003
Nun mag mein Geistesboot die Segel brassen,
Um durch weit beßre Fluten vorzudringen,
Seit es so böse See zurückgelassen!
Per correr miglior acque alza le vele
omai la navicella del mio ingegno,
che lascia dietro a sé mar sì crudele;
006
Von jenem zweiten Reiche will ich singen,
Wo Menschengeist sich läutert von Vergehen
Und würdig wird zum Himmel sich zu schwingen.
e canterò di quel secondo regno
dove l'umano spirito si purga
e di salire al ciel diventa degno.
009
Hier soll die tote Dichtung auferstehen,
O heilige Musen, denn ich bin ja euer!
Kalliope mag etwas höher gehen,
Ma qui la morta poesì resurga,
o sante Muse, poi che vostro sono;
e qui Calïopè alquanto surga,
012
Mein Lied entflammend mit des Tones Feuer,
Der so die armen Elstern traf, daß Reue
Vergeblich, wo die Keckheit ungeheuer.
seguitando il mio canto con quel suono
di cui le Piche misere sentiro
lo colpo tal, che disperar perdono.
015
Vom Osten her des Saphirs sanfte Bläue,
Die bis zum ersten Kreis durch lautern Äther
So heiter sich ergossen, gab aufs neue
Dolce color d'orïental zaffiro,
che s'accoglieva nel sereno aspetto
del mezzo, puro infino al primo giro,
018
Dem Auge Wonne, keinen Wink nur später,
Als hier mein Weg aus totem Dunst gemündet,
Der Brust und Augen ward zum Übeltäter.
a li occhi miei ricominciò diletto,
tosto ch'io usci' fuor de l'aura morta
che m'avea contristati li occhi e 'l petto.
021
Der schöne Wandelstern, der Lieb entzündet,
Macht', daß der ganze Morgenhimmel lachte,
Die Fische überstrahlend, ihm verbündet.
Lo bel pianeto che d'amar conforta
faceva tutto rider l'orïente,
velando i Pesci ch'erano in sua scorta.
024
Indem ich rechts den andern Pol betrachte,
Gewahr ich eines Viergestirnes Schimmer,
Das nur die ersten Menschen überwachte.
I' mi volsi a man destra, e puosi mente
a l'altro polo, e vidi quattro stelle
non viste mai fuor ch'a la prima gente.
027
Der Himmel freute sich an dem Geflimmer.
Verwaistes Land im nordischen Kontinente,
Daß solche Schau versagt dir blieb auf immer!
Goder pareva 'l ciel di lor fiammelle:
oh settentrïonal vedovo sito,
poi che privato se' di mirar quelle!
030
Als ich das Aug von diesem Anblick trennte,
Und etwas es zum andern Pol ließ kreisen,
Wo schon der Wagen schwand vom Firmamente,
Com'io da loro sguardo fui partito,
un poco me volgendo a l'altro polo,
là onde 'l Carro già era sparito,
033
Sah ich ganz nah und einsam einen Greisen,
Des Aussehn mich zu solcher Ehrfurcht drängte,
Wie nur ein Sohn dem Vater kann erweisen.
vidi presso di me un veglio solo,
degno di tanta reverenza in vista,
che più non dee a padre alcun figliuolo.
036
Lang war sein Bart, der schon mit weiß sich mengte,
Wie damit auch das Haupthaar war durchschossen,
Von dem ein Strähnenpaar zur Brust sich senkte.
Lunga la barba e di pel bianco mista
portava, a' suoi capelli simigliante,
de' quai cadeva al petto doppia lista.
039
Die Strahlen der vier heiligen Lichter flossen
Ihm um das Angesicht mit einer Helle,
Als wär er vorn mit Sonne übergossen.
Li raggi de le quattro luci sante
fregiavan sì la sua faccia di lume,
ch'i' 'l vedea come 'l sol fosse davante.
042
»Wer seid ihr?« sprach er, »gegen das Gefälle
Des finstern Bachs den ewigen Verliesen
Entschlüpft?« + Es bebt' des Bartes würdige Welle.
"Chi siete voi che contro al cieco fiume
fuggita avete la pregione etterna?",
diss'el, movendo quelle oneste piume.
045
»Wer führt' euch her? Welch Licht ließ euch erkiesen
Den Weg aus tiefer Nacht, wohin die Rotte
Des immer schwarzen Höllentals verwiesen?
"Chi v' ha guidati, o che vi fu lucerna,
uscendo fuor de la profonda notte
che sempre nera fa la valle inferna?
048
Ward das Gesetz des Abgrunds denn zum Spotte?
Konnt sich des Himmels Ratschluß so erneuern,
Daß ihr Verdammte kommt zu meiner Grotte?«
Son le leggi d'abisso così rotte?
o è mutato in ciel novo consiglio,
che, dannati, venite a le mie grotte?".
051
Da faßte mich Vergil, mich anzufeuern
Mit Wort und Hand und Wink, daß mir beliebe,
Durch Knie und Miene Ehrfurcht ihm zu steuern.
Lo duca mio allor mi diè di piglio,
e con parole e con mani e con cenni
reverenti mi fé le gambe e 'l ciglio.
054
Dann sagt er jenem: »Nicht aus eignem Triebe
Kam ich: ein Weib stieg aus dem Himmelsreigen
Und diesen führ ich ihrem Flehn zuliebe.
Poscia rispuose lui: "Da me non venni:
donna scese del ciel, per li cui prieghi
de la mia compagnia costui sovvenni.
057
Doch weil 's dein Wunsch ist, daß ich dir soll zeigen,
Wie unsre Sachen stehen, ohne Schminken,
Kann 's nicht der meine sein, es zu verschweigen.
Ma da ch'è tuo voler che più si spieghi
di nostra condizion com'ell'è vera,
esser non puote il mio che a te si nieghi.
060
Der sah noch nicht den letzten Abend sinken,
Doch war er ihm so nah, vom Wahn verblendet,
Daß nur noch kurze Frist ihm schien zu winken.
Questi non vide mai l'ultima sera;
ma per la sua follia le fu sì presso,
che molto poco tempo a volger era.
063
Wie ich gesagt, ward ich zu ihm gesendet
Zur Rettung, und ich war dazu imstande
Nur auf dem Weg, auf den ich mich gewendet.
Sì com'io dissi, fui mandato ad esso
per lui campare; e non lì era altra via
che questa per la quale i' mi son messo.
066
Schon zeigt ich ihm die ganze Frevlerbande
Und möchte nun ihn führen zu den Chören,
Die, sich zu läutern, dir gewährt zum Pfande.
Mostrata ho lui tutta la gente ria;
e ora intendo mostrar quelli spirti
che purgan sé sotto la tua balìa.
069
Die Mär der Fahrten würde dich nur stören;
Durch höhere Kraft führt ich zu diesen Staden
Ihn her, daß er dich sehen kann und hören.
Com'io l' ho tratto, saria lungo a dirti;
de l'alto scende virtù che m'aiuta
conducerlo a vederti e a udirti.
072
So halte ihm sein Kommen denn zu Gnaden!
Die Freiheit sucht er, von so hohem Werte,
Wie weiß, wer sich des Lebens drum entladen.
Or ti piaccia gradir la sua venuta:
libertà va cercando, ch'è sì cara,
come sa chi per lei vita rifiuta.
075
Du weißt's, den nicht der Tod für sie beschwerte
In Utica, wo du des Kleides Fetzen
Verwarfst, daß sich's am großen Tag verklärte.
Tu 'l sai, ché non ti fu per lei amara
in Utica la morte, ove lasciasti
la vesta ch'al gran dì sarà sì chiara.
078
Wir trotzten nicht den ewigen Gesetzen,
Denn der hier lebt; frei läßt mich Minos gehen
Und mein Daheim ist unter jenen Plätzen,
Non son li editti etterni per noi guasti,
ché questi vive e Minòs me non lega;
ma son del cerchio ove son li occhi casti
081
Wo deiner Marcia Augen sittsam flehen,
Daß du sie haltest, heilig Herz, zu eigen.
Drum laß uns ihretwegen Huld geschehen!
di Marzia tua, che 'n vista ancor ti priega,
o santo petto, che per tua la tegni:
per lo suo amore adunque a noi ti piega.
084
Durch deine sieben Reiche laß uns steigen,
Und deinen lieben Gruß an sie bestell ich,
Soll ich nicht lieber drunten von dir schweigen.«
Lasciane andar per li tuoi sette regni;
grazie riporterò di te a lei,
se d'esser mentovato là giù degni".
087
+ »War Marcia meinen Augen wohlgefällig«,
Versetzt' er drauf, »solang sie mich gekannt hat,
Und tat ich ihr den Willen stets einhellig,
"Marzïa piacque tanto a li occhi miei
mentre ch'i' fu' di là", diss'elli allora,
"che quante grazie volse da me, fei.
090
Jetzt, da die böse Sumpfflut sie gebannt hat,
Kann sie nach dem Gesetz mich nicht mehr rühren,
Das, seit ich dort entkommen bin, Bestand hat.
Or che di là dal mal fiume dimora,
più muover non mi può, per quella legge
che fatta fu quando me n'usci' fora.
093
Will aber dich ein Weib vom Himmel führen,
Brauchst du nicht Schmeichelworte zu erfinden;
Ihr Wunsch genügt, den Eifer mir zu schüren.
Ma se donna del ciel ti move e regge,
come tu di', non c'è mestier lusinghe:
bastisi ben che per lei mi richegge.
096
Nun geh und sorge, diesen zu umwinden
Mit schlichtem Schilf, und sein Gesicht zu baden;
So dürfte aller Höllenruß verschwinden.
Va dunque, e fa che tu costui ricinghe
d'un giunco schietto e che li lavi 'l viso,
sì ch'ogne sucidume quindi stinghe;
099
Es ziemt sich nicht, mit Augen trüb von Schwaden
Dem ersten zu begegnen aus dem Stande
Der Diener von den Paradiesgestaden.
ché non si converria, l'occhio sorpriso
d'alcuna nebbia, andar dinanzi al primo
ministro, ch'è di quei di paradiso.
102
An dieses kleinen Eilands äußerm Rande,
Dort ganz zu unterst, wo's die Wellen schlagen,
Wächst solches Schilf ringsum auf schlammigem Strande.
Questa isoletta intorno ad imo ad imo,
là giù colà dove la batte l'onda,
porta di giunchi sovra 'l molle limo:
105
Die andern Pflanzen, welche Blätter tragen
Und sich verholzen, können dort nicht leben:
Es fehlt die Schmiegsamkeit beim Wellenjagen.
null'altra pianta che facesse fronda
o indurasse, vi puote aver vita,
però ch'a le percosse non seconda.
108
Wollt dann euch nicht hierher zurückbegeben;
Da geht die Sonne auf: sie wird euch zeigen,
Wo 's leichter ist, den Berg hinanzustreben.« +
Poscia non sia di qua vostra reddita;
lo sol vi mosterrà, che surge omai,
prendere il monte a più lieve salita".
111
Er war verschwunden. Ich, in tiefem Schweigen,
Erhob mich, nahm zum Führer meine Wende
Und ließ zu ihm die Blicke fragend steigen.
Così sparì; e io sù mi levai
sanza parlare, e tutto mi ritrassi
al duca mio, e li occhi a lui drizzai.
114
Der sprach: »Nun komm und folge mir behende!
Wir kehren um; denn sieh, von dieser Stelle
Senkt sich zum tiefsten Plane das Gelände.«
El cominciò: "Figliuol, segui i miei passi:
volgianci in dietro, ché di qua dichina
questa pianura a' suoi termini bassi".
117
Schon überwunden von der Morgenhelle,
Wich nun die Dämmerung, daß ich vom weiten
Erkennen konnt das Flimmerspiel der Welle.
L'alba vinceva l'ora mattutina
che fuggia innanzi, sì che di lontano
conobbi il tremolar de la marina.
120
Wir schritten hin die menschenleeren Breiten,
Wie einer zum verlornen Pfad sich wendet
Und bis dorthin vergebens glaubt zu schreiten.
Noi andavam per lo solingo piano
com'om che torna a la perduta strada,
che 'nfino ad essa li pare ire in vano.
123
Als wir nun unsre Wanderung beendet,
Wo Morgentau noch mit der Sonne streitet
Und träg nur weicht, weil Riedgras Schatten spendet,
Quando noi fummo là 've la rugiada
pugna col sole, per essere in parte
dove, ad orezza, poco si dirada,
126
Sah ich den Meister, sachte ausgebreitet,
Die beiden Hände auf die Halme legen,
Und hielt, von seinem Kunstgriff recht geleitet,
ambo le mani in su l'erbetta sparte
soavemente 'l mio maestro pose:
ond'io, che fui accorto di sua arte,
129
Die tränentrüben Wangen ihm entgegen.
Da wußte er mir wieder Farb und Glätte,
Die Höllendunst verdeckt hielt, freizufegen.
porsi ver' lui le guance lagrimose;
ivi mi fece tutto discoverto
quel color che l'inferno mi nascose.
132
Dann kamen wir zur öden Küstenstätte,
Die niemals einen Schiffer sich sah wagen
Dorthin, der dann noch heimgefunden hätte.
Venimmo poi in sul lito diserto,
che mai non vide navicar sue acque
omo, che di tornar sia poscia esperto.
135
Da gürtet' er mich, wie ihm aufgetragen,
Und wunderbar! Wie er sie auserkoren,
So sah ich die bescheidne Pflanze ragen,
Quivi mi cinse sì com'altrui piacque:
oh maraviglia! ché qual elli scelse
l'umile pianta, cotal si rinacque
138
Wo er sie pflückte, plötzlich neu geboren.
subitamente là onde l'avelse.

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