Wahre Freundschafft/ Sechstinne

Was ist das höchste Gutt auff diesem Erdenkreiß?
Es halten ihrer viel davor den theuren Koth
Der Erde gelbes Marck/ das man mit strenger Hand
Aus fest-verschloßner Schos der großen Mutter reist/
Sie setzen gegen Gold die Seele selber auff/
Im Fall sie lachet an ein Nutzen und Gewinn.

Was ist auff dieser Welt der edelste Gewinn?
Viel schätzen sich vor reich/ im Fall der Riegelkreiß
Erdienter Herren-Gunst gehoben aus dem Koth
Ihr vor verachtes Haubt/ im Fall die Gnaden-Hand
Des Fürsten sie erhöht und aus dem Staube reist/
So bläset sich ihr Sinn aus allen Kräfften auff.

Was hebet man mit Recht vor alle Gaben auff?
Es nehmen ihrer viel den kurtzen Jahr-Gewinn/
Dadurch erweitert wird der enge Lebenskreiß/
Vor Ehre/ Geld und Gutt/ sie kleben an dem Koth
Der irrdnen Sterbligkeit mit Hertze/ Mund und Hand/
Biß sie zulezt davon ein traurig Ende reist.

Was ist darnach man sich mit bestem Rechte reist?
Was nur den geilen Leib zur Freude muntert auff/
Diß acht der meiste Theil der Menschen vor Gewinn/
Da doch so lange Zeit den rundten Jammerkreiß
In Ach und Weh bewohnt der schwache Bau von Koth/
Verwechselt Leyd und Freud einander reicht die Hand.

Was ist zu nehmen an mit ausgestreckter Hand?
Nicht stoltze Wissenschafft/ die von der Erde reist
Den Wind-gefüllten Sinn/ zu steigen Himmel auff/
Die vielen zwar verheist der Ewigkeit Gewinn/
Doch wenn sich kehret um der Ehre falscher Kreiß/
Wird durch der Feinde Grimm gestürtzet in den Koth.

Geld/ Gnade/ Zeit und Lust und Wissen fällt in Koth/
Ein treuer Jonathan des Freundes rechte Hand/
Der von dem Freunde sich in keinen Nöthen reist/
Der Gutt und Blutt vor ihn mit Freuden setzet auff/
Ist/ meinem Sinne nach/ der edelste Gewinn/
Den uns gewähren kan der Erde Kugelkreiß.

VIII. Vermischte Gedichte 65

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