen.
FRÄULE abseits. Das ist zum Todtschiessen. Verbirgt ihren Zorn.
FRAU VON HABICHT hustet und räuspert sich. Das Lied Nro. II. Geht auf die Seite, ganz leise. Ach daß ich mich diesmal zu einer Marchesin hinauf singen könnte.
Die Fräule hört es, und lacht auf der Seite.
Aria.
Von der Frau von Habicht.
Ganz geheim und in der Still
Wollen wir uns lieben,
So entgeht dem Neid das Ziel,
Uns Zwey zu betrüben.
VOLPIN. Euer Gnaden haben einer englischer Stimme, die mich bis in der Grund des Herzele dringt Leise. und mich sterblich in Euer Gnaden verliebt macht.
FRAU VON HABICHT giebt ihm heimlich ein Geschenke. Volpin accompagnirt unverbeßerlich Leise zu ihm. daß man ihn lieben muß.
FRÄULE. Volpin, itzt ist die Reihe an mir. – Accompagnire er mir die zweyte Strophe des nemlichen Liedes. Abseits, sie räuspert sich. Ach! daß ich diese Stiefsekatur bis zur Verachtung herabfingen könnte.
Aria.
Von der Fräule.
Wissen soll die Freundinn nie,
Wie wir uns verehren;
Denn aus Neide könnte sie
Unser Lieben stöhren.
VOLPIN. Euer Gnaden haben ein unvergleichlicher Stimme Zu ihr ganz leise. ich bin entzückt und verliebt.
FRÄULE giebt ihm heimlich ein Geschenke. Ich danke für das trefliche Accompagnement Ganz leise zu ihm. welches mich ganz in ihn charmirt.
Volpin steht vom Klavier auf, macht gegen Beyde seine Verbeugung.
VOLPIN. Euer Gnaden pardoniren meine Fehler. – Itzt ist Zeit daß ich der Kamin kehre.
FRAU VON HABICHT. Volpin! ich bin entschlossen, ihn zum Sprach und Singmeister zu wählen. – Man sagt: ich spreche die Worte in welschen Arien fehlerhaft aus.
FRÄULE. Den nämlichen Fehler hab ich auch. Folgsam bin ich entschlossen, den Volpin gleichfalls zu meinem Sing- und Sprachmeister zu nehmen.
VOLPIN. Ich mache mir eine Gnade, Euer Gnaden zu bedie en. Nur belieben Sie einer Stunde zu bestimmen, wenn ich kommen soll.
FRAU VON HABICHT. Heute Mittags speise ich aus. Nachdenkend Nachmittage von 4 bis 5 Uhr – Adieu! Geht in ihr Zimmer.
FRÄULE zärtlich. Marchese! ich wähle die Stunde von 5 bis 6. Adieu! Adieu! Geht in ihr Zimmer.
VOLPIN. Bis hieher geht alles so, wie ich wünsche und verlange. Er bereitet sich, den Kamin zu kehren, und steigt den Rauchfang.
Zehnter Auftritt.
Herr von Bär, Herr von Wolf, Johann, Peter, Jakob.
Johann. Er hält die Eintritthüre solange offen, bis die zwey Herren mit ihren Bedienten im Zimmer sind.
HERR VON BÄR aufgeräumt. Nu lieber Johann! wie gehts?
HERR VON WOLF sehr fröhlich. Sind seine Gnädige schon angezogen?
HERR VON BÄR. Was giebts Neues?
HERR VON WOLF. Kommen wir vielleicht zu frühe?
JOHANN. Meine gnädige Herren! – mir geht es, so so; – das Frühstück ist schon bereit – die gnädige Frauen find noch in ihrer Negligee – Leise. Neues aber giebt es mehr, als Euer Gnaden sich wünschen zu hören.
HERR VON WOLF. Wie so?
Johann giebt Beyden zu verstehen, daß die Bedienten abtreten sollen.
HERR VON BÄR zum Bedienten. Jakob, seht ob auf der Post keine Briefe an mich da sind? – kömmt alsdann wieder hieher. Der Bediente geht ab.
HERR VON WOLF zum Bedienten. Peter! bestellet mir den Jubelenjuden Isaac, sagt daß er um 12 Uhr in mein Quartier komme. – Bringt mir die Antwort hieher. Der Bediente geht ab.
JOHANN. Gnädige Herren! meine zwey Frauen speisen aus.
HERR VON BÄR. Das wissen wir.
JOHANN. Aber daß wissen Euer Gnaden nicht, daß Sie einen Nebenbuhler haben?
HERR VON WOLF. Daß wäre der Teufel!
JOHANN. Nicht viel weniger.
HERR VON BÄR. Wen denn?
JOHANN. Einen Rauchfangkehrer.
Beyde Herren lachen aus vollem Halse.
HERR VON WOLF. Johann! du bist ein Narr.
HERR VON BÄR. Kerl! du bist nicht gescheid.
JOHANN. Still! Er deutet auf die Zimmerthüren seiner Frauen. Er hat es bey seiner ersten Erscheinung soweit gebracht, daß sich beede Frauen mit ihm eingesperrt, und lange unterredet haben.
HERR VON WOLF. Weis er nichts von ihrer Unterredung?
JOHANN. So genau ich sie bey dem Schlüsselloch belauschet habe, so wenig habe ich verstanden. Unterdessen ist es sicher, daß diese halbwelsche Kanalie mit seinem Klavierspielen und Singen beede für sich ganz gewonnen hat. – Sie eifern unter sich wie zwey Katzen um diesen schwarzen Teufel,
HERR VON BÄR. Singt er gut?
JOHANN. Zwanzigmal besser, als Sie gnädiger Herr.
HERR VON WOLF. Ist er noch im Hause?
JOHANN. Eben steckt er in dem Rauchfange von diesem Kamin.
HERR VON WOLF abseits zu Herrn von Bär. Es sind Beede flüchtig genug, um Thorheiten zu begehen.
HERR VON BÄR. Johann! melde er uns.
JOHANN. Um Himmelswillen! ich bitte von mir nichts merken zu lassen. Er geht, Sie zu melden.
Elfter Auftritt.
Herr von Bär, Herr von Wolf.
HERR VON WOLF. Das wäre für uns ein verfluchter Streich!
HERR VON BÄR. Wir müssen folgsam ernstlich gedenken, wie in der Sache vorzugehen ist. – Sollen wir diese Ausschweifungen ahnden? oder soll man Ihnen Vorstellungen machen?
HERR VON WOLF. Herr Bruder, daß behüte der Himmel! Sie sind zu stolz, Ahndungen zu ertragen; und zu leichtsinnig, Vorstellungen zu empfinden. Nachdenkend. Wie? wenn der Kerl käuflich wäre?
HERR VON BÄR. Der Einfall ist unvergleichlich. – Zu diesem Versuch soll uns bald eine Gelegenheit aufstossen. Still! – die Thüre geht.
Zwölfter Auftritt.
Fr. v. Habicht, die Fräule und die Vorigen.
Frau von Habicht kömmt ganz mürrisch aus ihrem Zimmer; wie eben die Fräule. Jede zeigt ihrem Liebhaber eine merkliche Abneigung; und um sich zu necken, attachiret sich die Frau an den Liebhaber der Fräule; die Fräule aber an den Liebhaber ihrer Stiefmutter
Duetto.
Von Herrn von Wolf und Herrn von Bär.
Wolf geht der Fräule entgegen.
Angebette holde Schöne!
Ach vergönne!
Bär geht der Frau von Habicht entgegen.
Angebette holde Schöne!
Ach vergönne!
Beyde zusammen
Daß mein treuer Lippenrand,
Auf dein perlenweiße Hand,
Drück bey diesem Morgengruß,
Einen Kuß.
Jede giebt ihrem Liebhaber die Hand mit Kaltsinn zu küssen.
FRAU VON HABICHT verdrüßlich. Wie befindet sich Herr von Bär?
HERR VON BÄR. Immer vergnügt, Euer Gnaden aufzuwarten.
FRÄULE abgeschmackt. Wie haben denn Sie geschlaffen, Herr von Wolf?
HERR VON WOLF. Mir träumte beständig von den angenehmsten Geschäften, die ich auf Euer Gnaden Befehl zu vollziehen hatte. – Nur der letzte Traum war Anfangs etwas schreckbar und fürchterlich; aber er endigte sich ganz vergnügt und fröhlich:
FRAU VON HABICHT sehr freundlich. Hat dem scharmanten Wolf von mir nichts geträumt?
HERR VON WOLF. Euer Gnaden waren beständig auf die angenehmste Art in den ersten Traum verflochten.
FRÄULE überaus höflich. Mas traumte denn Ihnen herzallerliebster Bär?
HERR VON BÄR. Mir traumte nichts. – Ich habe die ganze Nacht geschlaffen, wie ein Bär
FRÄULE lacht. Ganz nach der Natur. – Das ist artig.
FRAU VON HABICHT. Schätzbarester Herr von Wolf! ich bitte, erzählen Sie mir Ihren schwermüthigen Traum.
Aria.
Von Wolf.
Ich ritt durch einen finstern Wald,
Bey Abendszeit,
Wo wilder Thieren Aufenthalt
Und Puhu schreyt.
Ich ritte fort, die Nacht brach an,
Ich fehl vom Weg;
Und kam durch eine Seitenbahn
zu einem Steg.
Hier hielt ich still, und stieg vom Pferd,
Und faßt den Schluß:
Du bleibst alhier, schläfst auf der Erd;
Da gschah ein Schuß.
Ein Rauber schwarz, stark wie ein Bär,
Ritt auf mich los.
Ich wußt kein andre Rettung mehr,
Sprang auf mein Roß,
Und ritte was ich reiten mocht,
Durch Pusch und Strauch,
Daß mir und Pferd das Herz gepocht;
Hier war er auch.
Ich grif im Sack, gab ihm mein Gold,
Und all mein Sach.
Der Räuber nahms, und wurd mir hold,
Und ich erwach.
FRÄULE abseits. Ha! – der merkt etwas.
Dreyzehnter Auftritt.
Die Fränzl, der Johann und die Vorigen.
Die Fränzl bringt den Koffee. Johann ordnet die Sesseln, alle setzen sich, und nehmen das Frühstück. Herr von Wolf bedienet die Frau und die Fräule mit Koffee, und Herr von Bär reicht ihnen das Butterbrod.
HERR VON WOLF. Euer Gnaden belieben die Menge des Koffee und der Milch zu bestimmen.
Beide bestimmen alles nach ihrem Geschmack.
FRAU VON HABICHT. Wissen Sie Herr von Wolf! ich habe heute schon gesungen, und auch singen gehört.
FRÄULE. Mein scharmanter Bär! – auch ich habe gesungen.
HERR VON BÄR. Vermuthlich die gedruckten Lieder. Wie gefallen sie?
FRÄULE. Sie find voll Ausdruck und Schönheit, nur Schade das sie deutsch sind.
HERR VON WOLF. Sie würden vielleicht in der französischen Sprache besser gefallen.
FRAU VON HABICHT. Diese Sprache ist für das Gesang eben so abgeschmackt wie die Deut sche. – Italienisch! italienisch sollen sie seyn, das ist die Sprache, welche die Musik belebt, und im Gesang verständlich wird.
HERR VON WOLF. Um Vergeben! das ist nicht der Fehler der Sprache, sondern der Aussprache, welche die meisten deutschen Singspieler bis zur Aergerniß vernachläßigen. Alleine hier Auf beede Damen zeigend. leidet es eine Ausnahme.
HERR VON BÄR. Richtig! beede Gnädige üb ertrefen in der Aussprache und im Gesange jeden welschen Sänger.
FRAU VON HABICHT. Den doch nicht, den ich heute gehört habe.
HERR VON BÄR. Der müßte ein Weltwunder seyn.
FRAU VON HABICHT UND FRÄULE. Ja! ja! das ist er.
Aria.
Des Herrn von Bär.
Bey meiner Seel, dies wäre viel,
Kein Sänger singt all's, was er will;
Er hat sein Ziel.
In dem lobt man nur,
Passagen, Bravour,
Im tönenden Gesang,
Hat jener den Rang;
Der zwickt den Falset,
Und wird sehr erhebt.
Man staunt bey dem Mann,
Die Tiefe des Ton.
Wo bleibt das Crescendo?
Wie klingt das Calando?
Die schmelzende Bindung,
Die schmachtende Schwindung?
Wie sind die Gruppetten,
Tenuten, Falseten?
Das Liscio Staccato?
Das Tempo rubbato,
Dann das Sincopiren,
Und andre Manieren?
Kurz: das Portament;
Das Trillern am End?
Bey meiner Seel, das wäre viel!
Kein Sänger singt all's was er wil,
Er hat sein Ziel.
FRAU VON HABICHT. Geduld! Johann! ruft den Volpin aus dem Kamin.
JOHANN geht zum Kamin, und ruft. Volpino! – Volpino!
VOLPIN aus den Kamin. Was giebts?
JOHANN. Er soll gleich zur gnädigen Frau kommen.
Vierzehnter Auftritt.
Volpino kömmt aus dem Kamin, die Vorigen.
VOLPIN. Was befehlen Euer Gnaden?
FRAU VON HABICHT. Lieber Volpin! sey er so gut, singe er eine welsche Aria.
VOLPIN. Bin ich von die Ruß in der Rauchfang Nachdenkend. rafredato – rafredato – weis nicht wie deutsch. –
HERR VON BÄR. Via! Heiser.
VOLPIN. Si Signore! heiser.
FRÄULE. Sing er nur, so gut er kann.
VOLPIN. Bin schwarz Die Hände zeigend. will mich bevor waschen.
FRAU VON HABICHT. Hat nicht Noth. – Setze er sich.
Volpin setzt sich zum Klavier, und singt mit vielem Ausdruck.
Aria
Von Volpino.
Quesio core sta per voi,
Ne dividerlo vorrei:
Ricordatevi di Lei,
La sua parte ancor ci sta.
Se vi guardo, se vi miro,
Qua languisco, la sospiro,
E mi trovo in sul piu bello
Fra l‘ Incudine & il Martello
Senza quiete e senza pace,
Nel bollor‘ di due Fornace,
E pur v‘ amo in societa.
Nach geendigter Aria steht Volpino auf, und macht eine Verbeugung gegen beyde Herren.
HERR VON BÄR. Bravissimo! Schenkt ihm seine goldene Uhr
HERR VON WOLF. Bravo! Bravissimo! Schenkt ihm seine goldne Tabatier.
VOLPIN. Grazie illustrissimi Signori! grazie!
Fünfzehnter Auftritt.
Johann und die Vorigen.
JOHANN meldet die Bedienten der Herren. Gnädige Herren! die Bedienten sind hier. Geht ab.
Jakob sagt Herrn von Bär etwas ins Ohr. Peter übergiebt seinem Herrn etwelche Briefe. Beyde gehen ab.
FRAU VON HABICHT. Wissen Sie Herr von Wolf! daß wir beyde den Volpin zum Sprach- und Singmeister gewählet haben?
HERR VON WOLF. Die Wahl ist unvergleichlich getroffen.
FRAU VON HABICHT. Messieurs! ich habe einen Gedanken. – Da wir eben 5 Sänger beysammen sind; so möchte ich gerne ein Quintät aufführen, welches ich unter meinen Musikalien habe – und damit wir einen bessern Appetit zum Mittagessen bekommen, so möchte ich, daß wir selbes zugleich agirten. – Dann wollen wir zwey uns ankleiden, und zum Dinee fahren.
HERR VON WOLF. Euer Gnaden! ich bin bereit.
HERR VON BÄR. Ich mache mir ein Vergnügen.
VOLPIN. Ich bin ein gehorsamster Diener.
HERR VON BÄR. Wenn Choristen dabey nöthig sind; so können unsere zween Bediente mitmachen. Sie können Musik.
FRAU VON HABICHT. Das ist Charmant! es sind Choristen dabey verflochten. – Johann! Johann kömmt bey der Thür herein. Laßt mir die Franzel kommen Der Bediente geht ab, die Franzel kömmt. Ich werde ihr einige Kleidungsstücke für den Volpino geben; damit er sich als die Hauptperson von uns unterscheide.
Frau von Habicht geht in ihr Zimmer, die Franzel folget, und kömmt mit einem Pack wieder zurück, und geht ab.
HERR VON WOLF. Englisches Fräulein! warum so unlustig?
FRÄULE geschnäppig. Ich bin heute so, wie ich sonst war. Geht ganz mürrisch zurück.
HERR VON BÄR abseits zum Volpin. Heute nach dem Mittagessen komme der Herr in unser Quartier.
VOLPIN leise. Ich werde aufwarten.
FRÄULE zu Beyden. Hä! was wollen diese Heimlichkeiten?
VOLPIN. Euer Gnaden der Gnädiger Herr, fragte mich was ich für eine Landsmann bin? und ich sagte ein Italiener.
FRÄULE hönisch. Welche frazenhafte Frage! – Warum nicht auch, ob er ein Mannsbild ist? – Es verrathet ihn sein Accent, so, wie seine Kleidung.
HERR VON WOLF. Euer Gnaden vergeben! Die Kleidung ist nicht mehr bey jetzigen Zeiten der zuverlässigste Verräther; weil man öfters das weibliche Geschlecht kaum mehr von dem männlichen unterscheiden kann; wenn es auf die Kleidung ankömmt.
Aria.
Von der Fräule.
Kann wohl was Vermeßners seyn?
Als die Rechte zu bestreitten,
So von Anbeginn der Zeiten
Denen Damen allgemein?
Hört man nicht beständig Klagen,
Bey den zügellosen Tagen,
Und die meisten Frauen schreyn?
Wie sie fast kein Mode finden
Um die Männer so zu binden
Daß sie ihnen treuer seyn?
Wenn ich heut in Ehstand tritt;
Bin ich Amazoninn mit.
Sechszehnter Auftritt.
Frau von Habicht, die Vorigen und hernach die Bedienten.
FRAU VON HABICHT mit einem Pack Musikalien. Nu! Hier ist das Quintett. Es ist betittelt: die Entführung des Ganymedes. – Die Geschichte ist ohnehin bekannt; nämlich: Jupiter ließ Ganymeden, als er auf dem Berge Ida jagte, durch seinen Adler zu sich in den Himmel überbringen, und machte ihn zu seinem Mundschenk. – Der Dichter läßt in dieser trocknen Geschichte den Ganymedes mit seinem Gefolge auf zwey Schäfershütten stossen; in welchen zwey Nymphen, unter den Namen Chloe, und Daphne wohnten. – Ein zahmes Reh, welches Beyde für ihren Unterhalt ernährten, wird durch das Gefolge des Ganymedes gejagt. – Chloe und Daphne deßwegen in Angst und Schrecken versetzet, unterbrechen die Jagd. – Ganymedes durch die Anmuth der Nymphen gerührt, verliebt sich in beyde. – Da jede unter wechselnden Zärtlichkeiten, den Wahlspruch des vor Liebe schmachtenden Ganymedes für sich erwartet; entführt ihnen Jupiters Adler den geliebten.
HERR VON BÄR. Die Handlung ist gut ausgedacht, und sehr überraschend
FRAU VON HABICHT. Hier sind die Rollen. Sie theilet die Rollen aus. Nannette! Sie übernehmen den Parte der Daphne. Giebt ihr den Parte. Ich behalte den Parte der Chloe. Legt ihren Parte auf die Seite. Sie Herr von Bär spielen die Rolle des Jägers Tirus, und Herr von Wolf, jene des Jägers Dardos. – Volpin aber übernimmt die Rolle des Ganymedes. – Ihre Bedienten machen als Treiber die Choristen. Sie giebt jedem seinen Parte.
HERR VON BÄR ruft. Peter! Jakob! Beyde kommen bey der Eintrittthür herein, er übergiebt ihnen ihre Rollen. Uebersehet dieses!
VOLPIN. Aber Euer Gnaden! ich bitte, daß ich mich waschen darf; und meiner Parte in die Kuchel vorher übersehen.
FRAU VON HABICHT. Waschen kann er sich; allein seinen Parte muß er wegen der Action mit uns übersehen. – Halt er sich nicht lange auf.
VOLPIN. Gut euer Gnaden! – werd ich gleich wieder da seyn. Im Abgehen, gegen das Publikum ganz leise. Dieser Geschicht ist mir a pro pos – Muß die Lisel Verwirrung anstellen. Geht ab.
Hier fängt eine Symphonie pianissimo an, unter welcher die agirende ihre Rollen lernen, und sich in der Action üben. Nach einer Weile kömmt Volpino und übt sich ebenfalls in seiner Rolle. Nach geendigter Symphonie.
FRAU VON HABICHT. Ich hoffe, daß alle ihre Rollen hinlänglich wissen werden. Alle geben ein Bejahungszeichen. Nun dann, so stellen Sie sich vor, Sie sind hier in einer Gegend des Berges Ida: – Mein Zimmer stellt vor die Hütte der Chloe; jenes der Nannette die Hütte der Daphne: – Volpin als Ganymedes, bleibt bis auf sein Schlagwort in der Kuchel – Tirus und Dardos jagen mit den Treibern in diesem Zimmer herum – Ich als Chloe werde Anfangs aus meiner Hütte kommen, und die Jagd unterbrechen – Hernach kömmt Nannette als Daphne, und die Jagd wird noch mehr erschwächet. – Endlich erscheinet Ganymedes, und stellet die Jagd ein. – Dann fängt das zärtliche der Handlung an, bis die Entführung geschieht; – die wir aber aus Ermanglung der Maschine nicht vorstellen können.
Die Frauen begeben sich in ihr Zimmer; Volpin geht durch die Kuchelthür ab; die Jäger und Treiber rollen ihre Parti zu sammen, stellen sich in Ordnung, und es fängt die Jagd an.
Schlußgesang des ersten Aufzugs.
Die Jäger, und Treiber jagen im Zimmer Herum.
CHOR.
Jagt fort! Jagt fort! Jagt lustig fort!
Hier ist zur Rast, zur Ruh kein Ort.
Jagt fort! Jagt fort! Jagt lustig fort!
Es lebe! der das Reh ermordt.
Frau von Habicht als Chloe kömmt ganz erschrocken aus ihrem Zimmer.
CHLOE.
Ach ich bitte! hält zurücke,
Ach! verschont das liebe Thier!
Das so zahm und ohne Tücke
Scherzte stundenweis mit mir.
Sie setzt sich bey ihrer Zimmerthür, und weint. Die Jäger zeigen sich etwas betroffen; und jagen wieder fort.
CHOR.
Jagt fort! Jagt fort! Jagt lustig fort!
Hier ist zur Rast, zur Ruh kein Ort.
Jagt fort! Jagt fort! Jagt lustig fort!
Es lebe: der das Reh ermordt!
Die Fräule, als Daphne, kömmt ganz ängstig aus ihrem Zimmer.
DAPHNE.
Haltet ein, läßt euch hewegen,
Menschen! Götter! wer ihr seyd?
Wenn ihr wollt dieß Reh erlegen,
Bin ich selbst zum Tod bereit.
Daphne setzet sich an ihr Zimmerthür und weint.
Die Jäger zeigen sich gerührt, hören auf zu Jagen, und singen langsam.
CHOR.
Sie weinen ja, jagt nicht mehr fort,
Hier ist zur Ruh, zur Rast der Ort.
Volpino als Ganymedes kömmt, besonders gekleidet, hochmüthig bey der Kuchelthür herein, etwas aufgebracht.
GANYMEDES.
Wer unterbricht die Jagd?
Tirus und Dardos zeigen ihm die weinenden Nymphen.
TIRUS.
Herr! steh, wer sich beklagt.
DARDOS.
Die habens untersagt.
Chloe und Daphne gehen dem Ganymedes entgegen, fallen Ihm zu Füssen; Er aber hebt sie gleich auf.
GANYMEDES.
Jupiter! wis seh ich hier?
Schönste! warum weinet Ihr?
Saget mir: Ach! sagt mir gleich:
Wer Ihr seyd? – wie nennt ihr Euch?
CHLOE.
Ich heiß Chloe.
DAPHNE.
Ich heiß Daphne.
CHLOE UND DAPHNE.
Und bin hier,
Schäferinn von der Revier.
GANYMEDES.
Götterskinder sagt mir an,
Hat euch jemand Leid gethan?
CHLOE.
Herr stell‘ ein den rohen Scherz,
Deiner Jagd; worinn du bist,
DAPHNE.
Wenn ja noch dein edles Herz, eines Mitleids fähig ist.
CHLOE UND DAPHNE, weinend.
Lasse unser Reh am Leben,
Und du hast uns all's gegeben.
GANYMEDES zärtlich.
Wer kann eurer Bitt ihr Schönen!
Unbeweglich widerstehn?
Wenn sich huldvoll eure Thränen
Reizend aus den Augen drähn.
GANYMEDES zu seinen Gefolg.
Meine Jagd sey eingestellt!
CHLOE UND DAPHNE freudig.
Welch ein Gnad, die uns beseelt!
GANYMEDES beyde umfassend.
Träfe itzt mein Wünschen ein,
Wünscht ich euer Reh zu seyn.
TIRUS UND DARDOS zusammen.
Freund hier keimet Hymens Lust.
Freund sie wächst in jeder Brust.
GANYMEDES zu den Nymphen.
Träfe doch mein Wünschen ein!
Wünscht ich – –
Hier wird die Musik unterbrochen, denn die Lisel ersieht den Volpino. In Liebesunterhandlungen; lauft auf ihn zu: reisset Ihm die Kappe vom Kopfe, zeigt sich rasend, und schreyt.
Du höllischer Raudi Maudi! wirst du dich gleich in die Kuchel scheren, und wirst den Rauchfang kehren – Ich will dir Spienzeln, du schwarzer Teufel!
Volpino entwischt. Lisel zu ihren Frauen, ernsthaft.
Geben mir euer Gnaden keine Schuld, wenn im Rauchfang Feuer entsteht. Dann ich habe heute keine kleine Kocherey – ja – ja!
Lisel geht ganz hastig ab, alle stehen betroffen, und sehen ihr nach. Nach einer kleinen Pause.
HERR VON BÄR ganz einfältig. Euer Gnaden! soll dieß des Jupiters Adler gewesen seyn?
FRAU VON HABICHT scherzhaft. Nein. Dießmal war es ein Kucheldrach.
CHOR von allen.
Ein Kucheldrach,
ja! ja! ja! ja!
Berderbt die Sach.
Hä! hä! hä! hä!
Am End zu machen
Jä! jä! jä! jä!
Daß alle Lachen.
Hä! hä! hä! hä!
Ende des ersten Aufzugs.
Zweyter Aufzug.
Das Theater stellt ein Zimmer vor, welches mit drey Thüren versehen ist; wovon die mittlere zum Eintritt bestimmet, die zwey andern aber in die Nebenzimmer führen.
Erster Auftritt.
Herr von Wolf und Herr von Bär sitzen tiefsinnig bey einer gedeckten Tafel; die Bedienten bringen das Desert, und gehen wieder ab. Ihre Unterredung wird mit einer stillen Musik begleitet.
HERR VON WOLF ganz tiefsinnig, stöhrt in Zähnen und sumset unterbrochen die Melodie der Musik nach. Wenigst – mir scheint es so – unsre Amour – sieht sehr zweydeutig aus – der verfluchte Kerl – und doch – ich wette – es ist ihm nur um Geld zu bekommen. – Aber der Kucheldrach! Lacht aus vollem Halse.
HERR VON BÄR erwachet aus seinem Tiefsinn. Herr Bruder! warum lachst du?
HERR VON WOLF er lacht immer fort. Ich lache über den Kucheldrachen, welcher den Ganymedes unsern Jagdnymphen entführet hat.
HERR VON BÄR. Bey meiner Seele, das war ein un erwarteter herrlicher Spaß. Er lacht auch. Allein Herr Bruder! seine gefühlvolle Ausdrücke und die bezaubernde Aktion, am Ende des Quintäts, ist mir überaus bedenklich.
HERR VON WOLF. Bruder! daß war Verstellung. – Meine Muthmassung bekräftiget das Ende der Aria: e pur v'amo, in Societa. Will das nicht sagen: ich habe euch Beede gerne, aber nicht zum heurathen.
HERR VON BÄR. Ich besorge nur, daß diese halbwelsche Canaglia diese Saiten Er drückt mit dem Daumen das Bezahlungszeichen aus. zu hoch spannen wird.
HERR VON WOLF. Was liegt daran. – Man schickt oft ein Kapital von einer Seite in die Luft, um selbes von einer andern wieder zehnfach zu bekommen.
HERR VON BÄR. Ich bin vorwitzig, ob der Kerl nach seinem Versprechen kommen wird?
HERR VON WOLF. Gewiß. Sonst hätte er nicht in unserer Gegenwart die Fräule so artig belogen. Er nimmt sein Glas Wein, hält es in die Höhe, Bär thut das nämliche.
Duetto.
HERR VON WOLF.
Was wir wünschen, was wir hoffen!
HERR VON BÄR.
Soll das Glücke uns gewähren;
BEYDE zusammen.
Hat nun alles eingetroffen,
Dann will ich nichts mehr begehren.
Beyde trinken ihr Glas Wein aus.
Zweyter Auftritt.
Jakob, der Bediente und die Vorigen.
JAKOB. Der Rauchfangkehrer Volpino will seine Aufwartung machen.
HERR VON BÄR. Er soll kommen. – Ihr aber bringt den Koffee. Der Bediente geht ab.
HERR VON WOLF. Bravo! der Kerl hält Wort. – Nun sind wir in der Gelegenheit, seine geheimen Absichten zu erforschen, und unsere zweydeutigen Sachen wieder gut zu machen.
HERR VON BÄR. Ich hoffe, diesen Zweck durch Verträulichkeit, durch Spassen, und wenn es darauf ankömmt, durch Lobsprüche und Schmeicheleyen zu erreichen.
HERR VON WOLF. Schwerlich lieber Bruder! da ist Geld der Schlüssel, der seine Herzkammer eröfnen wird.
HERR VON BÄR. Das wollen wir sehen.
Dritter Auftritt.
Volpino, die zween Bedienten mit dem Koffee, und die Vorigen.
HERR VON BÄR. Hä! Servus Herr Ganymedes! Zu den Bedienten. Peter! einen Sessel. – Jakob! noch eine Schaale. Volpino macht viele Verbeugungen; die Bedienten befolgen alles, und gehen ab.
HERR VON WOLF. Was trinken Sie lieber, Herr Ganymedes? Wein oder Kossee? Herr von Wolf schenkt ihm beydes ein.
VOLPIN. Mir ist alles einer Gnade.
HERR VON WOLF. Setze sich der Herr. Volpino setzet sich. Mich erfreuet es, den Herrn Ganymedes ganz und unverletzt zu sehen.
VOLPIN. Warum?
HERR VON BÄR. Nu! so lasse ihn der Herr Bruder trinken.
VOLPIN. Euer Gnaden erlauben, auf Ihre Gesundheit und gute Glücke! Trinkt ein Glas Wein aus.
HERR VON WOLF. Ich danke.
HERR VON BÄR. Ich danke. – Aber bey meiner Seele, ich stund in Sorgen, daß Herr Ganymedes würde zerrissen werden.
VOLPIN. Wie so?
HERR VON WOLF. Der Adler war ja ganz grimmig und rasend, welcher Sie, mein Herr Ganymedes entführet hat.
VOLPIN. Wie? – entführt? – Meine Parte war aus, denn bin ich selbster gegangen. Sie trinken Koffee.
HERR VON BÄR. Ja? – selbst gegangen? – und dieses aus Furcht, – und aus Respect – nicht wahr? – Herr Raudi Maudi?
HERR VON WOLF. Das war Nachsicht. – Man muß solche haben – wenn man bey dem schönen Geschlechte – was rechtes gelten will.
HERR VON BÄR. Natürlich. – Sonst wär er nicht der Ganymedes von dem ganzen habichtischen Hause.
VOLPIN. Euer Gnaden belieben mit mir ihrer gnädiger Spaß zu haben.
HERR VON WOLF. Wie? – ist das Spaß? – wenn die gnädige Frau, die Fräule, und die Köchinn unter sich um den Herrn eifern – und sich erbittern bis zum Augen auskrazen?
VOLPIN. Daß mögen Sie – weis ich nichts davon.
HERR VON BÄR. Er macht mit Ihnen, was er will – Er ist im Ernste Patron und Eigenthümer von allen dreyen.
VOLPIN. Patron! – Eigenthümer? Nachdenkend. Das wäre eine große Glücke für mich.
HERR VON WOLF. Ein Glück, viel dabey zu gewinnen.
HERR VON BÄR. Ja! wenn Sie ihm feil wären.
VOLPIN. Spaß aparte. – Mir ist meine Rock feil, wenn man für die Rock mehr bezahlet, als sie werth ist. Wenn die gnädiger Herren wollen. – Ich als Patron und Eigenthümer licitire alle drey in der Ernst. – Via! wer giebts mehr!
HERR VON WOLF lacht. Gut Volpino! ich bin dabey.
HERR VON BÄR. Ich auch.
VOLPIN. Ma con Patto, daß ich auch mit licitire.
HERR VON BÄR. Verstehet sich.
HERR VON WOLF. Welche ist die erste? Alle stehen von der Tafel auf.
VOLPIN. Meine gnädiger Herren! das Povel sucht man allezeit an der ersten weg zu bringen, folgsam wird Lisel Köchinn am ersten licitirt. – Lisel die Köchinn ist verkauft für fünfe Gulden. – Der erstemal; – wer giebts mehr? – Der zweytemal! – Messieurs! ist sie mehr gut als schlimmer Waare – ist verkauft für fünfe Gulden – der erster – der zweyter – und der dritter. – Messieurs! mag sie niemand? – Ist sie ja so wohlfeil wie die Roß von die Fiackres. – Ha! ist verkauft der erster – der zweyter – und der drittermal. – Ha! bleibt Lisel der Köchinn mir.
HERR VON BÄR. Ich gratulire, Herr Volpino!
HERR VON WOLF. Gut und wohlfeil gekauft.
VOLPIN. Ich bedanke mir, für ihre Discretion, daß Sie mich nicht gesteigert haben.
Aria.
Von Volpino.
Gleich und gleich gesellt sich gerne,
In der Näh‘, wie in das Ferne;
Sie ganz Schmier, ich ganz schwarz,
Taugt zusamm wie Pech und Harz.
Ju! ju! ju! ju!
Vierter Auftritt.
Beyde Bedienten und die Vorigen.
Die Bedienten kommen die Tafel abzudecken.
HERR VON WOLF. Bravo Herr Volpino! eine gleiche Heurath, eine glückliche Ehe.
HERR VON BÄR. Da vermehrt sich das Heurathgut von sich selbsten.
VOLPIN. Ha! dieser Rede ist mich nicht deutsch genug. – Gnädige Herren! die Heurathgut werden Sie erlegen müssen, sonst hört der Licitation auf. – Bey meiner Seele! so wahr ich Volpino heiße; keiner soll seine Geliebte bekommen.
HERR VON BÄR lacht aus vollem Halse. Nu! wie theuer ist denn die Frau von Habicht.?
VOLPIN. Das wird der Licitation ausweisen.
HERR VON WOLF. Gut! so rufe der Herr eine von den zweyen aus.
VOLPIN. Nu die gnädiger Frau von Habicht hat das Vorzug; Sie ist geschätzet 300 Dukaten. – Via! wer giebts mehr?
HERR VON BÄR. Hu! hu! – wohin?
HERR VON WOLF. Sie ist verkauft.
VOLPIN. Ist vertauft für 300 Dukaten. – Der erstemal Mit einer ganz kleinen Stimme. und eine Gro schen. – Ist verkauft für 300 Dukaten und einer Groschen – der erstemal. – Hä! fingt sie schön, wie das Kanariodgele auf der Werkt.
HERR VON BÄR. 301 Dukaten.
HERR VON WOLF. 400 Dukaten.
HERR VON BÄR abseits zum Wolf. Herr Bruder! das ist nicht freundschaftlich.
VOLPIN. Und eine Groschen. – Ist verkauft für 400 Dukaten und eine Groschen – der erstemal. – Der zweytermal – und der – hä! ist die gnädiger Frau junge schöne Wittib; hat sie keine Kind, und ist sie ledig, wie eine Jungfrau. – Kann die gnädige Frau unter 500 Dukaten nicht verkaufet werden.
HERR VON BÄR. 401 Dukaten.
HERR VON WOLF. 499 Dukaten.
VOLPIN. Und eine Polturak. – Ist verkauft 499 Dukaten und eine Polturak. – Der erster, – der zweyter. – Hä! – hat sie 40000 Gulden baare Geld. – Ist sie deutsche Operistinn gewesen, und kann sich noch mehr auf das Welt herum verdienen.
HERR VON BÄR. 500 Dukaten. – Aber beym Teufel keinen Heller mehr.
VOLPIN. Ist die gnädiger Frau von Habicht verkauft für fünfe hundert Dukaten, der erster – der zweyter – und der drittermal. – Gratulire zu die gute Kauf. – Wenn euer Gnaden in eine Stund die Geld bey meiner Meister erlegen, so versichere, daß Sie heute auf das Abend der Versprechen mit die gnädiger Frau von Habicht haben sollen.
HERR VON WOLF. Herr Volpin! wenn es so ist, so darf die Fräule nicht licitiret werden. Ich erlege 500 Dukaten noch vor einer Stund bey seinem Meister. – Ist der Herr damit zufcieden?
VOLPIN. Ja, bin ichs zufrieden.
HERR VON WOLF. Wird der Herr aber Wort halten?
VOLPIN. Wenn ich nicht Wort halte, so lasse ich mich meine Nase und die Wäschelohr abschneiden. – Gnädiger Herr! hier ist meine Hand. Wolf schlägt mit Volpin die Hand ein. Itzt brauche ich Papier, Feder und Dinte.
HERR VON WOLF. Komm der Herr, in meinem Zimmer ist alles bereit. Beyde gehen ab in das Nebenzimmer.
Fünfter Auftritt.
Herr von Bär allein. ganz tiefsinnig.
HERR VON BÄR. Wolf hat Recht. – Der Kerl ist eben so verschmitzt, als offenbar eigennützig. – 500 Dukaten – ein schönes Geld! was man nicht gleich gewinnt. – 500 Dukaten soll ich gleich erlegen? bey seinem Meister vorhinein erlegen? – Zärtlich. Aber eine liebenswürdige Frau davor zu bekommen – und durch ihn zu bekommen? – Eine Frau die 40000 Gulden in Vermögen hat? – Wahrhaftig, ich könnte dieses Geld nicht besser anlegen. Scherzhaft. Bey meiner Seele! gewiß vortheilhafter, als bey manchem Schmalzversilberer um eine Civilbedienstung. – Allein, ist dem Kerl zu trauen? – Hat er vielleicht nicht andere Absichten? – Ist er im Stande seinen Plan auszuführen? – Ist sein Meister ein kreditirter vermöglicher Mann? – Zweifelhafte Gegenstände! – wie macht ihr mich so unschlüßig?
Aria.
VON HERRN VON BÄR.
Zwey tausend Gulden Kapital
Auf grathwohl zu erlegen;
Ist wahrhaft für mich allemal.
Ein Schritt der sehr verwegen!
Gesetzt es wird der Plan verfehlt;
Herr Bär was wirst du thun?
Weg ist die Frau, weg ist das Geld,
Herr Bär – wie? wirst du ruhn?
Willst du hernach dein Geld zurück:
Durch Klagen und Processe;
Dann frist des Advokaten Tück,
Den Fond, samt Interesse.
Herr Bär! was wirst du thun?
Herr Bär! – wie? – wirst du ruhn?
Nur der gewinnt, der was gewagt:
Fünf hundert Fuchsen, kurz gesagt,
Die sind in einer Stund gezehlt
Courage! du erlegst das Geld.
Geht ab in sein Zimmer.
Sechster Auftritt.
Herr von Wolf und Volpino.
Beyde kommen aus dem Zimmer.
HERR VON WOLF. Herr Volpino! etwas könnte der Herr dennoch von seinen Plan entdecken.
VOLPIN mit einen Briefe in der Hand. Geduld! – Basta! die gnädigen Herren werden heute auf der Abend ihre Geliebte bekommen. – Mà! ich will, daß die ganze Sache eine surpresa – ha! Ueberraschung, werden muß.
HERR VON WOLF. Nu! was soll itzt geschehen?
VOLPIN. Dieser Briefele muß an die Lisel Köchinn abgegeben werden; aber daß es Niemand steht. – Brauche ich die Lisel nothwendig. Giebt Herrn von Wolf das Billet.
Siebenter Auftritt.
Peter der Bediente, und die Vorigen.
HERR VON WOLF ruft. Peter! Der Bediente kömmt eilends zur Thüre herein. Ihr werdet dieses Billet der Köchinn von der Frau von Habicht einhändigen, doch so, daß es Niemand gewahr wird. Der Bediente nimmt das Billiet, und geht ab.
VOLPIN. Habe ich noch zween Briefer zu schreiben.
HERR VON WOLF. An wen?
VOLPIN. An mich selbst.
HERR VON WOLF. Wunderlich! warum dieß?
VOLPIN. Daß ist einer Hauptstücker zu meiner Plan. – Gnädiger Herr! wenn die Lisel kömmt, muß die Lisel warten, bis ich meine Briefer geschrieben habe.
HERR VON WOLF. Wohlan! so verliere der Herr keine Zeit.
VOLPIN. Euer Gnaden! hab ich einer Petschaft nöthig, mit eine unbekannte Wappe, oder verzogenes Name.
HERR VON WOLF. Ein Petschaft mit einem verzogenen Namen liegt nächst dem Dintenfaß, auf meinem Schreibtische. Volpin geht in das vorige Zimmer ab.
Achter Auftritt.
Herr von Wolf, allein, nachdenkend.
HERR VON WOLF. So kann ich von dem Plan dieses durchgetriebenen Kerls nichts erfahren – nichts bestimmen. – Seine Veranstaltungen sind wahrhaft sonderlich. – Bey meiner Seele! – Volpino hat Verstand, Witz, Erfindungskraft und Entschlossenheit. – Er ist verschwiegen, klug, vorsichtig und immer munter und fröhlich. – Ich wenigstens schenke ihm mein ganzes Vertrauen.
Aria.
Vom Herrn von Wolf.
Wenn die Macht der Winde stürmet,
Mast und Tauwerk, alles kracht;
Wenn die See sich bergweis thürmet,
Und der Steuermann noch lacht:
Wird mich zwar das Stürmen schrecken,
Meinem Herzen bange seyn;
Aber in mir Muth erwecken
Seine Mine ganz allein.
Neunter Auftritt.
Herr von Bär und der Vorige.
HERR VON BÄR kömmt aus seinem Zimmer, und steht herum. Ist Volpin fort?
HERR VON WOLF. Nein. Er schreibt zwey Briefe in meinem Zimmer, und ein Billet habe ich eben an die Köchinn der Frau von Habicht abschicken müssen.
HERR VON BÄR. Was schrieb er?
HERR VON WOLF. Daß sie hieher kommen solle, so bald es ihr möglich. Itzt, wie er sagt, schreibt er zwey Briefe an sich selbst.
HERR VON BÄR. Lächerlich! – an sich selbst? – was will dieses?
HERR VON WOLF. Herr Bruder! noch ist alles ein Räthsel. – Er will, daß man die Köchinn, wenn sie kömmt, aufhalten solle, bis er mit seinen Briefen fertig ist. – Ohne Zweifel wird er ihr die Verhaltungsbefehle für den heutigen Abend geben,
Zehnter Auftritt.
Peter, Lisel und die Vorigen.
PETER im hereingehen. Euer Gnaden! die Köchinn von der Frau von Habicht ist hier,
HERR VON WOLF. Laßt sie kommen. Der Bediente geht ab.
Lisel macht verschiedene Verbeugungen bey ihrem Eintritte.
Aria.
Von der Lisel.
Gnädig, gut‘ und süße Herren!
Ich bin hier nichts zu begehren;
Ingedenke,
Des Geschenke,
Nur zu wagen,
Dank zu sagen;
Ihre Hände zu verehren,
Und dann gleich nach Haus zu kehren.
Lisel will Beyden die Hände küssen, was sie aber nicht zulassen.
HERR VON WOLF. Jungfer Lisel! sie muß uns er, was verziehen; die Jungfer muß ein wenig hier bleiben.
LISEL. Euer Gnaden pardoniren! Ich heiß nicht Jungfer.
HERR VON BÄR. Wie? ist Sie schon verheurathet?
LISEL. Ich bitte um Verzeihen! ich bin nur eine gerechte und schlechte Dienstmagd.
HERR VON WOLF. Versteht sich, Ledig.
LISEL. Halb und halb! aufzuwarten Euer Gnaden!
HERR VON BÄR. Aber, warum hat Sie heute unser Musik unterbrochen? warum war Sie böse? nicht war? – aus Eifersucht?
LISEL. Davon fällt mir die ganze Woche nichts ein.
HERR VON WOLF. Halb und halb – muß es doch eine Ursache haben?
LISEL. Ja, – eine Ursache – weil ich es so thun mußte.
HERR VON WOLF. Thun mußte? Nimmt den Geldbeutel aus der Tasche, zieht ein Goldstück heraus, und hält es ihr vor. Darf man diese Ursache wissen?
Lisel wird von dem Goldstücke gerührt.
LISEL. Ja – aber – wenn Sie mich bey dem Volpino und meinen Frauen nicht verrathen.
HERR VON WOLF. Ich? – Sie verrathen?
HERR VON BÄR. Jungfer Lisel! ich schwöre, daß ich in meinem Leben keiner Seele etwas davon entdecken werde.
LISEL. Nu! so sey es! weil es mein Volpino mir befohlen hat, es so zu machen.
HERR VON WOLF. Wie? – ihr Volpino?
LISEL. Ja Euer Gnaden, mein Volpino. Wir sind ja zusammen versprochen.
HERR VON WOLF. Hä! itzt versteh ichs, das ist: halb und halb ledig.
HERR VON BÄR. Bravo! das erfreuet mich.
HERR VON WOLF. Ich gratulire von Herzen. – Die Jungfer bekömmt an Ihm einen rechtschaffenen Mann. – Aber was hatte Volpino für Absichten dadurch?
LISEL. Meine beyde Frauen gegen mich eifersüchtig zu machen.
HERR VON BÄR. Wunderlich! da gewinnt er aber nichts.
LISEL. Ja? – Er hat viel damit gewonnen.
HERR VON WOLF. Was dann?
LISEL. Daß ich itzt die geheime Liebesunterhändlerinn zwischen Volpino und meinen Frauen geworden bin.
HERR VON WOLF. Wie? – Versprochen seyn? – und für den eigenen Bräutigam bey andern Frauenzimmern eine Liebesunterhändlerinn abgeben? – das ist wider die Natur; oder ein eheliches Verständniß nach der itzigen Mode.
LISEL. Meine gnädige Herren! das war nothwendig, wenn er Ihnen beyden helfen sollte.
HERR VON BÄR. Wie ist das zugegangen? – erkläre sich die Jungfer besser.
LISEL. Nu! hören Sie! – so bald die gnädige Herren heute Vormittage aus dem Hause waren; lästerten mich beyde Frauen gar erschrecklich; und wollten die wahre Ursache wissen, warum ich den Volpino so ungeschliffen begegnet bin? – da durfte ich mich auf Befehl meines Volpino nicht verantworten: sondern ich mußte mich stellen, als weinte ich aus dem innersten meines Herzen; und das machte ich meisterlich.
HERR VON WOLF. Nicht verantworten?
LISEL. Nein! sondern ich mußte einer Jeden insbesondere in ihrem Zimmer, ein Geheimniß vertrauen, und jeder das Stillschweigen nachdrücklich empfehlen.
HERR VON BÄR. Wie heißt also dieses Geheimniß?
LISEL. Ich mußte sagen, daß ich vom Volpino mit Gelde bestochen worden sey, um eine rasende Nebenbuhlerinn von beyden zu spielen.
HERR VON WOLF. Fragte keine um den Beweggrund des Volpin's?
LISEL. Freylich, – jede wollte ihn wissen.
HERR VON BÄR. Wie lautet dieser?
LISEL. Ich mußte einer jeden insbesondere die Lüge anbinden: daß Volpino dadurch nichts anders gesuchet habe, als aus dem Grade ihrer Eifersucht sicher zu wissen, welche aus Beyden in Ihn am heftigsten verliebt sey.
HERR VON BÄR abseits. Da ist einer von uns beyden betrogen. Zur Lisel. Was sagte die Frau von Habicht hierüber?
LISEL. Sie wurde mir auf der Stelle gut; gab mir einen Kuß; schenkte mir einen Dukaten; und befahl mir, dem Volpino zu sagen, daß Sie mich auf ewig würde in das Zuchthause sperren lassen, wenn ich ihr künftig die mindeste Gelegenheit zu eifern geben würde.
HERR VON BÄR abseits. Bär! du bist weg.
HERR VON WOLF. Und was sagte die Fräule?
LISEL. Sie küssete mich; machte mich zu ihrer Vertrauten, schenkte mir zwey Dukaten und bat mich, den Volpino zu sagen, daß Sie mir mit Gift würde vergeben lassen, wofern ich ihr zur mindesten Eifersucht würde Anlaß gegeben haben.
HERR VON WOLF giebt ihr das Goldstück. Bravo Jungfer Lisel!
HERR VON BÄR. Jungfer Lisel! Sie beruhiget mein Herz!
HERR VON WOLF. Es lebe Volpino!
HERR VON BÄR. Es lebe Volpino!
LISEL. Er lebe!
Gesang in dreyen.
LISEL.
Fordern Sie noch mehr Beweise
Mein und seiner Redlichkeit?
WOLF UND BÄR.
Nein! die That verdient ein Preise
Unserer Erkenntlichkeit.
WOLF.
Tausend g'wichtige Dukaten,
BÄR.
Sind für Sie und ihren Gatten;
WOLF UND BÄR.
Baar gezehlt, und schon bereit.
LISEL.
Tausend g'wichtige Dukaten?
WOLF.
Sind gewählt.
LISEL.
Sind für mich und meinen Gatten?
BÄR.
Schon gezehlt.
LISEL.
Und bereit?
WOLF UND BÄR.
Wenn wir glücklich;
LISEL.
Sicher glücklich!
WOLF, BÄR, LISEL.
Welch‘ ein Freud!
Eilfter Auftritt.
Volpino und die Vorigen.
Volpino kömmt aus dem Zimmer; hat zwey erbrochene Briefe in der Hand, ohne auf die Lisel zu sehen.
VOLPIN. Ecco! meine zwey Briefer hab ich geschrieben, petschiert, und wieder erbrochen.
LISEL. Schaust du mich nicht an, du schwarzer Käfer?
HERR VON BÄR leise zur Lisel. Ist er ein Hörnler?
LISEL Lisel greift in den Sack, nimmt ihre Tabatier, und reicht ihm Tabak. Da, – nehmen Sie sie sich die Antwort selbst. Zum Volpino. Nu! was willst du mir lieber Schatz?
VOLPIN. Ich habe mit dich alleine zu reden. Führt sie auf die Seite. Beyde Herren stellen sich an, den Volpino behorchen zu können. Volpino dieses beobachtend. Messieurs! zurück! – mehr zurück!
LISEL. Mache! – denn ich muß bald nach Hause!
VOLPIN. Merke! – so bald deine gnädiger Frau zu Hause kommen wird, so sage ihr in der Wäschelohr, daß mein Marches Vetter mich geschrieben hat, daß meiner Processe recht gute geht, und daß ich bald Marches, und nicht mehr Spazza- camino machen werde.
LISEL. Sonst nichts?
VOLPIN. Messieurs zurück! – bey alle Satanasi mehr zurück! – Zur Lisel. sage ihr: Ich küsse ihre weisse Händelen, und trage mich mit Marchestitel, und mit alle meine korsikanischer Herrschaften zum Bräutigamer an, jedoch solle Sie der Monsieur Bär, und der Fräule bey Leibe und Leber nichts lassen merken.
HERR VON BÄR abseits. Verflucht! da wäre ich der Betrogene!
HERR VON WOLF leise. Phlegma Herr Bruder! Phlegma!
VOLPIN. Messieurs zurück! – Cospetone zurück! Zur Lisel mit heller Stimme. Was du der gnädige Frau gesagt, das sage auch der Fräule, jedoch muß eine von die andere nichts wissen.
LISEL. Ich verstehe es: damit eine jede glaubt, Sie wird Marchesin. – Du Spitzbüberl! – ists itzt gar?
HERR VON BÄR abseits. Ach! wie leicht wird mir ums Herz!
VOLPIN Volpin sieht auf seine Uhr Drey Uhr vorbey. – gnädiger Herren, schicken Sie ihrer Bediente precise 4 Uhr zu mich. – Werde ich Sie Instruktion geben, was Sie heute auf die Abend zu machen haben. – Doch muß der Geld für die licitirte Dames vorhinein bey meiner Meister erleget wer den. – Lisel! noch eines: mache kein Feuer auf das Herd, bis ich zu dich kommen bin – das hat seine Ursacher.
LISEL. Bleibe aber nicht lang aus; denn ich habe heute Abends viel zu kochen.
HERR VON WOLF. Herr Volpino! dieser Plan ist erschrecklich verwebet.
HERR VON BÄR. Ach! daß er sich glücklich für uns beyde entwickle!
Schlußgesang.
VOLPINO.
Wer Meister ist in seine Sach,
Greift an der Werk, still und gemach;
Und dicht, und denkt, und schließt und macht;
Was Witz, und Klugheit ausgedacht.
LISEL.
Mir sagt mein Herz, mir sagt mein Sinn,
So wahr ich eine Lisel bin;
Heut Abend eignet sich der Fall,
Ich koch‘ gewiß ein Hochzeitmal.
WOLF UND BÄR.
Doch kömmt der Ausgang dieses Plan,
Noch immer auf das Glücke an.
VOLPINO.
Nur Geld! nur Geld! zum vorhinaus!
WOLF UND BÄR.
Das kömmt itzt gleich ins Meisters Haus.
LISEL.
Ich muß auch fort, Adje! Adje!
VOLPINO.
Wart wenig, bis ich selbster geh.
LISEL.
Ich muß gleich fort, Adje! Adje!
VOLPINO.
Wohlan! mein Lisel! Komm‘ ich geh.
Beyde wollen abgehen, werden aber von den Herren aufgehalten.
WOLF.
Wird aber nichts entgegen stehn?
BÄR.
Wird aber alles glücklich gehn?
Volpino halt; nimmt beyde Herren bey der Hand; führt sie hervor, und singt ihnen ganz leise in die Ohren.
VOLPINO.
Feige verfolgt die Glück,
Stoßt Sie sehr oft zurück,
Die Idioten.
Muth und Entschlossenheit
Hält den Glück jederzeit,
Mit starke Pfotten.
WOLF UND BÄR.
Wir empfehlen unsre Sachen,
Herr Volpin Sie werden machen,
Das wir Beyde glücklich seyn,
Und uns für kein Teufel scheun.
CHOR von allen.
Die feigen Memmen,
Mögen sich schämen,
Mögen sich grämen,
Mein Loos sey jederzeit,
Muth und Entschlossenheit.
Ende des zweyten Aufzugs.
Dritter Aufzug.
Das Theater stellt das Zimmer des ersten Aufzuges vor.
Erster Auftritt.
Frau von Habicht., die Fräule, Johann der Bediente, und Fränzl die Stubenmagd.
FRÄNZL sie kömmt eilfertig aus dem Zimmer der Fräule, lauft auf die Eintrittthüre zu, und hält selbe offen. Meine Herrschaft kömmt! – meine Herschaft kömmt! – und der allerliebste Pauxl, mein Hänsel kömmt auch mit.
Beede Frauen prächtig angezogen, treten ein, und Johann folgt.
FRÄNZL. Soll ich Euer Gnaden auskleiden?
FRAU VON HABICHT mürrisch. Mich nicht.
FRÄULE bißig. Mich auch nicht.
FRAU VON HABICHT zum Bedienten. Bey mir wird ausser den Volpino Niemand gemeldet.
FRÄULE zum Bedienten. Ich bin für Niemand zu Hause, nur für den Volpino alleine. Beide gehen in ihr Zimmer ab.
FRÄNZL zum Bedienten. Sie sind ja einander böse?
JOHANN. Ein wenig stark. – Und dies, wegen dem schwarzen H dertumpe, dem Rauchfangkehrer. – Sag mir, für wen bist denn du zu Hause?
FRÄNZL. Für Niemand. – Nur für dich allein liebster Johann!
Gesang in Zweyen.
FRÄNZL.
Ich gedachte stäts an dich
Liebster Hänsel!
JOHANN.
Du warst allezeit um mich
Liebste Fränzel!
FRÄNZL.
Wie ich Bett und Zimmer machte,
JOHANN.
Und ich was zur Tafel brachte,
FRÄNZL.
So oft ich eine Nadel strickte,
JOHANN.
Und ich eine Schüssel rückte,
FRÄNZL.
Bey ein jeden Haspelsschneller,
JOHANN.
Bey ein jeden Wechselteller,
BEEDE zusammen.
Warst du stäts um mich,
Liebster Hänsel!
War ich stäts um dich,
Liebste Fränzel!
FRÄNZL.
Bey Nähekissen,
JOHANN.
Bey Leckerbissen,
FRÄNZL.
Beym Kästenwichsen,
JOHANN.
Beym Weinausbüchsen,
BEEDE zusammen.
Kurz; bey all und jeden Sachen,
Die schon muß ein Dienstboth machen,
Warst du stäts um mich mein Hänsel,
War ich stäts um dich mein Fränzel.
JOHANN. Itzt will ich einen Seitensprung machen, um beyden Herren von meinen Frauen Nachricht zu geben, wie sie sich gegeneinander bey der Tafel aufgeführt haben.
FRÄNZL. Das must du thun.
JOHANN. Ganz gewiß.
FRÄNZL. Still! die Thüre geht! Johann läuft ab.
Zweyter Auftritt.
Frau von Habicht., die Franzel, hernach die Lisel.
FRAU VON HABICHT zur Fränzl. Ihr! sagt der Köchin, sie soll zu mir kommen.
FRÄNZL. Gleich Euer Gnaden. Geht ab.
FRAU VON HABICHT. Nun will ich die Gesinnungen des Volpins inne werden. – Wenn Volpino den Ausdruck meiner Eifersucht erwogen hat, so bin ich versichert, daß er mich meiner Stieftochter vorziehen wird. – Ach der allerliebste Marches! – Ich hoffe, meine Köchinn wird ihren Auftrag gewiß gut befolget haben. Die Lisel tritt ein.
FRAU VON HABICHT. Nu! liebe Lisel, was giebts Neues?
LISEL. Sehr gute Zeitungen Euer Gnaden.
FRAU VON HABICHT. Heraus damit! geschwind heraus!
LISEL. Volpin hat Briefe von seinem Vater bekommen.
FRAU VON HABICHT. Weis sie etwas von deren Inhalt?
LISEL. Freylich. Erstens: sein Proceß geht gut, zweytens: wird er bald aufhören einen Rauchfangkehrer abzugeben.
FRAU VON HABICHT. Das freuet mich von Her zen. – Was sagte er aber über den Ausdruck meiner Eifersucht?
LISEL. Er sprang vor Freude in die Höhe, und batt mich, Euer Gnaden zu sagen, daß er Ihre Hände tausendmal küsse; aber auch dabey seinen unterthänigsten Anwurf mache, daß, wenn Euer Gnaden die Marchesin, seine Gemahlin werden wollen, so sollen Sie ihm ganz kaltsinnig behandlen, und gegen Herrn von Bär eine ausnehmende Zuneigung bezeigen, damit weder er, weder die Nebenbuhlerinn, Ihre Fräule Stieftochter, etwas argwohnen können. Das mehrere würde er Euer Gnaden schon bey der musikalischen Lehrstunde entdecken.
FRAU VON HABICHT schenkt der Lisel einen Dukaten. Sage sie dem Volpino, daß ich mich über die Nachricht von seinem Vetter sehr erfreue; daß ich seinen Antrag mit besondern Vergnügen aufnehme; und daß ich alles so befolgen werde, wie er es verlangt. Die Lisel küßt der Frau von Habicht das Kleid, und geht ab.
Dritter Auftritt.
Frau von Habicht allein.
FRAU VON HABICHT. Wer sein Vorhaben klug ausgedacht, und geschickt angefangen, der darf an dessen glücklichen Erfolg nicht zweifeln. – Hochmüthig Frau von Habicht., seye stolz auf deine Vernunft, und auf deine vorzügliche übrige Eigenschaften, so du besitzest – sie sind mehr werth, als einen Marchesen. Sie wendet sich gegen das Zimmer ihrer Stieftochter. Du aber stolzes und erzdummes Dorfmädchen! – du gehörst in den Wald unter Wölfe und Bären. Die – die sind deines‘ gleichen.
Aria.
Von der Frau von Habicht.
Wenn bey trüben Morgenstunden,
Das verborgne Sonnenlicht,
Unverhoft die Bahn gefunden,
Und durch schwarze Wolken bricht,
Welch‘ Vergnügen hat der Pfau?
Dann erhebt er Haupt und Krone,
Ganz entzückt von Stolz und Wonne,
Und verbreitet Glanz und Strahlen
Seiner Federn wunderschön,
Eben so will ich einst prahlen,
Wenn ich werd‘ zur Hochzeit gehn,
Als Marchesin und als Frau.
Geht in ihr Zimmer ab.
Vierter Auftritt.
Lisel allein. Sie schaut ganz schüchtern zur Thüre herein.
LISEL. Gut! – Sie ist weg. Sieht sich herum im hereingehen. Niemand ist zugegen. – Alles geht nach Wunsch. – Meine gnädige Frau trägt ihren Bärn schon am Buckel. – Itzt will ich der Fräule den ihrigen auch anbinden. – Niemand belauschet mich. Sie lauft eilends in das Zimmer der Fräule ab.
Fünfter Auftritt.
Johann allein.
Er kömmt ganz stürmisch in das Zimmer, und läuft hin und her.
JOHANN. Das ist ein verzweifelter Streich! – Kein Herr zu Hause – der Himmel wird es wissen wo sie sind. – Wenn ich ihnen nur vorhero von meinen zwo Frauen hätte Nachricht geben können, vielleicht würden sie im Stande seyn, dem spitzbübischen Volpin einen Gegenstreich zu spielen. – Ihre Sache sieht mißlich aus. – Du höllischer Ofenschliefer!
Aria.
Von Johann.
Ich wollt das er ein Hackstock wäre,
Und man hernach von mir begehre,
Daß ich den Hackstock spalten soll;
Wie würde mir ums Herz so wohl;
Ich wollt‘ dich Kerl so zerpuffen:
Tschack! tschick! tschack!
Und über dieß am Ende ruffen:
Track! trick! track!
Daß dich das tartarische Donnerwetter,
In hundert tausend Stück zerschmetter‘!
Geht stürmisch ab.
Sechster Auftritt.
Die Fräule, hernach die Lisel.
FRÄULE. Gewiß, die Lisel ist sehr vorsichtig. – Es würde verdächtig seyn, wenn man sie bey mir anträffe, oder nur weggehen sähe. Sie behorchet die Zimmerthüre ihrer Stiefmutter. Hier ist alles stille. Sie eröfnet ihre Zimmerthüre, und ruft ganz leise. Lisel! – Lisel! geschwind! mach‘ sie sich aus dem Staube! Die Lisel lauft sehr schnell ab. Hä! – du bist glücklich Nannette! – deine Reize haben gesieget. – Der Marches liebt dich. – Er läßt sich dir zum Gemahl anbiethen. – Du hast dich nun erklärt, die Marchesinn, seine Frau, zu werden. – Fehlt dir noch etwas von deiner Glückseligkeit? – nichts, – nichts, als der erwünschte Augenblick, in welchem du dich mit ihme verbinden wirst. Sie wendet sich gegen das Zimmer ihrer Stiefmutter. Für dich aber, hochmüthige Theatersigur! die du nur eine angelehnte Frau von Habicht bist; – für dich wird sich der Name einer Bestie besser schicken, als einer Marchesin.
Aria.
Von der Fräule.
Wenn dem Adler das Gefieder
Aus der grauen Höh‘ erblickt,
Beugt sich alles vor ihm nieder,
Staunet, starret und erschrickt.
Ich ein Habicht von der Wiege,
Zähl mich in des Adlers Fach,
Operistinn! förcht mein‘ Siege,
Dich zu beugen ist mein Sach.
Geht ab in ihr Zimmer.
Siebenter Auftritt.
Volpino und die Lisel.
Beede kommen durch die Kuchelthüre, Lisel folgt dem Volpino.
LISEL. Wenn nur nicht hernach im Ernste Feuer entsteht?
VOLPIN. Sorge dir nicht. – Ist ja nur eine Feuerrädel; – habe ich die Feuerrädel in die Gipfel von der Rauchfang angemacht.
LISEL. Wann soll ich es denn anzünden?
VOLPIN. Wenn Monsieur Bär und Wolf auf der Abend hier sind. – Lasse dich nur am Ende der Lehrstunde in die Zimmer von die Fräule sehen; – wenn ich stark huste, so ist die Zeichen, daß du der Brandröhrel anzünden mußt.
LISEL. Volpino! bey meiner Ehre ich fürchte mich bey dieser Spasserey.
VOLPIN. Du bist Närrinn! Meiner alter Meister wird mit seine Gesellen und Lehrbuben gleich dabey seyn. – Er weis von meine ganze Plan – er wird mich getreulich beysiehen.
Achter Auftritt.
Johann und die Vorigen.
JOHANN den Volpin ersehend. Ha! ist er hier? ich werde ihn gleich melden.
LISEL aufgebracht. Er Grobian! – wer ist sein Er?
JOHANN abseits. Schau! – der Rammel. Zum Volpino. Bey der gnädigen Frau, oder der Fräule? Geht gegen die Thüre der gnädigen Frau.
LISEL reißet den Johann zurück. Marsch! – Volpino gehört zur Kuchelparthey. – Ich werde ihn ansagen. Sie fangen an zu raufen.
Gesang in Dreyen.
JOHANN.
Ihn zu melden bin ich Mann,
LISEL.
Ihn zu melden geht mich an,
JOHANN.
Marsch! zurück! das sieht mir zu.
LISEL.
Packst dich gleich? du Flegel du!
VOLPINO.
Seyd doch still! ach gebt doch Ruh‘!
JOHANN.
Ich laß‘ mir mein Recht nicht nehmen,
LISEL.
Wenn ichs thät, müßt ich mich schämen.
JOHANN.
Marsch zurück! daß steht mir zu.
LISEL.
Packst dich gleich! du Flegel du!
VOLPIN.
Seyd doch still! ach gebt doch Ruh‘!
JOHANN, LISEL.
Ich schweig nicht, ich geb kein Ruh‘!
Neunter Auftritt.
Frau von Habicht, die Fräule und die Vorigen.
Alles wird mit ausserordentlichem Geschrey vorgetragen, bis Volpino Ruhe schaft
FRAU VON HABICHT. Welches Getöse!
FRÄULE. Welcher Lärm?
JOHANN athem los. Euer Gnaden!
LISEL athem los. Gnädige Frau!
JOHANN. Die Lisel!
LISEL. Der Bediente!
JOHANN. Heißt mich einen Flegel.
LISEL. Haben euer Gnaden nicht – – –
FRAU VON HABICHT. Still! ihr Vieher!
LISEL. Einen Bedienten steh ich nicht nach.
FRÄULE. So schweigt doch!
VOLPIN. Ich werd es sagen.
JOHANN. Ich wollte meine Schuldigkeit. –
LISEL. Ist gelogen. – Ich hab. –
VOLPIN mit einem ausserordentlichen Geschrey. Still! – Ihr Pelzebubel, Alle schweigen. Ich wollte mich bey euer Gnaden ansagen lassen, das wollte der Bedienter thun; Lisel wollte es auch thun, hierüber entstund die Streit und der Getöse.
FRAU VON HABICHT aufgebracht. Ihr Kerl! gleich schert euch in das Vorzimmer. Johann geht murrend ab. Zur Köchin ganz gelassen. Lisel! Sie geht indessen in ihre Kuchel, bis auf weitere Untersuchung. Sie geht auch ganz mürrisch ab.
Zehnter Auftritt.
Volpino, Frau von Habicht und die Fräule.
VOLPIN. Gnädige Dames! bin ich hier, die erste Lehrstunde in die wälscher Sprache und in die Singkunst zu geben. – Welche von die Beyden Dames will die erste seyn?
FRAU VON HABICHT. Mir gilt es gleich.
FRÄULE. Sprechen Sie es aus, Herr Volpino!
VOLPIN nimmt aus der Tasche ein Papier, reisset zwey Stücke herab, und lasset jede das Loos ziehen. Welche von Beyden der längster Papirl gezogen, soll die erste seyn. Beyde Dames ziehen, und messen die Papirl.
FRAU VON HABICHT. Ich habe das längste
VOLPIN. Gut! so bringen Euer Gnaden einer wälsche Aria, nach ihrer Gusto. Werden wir gleich anfangen.
FRAU VON HABICHT. Ich habe schon eine gewählt, ich werd sie gleich bringen. Sie geht ab in ihr Zimmer.
FRÄULE nimmt Volpino bey der Hand, – mit zärtlichstem Ausdruck. Allerliebster Marches! ich lebe in Ihnen!
VOLPIN zärtlich. Ach! – meine Leben! – ich sterbe der ihriger. Leise. Heute auf der Abend, sind wir ein Paar. Bey die Lehrstunde meh rer. – Still! – sie kömmt.
FRAU VON HABICHT. Hier ist die Aria.
VOLPIN indem er die Aria übersieht. Bravo! mit einer recitativo. Zur Fräule. Ich bitte euer Gnaden sich zu retiriren; – man muß in der Lehrstunde aller Zerstreuungen entfernen.
FRÄULE. Das finde ich sehr vernünftig, und nothwendig. – Adieu! Sie geht in ihr Zimmer ab.
Elfter Auftritt.
Volpino und Frau von Habicht.
Volpino setzet sich zum Klavier, und Frau von Habicht neben seiner.
FRAU VON HABICHT. A propos liebster Marches! ich höre, daß Sie aus Italien von ihren Onkel sehr günstige Nachrichten erhalten haben.
VOLPIN. O meine Göttinn! meiner Processe geht gut. Er zieht einen Brief aus seiner Tasche, küsset ihre Hand, und übergiebt ihr selben Hier ist der Brief.
FRAU VON HABICHT sie sieht den Briefe an, giebt ihn wieder zurück. Liebster Marchese! ich versteh nicht Wälsch.
VOLPIN nimmt ihn nicht an. Behalten Sie die Brief mein Engele. Lassen Sie sich bey Gelegenheiter selben von der Monsieur Bär verdolmetschen.
FRAU VON HABICHT. Das will ich thun. Steckt den Brief ein.
VOLPIN. Nu! wenn es beliebig, so fangen wir der Recitativo an. – Euer Gnaden singen erstlich nach ihrer eigener Art; dann werde ich Sie ala mia maniera zeigen.
FRAU VON HABICHT. Das gefällt mir: doch un endlich mehr der allerliebste Antrag, den Sie mir durch meine Köchin machen liessen. – Marches! – Sie haben meine Einwilligung, und ich gebe Ihnen mein Wort
VOLPIN er fällt ihr zu Füssen, und küsset ihre Hand. Ah! anima mia! – Sie machen mich zu der allerglückseligsten Geschöpfer, auf die Gottes Erdboden! – Er springt gähe auf, und setzet sich. Doch still! wir mèchten behorchelet werden. – Das mehrere nach die Aria.
Er fängt an das Klavier zu spielen, und Frau von Habicht singt den wälschen Tert fehlerhaft, und wird von Volpin in der Aussprache belehret.
Se piu felice oggetto
Occupa il tuo pensiero,
Taci, non dirmi il vero,
Lasciami nell‘ error,
VOLPIN. Bravissimo! genug für der erstermal. – Nun angebette Schöne! Heute noch, auf diese Abend, muß unser Versprechen für sich gehen, Lacht. und Monsieur Bär soll wider sein Vermuthen dabey der Beystander abgeben müssen.
FRAU VON HABICHT. Wie? Monsieur Bär soll dabey Zeuge seyn? – das ist die Unmöglichkeit selbst.
VOLPIN. Unmöglichkeit? – hä! für einer Marchese d'Intrighi ist das Kleinigkeiter. – Habe ich dazu schon alles vorbereitet.
FRAU VON HABICHT. Wie so?
VOLPIN. Es wird heute auf die Abend, in der Kuchelrauchfang Feuer entstehen und –
FRAU VON HABICHT. Was! Feuer? – das behüte der Himmel!
VOLPIN. Meiner Meister hat schon davon Nachricht; er wird mit aller Gesellen und Lehrbuber gleich dabey seyn.
FRAU VON HABICHT. Warum aber Feuer?
VOLPIN. Erstlich: weil ein Rauchfangkehrer nur bey solcher Feuer sich der größter Merite machen muß. Zweyter: weil euer Gnaden hiedurch Gelegenheiter bekommen, sich eine Ueblichkeit anzudichten von der Schrocken.
FRAU VON HABICHT. Aber zu was Ende die Ueblichkeit?
VOLPIN. Damit Herr von Bär bey euer Gnaden bleibe, und Sie so lang nicht verlasse, bis meiner Meister die Nachricht bringt: daß der Feuer von mich ganz allein glücklich gedämpfet worden.
FRAU VON HABICHT. Und dann?
VOLPINO. Und dann müssen euer Gnaden sich erholen, und von meiner Meister verlangen, daß ich vor Sie meine Engele! erscheinen solle.
FRAU VON HABICHT. Marches! Sie zu sehen, ist immer mein größtes Vergnügen.
VOLPIN. Dann werde ich kommen in einer nasser Kotze eingewickelet; wie man gewöhnlich durchpassirt, wenn es in die Rauchfanger brennet; und werde euer Gnaden meiner Komplimento machen.
FRAU VON HABICHT. Was habe ich da zu thun?
VOLPIN. Dann müssen euer Gnaden mich vor der Meister und Monsieur Bär, wegen meine geleiste Dienste betoben.
FRAU VON HABICHT. Das werde ich; das kann ich! – und schon Sie mein allerliebster Marches!
VOLPIN. Euer Gnaden! zu große Lobe ist verdächtig.
FRAU VON HABICHT. Sie haben recht. – Nun wenn ich Ihr Lob ausgesprochen?
VOLPIN. Dann müssen euer Gnaden sich eine Gefälligkeiter ausbitten von meine Meister, und von der Monsieur Bär.
FRAU VON HABICHT. Zum Beyspiel!
VOLPIN. Nu eine Gefälligkeiter, die Sie nicht gleich wissen müssen?
FRAU VON HABICHT. Und wenn Beyde diese unbekannte Gefälligkeit accordirt?
VOLPIN. Dann wenden sich euer Gnaden zu mich, und sagen: Lieber Volpin! für dieser grosser Dienst, welchen er mir in dieses Feuergefahr erwiesen hat, empfange er zu die Belohnung meiner Herz und meine Hand, er ist mein zukünftiger Gemahl.
FRAU VON HABICHT sie springt ganz freudig vom Sessel auf, lacht, und läuft im Zimmer herum. Unvergleichlich! unvergleichlich!
VOLPIN. Piano! piano! Sie setzt sich. Hernach müssen Euer Gnaden sich bedanken bey meiner Meister und der Monsieur Bär, für die Gefälligkeiter, daß sie huben bey dieß Versprechen die Beystander abgegeben.
FRAU VON HABICHT. Unschätzbarer Marches! nun gesieh ich, daß Sie unmöglich scheinende Sachen möglich machen. – Was wird aber mit der Fräule geschehen?
VOLPIN. Herzele mein! das lassen Sie meiner Sorge über; sie soll wie der Schnepfer einer langer Nase bekommen. – Für heute ist die Lehrstunde gar.
FRAU VON HABICHT steht auf. Unrergleichlich! Liebster Marches! ich werde alles pünktlich befolgen. – Adieu! unschätzbarer Marches! – mein künftiger allerliebster Gemahl! Adieu! Sie geht in ihr Zimmer.
VOLPIN. Itzt komm ich über dich, Fräulein Nannette! – du wilst auch Marchesinn werden! – Gut, ich werde dich wie deine Stiefelmutter dazu einleiten; – das soll gleich itzt in deine Zimmer geschehen. Er zieht einen Brief aus der Tasche, und steckt ihn wieder ein. Dieses Briefe muß mich bey dich, wie bey deine Stiefelmutter zu der Marchese bestätigen. Er geht in das Zimmer der Fräule ab.
Zwölfter Auftritt.
Fränzl die Stubenmagd, allein.
FRÄNZL ganz fröhlich. Wie bin ich so froh daß mein lieber Johann wieder aufgeräumt ist. Er sagte mir, daß beede Herren ihm die fünfzig Dukaten versichert haben; falls sie auch in dieser Heurath ihren Zweck nicht erreichen sollten. – Nun werden wir zwey uns nicht mehr lange säumen, ein Paar zu werden.
Aria
Von der Fränzl.
Wie ist mir leicht ums Herz,
Mir entweicht aller Schmerz,
Weil ich itzt sagen kann,
Ich hab schon meinen Mann.
Uns Stubenmägde plagt,
Was jede andre klagt;
Ein gewiß Herzenweh,
Von Seufzen nach der Eh‘.
Mägdchen bey meiner Freud,
Ich wünsche allen heut,
Daß euch dies Herzenweh,
Noch dieses Jahr vergeh.
Geht tanzend ab.
Dreyzehnter Auftritt.
Volpino und die Fräule.
Volpino führt die Fräule am Arm aus ihrem Zimmer, und hält Musikalien in der Hand.
VOLPIN. Haben Euer Gnaden mich wohl verstanden, und sich alles gemerket?
FRÄULE. Ja! mein allerliebster Marches! – Ich werde alles auf das niedlichste erfüllen.
VOLPIN. Gut! – Aber hab ich Euer Gnaden der Brief von meiner Onkel gegeben?
FRÄULE. Ja mein Schatz! ich habe ihn. – Nu kann ich den Augenblick kaum erwarten, da ich in Gegenwart ihres Meisters, und des mir so verhaßten Wolfs, ihnen liebster Marches! meine Hand und mein Herz auf ewig schenken werde. – Aber liebster Marches! liegt Ihnen meine Stiefmutter vielleicht nicht mehr am Herzen?
VOLPIN. Was – Ihre Stiefemutter? – der gemeiner Fetzen? – Ein Kavalier von meiner gleichen mesallirt sich nicht. – Was würde meiner Onkel sagen? – Sie! Sie! allerliebste Fräule Nannette! sind eine Fräule von die Geburt; das ist altera Roba.
FRÄULE. Schön! ruhmwürdig! liebster Mar ches! – Sie sind ein ächter Kavalier! – Sie erfüllen die wahren Pflichten ihres hohen Standes.
VOLPIN. Wir müssen uns mit das lange Reden nicht verdächtig machen. Anima mia! fangen wir itzt die Aria an.
Volpino setzet sich zum Klavier, die Fräule neben ihm; er spielt, und verbessert die fehlerhafte Aussprache und den Gesang der Fräule.
Aria.
Von der Fräule.
Basta, vincesti, eccoli il foglio.
Vedi, quanto t‘ adoro ancora ingrato!
Con un tuo sguardo solo
Mi togli ogni difesa e mi disarmi.
Ed hai cor di tradirmi? E vuoi lasciarmi?
Ah, non lasciarmi, nò,
Bell‘ idol mio.
Di chei mi fiderò,
Se tu m'inganni?
Vierzehnter Auftritt.
Herr von Bär, Herr von Wolf und die Vorigen.
Bey dem Eintritt dieser Herren wird die Arie unterbrochen. Sie küssen der Fräule die Hände.
FRÄULE sehr freundlich. Messieurs! haben Sie die Güte zur Mama zu gehen! Sie ist ganz alleine. – Beede machen ihre Verbeugung, und gehen in das Zimmer der Fr. v. Habicht Die Fräule singt weiter. Unter dem Singen sieht die Lisel zur Thüre herein; Volpino giebt ihr ein Zeichen.
VOLPIN. Adorata mia Bella! für heute ist der Singen gar. Itzt Beede stehen auf. wird der Feuer gleich ausbrechen.
FRÄULE. Ich zittere am ganzen Leibe.
VOLPIN. Possen! – ist ja keiner Gefahr dabey. – Ich bitte, spielen Euer Gnaden Ihre Rolle gut, bis mein Meister die Nachricht bringt, daß der Feuer von mich ganz alleine gedämpfet worden. Man hört ein Geräusche, Geschrey und Knastern von aufsen. Volpino küsset der Fräule die Hand, und eilet zur Kuchelthüre hinaus. A Dio! mein Engele! werde ich in der Kotzen eingewickelet, bald meiner Complimento machen. A Dio!
Fünfzehnter Auftritt.
Die Fräule, hernach die Lisel, dann Frau von Habicht., Herr von Bär, Herr von Wolf, Johann und die Fränzl.
Lisel kömmt mit einem heftigen Geschrey aus der Kuchel, und läuft wie rasend herum.
LISEL. Hilfe! Hilfe! – im Rauchfange brennts. – Hilfe! Hilfe!
FRÄULE stellt sich erschrocken. O Unglück! – O Usglück!
FRAU VON HABICHT kömmt mit Herrn von Bär und Wolf aus ihrem Zimmer. Wie? was? Feuer? – Ich bin verwhren!
HERR VON BÄR. Euer Gnaden! im Rauchfange hat es keine Gefahr
FRÄULE. O Unglück! O Unglück!
HERR VON WOLF. Fürchten Sie nichts gnädiges Fräulein! im Rauchfange hat es keine Gefahr
FRÄNZL kommt Athemlos bey der Thüre herein. Euer Gnaden! Volpin hat schon das Feuer auf dem Heerde ausgelöscht; – hat einen nassen Kotzen über sich genommen; – ist zum Dachfenster hinaus, und wird durch den Rauchfang herab fahren, um das Feuer zu löschen.
FRAU VON HABICHT. Himmel! – der erstickt! der ist todt!
FRÄULE. Gott! – der ist weg! der geht zu Grunde!
JOHANN läuft eilends zur Thüre herein. Euer Gnaden! – der Meister Tomaso kömmt schon die Treppe herauf, mit allen Gesellen und Lehrjungen.
HERR VON WOLF. Gnädiges Fräulein! kommen Sie in ihr Zimmer, bis der größte Auflauf vorbey ist.
FRÄULE. Ach! welch Unglück! – Ich bitte Sie Herr von Wolf! verlassen Sie mich nicht! Sie fängt an zu taumeln, und wird von Hrn. von Wolf in ihr Zimmer geführt.
FRAU VON HABICHT. Wie wird mir? – Monsieur Bär! – verlassen Sie mich nicht! – mir – wird – übel. Herr von Bär und der Bediente führen sie in ihr Zimmer.
Sechzehnter Auftritt.
Meister Tomaso mit allen Gesellen und Jungen.
Aria.
Von Meister Tomaso.
Nur munter ihr Leut!
Zur Hilfe bereit!
Die Flammen zu dämpfen,
Ihr Wuth zu bekämpfen.
CHOR, von den ihm folgenden Gesellen.
Das ist unser Sach.
Das ist unser Sach.
TOMASO.
Ihr eilt in die Küche,
Zu einem Theil.
Ihr eilt auf das Dach.
Zum andern Theil.
CHOR von allen.
Die Flammen zu dämpfen,
Ihr Wuth zu bekämpfen,
Das ist unser Sach‘
Das ist unser Sach‘.
Alle eilen unter dem Singen in die Kuchel, der Meister folgt.
Siebzehnter Auftritt.
Lisel, Fränzl, Johann.
LISEL kömmt aus der Küche. Das heiß‘ ich ein Unglück!
FRÄNZL kömmt bey der Eintrittthür. Das ist ein Streich!
JOHANN aus dem Zimmer der Frau von Habicht. Das ist ein Feuer! Abseits. Schade! daß es nicht ärger ist.
LISEL. Ich habe keine Schuld. Geht ganz verwirrt herum.
FRÄNZL. Ich auch nicht. Geht ganz beklemmt hin und her.
JOHANN. Es ist halt ein erschreckliches Unglück! Abseits. was ich dem bißigen Rammel von Herzen vergönne.
Achtzehnter Auftritt.
Meister Tomaso, hernach Frau von Habicht und Herr von Bär und die Vorigen, welche nach und nach abgehen.
TOMASO kömmt von der Kuchel, zum Johann Welches ist das Zimmer der gnädigen Frau?
JOHANN zeigt darauf. Hier.
TOMASO eröfnet die Thüre und ruft hinein Euer Gnaden! das Feuer ist gelöschet; Volpino hat es ganz allein gelöschet.
LISEL. Dem Himmel sey Dank! Geht ab.
FRÄNZL. Wie bin ich so froh! Geht ab.
JOHANN. Ich auch Abseits. aber nur per Kompagnie. Geht ab.
FRAU VON HABICHT kömmt ganz kraftlos aus ihrem Zimmer, Herr von Bär folgt ihr, Johann bringt einen Sessel, sie setzet sich. Lieber Herr Tomaso! wo ist der Erretter, der Volpino?
TOMASO. Eben ist er in einer nassen Kotze eingewickelt, durch den Rauchfang herabgefahren. Er wird sich nur ein wenig zurecht richten, und dann seine Aufwartung –
FRAU VON HABICHT. Johann! geschwind – geschwind! sagt dem Volpino, daß er gleich zu mir komme, und zwar in der Kotze – so, wie er ist.
Johann läuft schnell in die Kuchel; hierüber erscheint ein Rauchfangkehrer in einer Kotze eingewickelt, und macht gegen die Frau von Habicht eine tiefe Verbeugung.
FRAU VON HABICHT überaus freundlich. Lieber Volpin! ich danke ihm, für seine vortreflichen Dienste, so er meinem Hause geleistet hat. – Ich lobe, und bewundere seine Geschicklichkeit. Die Belohnung dafür wird auch folgen. Sie wendet sich gegen Tomaso, und Herr von Bär. Meine Herren! darf ich Sie um eine Gefälligkeit bitten?
HERR VON BÄR. Euer Gnaden befehlen, es sey, was es wolle.
TOMASO. Ich bin Euer Gnaden zu gehorchen.
FRAU VON HABICHT wendet sich zum Rauchfangkehrer. Lieber Volpino! damit ich seine Verdienste auf der Stelle belohne; so empfange er Sie steht auf, reicht ihm die Hand. meine Hand, und mein Herz. Er ist mein künftiger Gemahl.
Der Rauchfangkehrer läßt die Kotze fallen, bleibt aber in der Kappe vermummt, nimmt ihre Hand, und macht eine tiefe Verbeugung,
HERR VON BÄR stellt sich betroffen. Wie? – dem Volpino?
FRAU VON HABICHT. Indessen danke ich Beeden, für die Gefälligkeit, daß Sie von meinem Versprechen haben Zeugen seyn wollen.
HERR VON BÄR. Aber einem Rauchfangkehrersgesellen?
FRAU VON HABICHT sie zieht einen Brief aus dem Sacke, gieb denselben Herrn von Bär. Lesen Sie diesen Brief; der aber ihn geschrieben hat, ist ein Onkel dieses Rauchfangkehrers.
HERR VON BÄR leset den Brief. Al Signore Volpino. – Nipote mio stimatissimo. Er eröfnet den Brief. Caro Marchese! il vostro processo va terminandosi favorevolmente.
FRAU VON HABICHT. Zur Güte! auf deutsch
HERR VON BÄR. Liebster Marches! euer Proceß gehet sehr günstig zu Ende. – In pochi giorni Voi sarete assolto della vostra colpa. – In wenig Tägen werdet ihr von eurer Strafe losgesprochen werden. Er schüttelt den Kopf.
FRAU VON HABICHT. Was folget?
HERR VON BÄR. Fra tanto nascondete ancora, il caratere della vostra Nobilta, sotto l'habito di spazzo camini. – Unterdessen haltet noch euren Adelstand unter der Kleidung eines Rauchfangkehrers verborgen. – A Dio! Euer ergebenster Onkel – der Marchese d'Intrighi.
FRAU VON HABICHT. Nu? – halten Sie ihn noch für einen Rauchfangkehrer?
HERR VON BÄR giebt ihr den Brief zurück. Dieser Brief ist ein schwacher Beweis.
FRAU VON HABICHT. Mir aber der stärkste. Zum Rauchfangkehrer. Kommen Sie liebster Marches! Sie geht mit ihm in ihr Zimmer.
HERR VON BÄR indem er ihnen folgt. Aber Euer Gnaden erlauben mir, nur eine kleine Vorstellung.
Neunzehnter Auftritt.
Meister Tomaso allein, hernach ein Rauchfangkehrer, und Herr von Wolf.
TOMASO. Dieser Streich ist bey der Frau von Habicht richtig gemessen, und glücklich ausgeführet worden. – Nun kömmt die Reihe an dich, hochmüthiges Fräulein; – er soll bey dir auch nicht fehlfahren. Er eröfnet die Zimmerthüre des Fräuleins, und ruft hinein. Freude! Freude! gnädiges Fräulein! – das Feuer ist vorbey. – Volpino hat es allein gelöschet.
HERR VON WOLF kömmt zur Thür. Meister Tomaso, da das Fräulein von dem Feuerschrecken noch ganz kraftlos ist; sol will Sie, daß der Herr mit dem Volpino zu ihr kommen möchten.
TOMASO. Das soll gleich geschehen. Er ruft bey der Kuchelthüre. Volpin! Volpin! komme er, wie er ist. Es erscheint ein Rauchfangkehrer, gleich dem Vorigen, und geht mit Meister Tomaso in das Zimmer des Fräulems ab.
Zwanzigster Auftritt.
Frau von Habicht, Herr von Bär und der Rauchfangkehrer.
FRAU VON HABICHT ganz aufgebracht, aus ihrem Zimmer. Kurz – ich will keine Vorstellungen. – Lassen Sie mich, und suchen Sie Ihr Glück anderswo.
HERR VON BÄR verfolgt Sie beständig. Aber, Euer Gnaden bedenken, daß ich –
FRAU VON HABICHT. Geben Sie sich keine Mühe, es nützet nichts. – Es ist alles vergebens.
HERR VON BÄR. Gesetzt aber, Sie wären doch hintergangen?
FRAU VON HABICHT. So haben Sie dabey nichts riskirt.
HERR VON BÄR. Gnädige Frau! Sie wissen, daß von jähen und unüberlegten Handlungen gemeiniglich eine späte Reue zur Folge bleibe.
FRAU VON HABICHT. Welch‘ unzeitige Lehren! welch‘ unnütze Sorgen und leeres Geplauder? Scherzhaft. So werden Sie für mich nichts zu büssen haben.
HERR VON BÄR ernsthaft. Gnädige Frau! förchten Sie die Folgen Ihrer Uebereilung, und zittern Sie für die Strafe Ihres Eigensinns. – Ich versichere, daß Sie deßwegen das Gespötte und Gelächter der ganzen Stadt seyn werden.
FRAU VON HABICHT zornig. Hä! Monsieur Bär, das geht zu weit. – Verlassen Sie mich und mein Haus. Packen Sie sich, und unterstehen Sie sich nicht mehr – –
Ein und zwanzigster Auftritt.
Herr von Wolf und die Vorigen, hernach die Fräule, Tomaso und der zweyte Rauchfangkehrer.
HERR VON WOLF mit einem erbrochenen Brief in der Hand, kömmt lachend aus des Fräuleins Zimmer. Bruder Bär! – das ist zum krepiren. Lacht aus vollem Halse. Eben komm ich von einem Versprechen, welches zwischen der Fräule von Habicht, und einem Marchese Rauchfangkehrer vorbey gegangen ist. Lacht aus vollem Halse Bruder Bär! so hilf mir lachen. Lacht was er lachen kann.
Frau von Habicht ganz betroffen, betrachtet den vermummten Rauchfangkehrer vom Kopf bis zum Fusse.
HERR VON WOLF. Bruder Bär, so lache doch! Im beständigen Gelächter. Seye, hier ist sein Adelsbrief ohne Datum und ohne Jahrzahl.
HERR VON BÄR nimmt den Brief, übersieht ihn, und lacht gelassen. Gnädige Frau! hier ist die eigene Hand – es sind die nämlichen Worte – das ist der Brief von Euer Gnaden!
FRAU VON HABICHT. Wie? soll ich meinen Brief verlohren haben? Sie sucht in ihren Säcken, findet ihren Brief, hält ihn mit des Wolfs seinem zusam men, läßt plötzlich Beede fallen, und taummelt auf den Sessel hin. Himmel! ich bin hintergangen! – ich bin des Todtes!
Bär zieht ein Fläschgen aus der Tasche, und sucht sie zu erholen
HERR VON WOLF leichtfertig. Ich vermuthe ja nicht ein Urheber dieser Verstellung – – –
HERR VON BÄR ernsthaft. Herr Bruder! hier ist nicht mehr zu spassen. – Wie ist Ihnen gnädige Frau? – erholen Sie sich!
HERR VON WOLF betroffen, läuft zu dem Zimmer der Fräule, eröfnet die Thüre, und ruft. Fräulein Nannette! kommen Sie! kommen Sie! der Mama ist eine Uebligkeit zugegangen.
Fräule Nannette kömmt mit Meister Tomaso aus ihrem Zimmer, und der zweyte Rauchfangkehrer folget.
FRÄULE hochmüthig. Nu! – was giebts? Abseits zum Tomaso. Ihr ist gewiß aus Aergerniß übel worden, weil ich ihr den Marchesen weggefischet habe. Tomaso schupft die Achseln.
FRAU VON HABICHT etwas erholet. Ach! ich Unglückselige! – O Streich! – O Schande!
Die Fräule lacht abseits, und klascht in die Hände.
HERR VON BÄR abseits. Ich habe wahres Mitleiden bey ihrer Quaal.
FRAU VON HABICHT springt vom Sessel auf. Wo ist Volpin! der niederträchtige Betrüger?
HERR VON BÄR. Hier rückwärts steht er.
FRÄULE geschnäppig. Sie irren Monsieur Bär, er ist in meinem Zimmer. – Herr von Wolf! rufen Sie ihn.
Wolf winkt bey der Zimmerthüre, der Rauchfangkehrer kömmt heraus, und stellt sich den Anwesenden gegenüber.
FRÄULE betroffen. Was will dieses? – Zwey Volpin?
HERR VON WOLF spassend. Ja Euer Gnaden! zwey Marchesen Rauchfangkehrers. Zum ersten. Heißt er Volpino? Er nickt den Kopf. und er heißt auch Volpino? Er nickt auch mit dem Kopfe. Charmant! die haben sich wirklich multiplicirt.
FRÄULE mit einem Geschrey. Ach! ich bin verlohren! Sie läuft wie unsinnig hin und her. Mama! dieses Versprechen ist ungültig, weil es Betrüger veranlasset haben.
FRAU VON HABICHT rasend. Wir sind mit Spitzbuben umschwärmt. Dieser schändliche Streich muß bey der Obrigkeit angezeiget, und von selber auf das schärfeste gezüchtiget werden.
TOMASO ernsthaft Meine gnädigen Frauen! nur keine Beleidigungen. Zu den zwey Rauchfangkehrern. Ihr zwey! marschirt in die Kuchel! Sie gehen ab. Nun meine Dames! hören Sie mich mit Geduld, ich werde ganz kurz seyn. – So viel ich von dem Hergange der ganzen Geschichte belehret bin, so fällt – alle Schuld auf ihren Hochmuth, auf ihren Eigensinn und auf Ihre muthwilligen Ränke, welche Sie unter sich selbst, und wider diese rechtschaffenen Herren angesponnen haben. – Ihr eigenes Gewissen wird Ihnen die Genugthuung absprechen, welche Sie wider diejenige bey der Obrigkeit zu erwirken hoffen, denen nichts anders übrig war, als Betrug mit Betrug abzuthun, und Gleiches mit Gleichem zu vergelten. – Rechten Sie nun wider Ihre eigene Thorheiten, wenn Sie doch das Gespött und Gelächter der ganzen Stadt werden wollen.
Frau von Habicht und die Fräule schlagen die Augen nieder, und stehen ganz beschämt da.
FRAU VON HABICHT abseits. Welche Strafe für meinen Uebermuth. Sie fängt an zu weinen.
FRÄULE abseits. Welche Quaal für meine Eitelkeit. Sie weint.
Gesang in Fünfen.
FRAU VON HABICHT gegen Hrn. von Bär.
Ach! wie schmerzt mich jener Eifer,
Der Sie so beleidigt hat:
FRÄULE gegen Hrn. von Wolf.
Ach! warum war ich nicht reifer,
Ich bereue meine That.
FRAU VON HABICHT UND FRÄULE, zusammen.
Dies Bekenntniß soll allein,
Ihnen Stoff zur Güte seyn.
HERR VON BÄR zur Frau von Habicht.
Nichts ist schwerer zu verzeihen,
Als der Meineid in der Lieb.
HERR VON WOLF zur Fräule.
Nichts ist härter zu erweichen,
Als ein Herz bey jenem Trieb.
BÄR UND WOLF, zusammen.
Wenn die Rach‘ in Wuth der Waffen,
Ungetreue sucht zu straffen.
FRAU VON HABICHT ALLEIN für sich.
Ach! wie schmerzet mich mein Eifer,
FRÄULE ALLEIN für sich.
Ach! warum war ich nicht reifer
BEEDE ZUSAMMEN gegen ihre Liebhaber.
Dies Bekenntniß soll allein,
Ihnen Stof zur Güte seyn
TOMASO zum Wolf und Bär.
Im Vertrauen meine Herren,
Mich bewegen Ihre Zähren.
Wischt die Augen.
FRAU VON HABICHT zum Tomaso.
Liebster Vater! darf ichs wagen?
FRÄULE zum Tomaso.
Liebster Vater! darf ichs sagen?
BEEDE ZUSAMMEN zum Tomaso.
Für Ihr Fürwort ganz allein,
Will ich ewig dankbar seyn.
Alle fünfe zusammen.
DIE DREY HERREN.
Ich fühl ganz in meinem Herzen,
Ihre Reue, Ihren Schmerzen:
DIE ZWEY FRAUEN.
Ich fühl ganz in meinem Herzen,
Meine Reue, meinen Schmerzen.
Zwei und zwanzigster Auftritt.
Tomaso und die Vorigen.
TOMASO. Meine Herren! haben Sie die Güte, in dies Nebenzimmer auf eine kleine Weile abzutreten.
Beede Herren gehen in das Zimmer der Frau von Habicht.
FRAU VON HABICHT. O mein Vater!
FRÄULE. O mein bester Vater!
TOMASO. Nu meine Kinder! – ich will euch helfen. Beede wollen dem Tomaso die Hände küssen, er läßt es aber nicht zu. Lasset mich, lasset mich liebe Kinder! – Für das erste, müsset Ihr euch mit meinen Gesellen abfinden, das sie Euch Eures gethanen Versprechens los lassen. – Für das zweyte: müsset Ihr Eure Hand, Herz und Vermögen den beleidigten Liebhabern zur Genugthuung freymüthig anbiethen.
FRAU VON HABICHT. Das will ich von ganzen Herzen.
FRÄULE. Das werde ich von meiner ganzen Seele.
TOMASO ruft die Herren aus dem Zimmer, und die zwey Rauchfangkehrer aus der Kuchel. Zu den Rauchfangkehrern. Jeder von euch bekömmt sechs Dukaten, wenn er seine Dame von ihrem gethanen Versprechen los lasset. – Seyt ihr zufrieden? Beede nicken den Kopf, und machen eine Verbeugung. Doch haltet reinen Mund von dem, was hier vorgegangen. Machen wieder eine Verbeugung.
HERR VON BÄR. Ich möchte doch wissen, wer unter dieser Kappe verstekt ist?
TOMASO. Macht eure Kappe herunter.
HERR VON WOLF. Verflucht! das ist mein Bedienter. Lacht
HERR VON BÄR lacht. Bey meiner Seele! das ist meiner. – Marschirt, und überkleidet euch. Beede gehen ab.
TOMASO zu den Herren. Messieurs! beede Damen sind bereit, Ihnen zur Genugthung Hand, Herz und Vermögen anzubiethen; – Sind Sie befriedigt?
Beede laufen ihren Geliebten zu.
HERR VON BÄR zur Fr. v. Habicht. O meine Angebettete! Sie sind zu gütig und zu großmüthig. – Behalten Sie ihr Vermögen – ich bin reich genug durch Ihre Hand und Ihr edles Herz. Meine zärtlichste Gegenliebe und unverbrüchige Treue, samt meinem ganzen Vermögen ist die Widerlage, die ich Ihnen in Gegenwart dieses ehrwürdigen Greises heute, und auf ewig, feyerlichst versichere. Er küsset ihre Hand, und sie wechseln die Ringe.
HERR VON WOLF. Bester Herr Tomaso! Sie find mein erbetener Zeuge! – Ich verspreche, versichere und widerlege meiner unschätzbaren Fräulein Nannette alles, was mein Bruder Bär der gnädigen Frau versprochen, widerlegt und versichert hat. Sie wechseln die Ringe, und er küsset ihre Hände.
TOMASO. Nur eines liegt mir noch am Herzen.
FRAU VON HABICHT. Schaffen Sie bester Papa!
FRÄULE. Befehlen Sie liebster Vater!
TOMASO. Daß Sie dem schelmischen Marchesen, meinem Volpino, vergeben.
FRAU VON HABICHT. Von ganzen Herzen! wo ist er?
FRÄULE. Von ganzer Seele! er soll kommen.
TOMASO. Ich werde ihn aufsuchen. Er geht in die Kuchel.
Letzter Auftritt.
Meister Tomaso, Volpino und die Vorigen, hernach die Köchinn, der Bediente und die Stubenmagd, zuletzt die Rauchfangkehrersgesellen und Lehrjungen.
Volpino folget dem Meister Tomaso schleichend, und ganz niedergebeugt.
FRAU VON HABICHT. Mein Volpino!
FRÄULE. Bester Volpino!
HERR VON BÄR. Lieber Volpino!
HERR VON WOLF. Guter Volpino!
Alle laufen auf Volpino zu, und umringen ihn; Tomaso stellt sich, ihn zu befreyen.
TOMASO. He! was ist das? – Zerreissen und fressen Sie meinen Volpino nicht.
VOLPIN. Förchten Sie nichts Herr Meister! sind Sie lauter einheimische Wölfe und Bären,
HERR VON WOLF. Richtig. – Er ist selbst eine solche Bestie, die zu prellen wäre.
VOLPIN. Gnädige Herren! jetzt aller Spaß auf die Seiter. Ich bin hier, beeden Damen meiner Marchesato zu Füssen zu legen; Sie perdono zu bitten, und mich in Ihrer Gnade unterthänigst zu empfeh len.
FRAU VON HABICHT. Ich verzeihe dem Marchesen d'Intrighi und bin dem Herrn Volpin für seine wohlthätig und gut gerathene Ränke Lebenslang verbunden.
FRÄULE. Ich vergebe dem Herrn Volpino; allein mit dem Bedinge, daß er mein Sprach- und Singmeister bleibe.
HERR VON WOLF. Mein Schatz! das soll er seyn; aber auch unser beständiger Hausfreund.
TOMASO. Es geht noch jemand ab.
FRAU VON HABICHT. Wer denn?
TOMASO. Die Lisel die Köchinn.
HERR VON BÄR. Ist wahr, die Jungfer Braut von dem Volpin.
FRAU VON HABICHT. Was höre ich?
VOLPIN. Ja Euer Gnaden! – Schon heute in der Frühe haben wir der Versprechen in der Kuchel gehabt. Er läuft in die Kuchel und bringt seine Lisel. FRAU VON HABICHT. Ich gratulire Beeden. – Ich werde ihr eine Haussteuer geben.
FRÄULE. Ich gratulire gleichfalls, von mir soll sie auch eine haben.
Es kömmt Johann mit der Fränzl.
FRAU VON HABICHT. Was wollt ihr?
JOHANN. Die Erlaubniß zu heyrathen.
HERR VON BÄR. Euer Gnaden! ich bitte für sie!
FRAU VON HABICHT. Ich gebe auf Ihr Fürwort meine Einwilligung.
HERR VON WOLF. Johann! wie heißt sein Zuname?
JOHANN. Dachs.
HERR VON BÄR. Das ist der Kerl in Natura.
FRAU VON HABICHT. Aber Volpin! – wer gab ihm den Stof zu diesem verschmitzten Unternehmen?
VOLPIN. La Testa mia – e poi, die geschwätziger Dienstbother von Euer Gnaden.
FRAU VON HABICHT. Wieder ein Beweis, daß sie die unentbehrlichen Verräther ihrer Herrschaften sind.
TOMASO. Nun erfahre ich, daß auch närrische Träume wahr werden. – Mir traumte die verwichene Nacht, daß ich bey dem Versprechen einer ganzen Wildbahne den Beystand abgeben mußte; da nun dieser Traum, den Namen nach, hier zutrift, so wünsche ich den mir schätzbaresten wildbahnischen Hochzeitern, daß Sie von den par Force Jägern, ich will sagen, von jenen Leidenschaften, die den Ehestand zu kränken pflegen, niemals beunruhiget, noch weniger aber verfolget werden. – Ich bitte noch um eine kleine Geduld. Er geht, die Kuchelthüre zu eröfnen, und ruft seine Leute, die Paar und Paar erscheinen, und sich in Ordnung stellen. Kommet ihr Leute! – stellet euch in Ord nung – habt Acht! – Singet zu Ehren dieser angehenden Hochzeitern, und zum Beschluß dieser Handlung mir folgendes Lied nach: Meister Tomaso singt eine Strophe vor, und die Gesellen singen ihm nach.
Schlußlied von Tomaso.
1.
Es leben die Frauen! es leben die Herren!
Im Frieden, in Freuden, nach ihrem Begehren;
Das Schicksal soll Ihnen die Jahre gewähren,
Bis sich Ihrer Enkeln Kindskinder vermehren.
2.
Drum lustig ihr Dachsen! Füchs, Wölfe und Bären,
Sprecht Hohn allen Jägern, Wildschützen und Herren,
Die euere Raeen einst wollen verheeren,
Und euch liebe Vieher mit Freuden zerstöhren.
CHOR von allen.
A Dio! wir gehn, es ist nichts mehr zu hören.
Ende des Singspiels.