003
Schon hatt' ich mich getrennt von jenen Schatten
Und folgete den Stapfen meines Führers;
Als hinter uns, nach mir den Finger streckend
Io era già da quell'ombre partito,
e seguitava l'orme del mio duca,
quando di retro a me, drizzando 'l dito,
006
Der Eine rief: »Seht, nicht zu leuchten scheinet
Der Strahl zur Linken dort, an jenem Untern,
Auch scheint er sich wie lebend zu gehaben!« -
una gridò: "Ve' che non par che luca
lo raggio da sinistra a quel di sotto,
e come vivo par che si conduca!".
009
Die Augen wandt' ich bei dem Hall der Rede
Und sah sie in Verwunderung betrachten
Nur mich, nur mich und den gebrochnen Lichtstrahl.
Li occhi rivolsi al suon di questo motto,
e vidile guardar per maraviglia
pur me, pur me, e 'l lume ch'era rotto.
012
»Warum verstrickt sich also deine Seele,
Begann der Meister: daß mit Gehn du zögerst?
Was kümmert dich, was man dahinten flüstert.
"Perché l'animo tuo tanto s'impiglia",
disse 'l maestro, "che l'andare allenti?
che ti fa ciò che quivi si pispiglia?
015
Komm, folge mir und laß die Leute reden:
Sei wie ein fester Thurm, der nun und nimmer
Den Gipfel reget bei der Lüfte Sausen.
Vien dietro a me, e lascia dir le genti:
sta come torre ferma, che non crolla
già mai la cima per soffiar di venti;
018
Ein Mensch, in dem Gedanke auf Gedanke
Aufkeimt, entfernet immerdar das Ziel sich,
Weil Einer da des Andern Kraft entsauget.« -
ché sempre l'omo in cui pensier rampolla
sovra pensier, da sé dilunga il segno,
perché la foga l'un de l'altro insolla".
021
Was konnt' ich ihm entgegnen als: »Ich komme!«
Ich sprach's, etwas umgossen mit der Farbe,
Die oft den Menschen der Verzeihung werth macht.
Che potea io ridir, se non "Io vegno"?
Dissilo, alquanto del color consperso
che fa l'uom di perdon talvolta degno.
024
Indessen aber kamen auf dem Abhang
Querüber Leute, vor uns her ein wenig,
Das Miserere singend, Vers nach Verse.
E 'ntanto per la costa di traverso
venivan genti innanzi a noi un poco,
cantando 'Miserere' a verso a verso.
027
Als sie gewahreten, wie ich dem Durchgang
Des Strahls mit meinem Leib nicht Raum gewährte,
Ward ihr Gesang zum Oh! gedehnt und heiser.
Quando s'accorser ch'i' non dava loco
per lo mio corpo al trapassar d'i raggi,
mutar lor canto in un "oh!" lungo e roco;
030
Und zweie aus denselben, gleichsam Boten,
Liefen entgegen uns, uns also bittend:
»Wollt über euren Zustand uns belehren!« -
e due di loro, in forma di messaggi,
corsero incontr'a noi e dimandarne:
"Di vostra condizion fatene saggi".
033
Mein Meister aber sprach: »Ihr könnt zurückgehn,
Und Jenen. die euch ausgesendet, sagen:
»Daß dieses Menschen Leib wahrhaftig Fleisch ist:
E 'l mio maestro: "Voi potete andarne
e ritrarre a color che vi mandaro
che 'l corpo di costui è vera carne.
036
Wenn, seinen Schatten zu erschaun, sie weilten,
Wie ich vermeine, gnüget dies zur Antwort.
Wenn sie ihn ehren, kann er ihnen werth sein.« -
Se per veder la sua ombra restaro,
com'io avviso, assai è lor risposto:
fàccianli onore, ed esser può lor caro".
039
Entflammte Dünste sah ich nie so eilig
Im Anbeginn der Nacht die Heitre theilen,
Noch, wenn die Sonne sinkt, Augustgewölke:
Vapori accesi non vid'io sì tosto
di prima notte mai fender sereno,
né, sol calando, nuvole d'agosto,
042
Als Jen' in wen'ger Zeit nun aufwärts kehrten
Und hingelangt sich mit den andern wandten
Zu uns, gleich einem Schwarm der ohne Zaum jagt.
che color non tornasser suso in meno;
e, giunti là, con li altri a noi dier volta,
come schiera che scorre sanza freno.
045
»Des Volkes, welches uns nachdrängt, ist vieles!« -
»Sie kommen dich zu bitten, sprach der Dichter:
Drum gehe nur und hör sie an im Gehen.« -
"Questa gente che preme a noi è molta,
e vegnonti a pregar", disse 'l poeta:
"però pur va, e in andando ascolta".
048
»O Seele, die du wallst, selig zu werden,
Mit jenen Gliedern, womit du geboren,
Schrien sie im Kommen: hemm' den Schritt ein wenig!
"O anima che vai per esser lieta
con quelle membra con le quai nascesti",
venian gridando, "un poco il passo queta.
051
Sieh, ob du je geschauet unser einen,
Damit du jenseits Kunde von ihm bringest:
O warum gehst du, warum weilst du nimmer?
Guarda s'alcun di noi unqua vedesti,
sì che di lui di là novella porti:
deh, perché vai? deh, perché non t'arresti?
054
Wir wurden alle mit Gewalt getödtet,
Und waren Sünder bis zur letzten Stunde,
Da macht' ein Lichtstrahl uns des Himmels denken:
Noi fummo tutti già per forza morti,
e peccatori infino a l'ultima ora;
quivi lume del ciel ne fece accorti,
057
Also, daß wir bereuend und verzeihend
Vom Leben schieden und in Gott ergeben,
Der uns mit Sehnsucht, ihn zu schaun, das Herz füllt.« -
sì che, pentendo e perdonando, fora
di vita uscimmo a Dio pacificati,
che del disio di sé veder n'accora".
060
Und ich: »Wie ich in eure Angesichter
Auch schau', ich kenne Keinen; doch, gefällt's euch,
Was ich vermag, zu Heil geborne Geister,
E io: "Perché ne' vostri visi guati,
non riconosco alcun; ma s'a voi piace
cosa ch'io possa, spiriti ben nati,
063
Sagt es, so thu' ich es, bei jenem Frieden,
Den, folgend so gestalten Führers Füßen,
Man mich von Welt zu Welt aufsuchen heißet.« -
voi dite, e io farò per quella pace
che, dietro a' piedi di sì fatta guida,
di mondo in mondo cercar mi si face".
066
Und Einer hub an: »Jeglicher vertrauet
Hier deinem Wohlthun,selbst auch unbeschworen,
Wenn Ohnmacht nur den Willen nicht verkürzet:
E uno incominciò: "Ciascun si fida
del beneficio tuo sanza giurarlo,
pur che 'l voler nonpossa non ricida.
069
Drum ich, allein für all' die Andern redend,
Dich bitte, daß, siehst du dereinst die Gegend,
Die zwischen der Romagna liegt und Carls Land:
Ond'io, che solo innanzi a li altri parlo,
ti priego, se mai vedi quel paese
che siede tra Romagna e quel di Carlo,
072
Du mir in Huld beistehst mit deinen Bitten
In Fano: daß man eifrig für mich bete,
Und ich der großen Sünden Läutrung finde.
che tu mi sie di tuoi prieghi cortese
in Fano, sì che ben per me s'adori
pur ch'i' possa purgar le gravi offese.
075
Dort war ich her, allein die tiefen Wunden,
Daraus das Blut floß, drin ich lebte, hab' ich
In der Antenoriden Schooß empfangen,
Quindi fu' io; ma li profondi fóri
ond'uscì 'l sangue in sul quale io sedea,
fatti mi fuoro in grembo a li Antenori,
078
Wo ich am sichersten zu sein vermeinte,
Ließ der von Esti sie mir schlagen, welcher
Mir mehr des Hasses trug, als Recht erheischte.
là dov'io più sicuro esser credea:
quel da Esti il fé far, che m'avea in ira
assai più là che dritto non volea.
081
Doch, wär' ich hingeflohen zu der Mira,
Als Oriaco ich erreichet hatte,
Noch würd' ich drüben sein, allwo man athmet.
Ma s'io fosse fuggito inver' la Mira,
quando fu' sovragiunto ad Orïaco,
ancor sarei di là dove si spira.
084
Ich lief zum Sumpf, und Rohr und Schlamm befingen
Mich, daß ich fiel, und dort aus meinen Adern
Sah' an der Erd' ich eine Lache werden.« -
Corsi al palude, e le cannucce e 'l braco
m'impigliar sì ch'i' caddi; e lì vid'io
de le mie vene farsi in terra laco".
087
Da sprach ein Andrer: »Oh, soll das Verlangen
Sich dir erfüllen, das zur Höh' dich hinzieht:
Steh' meinem bei mit gütigem Erbarmen!
Poi disse un altro: "Deh, se quel disio
si compia che ti tragge a l'alto monte,
con buona pïetate aiuta il mio!
090
Ich war von Montefeltro, hieß Buonconte,
Nicht sorgt Johanna meiner oder Andre,
Drum geh' ich mit gesenkter Stirn bei diesen.« -
Io fui di Montefeltro, io son Bonconte;
Giovanna o altri non ha di me cura;
per ch'io vo tra costor con bassa fronte".
093
Und ich: »Sag', welche Macht, welch' Abentheuer
Hat so dich fortgerafft von Campaldino,
Daß nie man deine Grabesstatt erfahren?« -
E io a lui: "Qual forza o qual ventura
ti travïò sì fuor di Campaldino,
che non si seppe mai tua sepultura?".
096
»O, sagt' er drauf: am Fuß des Casentino
Fließt quer ein Wasser. Namens Archiano,
Am Apennin entspringend, über'm Kloster.
"Oh!", rispuos'elli, "a piè del Casentino
traversa un'acqua c' ha nome l'Archiano,
che sovra l'Ermo nasce in Apennino.
099
Und wo deß Name gänzlich sich vernichtet,
Gelangt' ich hin, durchstochen meine Kehle,
Zu Fuße fliehend, und den Grund beblutend.
Là 've 'l vocabol suo diventa vano,
arriva' io forato ne la gola,
fuggendo a piede e sanguinando il piano.
102
Allda verlor ich so Gesicht wie Rede.
Ich endete wohl in Maria's Namen,
Und fiel dahin und nur mein Fleisch verblieb dort.
Quivi perdei la vista e la parola;
nel nome di Maria fini', e quivi
caddi, e rimase la mia carne sola.
105
Wahr ist es: sag's bei den Lebend'gen wieder,
Gott's Bote nahm mich, aber der der Hölle
Schrie: du vom Himmel, warum mir ihn rauben?
Io dirò vero, e tu 'l ridì tra ' vivi:
l'angel di Dio mi prese, e quel d'inferno
gridava: "O tu del ciel, perché mi privi?
108
Wohlan, so nimm von ihm das ew'ge Theil dir
Hin um das Thränlein, das ihn mir entreißet,
Doch anders werd' ich mit dem andern schalten.
Tu te ne porti di costui l'etterno
per una lagrimetta che 'l mi toglie;
ma io farò de l'altro altro governo!".
111
Du weißt gar wohl, wie in der Luft sich feuchtes
Gedünst anhäuft, das wieder wird zu Wasser,
Sobald es aufsteigt wo es Kält' umwehet:
Ben sai come ne l'aere si raccoglie
quell'umido vapor che in acqua riede,
tosto che sale dove 'l freddo il coglie.
114
Der böse Wille, der nur Böses wünschet,
Verband mit Einsicht sich und Dunst erregt' er,
Und Wind durch Kraft, die ihm Natur verliehen.
Giunse quel mal voler che pur mal chiede
con lo 'ntelletto, e mosse il fummo e 'l vento
per la virtù che sua natura diede.
117
Drauf, als der Tag erloschen war, bedeckt er
Am großen Joch das Thal von Pratomagno
Mit Nebel und verhing den Himmel drüber,
Indi la valle, come 'l dì fu spento,
da Pratomagno al gran giogo coperse
di nebbia; e 'l ciel di sopra fece intento,
120
Daß die vollschwangre Luft zu Wasser umschlug,
Der Regen fiel und in die Klüfte strömte:
Von diesem, was die Erde nicht ertragen,
sì che 'l pregno aere in acqua si converse;
la pioggia cadde, e a' fossati venne
di lei ciò che la terra non sofferse;
123
Und wie die Art es ist der großen Bäche,
Zum königlichen Strom hinab geschwinde
Entstürzet' es, daß nichts es mehr zurückhielt.
e come ai rivi grandi si convenne,
ver' lo fiume real tanto veloce
si ruinò, che nulla la ritenne.
126
Und meinen starren Leib fand an der Mündung
Der stolze Archian und trieb zum Arno
Ihn hin, und löst' auf meiner Brust das Kreuz auf,
Lo corpo mio gelato in su la foce
trovò l'Archian rubesto; e quel sospinse
ne l'Arno, e sciolse al mio petto la croce
129
Das ich vor mir gemacht, als Schmerz mich hinwarf.
Entlang der Ufer rollt' er mich, am Grund hin,
Dann deckt' er und umgab mit seinem Raub mich.« -
ch'i' fe' di me quando 'l dolor mi vinse;
voltòmmi per le ripe e per lo fondo,
poi di sua preda mi coperse e cinse".
132
»Oh, wenn du wirst zur Welt zurückgekehrt sein,
Und ausgeruhet von dem langen Wege,
Fuhr nun der dritte Geist fort nach dem zweiten:
"Deh, quando tu sarai tornato al mondo
e riposato de la lunga via",
seguitò 'l terzo spirito al secondo,
135
Erinnre dich an mich: die Pia bin ich.
Siena gab, Maremma nahm den Leib mir:
Wohl weiß es der, der einst mich im Verlöbniß
"ricorditi di me, che son la Pia;
Siena mi fé, disfecemi Maremma:
salsi colui che 'nnanellata pria
138
Beringet hat mit seinem Siegelringe.« -
disposando m'avea con la sua gemma".

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