003
Gern übernahm, entbrannt für seine Wonne,
Jener Betrachtende das Amt des Lehrers,
Und er begann mit diesen heil'gen Worten:
Jener Betrachtende das Amt des Lehrers,
Und er begann mit diesen heil'gen Worten:
Affetto al suo piacer, quel contemplante
libero officio di dottore assunse,
e cominciò queste parole sante:
libero officio di dottore assunse,
e cominciò queste parole sante:
006
»Die Wunde, die Maria schloß und salbte:
Schau' Jene, die so schön ist ihr zu Füßen,
Ist die, die sie geritzet und gestochen.
Schau' Jene, die so schön ist ihr zu Füßen,
Ist die, die sie geritzet und gestochen.
«La piaga che Maria richiuse e unse,
quella ch'è tanto bella da' suoi piedi
è colei che l'aperse e che la punse.
quella ch'è tanto bella da' suoi piedi
è colei che l'aperse e che la punse.
009
Im Range, den die dritten Sitze bilden,
Sitzt, unter ihr die Stätte habend, Rahel
Mit Beatrice, wie du es gewahrest:
Sitzt, unter ihr die Stätte habend, Rahel
Mit Beatrice, wie du es gewahrest:
Ne l'ordine che fanno i terzi sedi,
siede Rachel di sotto da costei
con Bëatrice, sì come tu vedi.
siede Rachel di sotto da costei
con Bëatrice, sì come tu vedi.
012
Sarah, Rebecca, Judith auch und jene,
Die Ahnfrau war des Sängers, der aus Reue
Der Sünde sagte: Miserere mei, -
Die Ahnfrau war des Sängers, der aus Reue
Der Sünde sagte: Miserere mei, -
Sarra e Rebecca, Iudìt e colei
che fu bisava al cantor che per doglia
del fallo disse 'Miserere mei',
che fu bisava al cantor che per doglia
del fallo disse 'Miserere mei',
015
Kannst du erblicken hier von Sitz zu Sitze.
Abwärts gereiht, wie ich bei jedem Namen
Von Blatt zu Blatt herabgeh' in der Rose:
Abwärts gereiht, wie ich bei jedem Namen
Von Blatt zu Blatt herabgeh' in der Rose:
puoi tu veder così di soglia in soglia
giù digradar, com' io ch'a proprio nome
vo per la rosa giù di foglia in foglia.
giù digradar, com' io ch'a proprio nome
vo per la rosa giù di foglia in foglia.
018
Und von der siebenten der Stufen nieder,
Bis zu ihr, folgen sich Hebräerfrauen,
Abzweigend das Gelock der ganzen Blume:
Bis zu ihr, folgen sich Hebräerfrauen,
Abzweigend das Gelock der ganzen Blume:
E dal settimo grado in giù, sì come
infino ad esso, succedono Ebree,
dirimendo del fior tutte le chiome;
infino ad esso, succedono Ebree,
dirimendo del fior tutte le chiome;
021
Denn jenem Blick zufolge, den der Glaube
Auf Christum richtete, sind sie die Mauer,
Wodurch die heil'gen Stufenreih'n geschieden.
Auf Christum richtete, sind sie die Mauer,
Wodurch die heil'gen Stufenreih'n geschieden.
perché, secondo lo sguardo che fée
la fede in Cristo, queste sono il muro
a che si parton le sacre scalee.
la fede in Cristo, queste sono il muro
a che si parton le sacre scalee.
024
Von dieser Seite, wo die Blume Frucht hat
In allen ihren Blättern, sind gesetzet
Die, welche glaubten an den künft'gen Christus:
In allen ihren Blättern, sind gesetzet
Die, welche glaubten an den künft'gen Christus:
Da questa parte onde 'l fiore è maturo
di tutte le sue foglie, sono assisi
quei che credettero in Cristo venturo;
di tutte le sue foglie, sono assisi
quei che credettero in Cristo venturo;
027
Zur andern Seite, wo die halben Kreise
Vom Leeren unterbrochen, sitzen jene,
Die zum gekommnen Christ gewandt ihr Antlitz:
Vom Leeren unterbrochen, sitzen jene,
Die zum gekommnen Christ gewandt ihr Antlitz:
da l'altra parte onde sono intercisi
di vòti i semicirculi, si stanno
quei ch'a Cristo venuto ebber li visi.
di vòti i semicirculi, si stanno
quei ch'a Cristo venuto ebber li visi.
030
Und so viel, als hier der glorreiche Thronsitz
Der Himmelsfürstin und die andern Sitze
Unter derselben in dem Kreise scheiden,
Der Himmelsfürstin und die andern Sitze
Unter derselben in dem Kreise scheiden,
E come quinci il glorïoso scanno
de la donna del cielo e li altri scanni
di sotto lui cotanta cerna fanno,
de la donna del cielo e li altri scanni
di sotto lui cotanta cerna fanno,
033
Ward auch dem Sitz des mächtigen Johannes,
Der immer heilig trug so Wüst' als Marter,
Und auch darauf zwei Jahre lang die Hölle,
Der immer heilig trug so Wüst' als Marter,
Und auch darauf zwei Jahre lang die Hölle,
così di contra quel del gran Giovanni,
che sempre santo 'l diserto e 'l martiro
sofferse, e poi l'inferno da due anni;
che sempre santo 'l diserto e 'l martiro
sofferse, e poi l'inferno da due anni;
036
Das Loos im Kreis zu scheiden, wie darunter
Franciscus, Benedict's und Augustinus
Und Andrer, bis hinab von Kreis zu Kreise.
Franciscus, Benedict's und Augustinus
Und Andrer, bis hinab von Kreis zu Kreise.
e sotto lui così cerner sortiro
Francesco, Benedetto e Augustino
e altri fin qua giù di giro in giro.
Francesco, Benedetto e Augustino
e altri fin qua giù di giro in giro.
039
Nun schau' die hohe, die göttliche Vorsicht,
Da eine Glaubensschaar gleich wie die andre
Dereinst erfüllen wird denselben Garten.
Da eine Glaubensschaar gleich wie die andre
Dereinst erfüllen wird denselben Garten.
Or mira l'alto proveder divino:
ché l'uno e l'altro aspetto de la fede
igualmente empierà questo giardino.
ché l'uno e l'altro aspetto de la fede
igualmente empierà questo giardino.
042
Und wisse, daß abwärts von jener Stufe,
Die mitten theilet die zween Unterschiede,
Die Sitz' ohn' eigenes Verdienst erfüllt sind,
Die mitten theilet die zween Unterschiede,
Die Sitz' ohn' eigenes Verdienst erfüllt sind,
E sappi che dal grado in giù che fiede
a mezzo il tratto le due discrezioni,
per nullo proprio merito si siede,
a mezzo il tratto le due discrezioni,
per nullo proprio merito si siede,
045
Allein durch fremdes nach gewissen Schranken:
Denn alle die sind Geister, abgeschieden,
Bevor sie wahre Kraft zu wählen hatten.
Denn alle die sind Geister, abgeschieden,
Bevor sie wahre Kraft zu wählen hatten.
ma per l'altrui, con certe condizioni:
ché tutti questi son spiriti asciolti
prima ch'avesser vere elezïoni.
ché tutti questi son spiriti asciolti
prima ch'avesser vere elezïoni.
048
Wohl kannst du's an den Angesichtern merken,
So wie an ihren kindlichzarten Stimmen,
Wenn recht du auf sie schauest und sie hörest.
So wie an ihren kindlichzarten Stimmen,
Wenn recht du auf sie schauest und sie hörest.
Ben te ne puoi accorger per li volti
e anche per le voci püerili,
se tu li guardi bene e se li ascolti.
e anche per le voci püerili,
se tu li guardi bene e se li ascolti.
051
Jetzt zweifelst du und schweigest still im Zweifel,
Doch werd' ich dir die starken Bande lösen,
Drin die Gedanken dich spitzfindig fesseln.
Doch werd' ich dir die starken Bande lösen,
Drin die Gedanken dich spitzfindig fesseln.
Or dubbi tu e dubitando sili;
ma io discioglierò 'l forte legame
in che ti stringon li pensier sottili.
ma io discioglierò 'l forte legame
in che ti stringon li pensier sottili.
054
In dieses Reiches mächtiger Erstreckung
Kann nimmermehr ein Zufall Stätte haben,
Wie weder Traurigkeit, noch Durst, noch Hunger:
Kann nimmermehr ein Zufall Stätte haben,
Wie weder Traurigkeit, noch Durst, noch Hunger:
Dentro a l'ampiezza di questo reame
casüal punto non puote aver sito,
se non come tristizia o sete o fame:
casüal punto non puote aver sito,
se non come tristizia o sete o fame:
057
Da durch das ewige Gesetz bestimmt ist,
So viel du schauest, also daß der Ring hier
Genau und richtig zu dem Finger stimmet.
So viel du schauest, also daß der Ring hier
Genau und richtig zu dem Finger stimmet.
ché per etterna legge è stabilito
quantunque vedi, sì che giustamente
ci si risponde da l'anello al dito;
quantunque vedi, sì che giustamente
ci si risponde da l'anello al dito;
060
Drum ist die eilighergekommne Schaar hier
Im wahren Leben auch nicht sine causa:
Hier geht man ein vollkommen mehr und minder.
Im wahren Leben auch nicht sine causa:
Hier geht man ein vollkommen mehr und minder.
e però questa festinata gente
a vera vita non è sine causa
intra sé qui più e meno eccellente.
a vera vita non è sine causa
intra sé qui più e meno eccellente.
063
Der König, durch den dieses Reich hier ruhet
In so viel' Liebe und so vieler Wonne,
Daß hier kein Wunsch so kühn ist, mehr zu wünschen,
In so viel' Liebe und so vieler Wonne,
Daß hier kein Wunsch so kühn ist, mehr zu wünschen,
Lo rege per cui questo regno pausa
in tanto amore e in tanto diletto,
che nulla volontà è di più ausa,
in tanto amore e in tanto diletto,
che nulla volontà è di più ausa,
066
Beschenkt, in seinem heitern Anblick schaffend,
Die Geister all', wie's ihm gefällt, verschieden
Mit Gnad' und hier genüg', daß es geschiehet;
Die Geister all', wie's ihm gefällt, verschieden
Mit Gnad' und hier genüg', daß es geschiehet;
le menti tutte nel suo lieto aspetto
creando, a suo piacer di grazia dota
diversamente; e qui basti l'effetto.
creando, a suo piacer di grazia dota
diversamente; e qui basti l'effetto.
069
Doch läßt ausdrückliches und klar erkennen
Die heil'ge Schrift bei jenem Zwillingspaare,
Die Zorn beweget hat im Mutterleibe:
Die heil'ge Schrift bei jenem Zwillingspaare,
Die Zorn beweget hat im Mutterleibe:
E ciò espresso e chiaro vi si nota
ne la Scrittura santa in quei gemelli
che ne la madre ebber l'ira commota.
ne la Scrittura santa in quei gemelli
che ne la madre ebber l'ira commota.
072
Und nach der Farbe, so die Haare tragen,
Muß mit derselben Gnade auch das höchste
Licht um ihr Haupt die Strahlenkrone winden.
Muß mit derselben Gnade auch das höchste
Licht um ihr Haupt die Strahlenkrone winden.
Però, secondo il color d'i capelli,
di cotal grazia l'altissimo lume
degnamente convien che s'incappelli.
di cotal grazia l'altissimo lume
degnamente convien che s'incappelli.
075
So sind dahier sie nicht durch ihrer Tugend
Verdienst gereihet auf verschiedne Stufen,
Nein, schon verschieden von dem ersten Strahl an.
Verdienst gereihet auf verschiedne Stufen,
Nein, schon verschieden von dem ersten Strahl an.
Dunque, sanza mercé di lor costume,
locati son per gradi differenti,
sol differendo nel primiero acume.
locati son per gradi differenti,
sol differendo nel primiero acume.
078
Es war zuvor in jenen früh'sten Zeiten
Bei reiner Unschuld zu des Heils Erlangung
Der Väter Glauben schon allein genügend;
Bei reiner Unschuld zu des Heils Erlangung
Der Väter Glauben schon allein genügend;
Bastavasi ne' secoli recenti
con l'innocenza, per aver salute,
solamente la fede d'i parenti;
con l'innocenza, per aver salute,
solamente la fede d'i parenti;
081
Doch als die ersten Alter nun erfüllet,
Mußten die Knäblein in unschuld'gen Fitt'gen
Durch die Beschneidung erst die Kraft erlangen.
Mußten die Knäblein in unschuld'gen Fitt'gen
Durch die Beschneidung erst die Kraft erlangen.
poi che le prime etadi fuor compiute,
convenne ai maschi a l'innocenti penne
per circuncidere acquistar virtute;
convenne ai maschi a l'innocenti penne
per circuncidere acquistar virtute;
084
Und als die Zeit der Gnade nun gekommen,
Blieb, ohne die vollkommne Taufe Christi,
Dergleichen Unschuld drunten aufgehalten.
Blieb, ohne die vollkommne Taufe Christi,
Dergleichen Unschuld drunten aufgehalten.
ma poi che 'l tempo de la grazia venne,
sanza battesmo perfetto di Cristo
tale innocenza là giù si ritenne.
sanza battesmo perfetto di Cristo
tale innocenza là giù si ritenne.
087
Nun schau in's Antlitz, das dem Antlitz Christi
Am meisten gleicht, denn seine Klarheit kann dich
Allein bereiten für das Anschaun Christi.« -
Am meisten gleicht, denn seine Klarheit kann dich
Allein bereiten für das Anschaun Christi.« -
Riguarda omai ne la faccia che a Cristo
più si somiglia, ché la sua chiarezza
sola ti può disporre a veder Cristo».
più si somiglia, ché la sua chiarezza
sola ti può disporre a veder Cristo».
090
Da sah' auf sie so viel' der Wonn' ich regnen,
Herabgetragen von den heil'gen Geistern,
Geschaffen jene Höhe zu durchfliegen:
Herabgetragen von den heil'gen Geistern,
Geschaffen jene Höhe zu durchfliegen:
Io vidi sopra lei tanta allegrezza
piover, portata ne le menti sante
create a trasvolar per quella altezza,
piover, portata ne le menti sante
create a trasvolar per quella altezza,
093
Daß, so viel' ich auch schon zuvor erblicket,
Mich nichts durchdrungen mit so viel Erstaunen,
Noch so zurückgestrahlet Gottes Antlitz.
Mich nichts durchdrungen mit so viel Erstaunen,
Noch so zurückgestrahlet Gottes Antlitz.
che quantunque io avea visto davante,
di tanta ammirazion non mi sospese,
né mi mostrò di Dio tanto sembiante;
di tanta ammirazion non mi sospese,
né mi mostrò di Dio tanto sembiante;
096
Der Liebesgeist, der eher schon herabfuhr,
Ave, Maria, gratia plena singend,
Entfaltete vor ihr nun seine Flügel.
Ave, Maria, gratia plena singend,
Entfaltete vor ihr nun seine Flügel.
e quello amor che primo lì discese,
cantando 'Ave, Maria, gratïa plena',
dinanzi a lei le sue ali distese.
cantando 'Ave, Maria, gratïa plena',
dinanzi a lei le sue ali distese.
099
Dem göttlichen Gesang von allen Seiten
Antwortete der sel'ge Hof in Weise,
Daß Aller Blick darin verkläret wurde.
Antwortete der sel'ge Hof in Weise,
Daß Aller Blick darin verkläret wurde.
Rispuose a la divina cantilena
da tutte parti la beata corte,
sì ch'ogne vista sen fé più serena.
da tutte parti la beata corte,
sì ch'ogne vista sen fé più serena.
102
»O heil'ger Vater, der für mich es duldet,
Zu sein hier unten, lassend jene Stätte,
Die süße, wo durch ew'ge Wahl du sitzest;
Zu sein hier unten, lassend jene Stätte,
Die süße, wo durch ew'ge Wahl du sitzest;
«O santo padre, che per me comporte
l'esser qua giù, lasciando il dolce loco
nel qual tu siedi per etterna sorte,
l'esser qua giù, lasciando il dolce loco
nel qual tu siedi per etterna sorte,
105
Wer ist der Engel, der mit so viel Regung
Hineinschaut in die Augen uns'rer Kön'gin,
So liebend, daß er ganz von Feuer scheinet?« -
Hineinschaut in die Augen uns'rer Kön'gin,
So liebend, daß er ganz von Feuer scheinet?« -
qual è quell' angel che con tanto gioco
guarda ne li occhi la nostra regina,
innamorato sì che par di foco?».
guarda ne li occhi la nostra regina,
innamorato sì che par di foco?».
108
So wandt' ich wiederum mich zu der Weisheit
Des Mannes, der verklärt ward von Maria,
Gleichwie der Morgenstern vom Licht der Sonne.
Des Mannes, der verklärt ward von Maria,
Gleichwie der Morgenstern vom Licht der Sonne.
Così ricorsi ancora a la dottrina
di colui ch'abbelliva di Maria,
come del sole stella mattutina.
di colui ch'abbelliva di Maria,
come del sole stella mattutina.
111
Er sprach zu mir: »Der Zuversicht und Anmuth
Ist, wieviel je in Engeln oder Seelen
Sein kann, in ihm, und unser Wille preist es;
Ist, wieviel je in Engeln oder Seelen
Sein kann, in ihm, und unser Wille preist es;
Ed elli a me: «Baldezza e leggiadria
quant' esser puote in angelo e in alma,
tutta è in lui; e sì volem che sia,
quant' esser puote in angelo e in alma,
tutta è in lui; e sì volem che sia,
114
Denn er ist der, der einst die Palme brachte
Hernieder zu Maria, als belasten
Sich wollte Gottes Sohn mit unsrer Bürde;
Hernieder zu Maria, als belasten
Sich wollte Gottes Sohn mit unsrer Bürde;
perch' elli è quelli che portò la palma
giuso a Maria, quando 'l Figliuol di Dio
carcar si volse de la nostra salma.
giuso a Maria, quando 'l Figliuol di Dio
carcar si volse de la nostra salma.
117
Doch folg' nun mit dem Auge, wie ich sprechend
Fortschreiten werd', und merk' die großen Obern
In diesem sehr gerecht' und frommen Reiche.
Fortschreiten werd', und merk' die großen Obern
In diesem sehr gerecht' und frommen Reiche.
Ma vieni omai con li occhi sì com' io
andrò parlando, e nota i gran patrici
di questo imperio giustissimo e pio.
andrò parlando, e nota i gran patrici
di questo imperio giustissimo e pio.
120
Die Zween, die droben thronen als die froh'sten,
Weil sie der Kaiserin am nächsten sitzen,
Sind die zwei Wurzeln gleichsam dieser Rose.
Weil sie der Kaiserin am nächsten sitzen,
Sind die zwei Wurzeln gleichsam dieser Rose.
Quei due che seggon là sù più felici
per esser propinquissimi ad Agusta,
son d'esta rosa quasi due radici:
per esser propinquissimi ad Agusta,
son d'esta rosa quasi due radici:
123
Der, welcher sich anschließt an ihre Linke,
Der Vater ist's, durch deß verweg'nes Kosten
Die Menschheit noch so vieles Bitt're kostet.
Der Vater ist's, durch deß verweg'nes Kosten
Die Menschheit noch so vieles Bitt're kostet.
colui che da sinistra le s'aggiusta
è il padre per lo cui ardito gusto
l'umana specie tanto amaro gusta;
è il padre per lo cui ardito gusto
l'umana specie tanto amaro gusta;
126
Zur Rechten siehst du den betagten Vater
Der heil'gen Kirche, dem Christus die Schlüssel
Befahl zu dieser anmuthvollen Blume.
Der heil'gen Kirche, dem Christus die Schlüssel
Befahl zu dieser anmuthvollen Blume.
dal destro vedi quel padre vetusto
di Santa Chiesa a cui Cristo le chiavi
raccomandò di questo fior venusto.
di Santa Chiesa a cui Cristo le chiavi
raccomandò di questo fior venusto.
129
Und der, der, eh' er starb, die schweren Zeiten
Geschaut der schönen Braut, die mit der Lanze
Dereinst erkämpfet ward und mit den Nägeln,
Geschaut der schönen Braut, die mit der Lanze
Dereinst erkämpfet ward und mit den Nägeln,
E quei che vide tutti i tempi gravi,
pria che morisse, de la bella sposa
che s'acquistò con la lancia e coi clavi,
pria che morisse, de la bella sposa
che s'acquistò con la lancia e coi clavi,
132
Sitzt ihm zur Seit', und bei dem Andern sitzet
Der Führer, unter dem von Manna lebte
Das undankbare Volk, das leicht abtrünn'ge.
Der Führer, unter dem von Manna lebte
Das undankbare Volk, das leicht abtrünn'ge.
siede lungh' esso, e lungo l'altro posa
quel duca sotto cui visse di manna
la gente ingrata, mobile e retrosa.
quel duca sotto cui visse di manna
la gente ingrata, mobile e retrosa.
135
Genüber Petrus sieh' dort Anna sitzen,
Also beglückt, zu sehen ihre Tochter,
Daß sie kein Aug' regt, Hosianna singend.
Also beglückt, zu sehen ihre Tochter,
Daß sie kein Aug' regt, Hosianna singend.
Di contr' a Pietro vedi sedere Anna,
tanto contenta di mirar sua figlia,
che non move occhio per cantare osanna;
tanto contenta di mirar sua figlia,
che non move occhio per cantare osanna;
138
Dem ält'sten Menschenvater sitzt genüber
Lucia, die bewegt hat deine Herrin,
Als du die Augen senktest, um zu stürzen;
Lucia, die bewegt hat deine Herrin,
Als du die Augen senktest, um zu stürzen;
e contro al maggior padre di famiglia
siede Lucia, che mosse la tua donna
quando chinavi, a rovinar, le ciglia.
siede Lucia, che mosse la tua donna
quando chinavi, a rovinar, le ciglia.
141
Doch weil die Zeit des Traumgesichts dir schwindet,
Laß hier uns schließen, wie ein guter Schneider,
Der, wie das Zeug er hat, so das Gewand macht.
Laß hier uns schließen, wie ein guter Schneider,
Der, wie das Zeug er hat, so das Gewand macht.
Ma perché 'l tempo fugge che t'assonna,
qui farem punto, come buon sartore
che com' elli ha del panno fa la gonna;
qui farem punto, come buon sartore
che com' elli ha del panno fa la gonna;
144
Und kehr' die Augen zu der ersten Liebe,
So daß im Schauen du zu ihr hineindringst,
So viel als möglich ist in ihrem Blitzen.
So daß im Schauen du zu ihr hineindringst,
So viel als möglich ist in ihrem Blitzen.
e drizzeremo li occhi al primo amore,
sì che, guardando verso lui, penètri
quant' è possibil per lo suo fulgore.
sì che, guardando verso lui, penètri
quant' è possibil per lo suo fulgore.
147
Wahrhaftig nicht vielleicht bringst du dich rückwärts
Die Flügel regend, meinend vorzudringen;
Nur betend kann dahier man Gnad' empfahen,
Die Flügel regend, meinend vorzudringen;
Nur betend kann dahier man Gnad' empfahen,
Veramente, ne forse tu t'arretri
movendo l'ali tue, credendo oltrarti,
orando grazia conven che s'impetri
movendo l'ali tue, credendo oltrarti,
orando grazia conven che s'impetri
150
Gnade von ihr, die dir vermag zu helfen.
Du aber folge mir mit deiner Inbrunst,
So daß dein Herz von meinem Wort nicht weiche.« -
Du aber folge mir mit deiner Inbrunst,
So daß dein Herz von meinem Wort nicht weiche.« -
grazia da quella che puote aiutarti;
e tu mi seguirai con l'affezione,
sì che dal dicer mio lo cor non parti».
e tu mi seguirai con l'affezione,
sì che dal dicer mio lo cor non parti».
153
Hierauf hub er dies heilige Gebet an:
E cominciò questa santa orazione:
156
»O Jungfrau, Mutter, Tochter deines Sohnes,
Demüth'ger und erhabner als Geschaffnes,
Bestimmtes Ziel urewigen Beschlusses!
Demüth'ger und erhabner als Geschaffnes,
Bestimmtes Ziel urewigen Beschlusses!
159
Du bist es, welche menschliche Natur so
Geadelt hat, daß ihr Erschaffer selber
Es nicht verschmähet' ihr Gebild zu werden.
Geadelt hat, daß ihr Erschaffer selber
Es nicht verschmähet' ihr Gebild zu werden.
162
In deinem Leib' ist neu die Lieb' entglommen,
Durch deren Wärme in dem ew'gen Frieden
Also emporgewachsen diese Blume!
Durch deren Wärme in dem ew'gen Frieden
Also emporgewachsen diese Blume!
165
Hier bist du uns die mittägige Leuchte
Der Lieb', und bei den Sterblichen da unten
Bist die lebend'ge Quelle du der Hoffnung.
Der Lieb', und bei den Sterblichen da unten
Bist die lebend'ge Quelle du der Hoffnung.
168
O Frau, du bist so groß, so viel vermagst du,
Daß, wer da Gnade will, und nicht zu dir eilt,
Deß Wunsch begehrt zu fliegen ohne Flügel.
Daß, wer da Gnade will, und nicht zu dir eilt,
Deß Wunsch begehrt zu fliegen ohne Flügel.
171
Nicht nur will deine Huld zu Hülfe eilen
Dem, der da bittet, sondern vielemale
Eilt ja freiwillig sie voran der Bitte.
Dem, der da bittet, sondern vielemale
Eilt ja freiwillig sie voran der Bitte.
174
Erbarmen ist in dir, in dir ist Milde,
In dir ist Herrlichkeit, in dir vereint sich,
Was nur von Gütigkeit ist in Geschaff'nem.
In dir ist Herrlichkeit, in dir vereint sich,
Was nur von Gütigkeit ist in Geschaff'nem.
177
Hier dieser, der vom allerletzten Pfuhle
Des Weltalls bis dahier herauf geschauet
Die Geisterleben, eines nach dem andern:
Des Weltalls bis dahier herauf geschauet
Die Geisterleben, eines nach dem andern:
180
Fleht dich nun an um Gnade solcher Stärke,
Daß er noch höher sich mit seinen Augen
Erheben könne bis zum letzten Heile.
Daß er noch höher sich mit seinen Augen
Erheben könne bis zum letzten Heile.
183
Und ich, der für mein Schaun nie mehr entbrannt war,
Als nun für seines, bring' all' meine Bitten
Dir dar und fleh': laß sie nicht unerfüllet!
Als nun für seines, bring' all' meine Bitten
Dir dar und fleh': laß sie nicht unerfüllet!
186
Auf daß du ihm zertheilst all' die Gewölke
Vor seiner Sterblichkeit mit deinen Bitten,
So daß die höchste Wonn' ihm sich entfalte!
Vor seiner Sterblichkeit mit deinen Bitten,
So daß die höchste Wonn' ihm sich entfalte!
189
Noch bitt' ich, Kön'gin, dich, die du Gewalt hast,
Deß, was du willst, daß du ihm rein bewahrest
Die Herzensneigungen nach solchem Schauen.
Deß, was du willst, daß du ihm rein bewahrest
Die Herzensneigungen nach solchem Schauen.
192
Besiege deine Hut, menschliches Wanken,
Schau' Beatrice, und wie viele Sel'ge
Zu meinen Bitten dir die Hände falten!« -
Schau' Beatrice, und wie viele Sel'ge
Zu meinen Bitten dir die Hände falten!« -
195
Die Gott-erwählten und verehrten Augen
Geneiget auf die Bittenden, bezeigten
Uns, wie genehm ihr sind die frommen Bitten.
Geneiget auf die Bittenden, bezeigten
Uns, wie genehm ihr sind die frommen Bitten.
198
Dann wendeten sie sich in's ew'ge Licht hin,
In welches man nicht glauben soll, daß jemals
So klar eindring' eines Geschöpfes Auge.
In welches man nicht glauben soll, daß jemals
So klar eindring' eines Geschöpfes Auge.
201
Und ich, der ich dem End' all meiner Wünsche
Mich jetzo nahete, wie ich es sollte,
So stillte ich in mir den Brand der Sehnsucht.
Mich jetzo nahete, wie ich es sollte,
So stillte ich in mir den Brand der Sehnsucht.
204
Bernardus aber winkte mir mit Lächeln,
Daß ich nun aufwärts sähe, doch ich war da
Von selbst schon also, wie er mich begehrte:
Daß ich nun aufwärts sähe, doch ich war da
Von selbst schon also, wie er mich begehrte:
207
Daß mein Gesicht, allstets gewisser werdend,
Nun mehr und immer mehr durchdrang das Strahlen
Des hehren Lichts, das wahrhaft in sich selbst ist.
Nun mehr und immer mehr durchdrang das Strahlen
Des hehren Lichts, das wahrhaft in sich selbst ist.
210
Von dort aus weiter war mein Schauen größer,
Als unsre Sprach', die solchem Schauen weichet;
So Ueberschwänglichem weicht das Gedächtniß!
Als unsre Sprach', die solchem Schauen weichet;
So Ueberschwänglichem weicht das Gedächtniß!
213
Und so wie Einer ist, der träumend schauet,
Daß nach dem Traum ihm die erregte Stimmung
Bleibt, doch das Andre nicht zum Sinn zurückkehrt:
Daß nach dem Traum ihm die erregte Stimmung
Bleibt, doch das Andre nicht zum Sinn zurückkehrt:
216
So bin auch ich; denn gleichsam ganz verschwunden
Ist meine Vision, und stets noch träufelt
In's Herz die Süßigkeit, die sie geboren.
Ist meine Vision, und stets noch träufelt
In's Herz die Süßigkeit, die sie geboren.
219
So löst sich in der Sonne Schneegepräg' auf,
So auch verlor sich auf den leichten Blättern
Im Winde die Weissagung der Sibylle.
So auch verlor sich auf den leichten Blättern
Im Winde die Weissagung der Sibylle.
222
O höchstes Licht, das sich so hoch emporhebt
Aus sterblichen Begriffen, meinen Sinnen
Leih' etwas nur von dem, was da erschienen!
Aus sterblichen Begriffen, meinen Sinnen
Leih' etwas nur von dem, was da erschienen!
225
Und mache meine Zunge so gewaltig,
Daß sie nur einen Funken deiner Glorie
Nachlassen könn' den künftigen Geschlechtern!
Daß sie nur einen Funken deiner Glorie
Nachlassen könn' den künftigen Geschlechtern!
228
Denn wenn nur etwas kehrt in mein Gedächtniß,
Und um zu tönen hier in diesen Versen,
So wird man mehr von deinem Siege fassen! -
Und um zu tönen hier in diesen Versen,
So wird man mehr von deinem Siege fassen! -
231
Ich glaube, durch die Spitze, die ich fühlte
Des alllebend'gen Strahls, wär' ich vergangen,
Wenn meine Augen sich ihm abgewendet:
Des alllebend'gen Strahls, wär' ich vergangen,
Wenn meine Augen sich ihm abgewendet:
234
Und ich entsinne mich, daß ich nur kühner
Durch ihn ward, auszuharren, bis mein Schauen
Ich ganz vereiniget dem ew'gen Gute.
Durch ihn ward, auszuharren, bis mein Schauen
Ich ganz vereiniget dem ew'gen Gute.
237
O überreiche Huld, durch die ich kühn ward,
Mein Antlitz in das ew'ge Licht zu tauchen,
So daß ich mein Gesicht darin vergehn ließ!
Mein Antlitz in das ew'ge Licht zu tauchen,
So daß ich mein Gesicht darin vergehn ließ!
240
In seiner Tiefe sah' ich, wie sich einigt,
In einen Bund verschlungen mit der Liebe,
Das, was in's ganze Weltall sich entfaltet:
In einen Bund verschlungen mit der Liebe,
Das, was in's ganze Weltall sich entfaltet:
243
Das Wesen und der Zufall und ihr Walten,
All', all' vereiniget in solcher Weise,
Daß das, wovon ich red', ein einig' Licht ist.
All', all' vereiniget in solcher Weise,
Daß das, wovon ich red', ein einig' Licht ist.
246
Die All- und Urgestalt desselben Bundes
Glaub' ich geschaut zu haben; denn genauer
Verkündend dieses, fühl' ich mich entzücket.
Glaub' ich geschaut zu haben; denn genauer
Verkündend dieses, fühl' ich mich entzücket.
249
Ein Augenblick nur bringt mir mehr Vergessen,
Als anderthalb Jahrtausende dem Wagniß,
Das Argo's Schatten dem Neptun zu schaun gab.
Als anderthalb Jahrtausende dem Wagniß,
Das Argo's Schatten dem Neptun zu schaun gab.
252
Und also meine Seele gänzlich schwebend,
Fest, unbeweglich schaute sie aufmerksam,
Und ward im Schauen mehr und mehr entzündet.
Fest, unbeweglich schaute sie aufmerksam,
Und ward im Schauen mehr und mehr entzündet.
255
Vor jenem ew'gen Lichte wird man also,
Daß von ihm wenden sich zu andrem Schauen
Unmöglich wird, daß man sich's je erlaube:
Daß von ihm wenden sich zu andrem Schauen
Unmöglich wird, daß man sich's je erlaube:
258
Weil es das Gut des Wünschens Gegenstand ist:
Alles vereint's in sich, und außer diesem
Ist mangelhaft das, was darin vollkommen.
Alles vereint's in sich, und außer diesem
Ist mangelhaft das, was darin vollkommen.
261
Doch nun wird unzureichend meine Sprache
Zu dem, was ich behielt auch, wie des Kindes,
Das an der Mutter Brust noch netzt die Zunge:
Zu dem, was ich behielt auch, wie des Kindes,
Das an der Mutter Brust noch netzt die Zunge:
264
Nicht so, als ob mehr als ein ein'ger Schein wär'
In dem lebend'gen Lichte, das ich schaute,
Das immer so ist, wie es erst gewesen:
In dem lebend'gen Lichte, das ich schaute,
Das immer so ist, wie es erst gewesen:
267
Allein es ward durch mein Gesicht, deß Stärke
Zunahm bei mir, der stets nur einen Schein sah,
Da ich mich wandelte mir offenbarer.
Zunahm bei mir, der stets nur einen Schein sah,
Da ich mich wandelte mir offenbarer.
270
In jenem Tiefen und so Klarbeständ'gen
Des hehren Lichtes sah' ich drei der Kreise,
Von dreien Farben, und von einem Umfang:
Des hehren Lichtes sah' ich drei der Kreise,
Von dreien Farben, und von einem Umfang:
273
Und einer schien da, wie von Iris Iris,
Abglanz des andern, doch der dritte Feuer,
Das gleich herweht von diesem, wie von jenem.
Abglanz des andern, doch der dritte Feuer,
Das gleich herweht von diesem, wie von jenem.
276
Wie unzulänglich ist und matt die Sprache
Zu meinem Abriß; und an das Geschaute
Reicht der so, daß es »wenig« noch nicht ausdrückt.
Zu meinem Abriß; und an das Geschaute
Reicht der so, daß es »wenig« noch nicht ausdrückt.
279
Licht, ew'ges, das in dir allein du ruhest,
Allein dich kennest und von dir erkannt bist,
Und dich erkennend zu mir niederlächelst:
Allein dich kennest und von dir erkannt bist,
Und dich erkennend zu mir niederlächelst:
282
Der Kreis, der da so ganz und gar vereinet
In dir erschien, recht als ein Widerleuchten
Von meinen Augen etwas durchgespähet:
In dir erschien, recht als ein Widerleuchten
Von meinen Augen etwas durchgespähet:
285
Innen in sich, von seiner eig'nen Farbe,
Erschien er mir gemalt mit unsrem Bilde,
So daß mein Schauen ganz darein versenkt war.
Erschien er mir gemalt mit unsrem Bilde,
So daß mein Schauen ganz darein versenkt war.
288
Wie der Meßkund'ge, der sich ganz dran heftet,
Den Kreis zu messen, und mit allem Sinnen
Den ersten Satz, deß er bedarf, nicht findet:
Den Kreis zu messen, und mit allem Sinnen
Den ersten Satz, deß er bedarf, nicht findet:
291
So war auch ich bei jenem neuen Anblick:
Erschauen wollt' ich, wie sich da vereinet
Das Bild dem Kreis, und wie es sich hineinfügt;
Erschauen wollt' ich, wie sich da vereinet
Das Bild dem Kreis, und wie es sich hineinfügt;
294
Doch dazu reichte nicht der eigne Fittig,
Wär' meine Seele nicht berühret worden
Von einem Blitz, in dem ihr Wunsch herbeikam.
Wär' meine Seele nicht berühret worden
Von einem Blitz, in dem ihr Wunsch herbeikam.
297
Hier ging der kühnen Phantasie die Macht aus:
Allein schon lenkte meinen Wunsch und Willen,
Wie eine Scheibe, welche gleich bewegt wird,
Allein schon lenkte meinen Wunsch und Willen,
Wie eine Scheibe, welche gleich bewegt wird,
300
Die Liebe, die beweget Sonn' und Sterne.