Hector Berlioz
Benvenuto Cellini
Oper in drei Aufzügen
Personen
Der Kardinal Salviati
Giacomo Balducci, Schatzmeister des Papstes
Teresa, seine Tochter
Benvenuto Cellini, ein florentinischer Goldschmied
Ascanio, Lehrling Cellini’s
Francesco,
Bernardino, Künstler aus der Werkstätte Cellini’s
Fieramosca, Bildhauer des Papstes
Pompeo, ein Raufbold, Freund des Fieramosca
Ein jüdischer Schenkwirth
Ein Officier
Stumme Personen
Der falsche Balducci
Harlekin
Polichinello
Colombine
Zwei Soldaten
Chöre
Dienerinnen und Nachbarinnen von Balducci
Goldschmiede
Gießer, Masken, Häscher, Mönche, Gefolge des Kardinals, Volk
Die Handlung geschieht zu Rom, um 1532, unter dem Papste Clemens VII., am Montage vor Fastnacht, am Fastnachttage und Aschermittwoch.
Erster Akt.
Fastnacht-Montag
Erster Auftritt.
Die Scene stellt einen glänzenden Saal im Palaste Balducci’s vor.
Balducci. Teresa.
Introduktion.
BALDUCCI.
Teresa! – Nun, wo mag sie sein?
Wieder am Gaffen?!
Du hörtest doch, was ich befahl,
Vom Fenster! Ein- für allemal!
Was machst du hier? Herr meines Lebens,
Und stundenlang ruf‘ ich vergebens.
Zum Papst muß ich gleich – meinen Stock!
Den Dolch – die Handschuh – und meinen Rock.
’s ist wahrlich, um davon zu laufen,
Man möcht‘ dem Satan sich verkaufen,
Nicht ein Stündchen zum Verschnaufen,
’s ist schlimmer, als die ärgste Frohn
Für Cellini, o Schimpf und Hohn,
Den florentinischen Kujon!
Was seine Heiligkeit auch denken –
Schafft den toskan’schen Goldschmied an,
Und hat doch hier den großen Mann,
Fieramosca – den so zu kränken! –
Ab.
Zweiter Auftritt.
Recitativ.
TERESA.
Wohl mir, daß er allein
Nun mich ließ. – O, welch Behagen!
Nein, diese Pein
War länger nicht zu tragen.
CELLINI, FRANCESCO, BERNARDINO UND CHOR DER MASKEN hinter der Scene.
Tra la la la –
De profundis!
Wird verderben
Und sterben
Karneval,
Weint ihr gewiß!
De profundis!
TERESA.
Gott, Cellini ist’s!
CELLINI.
Ihr großen Kinder,
Narren, seid weise.
CHOR.
Ihr großen Kinder,
Junge und Greise,
Weint nicht, genießt in Eil‘
Des Pokals,
Trinkt auf das Seelenheil
Karnevals.
De profundis!
Teresa nähert sich dem Fenster, wo sie von einem Blumenregen überschüttet wird. Indem sie die Blumen aufhebt, findet sie ein Billet.
Recitativ.
TERESA.
Welch schöner Strauß! – und ein Brief! – Cellini!
Wie unvorsichtig! – Und wie! – er kommt hierher!
Heute Abend, ach, mein Gott – doch mein Vater!
Ist nicht hier – Und die Zeit so gelegen –
Was thu‘ ich?
Kavatine.
Wenn zwischen Pflicht und Wunsch du bangst,
Wie bist, o Herz, du zu beklagen!
Vor der Erfüllung mußt du zagen,
Selbst Hoffnung mehrt nur deine Angst.
Wie du auch wallst, darfst leis nur schlagen,
Mußt bergen scheu, was du errangst,
Entsagen da, wo du verlangst –
Wenn zwischen Pflicht und Wunsch du bangst.
Wie bist, o Herz, du zu beklagen!
Vor der Erfüllung mußt du zagen,
Selbst Hoffnung mehrt nur deine Angst.
Dritter Auftritt.
Teresa. Cellini.
Recitativ und Duett.
Teresa. Cellini!
CELLINI.
Teresa! Niemand wird hier uns stören –
TERESA.
Cellini, ach bedenkt, wenn der Vater uns sieht –
CELLINI.
Ach, diesen Namen zu hören!
TERESA.
Man kommt.
CELLINI.
Seid unbesorgt.
TERESA.
Laßt Euch beschwören.
Entflieht.
CELLINI.
’s ist blinder Lärm, der zu uns drang,
Es ist Held Karneval, den sie mit Lust umschwärmen,
Laßt vorm Fenster sie unten lärmen
Bei der Schellen lustigem Klang,
Drum kein Zagen, Teresa, kein Zagen mache euch bang.
O du mein Lieb, du, nach dem ich trachte,
Teresa, Geliebte, ende die Qual,
Willst du, daß fern dir ich verschmachte,
Entsage, entsage jeder Hoffnung Strahl?
TERESA.
Ach, daß an Lieb dein Herz je dachte! Cellini,
Sie bringt nur Leiden ohne Zahl –
Laß von der Liebe, laß von der Gluth, die dich entfachte,
Wir sehn uns heut‘ zum letzten Mal.
Vierter Auftritt.
Terzett.
Fieramosca. Die Vorigen.
FIERAMOSCA.
Man zerschlägt keine Fensterscheiben,
Man fällt nicht mit der Thür ins Haus,
Will man Liebe mit Glück betreiben,
Schleicht mäuschenstill man ein und aus.
CELLINI.
O laß bei allen Heil’gen dich beschwören.
FIERAMOSCA.
Ha, Cellini, schnell dort hinein –
CELLINI.
Ich darf’s nicht denken, Teresa, nein,
Du einem Andern angehören,
Dein Herz dem Gecken Fieramosca schenken!
TERESA.
Nein, die Madonna wird mich hören,
Wird diese Schmach vom Haupt mir lenken,
Viel eher würde den Tod ich leiden
Als Fieramosca gehören.
FIERAMOSCA.
Ha! Dürft‘ ich mit der Sprach‘ heraus,
Wart‘ nur, ich wollte dich schon lehren!
CELLINI.
Drum, o mein Lieb‘, Teresa,
Stille mein Sehnen,
O sag‘ mir heut‘,
Du höchstes Glück,
Nach dem ich einzig trachte,
Willst du, daß fern dir ich schmachte,
Entsage jeder Hoffnung letztem Strahl?
TERESA.
Ach, dein Hoffen,
Cellini, ist eitles Wähnen,
Die Pflicht gebeut,
Mir winkt kein Glück,
Mein wartet bange Qual,
Mir leuchtet kein Stern,
Der sonst mir lachte,
Wir sehn uns heut‘ zum letzten Mal.
CELLINI.
Fieramosca, ein solcher Geck!
TERESA.
Fieramosca! Sein Weib? Erbarmen! Lieber werbe
Der Tod um meine Hand – wohlan, ich sterbe!
FIERAMOSCA.
O, hätt‘ ich mein Rappier zur Hand.
CELLINI.
Nein, dir soll Wonne winken,
Sterben sollst du nicht;
Laß den Muth nur nicht sinken,
Hör‘, was Liebe spricht.
Schön’ren Weg zu erwählen
Voller Seligkeit,
Darf nur Muth dir nicht fehlen,
Den die Liebe leiht.
TERESA.
Will die Furcht überwinden,
Zeig‘ den Weg mir nur –
CELLINI.
Jedes Glück wirst du finden,
Folgst du seiner Spur.
TERESA.
Sprich nicht so laut!
CELLINI.
Zum Schluß des Karnevals –
TERESA.
Zum Schluß des Karnevals –
FIERAMOSCA.
Zum Schluß des Karnevals?
CELLINI.
Geh‘ morgen jedenfalls –
TERESA.
Ich gehe jedenfalls –
FIERAMOSCA.
Ich gehe jedenfalls!
CELLINI.
Zum großen Platz Colonna komm –
TERESA.
Zum Platz Colonna?
FIERAMOSCA.
Zum Platz Colonna?
CELLINI.
Cassandro spielt im Zelt –
TERESA.
Cassandro spielt im Zelt –
FIERAMOSCA.
Cassandro!
CELLINI.
Die Oper, die für Rom Er eigens hat bestellt.
FIERAMOSCA.
Eine Oper – aha!
CELLINI.
Dein Vater wird indessen
Beim Spiel dich ganz vergessen,
Laut lacht er mit dem Schwarm –
Du –
TERESA.
Ich?
FIERAMOSCA.
Ha!
CELLINI.
Du reichst dann schnell den Arm.
TERESA.
Ich reiche schnell den Arm –
FIERAMOSCA.
Sie reicht dann schnell den Arm.
CELLINI.
Dem Mönch in weißem Kleide –
TERESA.
Dem Mönch in weißem Kleide –
FIERAMOSCA.
Da reicht sie ihren Arm
Dem Mönch in weißem Kleide –
CELLINI.
Dem Kapuziner dann –
TERESA.
Dem Kapuziner dann –
FIERAMOSCA.
Dem Kapuziner dann –
CELLINI.
Jener Mönch – sieh mich an!
TERESA.
Du!
FIERAMOSCA.
Er!
TERESA.
Fürwahr?
CELLINI.
Mein Schüler ist der Zweite –
TERESA.
Wie, dein Schüler?
FIERAMOSCA.
Wie? sein Schüler?
CELLINI.
Wir geben dir Geleite –
TERESA.
– Mir Geleite –
FIERAMOSCA.
– Ihr Geleite –
CELLINI.
Dann eilen froh wir fort,
Toskana zu erreichen.
TERESA.
Nach Toskana?
FIERAMOSCA.
Nach Toskana?
CELLINI.
Und selig ruh’n wir dort.
CELLINI UND TERESA.
O Wonne ohne Gleichen
Wenn wir Florenz erreichen,
Drum flieh’n wir eilig fort.
FIERAMOSCA.
Eilig fort?
TERESA.
O, Cellini, welch‘ herbe Schmerzen
Bringt die Flucht dem Vaterherzen,
Trifft mich nicht des Himmels Fluch?
CELLINI.
Dich des Himmels Fluch? nein, o nein, süßes Leben!
Mag dein Vater davor erbeben,
Seine Tochter so zu quälen!
Du sollst dein Leben einsam vertrauern,
Im Kloster verwelken, vergeh’n in düstern Klostermauern,
Oder gar als Weib dieses Fieramosca!
TERESA.
Fieramosca! Fieramosca!
FIERAMOSCA.
Ha! wo doch bleibt der Herr Papa?
TERESA.
Ha, sei’s gewagt, ich hasse ihn unsäglich;
Er mein Mann – ihn sehen täglich! –
Fasse Muth, scheuche die Sorgen,
Morgen Nacht fliehen wir – also morgen!
CELLINI.
Also morgen!
FIERAMOSCA.
Also morgen!
CELLINI.
Hast du auch wohl behalten
Stund‘ und Ort zum nächt’gen Rendez-vous?
TERESA.
Ja – Platz Colonna, sprachst du –
CELLINI.
Nur leise! Sprich nicht so laut!
Zum Schluß des Karnevals etc.
Ensemble.
CELLINI.
O wie süß sie erklangen,
Mir ins Herz wonnig drangen,
Diese Wort‘ aus deinem Mund!
Der Gott, den wir ehren,
Er wird Leid von uns wehren,
Gewähren
Die seligste Stund‘.
TERESA.
Jungfrau, sieh mein Bangen,
In bedrängter Stund‘
Laß mich Schutz erlangen.
Wolle Muth gewähren,
Lindre meines Vaters Zähren,
Dem Bunde wolle Schutz gewähren,
Lindre Vaterzähren,
Segne unsern Bund!
FIERAMOSCA.
Weiber, falsche Schlangen!
Wart‘, dich will ich fangen,
Du toskan’scher Hund!
Bald soll Lust in Leid sich kehren,
Wenn Ketten dich beschweren
Tief in Kerkers Grund.
CELLINI UND TERESA.
Drum, ans Sterben zu denken
Wäre Thorheit nur,
Jugend soll froh uns lenken
Auf der Liebe Spur.
Wenn uns Leiden umsponnen,
Süße Liebe lohnt’s,
Hymen gönnt uns die Wonnen
Seines Wonnemonds.
Ob durch Schloß man und Riegel
Uns zu trennen dacht‘,
Treue Liebe hat Flügel,
Spottet jeder Macht.
Ja, hin zum Arnostrand
Flieh’n wir Hand in Hand.
Im neuen Vaterland
Umschling‘ uns fest der Liebe Band.
O Wonne ohne Gleichen,
Wenn wir Florenz erreichen,
Drum eilig flieh’n wir fort!
FIERAMOSCA.
Leider habt euren Plan
Ohne mich ihr gemacht,
Ich zerstör‘ euren Wahn
Noch vor morgen Nacht,
Nehmt euch in Acht!
CELLINI.
Morgen denn!
TERESA.
Morgen denn!
FIERAMOSCA.
Morgen denn! Morgen denn!
ALLE DREI.
In stiller Nacht!
CELLINI.
Am Platz Colonna –
TERESA.
Still!
CELLINI.
Dort am Theater –
TERESA.
Gut!
CELLINI.
Ein weißer Mönch –
TERESA.
Ja, ich komm‘! –
FIERAMOSCA.
Gut!
Ich fehle nicht.
ALLE DREI.
Morgen Abend,
Ganz gewiß!
TERESA.
Gott! mein Vater ist da, eilig hör‘ ich ihn kommen –
CELLINI.
Hörst du ihn wirklich?
TERESA.
Ja, er naht –
FIERAMOSCA.
Da scheint mir gut, ich halt‘ mich separat. –
Fünfter Auftritt.
Balducci. Die Vorigen.
BALDUCCI.
Ei, was! Teresa! Was hast du so spät noch zu schaffen?
Was weilst du hier, zu welchem Zweck?
TERESA.
Mein Vater – ein Mann –
BALDUCCI.
Ein Mann! Wo? Meine Waffen!
TERESA.
Ja, ja! Als ich schlafen wollt‘ gehn – welch ein Schreck –
BALDUCCI.
Ein Mann im Zimmer, weh‘ dem Gauner, dem Strolche!
Schnell her das Licht, Teresa, ich erdolche
Diesen Dieb, wo ich ihn entdeck‘!
TERESA.
Keinen Augenblick länger verziehe.
Cellini! – Er ging hinein.
CELLINI.
Hab Dank, mein Schutzgeist, ich entfliehe.
Bis morgen denn. Ewig dein!
Ab.
Sechster Auftritt.
Teresa. Balducci. Fieramosca.
TERESA.
Welch ein Schreck! Meine Kraft fühl‘ ich weichen –
BALDUCCI.
Ha, Bandit, hab ich dich!
TERESA.
Himmel, ach!
Schlich sich wirklich ein Mann ins Gemach?
BALDUCCI.
Folg’mir, Räuber, du erliegst meinen Streichen –
Wie! seid Ihr’s?
TERESA.
Welch ein Fang ohne Gleichen!
FIERAMOSCA.
Ein Bandit bin ich nicht –
BALDUCCI.
Teufel auch!
Ein frisirter Bandit, noch viel schlimmer!
Sagt mir, Herr, ist das Sitte und Brauch,
Sich zu Mädchen zu schleichen ins Zimmer?
TERESA.
Ja, mein Herr, was führt Euch in mein Zimmer?
FIERAMOSCA.
’s ist ganz einfach, ich wollte – meinen Besuch Euch nur machen.
BALDUCCI.
Unverschämt! – Ei, so soll dich –
FIERAMOSCA.
Freund, so seid doch klug,
Hört mich doch an – auf mein Wort
BALDUCCI.
Schon genug!
Auf, Nachbarinnen, auf, ihr Frauen!
TERESA.
Gaetana! Barbarina!
BALDUCCI.
Petronella, Catarina!
Scolastica!
FIERAMOSCA.
Macht doch ein Ende diesem Schrei’n –
BALDUCCI UND TERESA.
Herbei! Herbei!
NACHBARINNEN hinter der Scene.
Bei Balduccis brach man wohl ein?
Was mag das für ein Lärmen sein?
BALDUCCI.
Kommt schnell herbei, das Herrchen fein,
Den Dirnenjäger anzuschauen,
Er schlich sich bei Teresa ein. Herbei
Und jagt ihn aus dem Haus im Verein.
FIERAMOSCA.
Ich bin kein Herrchen – bin nicht fein –
Vor allen Dirnen fühl‘ ich Grauen.
BALDUCCI.
Nun wahret Euch; sie kommen schon,
Die sprechen aus ganz andrem Ton!
Der Weiber Hand führt gern den Mann
Der Tugend steile Dornenbahn.
Merkt’s Euch, wenn sie nach Haus Euch sandten,
Und schleicht nicht mehr den Mädchen nach.
FIERAMOSCA.
Den Frauen zum Spotte! Weh‘ mir, ach!
Orpheus bin ich, ein Opfer der Bacchanten!
Siebenter Auftritt.
Die Vorigen. Chor der Nachbarinnen und Mägde Balducci’s.
CHOR.
Süßes Herrchen! O, Schätzchen fein,
Wart‘, man lehrt dich achten Weiberehr‘!
Und du verführst kein Mädchen mehr.
Fort, ins Bad hinein!
Auf, führet ihn zum Garten ein,
Dort bleibt er bis zum Frührothschein.
Der Springbrunn‘ steigt so klar und rein,
Dort soll er kühl gebettet sein.
Komm, Schätzchen, komm, da hilft kein Schrei’n –
Das Bad soll trefflich dir gedeih’n.
BALDUCCI UND TERESA.
Ja ja, so recht! Werft ihn hinein.
Da wird er kühl gebettet sein!
FIERAMOSCA.
O, welche Qual, o, welche Pein,
Sie tauchen ins Bassin mich ein.
Welch wildes Heer! O, die Megären!
Ach, wie soll ich mich befrei’n?
Ende des ersten Aktes.
Zweiter Akt.
Fastnacht-Dienstag
Die Scene stellt den innern Hof einer Taverne vor.
Erster Auftritt.
CELLINI allein.
Noch eine Stunde, und der Plan ist gelungen,
Hält Teresa mir Wort.
Du holder Liebesgott, sei unser Hort!
Von allen Herzen, die dir schlagen,
Soll mein’s am seligsten sein!
Liebe, sei grausam nicht,
Führ‘ uns glücklich zum schönsten Port!
Romanze.
Dem Ruhm allein galt mein Bestreben;
Schon sah die Kunst ich hoch entzückt
Den Glorienschein ums Haupt mir weben,
Womit sie Auserwählte schmückt.
Doch ich entsag‘ den Lorbeerkränzen,
Seh‘ ich Teresas Auge hell erglänzen.
Sieh her, o Lieb!
Zum Opfer bring‘ ich Glanz und Ehre dir!
Sei gnädig ihr, sei gnädig mir.
In der Geliebten friedlich Walten
Drang nie ein Hauch der Schmerzen ein;
Fern von dem Meer, wo Stürme schalten,
Glich es dem Quell im stillen Hain.
Doch diesem Glück will sie enteilen,
Will meine Noth, mein Elend theilen –
Sieh her, o Lieb!
Zum Opfer bringt sie ihren Frieden mir!
Sei gnädig ihr, sei gnädig mir.
Zweiter Auftritt.
Cellini. Bernardino. Francesco.
Goldarbeiter, Freunde und Schüler Cellini’s.
CHOR DER CISELEURE.
He, Wein! he, Wein! Bringt Wein her!
Bringt eilig Wein uns her!
FRANCESCO.
Freunde, singt!
CELLINI.
Wohl! aber hört, singt keine Kneipenlieder,
Keinen zot’gen Refrain, gewürzt von der Weinschenke Dunst.
Ja singt, doch unser Lied halle Hymnen gleich wieder,
Töne dem Ruhm unsrer hohen Kunst.
Gesang der Goldschmiede.
CHOR.
Schmückt auch schön sich die Erde im Mai
Mit Gräsern und Blumen voll Pracht,
Holt der Mensch doch noch Schön’res herbei,
Erhebt den Schatz tief im Bergesschacht:
Dem Goldschmied sei ein Hoch gebracht!
Sitzt man beim Ciseliren –
Gold, wie glänzest du reich!
Die Rubine brilliren
Und funkeln feuergleich.
Demant hat nicht Gewalt bei Tage,
Denn die Sonn‘ hat dann zu viel Macht.
Doch Nachts ist die Zeit,
Wo er hell strahlt,
Als wie sein Bruder, der Stern,
Der am Himmel hält Wacht:
Dem Goldschmied sei ein Hoch gebracht!
BERNARDINO.
Hört an, eh‘ wir das Lied nun enden,
Bleib uns leer das Glas nicht in Händen;
Ein Vivat zu weih’n unsrem Stand,
Sei der Becher voll bis zum Rand.
CHOR.
He, Wein her, bringt Wein!
Dritter Auftritt.
Die Vorigen. Der Wirth jüdisch-grotesk.
WIRTH mit näselnder Stimme.
Was wollt ihr denn? Der Keller ist leer!
CELLINI.
Willst, alter Schelm, du uns belügen?
WIRTH.
Ich sag, daß ihr betrunken seid.
Und wollt mehr des Weins ihr noch trinken,
So laßt Zechinen blinken.
CHOR.
Und was denn sind wir schuldig dir?
WIRTH.
Da seht, ihr Herrn, lest es nur selbst,
Damit ihr seht, daß ich nicht lüge.
Erst Orvietowein,
Aleatico,
Dann Maraschino –
Volle dreißig Krüge –
CHOR.
Wie so? Dreißig!
WIRTH.
Dann rothen Ischia,
Später Procida,
Und dann Nicita
Macht zusammen sechzig.
CHOR.
Sechzig Krüge?!
WIRTH.
Mousseux von Asti,
Wein von Lipari,
Lacryma Christi,
Das macht hundertdreißig.
CHOR nachäffend.
Lacryma Christi –
Hundertdreißig!
Kerl, mach nicht blauen Dunst,
Nennst du das Rechenkunst?
Was sagt ihr zu dem Wichte?
CELLINI.
Nein, beim jüngsten Gerichte
Tönt der Posaune Klang
Nicht so schrecklich und bang,
Wie dies Schenkenereignis,
Wie dies Sündenverzeichnis,
Herr Wirth – wie dein Gesang!
Was thun? Wer hilft uns heraus?
CHOR und Bernardino.
Schändlich!
Man macht’s durch Prügel ihm verständlich.
CELLINI.
Nein, Freunde, nein, folgt meinem Rath,
Warten wir ein wenig, bis endlich
Ascanio als Erlöser naht.
CHOR.
Seht dort Ascanio, er ist’s in der That!
Vierter Auftritt.
Die Vorigen. Ascanio.
CHOR.
Ja! Er rettet uns, Viva!
CELLINI.
Laß, o Kind, dich umarmen,
Und nehmet aus Erbarmen
Ihnen ab das schwere Joch.
ASCANIO.
Einen Augenblick noch!
Ein Auftrag führt mich her zu euch.
Meister, dies Gold soll dein sein –
Unter einer Bedingung.
Arie.
Dieses Gold dir zu spenden
Hat der Papst mich gesandt,
An das Werk es zu wenden,
Das dein Genius erfand
Um zu schmücken dies Land.
Doch nur dann darfst du berühren
Dieser Goldstücke Rand,
Wenn den Eid mit heil’gen Schwüren
Du mir schwörst unverwandt:
Morgen den Guß des Perseus
Mit eignen Händen zu vollenden!
CELLINI.
Wohl, nimm den Schwur zum Pfand.
CHOR.
Nimm unsern Schwur zum Pfand.
ALLE.
Also uns dies Gold zu spenden
Hat der Papst dich gesandt,
Zum Werk es zu verwenden.
CELLINI.
Das mein Genius erfand
Um zu schmücken dies Land.
CHOR.
Das sein Genius erfand
Um zu schmücken dies Land.
Aber ehe wir berühren
Dieser Goldstücke Rand,
Leisten wir mit heil’gen Schwüren
Dir den Eid unverwandt:
Morgen mit eig’nen Händen
Den Perseus zu vollenden,
So wahr dies Gold dann schwand!
Dies schwört dir unsre Hand!
ASCANIO.
Euch zu helfen im Stand
Bin ich durch dies Versprechen.
Nun bezahlt eure Zechen,
Hier das Gold, seht her!
CELLINI.
Ha, Schmach! Bringst du nicht mehr?
CHOR.
Ach! Nein, das ist zu ärmlich!
ASCANIO.
Ein erbärmlicher Geizhals
War Balducci von je!
CELLINI.
Was liegt dran! Wirthschaft, he!
Ahmt die Stimme des Wirths nach.
Da sieh Zechinen blinken!
WIRTH.
Habt Dank! Wollt ihr noch trinken?
CHOR.
Ja, ja, gebt Wein!
CELLINI.
Freunde nein, keinen Wein,
Doch strafen und beschämen
Laßt uns Balducci heut‘,
Deß schändliches Benehmen
Uns Rache streng gebeut.
CHOR.
Ja, laßt Rache uns nehmen.
Fünfter Auftritt.
Die Vorigen. Fieramosca.
CELLINI.
Hört mich an, unverzüglich
Sei kund euch mein Plan.
Ganz unbesorgt und vergnüglich
Wird Freund Balducci nah’n.
Wir wollen ihn kopiren;
Cassandro steht uns bei.
Balducci’s Konterfei
Soll heut‘ die Bühne zieren.
Laut soll Rom applaudiren
Und schwören, daß er’s sei.
CHOR.
Herrlicher Spaß! Wir Alle sind dabei!
ALLE.
Gold ist die Blüthe, die nimmer verblüht,
Das haben die Kön’ge bedacht;
Als Kron‘ es gar herrlich erglüht,
Ist nur der Kön’ge und Kaiser Tracht:
Dem Goldschmied sei ein Hoch gebracht!
Sie gehen schnell ab.
Sechster Auftritt.
Fieramosca. Später Pompeo.
FIERAMOSCA.
Das ist stark! Ein Komplott voller Trug und Verrath!
Doch ich verderb‘ euch die Freude noch heut‘.
Noch heut‘!
POMPEO.
Was giebt’s heute?
Sprich, Kumpan!
FIERAMOSCA.
Was es giebt? Sieh dem Zorn mich zur Beute –
Cellini –
POMPEO.
So sprich, Kamerad.
FIERAMOSCA.
Ach, Pompeo, steh‘ mir bei, schaffe Rath –
POMPEO.
Ja, man weiß, in der Stadt –
FIERAMOSCA.
Man weiß? –
POMPEO.
Sagen’s die Leute,
Daß geprügelt du wardst –
FIERAMOSCA.
Ja, mein Freund und Rather,
Doch Schlimm’res noch droht. Jetzt beim Abendgeläute
Kommt meine Braut und ihr Vater.
POMPEO.
Ist das so schlimm?
FIERAMOSCA.
So schlimm? Man wird auf dem Theater
Ihn äffen – Feuer speien wird er, wie ein Krater
Vor Wuth ob diesem Hohne;
Und löst man auf der Engelsburg dann die Kanone,
Und die Moccoli löschte jeder aus – ganz leis
Naht dann ein weißer Mönch mit einem Kapuziner,
Und man entführt Teresa – Niederträchtig!
POMPEO.
Exquisit!
FIERAMOSCA.
Exquisit! Stimmt dich das so heiter?
Cellini ist’s und sein Begleiter,
Ascanio –
POMPEO.
Ich versteh‘ – Bravo! Der Plan ist prächtig!
FIERAMOSCA.
Ob auch der Weiber Heer mich neuem Spotte weiht,
Balducci wisse gleich, was man ihm hält bereit,
Laßt doch seh’n, ob er Bravo! schreit.
POMPEO.
O du Schwachkopf!
FIERAMOSCA.
Wie so?
POMPEO.
Dein Verstand reicht nicht weit.
Die Lügner muß man selbst belügen,
Die Betrüger betrügen –
Wie gefällt dir das?
FIERAMOSCA.
Sprich nur leis!
POMPEO.
Du kommst ihm zuvor als weißer Mönch,
Entführst sie selber.
FIERAMOSCA.
Ja, das läßt sich erwägen –
Wie aber dann, wenn wüthend mich
Der Raufbold überfällt?
POMPEO.
Per bacco! Hier mein Degen!
Als Kapuziner verkappt begleit‘ ich schützend dich,
Und ist ein Raufbold er – ein Todtschläger bin ich.
FIERAMOSCA.
Wohlan – wohlan, es sei!
Arie.
Ha! reizt nicht thöricht meine Wuth,
Ich bin zum Helden wie geboren;
O, wehe dem, der mir was thut,
Und wer mich auslacht, ist verloren.
Leg‘ ich erst los,
Geht’s Stoß auf Stoß
In Quart und Terzen –
Und immer ziel‘ ich nach dem Herzen.
Hoch leb‘ die Fechtkunst, meine Lust!
O Teresa, dir glüht dies Herze
Voll höllenheißer Gluth.
Ich leide an vulkan’schem Schmerze,
Wie ein Krater tobt wild mein Blut.
Ja, holdes Kind, dir zu Gefallen
Stutzt‘ ich dem Satan selbst die Krallen,
Ja, ihm selbst und der Höllenbrut.
Ja, käm‘ Cellini jetzt daher,
Er sollte mir d’ran glauben,
Ich schont‘ ihn nicht, den armen Wicht!
Der arme Kauz! Hundert wie ihn
Streckt‘ ich dahin ohn‘ alle Gnade.
Nein! reizt nicht thöricht meine Wuth,
Ich bin zum Helden wie geboren;
O, wehe dem, der mir was thut,
Und wer mich auslacht, ist verloren.
Leg‘ ich erst los,
Geht’s Stoß auf Stoß,
In Quart und Terzen –
Und immer ziel‘ ich nach dem Herzen.
Hoch leb‘ die Fechtkunst, meine Lust!
Eins, zwei, drei – eins, zwei – In die Brust!
Tief ins Herz mein Schwert tauch‘ ich ein,
Tief hinein!
Der Sieg ist mein!
Sie gehen ab.
Verwandlung.
Siebenter Auftritt.
Teresa, Balducci, Cellini, Ascanio, Fieramosca, Pompeo, die Schüler Cellini’s. Tänzer, Volk, Masken und Sbirren.
Finale.
Der Colonna-Platz und ein Theil der Korso-Straße.
BALDUCCI.
Kind, du magst’s erwägen,
Viel Gewicht drauf legen,
Einzig deinetwegen
Folg‘ ich dieser Spur.
Was sie spielen mögen,
’s ist nichts dran gelegen.
Man weiß ja doch, sie pflegen
Schlechter Possen nur.
TERESA.
Ach, wie durft‘ ich hegen
Jeder Pflicht entgegen
So verweg’nen Liebeswunsch!
Zürne nicht, Natur.
ASCANIO UND CELLINI.
Listig und verwegen,
Degen wider Degen,
Wenn sich Schlangen regen
Auf der Liebe Flur.
Dann Florenz entgegen
Auf geheimen Stegen.
Amor! gönne Segen, gönne Glück
Treuem Liebesschwur.
TERESA, ASCANIO UND CELLINI.
Listig und verwegen etc.
BALDUCCI.
Kind, du magst’s erwägen etc.
RÖMISCHE BÜRGER.
Gleich wird der Vorhang sich bewegen,
Das Stück beginnt streng nach der Uhr.
CHOR DER POSSENREIßER.
Ihr Römer, kommt zu applaudiren
Die Oper, die man Midas nennt.
CHOR DES VOLKES.
Bravo, bravo, bravo, bravo!
DIE POSSENREIßER.
Ein großer Narr wird debütiren
Mit ganz erstaunlichem Talent.
CHOR DES VOLKES.
Bravo! Bravo! Bravo! Bravo!
CHOR DER POSSENREIßER.
Ihr Römer, kommt etc. etc. etc.
VOLK.
Schon wogt es in Schwärmen
Zum Tanze der Nacht,
Ganz Rom ist zu Lärmen
Und Jubel entfacht.
Das Leid ist versunken,
Die Sorge entschwebt,
Wenn Karneval trunken
Das Scepter erhebt.
POSSENREIßER.
Kommt ihr Karnevalsleut‘,
König Midas ist heut‘.
VOLK.
Die Trompeten dröhnen!
Pfeifen hell ertönen!
Das Tamburin fällt ein.
POSSENREIßER.
Kommt, die Ohren, die grauen,
Des Midas zu schauen.
VOLK.
Die Trompeten dröhnen etc. etc. etc.
POSSEUREIßER.
Kommt ihr Dickbäuche her!
Das Parterre ist noch leer!
Ihr werdet das Fest doch nicht stören,
Ihr Herren, bleibet doch hier
Die Oper des Midas zu hören,
Des Karnevals Krone und Zier!
Der Karneval
Ist ein Pokal,
Draus jeder zecht,
König und Knecht.
Nun schweiget! Nun schweiget, nun schweiget!
Tanzet nicht mehr! Still! Der Vorhang schon steiget.
WEIBER.
Seht den Vorhang steigen!
Nun still, nun still! lasset uns schweigen!
MÄNNER.
O, welch ein närr’scher Alter –
Balducci ist’s, des Papstes Schatzverwalter.
BALDUCCI.
Was seh‘ ich! Ist’s möglich? Ich auf der Brettern?
EIN THEIL DES VOLKES.
Herr Harlekin, tritt vor,
Roms köstlichster Tenor.
EIN ANDERER THEIL DES VOLKES.
Pasquarello! ein Sänger in Florenz geboren.
Seht nur den Menschen mit Eselsohren!
DIE WEIBER allein.
Ei haltet Ruh‘ doch!
Hört ruhig zu doch!
Sprecht nicht so laut,
Harlekin schaut!
MÄNNER.
Still doch!
DIE WEIBER leiser.
Gebet wohl Acht!
Nun laßt uns schweigen!
Ensemble.
MÄNNER.
Schön! Schön! Schön!
O, wie schön!
Still doch! …..
WEIBER.
Hört, wie das klingt!
Harlekin singt.
Er trägt was vor!
Welch‘ ein Tenor!
ALLE.
Ach, Bravo! Wie klingt das schön.
Welch reine Kehlentön‘!
Wie er manierlich
Den Alten kirrt,
Wie er so zierlich
Und zärtlich girrt.
EINIGE MÄNNER DES VOLKES.
Wie der Alte sein Entzücken
Nun auszudrücken sucht.
BALDUCCI.
Ha, verrucht!
ANDERE AUS DEM VOLKE.
Der Alte lauscht
Ganz lustberauscht.
Felicita!
Ha ha ha ha!
O welch ein Narr!
BALDUCCI.
Ihr Schufte, die ihr mich höhnt,
Mich ärgert, foppt und neckt,
Mein Stock lehr‘ euch Respekt.
VOLK.
Dem Lustspiel im Geleite
Folgt nun die Schattenseite,
Wer von den Zweien siegt?
Das Urbild liegt
Mit der Kopie im Streite.
Wer mag doch von den Zwei’n
Wohl am ärgsten häßlich sein!
FIERAMOSCA zu Pompeo.
Nur durch den Schwarm!
Laß uns nicht weichen,
Daß wir den Arm
Der Holden reichen.
CELLINI zu Ascanio.
Nur durch den Schwarm!
Laß uns nicht weichen,
Daß wir den Arm
Der Holden reichen.
TERESA.
Ein weißer Mönch winket mir –
Doch wie! – Ein zweiter hier?
FIERAMOSCA.
Ich bin’s!
CELLINI.
Ich bin’s!
TERESA.
Gott, wer der Rechte?
VOLK.
Moccolo! Moccoli!
FIERAMOSCA.
Ich bin’s, ich bin’s!
O komm! Die Freunde sind’s.
VOLK.
Moccolo! Moccoli!
Verlöscht die Moccoli!
CELLINI.
Ha! Bei der Höll‘ und Pluto’s Thron,
Wir sind verrathen, Fluch und Hohn!
POMPEO.
Halte nur Stand, hier giebt es Schläge!
FIERAMOSCA.
Das Mönchsgewand ist mir im Wege.
ASCANIO.
Rächt den Verrath! Es fließe ihr Blut!
POMPEO.
Halte nur Stand! Nur Muth, nur Muth!
CELLINI.
Ob du ein Mensch, ob Satans Brut,
Mit dir ist’s aus.
Das Schwert heraus!
FIERAMOSCA.
Pompeo! Schnell!
ASCANIO.
Halt Stand doch, du kühner Gesell!
TERESA.
Weh mir! Eilt herbei! Treibt sie von hinnen!
VOLK.
Was wollt ihr thun? Welch ein Beginnen!
Seid ihr denn ganz und gar von Sinnen?
CELLINI.
Nein, du sollst mir nicht entrinnen,
Nein!
FIERAMOSCA.
Pompeo, hilf!
POMPEO.
Schlag drein!
CELLINI.
Nein, nein,
Nein, du sollst mir nicht entrinnen.
FIERAMOSCA.
Pompeo, hilf!
CELLINI.
Nein, nein.
POMPEO.
Ach, das traf gut!
VOLK.
Ein Mensch im Blut!
Schnell holt die Wache!
BALDUCCI.
Welch Schreckenswort!
Teresa! Meine Tochter! Ein Mord!
FIERAMOSCA.
Wer rettet mich – Pomp … todt!
VOLK.
Dort jener Mönch, er that’s, führt ihn von hinnen,
Sein Schwert ist noch vom Blute roth!
FRANCESCO, BERNARDINO, BALDUCCI, FIERAMOSCA UND VOLK.
Der Kapuziner schwimmt im Blut,
Verruchter Mörder, weh‘ dir, wehe!
Geschah’s um Gold, aus Liebeswuth?
Gleich viel! Daß ihm sein Recht geschehe.
Soldaten, haltet strenge Hut!
Ensemble.
CHOR.
Weh‘ dir, verruchte Räuberbrut!
Daß er der Rache nicht entgehe!
Ha! weh‘ ihm, wehe!
Ja! Der Vendetta floß dies Blut.
TERESA.
Feige Lügner, wehe euch, wehe!
Ungerecht ist eure Wuth.
CELLINI.
O Schreckensnacht, hier gilt es Muth, Daß ich entgehe
Des rohen Haufens blinder Wuth.
ASCANIO.
Ach, theurer Meister, weh‘, ach wehe!
Die Menge schreit nach deinem Blut!
Es ertönen drei Kanonenschüsse, worauf alle Lichter verlöschen.
CELLINI.
Eilt, Freunde, herbei,
Zu Hilfe herbei!
VOLK.
Finster die Nacht!
BALDUCCI, FIERAMOSCA UND EIN THEIL DES VOLKES.
Garden, habet wohl Acht!
VOLK.
Auf, haltet ihn!
SBIRREN.
Laßt ihn nicht flieh’n!
TERESA UND ASCANIO.
Er ist entfloh’n.
FIERAMOSCA UND BALDUCCI.
Verdammter Schuß! Der Mörder lief davon!
VOLK.
Dieser Schuß sagt Romas Söhnen,
Sich jeder Freude zu entwöhnen.
Wird erst die Asche eingeweiht,
Dann endet alle Fröhlichkeit.
BALDUCCI UND FIERAMOSCA.
Schreckensschuß, verwünschtes Dröhnen,
Warum auch grade jetzt ertönen?
Den Galgen hielt man schon bereit,
Da hast den Mörder du befreit.
TERESA, ASCANIO, FRANCESCO, BERNARDINO UND SCHÜLER CELLINI’S.
Habe Dank, Kanone, für dein Dröhnen,
Dir soll ein stürmisch Hoch ertönen,
Du kamst fürwahr zu rechter Zeit,
Denn schon war er dem Tod geweiht.
BALDUCCI.
Teresa!
TERESA.
Mein Vater!
ASCANIO.
Still! Hört meine Bitt‘!
Folgt mir! Ich leite Euren Schritt!
Ensemble.
VOLK UND FREUNDE CELLINI’S.
Zu Hilfe! O Gott, welch ein Bangen!
Zu Hilfe! He, Wache! Gebt doch Acht!
Verwünschter Schuß! Er war gefangen!
Erbarmen uns Armen! O Schreckensnacht!
O, welch ein Toben und Schrei’n!
Der Räuber entfloh! Hinterdrein!
Den holt ihr nimmermehr ein!
BALDUCCI.
Teresa, o Tochter! Komm zu mir!
Welch Dunkel hier!
VOLK.
Zu Hilfe, he, Wache! Er ist befreit!
Der Mörder ist entronnen! O Dunkelheit!
BALDUCCI.
Der weiße Mönch!
FIERAMOSCA.
Was?
BALDUCCI.
Auf! Ihn einzusperren!
Kommt heran!
FIERAMOSCA.
Was ficht euch an?
Ich bin Fieramosca, ihr Herren!
Ich bin ein Ehrenmann.
Ensemble.
EIN THEIL DES VOLKES UND FRANCESCO.
Ha, Mörderbrut, Diebsgesicht,
Du sollst die Fesseln nicht mehr sprengen!
Nein, jetzt entrinnst du uns nicht,
Du sollst am Galgen heut‘ noch hängen.
EIN ANDRER THEIL DES VOLKES, BERNARDINO UND BALDUCCI.
Bist uns entflohn
Und hofftest schon,
Dich durchzudrängen,
Doch heut‘ noch sollst du hängen.
FIERAMOSCA.
Ach, wenn den Strick
Sie ums Genick
Mir wirklich schlängen!
Mich wirklich hängen!
VOLK.
O Gott, macht Platz – Erbarmen Uns Armen.
Man kann nicht mehr hinaus!
BALDUCCI.
O Tochter! Teresa! Mein Aug‘ erblickt sie nicht!
FIERAMOSCA.
O Gott! Erbarmen! Weh mir, erdrückt mich nicht!
ALLE.
O Gott, es wächst der Menge
Tobend Gedränge
Wie des Meeres Gebraus.
O, welch Gezerr! O, welch Gezaus!
O, welch ein Graus!
Ende des zweiten Aktes.
Dritter Akt.
Aschermittwoch
Erster Auftritt.
Recitativ.
Teresa und Ascanio.
TERESA.
Nicht zurück ist er noch; ob ihm die Flucht gelang?
ASCANIO.
So zweifelt Ihr? Nur Muth, Teresa, er weilt nicht lang!
Zweiter Auftritt.
Recitativ.
TERESA allein.
Ach, sein Gesang weckt mir nur Schmerzen!
Weh‘, daß ich floh von dem Vaterherzen.
Dritter Auftritt.
Teresa. Francesco. Bernardino.
CHOR DER GIEßER hinter der Scene
Seemann kühn auf hoher See
Weiß von keinem Weh.
FRANCESCO.
Dies Lied! Ich hör’s nicht gerne von den Leuten!
CHOR.
Frank und frei, wie Meeresfluth,
Frank ist und frei sein Muth.
BERNARDINO.
So oft dies Lied ertönt, hat’s Böses zu bedeuten.
CHOR.
Sinkt sein Schiff ins Meer hinein,
Wiegt die Well‘ ihn ein.
BERNARDINO.
Der klägliche Gesang
Schafft träges Blut.
FRANCESCO.
Der Guß wird mißlingen,
Wenn wir nicht mit Muth
Aufs Neu‘ sie durchdringen.
Des Metalles Gluthenpracht,
Brüder, ist in eurer Macht.
Beherrscht der Seemann die Fluth,
Wir beherrschen Feuersgluth!
FRANCESCO UND BERNARDINO.
Drum, Kinder, muthig dran!
Greift die Arbeit rüstig an!
Zinn und Eisen sei
Nein und schlackenfrei.
Wenn der Guß gelang,
Dann töne Becherklang.
Beide ab.
CHOR.
Seemann kühn auf hoher See
Weiß von keinem Weh.
Vierter Auftritt.
Arie.
ASCANIO allein.
Tralalalala!
Was fehlt mir doch? Allen Muth fühl‘ ich weichen!
Mein Herz ist bang,
Jedoch, was thut’s!
Ob mich Sorgen auch beschleichen,
Räumen müssen sie dies Herz
Dem Gesang und dem Scherz.
Ha ha ha, das war zum Lachen!
Er ahmt Balducci nach.
Soldaten her! Wo sind die Wachen?
Er ahmt Cellini nach.
Still! Teresa, ich bin hier!
Teresa nachahmend.
O Gott, wie kann ich’s fassen,
Den armen Vater zu verlassen!
Cellini nachahmend.
O folge mir, trau‘ meinen Schwüren!
Teresa nachahmend.
Wie? Zwei in Mönchsgewand!
Fieramosca nachäffend.
O folge mir, laß dich entführen!
Teresa nachahmend.
Ein Andrer – nimmt meine Hand!
Doch der Schuß tönt zu guter Stunde,
Hüllt tief in Dunkel die weite Runde.
Und Teresa,
Hahahaha!
Reicht lachend und doch weinend fast
Mir den Arm, und wir fliehen in Hast.
Und er – entspringt!
Die Flucht im Dunklen leicht gelingt.
Hahaha! O, welche Nacht,
Lieber Meister, welche Nacht!
Was fehlt mir doch? etc. etc. etc.
Fünfter Auftritt.
Teresa. Ascanio.
Recitativ.
TERESA.
Ach, er kehrt nicht zurück. Himmel, wo mag er weilen?
ASCANIO.
Bald hierher zu Euch wird er eilen.
Teresa, er ist wohl geborgen.
TERESA.
Wär‘ es wahr? Ach nein, er ist verloren!
ASCANIO.
Seid ohne Sorgen.
Mein Meister ist zu bessrem Los wohl geboren,
Hat mit des Papstes Sbirren und Häschern nichts gemein.
TERESA.
Ach, bang schlägt dieses Herz.
CHOR DER BÜßERMÖNCHE hinter der Scene.
Vas spirituale, Maria, sancta mater, ora pro nobis.
ASCANIO.
Hörtet ihr?
TERESA.
Welch ein Ton!
ASCANIO.
Ach, fromme Büßer sind’s in dichten Reihen,
Auf zu Gott ihr Flehen spricht,
Dem sie allein ihr Leben weihen.
Sie singen fromme Litaneien,
Wohl kommen sie hierher, zu üben heil’ge Pflicht.
CHOR.
Vas honorabile, Maria, sancta mater, ora pro nobis.
TERESA.
Welche Angst!
ASCANIO.
Faßt nur Muth!
TERESA.
Auch wir wollen beten!
BEIDE.
Auch wir wollen beten!
Preghiera.
TERESA, ASCANIO UND CHOR.
Rosa purpurea, Maria, sancta mater, ora pro nobis.
TERESA UND ASCANIO.
Jungfrau, du Stern der Meere,
Voll Strahlenglanz und Pracht,
CHOR.
Turris davidica, Maria, sancta mater, ora pro nobis.
TERESA UND ASCANIO.
Gieb, daß ein Strahl verkläre
Auch dieses / ihres Herzens Nacht,
CHOR.
Turris eburnea, Maria, sancta mater, ora pro nobis.
TERESA UND ASCANIO.
In dieses / ihres Herzens Nacht,
Das bang in Schmerzen wacht.
CHOR.
Stella matutina, Maria, sancta mater, ora pro nobis.
TERESA UND ASCANIO.
Jungfrau, du Stern der Meere,
Erhöre mein / ihr Gebet.
CHOR.
Turris eburnea etc. etc.
TERESA UND ASCANIO.
Gieb, daß er wiederkehre
Um den dies / ihr Herz dich fleht.
CHOR.
Vas honorabile etc. etc.
TERESA UND ASCANIO.
Um den dies / ihr Herz dich fleht.
Dies Aug‘ in Thränen steht.
Ihr Aug‘ in Thränen steht.
CHOR.
Rosa purpurea etc. etc.
TERESA UND ASCANIO.
Um den dies / ihr Herz dich fleht.
Turris davidica, Maria, sancta mater, ora pro nobis.
TERESA UND ASCANIO.
Gieb, daß ein Strahl verkläre
Auch dieses / ihres Herzens Nacht,
CHOR.
Turris eburnea, Maria, sancta mater, ora pro nobis.
TERESA UND ASCANIO.
In dieses / ihres Herzens Nacht,
Das bang in Schmerzen wacht.
CHOR.
Stella matutina, Maria, sancta mater, ora pro nobis.
TERESA UND ASCANIO.
Jungfrau, du Stern der Meere,
Erhöre mein / ihr Gebet.
CHOR.
Turris eburnea etc. etc.
TERESA UND ASCANIO.
Gieb, daß er wiederkehre
Um den dies / ihr Herz dich fleht.
CHOR.
Vas honorabile etc. etc.
TERESA UND ASCANIO.
Um den dies / ihr Herz dich fleht.
Dies Aug‘ in Thränen steht.
Ihr Aug‘ in Thränen steht.
CHOR.
Rosa purpurea etc. etc.
TERESA UND ASCANIO.
Um den dies / ihr Herz dich fleht.
Sechster Auftritt.
Cellini. Die Vorigen.
Recitativ.
CELLINI.
Teresa!
TERESA UND ASCANIO.
Cellini!
CELLINI.
Wohl mir, daß glücklich zu euch ich gelangt.
TERESA.
Sei’s dem Himmel gedankt!
Wardst du verwundet nicht im Streite?
CELLINI.
Nein, Theure, nein! Mir stand mein Glück zur Seite.
Diesmal ward Schreck mir nur zu Theil,
Doch wahrlich dank‘ ich nur dem Zufall
Meine Rettung.
Ein Wunder darf ich’s nennen. –
TERESA UND ASCANIO.
O sprich!
CELLINI.
Hör‘ an, du sollst erkennen:
Hilft Liebenden ein Gott, kann kein Wille sie trennen.
Im Schutz der Nacht mit dem Dolch in der Hand
Mit kühnem Muth zertheilt‘ ich die Menge.
Ob wie ein Wall auch das Volk mich umstand,
Mit Hieb und Stoß bracht‘ ich den Wall zum Weichen.
So konnt‘ ich flieh’n – doch weh! – man setzt‘ mir nach,
Hinter mir drein toben Männer und Frauen –
Mein weißes Kleid war im Dunkel zu schauen –
Schon haschten mich dieser Wüthenden Klauen –
In einem Augenblick, o Hohn und Schmach!
Sah ich mich verloren!
Da – schon erschöpft – eine Thür seh‘ ich offen –
Ich stürz‘ hinein – da rieselt kalt mir ein Schauer durchs Gebein –
Die Sinne schwinden mir – und Ohnmacht hüllt sie ein.
TERESA.
Himmel ach, vor Bangen und Pein
Fühl‘ ich jede Nerve erbeben!
CELLINI.
Als ich das Aug‘ nun wieder hob empor,
Sah Sonnenstrahl um die Dächer ich schweben.
Der Hähne Kräh’n drang von fern in mein Ohr,
Und freudig begrüßt‘ ich den Tag.
Wie kehr‘ ich ungeseh’n nach Haus zurück,
Daß nicht mein Kleid den Sbirren mich verrathe –
Da gehn die Mönche im Zug, o welch Glück,
Zum heil’gen Dienst in weißem Ornate.
Im weißen Rock schloß ich mich an in Eile,
Auf gut Glück – und es war mir zum Heile,
Denn ihren Weg lenkte hierher die Schar,
Sag, o sag an, Geliebte, ob das kein Wunder war?
TERESA.
Ja, ganz gewiß, Gott schützt ein liebend Paar!
ASCANIO.
Aber, wenn neue Gefahren dir droh’n?
CELLINI.
Wir warten nicht, bis sie sich rächen,
Nach Toskana flieh’n wir noch heut‘.
TERESA.
Wir entfliehn?
CELLINI.
Ja, sogleich!
ASCANIO.
Doch Meister – dein Versprechen –
CELLINI.
Der Teufel hol‘ den Perseus und den Papst obendrein!
Heut‘ sinne ich nur eins: Rom den Rücken zu drehen,
O Teresa, mit dir. Ascanio! du magst gehen,
Alles halte bereit!
ASCANIO.
Meister, wart‘ auf mich,
Gleich bin ich zurück!
Siebenter Auftritt.
Die Vorigen. Ascanio.
ASCANIO.
Ach, Meister, weh‘ uns, wehe!
CELLINI.
Was giebt’s? Rede!
ASCANIO.
Es eilt mit Fieramosca Balducci schnell herbei.
Sie sind schon in des Hauses Nähe!
TERESA.
Gott, mein Vater!
CELLINI.
Fürchte nichts.
ASCANIO.
Ah, da sind sie schon.
Achter Auftritt.
Die Vorigen. Balducci. Fieramosca.
Sextett.
BALDUCCI.
Ha! du entrinnst mir nicht,
Jetzt naht dir das Gericht,
Du Bandit, Bösewicht,
Du entrinnst mir nicht.
CELLINI.
Oho, Meister Giaccomo! Was ist Euch denn geschehen,
Daß Ihr so tobt und schnaubt?
BALDUCCI.
Frecher Heuchler! wo ist Teresa, die du geraubt?
Her mit ihr, sonst soll mein Stock …
CELLINI.
Seid Ihr toll?
TERESA.
Hör‘ mein Flehen!
Sieh, Vater, mich hier knien.
BALDUCCI.
Wagst du, mich anzusehen?
Große Ehre, ich muß gestehen,
Häufst du auf deines Vaters greises Haupt.
Du nimmst Fieramosca – das schwör‘ ich!
Du reichst noch heut‘ ihm deine Hand.
CELLINI, TERESA UND ASCANIO.
Weh‘ mir! Hilf Himmel, was hör‘ ich!
FIERAMOSCA.
Wär’s wahr? O Himmel, was hör‘ ich!
Mein Weibchen! So komm! Folg‘ deinem Mann.
CELLINI.
Hinweg! Wag’s und rühre sie an!
BALDUCCI.
Herr Eidam! macht ein Ende!
FIERAMOSCA.
Zum Droh’n hebt er die Hände!
CELLINI.
Wagt nur einen Schritt, daß ich zur Höll‘ Euch sende!
BALDUCCI.
Herr Eidam!
ASCANIO.
Der Feigling!
TERESA.
Endet den Streit!
Neunter Auftritt.
Die Vorigen. Der Kardinal mit Gefolge.
ALLE.
Der Kardinal! Nun wird sich’s zeigen.
Beuget die Knie – lasset uns schweigen.
DER KARDINAL.
Gnade den Sündern allerwegen!
Kinder des Herrn, o stehet auf!
Ob wir auch streng des Rechtes pflegen,
Ist doch Verzeih’n der höchste Segen,
Der uns vergönnt im Erdenlauf.
Gnade den Sündern allerwegen,
Kinder des Herrn, o stehet auf!
FIERAMOSCA UND BALDUCCI.
O laß Gerechtigkeit uns werden,
Wir nah’n mit heftigen Beschwerden,
Fleh’n dich um Rache an Beide zugleich.
KARDINAL.
Um Rache? Sagt an, was that man euch?
O, meine Freunde, erhebet euch!
BALDUCCI.
Ein Bandit hat mein Kind entwendet,
Mir meine Ehr‘ geraubt, geschändet –
FIERAMOSCA.
Eines Räubers Dolch hat umgebracht
Mir meinen Freund vergangne Nacht.
KARDINAL.
Wer ist der Schuld’ge? Sagt es mir.
BALDUCCI UND FIERAMOSCA.
O Monseigneur, er steht vor dir,
’s ist Cellini!
ALLE.
Cellini!
BALDUCCI.
Hier meine Tochter, und hier der Schuld’ge.
FIERAMOSCA.
Hier ist das Blut – und er der Schuld’ge.
ASCANIO UND TERESA.
Nein, Cellini ist nicht der Schuld’ge!
KARDINAL.
Cellini ist der Thäter?
Ermordung und Mädchenraub sogar,
Das ist zu arg, bei meinem Leben!
Doppelte Gräu’l hast du begangen
Und doppelte Strafe harret dein.
CELLINI.
Nein, nein, o wollt Gehör mir geben,
Ich mach‘ Euch Alles offenbar.
KARDINAL.
Und dann der Guß, ward er vollbracht?
Dir ward das Gold gespendet!
CELLINI.
Der Guß –
KARDINAL.
Sag an!
CELLINI.
Er ward noch nicht vollendet.
KARDINAL.
Wie, die Frist verstrich?
Fürwahr, das ist nicht zu ertragen!
Ein Andrer soll, ja ganz bestimmt,
Ein Andrer soll den Perseus gießen.
TERESA, ASCANIO, BALDUCCI UND FIERAMOSCA.
Ein Andrer soll den Perseus gießen?!
CELLINI.
Ein Andrer meinen Perseus gießen?
Kein andrer Meister außer mir,
Und ständ‘ Michel Angelo hier
Soll den Perseusguß vollenden.
Der Tod soll eh’r mein Leben enden!
KARDINAL.
Das sei denn doch sogleich erprobt!
Heda! Wachen! Führt zum Arreste
Diesen Menschen fort auf die Feste.
Und das gleich.
CELLINI.
In Trümmer schlag ich’s hier zur Stell‘,
Kein Stück bleibt ganz von dem Modell,
Dann verfahrt, wie Ihr wollt, mit dem Reste.
KARDINAL.
Laß ab doch! Laß ab doch! Verwünschter Wicht!
Ensemble.
KARDINAL.
Du Dämon, sprich! Wie doch erlangt man deine Huld?
CELLINI.
Gänzlich Vergeben für meine Schuld –
KARDINAL.
Gut, sei es denn!
CELLINI.
Und noch das Eine:
Die ich entführt, bleibe die Meine.
KARDINAL.
Gnade willst du und Teresa?
FIERAMOSCA UND BALDUCCI.
O, Eminenz, gebt es nicht zu!
KARDINAL.
Schweigt!
CELLINI.
Und außerdem will ich allein,
Ich allein den Perseus gießen.
KARDINAL.
Und wie viel Zeit brauchst du dazu?
CELLINI.
Ich bring‘ den Guß in einer Stunde wohl zu Tage.
KARDINAL.
In einer Stunde?
CELLINI.
Wie ich sage.
Im Ofen glüht des Metalls Feuerfluß.
KARDINAL.
Wohl, mag es sein, nun aber höre,
Und denk‘ an das, was ich hier schwöre.
In’s Atelier tret‘ ich ein,
Nehme selbst dort in Augenschein,
Ob zum Gusse Alles fertig ist.
Wenn du den Guß dann nicht vollbracht,
Dann sag‘ dem Leben gute Nacht,
Dann sei des Tod’s gewärtig.
Steht Perseus nicht vor meinem Blick
Heute noch – dann winkt dir der Strick.
Nun schmiede selbst dir dein Geschick.
CELLINI.
Gnade den Sündern allerwegen!
O Eminenz! wie gnadenvoll!
TERESA UND ASCANIO.
O, welch verwünscht‘ Geschick,
Mein Gott! Ihm winkt der Strick!
FIERAMOSCA UND BALDUCCI.
Zeigt nicht der Guß sich bald dem Blick,
Dann droht dem Wicht der Tod, der Strick.
KARDINAL.
Heda! Bewacht die Thüre!
Bleibt, Herr Prahlhans, nur hier; ich geh‘ da hinein,
Damit ich selber seh‘,
Ob man die Flamme schüre.
Ist’s wie er sprach, daß mit Kraft jeder schaffe,
Um ihm zu helfen. –
Auch Ihr, Herr Meister Laffe!
Legt Hand an und steht müßig nicht.
FIERAMOSCA.
Wie? Ich?
KARDINAL.
Ja, ja! Thut Eure Pflicht.
Zehnter Auftritt.
Recitativ.
CELLINI allein.
Ich bin allein, nur Muth blieb mir zur Seite,
Ganz Rom schaut mein Beginnen. Roma!
Wohlauf, du Sturmesnoty
Schwell an die grause Fluth und schaukl‘ im Wellenstreite
Des Schicksals zerbrechliches Boot.
Welch‘ ein Leben!
Arie.
Möchte gehn auf Bergeshalde,
Meine Herde weidend als Hirt,
Wo zum hoch entleg’nen Walde
Selten sich verirrt eines Wandrers Fuß.
Frei und einsam möcht‘ ich schwärmen,
Wo der Lärm verhallt,
Ohne Last, die mich preßt, ohne Härmen,
Wie säng‘ ich froh im Wald!
Dann, wenn längst die Sonn‘ gesunken,
Möcht‘ im Moose still ich liegen,
Und selig träumend ruh’n hier
Wie an der Mutterbrust.
Elfter Auftritt.
Cellini. Ein Officier.
Recitativ.
OFFICIER.
Es harrt die Eminenz.
Zwölfter Auftritt.
KARDINAL.
Wohlan, beginne!
Der Vorhang im Hintergrunde erhebt sich und man sieht das Innere der Gießerei.
Finale.
FIERAMOSCA.
Mehr Metall! Ja, wir brauchen Metall!
Sonst kommt unsre Arbeit ins Stocken!
CELLINI.
Schickt dich Satan herauf, mir zur Qual?
FIERAMOSCA.
Mehr Metall! Sonst geräth der Guß ins Stocken.
FRANCESCO UND BERNARDINO.
Meister! Der Guß wird gerinnen!
ALLE.
Der Guß wird gerinnen!
BERNARDINO.
Mehr Metall!
CELLINI.
Wie viel thut euch Noth?
BERNARDINO.
Viel! Alles Metall ist schon drinnen.
CELLINI.
Ich hab‘ nichts mehr – das ist mein Tod!
ALLE.
Er hat keins mehr – ihm droht der Tod.
KARDINAL.
Der Prahler ist in großer Noth!
BALDUCCI.
Der Strick ihm droht, ihm winkt der Tod!
CELLINI.
O Gott, winkt mir kein Hoffnungsstrahl?
DIE ARBEITER.
Mehr Metall, mehr Metall, mehr Metall!
CELLINI.
O Herr! Du allein hast die Macht,
Der du die Welten hältst in Händen –
Von meinem Haupt die Schmach zu wenden!
Gott ist mein Schutz! Ich will’s vollenden!
Eilt schnell in’s Atelier hinein –
Leert alle Tische, jeden Schrein.
FRANCESCO UND BERNARDINO.
Wie, all deine Werke -?
CELLINI.
Hinein!
Laßt es Gold, Silber, Kupfer sein –
Dort in der Gluth schmelzet es ein.
TERESA.
Weh mir, alle Kraft fühl‘ ich weichen!
O Gott! ob den Guß er vollbringt?
KARDINAL.
Sein Muth ist fürwahr ohne Gleichen!
Laßt seh’n, ob den Guß er vollbringt.
BALDUCCI.
O seht, welch ein Narr ohne Gleichen,
Der ins Verderben lachend springt.
CELLINI.
Ach, ich bin toll! Seht, ihr Schranzen, zumal
Du Rival! Sehet All‘!
Ob mir Genie
Ein Gott verlieh,
O seht!
O späht!
Und lest!
Er stürzt auf die rauchende Form zu, zerschlägt sie mit gewaltigen Schlägen. Er deutet auf die lateinische Inschrift auf dem Sockel der Statue.
Si quis te laeserit ego tuus ultor ero.
Nachdem unter Cellini’s Schlägen die Form zerbrochen ist, kommt die Statue des Perseus zum Vorschein.
Cellini sinkt auf ein Knie.
TERESA, ASCANIO, KARDINAL UND BALDUCCI.
Es ist nicht möglich! Unglaublich!
DIE ARBEITER.
Vivat! Bravo, Cellini! Viktoria!
Dreizehnter Auftritt.
DIE WEIBER UND KINDER DER ARBEITER eilen Herbei.
Viktoria! Viktoria!
FIERAMOSCA.
Macht Platz! Macht Platz! laßt voll Entzücken
Den theuren Freund ans Herz mich drücken.
BALDUCCI.
Er hat’s vollbracht!
Ich hab’s gedacht!
CELLINI.
Wer ist nun der Feigste von den Zweien?
Schwere Wahl! – Eminenz, Gott ließ mein Werk gedeihen.
KARDINAL.
Da Muth dir und Kraft Gott verliehen,
Da Kühnheit du und Kunst erprobet,
Erfüllt sei, was dir ich gelobet,
Und ich verzeihe dir, Cellini!
CELLINI.
O Gott, du gabst Muth mir im Leiden,
Stärke nun diese Brust
Zu tragen solche Lust.
ARBEITER.
Vivat!
ASCANIO, TERESA, FIERAMOSCA.
Ew’gen Ruhm unserm Meister!
ALLE.
Gold ist Blüthe, die nimmer verblüht,
Das haben die Kön’ge bedacht:
Als Kron‘ es gar herrlich erglüht,
Ist nur der Kön’ge und Kaiser Tracht.
Dem Goldschmied sei ein Hoch gebracht!