003
Hinschauend auf den Sohn mit jener Liebe,
Die ewiglich enthaucht wird von den zweien,
Schuf geistiges und räumliches Getriebe
Guardando nel suo Figlio con l'Amore
che l'uno e l'altro etternalmente spira,
lo primo e ineffabile Valore
006
Die erste Kraft und wußte sie zu reihen,
Die unaussprechliche, daß es zu spüren
Unmöglich, ohne ihr Geschmack zu weihen.
quanto per mente e per loco si gira
con tant' ordine fé, ch'esser non puote
sanza gustar di lui chi ciò rimira.
009
Laß deinen Blick denn mit zur Höhe führen,
Mein Leser, zu den Kreisen, grad zur Gegend,
Wo sich die zwei Bewegungen berühren!
Leva dunque, lettore, a l'alte rote
meco la vista, dritto a quella parte
dove l'un moto e l'altro si percuote;
012
Und dort fang an, mit Wohlbehagen hegend
Des Meisters Kunst, der ihr in sich geneigt ist,
Von ihr das Auge nimmer wegbewegend.
e lì comincia a vagheggiar ne l'arte
di quel maestro che dentro a sé l'ama,
tanto che mai da lei l'occhio non parte.
015
Sieh, wie der schräge Kreis dort abgezweigt ist,
Der die Planeten trägt, weil die Beschwichtung
Der Welt, nach ihnen rufend, angezeigt ist.
Vedi come da indi si dirama
l'oblico cerchio che i pianeti porta,
per sodisfare al mondo che li chiama.
018
Denn liefe nicht die Bahn in schiefer Richtung,
Umsonst wär manche Kraft im Himmel droben,
Und unten träf fast jeden Keim Vernichtung.
Che se la strada lor non fosse torta,
molta virtù nel ciel sarebbe in vano,
e quasi ogne potenza qua giù morta;
021
Und wär sie minder oder mehr verschoben
Vom graden Weg, es würde manches krank sein
Im Weltenplan hienieden wie dort oben.
e se dal dritto più o men lontano
fosse 'l partire, assai sarebbe manco
e giù e sù de l'ordine mondano.
024
Nun, Leser, mußt du still in deiner Bank sein,
Um zu durchdenken, was dir dargebracht ward,
Soll, eh du müde wirst, es dir zu Dank sein.
Or ti riman, lettor, sovra 'l tuo banco,
dietro pensando a ciò che si preliba,
s'esser vuoi lieto assai prima che stanco.
027
Ich hab's kredenzt; iß, was dir zugedacht ward,
Denn meine Sorge fordert dieses Falles
Der Stoff, zu dessen Dichter ich gemacht ward.
Messo t'ho innanzi: omai per te ti ciba;
ché a sé torce tutta la mia cura
quella materia ond' io son fatto scriba.
030
Die größte Hilfe der Natur, die alles
Mit Kraft des Himmels stempelt, uns verteilend
Die Zeiten mit dem Lichte ihres Balles,
Lo ministro maggior de la natura,
che del valor del ciel lo mondo imprenta
e col suo lume il tempo ne misura,
033
Im vorgedachten Schneidepunkt verweilend,
Schwang sich zur Zeit entlang an den Spiralen,
Wo wir sie sehn uns früher stets ereilend;
con quella parte che sù si rammenta
congiunto, si girava per le spire
in che più tosto ognora s'appresenta;
036
Und ich war mit ihr; doch ich spürt dermalen
Nur so das Steigen, wie sich einem klärte
Ein Einfall, eh er anfängt aufzustrahlen.
e io era con lui; ma del salire
non m'accors' io, se non com' uom s'accorge,
anzi 'l primo pensier, del suo venire.
039
Denn Beatrice führt' auf dieser Fährte
So plötzlich noch zum Besseren vom Guten,
Daß die Bewegung keine Weile währte.
È Bëatrice quella che sì scorge
di bene in meglio, sì subitamente
che l'atto suo per tempo non si sporge.
042
Wie mußt aus sich schon leuchtend sein das Gluten
Hier in der Sonne, wo ich eingegangen,
Durch Licht nur sichtbar, nicht durch Farbenfluten!
Quant' esser convenia da sé lucente
quel ch'era dentro al sol dov' io entra'mi,
non per color, ma per lume parvente!
045
Und könnt ich Geist, Geschick und Kunst auch fangen,
Nie sagt ich's so, daß man's vermag zu denken,
Doch glauben darf man's und zu schaun verlangen.
Perch' io lo 'ngegno e l'arte e l'uso chiami,
sì nol direi che mai s'imaginasse;
ma creder puossi e di veder si brami.
048
Und wenn sich unsre Phantasie muß senken
Vor solcher Hoheit, ist das zu verstehen;
Denn über Sonne läßt kein Aug sich lenken.
E se le fantasie nostre son basse
a tanta altezza, non è maraviglia;
ché sopra 'l sol non fu occhio ch'andasse.
051
So war die vierte Kinderschar zu sehen
Des hohen Vaters, der sie speist hier oben,
Ihr zeigend seine Zeugung und sein Wehen.
Tal era quivi la quarta famiglia
de l'alto Padre, che sempre la sazia,
mostrando come spira e come figlia.
054
Da sprach Beatrice: »Loben magst du, loben
Die Engelsonne, die durch ihre Gnade
Zur Erdensonne dich hat aufgehoben.«
E Bëatrice cominciò: «Ringrazia,
ringrazia il Sol de li angeli, ch'a questo
sensibil t'ha levato per sua grazia».
057
Kein sterblich Herz war je in solchem Grade
Bereit zur Andacht, keines je so eilig,
Daß Gott es seinen ganzen Dank entlade,
Cor di mortal non fu mai sì digesto
a divozione e a rendersi a Dio
con tutto 'l suo gradir cotanto presto,
060
Als ich bei diesen Worten, und so heilig
Versenkte meine Lieb in Ihn schlechthin ich,
Daß Beatrice selbst entschwand einstweilig.
come a quelle parole mi fec' io;
e sì tutto 'l mio amore in lui si mise,
che Bëatrice eclissò ne l'oblio.
063
Sie zürnte nicht, sie lächelte so minnig,
Daß dieses heitern Augenpaares Flimmer
Den Geist mir teilt', bisher unteilbar sinnig.
Non le dispiacque; ma sì se ne rise,
che lo splendor de li occhi suoi ridenti
mia mente unita in più cose divise.
066
Da sah ich viel lebendige Siegesschimmer
Um uns als Mittelpunkt zum Kranz sich runden,
An Stimmen süßer noch als an Geglimmer.
Io vidi più folgór vivi e vincenti
far di noi centro e di sé far corona,
più dolci in voce che in vista lucenti:
069
Von solchem Ring sehn manchmal wir umwunden
Latonas Tochter, wenn, von Dünsten trächtig,
Die Luft die Fäden zu dem Gurt verbunden.
così cinger la figlia di Latona
vedem talvolta, quando l'aere è pregno,
sì che ritenga il fil che fa la zona.
072
Es sind so viele Wonnen, köstlich, prächtig,
Im Himmelshof, aus dem ich wiederkehre,
Daß sie dem Reich zu nehmen keiner mächtig.
Ne la corte del cielo, ond' io rivegno,
si trovan molte gioie care e belle
tanto che non si posson trar del regno;
075
Und so war auch der Sang von diesem Heere:
Wer sich zum Flug hinauf nicht kann beschwingen,
Wart, bis ein Stummer ihn von dort belehre.
e 'l canto di quei lumi era di quelle;
chi non s'impenna sì che là sù voli,
dal muto aspetti quindi le novelle.
078
Nachdem die glühen Sonnen so im Singen
Sich dreimal um uns her gedreht im Reigen,
Wie Sterne nah um festen Pol ihn schlingen,
Poi, sì cantando, quelli ardenti soli
si fuor girati intorno a noi tre volte,
come stelle vicine a' fermi poli,
081
Erschienen sie wie Fraun, die stehn und schweigen
Und, ohne sich vom Tanz zu lösen, lauschen,
Bis sie gefaßt den neuen Ton der Geigen.
donne mi parver, non da ballo sciolte,
ma che s'arrestin tacite, ascoltando
fin che le nove note hanno ricolte.
084
»Wenn sich der Gnadenstrahl«, so hört ich's rauschen
Aus einer, »dran sich wahre Liebe zündet,
Um liebend noch vervielfacht sich zu bauschen,
E dentro a l'un senti' cominciar: «Quando
lo raggio de la grazia, onde s'accende
verace amore e che poi cresce amando,
087
Mit solchem Glanz erstrahlend in dir kündet,
Daß er dich führt auf diesem Höhenfluge,
Wo jeder Abstieg wieder oben mündet,
multiplicato in te tanto resplende,
che ti conduce su per quella scala
u' sanza risalir nessun discende;
090
So würde den, der Wein aus seinem Kruge
Versagte deinem Durst, Unfreiheit binden,
Wie Wasser, das zum Meer nicht wär im Zuge.
qual ti negasse il vin de la sua fiala
per la tua sete, in libertà non fora
se non com' acqua ch'al mar non si cala.
093
Du wüßtest gern, was sich für Blumen winden
Zum Kranz, der hier voll Liebeslust umgittert
Die Schöne, die den Himmel dich läßt finden.
Tu vuo' saper di quai piante s'infiora
questa ghirlanda che 'ntorno vagheggia
la bella donna ch'al ciel t'avvalora.
096
Ich war ein Lamm der Herde, die umgittert
Dominikus auf solcher Trift läßt ziehn,
Wo wohl gedeiht, wer nicht zum Eiteln schlittert.
Io fui de li agni de la santa greggia
che Domenico mena per cammino
u' ben s'impingua se non si vaneggia.
099
Hier rechts der Nächste, Bruder nenn ich ihn
Und Meister, der Albertus ward geheißen
Von Köln, und ich bin Thomas von Aquin.
Questi che m'è a destra più vicino,
frate e maestro fummi, ed esso Alberto
è di Cologna, e io Thomas d'Aquino.
102
Willst du sie alle kennen, die hier gleißen,
So muß entlang der seligen Girlande
Dein Blick dem Wort zu folgen sich befleißen.
Se sì di tutti li altri esser vuo' certo,
di retro al mio parlar ten vien col viso
girando su per lo beato serto.
105
Dies andere Geflamme bringt zustande
Das Lächeln Gratians, der zwei Gerichten
So half, daß es gefiel in diesem Lande.
Quell' altro fiammeggiare esce del riso
di Grazïan, che l'uno e l'altro foro
aiutò sì che piace in paradiso.
108
Den du als nächste Zier des Chors siehst lichten,
War Petrus, der durch seinen Schatz bekannt ist,
Den er der Kirch als Scherflein wollt entrichten.
L'altro ch'appresso addorna il nostro coro,
quel Pietro fu che con la poverella
offerse a Santa Chiesa suo tesoro.
111
Der Fünfte, der als schönstes Licht entbrannt ist,
Haucht solche Liebe, daß in allen Gauen
Man drunten auf Bericht von ihm gespannt ist.
La quinta luce, ch'è tra noi più bella,
spira di tale amor, che tutto 'l mondo
là giù ne gola di saper novella:
114
Drin weilt der hohe Geist, der konnte bauen
So hoch das Wissen, daß sich noch kein Zweiter
─ Wenn Wahrheit wahr ist ─ hob zu solchem Schauen.
entro v'è l'alta mente u' sì profondo
saver fu messo, che, se 'l vero è vero,
a veder tanto non surse il secondo.
117
Und diesen Kerzenschimmer siehst du weiter,
Der Engelsart und -amt zutiefst durchdachte,
Im Fleisch da drunten schon als Eingeweihter.
Appresso vedi il lume di quel cero
che giù in carne più a dentro vide
l'angelica natura e 'l ministero.
120
Im Lächeln dieses kleinern Lichts betrachte
Den wackern Anwalt erster Christenzeiten,
Des Schrift sich Augustin zunutze machte.
Ne l'altra piccioletta luce ride
quello avvocato de' tempi cristiani
del cui latino Augustin si provide.
123
Und läßt du nun das Geistesauge gleiten
Von Licht zu Licht, nach meinem Lob, so schmachtet
Es schon vor Durst, zum achten fortzuschreiten.
Or se tu l'occhio de la mente trani
di luce in luce dietro a le mie lode,
già de l'ottava con sete rimani.
126
Drin freut sich, weil sie alles Heil betrachtet,
Die heilige Seele, die des Lebens Fährden
Den läßt erkennen, der ihr Wort beachtet.
Per vedere ogne ben dentro vi gode
l'anima santa che 'l mondo fallace
fa manifesto a chi di lei ben ode.
129
Der Leib, draus sie verjagt ward, liegt auf Erden
Dort in Cieldauro, während aus Verschmachtung
Und Acht ihr dieser Friede durfte werden.
Lo corpo ond' ella fu cacciata giace
giuso in Cieldauro; ed essa da martiro
e da essilio venne a questa pace.
132
Und weiter schenk dem Flammenhauch Beachtung,
Aus Beda, Isidor und Richard wehend,
Welch letztrer mehr als Mensch war in Betrachtung.
Vedi oltre fiammeggiar l'ardente spiro
d'Isidoro, di Beda e di Riccardo,
che a considerar fu più che viro.
135
Dann kehrt dein Blick, zu mir sich wieder drehend,
Von eines Geistes Schein, der sich verzehrte
In Gram, den allzu trägen Tod erflehend.
Questi onde a me ritorna il tuo riguardo,
è 'l lume d'uno spirto che 'n pensieri
gravi a morir li parve venir tardo:
138
's ist Sigers ewiges Licht, der, als er lehrte
Einst in der Streugaß, kam durch Folgerungen
Zu mancher Wahrheit, die man nicht begehrte.« ─
essa è la luce etterna di Sigieri,
che, leggendo nel Vico de li Strami,
silogizzò invidïosi veri».
141
Dann, wie die Uhr uns ruft, zur Stund erklungen,
Wo aufsteht Gottes Braut und stimmt zur Liebe
Den Bräutigam durch Morgenhuldigungen,
Indi, come orologio che ne chiami
ne l'ora che la sposa di Dio surge
a mattinar lo sposo perché l'ami,
144
Und, wie sie zieht und treibt das Radgetriebe,
Ting ting ertönend mit so süßem Klingen,
Daß ungeschwellt kein frommer Busen bliebe,
che l'una parte e l'altra tira e urge,
tin tin sonando con sì dolce nota,
che 'l ben disposto spirto d'amor turge;
147
So sah ich das erlauchte Rad sich schwingen
Und Ton um Ton sie tauschen zu dem Schlagwerk,
In Schmelz und Timber, wie man nicht hört singen,
così vid' ïo la gloriosa rota
muoversi e render voce a voce in tempra
e in dolcezza ch'esser non pò nota
150
Als dort, wo Wonne ist das stete Tagwerk.
se non colà dove gioir s'insempra.

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