003
»Pape Satan, Pape Satan aleppe,«
Schrie Plutus rauh uns an. Da sprach Virgil,
Dem alles kund: »Den Weg zur Felsentreppe
"Pape Satàn, pape Satàn aleppe!",
cominciò Pluto con la voce chioccia;
e quel savio gentil, che tutto seppe,
006
Wehrt er uns nicht; die Furcht, die dich befiel,
Mußt du, ob seine Macht auch groß, vergessen!«
Und zur geschwollnen Fratze: »Unser Ziel
disse per confortarmi: "Non ti noccia
la tua paura; ché, poder ch'elli abbia,
non ci torrà lo scender questa roccia".
009
Zu hindern, darfst du nimmer dich vermessen,
Vermaledeiter Wolf, zähm' deinen Mund
Und schweig, dein Wüten magst du in dich fressen!
Poi si rivolse a quella 'nfiata labbia,
e disse: "Taci, maladetto lupo!
consuma dentro te con la tua rabbia.
012
Wir steigen nicht zur Tiefe ohne Grund,
Höchstes Gebot von dort, wo die Rebellen
St. Michael gezüchtigt, ward uns kund!« -
Non è sanza cagion l'andare al cupo:
vuolsi ne l'alto, là dove Michele
fé la vendetta del superbo strupo".
015
Und wie die Segel, die im Winde schwellen,
Zusammensinken, wenn der Mast zerbricht,
So sah das wilde Tier ich niederschwellen.
Quali dal vento le gonfiate vele
caggiono avvolte, poi che l'alber fiacca,
tal cadde a terra la fiera crudele.
018
Wir stiegen nun hinab zur vierten Schicht,
Wo wir das Schmerzensufer überschreiten,
Das alles Leid der ganzen Welt umflicht.
Così scendemmo ne la quarta lacca,
pigliando più de la dolente ripa
che 'l mal de l'universo tutto insacca.
021
O du gerechter Himmel, wie erweiten
Sich Müh'n und Qualen, die hier auferlegt.
Warum muß unsre Schuld sich das bereiten?
Ahi giustizia di Dio! tante chi stipa
nove travaglie e pene quant'io viddi?
e perché nostra colpa sì ne scipa?
024
Wie der Charydis Woge brandend schlägt,
Die Gegenströmung brechend in den Engen,
So dreh'n sich hier die Schatten: aufgeprägt
Come fa l'onda là sovra Cariddi,
che si frange con quella in cui s'intoppa,
così convien che qui la gente riddi.
027
Ist diesem Ort der Kampf. Unzähl'ge drängen
Sich hin und her, sie brüllen Haß und Mord,
Wenn mit der Brust sie Lasten vorwärts zwängen.
Qui vid'i' gente più ch'altrove troppa,
e d'una parte e d'altra, con grand'urli,
voltando pesi per forza di poppa.
030
So stoßen sie sich vor- und rückwärts dort
Im ewiglichen Auf- und Niederringen,
Sie schrei'n: Was hältst du? und: was wirfst du fort?
Percotëansi 'ncontro; e poscia pur lì
si rivolgea ciascun, voltando a retro,
gridando: "Perché tieni?" e "Perché burli?".
033
Bis sie durchs Dunkle wieder rückwärts dringen,
Um dann, zum Ausgangspunkt zurückgekehrt,
Laut brüllend stets ihr schamlos Lied zu singen.
Così tornavan per lo cerchio tetro
da ogne mano a l'opposito punto,
gridandosi anche loro ontoso metro;
036
Und wenn sie so den halben Kreis durchquert,
So wenden sie sich um zu neuem Streite. -
Und ich, das Herz von tiefstem Schmerz beschwert,
poi si volgea ciascun, quand'era giunto,
per lo suo mezzo cerchio a l'altra giostra.
E io, ch'avea lo cor quasi compunto,
039
Sprach: »Meister, sage mir, daß es mich leite,
Sind alle geistlich dort mit der Tonsur,
Die uns erscheinen von der linken Seite?«
dissi: "Maestro mio, or mi dimostra
che gente è questa, e se tutti fuor cherci
questi chercuti a la sinistra nostra".
042
»Im Geist verblendet, sah'n auf böser Spur
Wir sie des ersten Lebens Tag vollenden,
Da keiner je mit Maß und Ziel verfuhr.
Ed elli a me: "Tutti quanti fuor guerci
sì de la mente in la vita primaia,
che con misura nullo spendio ferci.
045
Ihr Bellen sagt's genug. Nach beiden Enden
Des Kreises zieh'n sie, wo verschied'ne Qual
Und Schuld sie treibt, den Rücken sich zu wenden.
Assai la voce lor chiaro l'abbaia,
quando vegnono a' due punti del cerchio
dove colpa contraria li dispaia.
048
Ja, Pfaffen sind's, am Kopfe gänzlich kahl,
Als Päpste, Kardinäle, einst gepriesen,
Die nur der Geiz beherrscht, in großer Zahl.«
Questi fuor cherci, che non han coperchio
piloso al capo, e papi e cardinali,
in cui usa avarizia il suo soperchio".
051
Und ich: »Mein Meister, sollten unter diesen
Sich nicht auch solche, die ich kenne, nah'n,
Die jenes Lasters schuldig sich erweisen?«
E io: "Maestro, tra questi cotali
dovre' io ben riconoscere alcuni
che furo immondi di cotesti mali".
054
Und er zu mir: »Das ist ein eitler Wahn,
Sie, die durch Schmutz im Leben kenntlich waren,
Macht hier der Schmutz unkenntlich. Untertan
Ed elli a me: "Vano pensiero aduni:
la sconoscente vita che i fé sozzi,
ad ogne conoscenza or li fa bruni.
057
Sind sie zwiefachen Strafren. Ein'ge Scharen
Einst mit geschloss'ner Faust dem Grab ersteh'n,
Die and'ren aber mit gestutzten Haaren.
In etterno verranno a li due cozzi:
questi resurgeranno del sepulcro
col pugno chiuso, e questi coi crin mozzi.
060
Geizen und Geuden trieb sie aus dem Lehn
Der schönen Welt, zu Raufen und Gestampfe,
Das Wort zu verschönern nicht verstehn.
Mal dare e mal tener lo mondo pulcro
ha tolto loro, e posti a questa zuffa:
qual ella sia, parole non ci appulcro.
063
Nun siehst du, Sohn, aus welchem nicht'gen Dampfe
Die Güter sind, durch die Fotuna lohnt,
Um die die Menschheit liegt im ew'gen Kampfe.
Or puoi, figliuol, veder la corta buffa
d'i ben che son commessi a la fortuna,
per che l'umana gente si rabuffa;
066
Und alles Gold, gehäufet unterm Mond,
Kann diesen Müden keine Stätte bauen,
Wo von der ew'gen Unrast sie verschont.«
ché tutto l'oro ch'è sotto la luna
e che già fu, di quest'anime stanche
non poterebbe farne posare una".
069
»Mein Meister,« sprach ich, »kannst du mir vertrauen:
Wer ist Fortuna, die dein Wort beschwor,
Die alles Gut der Welt trägt in den Klauen?«
"Maestro mio", diss'io, "or mi dì anche:
questa fortuna di che tu mi tocche,
che è, che i ben del mondo ha sì tra branche?".
072
Und er zu mir: »Du unverständ'ger Tor!
Wie ist Unwissenheit bei euch verbreitet,
Drum leihe meiner Lehre jetzt dein Ohr:
E quelli a me: "Oh creature sciocche,
quanta ignoranza è quella che v'offende!
Or vo' che tu mia sentenza ne 'mbocche.
075
Er, dessen Weisheit alles überschreitet,
Erschuf den Himmel, setzt' den Führer ein,
Der Stern zu Stern das Leuchten lenkt und leitet,
Colui lo cui saver tutto trascende,
fece li cieli e diè lor chi conduce
sì, ch'ogne parte ad ogne parte splende,
078
Gleichmäßig rings verteilend Licht und Schein,
So auch der Welt, den Gütern und den Ehren
Gab er die Herrscherin; sie kann allein
distribuendo igualmente la luce.
Similemente a li splendor mondani
ordinò general ministra e duce
081
Die ird'schen Güter mindern oder mehren.
Sie geht von Volk zu Volk, von Blut zu Blut,
Wie sich die Menschen auch dagegen wehren.
che permutasse a tempo li ben vani
di gente in gente e d'uno in altro sangue,
oltre la difension d'i senni umani;
084
So herrscht ein Volk, dem andern siecht der Mut.
Verborgen bleibt ihr Spruch, nach dem sie richtet,
Sie wie versteckt im Gras die Schlange ruht,
per ch'una gente impera e l'altra langue,
seguendo lo giudicio di costei,
che è occulto come in erba l'angue.
087
Und euer Geist auf Wissen hier verzichtet.
Sie sorgt, sie urteilt und beherrscht ihr Reich,
Wie's über alte Götter wird berichtet,
Vostro saver non ha contasto a lei:
questa provede, giudica, e persegue
suo regno come il loro li altri dèi.
090
Sie bleibt an ew'gen Wechselfällen reich,
Und schnell läßt die Notwendigkeit sie jagen,
Drum wechselt auch das Schicksal Streich um Streich.
Le sue permutazion non hanno triegue:
necessità la fa esser veloce;
sì spesso vien chi vicenda consegue.
093
Sie ist's, die oftmals wird ans Kreuz geschlagen
Von denen, deren Lob ihr doch gebührt,
Die sie zu Unrecht schmähen und verklagen.
Quest'è colei ch'è tanto posta in croce
pur da color che le dovrien dar lode,
dandole biasmo a torto e mala voce;
096
Selig in sich, wird sie von nichts berührt
Und zieht dahin, der Sel'gen Los zu teilen,
Die sie, auf ihrer Kugel schwebend, führt. -
ma ella s'è beata e ciò non ode:
con l'altre prime creature lieta
volve sua spera e beata si gode.
099
Zu größ'rem Jammer müssen wir jetzt eilen,
Der Sterne Heer, das stieg, schon nieder sinkt,
So drängt die Zeit, und hier gilt kein Verweilen.
Or discendiamo omai a maggior pieta;
già ogne stella cade che saliva
quand'io mi mossi, e 'l troppo star si vieta".
102
Zum andern Ufer unser Fuß uns bringt
Ob Quellen, die hier brodelnd niederschießen
Zu einem Bache hin, der dort entspringt,
Noi ricidemmo il cerchio a l'altra riva
sovr'una fonte che bolle e riversa
per un fossato che da lei deriva.
105
Dess' Fluten dunkel, purpurdunkel, fließen.
Und wir, das düstre Wasser als Geleit,
Den Schreckensweg nach unten uns erschließen,
L'acqua era buia assai più che persa;
e noi, in compagnia de l'onde bige,
intrammo giù per una via diversa.
108
Bis dieser finstre Bach im Trauerkleid
Am Fuß des Abhangs, jenem wüsten, grauen,
In einem Sumpf, den Styx, sein Wasser speit.
In la palude va c' ha nome Stige
questo tristo ruscel, quand'è disceso
al piè de le maligne piagge grige.
111
Und ich, dess' Auge nur gespannt zu schauen,
Sah kotbedecktes Volk in Schlamm und Sumpf,
Die Glieder nackt, im Antlitz Haß und Grauen.
E io, che di mirare stava inteso,
vidi genti fangose in quel pantano,
ignude tutte, con sembiante offeso.
114
Nicht nur mit Händen, nein, mit Stirne, Rumpf
Und Füßen stößt sich's, und die Zähne reißen
Das Glied vom Glied in Fetzen bis zum Stumpf.
Queste si percotean non pur con mano,
ma con la testa e col petto e coi piedi,
troncandosi co' denti a brano a brano.
117
Da sprach Virgil: »Mein Sohn, die so sich beißen,
Sind Seelen, die dem Zorne untertan,
Und glaube fest, auch unter'm Wasser kreißen
Lo buon maestro disse: "Figlio, or vedi
l'anime di color cui vinse l'ira;
e anche vo' che tu per certo credi
120
Noch viele, die beseufzen ihren Wahn.
Die treiben dieses Wassers Schaum nach oben,
Der wogt und wallt, wie deine Augen sahn.
che sotto l'acqua è gente che sospira,
e fanno pullular quest'acqua al summo,
come l'occhio ti dice, u' che s'aggira.
123
Vom Sumpfe klang's: »Wir waren elend droben
In lauer Luft im sonnenheitren Land,
Weil innen wir in trägen Dunst verwoben,
Fitti nel limo dicon: "Tristi fummo
ne l'aere dolce che dal sol s'allegra,
portando dentro accidïoso fummo:
126
Jetzt jammern wir, in schwarzen Schlamm verbannt.«
So gurgeln sie im Sumpfe ihre Weise,
Die sich aus ihrem Mund gebrochen wand.
or ci attristiam ne la belletta negra".
Quest'inno si gorgoglian ne la strozza,
ché dir nol posson con parola integra".
129
Vom eklen Grund ging weiter unsre Reise
Im Bogen, trock'nen Fußes, längs dem Fluß,
Auf sie rückblickend, denen Kot die Speise.
Così girammo de la lorda pozza
grand'arco, tra la ripa secca e 'l mézzo,
con li occhi vòlti a chi del fango ingozza.
132
Und kamen dann an einen Turm zum Schluß.
Venimmo al piè d'una torre al da sezzo.

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