003
Einst glaubt' die Welt mit falschem Ideale,
Daß, sich im dritten Epizykel drehend,
Die schöne Kypris tolle Liebe strahle.
Solea creder lo mondo in suo periclo
che la bella Ciprigna il folle amore
raggiasse, volta nel terzo epiciclo;
006
Darum verehrten nicht sie selbst nur, flehend
Mit Weihgesängen und mit Opfergabe,
Die Alten, sich im alten Wahn ergehend;
per che non pur a lei faceano onore
di sacrificio e di votivo grido
le genti antiche ne l'antico errore;
009
Dione ward als Mutter, als ihr Knabe
Cupido auch verehrt, von dem man dichtet,
Daß er in Didos Schoß gesessen habe.
ma Dïone onoravano e Cupido,
quella per madre sua, questo per figlio,
e dicean ch'el sedette in grembo a Dido;
012
Nach ihr, von der mein Anfang hier berichtet,
Nannt man den Stern, der schwärmend stets der Sonne,
Im Rücken bald, bald vor der Braue, pflichtet.
e da costei ond' io principio piglio
pigliavano il vocabol de la stella
che 'l sol vagheggia or da coppa or da ciglio.
015
Ich merkte nicht das Steigen, doch mit Wonne
Ließ, daß ich drin war, mich genug verstehen
Die noch erhöhte Schönheit meiner Donne.
Io non m'accorsi del salire in ella;
ma d'esservi entro mi fé assai fede
la donna mia ch'i' vidi far più bella.
018
Und wie man Funken sieht im Feuer wehen,
Von Stimme Stimme kennt, hört man um eine,
Die durchhallt, auf und ab die andre gehen,
E come in fiamma favilla si vede,
e come in voce voce si discerne,
quand' una è ferma e altra va e riede,
021
So sah ich Lichter in dem Flammenscheine
Im Kreis sich drehn, dies langsam, das geschwinde,
Nach Maß des ewigen Schauens, wie ich meine.
vid' io in essa luce altre lucerne
muoversi in giro più e men correnti,
al modo, credo, di lor viste interne.
024
Nie sind noch einer kalten Wolke Winde,
Ob sichtbar oder nicht, so schnell entronnen,
Daß der sie nicht gehemmt und säumig finde,
Di fredda nube non disceser venti,
o visibili o no, tanto festini,
che non paressero impediti e lenti
027
Der hier gesehn, wie sich die heiligen Sonnen,
Uns nahten, unterbrechend ihren Reigen,
Der bei den hohen Seraphim begonnen.
a chi avesse quei lumi divini
veduti a noi venir, lasciando il giro
pria cominciato in li alti Serafini;
030
Und aus den Scharen, die zuerst sich zeigen,
Tönt ein Hosanna ─ es nochmal zu hören,
Kommt nie seitdem mein Sehnen mehr zum Schweigen.
e dentro a quei che più innanzi appariro
sonava 'Osanna' sì, che unque poi
di rïudir non fui sanza disiro.
033
Dann trat uns einer näher aus den Chören
Und sprach allein: »Damit dir Freude werde,
Sind alle wir bereit, dich zu erhören.
Indi si fece l'un più presso a noi
e solo incominciò: «Tutti sem presti
al tuo piacer, perché di noi ti gioi.
036
Ein Kreis, ein Dürsten, eine Schwunggebärde
Hält mit den Himmelsfürsten uns verbunden,
Zu denen du gesungen auf der Erde:
Noi ci volgiam coi principi celesti
d'un giro e d'un girare e d'una sete,
ai quali tu del mondo già dicesti:
039
»Ihr, deren Geist die dritte schwingt der Runden.«
So füllt uns Liebe, daß, damit dich's freue,
Ein wenig Rast nicht minder uns wird munden.« ─
'Voi che 'ntendendo il terzo ciel movete';
e sem sì pien d'amor, che, per piacerti,
non fia men dolce un poco di quïete».
042
Mein Auge, das nun aufgeblickt voll Scheue
Zur Herrin, sah, wie diese ihretwegen
Ihm allen Zweifel alle Furcht zerstreue,
Poscia che li occhi miei si fuoro offerti
a la mia donna reverenti, ed essa
fatti li avea di sé contenti e certi,
045
Und wandte sich zum Licht, das so viel Segen
Verheißen hatte. ─ »Ach, wer seid ihr?« scholl da
Ihm meine Stimme lustbewegt entgegen.
rivolsersi a la luce che promessa
tanto s'avea, e «Deh, chi siete?» fue
la voce mia di grande affetto impressa.
048
Schon stand es ohnehin so freudvoll da,
Doch o wie es bei meines Wortes Klange
Von neuer Freud an Glanz und Größe schwoll da!
E quanta e quale vid' io lei far piùe
per allegrezza nova che s'accrebbe,
quando parlai, a l'allegrezze sue!
051
Und so gestaltet, sprach's: »Mich hielt nicht lange
Die niedre Welt; wär später ich entronnen,
Viel Drangsal käme nicht, die jetzt im Gange.
Così fatta, mi disse: «Il mondo m'ebbe
giù poco tempo; e se più fosse stato,
molto sarà di mal, che non sarebbe.
054
Verborgen, hält mich dir das Kleid der Wonnen,
Von dem umstrahlt, ich dir verhüllt geblieben,
Dem Wurme gleich, von seiner Seid umsponnen.
La mia letizia mi ti tien celato
che mi raggia dintorno e mi nasconde
quasi animal di sua seta fasciato.
057
Du liebtest mich, und hattest Grund zu lieben,
Denn's hätt bei längerm Leben zweifelsohne
Dir meine Liebe mehr als Laub getrieben.
Assai m'amasti, e avesti ben onde;
che s'io fossi giù stato, io ti mostrava
di mio amor più oltre che le fronde.
060
Der linke Strand, umplätschert von der Rhône,
Die sich schon mischte mit der Sorgue Wellen,
Hielt mir für einst bereit die Herrscherkrone.
Quella sinistra riva che si lava
di Rodano poi ch'è misto con Sorga,
per suo segnore a tempo m'aspettava,
063
Ausoniens Horn auch, das die Zitadellen
Gaetas, Barfis und Cotrones krönen,
Von wo ins Meer so Tront wie Verde schwellen.
e quel corno d'Ausonia che s'imborga
di Bari e di Gaeta e di Catona,
da ove Tronto e Verde in mare sgorga.
066
Schon durft die Stirn die Krone mir verschönen
Des Landes, das vom Donaustrom besprengt ist,
Wo er des deutschen Strands sich muß entwöhnen.
Fulgeami già in fronte la corona
di quella terra che 'l Danubio riga
poi che le ripe tedesche abbandona.
069
Trinakria, die stets von Rauch verhängt ist
Von Kap Pachynum bis Pelorums Kamme,
─ Am Golf, der allermeist vom Ost bedrängt ist, ─
E la bella Trinacria, che caliga
tra Pachino e Peloro, sopra 'l golfo
che riceve da Euro maggior briga,
072
Durch Schwefelbildung, nicht Typhöus' Flamme:
Es würden ihr noch Könige geboren,
Durch mich gezeugt aus Karls und Rudolfs Stamme,
non per Tifeo ma per nascente solfo,
attesi avrebbe li suoi regi ancora,
nati per me di Carlo e di Ridolfo,
075
Hätt nicht die Härte der Triumphatoren,
Die immer aufreizt die besiegte Hürde,
Palermos Schrei »Schlagt tot!« heraufbeschworen,
se mala segnoria, che sempre accora
li popoli suggetti, non avesse
mosso Palermo a gridar: "Mora, mora!".
078
Und säh mein Bruder dies voraus, er würde
Der Katalanen schäbiges Getrachte
Schon fliehen, nicht zu mehren ihre Bürde.
E se mio frate questo antivedesse,
l'avara povertà di Catalogna
già fuggeria, perché non li offendesse;
081
Denn wahrlich tut es not, daß er's beachte,
Er oder andre, daß man seine Barke
Schon so beladen, nicht noch mehr befrachte.
ché veramente proveder bisogna
per lui, o per altrui, sì ch'a sua barca
carcata più d'incarco non si pogna.
084
Sein Wesen, karger Sproß aus mildem Marke,
Könnt Diener brauchen, die auf andres sinnen,
Als wie man Schätze in die Truhen harke.«
La sua natura, che di larga parca
discese, avria mestier di tal milizia
che non curasse di mettere in arca».
087
─ »Daß du die Wonnen, die mein Herz durchrinnen
Aus deinem Wort, o Herr, nach meiner Meinung,
Wo alle Güter enden und beginnen,
«Però ch'i' credo che l'alta letizia
che 'l tuo parlar m'infonde, segnor mio,
là 've ogne ben si termina e s'inizia,
090
So siehst, wie mir sie kommen zur Erscheinung,
Ergötzt mich sehr; auch das ist Freudbescherung,
Daß dieses du erkennst in Gottvereinung.
per te si veggia come la vegg' io,
grata m'è più; e anco quest' ho caro
perché 'l discerni rimirando in Dio.
093
Du gabst mir Freude, gib mir nun Belehrung,
─ Da deine Rede Zweifel auf ließ zücken ─
Wie süße Saat gibt bittre Fruchtvermehrung.«
Fatto m'hai lieto, e così mi fa chiaro,
poi che, parlando, a dubitar m'hai mosso
com' esser può, di dolce seme, amaro».
096
So ich. Und er: »Will mir zu zeigen glücken
Nur eins, kehrt dem, was du nicht kannst erfassen,
Sich bald dein Antlitz zu, wie jetzt dein Rücken.
Questo io a lui; ed elli a me: «S'io posso
mostrarti un vero, a quel che tu dimandi
terrai lo viso come tien lo dosso.
099
Das Gut, das diese Welt zur Fahrt entlassen,
Ihr ganzes Reich beglückt, wo du darfst gehen,
Macht seinen Geist zur Kraft in diesen Massen.
Lo ben che tutto il regno che tu scandi
volge e contenta, fa esser virtute
sua provedenza in questi corpi grandi.
102
Und nicht die Wesen nur sind vorgesehen
In diesem Geiste, aus sich selbst vollendet;
Sie selber sind's mit ihrem Wohlergehen.
E non pur le nature provedute
sono in la mente ch'è da sé perfetta,
ma esse insieme con la lor salute:
105
Darum, was immer dieser Strang entsendet,
Muß, wohlgezielt, treffsicher sich bewähren,
So wie der Pfeil in seinem Ziele endet.
per che quantunque quest' arco saetta
disposto cade a proveduto fine,
sì come cosa in suo segno diretta.
108
Wär dieses nicht, so zeugten diese Sphären,
Die du durchwanderst, solcherlei Effekte,
Daß sie statt Kunstgebilde Trümmer wären.
Se ciò non fosse, il ciel che tu cammine
producerebbe sì li suoi effetti,
che non sarebbero arti, ma ruine;
111
Das kann nicht sein, sonst sind die Intellekte,
Die diese Sterne lenken, unvollkommen
Und unvollkommen Er, der sie erweckte.
e ciò esser non può, se li 'ntelletti
che muovon queste stelle non son manchi,
e manco il primo, che non li ha perfetti.
114
Sollt hierzu dir noch weitre Klärung frommen?«
Ich sprach: »O nein, denn die Natur, ich seh es,
Kann in was nötig ist zu kurz nicht kommen.«
Vuo' tu che questo ver più ti s'imbianchi?».
E io: «Non già; ché impossibil veggio
che la natura, in quel ch'è uopo, stanchi».
117
Doch er fuhr fort: »Nun sag, wär ärger Weh es,
Wenn ihr des Bürgertums euch nicht erfreutet?«
─ »Ja,« sprach ich, »keine Gründe: ich versteh es.«
Ond' elli ancora: «Or dì: sarebbe il peggio
per l'omo in terra, se non fosse cive?».
«Sì», rispuos' io; «e qui ragion non cheggio».
120
─ »Und hättet ihr's, wenn ihr euch nicht verstreutet,
Verschieden in verschiedenen Geschäften?
Nein, wenn es euer Meister richtig deutet!«
«E puot' elli esser, se giù non si vive
diversamente per diversi offici?
Non, se 'l maestro vostro ben vi scrive».
123
So wußt er folgernd Satz an Satz zu heften
Und kam zum Schluß: »So müssen unterschieden
Denn auch die Wurzeln sein zu euren Kräften:
Sì venne deducendo infino a quici;
poscia conchiuse: «Dunque esser diverse
convien di vostri effetti le radici:
126
Der wird ein Solon, Xerxes der danieden
Und der Melchisedek, der zum Exempel
Der Flieger, dem im Flug der Sohn verschieden.
per ch'un nasce Solone e altro Serse,
altro Melchisedèch e altro quello
che, volando per l'aere, il figlio perse.
129
Die Kreisbewegung der Natur, die Stempel
Ins Wachs der Menschheit kunstbeflissen schneidet,
Sie unterscheidet Tempel nicht von Tempel.
La circular natura, ch'è suggello
a la cera mortal, fa ben sua arte,
ma non distingue l'un da l'altro ostello.
132
So kommt's, daß Esau sich von Jakob scheidet
Im Keim; und daß Quirin solch Niedrer zeugte,
Daß man für Mars als Vater sich entscheidet.
Quinci addivien ch'Esaù si diparte
per seme da Iacòb; e vien Quirino
da sì vil padre, che si rende a Marte.
135
Mit dem Erzeuger müßte der Erzeugte
Sich immer zu dem gleichen Weg bescheiden,
Wenn Gottes Vorsicht diesen Trieb nicht beugte.
Natura generata il suo cammino
simil farebbe sempre a' generanti,
se non vincesse il proveder divino.
138
Nun kannst du dich an dessen Anblick weiden,
Was hinten war; jedoch zum Freundschaftszeichen
Will ich's mit einem Zusatz noch umkleiden.
Or quel che t'era dietro t'è davanti:
ma perché sappi che di te mi giova,
un corollario voglio che t'ammanti.
141
Begegnet die Natur feindseligen Streichen,
So muß auch allzeit dürftig ihr Entgelt sein,
Wie jeder Saat in widrigen Bereichen.
Sempre natura, se fortuna trova
discorde a sé, com' ogne altra semente
fuor di sua regïon, fa mala prova.
144
Und wollte drunten aufmerksam die Welt sein
Auf jenen Grund, den die Natur gegeben,
Ihm folgend, 's würde gut um euch bestellt sein.
E se 'l mondo là giù ponesse mente
al fondamento che natura pone,
seguendo lui, avria buona la gente.
147
Ihr aber zwingt die Leut ins Klosterleben,
Fürs Schwert geschaffen, andre, die zur Predigt
Sich besser eignen, auf den Thron zu heben.
Ma voi torcete a la religïone
tal che fia nato a cignersi la spada,
e fate re di tal ch'è da sermone;
150
So habt ihr euch des rechten Wegs entledigt.«
onde la traccia vostra è fuor di strada».

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