003
Gedrängt von Liebe zu dem Heimatorte,
Las ich die Blätter auf als letzte Gunst
Für ihn, der nur noch heiser sprach die Worte.
Poi che la carità del natio loco
mi strinse, raunai le fronde sparte
e rende' le a colui, ch'era già fioco.
006
Dann schrillen wir dahin, wo Flammenbrunst
Anhebt und wo man in dem dritten Ringe
Sieht der Gerechtigkeit graunhafte Kunst.
Indi venimmo al fine ove si parte
lo secondo giron dal terzo, e dove
si vede di giustizia orribil arte.
009
Damit ihr klar begreift die neuen Dinge,
Wißt, wir gelangten an ein Heideland,
Das keine Pflanze trägt, noch so geringe.
A ben manifestar le cose nove,
dico che arrivammo ad una landa
che dal suo letto ogne pianta rimove.
012
Der Schmerzenswald ist dieser Heide Rand,
So wie sein eigner Rand der schlimme Graben.
Ganz hart am Saum umschritten wir den Sand.
La dolorosa selva l'è ghirlanda
intorno, come 'l fosso tristo ad essa;
quivi fermammo i passi a randa a randa.
015
Der flache Raum, zu dem wir uns begaben,
War dürrer tiefer Sand, wie jener war,
Den Catos Sohlen einst belastet haben.
Lo spazzo era una rena arida e spessa,
non d'altra foggia fatta che colei
che fu da' piè di Caton già soppressa.
018
O Zorn des Herrn, wie mußt du immerdar
Gefürchtet sein von allen, die es lesen,
Was meinen Augen hier ward offenbar!
O vendetta di Dio, quanto tu dei
esser temuta da ciascun che legge
ciò che fu manifesto a li occhi mei!
021
Ich sah unzähl'ge Scharen nackter Wesen,
Und diese alle weinten jämmerlich;
Doch ungleich war für sie der Spruch gewesen.
D'anime nude vidi molte gregge
che piangean tutte assai miseramente,
e parea posta lor diversa legge.
024
Ein Teil lag platt und streckt' am Boden sich,
Und ganz in sich gekauert saß ein zweiter,
Indes ein dritter hin und wider strich.
Supin giacea in terra alcuna gente,
alcuna si sedea tutta raccolta,
e altra andava continüamente.
027
Am größten war der Haufe dieser Schreiter,
Am kleinsten der, so liegend trug sein Leid,
Doch waren da die Zungen fluchbereiter.
Quella che giva 'ntorno era più molta,
e quella men che giacëa al tormento,
ma più al duolo avea la lingua sciolta.
030
Langsamen Falles sah man weit und breit
Herniederregnen lange Feuerschwaden,
Wie wenn's bei stiller Luft auf Bergen schneit.
Sovra tutto 'l sabbion, d'un cader lento,
piovean di foco dilatate falde,
come di neve in alpe sanza vento.
033
Wie Philipps Sohn an indischen Gestaden
Mit seinem Heer auf Flammenschauer stieß,
Die sich von oben auf die Erd' entladen;
Quali Alessandro in quelle parti calde
d'Indïa vide sopra 'l süo stuolo
fiamme cadere infino a terra salde,
036
Daher er seine Truppen stampfen hieß
Aufs Erdreich, weil der Dunst sich leichter wieder,
Solang' er noch allein war, löschen ließ:
per ch'ei provide a scalpitar lo suolo
con le sue schiere, acciò che lo vapore
mei si stingueva mentre ch'era solo:
039
So kam die Glut, die ewige, hernieder
Und brachte, wie der Stahl den Schwamm, den Sand
Zum Glühn, verdoppelnd die Tortur der Glieder.
tale scendeva l'etternale ardore;
onde la rena s'accendea, com'esca
sotto focile, a doppiar lo dolore.
042
Rastlosen Tanzes sah ich jede Hand
Der Unglücksel'gen hin und wider fliegen,
Um abzuschütteln immer frischen Brand.
Sanza riposo mai era la tresca
de le misere mani, or quindi or quinci
escotendo da sé l'arsura fresca.
045
Ich sprach: »O Herr, der alles kann besiegen,
Nur ausgenommen der Dämonen Wut,
Die uns an jenem Tor entgegenstiegen, -
I' cominciai: "Maestro, tu che vinci
tutte le cose, fuor che ' demon duri
ch'a l'intrar de la porta incontra uscinci,
048
Wer ist der Große, der nicht nach der Glut
Zu fragen scheint, voll Hohns den Blick erhebend,
Und noch nicht mürbe trotz der Regenflut?«
chi è quel grande che non par che curi
lo 'ncendio e giace dispettoso e torto,
sì che la pioggia non par che 'l marturi?".
051
Und jener selbst, schnell Rechenschaft sich gebend,
Daß ich bei dieser Frag' an ihn gedacht,
Rief: »Unverändert bin ich, tot wie lebend,
E quel medesmo, che si fu accorto
ch'io domandava il mio duca di lui,
gridò: "Qual io fui vivo, tal son morto.
054
Ob Jupiter seinen Schmied auch müde macht,
Der ihm die Blitze gab, so mich zu Falle
An meinem letzten Erdentag gebracht,
Se Giove stanchi 'l suo fabbro da cui
crucciato prese la folgore aguta
onde l'ultimo dì percosso fui;
057
Und ob er müde macht die andern alle
Und ruft: o hilf mir, hilf mir, mein Vulkan
In Mongibels rauchschwarzer Amboßhalle,
o s'elli stanchi li altri a muta a muta
in Mongibello a la focina negra,
chiamando "Buon Vulcano, aiuta, aiuta!",
060
Wie er in Phlegras Schlacht weiland getan,
Und ob er blitzt auf mich mit allem Grimme,
Doch wird er frohe Rache nie empfahn.«
sì com'el fece a la pugna di Flegra,
e me saetti con tutta sua forza:
non ne potrebbe aver vendetta allegra".
063
Da sprach mein Führer mit gewalt'ger Stimme,
Und so gewaltig hört' ich sie noch nicht:
»O Capaneus, daß nie in dir verglimme
Allora il duca mio parlò di forza
tanto, ch'i' non l'avea sì forte udito:
"O Capaneo, in ciò che non s'ammorza
066
Dein Hochmut, darin traf dich das Gericht;
Du von der eignen Raserei geplagter,
Sie ist die Pein, die deiner Wut entspricht.«
la tua superbia, se' tu più punito;
nullo martiro, fuor che la tua rabbia,
sarebbe al tuo furor dolor compito".
069
Zu mir sodann mit sanftrer Lippe sagt' er:
»Der Sieben, die einst Theben zugesetzt,
War einer er, und Gott zu höhnen wagt' er,
Poi si rivolse a me con miglior labbia,
dicendo: "Quei fu l'un d'i sette regi
ch'assiser Tebe; ed ebbe e par ch'elli abbia
072
Und zeigt noch hier, daß er gering ihn schätzt.
Doch, wie ich ihm gesagt, sein eignes Wüten
Ist der verdiente Dorn im Busen jetzt.
Dio in disdegno, e poco par che 'l pregi;
ma, com'io dissi lui, li suoi dispetti
sono al suo petto assai debiti fregi.
075
Nun folge mir, doch mußt du wohl dich hüten:
Halt deine Füß' am Waldesrande hart,
Die in dem heißen Sande sonst verglühten.«
Or mi vien dietro, e guarda che non metti,
ancor, li piedi ne la rena arsiccia;
ma sempre al bosco tien li piedi stretti".
078
Wir gingen schweigend, bis ich inne ward,
Ein Flüßchen komm' aus dem Gebüsch geschossen,
Vor dessen Röte noch mein Herz erstarrt.
Tacendo divenimmo là 've spiccia
fuor de la selva un picciol fiumicello,
lo cui rossore ancor mi raccapriccia.
081
Wie Sünderinnen jenen Fluß durch Gossen
Fortleben, der Viterbos Quell entsprang,
So durch den Sand kam dieser Bach geflossen.
Quale del Bulicame esce ruscello
che parton poi tra lor le peccatrici,
tal per la rena giù sen giva quello.
084
Sein Boden war und beider Ufer Hang
Von Stein gemacht, und oben beide Seiten,
Daran ich sah, hier sei der Übergang.
Lo fondo suo e ambo le pendici
fatt'era 'n pietra, e ' margini dallato;
per ch'io m'accorsi che 'l passo era lici.
087
»Von allem, was du sahst in diesen Weiten,
Seit wir durchs Tor zu gehn uns angeschickt,
Durch welches keinem wird verwehrt zu schreiten,
"Tra tutto l'altro ch'i' t' ho dimostrato,
poscia che noi intrammo per la porta
lo cui sogliare a nessuno è negato,
090
Hast du mit deinen Augen nichts erblickt
Denkwürd'ges wie der Strom, den ich dir weise,
Der über sich jedwede Flamm' erstickt.«
cosa non fu da li tuoi occhi scorta
notabile com'è 'l presente rio,
che sovra sé tutte fiammelle ammorta".
093
Die Worte sprach der Führer meiner Reise;
Daher ich bat: »Wie du mein Herz geschwellt
Mit der Begier, so reich ihm auch die Speise.« -
Queste parole fuor del duca mio;
per ch'io 'l pregai che mi largisse 'l pasto
di cui largito m'avëa il disio.
096
»Im Meere liegt ein Land, jetzt wüst entstellt
(Sprach er darauf), und Kreta ist sein Name;
Zu dessen Königs Zeit war keusch die Welt.
"In mezzo mar siede un paese guasto",
diss'elli allora, "che s'appella Creta,
sotto 'l cui rege fu già 'l mondo casto.
099
Da liegt der Idaberg, der wundersame,
Wo lustig einst um Quellen Wald gedieh,
Doch jetzt verödet gleich verfallnem Krame.
Una montagna v'è che già fu lieta
d'acqua e di fronde, che si chiamò Ida;
or è diserta come cosa vieta.
102
Als Rhea diesen sah, verweilte sie,
Zur Wiege für den Sohn ihn ausersehend,
Und ließ Gelärm erheben, wann er schrie.
Rëa la scelse già per cuna fida
del suo figliuolo, e per celarlo meglio,
quando piangea, vi facea far le grida.
105
Ein Greis ist in dem Berg, hoch aufrecht stehend;
Den Nil im Rücken, schaut er vor sich hin,
Immer gen Rom wie in den Spiegel sehend.
Dentro dal monte sta dritto un gran veglio,
che tien volte le spalle inver' Dammiata
e Roma guarda come süo speglio.
108
Von feinem Gold ist Kopf, Gesicht und Kinn,
Von eitel Silber Arme, Brust und Rücken,
Dann bis zum Spalt ist er von Kupferzinn.
La sua testa è di fin oro formata,
e puro argento son le braccia e 'l petto,
poi è di rame infino a la forcata;
111
Abwärts ist Eisen er in allen Stücken;
Nur ist der rechte Fuß aus Ton gebrannt,
Und mehr auf diesen pflegt die Last zu drücken.
da indi in giuso è tutto ferro eletto,
salvo che 'l destro piede è terra cotta;
e sta 'n su quel, più che 'n su l'altro, eretto.
114
Durch jeden Teil, nur nicht den goldnen, spannt
Ein Riß sich, der muß Tränen ewig träufen,
Und die durchbohren jene Felsenwand
Ciascuna parte, fuor che l'oro, è rotta
d'una fessura che lagrime goccia,
le quali, accolte, fóran quella grotta.
117
Und bilden, wie sie hier im Tal sich häufen,
Den Acheron und Styx und Phlegethon;
Dann rinnen sie in diesen schmalen Läufen
Lor corso in questa valle si diroccia;
fanno Acheronte, Stige e Flegetonta;
poi sen van giù per questa stretta doccia,
120
Hinunter, wo nicht weiter kann der Bronn
Und den Cocytus bildet, dessen Lache
Du sehen wirst; drum red' ich nicht davon.«
infin, là ove più non si dismonta,
fanno Cocito; e qual sia quello stagno
tu lo vedrai, però qui non si conta".
123
Und ich zu ihm: »Kömmt solcher Fluß vom Dache
Des Schlundes über uns, was ist der Grund,
Daß erst wir nichts gesehn von diesem Bache?«
E io a lui: "Se 'l presente rigagno
si diriva così dal nostro mondo,
perché ci appar pur a questo vivagno?".
126
Und er zu mir: »Du weißt, der Ort ist rund,
Und ob du gleich geraume Zeit schon reisest,
Zur Linken niedersteigend in den Schlund,
Ed elli a me: "Tu sai che 'l loco è tondo;
e tutto che tu sie venuto molto,
pur a sinistra, giù calando al fondo,
129
Denk nicht, daß du ihn völlig schon umkreisest;
Daher, wenn Neues kommt, ich raten muß,
Daß du im Antlitz kein Erstaunen weisest.«
non se' ancor per tutto 'l cerchio vòlto;
per che, se cosa n'apparisce nova,
non de' addur maraviglia al tuo volto".
132
Und wieder ich: »Wo ist der Lethefluß,
Von dem du schwiegst? wo Phlegethon? Du sagtest,
Auch er entsteh' aus jenem Tränenguß.« -
E io ancor: "Maestro, ove si trova
Flegetonta e Letè? ché de l'un taci,
e l'altro di' che si fa d'esta piova".
135
»Obwohl im Fragen du mir stets behagtest
(Versetzt' er), sollte doch der heiße Sud
Des roten Stroms dir lösen, was du fragtest.
"In tutte tue question certo mi piaci",
rispuose, "ma 'l bollor de l'acqua rossa
dovea ben solver l'una che tu faci.
138
Sehn wirst du - nicht hier unten - Lethes Flut;
Die Seelen droben gehn zu seinem Bade,
Wann Buße sie bereuter Schuld entlud.«
Letè vedrai, ma fuor di questa fossa,
là dove vanno l'anime a lavarsi
quando la colpa pentuta è rimossa".
141
Dann sagt' er: »Zeit ist jetzt zu anderen Pfade,
Vom Walde fort. lm Rücken folge mir.
Die Straß' ist ohne Glut längs der Gestade,
Poi disse: "Omai è tempo da scostarsi
dal bosco; fa che di retro a me vegne:
li margini fan via, che non son arsi,
144
Und es erlischt das Feuer über ihr.«
e sopra loro ogne vapor si spegne".

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