Carl Maria von Weber
Euryanthe
Romantische Oper in drei Aufzügen
Libretto von Wilhelmina Christiane von Chézy
Uraufführung: 25.10.1823, Kärntnertor-Theater, Wien
Personen
König Ludwig der Sechste (Baß)
Die Herzogin von Burgund
Adolar, Graf zu Nevers und Rethel (Tenor)
Euryanthe von Savoyen, seine Braut (Sopran)
Lysiart, Graf von Forest und Beaujolois (Bariton)
Eglantine von Pniset, eine Gefangene, Tochter eines Empörers (Mezzosopran)
Rudolf, ein Ritter (Tenor)
Bertha, ein Landmädchen (Sopran)
Ein Brautpaar
Fürsten und Fürstinnen. Grafen. Edle, Ritter und Edeldamen. Jagdjunker. Pagen. Herolde. Reisige. Jäger. Geistliche. Chorknaben. Landleute. Spielleute. Trompeter. Soldaten. Kinder
Ort: Abwechselnd auf dem Königlichen Schlosse zu Préméry und auf der Burg Nevers.
Zeit: nach dem Frieden mit England 1110.
Rechts und links vom Darsteller.
Spielzeit: drei Stunden und fünfzehn Minuten.
Erste Aufführung: Wien, 25. Oktober 1823.
Ouvertüre.
Erster Aufzug
Säulenhalle des Königsschlosses mit einem großen Mittelportal, zu dem einige Stufen hinaufführen. An den Säulen sind Waffen, Schilde und Lanzen befestigt.
Erster Auftritt
Der König. Die Herzogin von Burgund. Adolar. Lysiart. Fürsten. Fürstinnen. Grafen. Ritter und Damen. Pagen. Herolde. Trabanten. Soldaten. Tänzer und Tänzerinnen.
Der König sitzt rechts vorn auf dem Thron. Zu seiner Linken stehen die älteren Ehrendamen, zu seiner Rechten die Fürsten. Hinter dem Sitz des Königs stehen zwei Herolde mit goldenen Stäben. In nächster Nähe des Königs sechs Pagen; je zwei stehen zur Rechten und Linken des Thrones, zwei sitzen auf den Stufen desselben; der links Sitzende hält ein rotes Kissen, auf welchem Adolar später kniet; der rechts Sitzende trägt auf einem roten Kissen die goldene Zither, die er später Adolar überreicht.
Die Herzogin von Burgund sitzt links vorn auf dem Thron. Hinter ihrem Sitz stehen die Grafen; links von ihrem Thron die Ehrendamen. Zu jeder Seite des Thrones steht ein Page: der rechts Stehende hält auf rotem Kissen einen goldenen Lorbeerkranz; der links Stehende ebenso einen roten Rosenkranz.
Adolar steht zur Linken des Königlichen Thrones.
Lysiart ebenso zur Linken des Thrones der Herzogin von Burgund.
Alle Männer mit bedecktem Haupte.
Es ist Tag.
Rechts und links vom Darsteller.
Nr. 1. Introduktion und Reigen.
CHOR DER FRAUEN.
Dem Frieden Heil! dem Frieden Heil!
Dem Frieden Heil nach Sturmestagen!
Heil dieser Feier reiner Lust!
Des Helden Herz in starker Brust
Darf nun für sanfte Freuden schlagen.
Dem Frieden Heil! dem Frieden Heil!
Die Hofdamen wenden sich den hinter ihnen stehenden Rittern zu.
Die Ritter überreichen mit einer Verbeugung den Damen die Blumensträuße.
Die Hofdamen danken mit tiefer Verneigung.
Die Herren und Damen vom Ballett verfahren in derselben Weise.
Die Ehrendamen, Fürsten und Grafen, Adolar und Lysiart sind an dieser Ceremonie nicht beteiligt.
CHOR DER RITTER.
Den Frauen Heil! den Frauen Heil!
Den Frauen Heil! den zarten Schönen,
Den Blumen in des Lebens Kranz!
Wohl ringt der Mut nach Siegesglanz,
Doch Liebe muß das Leben krönen.
ALLE.
Der Liebe Preis erfchall‘ in süßen Tönen,
Doch Treue reicht den schönsten Lebenskranz.
Dem Frieden Heil! dem Frieden Heil!
Ernster Reigen.
Die vier Herolde in der Mitte hinten öffnen die Reihe.
Die Herren und Damen vom Ballett treten in den Vordergrund, führen einen ernsten Tanz aus und treten nach dessen Beendigung in ihre frühere Stellung zurück.
Recitativ.
KÖNIG.
Mein Adolar, so fern dem heitern Reigen,
So trübe bei des Festes Lust?
ADOLAR tritt etwas nach der Mitte vor.
Nur Sehnsucht herrscht in meiner Brust,
Ihr muß sich selbst die Freude neigen.
KÖNIG.
Erheitre dich!
LYSIART für sich.
O Sorg‘ um einen Knaben!
KÖNIG.
Beglückend Wiedersehn ist nah!
Weilt deine Braut in Nevers?
ADOLAR.
Ja, mein König.
KÖNIG.
Heut‘ noch soll sie Kunde haben,
Bald soll ihr Anblick dich erfreun,
Sie wird der Schmuck des Hofes sein.
ADOLAR.
Liebreichster König!
König winkt dem auf den Stufen des Thrones rechts sitzenden Pagen.
Der vordere Königspage erhebt sich und tritt zu Adolar vor.
KÖNIG.
Treuer Adolar!
Der froh zur Seite mir im Kampfe war,
Sei hier auch froh, es töne diesem Kreise
Ein Minnelied zu Euryanthes Preise.
Adolar zieht die Handschuhe ab, legt sie auf das Kissen des Pagen und ergreift die Zither; dann nimmt er die Mitte.
Der vordere Königspage setzt sich wieder auf die Stufen.
Nr. 2. Romanze.
ADOLAR.
Unter blüh’nden Mandelbäumen,
An der Loire grünem Strand,
O wie selig ist’s zu träumen,
Wo ich meine Liebe fand.
Sie, die Reine, Eine, Meine!
Keusch wie Schnee, wie Rosen mild;
Unter blühn’den Mandelbäumen
Schwebt um mich ihr süßes Bild.
Bei dem goldnen Licht der Sterne,
An der Loire Blütenstrand,
Gab der reinsten Liebe gerne
Augenstern ein Himmelspfand.
Selig, minnig, hold und innig,
Aug‘ in Auge, Mund an Mund;
Bei dem Leuchten ew’ger Sterne
Gab sich Herz dem Herzen kund!
Heil’ger Treue schönste Rose
An der Loire Blumenrand,
Ob auch Sturm und Welle tose,
Blühest du, des Lenzes Pfand!
Zarte, Reine, Süße, Meine!
Du mit mir ganz Ein und Mein:
Heil’ger Treue schönste Rose
Blüht in deiner Brust allein!
Der König und die Herzogin von Burgundg geben nach Beendigung der Romanze Adolar ihren Beifall zu erkennen.
Die Herzogin von Burgund winkt nach hinten.
Eine Solotänzerin tritt mit den drei andern aus der Mitte zu Adolar vor.
Die beiden Burgunderpagen treten nach der Mitte zu Adolar.
Die beiden Königspagen erheben sich und nähern sich Adolar ebenso.
Die drei Tänzerinnen stehen im Halbkreis um die Mittelgruppe.
Die Solotänzerin nimmt den goldenen Lorbeerkranz von dem Kissen des hintern Burgunderpagen und schmückt Adolars Zither damit, indem sie den Kranz auf den Hals des Instrumentes hängt.
Der hintere Burgunderpage tritt nach links zum Thron zurück.
Adolar legt die bekränzte Zither auf das Kissen des vordern Königspagen, indem er gleichzeitig von dem Kissen seine Handschuhe nimmt.
Der vordere Königspage tritt nach rechts an seinen Platz zurück.
Der hintere Königspage hat inzwischen sein Kissen vor Adolar niedergelegt.
Adolar kniet darauf nieder und entblößt sein Haupt.
Die Solotänzerin nimmt vom Kissen des vordern Burgunderpagen den Rosenkranz, setzt ihn Adolar auf und tritt nach einer Verbeugung gegen die Herzogin von Burgund mit den drei Tänzerinnen an ihren Platz Mitte hinten zurück.
Der vordere Burgunderpage tritt nach links zum Thron zurück.
Adolar erhebt sich.
Der hintere Königspage nimmt das Kissen, auf welchem Adolar kniete, auf.
Adolar verneigt sich ehrfurchtsvoll zuerst vor der Herzogin von Burgund, dann vor dem König, nimmt den Kranz von seinem Haupt und legt ihn auf das Kissen des hintern Königspagen.
Der hintere Königspage tritt nach rechts an seinen Platz zurück.
Adolar bedeckt sich wieder und nimmt seinen frühern Platz in der Nähe des Königlichen Thrones wieder ein.
Lysiart verfolgt den Vorgang mit neidischen Blicken.
Nr. 3. Chor und Recitativ.
Heil Euryanth‘! der Lieblichsten der Schönen,
Der Liebe Heil, in reiner Unschuld Glanz!
Dich, Held und Sänger, müsse Ruhm bekrönen,
Doch Treue reicht den schönsten Lebenskranz.
Recitativ.
LYSIART für sich.
Ich trag‘ es nicht!
Laut, indem er nach der Mitte etwas vor tritt.
Hör‘ an, Graf Adolar,
Du hast uns hoch ergötzt mit dem Gesang,
Wo alle danken, nimm auch meinen Dank!
Kein Sänger ringt den Preis dir ab, fürwahr,
Vergeuden könntest du getrost dein Erbe,
Die Zither sorgt, daß nicht ihr Held verderbe!
ADOLAR.
Gern, Lysiart, üb‘ ich mich in sanften Weisen,
Für Mißlaut taugt mein gut gestimmtes Eisen.
Der König und die Herzogin von Burgund erheben sich.
LYSIART.
Was zürnst du gleich? Die Weise tadl‘ ich nicht,
Doch wohl die Worte vom Gedicht!
Hör‘ auf, der Frauen Treu‘ so hoch zu preisen;
Des Meeres Grund hegt Perlen, makelrein,
Des Weibes Brust schließt keine Treue ein.
Die Herzogin, die Ehrendamen, die Hofdamen, die Burgunderpagen, die Tänzer und die Tänzerinnen, die Figurantenpaare verlassen erzürnt durch das Mittelportal den Saal.
Die Königsherolde nehmen hinten Mitte Aufstellung.
Die Königspagen verharren in ihrer Stellung.
Die Fürsten, Grafen und Ritter füllen in erregten Gruppen den Mittelgrund.
Zweiter Auftritt
Die Vorigen ohne die Frauen und ihre Begleitung.
LYSIARD für sich.
Schon atm‘ ich freier!
Laut.
Was entgegnest du?
ADOLAR zu seiner Rechten.
Dies acht ich keiner Antwort wert.
Komm in den Wald, dort schließet dir mein Schwert,
Mit Gott! die gift’gen Lippen zu.
LYSIART.
Um schnöden Anlaß kämpfen? Nie!
Die Warnung gab ich, nütze sie!
Mein junger Freund, wärst du der Preis der Ritter,
Wär ich der Niedrigste, ich schwör es dir,
Die Liebe deiner Braut gewänn‘ ich mir
Trotz deiner Rosenwang‘ und goldnen Zither!
ADOLAR wirft Lysiart seinen Handschuh vor die Füße.
Erbärmlich eitler Prahler nenn‘ ich dich,
Den Handschuh nimm! dich lehr‘ ich Frauen ehren!
LYSIART.
Ich nehm‘ ihn nicht. Besiegtest du gleich mich,
Doch unbesiegt noch meine Gründe wären.
Wag‘ es getrost, bekämpfe die!
Du prüftest wohl die Teure nie?
ADOLAR.
Für Euryanthe bürgt der Glaube
In meiner Brust!
LYSIART.
Du fromme Turteltaube,
Dein Glück zu stören trüg‘ ich Scheu!
KÖNIG.
Mein Adolar, laß ab von diesem Streite!
LYSIART.
Du hörst, die Weisheit ist auf meiner Seite!
ADOLAR.
Mein Gut und Blut an Euryanthes Treu‘!
Nr. 4. Terzett mit Chor.
LYSIART.
Wohlan, du kennst mein herrlich Eigentum?
Das Erbteil meiner Väter, reich an Ruhm!
Zum Pfande setz‘ ich’s, es sei dein,
Nenn‘ ich nicht die Gepries’ne mein!
ADOLAR.
Es gilt! Es gilt!
KÖNIG UND CHOR.
Vermessenes Beginnen!
ADOLAR.
Kannst Euryanthes Liebe du gewinnen,
So nimm mein Gold, mein Gut, mein Land!
Zerrissen sei dann jedes süße Band,
Die Heimat meid‘ ich!
LYSIART.
Alles nach Gefallen!
Wie schön wirst du mit Kranz und Zither wallen!
ADOLAR.
Vermessener! Frohlocke nicht!
Schlägt es dir fehl, ruf‘ ich zum Gottgericht,
Dich Frevler, alsobald –
LYSIART.
Wohl! des sind alle Zeugen!
BEIDE.
Es gilt, wohlan!
CHOR.
Vermessenes Beginnen!
Kann nichts den starren Sinn euch beugen?
O geht zurück! Zu viel habt ihr gewagt!
KÖNIG.
O geh zurück!
LYSIART.
Kehrst du zurück?
ADOLAR.
Ich gab mein Wort!
CHOR.
O geht zurück!
KÖNIG.
Ich mach‘ es ungesagt.
LYSIART.
Du gabst dein Wort!
CHOR.
Zu viel habt ihr gewagt!
ADOLAR.
Des Edlen Wort kann nicht Gewalt vernichten!
CHOR.
O geht zurück! zu viel habt ihr gewagt!
KÖNIG.
Mein Adolar!
CHOR.
O geht zurück!
ADOLAR.
Ich gab mein Wort!
CHOR.
O geht zurück!
KÖNIG steigt vom Thron herab und nimmt zwischen Adolar und Lysiart die Mitte.
Du trotzest kühn der schleichenden Gefahr.
ADOLAR.
Mein König, Frauenehre schirmen, war
Die höchste stets von allen Ritterpflichten!
In Demut fleh‘ ich, nimm der Wette Pfand.
Er überreicht dem König seinen Ring.
LYSIART überreicht dem König ebenso den seinigen.
Hier diesen Ring in deine Königshand! –
Jetzt schleunig rüst‘ ich mich zur Reise,
Und siegreich kehr‘ ich heim!
KÖNIG steckt beide Ringe an seinen Finger.
Doch die Beweise?
LYSIART.
Ein Zeugnis ihrer Huld dir darzubringen,
Verpflicht‘ ich mich.
CHOR.
Mög‘ es ihm nie gelingen!
König giebt nach rechts dem einen der Pagen einen Wink.
Page tritt vor, hebt den Handschuh Adolars auf und geht auf seinen Platz zurück.
ADOLAR.
Ich bau‘ auf Gott und meine Euryanth‘!
Ich bau‘ auf Gott und meine Euryanth‘!
LYSIART.
Ich bringe dir ein sich’res Unterpfand.
KÖNIG, CHOR.
Die Unschuld schütz‘, o Gott, mit starker Hand!
Alle wenden sich zum Abgang nach dem Mittelportal.
Verwandlung.
Burggarten zu Revers; Umfriedung mit Mittelthor. Aus dem Wäldchen im Hintergrund sieht man die Turmspitzen der alten Burg hervorragen. Rechts vorn eine Rasenbank. Links hinten ein Gruftgewölbe, aus dessen Fenstern die ewige Lampe dämmert.
Es ist Abend.
Dritter Auftritt
Euryanthe allein.
Nr. 5a. Kavatine.
EURYANTHE tritt von rechts vorn auf.
Glöcklein im Thale, Rieseln im Bach,
Säuseln in Lüften, schmelzendes Ach!
Sterne in Wipfeln äugelnd durch Laub,
Ach, und die Seele der Sehnsucht Raub.
Weilst du so ferne? Bangst wohl nach mir?
Bringen die Sterne Grüße von dir?
Alle so golden, selig und klar,
Ach, doch dein Blick nicht, mein Adolar!
Eglantine nähert sich von rechts vorn.
Vierter Auftritt
Eglantine. Euryanthe zu ihrer Linken.
Nr. 5b. Recitativ.
EGLANTINE.
So einsam bangend find‘ ich dich?
EURYANTHE.
O nenne Bangen nicht mein einzig Glück‘
Dies Sehnen ist der Himmel unter Klagen.
EGLANTINE.
Dein Hoffen und dein Sehnen
Zeigt dir als höchstes Glück nur Thränen –
EURYANTHE.
Mir bot das Leben Leid und Liebe nur.
Verwaiset lebt ich in des Klosters Stille, wie Veilchen blühn.
Da drang der Liebe Blick, ein Pfeil, in meine unbewehrte Brust,
Und mein ward Adolar!
EGLANTINE für sich.
Weh ihm! Weh dir!
EURYANTHE.
Nach Nevers führt er mich, zog in den Kampf;
Hier blieb ich einsam, sehnsuchtsvoll zurück.
Da fand ich dich, dein schmeichelnd holdes Kosen
Gab Lind’rung mir.
EGLANTINE.
Du wandeltest den Kerker
Zur Freistatt um, warst mild der Heimatlosen,
Die ihrer Ahnen Burg in Staub gesehn,
Den Vater als Rebell geächtet, flüchten!
Mich tötet die Erinnerung!
EURYANTHE.
O Geliebte!
Getrost blick‘ in die Zukunft! Mir vertraue!
EGLANTINE.
Dir? Nimmer hast du mir Vertraun gewährt!
Dich drückt ein bang Geheimnis –
Leg es nieder in diese Brust,
Dann kann ich ruhig sein,
Nur dann, sonst nie!
EURYANTHE.
Verschone, laß mich schweigen!
EGLANTINE.
Des Unglücks Blick ist scharf! Um Mitternacht
In dunkler Gruft, wo du dich einsam wähnst,
Wacht Liebe dir zur Seite.
EURYANTHE.
O verschweig‘ es dir selbst, was du gesehn.
EGLANTINE.
Nichts sagst du mir?
Nr. 6a. Arie.
O mein Leid ist unermessen,
Du kannst mir dein Herz entziehn!
Laß mich einsam und vergessen
In die fernste Wildnis fliehn!
Laß mich fort, vom Sturm getrieben,
Irren, schwanken, untergehn!
Nein, dein Mitleid ist kein Lieben,
Nie sollst du mich wiedersehn.
Doch wie könnt‘ ich je dich meiden?
O verstoß mich nicht von hier!
Dulden will ich, lächelnd leiden,
Sterben süß am Busen dir!
Nr. 6b. Recitativ.
EURYANTHE.
Freundin! Geliebte! an meine Brust!
Wie konnt‘ ich solche Lieb‘ ermessen!
Vergieb!
Sie umarmen sich.
EGLANTINE.
Du liebst mich? Alles ist vergessen!
EURYANTHE.
So treu hast du mit mir gewacht,
In dunkler Gruft, in stiller Nacht?
EGLANTINE.
Was störest du der Toten Ruh‘?
EURYANTHE.
O nein! Ich flehe dort für Emmas Frieden.
Die Schwester Adolars, durch schnellen Tod
Entrissen seiner Brudertreu‘; ihr Leid
Trug sie verschwiegen in die Gruft hinab.
EGLANTINE.
Wer that es kund?
EURYANTHE.
Ihr Geist!
EGLANTINE.
Entsetzen! Wie?!
EURYANTHE schauernd in Erinnerung vor sich hinstarrend.
Am letzten Mai, in banger Trennung Stunde,
Bei Mondenlicht sah’n wir von Duft umwallt
Der holden Emma Luftgestalt,
Und säuselnd tönt’s von ihrem bleichen Munde:
»Die ihr der Liebe Thränen Herz an Herz so selig weinet,
Hört mich an! Auch mir
Strahlt‘ einst dies goldne Licht, mein Udo
Liebte mich zart und treu! Er fiel in blut’ger Schlacht!
Da war mein Leben mir kein Leben mehr,
Aus gifterfülltem Ring sog ich den Tod!
Weh dieser That, die mich vom Heil geschieden!
Getrennt von Udo irr ich durch die Nächte!
O weint um mich! Nicht eh‘ kann Ruh‘ mir werden,
Bis diesen Ring, aus dem ich Tod getrunken,
Der Unschuld Thräne netzt im höchsten Leid
Und Treu‘ dem Mörder Rettung beut für Mord!«
EGLANTINE triumphierend.
Gewicht’ge Kunde!
EURYANTHE entsetzt auffahrend.
Was hab‘ ich gethan?
Verraten Adolars Geheimnis! Gott!
Gebrochen meinen Eid!
EGLANTINE.
Befürchte nichts!
Nr. 7. Duett.
EURYANTHE.
Unter ist mein Stern gegangen,
Bange Ahnung sagt es laut!
EGLANTINE.
Kannst du zagen, kannst du bangen,
Holde, da du mir vertraut?
EURYANTHE.
Weh! ich brach des Schweigens Treue!
EURYANTHE.
Unter ist mein Stern gegangen,
Bange Ahnung sagt es laut!
EGLANTINE.
Kannst du zagen, kannst du bangen,
Holde, da du mir vertraut? –
Such‘ an meinem Busen Ruh!
BEIDE.
Trost der Liebe, süß bist (findest) du!
EURYANTHE.
Ja, es wallt mein Herz aufs neue
Selig deinem Herzen zu;
Nie bezweifl‘ ich deine Treue,
Du nur bist mein alles, du!
EGLANTINE.
Ja, es wallt dein Herz aufs neue
Selig meinem Herzen zu;
Zweifle nie an meiner Treue,
Du nur bist mein alles, du!
Euryanthe ab in das Gruftgewölbe links hinten.
Eglantine begleitet sie.
Fünfter Auftritt
Eglantine zurückkehrend; allein.
Nr. 8. Recitativ und Arie.
EGLANTINE mit ausbrechender Heftigkeit.
Bethörte, die an meine Liebe glaubt,
Du bist umgarnt, nicht entrinnst du mehr!
Vor allem nun durchsuch‘ ich Emmas Gruft,
Für meinen Plan soll die Entdeckung nützen.
Vielleicht sinkt Adolar
Noch reuevoll an diese glüh’nde Brust.
O der Gedanke löst mich auf in Wonne
Und vor Entzücken ist die Seele trunken.
Fänd ich den Tod, an seine Brust gesunken
Nur einen, einen Augenblick,
Ich wollt‘ ihn mit Vernichtung zahlen.
Nur einen Augenblick an seiner Brust!
Hinweg, wahnsinn’ge Hoffnung! Gauklerin!
Erwecke nicht dies Herz zu neuen Qualen,
Ich weiß, daß ich ganz elend bin!
Arie.
Er konnte mich um sie verschmähn,
Und ich sollt‘ es ertragen?
In herbem Leid soll ich vergehn
In meinen Blütentagen!
Er hörte kalt der Liebe Flehn,
Mein Herz, so bang, so todeswund. Weh‘! weh‘!
Drum stürz‘ auch all‘ sein Glück zu Grund!
Er konnte mich um sie verschmähn,
Und ich sollt‘ es ertragen?
Verschmähen konnt‘ er mich um sie, ja!
Drum stürz‘ auch all sein Glück zu Grund!
Im Abgehen nach rechts hört sie von links Lysiarts Trompete, sie sieht erwartend nach dort, wendet sich und eilt in das Grabgewölbe links hinten ab.
Sechster Auftritt
Bauern und Bäuerinnen von rechts hinten, um Lysiart und die Ritter zu begrüßen. Gleichzeitig von links vorn acht Trompeter, die sich auf der linken Seite aufstellen; ihnen folgen achtzehn Ritter, die vor ihnen Aufstellung nehmen; endlich Lysiart und Rudolf, die Mitte nehmend.
Nr. 9. Finale.
CHOR DER LANDLEUTE.
Jubeltöne, Heldensöhne,
Fröhlich jauchzend euch empfangen;
Kühlt von Streites Glut die Wangen
Mit den Rosen dieser Flur.
CHOR DER RITTER.
Mut erfrischt das Herz des Kriegers,
Kühnes Wagen ist ihm Wonne;
Selig, wen des Friedens Sonne
Unter diesen Blüten grüßt.
CHOR DER LANDLEUTE.
Seht, entgegen lacht euch Segen!
Schöner blühen die Gefilde,
Sel’gen Friedens Himmelsmilde
Gabt, ihr Tapfern, uns zurück!
Hirtenweisen froh euch preisen,
Berg und Thal von Lust ertönen,
Laßt euch Dank und Liebe krönen
In der Treue Heiligtum.
Siebenter Auftritt
Die Vorigen. Eglantine, Euryanthe aus dem Gruftgewölbe.
Lysiart eilt Euryanthe entgegen.
Alle begrüßen Euryanthe.
CHOR DER LANDLEUTE.
Hirtenweisen froh euch preisen,
Berg und Thal von Lust ertönen
In der Treue Heiligtum!
CHOR DER RITTER.
Heil der lieblichsten der Schönen,
Euryanthe Preis und Ruhm!
EURYANTHE.
Graf Lysiart, edle Ritter, seid willkommen.
EGLANTINE für sich.
O möchte meiner Schmach ein Rächer kommen.
CHOR DER RITTER leise untereinander.
Wie schön ist sie! wie schön!
LYSIART.
Erhab’ne Euryanth‘,
Reicht mir zum Dank die zarte Hand,
Ich bringe Freude!
EURYANTHE für sich.
Wie bin ich beklommen!
Laut.
Mein tapfrer Graf, wer hat Euch hergesandt?
LYSIART.
Mich hat des Königs Huld erwählt,
Daß ich Euch zum Begleiter diene,
Da noch dem Fest die Krone fehlt.
EURYANTHE.
Mit Wonnebeben ehr‘ ich dies Gebot –
O Wiedersehen! Eglantine!
EGLANTINE.
Willkomm’ne Kunde!
Für sich.
Meinem Herzen Tod!
EURYANTHE verbindlich zu Lysiart.
Verschmähet nicht die ländlich stille Zelle
In Nevers‘ Burg zu kurzer Rast.
LYSIART freudig.
Wo du erscheinst, da wird die Wildnis helle,
Wie selig wäre deines Herzens Gast.
Beneidenswerter Freund!
CHOR DER RITTER unter sich.
O schwarzer Plan!
EURYANTHE unbefangen.
Wie sagt Ihr?
LYSIART mit ritterlicher Courtoisie.
Ehrfurcht Euch nur stammelnd nannte
Die süßeste der Erde, Euryanthe!
EURYANTHE in heiterer Geschäftigkeit.
Fröhliche Klänge, Tänze, Gesänge feiern, verschönen
Euch den Tag, wo Ihr hoch uns erfreut!
Bauerntanz.
Lysiart stellt Euryanthe den Rittern vor.
Die Ritter begrüßen sie ehrfurchtsvoll.
Rudolf macht sich mit Eglantine bekannt.
CHOR.
Fröhliche Klänge, Tänze, Gesänge feiern, verschönen
Euch den Tag, wo ihr hoch uns erfreut!
Ruhet nach Stürmen bei ländlichen Tönen,
Schmückt euch mit Blumen, die Treue euch streut!
EURYANTHE.
Sehnen, Verlangen, schmachten und Bangen
Wandelt nun Hoffnung in himmlische Lust!
Wieder ihn sehen! Wonnen und Wehen
Schwellen die Seele, durchwogen die Brust!
RUDOLF.
Sehnen, Verlangen, Schmachten und Bangen
Wandelt ihr Hoffen in himmlische Lust!
Sie wird ihn sehen! Wonnen und Wehen
Schwellen die Seele, durchwogen die Brust!
LYSIART.
Stillt dies Verlangen süßes Umfangen,
Schwelg‘ ich in Wonnen an Lippe und Brust!
Werd‘ ich ihn sehen wütend vergehen,
Marter des Feindes ist Krone der Lust!
EGLANTINE.
Nun nicht mehr bangen! Was sie begangen,
Stürzet zu Trümmern ihr Glück, ihre Lust!
Nicht mehr verschmähen wird er mein Flehen,
Trunken vom Siege schon klopft meine Brust!
CHOR.
Fröhliche Klänge, Tänze, Gesänge feiern, verschönen
Euch den Tag, wo ihr hoch uns erfreut!
Ruhet nach Stürmen bei ländlichen Tönen,
Schmückt euch mit Blumen, die Treue euch streut!
EURYANTHE.
Sehnend Verlangen durchwogt die Brust,
Wieder ihn sehen, Wonnen und Wehen
Durchwogen die Brust!
CHOR.
Fröhliche Klänge, Tänze, Gesänge
Feiern den Tag, wo ihr hoch uns erfreut!
Ruhet nach Stürmen bei ländlichen Tönen,
Schmückt euch mit Blumen, die Treue euch streut!
EURYANTHE.
Sehnend Verlangen durchwogt die Brust!
Sehnend Verlangen, Schmachten und Bangen
Durchwoget die Brust.
Wieder ihn sehen, o himmlische Lust!
Sehnend Verlangen durchwoget die Brust,
Wieder ihn sehen, o himmlische Lust!
Euryanthe reicht Lysiart freundlich die Hand.
Lysiart führt sie nach rechts hinten ab.
Eglantine von Rudolf geführt, folgt.
Die Ritter und Trompeter schließen sich an.
Die Bauern geben den Abgehenden Raum.
Zweiter Aufzug
Burggarten zu Nevers wie vorher; die Gruftfenster erscheinen im matten Dämmerlicht. Gewitterhimmel, Nacht, Donner und Blitz.
Erster Auftritt
Lysiart erregt von rechts hinten herbeieilend, allein.
Nr. 10. Recitativ und Arie.
Recitativ.
LYSIART.
Wo berg‘ ich mich? Wo fänd‘ ich Fassung wieder?
Ha! toller Frevelwahn, du warst es ja,
Der sie als leichte Beute sah!
Ihr Felsen, stürzt auf mich hernieder!
Du Wiederhall, ruf‘ nicht das Ach
Des hoffnungslosen Strebens nach!
Nie wird sie mein! O ew’ger Qualen Hyder!
Schweigt, glüh’nden Sehnens wilde Triebe,
Ihr Auge sucht den Himmel nur;
In ihr wohnt Unschuld, Anmut, Liebe,
Ganz Wahrheit ist sie, ganz Natur.
Schweigt, wilde Triebe! schweigt, wilde Triebe!
Ihr Auge sucht den Himmel nur;
In ihr wohnt Unschuld, Anmut, Liebe,
Ganz ist sie Wahrheit, ganz Natur! Ganz Natur! –
Schweigt, glühnden Sehnens wilde Triebe,
Ihr Auge sucht den Himmel nur!
Was soll mir ferner Gut und Land?
Die Welt ist arm und öde ohne sie!
Mein ihre Huld?! – Mein wird sie nie!
Vergiß, Unseliger! Entflieh‘!
Sie liebt ihn! – Und er sollte leben?
Ich schmachtend beben?
Im Staube Sieg ihm zugestehn?
O nein! Er darf nicht leben,
Ich mord‘ ihn unter tausend Wehn!
Doch, Hölle! Du kannst sie mir auch nicht geben;
Sie liebt ihn! – Ich muß untergehn!
Arie.
So weih‘ ich mich den Rach’gewalten,
Sie locken mich zu schwarzer That!
Geworfen ist des Unheils Saat,
Der Todeskeim muß sich entfalten!
Zertrümm’re, schönes Bild!
Fort, letzter, süßer Schmerz!
Nur sein Verderben füllt die Brust!
Zertrümmre, schönes Bild!
Fort, letzter, süßer Schmerz!
Nur sein Verderben füllt
Die sturmbewegte Brust!
Er zieht sich beobachtend nach rechts vorn zurück.
Eglantine atemlos mit dem Ring aus dem Gruftgewölbe links hinten stürzend, dessen Thür hinter ihr zuschlägt.
Zweiter Auftritt
Lysiart rechts vorn beobachtend. Eglantine.
Nr. 11. Recitativ und Duett.
Recitativ.
EGLANTINE.
Der Gruft entronnen, atm‘ ich wieder!
Ich halte dich, du unter Todesschauern,
Errungnes Unterpfand der süßen Rache!
Verhängnisvoller Ring, bezeuge du,
Daß Euryanthe Lieb‘ und Treu‘ verraten,
Und gräßlich büße, der mein Herz verwarf!
LYSIART für sich.
Was hör‘ ich? Glück! Willkommne Höllenkunde!
EGLANTINE.
Sie dürfen nie sich wiedersehn!
Der Schlag muß fallen wie aus heitrer Luft,
Zermalmen Liebe, Hoffnung, Glück,
In Ewigkeit von Adolar sie trennen!
Wie führ‘ ich diesen Schlag?
Blitz.
LYSIART rasch hervortretend.
Durch meine Hand!
Donner, tiefstes Dunkel.
EGLANTINE zu seiner Linken.
Ich bin verloren!
LYSIART.
Ruhig, ruhig, Bundgenossin;
EGLANTINE.
Was willst du mir?
LYSIART.
Dein finstres Werk vollziehn.
Noch heut‘ sollst du die Feindin elend sehn,
Und Adolar gestraft, der dich gekränkt.
EGLANTINE.
Du hast mir mein Geheimnis abgelauscht!
LYSIART sich vor ihr beugend.
Zur Sühne beut dir Forest seine Hand,
Die Fesseln wandl‘ ich in ein Rosenband.
Beherrschen sollst du diese reichen Gauen,
Heil, Ehre, Leben darfst du mir vertrauen!
EGLANTINE.
Und sprichst du wahr?
LYSIART.
Bei Rache, Wut und Glut
Des ew’gen Hasses, ja!
EGLANTINE.
Ich glaube dir!
Duett.
EGLANTINE.
Komm denn, unser Leid zu rächen,
Enden soll der Seele Qual!
LYSIART.
Nimm mein feierlich Versprechen,
Rächer werd‘ ich und Gemahl!
EGLANTINE.
Trostlos muß sie untergehn,
Die mein Leben mir geraubt!
LYSIART.
In dem Staub muß ich ihn sehn,
Der zu Sternen hob sein Haupt!
EGLANTINE.
Trostlos muß sie untergehn,
Die mein Leben mir geraubt!
Komm denn, unser Leid zu rächen,
Enden soll der Seele Qual!
LYSIART.
In dem Staub muß ich ihn sehn,
Der zu Sternen hob sein Haupt!
Nimm mein feierlich Versprechen,
Enden soll der Seele Qual!
BEIDE.
Dunkle Nacht, du hörst den Schwur!
Sei mit unsrer That im Bunde!
Dunkle Nacht, du hörst den Schwur!
Ja, es schlägt der Rache Stunde,
Rache, Rache atm‘ ich nur!
Ja, es schlägt der Rache Stunde,
Sei mit unsrer That im Bunde,
Dunkle Nacht! dunkle Nacht!
Nacht, du hörst den Schwur?
Rache atm‘ ich nur!
Beide ab rechts hinten.
Verwandlung.
Festlich erleuchtete Säulenhalle des Königsschlosses. In der Mitte ein offener Altan mit der Aussicht auf eine Mondlandschaft; Mitte rechts (offen) zum Innern des Schlosses; Mitte links (offen) allgemeiner Eingang. Vor den Eingängen eine Estrade, zu der einige Stufen führen, in der ganzen Breite des Saales. Vor der Estrade zwei Kandelaber mit brennenden Lichtern. Ein Kronleuchter mit brennenden Lichtern.
Dritter Auftritt
Adolar im Festgewande von Mitte links; allein.
Nr. 12. Arie.
ADOLAR.
Wehen mir Lüfte Ruh‘,
Strömen mir Düfte zu
Seliger Zeit?
Füllst du nach bangem Schmerz
Wieder mein ganzes Herz,
Süßestes Leid?
Liebe, wie lebst du neu,
Hoffen, wie webst du treu
Bilder der Lust!
Glaube, wie wankst du nicht,
Herz, wie erbangst du nicht
In meiner Brust!
Herz, wie erbangst du nicht?
Glaube, du wankest nicht!
Sie ist mir nah! Sie ist mir nah!
Mein Bangen war ein Traum!
O Seligkeit, dich fass‘ ich kaum!
Ihr Auge wird mir strahlen,
Ihr Himmelsreiz mir blüh’n.
O wie Erwartungsqualen
Dies trunk’ne Herz durchglüh’n!
Sie ist mir nah! Sie ist mir nah!
Euryanthe von rechts hinten vor der Estrade, in Adolars Arme eilend.
Vierter Auftritt
Euryanthe. Adolar zu ihrer Linken.
Nr. 13. Duett.
EURYANTHE, ADOLAR.
Hin nimm die Seele mein,
Atme mein Leben ein!
Laß mich ganz du nur sein!
Ganz bin ich dein!
Hin nimm die Seele mein,
Atme mein Leben ein!
Hin nimm die Seele mein,
Laß mich ganz du nur sein!
Seufzer, wie Flammen weh’n,
Selig um Lind’rung fleh’n,
Laß mich in Lust und Weh’n
An deiner Brust vergeh’n.
Hin nimm die Seele mein,
Atme mein Leben ein!
Hin nimm die Seele mein,
Laß mich ganz du nur sein!
Atme mein Leben ein,
Ganz bin ich dein!
Hin nimm die Seele mein,
Laß mich ganz du nur sein!
Hin nimm die Seele mein,
Mein Leben atme ein!
Laß mich in Lust und Weh’n,
An deiner Brust vergeh’n!
Sie verweilen in Umarmung.
Zwei Trabanten mit Lanzen, kommen von außerhalb der Thür Mitte rechts und nehmen draußen Stellung als Wachen.
Acht Trabanten mit Lanzen, marschieren von Mitte links herein und nehmen, indem sie die drei Mittelöffnungen gangbar lassen, auf der Estrade Stellung.
Zwei Trabanten mit Lanzen, bleiben außerhalb Mitte links als Wachen sichtbar.
Die Edlen und Ritter kommen vor der Estrade von rechts und links und nehmen auf der rechten und linken Seite Aufstellung; sie begrüßen Euryanthe und Adolar.
Adolar führt Euryanthe bei den Edlen und Rittern umher.
Fünfter Auftritt
Adolar. Euryanthe. Edle. Ritter. Trabanten.
Nr. 14. Finale.
CHOR.
Leuchtend füllt die Königshallen
Euryanthes Wunderpracht.
Stern der Anmut, hold vor allen,
Strahle rein durch jede Nacht!
Sechs Königspagen erscheinen von Mitte rechts und bilden auf den Stufen Spalier.
Der König erscheint mit vier Fürsten von ebenda.
Sechster Auftritt
Die Vorigen. Der König tritt vor und nimmt die Mitte. Adolar und Euryanthe zu seiner Rechten. Die vier Fürsten nehmen hinter dem König Aufstellung. Die sechs Königspagen treten zwischen die beiden Kandelaber und bleiben dort bis zum Schluß des Aufzugs. Die Trabanten salutieren. Die Edlen und Ritter stehen zur Rechten und Linken.
CHOR.
Leuchtend füllt die Königshallen
Euryanthes Wunderpracht.
Stern der Anmut, hold vor allen,
Strahle rein durch jede Nacht!
KÖNIG.
Ich grüß‘ Euch, edles Fräulein!
EURYANTHE.
O mein König,
Wie mild und väterlich blickt Ihr auf mich!
KÖNIG.
Du holdes Kind, nichts trübe deine Ruh‘!
EURYANTHE.
Es schützen mich die Strahlen Eurer Huld!
Doch, mein Gebieter, Frankreichs hohe Frauen
Vermiss‘ ich hier.
KÖNIG.
Bald heißen sie Euch alle
Willkommen, freudig hoff‘ ich’s, hoff‘ es fest.
Acht Pagen Lysiarts kommen von Mitte links und bilden auf den Stufen Spalier.
Zwei Herolde von Mitte links, jeder mit einem Banner mit dem Wappen von Nevers und Rethel, treten bis an den Rand der Stufen vor.
Lysiart tritt von Mitte links zwischen den Herolden durch bis an den Rand der Stufen.
Zwei Ritter Lysiarts von Mitte links, hinter ihm.
Siebenter Auftritt
Die Vorigen. Lysiart. Zwei Ritter, zwei Herolde und acht Pagen Lysiarts. Alle Anwesenden wenden sich erstaunt nach hinten und geben Raum.
LYSIART.
Mein König!
Er tritt vor, dem König zur Linken.
CHOR.
Jetzt schlägt der Entscheidung Stunde;
Allwissender, verleih‘ der Wahrheit Sieg!
EURYANTHE.
Mich faßt ein Grauen!
ADOLAR UND KÖNIG.
Mut und Vertrauen!
LYSIART.
Vernimm, es muß ja sein, von meinem Munde
Ein Glück, das ich so gern verschwieg:
Die Lande Adolars sind mein!
ADOLAR.
Dies Engelsantlitz straft dich Lügen. Nein!
ADOLAR UND KÖNIG.
Es ist unmöglich!
EURYANTHE.
Wie, mein Adolar,
Was ist geschehn? O löse dieses Bangen?
ADOLAR.
Komm an mein Herz! Von deinem Arm umfangen,
Der Hölle Trotz!
Dies Engelsantlitz kann nicht lügen,
Nein, nein, nein! es ist unmöglich, nein!
LYSIART.
Beweise bring ich dar.
CHOR.
Weh, Euryanthe, was hast du begangen?
LYSIART.
Bewundernswürdig ist’s gelungen,
Dies stolze Herz im Sturm errungen!
EURYANTHE.
Was hör‘ ich! Lysiart! Errungen! Ihr!
Mein Herz? – Den Blick erhobt Ihr nicht zu mir.
LYSIART.
So schnöde nun, so liebreich noch zur Stunde?
ADOLAR.
Zur Fehde! zur Fehde!
ADOLAR, CHOR.
Zur Fehde! zur Fehde! zur Fehde!
KÖNIG.
Nein, gebt klare Kunde,
Zeigt den Beweis!
LYSIART zieht einen Ring vom Finger.
Dies Unterpfand
Der Liebe reichte mir die schönste Hand,
Mit Trauer muß ich wiedergeben,
Was ich empfangen ohne Widerstand!
Er giebt Euryanthe den Ring.
EURYANTHE den Ring emporhebend und auf die Kniee stürzend.
Der du die Unschuld kennst, beschütz‘ mein Leben!
Und wollte mich ein Höllennetz umweben,
Du rettest mich, wirst aus der Nacht mich heben!
ADOLAR zu Lysiart.
Nein, du errangst den Ring durch List!
Indem er Euryanthe aufhebt.
Mein reiner Engel, kannst du zagen?
LYSIART.
Wer sonst als Euryanth‘ und du kann sagen,
Was dieses Rings Bedeutung ist?
Die Gruft nur kannte Emmas Thaten!
ADOLAR.
Sprich, Euryanthe! hast du mich verraten?
EURYANTHE.
O Unglücksel’ge!
ADOLAR.
Brachst du deinen Eid?
EURYANTHE.
Ich that es.
ADOLAR.
Schlange!
EURYANTHE.
Unermeßlich Leid!
Doch treulos bin ich nicht.
ADOLAR.
Verworfne du,
Verstumme!
LYSIART.
Höre mir mit Fassung zu.
Die Wahrheit sprech‘ ich kühn und frei:
In heller Mondennacht, am letzten Mai –
ADOLAR.
Vollende nicht, nimm alles, alles hin,
Mein Leben mit!
EURYANTHE wendet sich, an Adolar vorüber, auf die rechte Ecke.
Ach!
CHOR.
Ha, die Verräterin!
O Unthat, gräßlichste von allen,
Die jemals auf der Welt erhört!
Der Treue Bündnis frech zerstört,
Von Himmelshöh’n in Staub gefallen!
EURYANTHE.
Laß mich empor zum Lichte wallen,
Du, der die inn’re Stimme hört!
KÖNIG.
Mein Glaub‘ an Tugend ist zerstört,
Denn dieser Engel konnte fallen.
EURYANTHE.
Laß mich empor zum Lichte wallen,
Du, der die inn’re Stimme hört!
LYSIART.
Triumph! mein Flehen ist erhört
Und meinen Sieg sehn diese Hallen!
ADOLAR.
Fern in das Elend will ich wallen,
Wo niemand meinen Namen hört.
CHOR.
O Unthat, gräßlichste von allen,
Der Treue Bündnis frech zerstört,
Von Himmelshöh’n in Staub gefallen!
Ha, die Verräterin!
O Unthat, gräßlichste von allen,
Die jemals auf der Welt erhört!
Der Treue Bündnis frech zerstört,
Von Himmelshöh’n in Staub gefallen,
Der Treue Bund zerstört!
LYSIART kniet nieder.
Verleih mein Recht mir, großer König, nun!
Als Graf zu Nevers huldigt dir dein Knecht!
Die zwei Herolde Lysiarts mit ihren Bannern treten von der Estrade herunter und nehmen hinter dem König Aufstellung.
Die zwei Ritter Lysiarts nähern sich ihrem Herrn und treten ihm zur Linken.
KÖNIG nimmt das Banner des ihm zur Linken stehenden Herolds, schwenkt es über Lysiart und giebt es dem Herold zurück.
Nimm hin das neue Leh’n, üb‘ Treu und Recht!
Dir möge Gott nach deinen Werken thun.
Er ergreift das Banner des ihm zur Rechten stehenden Herolds, schwenkt es über Lysiart und giebt es dem Herold zurück.
Die Versammelten Adolar, Pagen, Herolde und Wachen ausgenommen, ziehen die Schwerter und halten sie mit beiden Händen vor die Brust, die Spitze nach oben gerichtet. Nach Beendigung der Belehnung werden die Schwerter eingesteckt.
Lysiart erhebt sich.
Die links stehenden Edlen des Königs ziehen sich nach rechts hinüber zu den andern.
Das Gefolge Lysiarts nimmt die linke Seite.
Die Pagen Lysiarts treten vor und nehmen hinter den Rittern links Aufstellung.
ADOLAR ergreift Euryanthe bei der linken Hand und will sie mit sich fortziehen.
Komm Euryanth‘?
EURYANTHE.
Willkommenes Gebot!
Ich folge dir in Not und Tod!
CHOR.
Wir alle wollen mit dir gehn,
Wir all‘ sind dein mit Gut und Blut.
ADOLAR.
O laßt, kein Auge soll mich sehn!
LYSIART.
Könnt ich nun ganz ihn elend sehn!
CHOR.
Wir alle wollen mit dir gehn,
Wir all‘ sind dein mit Gut und Blut!
KÖNIG.
Mein Jüngling, du willst von mir gehn?
CHOR.
Wir alle wollen mit dir gehn,
Wir all‘ sind dein mit Gut und Blut!
ADOLAR.
O laßt, kein Auge soll mich sehn!
LYSIART.
Könnt ich nun ganz ihn elend sehn!
Wie schwelgt‘ in seiner Qual die Wut!
EURYANTHE.
Vernimm, o Gott, der Unschuld Flehn,
Es wallt dein Kind in deiner Hut.
ADOLAR.
Fern in das Elend will ich wallen,
Wo niemand meinen Namen hört!
KÖNIG.
Mein Jüngling, du willst von mir gehn?
LYSIART.
Könnt ich nun ganz ihn elend sehn,
Wie schwelgt in seiner Qual die Wut!
EURYANTHE.
Vernimm, o Gott, der Unschuld Flehn!
Es wallt dein Kind in seiner Hut!
CHOR.
Wir alle wollen mit dir gehn,
Wir all‘ sind dein mit Gut und Blut!
Ha, die Verräterin! O Unthat!
KÖNIG.
Mein Jüngling, du willst von mir gehn?
ADOLAR.
O laßt! kein Auge soll mich sehn!
LYSIART.
Könnt ich nun ganz ihn elend sehn!
CHOR.
O Unthat, gräßlichste von allen,
Die jemals auf der Welt erhört!
Der Treue Bündnis frech zerstört,
Von Himmelshöh’n in Staub gefallen!
ALLE.
Du gleißend Bild, du bist enthüllt.
Schnell folgte Strafe deinen Thaten!
Du bist enthüllt, du gleißend Bild!
EURYANTHE.
Hört niemand denn der Unschuld Flehn?
Sie wendet sich flehend und ihre Unschuld beteuernd zu den Rittern.
Alle weisen sie barsch zurück und sie wirft sich dem König zu Füßen.
Der König wendet sich kurz von ihr ab.
Euryanthe wankt nach vorn, sinkt auf die Knie und hebt die gefalteten Hände empor.
ALLE.
Weh! das Maß des Frevels ist gefüllt!
Du gleißend Bild, du bist enthüllt!
Das Maß des Frevels ist gefüllt!
Weh dir! die Lieb‘ und Treu‘ verraten!
Du gleißend Bild, du bist enthüllt!
Adolar nähert sich Euryanthe, ergreift sie bei der Hand und zieht sie nach Mitte links ab.
Umzug.
Adolar. Euryanthe.
Dritter Aufzug
Eine öde, von dichtem Gebüsch umwachsene Felsschlucht. Über eine kleine Anhöhe rechts führt ein steiler Pfad herein. Im Vordergrund links eine von Trauerweiden umgebene Quelle, in deren Nähe ein Moossitz.
Vollmondnacht.
Erster Auftritt
Adolar schwarz gerüstet, das Schwert, mit dem er sich den Weg gebahnt, in der Hand, steigt langsam den Pfad von rechts nieder und bleibt, im Kampfe mit sich, sinnend stehen. Euryanthe in wallendem Haar und in einem einfachen weißen Kleide, folgt ihm matt und bebend.
Nr. 15. Recitativ und Duett.
Recitativ.
EURYANTHE.
Hier weilest du? Hier darf ich ruhn?
Sich rechts vorn an ein Felsstück lehnend.
O gönn‘ auch Frieden meiner Seele nun!
Bei Sonnenglut, bei Sternenschimmer
Durchirrtest du den öden Hain,
Sie wendet sich mit einigen Schritten zu ihm
Verschmähtest Rast und Labung immer,
Und neben dir, o Gott! war ich allein!
Sei milde nun!
Adolar wendet sich und blickt sie durchbohrend an.
EURYANTHE flieht von ihm.
Weh! solch ein Blick ist Tod!
Was ist’s, daß mir dein Zürnen droht?
Du wendest dich hinweg von meinen Leiden?
Laß mich nicht ohne Trost verscheiden!
Ein lindernd Wort nur laß der Lipp‘ entbeben,
Nur einen Blick, wie du mir sonst gegeben!
ADOLAR.
Dies ist der Ort,
So schaurig, öd‘ und still,
Wie meine That ihn will!
Ich führte dich zum Tode fort.
EURYANTHE.
Barmherzigkeit!
ADOLAR.
Vernimm mein letztes Wort!
Es wecke meine Stimme
Dein schlummerndes Gewissen!
Du sollst in meinem Grimme
Erbarmen nicht vermissen.
Bereu‘!
EURYANTHE.
Ich bin mir Liebe nur bewußt!
Fühlst du nicht meine Treu‘ in deiner Brust?
ADOLAR.
Du, die entweiht das heiligste Vertrauen,
Den Himmel log und barg des Abgrunds Grauen –
Duett.
ADOLAR.
Wie liebt‘ ich dich! Du warst mein höchstes Gut!
Du warst mein höchstes Gut! wie liebt‘ ich dich!
EURYANTHE.
O stille deines Zornes Glut!
Mein Herz ist rein, wie meine Thaten.
ADOLAR.
Der höchsten Liebe sprachst du Hohn!
So gräßlich ward noch nie die Treu verraten;
Empfange nun der Unthat Lohn!
EURYANTHE.
O höre mich.
ADOLAR.
Zu oft von deinen Lippen
Hört ich den holden Liebeton.
Sirenenlied an Todesklippen,
Verstumm‘ auf ewig!
EURYANTHE.
Kann nichts dich bewegen,
So töte mich! Mein letzter Hauch ist Segen
Für dich, mein letzter Herzschlag dir geweiht!
ADOLAR.
Verworfene! Zum Tode sei bereit!
EURYANTHE.
Du klagst mich an!
ADOLAR.
Der Tod macht dich –
EURYANTHE.
O herbe Pein!
ADOLAR.
Von Makel rein!
EURYANTHE.
Vertraun und Glauben sind geschwunden –
ADOLAR.
Der Tod macht dich von Makel rein!
EURYANTHE.
Du klagst mich an –
ADOLAR.
Im Sterben nur –
EURYANTHE.
O herbe Pein!
ADOLAR.
Kannst du gesunden!
EURYANTHE.
Vertraun und Glauben sind verschwunden,
So bittrer Tod war nie gefunden,
Mein Leben war in dir allein!
ADOLAR.
Mein Herzblut quillt aus deinen Wunden!
Weh, daß ich muß dein Richter sein!
EURYANTHE.
Du klagst mich an!
ADOLAR.
Der Tod macht dich –
EURYANTHE.
O herbe Pein!
ADOLAR.
Von Makel rein!
EURYANTHE.
Vertraun und Glauben sind verschwunden,
Mein Leben war in dir allein!
Du klagst mich an, o herbe Pein,
Mein Leben war in dir allein!
ADOLAR.
Weh, daß ich muß dein Richter sein!
Der Tod macht dich von Makel rein,
Weh, daß ich muß dein Richter sein!
EURYANTHE scheint Gräßliches zu gewahren und eilt zurück an Adolars Brust, als wolle sie ihn schützen.
Entsetzen! rette dich!
Nach links hineinsehend.
Sieh, eine Schlange, fürchterlich,
Wälzt sich herbei durch das Gestein!
Hinweg, laß mich das Opfer sein!
Für dich zu sterben, o versage
Dies höchste Glück nicht meinem Fleh’n!
Schon naht die Schlange, flüchte!
ADOLAR sie von sich stoßend.
Nicht verzage!
Mit Gott will ich den Kampf bestehn!
Ab nach links vorn.
Zweiter Auftritt
Euryanthe allein.
Nr. 16. Arioso und Recitativ.
EURYANTHE in heftiger Angst.
Schirmende Engel Schar,
Wachend allimmerdar,
In tiefster Mächte Schoß
Über der Menschen Los,
Blicke herab!
Schirmende Engelschar, blicke herab!
Schäumend in Kampfes Wut,
Qualmend in Dampf und Glut
Dringet die Feindin ein!
O wo wird Hilfe sein
In dieser Not?
Wie sie dichter ihn umzingelt,
Sich nach seinem Herzen ringelt!
Weh! er fällt! – Nein! mein Held
Ringt sich auf und hochgeschwungen
Blitzt sein Schwert! Es ist gelungen!
Heil! der Sieg ist ihm gegeben!
Seele, fühle ganz dein Glück!
O was ist mein Leben
Gegen diesen Augenblick! –
Sie eilt in höchster Freudigkeit dem zurückkehrenden Adolar entgegen.
Dritter Auftritt
Euryanthe. Adolar zu ihrer Linken.
Recitativ.
EURYANTHE.
Nun laß mich sterben!
ADOLAR.
Nein, das sei mir fern!
Dich töten war der Ehre streng‘ Gebot,
Du aber wolltest gehn für mich in Tod,
So kann ich nicht dein Richter sein;
Im Schutz des Höchsten bleibe hier allein!
Er eilt, nach schmerzlichem innern Kampf sich losreißend, mit einem letzten Blick auf Euryanthe nach links ab.
Vierter Auftritt
Euryanthe allein.
Nr. 17. Recitativ und Kavatine.
Recitativ.
EURYANTHE.
So bin ich nun verlassen,
So muß ich hier erblassen
Im öden Felsenthal,
In Einsamkeit und Qual!
Was rieselst du im Haine,
Du Quelle, mildiglich?
Was blickst mit goldnem Scheine,
So lieblich, Mond, auf mich?
Nicht sieget deine Pracht
Ob meiner Leiden Nacht.
Wo irr‘ ich hin?
Ach, nirgend hin!
Die ganze Welt ist öd‘ und leer,
Mir bleibet keine Heimat mehr!
Kavatine.
Hier dicht am Quell, wo Weiden stehn,
Die Sterne hell durchschauen,
Da will ich mir den Tod erflehn,
Mein stilles Grab mir bauen.
Wohl kommt auch er einst weit daher,
Und findet kaum die Stätte mehr;
Dann rauscht ihm sanft die Weide zu:
Sie fand von Lieb‘ und Leide Ruh‘!
Die Blum‘ im Thaue spricht:
Nein: sie verriet dich nicht!
Sie sinkt erschöpft auf den Moossitz an der Quelle links hin.
Die Morgenröte bricht an.
Bauern Männerchor, treten beim Beginn der Hornmusik von links hinten auf und nehmen die rechte Seite.
Fünfter Auftritt
Euryanthe. Bauern. Dann Jäger und Musikanten.
Nr. 18. Jägerchor.
Die erste Strophe entfernt.
CHOR.
Die Thale dampfen, die Höhen glühn,
Welch fröhlich Jagen im Waldesgrün!
Der Morgen weckt zu frischer Lust,
Hoch schwillt die Brust, des Siegs bewußt.
Dringt mutig durch Schluchten und Moor,
Laßt schmettern die Hörner im Chor:
Ihr Fürsten der Waldung hervor!
Die Jäger kommen von rechts hinten und nehmen die linke Seite.
Die Musikanten folgen ihnen, indem sie die Mitte nehmen.
CHOR.
Nun freudig sieget das goldne Licht,
Vom Bogen flieget des Pfeils Gewicht,
Ereilt den Aar auf luft’gem Horst,
Erlegt die Schlang‘ im dichten Forst.
Wohlauf denn durch Schluchten und Moor,
Laßt schmettern die Hörner im Chor:
Ihr Fürsten der Waldung hervor!
Der König erscheint nach Beendigung des Jagdchors auf der kleinen Anhöhe rechts.
Vier Pagen und zwei Jagdjunker folgen ihm und nehmen dann hinter ihm Aufstellung.
Sechster Auftritt
Die Vorigen. Der König und Gefolge.
KÖNIG blickt nach links vorn hinein und scheint dort die getötete Schlange wahrzunehmen.
O seht! die Schlang‘ erlegt von starker Hand!
CHOR hat inzwischen Euryanthe bemerkt und lenkt des Königs Aufmerksamkeit auf sie.
Und hier in Thränen eine zarte Frau!
KÖNIG ist herabgestiegen und hat sich Euryanthe genähert.
Wer du auch sein magst, holde Unbekannte,
Verbanne jede Scheu, blick‘ auf zu mir,
Des Unglücks Hort, dein König, spricht zu dir!
Euryanthe wendet ihr Antlitz gegen den König, ohne aufzustehn.
KÖNIG UND CHOR sie erkennend.
Himmel! Euryanthe!
Jäger ziehen sich nach rechts vor die Bauern.
Nr. 19. Duett mit Chor.
EURYANTHE.
Laßt mich hier in Ruh‘ erblassen,
Gönnt mir diese letzte Huld!
KÖNIG.
Nein, ich will dich nicht verlassen,
Komm‘, zu sühnen deine Schuld!
EURYANTHE.
Meine Brust ist rein von Schuld.
KÖNIG.
Du nicht schuldig? Dürft ich’s hoffen?
CHOR.
Hilf uns auf der Wahrheit Spur!
EURYANTHE.
Eglantines flehend Kosen
Lockt‘ mir mein Geheimnis ab;
Natter war sie unter Rosen,
Die den Tod mir schmeichelnd gab.
KÖNIG.
Euryanthe, sprichst du Wahrheit,
O so nimm mein Wort zum Pfand,
Höllentrug bring ich zur Klarheit,
Neu knüpf‘ ich dein schönes Band.
EURYANTHE.
Wiedersehn!
Sich langsam aufrichtend.
Mich ihm versöhnen,
Wär‘ es möglich?
CHOR.
Hoffe! Lebe!
EURYANTHE.
Stürb‘ ich hin in diesen Tönen!
CHOR.
Hoffe!
EURYANTHE.
Täuscht mich nicht!
KÖNIG.
Glaube, hoffe, lebe!
CHOR.
Glaube, hoffe, liebe, lebe!
EURYANTHE.
O wie ich bebe! o kann ich’s fassen!
Nr. 20. Arie mit Chor.
EURYANTHE in Wonneglut aufspringend.
Zu ihm, zu ihm, zu ihm! o weilet nicht!
Wo bist du meines Daseins Licht?
Wo bist du wo bist du, wo?
Zu ihm, daß ich ihn fest umfasse,
Ihn nimmer, nimmer lasse!
So Herz an Herzen, Aug‘ in Auge,
Aus seinen Blicken Leben sauge!
Wo bist du meines Daseins Licht,
Daß ich dich fest umfasse,
Nimmer, nimmer lasse!
Wo bist du, wo bist du?
Zu ihm, o weilet nicht!
CHOR.
Fort – o weilet nicht!
EURYANTHE.
Zu ihm, zu ihm, zu ihm!
O weilet nicht!
Wo bist du meines Daseins Licht?
Wo bist du, wo bist du, wo?
Zu ihm, zu ihm, zu ihm!
CHOR.
Fort, fort, fort! o weilet nicht!
Fort, o weilet nicht! fort zu ihm!
EURYANTHE.
Daß ich ihn fest umfasse,
Ihn nimmer, nimmer lasse!
Herz an Herzen, Aug‘ in Auge
Seiner Blicke Leben sauge!
Daß ich ihn fest umfasse,
Nimmer lasse, nimmer lasse!
Zu ihm! o Hoffnung! Himmelsstrahl!
Ich trag‘ es nicht!
Ich sterb‘ in Wonn‘ und Qual!
Ich trag‘ es nicht!
Ich sterb‘ in Wonn‘ und Qual!
CHOR.
Hoffe, liebe, lebe!
Dir winkt ein Himmelsstrahl!
EURYANTHE.
Ach!
Sie sinkt zusammen.
CHOR.
O Jammer, unerhört!
O lieblichste der Blüten,
Wie hat so früh das Wüten
Des Sturmes dich zerstört!
Alle umstehen Euryanthe mit teilnahmsvollen Gebärden.
Verwandlung.
Freier Platz vor der Burg Nevers, deren Eingangsthor man links hinten hoch oben erblickt; die Zugbrücke führt auf einen im Zickzack nach unten verlaufenden Weg. Im Vordergrunde rechts und links die Hütten der Landleute; rechts vorn diejenige des Brautpaars. Rasenbänke rechts und links ganz vorn. In weiter Ferne sieht man die weinumlaubten Berge der schönen Landschaft.
Siebenter Auftritt
Die Brautmutter. Der Bräutigam. Die Braut. Bertha. Bauern und Bäuerinnen. Man beglückwünscht das Brautpaar und schmückt dessen Hütte rechts vorn mit Blumengewinden.
Nr. 21. Tanz mit Gesang und Chor.
Pas de cinq Bauerntanz.
Gesang und Chor.
BERTHA.
Der Mai bringt frische Rosen dar,
Die Rose schmückt der Jungfrau Haar,
Und niemand weiß im grünen Mai,
Was Rose, noch was Mädchen sei.
CHOR Berthas Gesang mit teilnehmenden Gebärden begleitend.
Denn was da blüht, ist Ros‘ im Mai.
BERTHA.
Der Mai bringt frische Blüten viel,
Die Liebe ist des Maien Spiel,
Und niemand weiß im grünen Mai,
Was Blüte, noch was Liebe sei.
CHOR.
Denn was da blüht, das liebt im Mai!
BERTHA.
Der Mai bringt dir, du teures Paar,
Der Blüten allerschönste dar.
Wohl wißt ihr zwei im grünen Mai,
Wie selig Lieb‘ und Treue sei.
CHOR.
Denn eure Treu‘ krönt heut‘ der Mai!
Adolar mit gesenktem Visier, wankt, ohne das festliche Treiben zu beachten, von rechts hinten herzu und steht sinnend rechts vorn.
Achter Auftritt
Die Vorigen. Adolar.
Alle Übrigen sind erstaunt über das Erscheinen des Unbekannten.
ADOLAR.
Giebts keine Treu‘ auf weiter Erde mehr,
Davon, davon ist mir das Herz so schwer.
In Liebesglut ist nichts als Wankelmut,
Am falschen Herzen sich’s gefährlich ruht.
DIE LANDLEUTE.
Welch Klagen hier trübt froher Liebe Mut?
ADOLAR.
Fahr‘ hin, fahr‘ hin, du süßer Liebestraum,
Gieb dunkler Nacht und ihren Schrecken Raum.
Nacht ohne Licht herein mit Stürmen bricht;
Heimat, versag‘ ein Grab dem Müden nicht.
Er öffnet sein Visier.
Die Landleute erkennen ihren Herrn; freudige Bewegung.
CHOR.
Er ist’s, o Glück, o neuer Hoffnung Licht!
BERTHA.
So mußte der ersehnte Tag erscheinen!
ALLE.
Geliebter Herr! willkommen bei den deinen!
ADOLAR
Hinweg! Laßt meiner Trauer mich!
BERTHA.
Hier schlägt noch jedes Herz für dich!
CHOR.
Führ‘ an der Jugend mut’ge Schar, befreie
Dein seufzend Land –
ADOLAR.
Du süße, heil’ge Treue!
Du lebst, doch nicht in Euryanthes Brust!
CHOR.
Den schnödesten Verdacht entferne,
Ich spreche Wahrheit sonder Scheu:
Es wankten eh‘ des Himmels Sterne,
Als unsrer süßen Herrin Treu‘!
ADOLAR.
Nein! sie verriet mich!
BERTHA.
Hör‘ gewicht’ge Kunde:
Mit deinem Feind ist Eglantin‘ im Bunde,
Auf deiner Ahnen stolzem Sitz,
Wo du ihr Zuflucht einst gegeben,
Will Lysiart heut zur Herrin sie erheben.
ADOLAR.
Allwaltender, wo ist dein Blitz?!
Nr. 22. Solo mit Chor.
BERTHA UND CHOR.
Vernichte kühn das Werk der Tücke,
Vertrau‘ der Liebe und dem Glücke!
Es jauchzt dir zu dein ganzes Land,
Zum Schwert für dich greift jede Hand!
ADOLAR.
Hilf mir durchschau’n das Werk der Tücke,
Allwissender, mit klarem Blicke;
Gieb Kraft zum Siege meiner Hand,
Für Ehre, Treue, Gut und Land.
Er schließt seinen Helm und tritt beobachtend nach links vorn.
Neunter Auftritt
Die Vorigen. Die Personen des Hochzeitsmarsches.
Nr. 23. Hochzeitsmarsch und Chor.
Die acht Trompeter welche aus dem Eingangsthor des Schlosses links hinten den Hochzeitszug eröffnen, beginnen die Marschmusik. Es folgen ihnen im Marsch ohne Tritt: ein Offizier, zwei Fahnenträger mit schwarzen Fahnen, zwei Fahnenträger mit den Fahnen von Nevers und Rethel, vierzehn Soldaten, zwei Chorknaben mit Fahnen, zwei Chorknaben mit Räucherbecken, zwei Chorknaben mit Lichtern, zwei Geistliche, Lysiart und Eglantine totenbleich, zwei Pagen die Eglantines Schleppe tragen, vier Damen, vierzehn Ritter, ein Offizier, zwei Fahnenträger mit den Fahnen von Nevers und Rethel, zwölf Soldaten.
Die Fahnenträger mit den schwarzen Fahnen nehmen am untern Ausgang des vom Schloß herabkommenden Weges Aufstellung. Der erste Offizier mit den beiden andern Fahnenträgern und die vierzehn Soldaten marschieren nach rechts und von da nach links um den Raum und nehmen zuerst auf der linken Seite Aufstellung, um den Zug, der den ganzen Raum umschreitet, an sich vorüber ziehen zu lassen; dann ziehen sie sich nach rechts hinüber und nehmen dort Aufstellung.
Der letzte Offizier mit seinen zwei Fahnenträgern und zwölf Soldaten nimmt auf dem Burgweg Aufstellung.
LANDLEUTE.
Das Frevlerpaar! Weh‘ diesem Bunde!
ADOLAR.
O klopfend Herz – sei stark zu dieser Stunde!
EGLANTINE mit Gebärden des Schmerzes, indem sie mit Entsetzen, das in Wahnsinn übergeht, stehen bleibt.
Ich kann nicht weiter! Todesschauer
Durchrieseln mein Gebein!
Mich drückt die Luft –
Sieh! Emma steigt aus dunkler Gruft,
Sie winket mir mit starrer Hand!
Was forderst du zurück der Rache Pfand?
Ich gab es hin, die Unschuld zu ermorden!
Hinweg! Hier bin ich Herrscherin geworden!
Auf ewig, Lysiart, bin ich dein!
Geschmiedet ist der Trauring, fest und eigen,
Mit Meineid, Blut und Thränen – kannst du schweigen?
Sei ruhig! Nacht hüllt unsre Thaten ein!
Lysiart schaut sie ingrimmig an.
CHOR.
Welch Entsetzen! Welch Gericht!
Die Vergeltung schlummert nicht.
LYSIART.
Hört! daß Wahnsinn aus ihr spricht!
ADOLAR für sich.
Ha! mir tagt ein schrecklich Licht!
Vortretend, Lysiart zur Linken.
Erzittre, ruchlos‘ Paar! Es naht die Rache.
Der Himmel führt bedrückter Unschuld Sache!
LYSIART.
Was zischest aus dem Staub du, nicht’ger Wurm?
Vasallen, werft den Fremdling in den Turm!
Die vierzehn Ritter zur Linken, wollen auf Adolar eindringen.
ADOLAR zu ihnen.
Mich wollt ihr fahen? mich?
Er schlägt den Helmsturz auf.
CHOR in freudigem Erstaunen, in Jubel ausbrechend.
Heil, Adolar, in seiner Väter Hallen!
Die Ritter drängen sich um ihn.
CHOR.
Geliebter, unsre Demut dich versöhne!
EGLANTINE aus dumpfer Betäubung erwachend und in die Arme ihrer rechts vorn stehenden Frauen sinkend.
Er ist’s! in seiner Glorie, seiner Schöne!
Weh mir!
LYSIART.
Verderben, Fluch euch allen!
Verwegne Knechte, büßend sollt ihr fallen!
Nr. 24. Chor mit Duett.
DIE RITTER Chor, sich drohend gegen Lysiart gruppierend.
Trotze nicht, Vermessener!
Strafe dräut, Verräter.
Tilgt das Werk der Nacht!
Zittre, Gottvergessener!
Birg dich, Missethäter!
Gottes Auge wacht.
ADOLAR.
Zum Kampf, zum Gottgerichte,
Verruchter Frevler, du!
LYSIART.
Daß ich dich, Feind! vernichte,
Jauchzt mir der Abgrund zu!
ADOLAR.
Dein schwarzes Herz durchwühle
Mein sieggewohnter Stahl!
LYSIART.
Dein strömend Herzblut kühle
Der Seele Folterqual!
ADOLAR.
Dein schwarzes Herz durchwühle
Mein sieggewohnter Stahl!
LYSIART.
Dein strömend Herzblut kühle
Der Seele Folterqual!
CHOR.
Trotze nicht, Vermessener!
Zittre, Gottvergessener!
Trotze nicht, Vermessener!
Strafe dräut, Verräter,
Tilgt, das Werk der Nacht!
Erzittre, Gottvergessener!
Birg dich, Missethäter!
Gottes Auge wacht!
ADOLAR.
Dein schwarzes Herz durchwühle
Mein sieggewohnter Stahl!
LYSIART.
Dein strömend Herzblut kühle
Der Seele Folterqual!
CHOR.
Zittre, Gottvergessener!
ADOLAR.
Zum Kampf! Zum Gottgerichte!
Verruchter Frevler du!
Trotze nicht! Gottes Auge wacht!
LYSIART.
Zum Kampf! will nicht um Mitleid werben,
Heran! ich bin bereit! heran!
CHOR.
Birg dich, Missethäter!
Gottes Auge wacht!
Schande nur und Verderben
Ist ewig dir geweiht!
Trotze nicht! trotze nicht!
Gottes Auge wacht!
Adolar, Lysiart ziehen die Schwerter und dringen aufeinander ein.
Der König, zwei Jagdjunker, vier Pagen nahen sich von rechts hinten.
Die zwei Jagdjunker trennen die Kämpfenden.
Zehnter Auftritt
Der König nimmt zwischen Lysiart und Adolar die Mitte. Die vier Pagen stehen hinter ihm. Die beiden Jagdjunker nehmen, zurückstehend, zur Linken des Königs Aufstellung.
Nr. 25. Finale.
KÖNIG zürnend.
Laßt ruhn das Schwert, der höchste Richter naht,
Der Rächer jeder Frevelthat!
Alle beugen sich ehrerbietig.
Lysiart das Schwert senkend, tritt zurück.
ADOLAR knieend.
Mein König, hör‘ den gräßlichsten Verrat!
Wir sind getäuschet, aller Tugend Bildnis
War Euryanthe! – Weh mir! in der Wildnis
Verlassen irret sie umher!
Hilf, rette, strafe!
KÖNIG.
Hemme deine Klagen,
Fass‘ dich, als Held das Gräßlichste zu tragen,
Dich segnend ist das treuste Herz gebrochen!
EGLANTINE in teuflischer Lust auffahrend.
Triumph! gerochen
Ist meine Schmach! der Feindin Herz gebrochen!
Es stürmt der Tod durch deine Brust!
Betrogner! war dir meine Glut bewußt,
Wie legtest sorglos und vermessen
Die Schlange du an der Geliebten Brust?
So hattest du mein Flehn vergessen?
Vergessen meinen Todesschmerz?
Vergessen deines Kaltsinns Hohn?
Vergessen meines Zornes Drohn?
ADOLAR.
Abscheuliche!
EGLANTINE.
Grausamer Adolar!
Verzweifle, da sie schuldlos war!
Ich war’s, von deren Hand den Ring
Der kühne Räuber dort empfing.
Ich war’s, die ihn der Gruft entwandte.
Rein, wie das Licht, war Euryanthe!
CHOR.
O höllischer Verrat! o herb‘ Geschick!
LYSIART nähert sich Eglantine.
Wahnsinn’ge!
EGLANTINE.
Schnödes Werkzeug meiner Rache,
Dich schleudr‘ ich in dein Nichts zurück!
LYSIART.
Was hält mich, daß ich dich zermalme,
Meineidige! Verräterin!
Er stößt sie nieder.
Eglantine fällt ihren Frauen in die Arme, die sie nach rechts vorn abführen.
CHOR.
Ruchloser Mörder!
KÖNIG winkt.
Führt zum Tod ihn!
ADOLAR.
Nein, gebt ihn frei!
Laßt ganz sein Werk ihn krönen.
Hier ist mein Herz, der Mörder sei
Befriedigt. – Gott! wen nannt‘ ich Mörder? Ich!
Ich bin der Mörder und der Fluch trifft mich!
Wer mordete mit wildem Triebe
Die höchste Treue, Glauben, Unschuld, Liebe!
Wo lebt ein Frevler sonst, als ich?
Er versinkt in dumpfe Verzweiflung.
Der König winkt noch einmal.
Lysiart wendet sich nach hinten.
Die beiden Jagdjunker, der Offizier rechts hinten und sechs Mann seiner Soldaten begleiten Lysiart als Gefangenen nach rechts hinten hinaus.
Hornsignale rechts hinten.
CHOR DER JÄGER rechts hinten.
O Wonne! sie atmet! sie lebet!
Euryanthe, Chor der Jäger kommen von rechts hinten.
Elfter Auftritt
Die Vorigen. Euryanthe zu Adolar in den Vordergrund eilend. Jagdchor.
Duett mit Chor.
Der Jagdchor nimmt vor den Trompetern Ausstellung.
Adolar kniet vor Euryanthe.
Der König in der Mitte, hinter beiden stehend.
EURYANTHE, ADOLAR.
Hin nimm die Seele mein,
Atme mein Leben ein!
Hin nimm die Seele mein,
Mein Leben atme ein,
Ganz bin ich dein!
Laß mich in Lust und Wehn
An deiner Brust vergehn!
CHOR.
O Lust nach Todespein,
O Treue, stark und rein,
Du sein, er dein!
Holdseliger Verein,
O Lust nach Todespein!
Recitativ.
ADOLAR von Entzückung ergriffen.
Ich ahne, Emma, selig ist sie jetzt:
Der Unschuld Thräne hat den Ring benetzt.
Treu‘ bot dem Mörder Rettung an für Mord,
Ewig vereint mit Udo weilt sie dort!
König nähert sich und vereinigt die Hände der Liebenden.
Schlußchor.
EURYANTHE, ADOLAR.
Nun selig Glück will jedes Leid versöhnen!
CHOR.
Nun feiert hoch in vollen Jubeltönen
Der Ritter Schmuck, die treu’ste aller Schönen.
Geprüftes Paar, besiegt ist Nacht und Tod,
Die Wahrheit strahlt im reinsten Morgenrot,
Der Himmel schirmt dies Band!
Heil Adolar! In vollen Jubeltönen!
Heil Euryanth‘! Der Treusten aller Schönen.
Heil Adolar! Heil Euryanth‘.
Ende.