003
In einer weißen Rose Bildung zeigte
Mir also sich die heil'ge Heeresschaar,
Die Christus durch sein Blut zur Braut erkoren.
In forma dunque di candida rosa
mi si mostrava la milizia santa
che nel suo sangue Cristo fece sposa;
006
Allein die andre, welche fliegend schauet
Und singt die Glorie dessen, der die Lieb' ihr
Und Güt' einflößt, die sie so herrlich macht,
ma l'altra, che volando vede e canta
la gloria di colui che la 'nnamora
e la bontà che la fece cotanta,
009
Wie eine Bienenschaar, so in die Blumen
Hinaus jetzt fliegt und später wiederkehret
Zum Ort, wo süße Arbeit sie bereitet,
sì come schiera d'ape che s'infiora
una fïata e una si ritorna
là dove suo laboro s'insapora,
012
Senkte zur großen Blume sich hernieder,
Die so viel Blätter schmücken, und zurück dann
Flog sie, wo ewig ihre Liebe wohnet.
nel gran fior discendeva che s'addorna
di tante foglie, e quindi risaliva
là dove 'l süo amor sempre soggiorna.
015
Das Antlitz Aller war lebend'ge Flamme,
Golden das Flügelpaar; so weiß all Andres,
Daß nie zu solchem Weiß der Schnee gedeihet.
Le facce tutte avean di fiamma viva
e l'ali d'oro, e l'altro tanto bianco,
che nulla neve a quel termine arriva.
018
Wenn in die Blume sie von Sitz zu Sitze
Sich senkten, reichten Frieden sie und Inbrunst,
Die sie erwarben, sich, die Seiten fächselnd.
Quando scendean nel fior, di banco in banco
porgevan de la pace e de l'ardore
ch'elli acquistavan ventilando il fianco.
021
Doch hinderte das flatternde Gedränge,
Das zwischen dem, was oben, und der Blume
Sich regte, nicht das Schauen und den Glanz;
Né l'interporsi tra 'l disopra e 'l fiore
di tanta moltitudine volante
impediva la vista e lo splendore:
024
Denn es durchdringet jenes heil'ge Licht
Das Weltall, je nachdem es dessen würdig,
So daß nichts Widerstand ihm leisten kann.
ché la luce divina è penetrante
per l'universo secondo ch'è degno,
sì che nulla le puote essere ostante.
027
Dies in sich sichre, freuderfüllte Reich,
Voll von Bewohnern, alten so wie neuen,
Hielt Blick und Lieb' auf einen Punkt gerichtet.
Questo sicuro e gaudïoso regno,
frequente in gente antica e in novella,
viso e amore avea tutto ad un segno.
030
O dreifach Licht, das, ihrem Aug' erfunkelnd
In einem einz'gen Stern, sie so befriedigt,
Schau her auf unser sturmbewegtes Leben!
Oh trina luce che 'n unica stella
scintillando a lor vista, sì li appaga!
guarda qua giuso a la nostra procella!
033
Wenn die Barbaren, aus der Gegend kommend,
So jeden Tag bedeckt wird von der Bärin,
Die sich mit dem geliebten Jungen drehet,
Se i barbari, venendo da tal plaga
che ciascun giorno d'Elice si cuopra,
rotante col suo figlio ond' ella è vaga,
036
Staunen ergriff, wenn Roma's kühne Werke
Sie nun erblickten und der Lateran
Empor ob allen Erdendingen ragte:
veggendo Roma e l'ardüa sua opra,
stupefaciensi, quando Laterano
a le cose mortali andò di sopra;
039
Wie mußt' ich, der zu Göttlichem gekommen
Vom Menschlichen, von Zeitlichem zu Ew'gem,
Und von Florenz zu gutem, weisem Volke,
ïo, che al divino da l'umano,
a l'etterno dal tempo era venuto,
e di Fiorenza in popol giusto e sano,
042
Ob alle dem erfüllt von Staunen sein!
Traun, unter diesem und bei solcher Wonne
War mir genehm: nichts hören und verstummen.
di che stupor dovea esser compiuto!
Certo tra esso e 'l gaudio mi facea
libito non udire e starmi muto.
045
Und wie ein Pilgrim, welcher in dem Tempel
Seines Gelübds umschauend sich ergetzet
Und, wie er sei, einst zu berichten hofft:
E quasi peregrin che si ricrea
nel tempio del suo voto riguardando,
e spera già ridir com' ello stea,
048
So auch, durch das lebend'ge Licht hinschreitend,
Ließ ich die Augen durch die Stufen gleiten,
Hinauf bald, bald hinab und bald im Kreise.
su per la viva luce passeggiando,
menava ïo li occhi per li gradi,
mo sù, mo giù e mo recirculando.
051
Antlitze sah ich, welche Lieb' einflößten,
Von fremdem Licht geschmückt und eignem Lächeln;
Geberden auch, geziert mit jeder Tugend.
Vedëa visi a carità süadi,
d'altrui lume fregiati e di suo riso,
e atti ornati di tutte onestadi.
054
Die allgemeine Form des Paradieses
War gänzlich scon erfaßt von meinem Blicke,
Der noch auf keinem Theil bestimmt verweilt;
La forma general di paradiso
già tutta mïo sguardo avea compresa,
in nulla parte ancor fermato fiso;
057
Drum wandt' ich mich mit neu entbranntem Wunsche,
Zu fragen meine Herrin über Dinge,
Worüber mein Verstand in Zweifeln schwebte.
e volgeami con voglia rïaccesa
per domandar la mia donna di cose
di che la mente mia era sospesa.
060
Ein Andrer, als ich meinte, gab mir Antwort.
Zu sehn glaubt' ich Beatrix und, gekleidet
Wie das ruhmwürd'ge Volk, sah einen Greis ich,
Uno intendëa, e altro mi rispuose:
credea veder Beatrice e vidi un sene
vestito con le genti glorïose.
063
Durch dessen Augen und auf dessen Wangen
Sich güt'ge Freud' ergoß in frommer Weise,
Wie's ansteht einem liebevollen Vater.
Diffuso era per li occhi e per le gene
di benigna letizia, in atto pio
quale a tenero padre si convene.
066
Und: »Wo ist sie?« so fragt ich ihn in Eile.
Und er: »Um deinen Wunsch zum Ziel zu führen,
Berief Beatrix mich von meinem Sitze;
E «Ov' è ella?», sùbito diss' io.
Ond' elli: «A terminar lo tuo disiro
mosse Beatrice me del loco mio;
069
Und blickest hin du nach dem dritten Kreise
Des höchsten Grads, so wirst du auf dem Throne,
Den ihr Verdienst bestimmt, sie wieder sehen.« -
e se riguardi sù nel terzo giro
dal sommo grado, tu la rivedrai
nel trono che suoi merti le sortiro».
072
Und ohn' Antwort hob ich den Blick empor
Und sah sie eine Krone um sich bilden,
Die von sich spiegelte die ew'gen Strahlen.
Sanza risponder, li occhi sù levai,
e vidi lei che si facea corona
reflettendo da sé li etterni rai.
075
Von jener Gegend, wo's am höchsten donnert,
Ist nicht so weit entfernt ein sterblich Auge,
Wie tief es auch in's Meer hinab sich senke,
Da quella regïon che più sù tona
occhio mortale alcun tanto non dista,
qualunque in mare più giù s'abbandona,
078
Als dort mein Blick entfernt war von Beatrix;
Doch hinderte dies nicht, daß unvermittelt
Ihr Bildniß wär zu mir herabgekommen.
quanto lì da Beatrice la mia vista;
ma nulla mi facea, ché süa effige
non discendëa a me per mezzo mista.
081
»O Herrin, du, in der mein Hoffen grünet,
Die du zu meinem Heil herab dich ließest,
Mit deinem Fuß die Hölle zu betreten:
«O donna in cui la mia speranza vige,
e che soffristi per la mia salute
in inferno lasciar le tue vestige,
084
An so viel Dingen, die durch deine Macht
Und deine Huld bisher gesehn ich habe,
Erkenn' ich deine Gnad' und deine Tugend.
di tante cose quant' i' ho vedute,
dal tuo podere e da la tua bontate
riconosco la grazia e la virtute.
087
Zur Freiheit zogst du mich, der Sklav' ich war,
Durch alle Mittel, alle jene Wege,
Die nur vermochten, diese zu bewirken.
Tu m'hai di servo tratto a libertate
per tutte quelle vie, per tutt' i modi
che di ciò fare avei la potestate.
090
Bewahre deine Großmuth gegen mich,
Daß meine Seele, die gesund du machtest,
Dir wohlgefällig sich vom Körper löse!« -
La tua magnificenza in me custodi,
sì che l'anima mia, che fatt' hai sana,
piacente a te dal corpo si disnodi».
093
So betet' ich, und sie, die so Entfernte,
Schien mir zu lächeln und mich anzublicken;
Drauf wandte sie sich zu der ew'gen Quelle.
Così orai; e quella, sì lontana
come parea, sorrise e riguardommi;
poi si tornò a l'etterna fontana.
096
Da sprach der heilge Greis: »Damit vollständig
Du deine Reise nun zu Ende bringest,
Wozu mich Bitt' und heil'ge Liebe sandte,
E 'l santo sene: «Acciò che tu assommi
perfettamente», disse, «il tuo cammino,
a che priego e amor santo mandommi,
099
Durchfliege mit den Augen diesen Garten;
Denn diese Schau wird deinen Blick noch stärker
Im Aufflug für der Gottheit Strahl entzünden.
vola con li occhi per questo giardino;
ché veder lui t'acconcerà lo sguardo
più al montar per lo raggio divino.
102
Und sie, die Himmelskönigin, für die ich gänzlich
In Lieb' erglüh', wird alle Huld uns schenken;
Dieweil ich Bernhard bin, ihr Vielgetreuer.« -
E la regina del cielo, ond' ïo ardo
tutto d'amor, ne farà ogne grazia,
però ch'i' sono il suo fedel Bernardo».
105
Gleich jenem, welcher etwa aus Kroatien
Kommt, unser heil'ges Schweißtuch anzuschauen,
Und ob des alten Rufes deß nicht satt wird,
Qual è colui che forse di Croazia
viene a veder la Veronica nostra,
che per l'antica fame non sen sazia,
108
Nein, bei sich selber sagt, so lang man's zeiget:
»Mein wahrer Gott und Heiland, Jesus Christus,
So also war dein Angesicht gestaltet"«
ma dice nel pensier, fin che si mostra:
'Segnor mio Iesù Cristo, Dio verace,
or fu sì fatta la sembianza vostra?';
111
So war's auch mir, als die lebend'ge Lieb'
Ich dessen schaute, der in dieser Welt schon
Gekostet jenes Friedens durch Beschauung.
tal era io mirando la vivace
carità di colui che 'n questo mondo,
contemplando, gustò di quella pace.
114
»Du Sohn der Gnade, dieses Wonneleben«,
Begann hierauf er, »bleibt dir unbekannt,
Wenn du die Augen nur zu Boden senkest;
«Figliuol di grazia, quest' esser giocondo»,
cominciò elli, «non ti sarà noto,
tenendo li occhi pur qua giù al fondo;
117
Nein, blicke durch die Kreise bis zum fernsten,
Bis du die Königin dort thronen siehest,
Der unterthan dies Reich ist und ergeben.« -
ma guarda i cerchi infino al più remoto,
tanto che veggi seder la regina
cui questo regno è suddito e devoto».
120
Ich hob die Augen, und gleichwie am Morgen
Die Aufgangsgegend an dem Horizonte
Jen' überstrahlt, wo sich die Sonne neiget:
Io levai li occhi; e come da mattina
la parte orïental de l'orizzonte
soverchia quella dove 'l sol declina,
123
So sah mein Blick, gleichsam aus einem Thale
Bergaufwärts steigend, einen Punkt am Rande,
Der jede andre Reih' an Licht besiegte.
così, quasi di valle andando a monte
con li occhi, vidi parte ne lo stremo
vincer di lume tutta l'altra fronte.
126
Und wie dort, wo den Wagen man erwartet,
Den Phaëton schlecht lenkte, sich das Licht
Stärker entflammt und abnimmt nach den Seiten:
E come quivi ove s'aspetta il temo
che mal guidò Fetonte, più s'infiamma,
e quinci e quindi il lume si fa scemo,
129
So war auch jene Friedensoriflamme
Inmitten mehr belebt, doch überalhin
Verminderte sich gleicher Art das Feuer.
così quella pacifica oriafiamma
nel mezzo s'avvivava, e d'ogne parte
per igual modo allentava la fiamma;
132
Und nach der Mitte zu sah mehr als tausend
Festlicher Engel ich mit offnen Flügeln,
An Glanz verschieden all' wie an Bewegung.
e a quel mezzo, con le penne sparte,
vid' io più di mille angeli festanti,
ciascun distinto di fulgore e d'arte.
135
Und ihren Spielen sah ich, ihren Sängen,
Dort eine Schönheit lächeln, welche Wonne
War für die Augen all der andern Heil'gen.
Vidi a lor giochi quivi e a lor canti
ridere una bellezza, che letizia
era ne li occhi a tutti li altri santi;
138
Und hätt' ich solchen Reichthum auch der Rede,
Wie in der Einbildung, so wagt' ich dennoch
Den kleinsten ihrer Reize nicht zu schildern.
e s'io avessi in dir tanta divizia
quanta ad imaginar, non ardirei
lo minimo tentar di sua delizia.
141
Bernhard, als er aufmerksam meine Blicke
Auf ihre heiße Glut gerichtet sahe,
Kehrt' ihr die seinen zu mit solcher Inbrunst,
Bernardo, come vide li occhi miei
nel caldo suo caler fissi e attenti,
li suoi con tanto affetto volse a lei,
144
Daß glühender, zu schaun, die meinen wurden.
che ' miei di rimirar fé più ardenti.

Schreibe einen Kommentar