Giuseppe Verdi
Nabucco
Oper in vier Akten
Personen
Nebukadnezar, König von Babylonien
Ismael, Neffe Sedezia’s, Königs von Jerusalem
Zacharia, Hoherpriester der Ebräer
Abigail, Nebukadnezar’s vermeintliche älteste Tochter
Fenena, Nebukadnezar’s Tochter
Der Oberpriester des Bel
Abdallo, Anhänger Nebukadnezar’s
Anna, Schwester Zacharia’s
Babylonische und Ebräische Krieger. Leviten
Ebráerinnen und Babylonische Frauen. Magier
Große des Babylonischen Reiches. Volk
Die Handlung geht im ersten Akt zu Jerusalem vor, in den andern Akten in Babylon.
Erster Akt.
Jerusalem.
Erste Scene.
Das Innere des Salomonischen Tempels.
Ebräer. Leviten. Ebräerinnen.
ALLE.
Weh Juda’s Volk! Laßt Klaggesänge schallen,
Zerstört der heil’gen Festgeräthe Pracht;
Assyriens Herrscher hat uns überfallen,
Als Diener der erzürnten Gottesmacht:
Des Ew’gen Tempelmauern tönten wieder
Vom frechen Jauchzen wüster Kriegeslieder.
LEVITEN.
Zerreißt die Schleier, die Euch keusch umwehen,
Erhebt, o Jungfrau’n betend Blick und Hand;
Ein würdig Opfer ist der Unschuld Flehen,
Das Gnade stets am Thron des Höchsten fand;
Ja, betet Jungfrau’n: vor des Feindes Wüthen
Wird des Allgüt’gen Huld Euch dann behüten.
Alle werfen sich zu Boden.
EBRÄERINNEN.
Allmächt’ger, der auf hehrem Wolkensitze
Mit Sturmesflug gewaltig rauscht einher:
Auf die Assyrer schleud’re deine Blitze,
Doch straf‘ im Zorn nicht Davids Kinder mehr:
Wohl sind wir Sünder: dennoch, o verzeihe!
Erbarmen, Allbarmherz’ger, uns’rer Reue!
ALLE.
Herr! Laß nicht frech den Gottesläst’rer fragen:
Verbirgt aus Furcht sich der Ebräer Gott?
Laß nicht des Heiden Joch die Deinen tragen,
Der Preis giebt Deine heil’ge Macht dem Spott;
Laß nicht den Fremdling, opfernd schnöden Götzen,
Auf David’s Thron sich triumphirend setzen.
Sie erheben sich.
Zweite Scene.
Zacharia. Fenena führend. Anna. Die Vorigen.
ZACHARIA.
Hofft, daß sich unser Trübsal ende,
Gott gab ein Zeichen seiner Macht!
Auf Fenena deutend.
Schaut her: er hat in meine Hände
Ein unschätzbares Gut gebracht.
Vielleicht giebt den ersehnten Frieden
Des Feindes Tochter uns zurück.
ALLE.
So wäre wieder uns beschieden
Der Freudensonne Segensblick.
ZACHARIA.
Verbannt die Furcht! baut fromm ergeben
Auf Ihn, der Hülfe stets gesandt;
Er rief einst Moses in das Leben,
Zum Heil uns, an Egyptens Strand.
Sprecht, hat nicht Gott den Sieg erworben
Des Gideon geringer Schaar?
Wer ist vertrauend Ihm gestorben
Fromm, opfernd sich in der Gefahr?
LEVITEN.
Horch! Lärmen dort …
Dritte Scene.
Ismael mit ebräischen Kriegern. Die Vorigen
ISMAEL.
Von jener Seite
Naht schnell Assyriens Herrscher sich;
Als ford’re er die Welt zum Streite,
So trotzig ist der Wütherich.
ALLE.
Ha! lieber Tod …
ZACHARIA.
Den frevlen Krieger
Täuscht heut vielleicht sein keck Vertrauen;
Der Fremdling wird nicht stolz als Sieger
Aufs Zions Trümmer niederschauen.
Fenena Ismael übergebend.
Des Feindes Kind vertrau ich Dir.
ALLE.
Herr, um Erbarmen flehen wir!
ZACHARIA.
Wie Staub und Spreu vor Sturmeswinden,
Wie vor dem Sonnenstrahl die Nacht,
Wird im Gefahrendrang verschwinden
Des Lügengottes Baal Macht.
Gott Abrahams, Du Schutz der Schwachen.
Steh‘ bei den Deinen in der Noth;
Laß jene Kraft in uns erwachen,
Die dem Tirannen giebt den Tod.
Vierte Scene.
Imael. Fenena.
ISMAEL.
O Fenenla … Geliebte! …
FENENA.
Wie! von Liebe
Sprichst Du am Tag der Rache?
ISMAEL.
Unglücksel’ge!
Noch schöner scheinst Du meinen Augen heut
Als einst, da ich, der Abgesandte Juda’s,
In Babylon Dich sah. – Dem dumpfen Kerker
Entzogst Du mich mit drohender Gefahr;
Dich schreckte nicht die strenge Wachsamkeit
Der neiderfüllten, rachesücht’gen Schwester,
Die glüh’nde Leidenschaft mir zugewandt.
FENENA.
Ach Ismael … auch ich bin Sklavin hier! …
ISMAEL.
Doch bahn‘ ich kühn den Weg zur Freiheit Dir.
FENENA.
O still! gedenke des Gebots der Pflicht.
ISMAEL.
Auch Du, mich rettend, dachtest seiner nicht.
Durch Tausend Feinde führ‘ ich Dich mit Lust,
Komm, Fenena: Dein Schild sei meine Brust.
Fünfte Scene.
Abigail. tritt ein durch eine geheime Thür, das Schwerdt in der Hand, gefolgt von Babylonischen Soldaten, welche als Ebräer gekleidet sind.
ABIGAIL.
Der Tempel, Krieger, ist in uns’rer Hand.
ISMAEL UND FENENA bestürzt.
Ha, Weh‘ uns! Abigail, wuthentbrannt,
ABIGAIL mit bitt’rem Lächeln zu Ismael.
Kennst Du die Waffen nur der Liebe?
O Mann voll Kraft und Heldensinn!
Zu Fenena.
Verbrecherisch sind Deine Triebe
Im Herzen der Assyrerin.
Wähnt Ihr, daß Euch ein Gott beschütze?
Zum Brautgemach wird Euch das Grab;
Ich schleud’re meiner Rache Blitze
Verderbenschwer auf Euch herab.
Nach einer Pause nähert sie sich Ismael und spricht zu ihm leise.
ABIGAIL.
Dich liebt‘ ich! … Herz und Herscherrechte,
Du solltest theilen sie mit mir;
Ha! meine Lieb‘ hat Furienmächte,
Tod oder Leben giebt sie Dir!
Dich rett‘ ich und Dein Vaterland,
Wenn uns verknüpft der Liebe Band.
ISMAEL.
Nein, nimmermehr! … Nimm hin mein Leben,
Doch ford’re nicht der Liebe Glück;
Nie werd‘ ich feig für mich erbeben,
Zufrieden sieht mich mein Geschick;
Mein bittend Wort wagt nur zu fleh’n:
Laß nicht mein Volk mich elend seh’n.
FENENA.
Anbetend will ich Dich verehren,
Wahrhaft’ger Herr Gott Zebaoth;
Du wollest mein Gebet erhören,
Für mich nicht fleh‘ ich in der Noth:
Herr! Preis geb‘ ich mein Schicksal Dir,
Nur Ihn, den Theu’ren, rette mir.
Sechste Scene.
Ebräer und Ebräerinnen, Leviten in Kriegerkleidung treten nach und nach in den Tempel, ohne die Vorigen zu gewahren, dann Zacharia und Anna.
FRAUEN.
Seht Ihr Ihn? … Mit frevlem Muthe
Drängt er durch die Menge sich.
GREISE.
Hand und Schwert gefärbt von Blute,
Naht diesmal der Wütherich.
LEVITEN eintretend.
Schutz dem Tempel zu gewähren,
Focht umsonst der Krieger Schaar.
FRAUEN.
Gott verhaßt sind uns’re Zähren,
Unser Flehen in Gefahr.
ALLE.
Glücklich, wer erlitt den Tod
Noch vor dieses Tages Roth.
KRIEGER entwaffnet.
Seht den König! Hoch zu Rosse
Eilt er zu dem Gotteshaus;
Gleich dem Sturm, dem als Genosse
Ueberall folgt Todesgraus.
ZACHARIA eiligst eintretend.
Trotz des Tempels heil’ger Nähe
Steigt der Freche nicht vom Pferd.
ALLE.
Wer schützt den Altar jetzt? Wehe!
Wer ists, der dem Frevler wehrt?
ABIGAIL tritt mit ihren Kriegern vor.
Ruft: Nebukadnezar lebe!
STIMMEN im Innern.
Hoch!
ZACHARIA deutet auf die verkleideten Babylonier.
Wer ließ sie ein?
ISMAEL.
Verrath
Durch Verkleidung …
ABIGAIL.
Stolzer bebe;
Denn Nebukadnezar naht.
Siebente Scene.
Babylonische Krieger dringen von allen Seiten in den Tempel ein. Nebukadnezar zeigt sich an dessen Schwelle zu Pferde.
ZACHARIA sich Nebukadnezar widersetzend.
Halt Rasender! was wagest Du!
Du eilst dem Tempel Gottes zu.
NEBUKADNEZAR.
Was hör‘ ich da von Gott Dich sprechen.
ZACHARIA bemächtigt sich Fenenas und schwingt einen Dolch über sie.
Schau diesen Dolch: er ist bereit,
Eh‘ noch den Tempel Du entweiht,
An Deinem Kind die Schmach zu rächen.
NEBUKADNEZAR vom Rosse steigend.
(Verstellung jetzt; – in ihrem Blut
Will ich dann sätt’gen meine Wuth.
Ha, Rasende! Zu viel des Frevelmuthes.
Euch Alle will ich dem Verderben weih’n;
Umfließen sollen Zion Ströme Blutes,
Erdulden sollt Ihr tausendfache Pein.)
FENENA.
O Vater, Vater! Mitleid diesen Armen!
Blick‘ auf, dem Tode bin ich nah durch dich;
Mit diesen Unglücksei’gen hab‘ Erbarmen,
Verzeihe ihnen, und errette mich.
ABIGAIL.
(Besänftigt fühl‘ ich meines Zornes Triebe,
Die Hoffnung kehrt zurück in meine Brust;
Sie, die mir raubt Ihn, den ich glühend liebe,
Sie wird ein Opfer wilder Rachelust.)
ZACHARIA. ISMAEL. ANNA. EBRÄER.
(Allmächt’ger Gott, Du Lenker aller Herzen,
Steh‘ in der höchsten Noth den Deinen bei;
Sieh Deines Volkes Todesangst und Schmerzen!
Weh! seiner harrt das Joch der Sklaverei.)
NEBUKADNEZAR.
In den Staub Gefang’ne!.. heute
Bin auf’s Neue Sieger ich;
En’ren Gott rief ich zum Streite,
Kam er? Nein, er fürchtet mich.
Thoren! Wer hat je das Schwert
Siegreich gegen mich gekehrt?
ZACHARIA.
Gottesläst’rer! Ha, jetzt büße
Deine allzufrevle Lust!
Dürstet Dich nach Blut? es fließe
Warm aus Deiner Tochter Brust
NEBUKADNEZAR.
Halt! …
ZACHARIA im Begriff Fenena zu tödten.
Sie sterbe!
ISMAEL erfaßt den Dolch und macht Fenena frei, die sich in ihres Vaters Arme wirft.
Theure, nein!
Liebe wird Dein Retter sein.
NEBUKADNEZAR mit wilder Freude.
Hah! Kein läst’ger Zwang mehr bindet
Meine Wuth; – den Sklaven Tod!
Zu den Babyloniern.
Raubt, den Tempel angezündet,
Mitleid sei mit Schmach bedroht:
Schonet nicht des Säuglings Blut,
Der am Mutterbusen ruht.
ABIGAIL.
Ha! Nichts rettet vom Verderben
Diefes Volk, mir tief verhaßt;
Doch – wird auch die Liebe sterben,
Die mein glühend Herz erfaßt? …
Liebesglück wird nimmer mein:
So soll Haß mir Wonne sein.
FENENA. ISMAEL. ANNA.
Unheilvolle, heiße Liebe
Hielt umnachtet seinen / meinen Blick;
Weh ihm! seines / meines Herzens Triebe
Häufen Schmach auf sein / mein Geschick
O verdammt den / mich Armen nicht,
Mitleid sei’s, das für ihn / mich spricht.
ZACHARIA UND EBRÄER.
Frevler Du am Vaterlande!
Schmachvoll stößt Dein Volk Dich aus;
Deinem Namen Schimpf und Schande!
Jeder Zeit bleib‘ er ein Graus.
Erd‘ und Himmel, zornentflammt,
Schreien: Flieht den Gott verdammt.
Ende des ersten Akts.
Zweiter Akt.
Der Gottlose.
Erste Scene.
Gemächer in der Königswohnung.
ABIGAIL ungestüm eintretend, ein Papier in der Hand.
Ha! dich hab‘ ich zu rechter Zeit gefunden,
Verhängnißvolles Blatt, das schlecht verwahrt
Der König bei sich trug, um Hohn und Schmach
Auf mich zu häufen! – Abigail wäre
Nur einer Sklavin Kind? Wohlan, es sei!
Bin ich denn hier Nebukadnezar’s Tochter,
Für die mich die Assyrer halten? – Nein!
Geringeres als Sklavin bin ich noch.
Der jüng’ren Fenena vertraut der König
Den Thron, indeß er Juda’s Reich verheert;
Mich sendet er vom Lager fort, hierher,
Um der Verhaßten Liebesglück zu schauen.
Verräther Ihr! und dennoch größ’re Thoren,
Wie wenig kennt Ihr Abigails Herz …
Vernichten soll mein Zorn Euch Alle … Alle!..
Ja! Fenena … der falsche Vater falle,
Das Reich! … Mir selbst bereite Untergang,
Du meiner Rache zügelloser Drang! –
Auch mein Herz war der Freud‘ einst offen,
Gab ihrem Zauber ganz stch hin;
Von reiner Liebe süßem Hoffen
Sprach Alles rings zu meinem Sinn
Ich weinte mit dem Gramgeweih’ten,
Und jauchzte bei des Frohen Glück;
Wer ruft dich Zeit, voll Seligkeiten,
Auch nur auf Stunden mir zurück!
Zweite Scene.
Der Oberpriester des Bel, Magier, Große des Reiches, die Vorige.
ABIGAIL.
Wer naht?
OBERPRIESTER aufgeregt.
Weh‘ uns! was mußt‘ ich sehen!
Entsetzliche Verrätherei!
ABIGAIL.
Sprich! …
OBERPRIESTER.
Schwer ist Fenena’s Vergehe,
Denn die Ebräer giebt sie frei.
Wer wird die Rotte jetzt regieren,
Wer zügelt ihren frechen Hohn?
Dir kann allein die Macht gebühren …
ABIGAIL lebhaft.
Wie?
OBERPRIESTER UND CHOR.
Komm, bereit ist Alles schon.
Ersonnen ward die Mähr‘ in Eile:
Nebukadnezar fiel im Steit;
Das Volk wählt zu des Reiches Heile
Als seine Herrscherin Dich heut.
Dir winkt das Glück; so mußt Du wagen,
Ein Schritt nur … fasse Muth!
ABIGAIL zum Obenpriester.
Wohlan!
Mein Herz soll minder kühn nicht schlagen
Als Deines heldenmüth’ger Mann.
Ich steig‘ auf blutgetränkten Stufen
Empor zum gold’nen Herrschersitz;
Und meine Rache, wach gerufen,
Soll rings vernichten gleich dem Blitz
Den Völkern will ich zeigen,
Daß mir gebühre Thron und Reich;
In Staub sich vor der Sklavin beugen
Seh‘ ich, Ihr Königstöchter, Euch.
OBERPRIESTER UND CHOR.
Die Rache Bel’s wird mit der Deinen
Verderben bringend sich vereinen.
Dritte Scene.
Saal in der Königswohnung, der im Hintergrunde an andere Säle grenzt. Rechts eine Thür, die zu einer Gallerie führt; links eine zweite Thür, in Verbindung mit den Gemächern der Regentin. Es ist Abend; die Halle wird durch eine Lampe erhellt. Zacharia kommt mit einem Leviten, welcher die Gesetz-Tafeln trägt.
ZACHARIA.
Levit, bring‘ des Gesetzes heil’ge Tafeln;
Gott wählt – ein neues Wunder zu vollführen –
Zum Diener mich; – mir, seinem armen Knecht,
Verleiht er Kraft, daß ich zu Juda’s Ehre
Heut einer Heidin Nacht in Licht verkläre
Du kannst, o Herr, zum Blitz das Wort gestalten,
Mach‘ heut auch sichtbar Deine Allmacht kund;
Schenk‘ meiner Rede Deine Allgewalten,
Sprich zur Assyrerin durch meinen Mund!
Dann werden, Ewiger, Dir Hymnen schallen,
Aus jedes Tempels hehrem Heiligthum;
Auf Götzenbilder, die in Trümmer fallen,
Wird Dein Gesetz erstehen, Dir zum Ruhm.
Er geht mit dem Leviten in Fenena’s Gemach.
Vierte Scene.
Leviten vorsichtig eintretend, dann Ismael, aus dem Hintergrunde kommend.
ERSTER LEVITE.
Wer ruft uns her?
ZWEITER LEVITE.
Und wessen kühn Begehren
Entbeut uns zu so unheilvollem Ort? …
ISMAEL.
Der Hohepriester selbst … Ihr werdet hören,
ALLE.
Ha, Ismael!
ISMAEL.
O Brüder!
ALLE.
Schreckenswort!
Entflieh!
ISMAEL.
Habt Mitleid!
LEVITEN.
Fort aus unsrer Nähe
Hinweg! Du Gottesverfluchter, Weh Dir, Wehe!
Dem Gottesverfluchten leben keine Brüder,
Kein sterblich Wesen ist ihm hold gesinnt;
Rings um ihn hallt die Luft von Klagen wieder,
Zu des Verräthers Ohr trägt sie der Wind.
Auf seiner Stirn flammt hell das Cainszeichen
Das Gott zur ew’ger Schmach ihm aufgedrückt;
Der Todestrank wird seinem Mund entweichen,
Umsonst hält er das Schwert auf sich gezückt.
ISMAEL verzweiflungsvoll.
O bei dem Cw’gen! habt Erbarmen,
Sprecht nicht mehr En’ren Bannfluch aus,
Gebt mitleidsvoll den Tod mir Armen,
Weh! mich erfaßt des Wahnsinus Graus.
Fünfte Scene.
Fenena, Anna, Zacharia und der Levite welcher die Gesetztafeln trägt.
ANNA.
Verzeiht, die er gerettet, Brüder,
Sie ist Ebräerin.
LEVITEN. ISMAEL.
Wie! …
ZACHARIA.
Ja!
Singt dem Allmächt’gen Dankeslieder,
Ebräerin ward Fenena.
Sechste Scene.
Abdallo. Die Vorigen.
ABDALLO.
Flieh‘, Königstochter, flieh‘! Des Herrschers Tod
Verkündet uns ein unheilvoll Gerücht.
FENENA.
Vater!
ABDALLO.
Abigail ruft das Volk,
Verfolgend die Ebräer; – fort denn, fort.
FENENA.
Ich zaud’re noch? Nicht darf ich hier mehr weilen …
Zu der Empörer Rotte will ich eilen …
ALLE.
Bleib‘! flieh‘ den Ort, wo Dir Verderben droht.
Siebente Scene.
Der Oberpriester des Bel, Abigail, Große des Reichs, Magier, Volk, Babylonische Frauen.
OBERPRIESTER.
Heil Abigail! den Ebräern Tod!
ABIGAIL zu Fenena.
Mir, mir die Krone. die Du mir geraubt!
FENENA.
Nein! eher sterben …
Achte Scene.
Nebukadnezar sich mit seinen Kriegern den Weg bahnend, wirft sich zwischen Abigail und Fenena, ergreift die Krone, setzt sie sich auf, und spricht zu Abigail.
Nimm sie mir vom Haupt!
Allgemeines Entsetzen.
ALIE.
Weh! heut ist ein Tag erschienen
Voller Angst und Mißgeschick;
Schrecken zeigen Aller Mienen,
Grausen spricht aus jedem Blick.
In den Wolken schon entzündet
Furchtbar sich der Blitze Strahl;
Weh‘ uns Wehe! er verkündet
Einen Tag der Todesqual.
NEBUKADNEZAR.
Assyrier! Ihr Uebelthäter,
Hört! Euren Gott verwerf‘ ich kühn;
Durch ihn nur wurdet Ihr Verräther,
Er wollt‘ Euch meiner Macht entzieh’n.
Der Eure hat die Kraft verloren
Im Kampf, Ebräer, wider mich;
Vernehmt denn meinen Ausspruch, Thoren.
Nur Ein Gott lebt und – der bin ich.
FENENA entsetzt.
Ha!
OBERPRIESTER.
Frevler!
ZACHARIA. ANNA. EBRÄER.
Weh dem grausen Spotte.
ABDALLO.
Nebukadnezar, Heil sei Dir!
NEBUKADNEZAR.
Zum Staube nieder, freche Rotte,
Gott bin ich: betet denn zu mir!
ZACHARIA.
Ha! Dich mag Gott zu Boden schmettern!
Vernichtung, Läst’rer, sei Dein Lohn!
Gott wird Dir strafend nah’n in Wettern;
Schon stößt er Dich herab vom Thron.
NEBUKADNEZAR.
Verruchter! Geh in Dein Verderben
Zu den Kriegern.
Werft ihn zu meinen Füßen hin;
Mit seinem Volke soll er sterben.
FENENA.
Auch ich sterb‘ als Ebräerin.
NEBUKADNEZAR voller Wuth.
Du lügst! … Mich bete an im Staube.
FENENA.
Nein! … nein! Ebräerin bin ich.
NEBUKADNEZAR Fenena heftig ergreifend.
Verwors’ne! Mir gehört Dein Glaube! …
Dein Gott bin ich! … verehre mich!
Der Donner rollt, ein Blitz trifft des Königs Krone. Nebukadnezar fühlt mit Entsetzen, daß die Krone durch Wundergewalt ihm entrissen wird, Wahnsinn malt sich in seinen Zügen. Der allgemeinen Verwirrung folgt plötzlich das tiefste Schweigen.
ALLE.
Ha! furchtbar straft des Himmels Macht
Den Läst’rer, der sie frech verlacht.
NEBUKADNEZAR.
Wer raubt mein Zepter? … Wer stößt mich vom Throne? …
Hinweg!.. hinweg! furchtbare Schreckgestalt!
Wer reißt vom Haupte mir die Herrscherkrone?
Wer wirft zu Boden mich mit Allgewalt?
O meine Tochter! … Tausendfach mir Wehe!
Auch Du verlässest mich in meiner Noth?
Nur Rachegeister sind in meiner Nähe,
Mit Flammenschwertern drohen sie mir Tod.
Rings strömt der Himmel Blut auf mich hernieder,
Furchtbar geröthet ist sein lichtes Blau;
Warum henetzt doch meine Augenlider
So glühend heute einer Thräne Thau! …
Wer hält mich aufrecht? … Fühl‘ ich doch mich sterben! …
ZACHARIA.
Der Himmel straft gerecht solch schwer Vergeh’n.
ABIGAIL die Krone Nebukadnezars aufhebend.
Doch Baals Volk soll dennoch nicht verderben,
Sein Ruhm, sein Glanz: sie sollen doch besteh’n.
Ende des zweiten Akts.
Dritter Akt.
Die Prophezeihung.
Erste Scene.
Hängende Gärten. Abigail auf dem Throne; die Magier und die Großen des Reiches sitzen ihr zu Füßen; nahe dem Altare, auf dem die goldene Statue des Bel stch erhebt, steht der Oberpriester mit seinem Gefolge. Babylonische Frauen, Volk, Soldaten, Chor.
CHOR.
Stark gleich dem Bel, gekrönt vom Siege,
Ist Babyloniens Herrscherin;
Weh‘ Jedem, der sie reizt zum Kriege,
Verderben nur ist sein Gewinn.
Heil Abigail! Ihr beschieden
Ist hohen Muthes würd’ger Lohn;
Beglückt durch Liebe, Ruhm und Frieden
Besteigt sie froh Assyriens Thron.
OBERPRIESTER.
Erhab’ne Frau, Du, die Assyriens Reich
So weise lenkt, vernimm der Deinen Bitte:
Vernichte Juda’s unheilvoll Geschlecht,
Und Sie zuerst, die mit gerechter Scheu
Deine Schwester nicht mehr nennen mag …
Verläugnet hat sie Bel …
Er reicht Abigail den Urtheilsspruch.
ABIGAIL heuchlerisch.
Was fordert Ihr? …
Wer aber naht? …
Zweite Scene.
Nebukadnezar tritt ein mit zerrauftem Bart, ungeordnet in der Kleidung. Die Wachen, deren Anführer Abdallo ist, weichen ihm ehrerbietig aus.
ABIGAIL.
Wer ist er, der Verwegne,
Der mein Gebot zu übertreten wagt?
Entfernt den Greis, bringt ihn in sein Gemach.
NEBUKADNEZAR im Zustande des Wahnsinns.
Wer redet, wo Nebukadnezar spricht?
ABDALLO ehrerbietig.
Herr, folge mir.
NEBUKADNEZAR.
Wohin willst Du mich führen?
Fort! laß mich! … dies hier ist mein hoher Rath …
Bleib‘! … siehst Du nicht? … sie harren längst schon meiner …
Du leitest mich, warum? Wohl bin ich schwach,
Doch Wehe dem, der jemals es gewahrt ..
Hinweg! … den Platz, der mein, weiß ich zu finden.
Er nähert sich dem Throne, um hinauf zu steigen.
Ha! wer ist diese? Wie! vor meinem Blick
So kühn! …
ABIGAIL den Thron verlassend.
Zieht meine Treuen Euch zurück.
Dritte Scene.
Nebukadnezar Abigail.
NEBUKADNEZAR.
Wer bist Du?
ABIGAIL.
Ich bin hier erschienen,
Um Deines Thrones Schutz zu sein.
NEBUKADNEZAR.
Du? … meines Thrones? Welch Erkühnen!
Räumt ich dazu ein Recht Dir ein?
ABIGAIL.
Du warst erkrankt … Als Ruhestörer
Klagt laut man die Ebräer an;
Des Volkes Spruch straft die Empörer,
Hier ist er – Ein’s nur fehlt daran.
Sie zeigt ihm den Urtheilsspruch.
Dein Siegel … Tod wird den Verräthern …
NEBUKADNEZAR.
Was sagst Du? …
ABIGAIL.
Auf!
NEBUKADNEZAR.
(Ich fühle Scheu! …)
ABIGAIL.
Wie! Schonung noch den Uebelthätern? …
Jauchzt Ihr Ebräer, Ihr seid frei!
Singt Eurem Gotte Dankeslieder …
NEBUKADNEZAR.
Was hör‘ ich! …
ABIGAIL.
Denn Ihr habt gesiegt …
Zur Feigheit sinkt ein Held darnieder: …
Nebukadnezars Kraft erliegt.
NEBUKADNEZAR.
Ha Lüge! .. Tod denn und Verderben;
Ganz Israel soll untergeh’n!..
Gieb, gieb!
Er untersiegelt das Blatt mit dem königlichen Ringe und stellt es Abigail zurück.
ABIGAIL.
(Triumph! die Feinde sterben;
Mein Glück werd‘ ich vollendet seh’n‘)
NEBUKADNEZAR.
Doch Fenena? …
ABIGAIL.
Voll frevlen Muthes
Gab sie dem falschen Gott sich hin;
Sie sterbe! …
Abigail reicht das Blatt abgehenden Wachen.
NEBUKADNEZAR will sie davon zurückhalten.
Sie ist meines Blutes.
ABIGAIL.
Nichts rettet die Verrätherin.
NEBUKADNEZAR sich das Antlitz verhüllend.
Entsetzlich! … Weh‘ mir!
ABIGAIL.
Laß Dein Klagen,
Lebt doch noch Eine Tochter Dir.
NEBUKADNEZAR.
Das wagst Du Deinem Herrn zu sagen?
Ha Sklavin in den Staub vor mir.
ABIGAIL.
Ich Sklavin! Thor! wähnst Du ich bebe,
Vor diesem Wort? …
NEBUKADNEZAR.
Hör‘ Wahrheit an.
Er sucht nach dem Blatt, das Abigails niedere Herkunft bezeugt.
ABIGAIL.
Dies lügnerische Blatt … so gebe
Ich Dir’s zurück, wahnwitz’ger Mann
NEBUKADNEZAR.
(Ach! Wehe mir! am Ziel des Lebens
Trifft Schand‘ und Schmach mein greises Haupt;
Zum tapfren Schwerte greift vergebens
Die matte Hand, der Kraft beraubt;
Nichts bleibt mir als, verhöhnt, verlacht,
Der Schatten meiner Königsmacht.)
ABIGAIL.
(Willkommen Tag des Ruhms! zum Throne
Schreit ich hinan im raschen Lauf!
Wohl reich wiegt eine Königskröne
Mir den Verlust des Vaters auf.
Im Staub wird man die Völker seh’n
Der niedern Sklavin Gunst erfleh’n.)
Von Innen hört man Trompetenschall.
NEBUKADNEZAR.
Ha, welch ein Klang!
ABIGAIL.
Das Todeszeichen
Für die Ebräer.
NEBUKADNEZAR.
Wachen! Ha!
Herbei.. Verrath! …
Es treten Wachen ein.
ABIGAIL.
Thor ohne Gleichen!
Du wagst noch Widerstand, mir nah?
Vernimm denn: als Gefangnen hütet
Die Wache dich. –
NEBUKADNEZAR.
Gefangner! ich? …
ABIGAIL.
Der Sklavin, ja, die Dir gebietet,
Die Deinen Trotz verlacht und Dich.
NEBUKADNEZAR.
Dem Vater wolle mild vergeben,
Aus dem der Geist des Wahnsinns spricht;
Die Tochter gieb mir, die mein Leben,
Nimm sie dem alten Vater nicht.
In meinem Reich magst Du regieren,
Assyriens Volk, es huld’ge Dir:
Doch laß des Greises Fleh’n Dich rühren,
Laß meiner Seele Liebling mir.
ABIGAIL.
Hinweg! … umsonst sind Deine Klagen,
Sind Deine Thränen, kühner Greis;
Ha! gabst Du selbst doch ohne Zagen,
Und ohne Schmerz der Schmach mich Preis.
Die Welt mag seh’n, ob eine Krone
Die Sklavin trägt voll Majestät;
Ob, wenn sie herrscht auf diesem Throne,
Assyriens Glücksstern untergeht.
Vierte Scene.
Die Ufer des Euphrat.
EBRÄER in Fesseln.
Schweb‘ hin, Gedanke Du, auf gold’nem Flügel
Enteile zu dem fernen, theuren Strand,
Wo leis und lind, umduftend Thal und Hügel
Die freie Luft begrüßt mein Vaterland.
Verweil an Zions frech entweihten Thoren,
Und walle still dem Jordan-Ufer zu;
O zaubrisch schöne Heimath, mir verloren!
O schmerzlich süßes Angedenken Du.
Stumm hängst Du, goldne Harfe an den Weiden,
Du, die prophetisch einst der Seher schlug;
O sing‘ uns von der Zeit, wo fern von Leiden
Der Knechtschaft Ketten Juda’s Volk nicht trug.
Doch willst Du trauern, o! dann singe leise
Vom Fall Jerusalems, von unsrem Schmerz;
Vielleicht letzrt Dich der Herr die Liedesweise,
Die Kraft zum Dulden strömt in unser Herz.
Fünfte Scene.
Zacharia, die Vorigen.
ZACHARIA.
Wer weint? Wer giebt durch laute Klagelieder
Dem Ew’gen weibisch sein Verzagen kund?
Auf! auf! Ihr meine angstgequälten Brüder,
Der Geist des Herrn spricht heut durch meinen Mund.
Der Zukunft Dunkel ist vor mir gelichtet …
Zerbrochen wird das Joch der Sklaverei;
Das Reich des Unterdrückers wird vernichtet,
Der starke Löwe Juda’s ringt sich frei.
Wild werden Schlangen und Hyänen hausen
Auf unsrer Feinde Schädel und Gebein;
Und herrschen wird ein Schweigen voller Grausen
Im Staube, den die Lüfte rings zerstren’n.
Ertönen werden nur des Uhu Klagen,
Wenn still der Abend naht dem öden Strand
Kein Stein wird je dem müden Pilger sagen,
Daß einst das stolze Babylon hier stand.
ALLE.
Der Herr hat durch des Sehers Mund gesprochen,
Sein Auge flammt von der Begeist’rung Gluth:
Der Knechtschaft schmählich Joch, es wird zerbrochen,
Auf’s Neu‘ erwacht sind Juda’s Kraft und Muth.
Ende des dritten Akts.
Vierter Akt.
Das zertrümmerte Götzenbild.
Erste Scene.
Gemächer in der Wohnung des Königs wie im zweiten Akt.
NEBUKADNEZAR in tiefem Schlaf auf einem Sessel ruhend; er erwacht plötzlich angstvoll.
Ja! dies sind meine Glieder! … Irrt‘ ich nicht
Scheu durch die Wälder, gleich dem wilden Thier? …
Es war ein Traum … ein schreckenvoller Traum! …
Kriegsruf von Außen.
Horch! horch! das muth’ge Kriegsgeschrei erschallt!..
Mein Schwert herbei! .. Mein Roß! … das in die Schlacht
Rasch wie ein fröhlich Kind zum Tanze eilt.
Auf, meine Tapfern, auf! seht Zion dort …
Den stolzen Tempel … fort, ihn zu erstürmen.
Auf seinen Trümmern jubelt …
STIMMEN VON AUßEN.
Fenena!
NEBUKADNEZAR.
Ha! von den Lippen meiner Treuen tönt
Der Name meiner Tochter.
Er lehnt sich an den Altan.
Sie durcheilt
Der Streiter Reihen! … Weh mir! … seh‘ ich recht? …
Gefesselt schau‘ ich ihre zarten Hände …
Mein Liebling weint …
STIMMEN VON AUßEN.
Führt Fenena zum Tode!..
NEBUKADNEZAR eilt der Thür zu und findet sie verschlossen.
Gefang’ner bin ich! Weh! Weh‘ mir Armen!
Gott Israels, Erbarmen, ach, Erbarmen!
Niederknieend.
Herr! würd’ge Tempel will ich Dir errichten
Und Hochaltäre Deinem Dienst geweiht;
Des Baal Götzenbild will ich vernichten,
Nur wende von mir mein entsetzlich Leid.
Gott! Du willst auch der Bösen Fleh’n erhören:
Schon fühl‘ ich schwinden meines Geistes Nacht;
Im Staub Allgüt’ger will ich Dich verehren,
Anbeten Dich, und preisen Deine Macht.
Er erhebt sich und will gewaltsam die Thür öffnen.
Dich muß ich öffnen, unglücksel’ge Pforte.
Zweite Scene.
Abdallo, Babylonische Krieger. Der Vorige.
ABDALLO.
Herr, wohin eilst Du?
NEBUKADNEZAR.
Laß mich.
ABDALLO.
Wie! hinaus?
Damit man Deinen kranken Geist verhöhne?
KRIEGER.
Wir alle sind bereit, Dich zu vertheidigen.
NEBUKADNEZAR zu Abdallo.
Was redest Du? Mein Geist ist nicht mehr krank, …
Dein Schwert … Dein Schwert, Abdallo, gieb es mir.
ABDALLO freudig überrascht.
Um Deinen Thron zu schützen … König, ja!
Hier ist es …
NEBUKADNEZAR.
Retten will ich Fenena.
ABDALLO. KRIEGER.
Ha! dem Gewürm gleich sinke nieder
Der schändlichen Verräther Schaar;
Durch Dich erglänzt aufs Neue wieder
Assyriens Glückstern hell und klar.
NEBUKADNEZAR.
Auf! folgt mir meine tapfren Krieger,
Des Irrsinns Nacht flieht meinen Sinn;
Ich fühle wieder, daß ich Sieger,
Daß ich Assyriens Herrscher bin.
Ja! unter meines Schwertes Streichen
Erliege der Verräther Schaar;
Assyriens Glanz soll nie erbleichen,
Durch mich strahl‘ er unwandelbar.
Dritte Scene.
Hängende Gärten wie im zweiten Akt.
Zacharia, Anna, Fenena, der Oberpriester des Bel, Magier, Ebräer, Wachen, Volk.
Der Oberpriester des Bel befindet sich unter dem Säulengange des Tempels an einem Sühnealtar, dem zwei Opferpriester zur Seite stehen. Trauermusik verkündet das Nahen Fenena’s und der zum Tode verurtheilten Ebräer. Nachdem Fenena die Mitte der Bühne erreicht hat, kniet sie vor Zacharia nieder.
ZACHARIA.
Der Duldung Palmenkron‘ empfange,
Als Lohn des Kampfes, Jungfrau Du!
Der Heimath weilst Du fern schon lange,
Es ist der Himmel! – eil‘ ihm zu.
FENENA.
Mein Auge sieht den Himmel offen,
Es sehnt zum Ew’gen sich mein Geist;
Gott läßt mich tausend Wonnen hoffen,
Die er auf ewig mir verheißt.
Leb‘ wohl, du Glanz der Erdensterne!
Mir leuchtet der Verklärung Licht!
Die Seele flieht zur Himmelsferne,
Was an mir irdisch ist, zerbricht.
STIMMEN VON INNEN.
Nebukadnezar Heil!
ALLE.
Welch wildes Rusen!
STIMMEN VON INNEN.
Heil ihm! –
OBERPRIESTER.
Zum Opfer, auf! beeilet Euch.
Vierte Scene.
Nebukadnezar das Schwert in der Hand, gefolgt von Abdallo und Kriegern.
NEBUKADNEZAR.
Fort, Frevler, fort! – Werft von des Altars Stufen,
Den Götzen, Krieger, macht der Erd‘ ihn gleich.
Das Götzenbild stürzt plötzlich in sich selbst zusammen.
ALLE.
Ein Wunder, seht!
NEBUKADNEZAR.
Volk Israels, auf! kehre
Zurück in Deines Vaterlandes Schooß;
Erbaue Deinem Gotte neu Altäre,
Nur Er ist mächtig, Er allein ist groß,
Den Frevler ließ in Wahnwiß Er versinken,
Dem Reuerfüllten gab er lichten Sinn;
Den Gifttrank ließ Er Abigail trinken,
Durch Irrsinn strafend die Verrätherin.
Nur Er ist groß, ist stark, an den ich glaube;
Laß‘, Tochter, zu ihm beten uns im Staube.
ALLE niederknieend.
Herr, der Du bist, der stets gewesen,
Stets sein wird, Gott des Lichts!
Was sind vor Dir erschaff’ne Wesen:
Ein Hauch allein, ein Nichts!
Du spannest aus den Friedensbogen:
Die weite Schöpfung lacht;
Dein Donner kommt heraufgezogen!
Die Welt versinkt in Nacht.
Sie erheben sich.
Ende der Oper.