003
Kaum dass Gefühl und Sinn mir wiederkehrten,
Die mir verjagt das Mitleid mit den beiden
Verwandten, die mir stark das Herz beschwerten,
Al tornar de la mente, che si chiuse
dinanzi a la pietà de' due cognati,
che di trestizia tutto mi confuse,
006
So sah ich ringsherum nur neue Leiden
Und Leidende, wohin ich mich bewegen,
Wohin ich mich zu sehen mocht entscheiden.
Novi tormenti e novi tormentati
mi veggio intorno, come ch' io mi mova
e ch' io mi volga, e come che io guati.
009
Ich stand im dritten Kreis, wo ewiger Regen
Als Fluch, gleichmäßig, kalt, in Tropfen schwer
Herniederfällt und niemals darf sich legen.
Io sono al terzo cerchio, de la piova
etterna, maladetta, fredda e greve :
regola e qualità mai non l'è nova.
012
Prasselnd entströmt der finstern Luft ein Meer
Klatschenden Hagels; Schnee und Wasser brausen,
Und stinkend qualmt davon das Land umher.
Grandine grossa, acqua tinta e neve
per l'aere tenebroso si riversa ;
pute la terra che questo riceve.
015
Das Untier Cerberus, seltsam, zum Grausen,
Bellt aus drei Kehlen wie ein Hund voll Blut
Das Volk an, das in dieser Nacht muss hausen.
Cerbero, fiera crudele e diversa,
con tre gole caninamente latra
sopra la gente che quivi è sommersa.
018
Sein Schwarzbart trieft, sein Aug ist düstre Glut,
Wampig sein Bauch! Die Tatze, scharfbeklaut,
Zerkratzt, zerfleischt die Seelen bis aufs Blut.
Li occhi ha vermigli, la barba unta e atra,
e 'l ventre largo, e unghiate le mani ;
graffia li spirti, scuoia e disquatra.
021
Die heulen Hunden gleich im Regen laut
Und sichern sich durch fleißges Körperdrehen
Auf einer Seite zeitweis trockne Haut.
Urlar li fa la pioggia come cani :
de l'un de' lati fanno a l'altro schermo ;
volgonsi spesso i miseri profani.
024
Als uns das Lindwurmscheusal kaum ersehen,
Reißt es die Mäuler auf und zeigt die Hauer,
Wobei ihm Wut k e i n Glied lässt stillestehen!
Quando ci scòrse Cerbero, il gran vermo,
le bocche aperse e mostrocci le sanne ;
non avea membro che tenesse fermo.
027
Mein Führer aber, frei von bangem Schauer,
Griff Erde auf und warf die Faust ganz voll
Ihm in den Schlund, dem gierigen Verdauer.
Lo duca mio distese le sue spanne,
prese la terra, e con piene le pugna
la gittò dentro a le bramose canne.
030
Und wie ein Hund nachlässt in Gier und Groll,
Fühlt er den Fraß erst zwischen seinen Zähnen,
Nur sinnt, wie er ihn niederwürgen soll –
Qual è quel cane ch' abbaiando agugna,
e si racqueta poi che 'l pasto morde,
ché solo a divorarlo intende e pugna,
033
So ließ der schmutzge Dreischlund gleich sein Gähnen,
Der sonst so schrecklich dröhnt den Leidensmatten,
Dass sie sich Taubheit wünschen unter Tränen.
Cotai si fecer quelle facce lorde
de lo demonio Cerbero, che 'ntrona
l'anime sí ch' esser vorrebber sorde.
036
Auf den vom Regen hingepeitschten Schatten
Schritten wir weiter jetzt, doch wir zertraten
Sie nicht, die wesenlosen Schein nur hatten.
Noi passavam su per l'ombre che adona
la greve pioggia, e ponavam le piante
sopra lor vanità che par persona.
039
Sie blieben fühllos liegen, als wir nahten,;
Nur einer fuhr sich setzend jäh empor,
Als er uns sah bei sich vorüberwaten.
Elle giacean per terra tutte quante,
fuor d'una ch' a seder si levò, ratto
ch' ella ci vide passarsi davante.
042
»Du, der geführt ward durch der Hölle Tor,«
Rief er, »erkenne mich, wenn dir’s gelingt;
Du gingst ins Leben ein, eh ich’s verlor!«
« O tu che se' per questo inferno tratto, »
mi disse, « riconoscimi, se sai :
tu fosti, prima ch' io disfatto, fatto. »
045
Und ich: »Die Qual, die du erleidest, bringt
Vielleicht entstellt dein Bild mir vor die Sinne:
Sah ich dich je? Nicht weiß ich’s unbedingt!
E io a lei : « L'angoscia che tu hai
forse ti tira fuor de la mia mente,
sí che non par ch' i' ti vedessi mai.
048
Doch sprich: wer bist du, der hier im Gerinne
Der Schmutzflut friert? – Gewiss gibt’s größres Leid,
Doch keines ekelhaftern ward ich inne!«
Ma dimmi chi tu se', che 'n sí dolente
loco se' messa e a sí fatta pena,
che, s' altra è maggio, nulla è sí spiacente. »
051
Da rief er: »Deine Stadt, erfüllt von Neid,
So dass der volle Kelch will überfließen,
Umschloss auch mich in heitrer Lebenszeit.
Ed elli a me : « La tua città, ch' è piena
d'invidia sí che già trabocca il sacco,
seco mi tenne in la vita serena.
054
Ich bin’s, den unsre Bürger Ciacco hießen,
Und weil ich nur geopfert meinem Schlunde,
Muss ewger Regen sich auf mich ergießen.
Voi cittadini mi chiamaste Ciacco :
per la dannosa colpa de la gola,
come tu vedi, a la pioggia mi fiacco.
057
Doch bin ich nicht allein. Im gleichen Bunde
Um gleiche Sünde dulden gleiches Los
Die andern hier!« – Und ich, nach dieser Kunde,
E io anima trista non son sola,
ché tutte queste a simil pena stanno
per simil colpa. » E piú non fé parola.
060
Sprach, als er schwieg: »O Ciacco, wie so groß
Ist Deine Qual, die mich zu Tränen rührt.
Doch sage mir: was birgt der Zukunft Schoß
Io li rispuosi : « Ciacco, il tuo affanno
mi pesa sí, ch' a lagrimar m'invita ;
ma dimmi, se tu sai, a che verranno
063
Für unsre Stadt, die Zwist und Streit verführt?
Weilt ein Gerechter dort? – Kannst du mir sagen,
Aus welchem Grund man ewig Zwietracht schürt?«
Li cittadin de la città partita ;
s' alcun v'è giusto ; e dimmi la cagione
per che l'ha tanta discordia assalita. »
066
Und er: »Es kommt nach langem Streit zum schlagen;
Die Waldpartei, nachdem viel Blut vergossen,
Wird die der andern ächten und verjagen.
Ed elli a me : « Dopo lunga tencione
verranno al sangue, e la parte selvaggia
caccerà l'altra con molta offensione.
069
Doch eh drei Sonnenläufe noch verflossen,
Wird jene selbst durch d e n der Macht beraubt,
Der jetzt laviert und schmeichelt unverdrossen.
Poi appresso convien che questa caggia
infra tre soli, e che l'altra sormonti
con la forza di tal che testé piaggia.
072
Hochtragen wird sie lange stolz das Haupt,
Die andre halten unter Druck und Banden,
Obgleich aus Scham sie weint und Rache schnaubt.
Alte terrà lungo tempo le fronti,
tenendo l'altra sotto gravi pesi,
come che di ciò pianga o che n'adonti.
075
Zwei sind gerecht nur, aber unverstanden,
Weil die drei Funken: Habgier, Stolz und Neid
Die Herzen brennen machen und zuschanden!«
Giusti son due, e non vi sono intesi ;
superbia, invidia e avarizia sono
le tre faville c' hanno i cuori accesi. »
078
Hier schloss er seiner Rede Bitterkeit;
Und ich zu ihm: »Noch wünsch ich mehr zu wissen,
Drum fahre fort im freundlichen Bescheid,
Qui puose fine al lagrimabil suono.
E io a lui : « Ancor vo' che m'nsegni,
e che di piú parlar mi facci dono.
081
Noch lässt mich Mosca, Farinata missen
Dein Wort! – Arrigos, Rusticuccis Seelen,
Tegghiaios und der andern, ruhmbeflissen,
Farinata e 'l Tegghiaio, che fuor' sí degni,
Iacopo Rusticucci, Arrigo e 'l Mosca
e li altri ch' a ben far puoser li 'ngegni,
084
Wo sind sie? Wolle mir dies nicht verhehlen!
Gern wüßt ich : ob sie Himmelsluft erfahren,
Ob sie im btittern Brand der Hölle schwelen?«
Dimmi ove sono e fa ch' io li conosca :
ché gran disío mi stringe di savere,
se 'l ciel li addolcia, o lo 'nferno li attosca. »
087
Und er: »Sie sind gestürzt zu schwärzern Scharen,
Viel härter drückt ganz andre Schuld sie nieder;
Steigst du so tief, so wirst du sie gewahren.
E quelli : « Ei son tra l'anime piú nere :
diverse colpe giú li grava al fondo ;
se tanto scendi, là i potrai vedere.
090
Doch wenn du kehrst zur süßen Erde wieder,
Erneure bei den Freunden mein Gedenken –
Mehr sag ich nicht!« – Wie nun die Augenlider
Ma quando tu sarai nel dolce mondo,
priegoti ch' a la mente altrui mi rechi :
piú non ti dico e piú non ti rispondo. »
093
Auf den gebrochnen Blick sich müde senken,
Stiert er mich an, um gleich den andern Blinden
Gebeugten Hauptes sich dem Schlaf zu schenken.
Li diritti occhi torse allora in biechi :
guardommi un poco, e poi chinò la testa :
cadde con essa a par de li altri ciechi.
096
Mein Führer sprach: »Der wird nun Ruhe finden,
Bis die Posaune des Gerichtes schallt
Und Er erscheint, zu lösen und zu binden!
E 'l duca disse a me : « Piú non si desta
di qua dal suon de l'angelica tromba,
quando verrà la nimica podèsta :
099
Dann wird dem Äußern seiner Staubgestalt
Vom Grab her alles Fleisch zurückgegeben
Und hören, was die Ewigkeit durchhallt!« –
Ciascun rivederà la trista tomba,
ripiglierà sua carne e sua figura,
udirà quel che in etterno rimbomba. »
102
Hindurch, wo sich zu ekelm Wust verweben
Schatten und Regenflut, ging’s langsam fort;
Wir sprachen mancherlei vom Jenseitsleben,
Sí trapassammo per sozza mistura
de l'ombre e de la pioggia, a passi lenti,
toccando un poco la vita futura.
105
Bis ich ihn fragte: »Was an diesem Ort
Die Seelen quält – sag, Meister, ob sich’s mehre,
Vermindre oder gleich verbleib auch dort?«
Per ch' io dissi : « Maestro, esti tormenti
cresceranno ei dopo la gran sentenza,
o fier minori, o saran sí cocenti? »
108
Und er: »Gedenke an der Weisheit Lehre:
Um so vollkommner mag ein Wesen sein,
Je mehr es Freude fühlt und Schmerzensschwere.
Ed elli a me : « Ritorna a tua scienza,
che vuol, quanto la cosa è piú perfetta,
piú senta il bene, e cosí la doglienza.
111
Ob nun dies Volk, verdammt zu ewger Pein,
Auch nie vollkommne Reise wird erlangen,
Zu besserm Stand als hier geht’s dennoch ein!«
Tutto che questa gente maladetta
in vera perfezion già mai non vada,
di là piú che di qua essere aspetta. »
114
Drauf sind wir weiterfort im Kreis gegangen,
Mehr sprechend, als zu sagen gut erscheint,
Bis hin zur Stätte, wo wir abwärts drangen
Noi aggirammo a tondo quella strada,
parlando piú assai ch' io non ridico ;
venimmo al punto dove si digrada :
117
Und Plutus trafen, den gewaltgen Feind!
Quivi trovammo Pluto, il gran nemico.
120

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