Amor, bei den Griechen Eros, der Gott der Liebe, der mächtigste der Götter der Schöpfer alles Erschaffenen, der Götter und der Menschen Herrscher, wie ihn Sophocles nennt. Die Kosmogonien und Theogonien weichen über seine Abkunft bedeutend ab; die Dichter machen ihn zum Sohn der Venus, aber nach Hesiod war zuerst das Chaos, dann die Erde, dann der Tartarus, dann Eros, d.h. A., der schönste unter den Göttern, der Glieder Lösende, der bei Göttern und Menschen den Sinn und klugen Rath bewältigt. Nach Aristophanes ist er aus einem Ei hervorgegangen, welches die Nacht von dem befruchtenden Winde geboren hat. Aber seine Herkunft wird sonst noch auf die verschiedenste Weise angegeben. Bald ist er ein Sohn des Uranus und der Gäa, bald des Saturn, bald der Ilithyia, bald des Mercur und der Diana, bald des Mercur und der Venus, bald des Mars und der Venus, bald des Zephyrus und der Iris, bald des Jupiter und der Venus, bald heisst es, seine Aeltern seien unbekannt, bald, er habe wohl eine Mutter, aber keinen Vater. - Je mehr sich indess die alte Vorstellung von A., als uraltem und schöpferischem Gott, in die leichtere, heiterere Volksvorstellung von ihm als dem schalkhaften Götterknaben umwandelte, desto allgemeiner befestigte sich auch der Glaube, dass Venus seine Mutter sei, und wie man nun diese bald als die höhere, sittlichere, als Venus Urania, bald als die niedere, die Göttin der sinnlichen Liebeslust fasste, so sprach man in demselben Sinne auch von einem doppelten A. - Im Uebrigen ist bekannt genug, wie die Dichter den Sagenkreis von dem schönen, anmuthigen Bösewicht ausgebildet haben, vor dessen List und Grausamkeit kein lebendes Wesen, selbst seine eigene Mutter nicht, sicher ist. - Noch vermochte A. nicht ohne Hülfe zu gehen, als er sich schon einen Bogen und Pfeile schnitzte, seine Kunst zuerst an allen Thieren des Feldes, dann aber an den Menschen selbst übte; seine Pfeile haben entweder goldene oder bleierne Spitzen, wodurch sie angenehme oder unangenehme Gefühle erwecken; er ward immer kühner und wagte zuletzt selbst die Götter anzugreifen; er nahm Jupiter den Blitz, Apollo die Pfeile, die Keule dem Hercules, die Fackel der Luna; Mars, Neptun und Bacchus mussten ihm Helm, Dreizack und Thyrsus geben, und dem Mercur nahm er die Flügelschuhe, und so wird er denn mit Recht der Menschen und Götter Besiegende genannt. - Anmuthig ist die Sage, dass das Kind A. nicht eher wuchs, als bis Venus den Anteros (die Gegenliebe) gebar, und ihn dem A. zum Spielgesellen gab. Die Dichter lassen auch Eros mit Himeros (Liebe und Sehnsucht), von der Venus begleitet gehen, auch Eros und Pothos (Liebe und Verlangen) sind häufig bei einander, auch Bacchus (der Freudenspender), Jocus (der Scherz), Hymen (der Ehestifter) und Fortuna sind in seinem Gefolge: ferner fehlen in seinem Geleite Peitho (Ueberredung), die Grazien (Anmuth) und die Musen (Poesie und Musik) nicht. - Die ihm geweihten Feste waren so hoch geehrt, als irgend andere; am glänzendsten waren die alle fünf Jahre sich wiederholenden Erotien, die man in Thespiä in Böotien mit Spielen und Kämpfen aller Art feierte. Geweiht waren ihm unter den Blumen die Rose, unter den Thieren der Hase, der Hahn und der Ziegenbock. Auch die Herrschaft, welche er über das menschliche Herz ausübt, wurde häufig sinnbildlich dargestellt. So zeigt ihn eine unserer Abbildungen als Löwenbändiger; eine andere in zärtlicher Vereinigung mit Psyche; eine dritte als Sieger über Hercules. - Unzählig sind die herrlichen Kunstwerke, welche ihn zum Gegenstand haben. Eine der sinnvollsten unter den Dichtungen, die ihn betreffen, ist die von A. und Psyche. Zahlreich ist die Schaar der Begleiter gleiches Alters und gleicher Gestalt, die dem A. beigegeben wird, der Amoretten, bei den Griechen Eroten; sie sind entweder, wie A., Söhne der Venus, oder Kinder der Nymphen, oder sie kommen, wie Vögel, aus den Eiern in A.s Neste gekrochen.
[Vollmer]

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