003
Ein Ort ist in der Hölle, Malebolge,
Ganz Fels und eisenfarb, und eisengrau
Umschließen Felsen ihn in steter Folge.
Luogo è in inferno detto Malebolge,
tutto di pietra di color ferrigno,
come la cerchia che dintorno il volge.
006
Im bösen Feld, im Mittelpunkt genau
Gähnt dann ein tiefer Schacht mit weitem Schlunde;
An seinem Ort sag' ich von dessen Bau.
Nel dritto mezzo del campo maligno
vaneggia un pozzo assai largo e profondo,
di cui suo loco dicerò l'ordigno.
009
Der Raum, der übrig bleibt in dieser Runde,
Zwischen der hohen Felswand und dem Schacht,
Teilt in zehn Täler sich an seinem Grunde.
Quel cinghio che rimane adunque è tondo
tra 'l pozzo e 'l piè de l'alta ripa dura,
e ha distinto in dieci valli il fondo.
012
Wie dort, wo man, auf starken Schutz bedacht,
Ein Schloß umgibt mit immer neuen Gräben,
Wie die Figur, die solche Festung macht,
Quale, dove per guardia de le mura
più e più fossi cingon li castelli,
la parte dove son rende figura,
015
So ist das Bild, das diese Täler geben.
Und wie vom Außenrand, der es umringt,
Bis nach dem Schlosse Brücken sich erheben,
tale imagine quivi facean quelli;
e come a tai fortezze da' lor sogli
a la ripa di fuor son ponticelli,
018
So von dem innern Rand der Klippe dringt
Ein Damm durch Gräben und die Zwischenfluren
Zum Schachte, der ihn abstutzt und verschlingt.
così da imo de la roccia scogli
movien che ricidien li argini e ' fossi
infino al pozzo che i tronca e raccogli.
021
Dies war der Ort, wohin wir niederfuhren
Mit Geryon, und bald schritt mein Geleit
Zur Linken, und ich folgte seinen Spuren.
In questo luogo, de la schiena scossi
di Gerïon, trovammoci; e 'l poeta
tenne a sinistra, e io dietro mi mossi.
024
Zur Rechten sah ich neues Herzeleid;
Ich schaute neue Foltern, neue Schinder,
Davon die Bolge voll war weit und breit.
A la man destra vidi nova pieta,
novo tormento e novi frustatori,
di che la prima bolgia era repleta.
027
Im Grunde waren nackt die Menschenkinder;
Diesseits der Mitte kam zu uns die Schar,
Und jenseits ging sie mit uns, nur geschwinder;
Nel fondo erano ignudi i peccatori;
dal mezzo in qua ci venien verso 'l volto,
di là con noi, ma con passi maggiori,
030
So wie zu Rom im Jubiläumsjahr
Der großen Menge halb die Brückenbreite
Auf solche Art zwiefach geschieden war,
come i Roman per l'essercito molto,
l'anno del giubileo, su per lo ponte
hanno a passar la gente modo colto,
033
Daß mit dem Antlitz nach dem Schlosse schreite,
Wer nach Sankt Peter ging im Pilgerzug,
Und auf den Berg zu von der andren Seite
che da l'un lato tutti hanno la fronte
verso 'l castello e vanno a Santo Pietro,
da l'altra sponda vanno verso 'l monte.
036
Gehörnter Teufel sah ich da genug,
Die große Peitschen auf die Sünder schwangen.
O wie die Rücken grausam man zerschlug!
Di qua, di là, su per lo sasso tetro
vidi demon cornuti con gran ferze,
che li battien crudelmente di retro.
039
Und wie sie hurtig auf die Sohlen sprangen
Bei jedem ersten Hieb, und niemand schien
Den zweiten oder dritten zu verlangen.
Ahi come facean lor levar le berze
a le prime percosse! già nessuno
le seconde aspettava né le terze.
042
Und meinen Blick sollt' einer auf sich ziehn,
Indes ich ging, und kaum war es geschehen,
So sprach ich: nicht erst heute seh' ich ihn.
Mentr'io andava, li occhi miei in uno
furo scontrati; e io sì tosto dissi:
"Già di veder costui non son digiuno".
045
Und um ihn zu erkennen, blieb ich stehen,
Und auch mein süßer Führer machte halt
Und willigt' ein, etwas zurückzugehen.
Per ch'ïo a figurarlo i piedi affissi;
e 'l dolce duca meco si ristette,
e assentio ch'alquanto in dietro gissi.
048
Und der Gestäupte bückte sich alsbald,
Mir zu entgehn, doch sollt' es ihm nicht taugen:
Ich sprach zu ihm: »Was beugst du die Gestalt?
E quel frustato celar si credette
bassando 'l viso; ma poco li valse,
ch'io dissi: "O tu che l'occhio a terra gette,
051
Caccianimico seh' ich doch vor Augen,
Wofern dein Angesicht sich nicht verstellt.
Was aber führt dich in so scharfe Laugen?«
se le fazion che porti non son false,
Venedico se' tu Caccianemico.
Ma che ti mena a sì pungenti salse?".
054
Und er zu mir: »So schwer die Antwort fällt,
Mich zwingt dein Reden, dessen klare Töne
Mich hier gemahnen an die alte Welt.
Ed elli a me: "Mal volontier lo dico;
ma sforzami la tua chiara favella,
che mi fa sovvenir del mondo antico.
057
Ich bin's, der Gisela bewog, die schöne,
Zu tun, wozu der Markgraf sie ersah,
Wie auch die schnöde Mär davon ertöne.
I' fui colui che la Ghisolabella
condussi a far la voglia del marchese,
come che suoni la sconcia novella.
060
Und nicht bloß ich bin aus Bologna da;
Nein ihrer mehr hält dieser Ort der Plagen,
Als zwischen Renofluß und Savena
E non pur io qui piango bolognese;
anzi n'è questo loco tanto pieno,
che tante lingue non son ora apprese
063
Heut Zungen sind, die lernten sipa sagen.
Und wenn du Zeugnis brauchst, um mir zu traun,
Denk an den Geiz, den wir im Busen tragen.«
a dicer 'sipa' tra Sàvena e Reno;
e se di ciò vuoi fede o testimonio,
rècati a mente il nostro avaro seno".
066
Da kam ein Teufel, um nach ihm zu haun
Mit der Karbatsche: »Kuppler (schrie er), warte!
Hier gibt es keinen Prägestock für Frau'n.«
Così parlando il percosse un demonio
de la sua scurïada, e disse: "Via,
ruffian! qui non son femmine da conio".
069
Ich kehrte uni, wo mein der Führer harrte,
Und schon nach kurzem Weg kam er mit mir
An ein Gefels, das aus dem Ufer starrte.
I' mi raggiunsi con la scorta mia;
poscia con pochi passi divenimmo
là 'v'uno scoglio de la ripa uscia.
072
Auf dieses stiegen ohne Mühe wir,
Und weg von jenen äußern Kreisen brachte
Der Damm uns, den wir rechts betraten hier.
Assai leggeramente quel salimmo;
e vòlti a destra su per la sua scheggia,
da quelle cerchie etterne ci partimmo.
075
Und wo er unten eine Öffnung machte
Und einen Paß bot den Gestäupten dar,
Sprach der Poet: »Steh still hier und betrachte
Quando noi fummo là dov'el vaneggia
di sotto per dar passo a li sferzati,
lo duca disse: "Attienti, e fa che feggia
078
Auch die Gesichter jener Sünderschar,
Die erst von vorn dir ungesehn geblieben,
Weil sie mit uns in gleicher Richtung war.«
lo viso in te di quest'altri mal nati,
ai quali ancor non vedesti la faccia
però che son con noi insieme andati".
081
So sah ich denn, entgegen uns getrieben,
Vom alten Brückendamm den andren Troß,
Der gleichfalls ward gejagt von Peitschenhieben.
Del vecchio ponte guardavam la traccia
che venìa verso noi da l'altra banda,
e che la ferza similmente scaccia.
084
Und eh' ich noch gefragt, sprach nein Genoß:
»Sieh dort den Großen unter dieser Meute,
Der keine Träne noch vor Schmerz vergoß.
E 'l buon maestro, sanza mia dimanda,
mi disse: "Guarda quel grande che vene,
e per dolor non par lagrime spanda:
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Welch königlich Ansehn hat der noch heute!
Der Jason ist's, des Kühnheit und Verstand
Den Kolchiern entriß die goldne Beute.
quanto aspetto reale ancor ritene!
Quelli è Iasón, che per cuore e per senno
li Colchi del monton privati féne.
090
Er kam nach Lemnos, nach dem Inselland,
Als jeder Vater, Bruder, Sohn und Gatte
Erwürgt war von verruchter Weiberhand.
Ello passò per l'isola di Lenno
poi che l'ardite femmine spietate
tutti li maschi loro a morte dienno.
093
Durch Winke dort betrog er und durch glatte
Worte die junge Maid Hypsipyle,
Die erst die andern Frau'n betrogen hatte.
Ivi con segni e con parole ornate
Isifile ingannò, la giovinetta
che prima avea tutte l'altre ingannate.
096
Er ließ sie schwanger und entwich zur See.
Solch Freveln wird mit solcher Pein gerochen,
Und auch die Rach' ist's für Medeas Weh.
Lasciolla quivi, gravida, soletta;
tal colpa a tal martiro lui condanna;
e anche di Medea si fa vendetta.
099
Mit ihm geht hier, wer gleichen Trug verbrochen.
Und dies genüge von dem ersten Tal
Und denen, die es peitscht bis auf die Knochen.«
Con lui sen va chi da tal parte inganna;
e questo basti de la prima valle
sapere e di color che 'n sé assanna".
102
Wir waren dort schon, wo die Straße schmal
Die zweite Flur durchkreuzt in ihrem Laufe
Und einen Bogen wölbt zum andern Mal.
Già eravam là 've lo stretto calle
con l'argine secondo s'incrocicchia,
e fa di quello ad un altr'arco spalle.
105
Dort in der zweiten Bolge stöhnt ein Haufe,
Der mit den eignen Fäusten sich zerpocht
Und scheint, als ob er mit dem Maule schnaufe.
Quindi sentimmo gente che si nicchia
ne l'altra bolgia e che col muso scuffa,
e sé medesma con le palme picchia.
108
Ein Schimmel dicht die Uferwänd' umflocht
Vom Dunst der Grube, der sich dort verdickte
Und wider Aug' und Nase greulich focht.
Le ripe eran grommate d'una muffa,
per l'alito di giù che vi s'appasta,
che con li occhi e col naso facea zuffa.
111
Es war so tief hier, daß man nichts erblickte,
Bis man vom Felsenbogen, wo er sich
Am höchsten wölbt, den Blick hinunterschickte.
Lo fondo è cupo sì, che non ci basta
loco a veder sanza montare al dosso
de l'arco, ove lo scoglio più sovrasta.
114
Da standen wir, und unten jämmerlich
Saß Volk erstickt in einem kot'gen Breie,
Der Kot aus menschlichen Kloaken glich.
Quivi venimmo; e quindi giù nel fosso
vidi gente attuffata in uno sterco
che da li uman privadi parea mosso.
117
Und während ich durchmustert' ihre Reihe,
Sah ich ein Haupt so überdeckt vom Mist,
Daß man nicht sah, ob's geistlich war, ob Laie.
E mentre ch'io là giù con l'occhio cerco,
vidi un col capo sì di merda lordo,
che non parëa s'era laico o cherco.
120
Der rief: »Was soll's, daß du so gierig bist,
Mich mehr denn andre Scheuel zu gewahren?«
Und ich zu ihm: »Weil so zu Sinn mir ist,
Quei mi sgridò: "Perché se' tu sì gordo
di riguardar più me che li altri brutti?".
E io a lui: "Perché, se ben ricordo,
123
Als hätt' ich dich gekannt mit trocknen Haaren.
Du bist Alexius Intermini;
Deshalb betracht' ich dich vor all den Scharen.«
già t' ho veduto coi capelli asciutti,
e se' Alessio Interminei da Lucca:
però t'adocchio più che li altri tutti".
126
Da schlug er an den Schädel sich und schrie:
»Die Schmeichelei hat mich ersäuft im Drecke;
Denn ihrer satt ward meine Zunge nie.«
Ed elli allor, battendosi la zucca:
"Qua giù m' hanno sommerso le lusinghe
ond'io non ebbi mai la lingua stucca".
129
Nach diesem sprach zu mir mein Führer: »Strecke
Um ein geringes noch dein Antlitz vor,
Damit dein Auge dort die Dirn' entdecke,
Appresso ciò lo duca "Fa che pinghe",
mi disse, "il viso un poco più avante,
sì che la faccia ben con l'occhio attinghe
132
Die wüst mit wirrem Haar um Stirn und Ohr
Mit kot'gen Nägeln sucht sich blank zu scheuern
Und bald sich niederhockt, bald fährt empor.
di quella sozza e scapigliata fante
che là si graffia con l'unghie merdose,
e or s'accoscia e ora è in piedi stante.
135
Die Hure Thaïs ist's, die ihrem Teuern,
Der fragte: Hab' ich großen Dank bei dir?
Antwortete: Ja freilich, ungeheuern.
Taïde è, la puttana che rispuose
al drudo suo quando disse "Ho io grazie
grandi apo te?": "Anzi maravigliose!".
138
Und damit sei genug des Schauens hier.«
E quinci sian le nostre viste sazie".

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