-
Kaspar (Lyrischer Barion)
-
Gretl (Lyrischer Koloratursopran, auch Soubrette)
-
Der Bauer (Charakterbaß)
-
Ninabella (Jugendlich-dramatischer Sopran, auch Lyrischer Sopran)
-
Amandus (Lyrischer Tenor)
-
Guldensack (Charakterbaß, auch Charakterbariton)
-
Cuperus (Seriöser Baß)
-
Fangauf (Tenor buffo)
-
Schnapper (Baß buffo)
-
Kleine Rollen
-
Der Bürgermeister (Charaktertenor, auch Charakterbaß)
-
Der Richter (Tenor)
-
Zwei Lakaien (Tenor und Baß)
-
Ein Offizier (Stumm)
Die Zaubergeige
Oper 3 Akte
Ludwig Andersen (Pseudonym für Ludwig Strecker)
22. Mai 1935 Frankfurt/M
Musik von Werner Egk
Eventuell Lakaien, Richter und Offizier. Elementargeister, Dienerschaft bei Ninabella, Gäste, Gerichtspersonen, Trommler, Stadtwache und Volk (Mittlere Aufgaben)
2 Flöten (auch Kleine Flöten), 2 Oboen (2. auch Englisch Horn),
2 Klarinetten, 2 Fagotte (2. auch Kontrafagott), 4 Hörner, 3 Trompeten, 3
Posaunen, Baßtuba, Pauken, Schlagzeug, Celesta, Streicher
Bühnenmusik: 2 Klarinetten, 2 Hörner, 2 Fagotte, 2 Violinen, Kontrabaß
(aus dem Orchester zu besetzen), 4 Rührtrommeln oder Kleine Trommeln, Glöcklein
Ort: Märchenland
Zeit: Märchenzeit
1. Akt. 1. Bild. Bauernstube. Kaspar, der Knecht, will zusammen
mit seiner Gretl in die Welt hinausziehen. Er hat es satt, länger bei dem
groben Bauern zu dienen, und fühlt sich zu etwas Höherem geboren. Doch der Bauer
läßt ihn nicht fort; bevor er ihm nicht drei Taler Schaden für Axt, Hacke und
Pflug ersetzt hat. Da bleibt Gretl für Kaspar zurück, um die Schuld abzuverdienen, und gibt ihm die letzten drei Kreuzer auf die Reise mit.
2. Bild. Im Wald an der Straßenkreuzung treffen sich die
Spitzbuben Fangauf und Schnapper, klagen über die lausigen Zeiten und brechen zu
neuem Beutezug auf. Vor einem Wegweiser stößt Kaspar auf einen alten Bettler,
dem er auf sein Bitten hin sein ganzes Hab und Gut schenkt: die drei Kreuzer.
Der Bettler aber ist Cuperus, der mächtige Erdgeist; er schenkt Kaspar eine
Zaubergeige, deren geheimnisvolle Kräfte jedoch nur so lange wirken, als Kaspar
der Liebe entsagt. Zum erstenmal probiert Kaspar die Geige bei dem Wucherer
Guldensack aus und läßt ihn einen tollen Hüpfauf tanzen, bis er ohnmächtig
zusammenbricht. Als Kaspar weiterzieht, plündern Fangauf und Schnapper den
bewußtlosen Guldensack bis aufs Hemd aus. Als dieser erwacht, schwört er Kaspar
Rache.
2. Akt. 1. Bild. Speisesaal im Schloß der Ninabella. Aus Kaspar
ist inzwischen der berühmte Geigenvirtuos Spagatini, aus Gretl die Kammerzofe,
aus Guldensack der Hofmarschall der schönen Dame Ninabella geworden. An Stelle
der Schauspieler, die Ninabella ursprünglich zu ihrem Fest geladen, die aber
abgesagt haben, schickt sie Guldensack und Gretl zu Spagatini, der sich gerade
in der Stadt aufhält. Als launige Frau von Welt hat sich Ninabella in den Kopf
gesetzt, den berühmten Künstler zu erobern, von dem es heißt, daß er alle Frauen
verschmäht.
2. Bild. Im Zimmer eines vornehmen Gasthofes empfängt Kaspar
zunächst Guldensack, der bei dieser Gelegenheit in dem Virtuosen Kaspar
wiedererkennt, von dem er glaubt, daß er ihn am Kreuzweg ausgeplündert habe. Er
will sich an Kaspar rächen. Kurz darauf kommt auch Gretl zu Kaspar, ohne
zu wissen, wer Spagatini in Wahrheit ist. Beide erkennen sich wieder; aber
Kaspar muß sich Gretl gegenüber gleichgültig zeigen, ohne ihr den Grund sagen zu dürfen. Tieftraurig kehrt sie ins Schloß
zurück. Im Augenblick, da Kaspar seinen Kummer vertrinken will, erscheint der
Bürgermeister an der Spitze einer Abordnung im Gasthof, um ihm eine goldene
Ehrenkette zu überreichen.
3. Akt. 1. Bild. Im Schloßpark findet das Festkonzert
statt, und alle Welt wird vom Spiel der Geige verzaubert. Ninabella läßt alle
Verführungskünste spielen, bis der Widerstand Kaspars erlahmt. Inzwischen hat sich
Guldensack mit Amandus, dem eifersüchtigen Liebhaber Ninabellas, verbündet und
holt Wachen herbei, um den vermeintlichen Räuber zu verhaften. Als Kaspar
Ninabella küßt, dringen seine Feinde ein und nehmen ihn fest. Die Zauberkraft
der Geige ist dahin.
2. Bild. Hügeliges Gelände, außerhalb der Stadt. Kaspar wird,
begleitet von der treuen und trauernden Gretl, zum Galgenberg geführt. Doch als
die Exekution beginnt, erscheint Cuperus, und reicht ihm die Zaubergeige. Unter
ihrer Wirkung bekennen Fangauf und Schnapper, daß sie das Geld gestohlen
haben. Wieder tritt Cuperus auf, der Kaspar unter gleichen Bedingungen wieder die Geige schenken möchte. Kaspar verzichtet. An der
Seite Gretls will er lieber ein bescheidenes, aber glückliches Leben führen.
WERK UND WIEDERGABE
Der Hintergrund. Die kindlich enge Marionettenwelt Poccis nimmt in dieser bayerischen Volksoper Weite, Hintergründigkeit und derbfröhliche Lebenskraft an. Kaspar, der Bauernknecht, zieht in die Welt und gewinnt die Zaubergeige, deren Klang die Menschen ihm zu Willen macht. "Nicht nur ein 'Urvieh', sondern auch ein Erzbegriff und ein Urbild"(Egk). Höher als Reichtum, Ruhmn und Macht ist ihm am Schluß seiner Abenteuer die Erkenntnis, "daß keine Macht und Gut der Erden zu vergleichen ist dem Glück, ein treues Herz zu besitzen" - also schon hier das Egksche Grundanliegen der Selbstverantwortung des Menschen, seine Verstrickung und Erlösung durch die Liebe.
Der Text. Egk begegnete dem Stoff dieser Erstlingsoper zum ersten Male etwa 1930 bei seiner Tätigkeit an der Münchner Marionettenbühne von Brann; seitdem hat ihn das aus Kasperlspäßen, Volkstümlichkeit und Münchner Lokalton gemischte Märchenspiel des bayerischen Zeichners, Dichters und Musikers Franz von Pocci nicht mehr losgelassen. Als sich Egk zu seiner "Zaubergeige" entschloß, schwebte ihm eine menschliche und literarische Veredlung der ursprünglichen Kasperliade vor: eine von echter Romantik und Lebensfreude erfüllte volkstümliche Oper mit tieferer Bedeutung. In Ludwig Andersen (dem Mitinhaber des Schott-Verlages Dr. Ludwig Strecker) fand er einen persönlichen Förderer und erfahrenen Mitarbeiter für das wirksame Buch, das in seiner Verbindung von kecker Hanswurstposse, moderner Ironie und barock-romantischer Verbrämung durch Verwendung alter deutscher Barockgedichte den Ton des Urwüchsig-Naiven mehrfach verläßt.
Die Musik. Gleich mit der Ouvertüre sind die drei für Egks Musik kennzeichnenden Elemente Melodie, Klangfarbe und Rhythmus glücklich vereint: ein frischfröhliches Bajuwarentum, das ohne Umschweife auf den Hörer eindringt. Die "Zaubergeige" ist freilich trotz der starken, Bevorzugtung eines Melodietyps, der unverkennbar im Schwäbisch-Bayerischen wurzelt und sich der rhythmischen Vielfalt des "Zwiefachen" bei allen Gelegenheiten bedient, mehr als eine bayerische Oper. Dazu ist ihr musikalischer Aktionsradius, ihre Berührung mit allen möglichen internationalen Einflüssen und Stilen (Chabrier, Strauss, Strawinsky) zu weit. Die Sphäre des naiven Volkstons trifft der Komponist besonders gut dort, wo kleine pointierte Formen zu schaffen oder parodistische Züge am Platze sind: bei den Liedern des Kaspar und der Gretl, den Schelmenweisen der Galgenvögel Fangauf und Schnapper, und dem bohrenden Drehorgelklang der Cuperus-Bitte. Ihren "Pfeffer" erhalten diese Partien von den hemdsärmeligen Mischklängen und Bi-Tonalitäten etwa im Stile einer falsch spielenden Bauernkapelle, wobei die heikle Grenze zwischen Folklore und Artistik haarscharf eingehalten wird. Diese Teile der Partitur sind origineller als die der Belcanto-Oper entliehenen, etwas künstlichen Lyrismen der Ninabella, die von der Spieloper hinüber zur opernhaft romantisierenden Musikkomödie führen. (Hier hat Egk bei seiner Neufassung manches vereinfacht.) Das virtuos behandelte Orchester mischt die erforderlichen Farben des Bäuerisch-Deftigen und Geistreich-Sprühenden; ein Stück wie die spanische Spagniola besitzt schon die bestechende sinnliche Eleganz, die für Egks spätere Werke bezeichnend ist.
Werkgeschichte. Mit der Uraufführung der "Zaubergeige" am 22. Mai 1935 lenkte das Opernhaus von Frankfurt a. M. unter Leitung Bertil Wetzelsbergers die Aufmerksamkeit auf einen bis dahin weniger bekannten süddeutschen Komponisten; 1936 folgte die Berliner Staatsoper mit dem Komponisten am Pult, der auf Grund dieses Erfolges als Kapellmeister an die Berliner Lindenoper verpflichtet wurde. Die Erfahrungen zahlreicher Aufführungen veranlaßten Egk 1954 (Stuttgart), dem bisher von über 80 Bühnen gespielten Werk eine "konzentriertere und präzisere Formulierung" zu geben. Diese seitdem allgemein verbreitete "Neufassung" arbeitet nicht nur mit Strichen, sondern enthält für die Ninabella-Arie, für das Terzett des ersten Bildes, für das Ensemble des vorletzten Bildes u. a. grundlegende kompositorische Veränderungen. Die Wortverständlichkeit der Rezitätive wurde verbessert, die Orchestersprache schlanker und schmiegsamer gemacht. Trotzdem hat Egk Substanz und Stil des Urbildes nicht angetastet.
Bühnenpraxis. Sechs Bühnenbilder. Ouvertüre. Orhestereinleitungen vor dem 2., 4. und 6. Bild. Durchkomponiert (Musikszenen). Dauer der Neufassung: 2 Stunden. Verlag: Schott, Mainz.
Bemerkungen. Zu wählen ist heute nur noch die "Neufassung". Der Darstellungsstil muß nach Egks Willen alle Züge einer parodistischen Kasperlgroteske vermeiden - heitere Volksoper!
Solisten
Chor
Ballett