Baldassare Galuppi
Die böse Frau
Ein musicalisches Lustspiel
Personen
Der Graf Nastri
Die Gräfin, seine Gemahlin
Dorinde, ein herumirrendes Frauenzimmer
Don Poppone, ein Edelmann
Ghiandina, Kammermädgen
Giannino, Liebhaber der Dorinde
Falco, ein Stuben-Vermiether
Gabrino, ein Bedienter, der nicht redet
Erste Handlung.
Erster Auftritt.
Ein schönes Mieth-Zimmer.
Dorinde und Giannino, hernach Falco.
DORINDE. Ich bin entschlossen wegzureisen. Beunruhiget mich nicht ferner.
GIANNINO. Ach Dorinde, ums Himmels willen, wollet ihr mich verlassen?
DORINDE. Das ist eure Sache. Ich begebe mich hinweg.
GIANNINO. Wollet ihr mich verlassen?
FALCO. Was ist, was gibts Neues? Sie scheinen mir ein wenig entrüstet zu seyn.
DORINDE. Verfertiget unsre Rechnung. Ich vor meine Person werde weggehen.
GIANNINO. Dorinde will mich verlassen. Zum Falco.
FALCO. Aber warum denn? Armer Bursche!
DORINDE. Weil in dem bedrängten Zustand worin wir uns befinden es nothwendig ist, daß wir uns trennen.
GIANNINO. Das ist eben so viel gesagt, als den Giannino ungesäumt ins Grab bringen.
FALCO. Niemahlen hätte ich mir, mit ihrer Erlaubniß überreden können, daß sie so wenig Mitleiden besäßen. Zu Dorinde.
DORINDE. Er hat mich aus meinem Hause entführt. Und jetzt befinde ich mich seinentwegen in dieser Verwirrung.
GIANNINO. Aber ich will sie heirathen …
DORINDE. Er will mich heirathen, und hat nicht einen Pfenning in der Tasche. So bald die erste Hitze der Zärtlichkeit verflogen, würden wir Hunger sterben müssen.
FALCO. Dorinde hat mir ihre Meynung entdeckt. Jetzt, Herr Gianinno, was sagen sie?
GIANNINO. Ich sage … daß … ich wünschete …
FALCO. Sie zu heirathen?
GIANNINO. Ja mein Herr.
FALCO. Und hernach?
GIANNINO. Hernach, wenn mein Vater, der schon bejahrt und schwach ist, stirbet, können wir in meinem Hause in beglückten Umständen leben.
FALCO. Sagen sie die Wahrheit, Dorinde, sind sie ihm gewogen.
DORINDE. Wenn ich ihn nicht liebte, würde ich nie seinen Schritten gefolget seyn.
FALCO. Das ganze Uebel, wie ich mercke, liegt also in dem Mangel des Geldes.
DORINDE. Scheinet euch das so geringe?
FALCO. Wie aber, wenn hieselbst ein ansehnlicher Wechsel aufzutreiben wäre?
DORINDE. So würde ich ihm ohnverzüglich meine Hand geben.
FALCO. Verlassen sie sich auf mich.
GIANNINO. Ich bitte euch mein lieber Falco.
DORINDE. Wehrter, edler Falco.
GIANNINO. Wackerer Falco.
DORINDE. Ihr werdet mich höchstens verpflichten.
GIANNINO. Ich werde euch dankbar seyn.
FALCO. Hören sie. Es ist hieselbst ein sehr reicher Mann, mit Nahmen Don Poppone. Dieser ist so sehr auf dem Golde und Silber erpicht, daß er stets vergrabne Schätze zu heben suchet. Es ist schon genug, wenn sich ein Fremder ihm nur dreiste darstellet, mit dem Vorgeben, er könne Schätze graben, so wird er ihm mit weniger Geschicklichkeit Thaler und Pistolen aus den Händen reißen.
GIANNINO. Aber hierin bin ich unerfahren.
FALCO. Was liegt denn dran? Ich werde sie unterrichten, wenn es ihnen gefällig. Verlassen sie sich nur auf mich. Sie kennen mich.
DORINDE. Ich werde alles mögliche versuchen, mir klüglich einen Brautschatz zu erwerben.
FALCO. Genug, wenn man nur die Beute mit dem Meister theilet.
DORINDE. Das ist billig.
GIANNINO. Ihr sollt die Austheilung machen.
FALCO. Ich will mich mit dem vierten Theil von dem was wir erhalten werden, begnügen. Das Haus bezeichne ich ihnen. Und allen Argwohn zu vermeiden, gehen sie allein dahin. Ich will ihnen sagen, was sie zu sagen haben. Und hernach, wenn sie da sind, will ich schon zu rechter Zeit kommen, diesem Betruge Nachdruck und Gewicht zu geben.
GIANNINO. Unterdessen werdet ihr uns doch zu Essen geben, wie ich glaube.
FALCO. Sie haben nur zu befehlen. Alles ist zu Dorindens Befehl. Und mein Zimmer bleibt ihrer Einrichtung überlassen.
Wäre ich nicht verheirathet, so wüste ich nicht, was ich unternehmen würde. Zu Dorinde. O beglückter Giannin, solche Person zu besitzen. Zu Giannino.
DORINDE. Wahrlich ihr seid sehr gefällig.
GIANNINO. Nicht so viele Zärtlichkeit. Zu Falco.
FALCO. Sie ist so reizend, so einnehmend, ich kenne nicht ihres gleichen.
DORINDE. Ich bin dafür verbunden.
GIANNINO. Nicht so viele Zärtlichkeit. Zu Falco.
FALCO. Sind sie eifersüchtig, armer kleiner Giannin. Ja sie sind es. Er macht mich lachen. Geht ab.
GIANNINO. Ich muß diesen Schmerz erdulden.
DORINDE. Hunger und Eifersucht, mein Herr, schicken sich nicht wohl zusammen. Geht ab.
GIANNINO. Sie hat Recht. Die Nothwendigkeit zwingt mich wohl es zu leiden. Geht ab.
Zweyter Auftritt.
Der Graf, die Gräfin, hernach Gabrin.
GRÄFIN. Nun mein Herr Gemal, wie lange wollen wir noch in diesem Zimmer bleiben?
GRAF. Ein wenig Gedult, meine wehrte Gräfin.
GRÄFIN. Ich will hier nicht bleiben. Ich will weg.
GRAF. Ich habe das Empfehlungs-Schreiben dem Herrn Don Poppone zugesandt, an dem wir gewiesen sind, und bey dem wir vielleicht unterkommen werden.
GRÄFIN. Der Reitknecht kommt ja nicht mit der Antwort.
GRAF. Neapolis ist ein großer Ort. Der Weg von uns nach dem Don Poppone ist nicht so kurz. Man muß ein wenig Gedult haben.
GRÄFIN. Ich will warten bis er zurück kommt, um erstlich die Antwort zu hören. Aber wenn Don Poppone nicht so gleich uns zu sich bitten läßt, will ich unverzüglich weg und die Wohnung verändern.
GRAF. Warum? sind wir denn bis jetzt hier nicht wohl bewirthet?
GRÄFIN. Ey ja, mein Herr, wir sind sehr wohl bewirthet. Ich weiß mein feiner Herr Gemal, daß es ihnen überaus wohl hier gefallen muß, da sie in der schönen Ausländerin verliebt sind.
GRAF. Worin? in Dorinden? Sie irren sich.
GRÄFIN. Es kann seyn, daß ich mich irre, aber ich wiederhole ihnen nochmahlen, daß ich hier nicht bleiben will.
GRAF. Sehen sie, Gabrin kömmt zurück. Nun werden wir es erfahren.
GRÄFIN. Mir ist es genug, wenn wir nur hier wegkommen.
GRAF. Was bringst du mir zur Antwort? Ein Bladt! Lassen sie uns sehen. Ich befürchte daß er einen Vorwand gefunden, sich davon loszumachen.
GRÄFIN. Es sey wie es wolle. Ich bleibe hier nicht.
GRAF. Das hab ich gehört. Mehr denn hundertmahl haben sie es mir schon bis zum Ueberdruß wiederholet. Lassen sie uns lesen.
GRÄFIN. Aber ich will weg von hier.
GRAF. Gedult. Don Poppone Carbelli empfiehlet sich dem Grafen Nastri, wie auch der Gräfin, und da er jetzt nicht die Ehre haben kann, ihnen in dero Wohnung aufzuwarten; so läßt er gehorsamst ersuchen, daß sie die Gewogenheit haben, ihn in seiner Behausung durch die Ehre dero Besuchs zu erfreuen.
GRÄFIN. Lassen sie uns also schleunig hingehen.
GRAF. Nicht so übereilt. So schnell nach einem Orte gehen, ohne zu wissen … ohne zu kennen, wer …
GRÄFIN. Ich wiederhole es ihnen nochmal. Ich bleibe hier nicht.
GRAF. So lassen sie uns denn gehen, es sey wie es wolle.
GRÄFIN. Es ist mir schon genug daß wir nur hier wegkommen.
GRAF. Fort. So schweigen sie denn nun einmal. Wir wollen gehen. Ja, ich will sie befriedigen. Aber lassen sie mich nun auch nicht ferner das stete Geschrey hören. Geht ab.
Dritter Auftritt.
DIE GRÄFIN, allein. Die Männer wünschen, daß wir uns sanftmüthig gegen sie bezeigen sollen. Aber wenn die Güte nichts ausrichtet, so müssen wir uns durch Ungestüm Recht schaffen. So ist es. Die fremde Schöne erreget meine Eifersucht. Ich will weg von hier. Das hab ich oft genug gesagt. Nimmer werde ich mich entschließen zu schweigen.
Fälschlich macht ein täuschend Hoffen
Jede Frau zur treuen Sclavin
Gar zu sehr gehäufte Bürden.
Regen nur der Freiheit Triebe.
Ein Gemal ist ein Gefährte,
Nicht ein wütender Beherrscher.
Und nur in geblähte Herzen
Wohnt das niedere Betrügen
Einer ungezähmten Strenge.
Vierter Auftritt.
Ein Zimmer in dem Hause des Don Poppone.
Don Poppone, hernach Ghiandina.
DON POPPONE. Nun diese neue Unruhe fehlte uns nur noch. Fremde zu behausen … Es misfällt mir … Ich wünsche nur, daß das Vorhaben, den Schatz in meinem Keller zu graben, nicht dadurch unterbrochen werden möge. Nach so vielen langen Jahren bin ich endlich so weit gekommen, einen sichern und gewissen Schatz in meinem Hause zu finden, in meinem Hause zu entdecken. Aber die Fremde … Ghiandine.
GHIANDINA. Was befehlen sie, mein Herr?
DON POPPONE. Ein Freund aus Rom, den ich nicht gerne erzürnen wollte, hat mir eine nicht geringe Beschwerde aufgebürdet. Er empfielet mir einen Grafen und eine Gräfin zur Aufnahme. Ich habe sie zu mir genöthiget, besorget also daß alles fertig sey.
GHIANDINA. Mein lieber Herr! Es ist wahr, sie sind reich, aber wenn sie so lustig drauf gehen lassen wollen, so werden sie ihren Zustand bald bis auf nichts herunter bringen.
DON POPPONE. Was ist daran gelegen? Morgen werden wir unsre Kasten voll Gold und Silber haben. Ich habe einen Schatz entdeckt. Leise.
GHIANDINA. Im Ernst entdeckt, oder befindet er sich, wie gewöhnlich, nur wieder im Gehirne?
DON POPPONE. Dißmal ist es gewiß, Ghiandine. Ich hab ihn gefunden.
GHIANDINA. Wo denn? Wenn ichs wissen darf.
DON POPPONE. Stille. Im Keller.
GHIANDINA. Wenn er nur nicht nach Gewohnheit …
DON POPPONE. Die Sache ist gewiß. Ich habe diese Entdeckung vermittelst gewisser Träume gemacht. Auch habe ich auf den Platz schon mit der Wünschel-Ruthe Versuche angestellet.
GHIANDINA. Ich vor meine Person verstehe mich nicht darauf. Gold weiß ich zu unterscheiden, und wenn ich es sehen werde, will ich glauben daß sie es gefunden haben.
DON POPPONE. Und wenn ihr es aus dem Keller hervor bringen sehet; so wird die Frau … Ghiandine seyn.
GHIANDINA. Wenn es wahr wäre.
DON POPPONE. Mehr als zu wahr. Nechstens sollt ihr es sehen. Aus einem gewissen Buche habe ich Wunder-Dinge erlernet. Zwar bis jetzt sehe ich mich mehr denn einmal betrogen, aber nun bin ich erleuchtet, und meiner Sachen so gewiß, daß ich mir traue Schätze im Dunkeln zu finden.
GHIANDINA. Wolte der Himmel daß es wahr wäre: so verspreche ich ihnen, mein Herr, daß ich ihnen hernach einen andern kleinen Schatz finden lassen will.
DON POPPONE. Wo? Wie?
GHIANDINA. Sie sollen in mir einen Schatz der Redlichkeit, der Liebe, der Beständigkeit und der Treue finden.
Schönen die den Wohlstand schätzen.
Sind die unschätzbarsten Schätze.
Lautre Tugend, Seltne Treue
Kann das Leben schätzbar machen.
Geld verflieget mit den Zeiten,
Doch der Schatz der Liebe bleibet.
Geht ab.
Fünfter Auftritt.
Don Poppone, hernach Ghiandina welche zurückkömt.
DON POPPONE. Es ist wahr, ein Frauenzimmer wie diese ist, ist gewiß ein Schatz. Doch jetzt sehne ich mich nach dem Schatze des Goldes. Unerfahren in dieser Kunst habe ich bishero das Gewisse dem Ungewissen aufgeopfert. Aber nun bin ich sicher.
GHIANDINA. Es sind zwey Fremde gekommen, die nach sie fragen.
DON POPPONE. Eine Mannsperson und ein Frauenzimmer?
GHIANDINA. Ja.
DON POPPONE. Es wird der Graf und die Gräfin seyn. Wohlan. Sie mögen nur kommen. Ich werde sie empfangen.
GHIANDINA. Das ist mir ungelegen.
DON POPPONE. Was denn?
GHIANDINA. Nichts, nichts.
DON POPPONE. Redet.
GHIANDINA. Die Gräfin scheinet mir sehr reitzend zu seyn. Ich wünsche nur daß sie Ghiandina nicht vergessen mögen. Geht ab.
Sechster Auftritt.
Don Poppone.
DON POPPONE. Nein, nein, ich darf nicht zweifeln. Ihre Eifersucht ist ein Merkmal daß sie mir gewogen. So bald ich den Schatz gehoben, will ich sie ohne Verzug heirathen. Zwar scheinet es bedenklich. Denn sie ist nur ein Mädgen. Aber was ist daran gelegen, man denke davon, was man will.
Siebenter Auftritt.
Dorinde, Giannino, und der Vorige.
DORINDE. Ihr Dienerin Don Poppone.
GIANNINO. Ergebener Diener.
DON POPPONE. Gehorsamster Knecht Herr Graf. Zu Giannino. Unerthäniger Diener meine gnädige Gräfin. Zu Dorinde.
DORINDE. (Gräfin zu mir?)
GIANNINO. (Wie bin ich denn nicht Giannino?)
DON POPPONE. Ich schätze mich sehr glücklich, eine so vortrefliche Dame und so vollkommnen Cavalier in meinem Hause bewirthen zu können.
GIANNINO. Kennen sie uns ?
DON POPPONE. Freilich. Der Freund welcher sie an mir verwiesen, hat mir dero erhabne Geburth und Rang bekannt gemacht.
GIANNINO. (Falco hat uns in eine verwünschte Verlegenheit gesetzt.) Leise zu Dorinde.
DORINDE. (Er hält uns vor Edle. Diß erfordert Klugheit.) Leise zu Giannino.
DON POPPONE. Sie werden müde von der Reise seyn. Ist ihnen gefällig sich zur Ruhe zu legen. Ich muß ihnen um Verzeihung bitten, daß ich ihnen als Vermählte auch nur ein Zimmer und ein Bette gegeben habe.
GIANNINO. Das ist so übel nicht.
DORINDE. Nein, nein mein Herr, ich bitte es mir zur Güte von ihnen aus. Von meiner zartesten Jugend an bin ich stets gewohnt gewesen ein Zimmer allein zu haben.
DON POPPONE. Aber ich habe nicht so viele Gelegenheit in meinem Hause.
DORINDE. Es ist nichts dran versehen. Ich werde allein gehen.
DON POPPONE. Und der Herr soll vor der Thür bleiben. Weiset auf Giannino.
GIANNINO. Ja mein Herr, ich bleibe draussen. Die Frau befiehlt und will es so.
DON POPPONE. O Frau Gräfin, warum so strenge gegen ihren Gemal.
DORINDE. Sie sind von den Ursachen, warum ich mich dieser neuen Mode bediene, nicht unterrichtet. (Jetzo wird es rathsam seyn die Verstellung fortzusetzen.)
DON POPPONE. Ich weiß gewiß, wenn ich eine Gemahlin hätte, so würde meine zärtliche Liebe mir wünschen lassen, sie Tag und Nacht umgeben zu können.
GIANNINO. Warlich, dieser Meinung bin ich auch. Ich würde Tag und Nacht um sie seyn.
DORINDE. Wissen sie meine Herrn, die Männer die sich so bezeigen, nennet man abgeschmackt. Frei heit. Freiheit.
GIANNINO. Genug … Jetzt schweige ich … Aber wenn hernach … Zu Dorinde.
DORINDE. Wenn hernach, wenn hernach. Ich verstehe wohl. Wann dieser beglückte Tag kömmt, so werden sie die Güte haben es so zu machen. Zu Giannino.
GIANNINO. Hören sie? Zu Don Poppone.
DON POPPONE. Ich verstehe nichts. Zu Dorinde.
DORINDE. Ey, je mehr eine Liebe rein und unverfälscht ist, jemehr bleibt sie sich stets ähnlich. Die Gewohnheiten des Pöbels in der Liebe unterscheiden sich weit von den Sitten des Adels. Unter uns herrschet ein ehrerbietiges Bezeigen, in Gegenwart so wie in Abwesenheit. Auch selbst hierin, mein Herr, unterscheidet sich der Edle von dem Niedern. Eine Frau von bürgerlichem Geblüte lässet sich nie durch die Liebe erniedrigen. Der Baur, welcher sein Weib stets umgiebet, ist gewohnt zu befehlen: Komm her … Gehe hin … Ich will dir nichts … Steig hinauf … Komm herab … Ich will dir geben. Aber ein Edelmann, welcher nicht beständig um seine Gemahlin ist, wird sagen: Verzeihen sie … Ich wünschte … Erlauben sie … Haben sie die Güte … Kommen sie doch … Belieben sie. … Und so beobachtet eine Gattin ihre Pflicht mit Vergnügen … Doch aber auch mit Anstande.
Achter Auftritt.
Don Poppone und Giannino.
DON POPPONE. Darin gebe ich gerne nach. Es mag in meinem Hause geschehen, was da will. Ich lasse einem jeden seine Freiheit.
GIANNINO. Aber verzeihen sie mein Herr, sie kennen mich nicht.
DON POPPONE. Ey freilich, mein Herr, sie sind der Graf Nastri, ein römischer Edelmann, welcher von Neapolis mit seiner Gemalin, der Gräfin, sich zu belustigen hieher gekommen. Mein Freund hat mir von allen benachrichtiget.
GIANNINO. (O betrügerischer Falco.) Lassen sie uns hernach wegen den Schatz mit einander reden.
DON POPPONE. Von welchem Schatz? Ich weiß von keinem Schatz. Ich grabe keine Schätze. Und wer hat ihnen denn gesagt, daß man in meinem Hause Schätze suchen müsse?
GIANNINO. Eben derjenige, welcher mich zu ihnen sendet.
DON POPPONE. Es ist nicht wahr. Es ist nicht wahr. Ich sage ihnen Nein, und will an meinen Freund nach Rom schreiben. (Wenn er etwas von dem Schatz weiß, so bin ich verlohren. Ich werde sie von dem Keller entfernt halten.)
GIANNINO. Sie wollen also nicht daß ich ihnen behülflich sey in Grabung ….
DON POPPONE. Ich erstaune, und rathe ihnen dieses Vorhaben zu verschweigen, oder sie werden sehen, daß ich unangenehme Verfügungen mache.
Wer ihnen von dem Schatze vorgeschwatzt, der liegt aus vollem Halse. Ach die aufwallende Galle erstickt in meinem Herzen alle Ausdrücke. Hier ist mein ganzes Haus. Hier sind alle meine Zimmer. Dort liegt die Küche. Einen Keller besitze ich in meinem Hause nicht. Es ist auch kein Schatz darin vorhanden … Ich kann nicht errathen warum … Wer es glaubt, der weiß gar nichts davon. Diß ist ganz gewiß, Hochgebohrner und Hochgeschätzter Herr Graf. Es ist wahrlich nichts daran.
Neunter Auftritt.
GIANNINO, allein. Ich begreiffe es nicht. Wir haben mit Falco Abrede genommen, und jetzt findet sich ein Zufall von ganz veränderter Beschaffenheit. Was zum Henker wird es seyn? Warlich dieser Adel setzet mich sehr in Verlegenheit. Niemahlen habe ich einen Edelmann vorgestellt. Ich muß es einmal versuchen. Aber ich weiß es nicht anzufangen.
Zu den Damen, zu den Damen: Ihr Diener Madame, von ganzen Herzen der Ehre … der Schönheit. Nein, warlich das hat gar kein Ansehen. Zu den Mannspersonen: Ergebenster Diener. Ich erbiete mich. Ich bin zu ihrem Dienst, mit meinem Ansehen … O das wird verzweifelt schlecht ausfallen. Ich will es einmal mit einer niederen Art von Leute versuchen. Und einen Hochgebietenden Herrn vorstellen. Ausverschämter. Ich gebe nichts … Ich will bezahlen, wenn es mir gefällt. Ich gebrauche es. Fort von hier. Ha, ha, ha. Das geht gut. Warlich nun hab ich es getroffen. Geht ab.
Zehnter Auftritt.
Don Poppone, hernach Falco.
DON POPPONE. Wie zum Henker können sie es wissen? Ist es möglich, daß die Nachricht von dem Schatze bis nach Rom dringen können? … Man denke! Ach es ist ein Geschwätze, das von Ghiandine herrührt. Sie wird es gesagt haben. O verwünschter Fehler der Frauenzimmer.
FALCO. Darf man kommen?
DON POPPONE. Kommt immer her Falco.
FALCO. Erlauben sie gütigst.
DON POPPONE. Ey ihr wißt daß ich euch gerne sehe.
FALCO. Sind zwey Fremde bey sie angelanget?
DON POPPONE. Ja. Ein Graf nebst einer Gräfin, welche von Rom kommen.
FALCO. Keine andre?
DON POPPONE. Sonst keine.
FALCO. (Dorinde und Giannino werden das Haus verfehlet haben.)
DON POPPONE. Und wer sollte denn sonst noch zu mir kommen?
FALCO. Ein hübscher junger Mensch, der sich Giannino nennet, und ein artiges Frauenzimmer bey sich hat. Sie sind mit der Post aus der Türkey gekom men, sie aufzusuchen.
DON POPPONE. Was wollen sie denn von mir?
FALCO. So viel ich aus dem Geschwätze, daß sie unter sich haben, abnehme, so kommen sie einen Schatz zu suchen.
DON POPPONE. Verstehen sie Schätze zu graben?
FALCO. Ich glaube ja.
DON POPPONE. Laßt sie herkommen.
FALCO. Ich dächte sie müsten schon hier seyn. Es sind Fremde. Sie werden verirrt seyn.
DON POPPONE. Seid so gut, sucht sie wieder auf.
FALCO. Ich werde ungesäumt hingehen sie wieder zu finden.
DON POPPONE. Glaubet nimmermehr daß ich denke Schätze zu graben. Aber ich rede sehr gerne von dergleichen Dingen … Und liebe sinnreiche Personen.
FALCO. O ich bin nicht so gesinnt, daß ich mich um die Handlungen anderer bekümmere. Nur habe ich so zufälliger weise von diesen Leuten sagen hören, daß dem Herrn Don Poppone von dem günstigen Schicksal ein ausnehmendes Glück vorbehalten sey.
Es stürze der Himmel die reichlichsten Ströme
Des glänzenden Goldes auf ihnen herab.
O öffneten Schlünde der grausensten Tiefen
Vor ihnen den reichlichst goldschwangeren Schoß.
O stürmte Saturnus und alle Gestirne,
Auf ihrer Scheitel statt Regen stets Gold.
O möchten sie endlich für Freude zerbersten,
Die ihnen der Reichthum der Schätze gebiert.
Geht ab.
Eilfter Auftritt.
Don Poppone, hernach Ghiandina.
DON POPPONE. Mein guter Falco, ihr seid gar zu höflich. Ihr erweiset mir viel zu viel Ehre. Jetzt bin ich zum Bersten noch nicht aufgelegt.
GHIANDINA. Diß ist ein Tag des Mißvergnügens. Es sind zweene andre Fremde da, die nach sie fragen.
DON POPPONE. Wer sind sie?
GHIANDINA. Das weiß ich nicht.
DON POPPONE. Siehet Falco sie?
GHIANDINA. Nein, mein Herr, sie kommen von dieser Seite, und Falco ist jener seits hinweggegangen. Ich merke wol, so wie ich aus ihren Reden schließe, daß sie bey ihm wohnen.
DON POPPONE. Das werden sie seyn. Lasset sie nur schleunig herkommen.
GHIANDINA. Lustig. Je mehr das Geld abnimmt, je größer wächset die Gesellschaft. Geht ab.
Zwölfter Auftritt.
Don Poppone, hernach die Gräfin und der Graf.
DON POPPONE. Ist Falco ihnen nicht begegnet. Sie werden einen andern Weg gekommen seyn. Dir danke ich es gütiges Schicksal, daß sie da sind. Das Glück ist mir diesen Tag sehr gewogen.
GRAF. Gehorsamer Diener.
DON POPPONE. Sey er willkommen, mein guter Mann.
GRÄFIN. Ihre Dienerin.
DON POPPONE. Willkommen, mein Kind.
GRAF. (Welche Unhöflichkeit!)
GRÄFIN. (Welch ein verächtliches Bezeigen!)
DON POPPONE. (Man sieht daß es Leute von Einsicht sind.)
GRAF. Mein Herr wir sind hier gekommen …
DON POPPONE. Ich bin schon davon benachrichtiget. Lasset uns von dem reden, woran ein mehreres gelegen, und komme er nebst seiner lieben Frau mit mir nach meinem Keller.
GRAF. Ich verwundere mich, mein Herr. Ein solches Bezeigen erweiset man nicht unsers gleichen.
DON POPPONE. In meinem Keller ist das Geld.
GRÄFIN. Wovor sehen sie uns an?
DON POPPONE. Ich weiß wer sie sind. Falco hat mir alles entdeckt. Ich weiß daß sie aus fernen Gegenden gekommen, und sie sollen sich nicht vergeblich in meinem Hause aufhalten.
GRAF. Erklären sie sich, mein Herr, ich verstehe sie nicht.
DON POPPONE. Wisset daß in dem Keller… Aber es kommt jemand. Ich will nicht daß man wisse was unter uns vorgeht. Kommet, kommet nachher wollen wir reden.
GRÄFIN. Wie?
DON POPPONE. Ich will nicht daß sie in diesem Hause gesehen werden.
GRAF. Warum?
DON POPPONE. Wenn es ruchtbar würde, mögte es widrig vor mich ausfallen.
GRÄFIN. Aber wer sind wir denn?
DON POPPONE. Kommet weg, sage ich.
GRÄFIN. Zu einer Dame?
GRAF. Zu einem Cavalier?
DON POPPONE. Sehr wohl. Ich weiß daß man bey solchen Fällen sich stellen muß, vornehm und von Adel zu seyn. Aber es kömmt jemand. Kommet weg sage ich.
GRÄFIN. Nun gut, ich gehe. Wenn ich aber nur erstlich weiß warum, so sollen sie mir vor alles einstehen. Geht ab.
Dreyzehnter Auftritt.
Don Poppone und der Graf.
GRAF. Dieses Bezeigen, diese Bemühung lässet mich einen Thoren in ihm erkennen. Ich bleibe wer ich bin, und verzeihe es ihm gerne in Ansehung des Freundes.
Niedrer Thor lern edler denken,
Lerne dich und mich erkennen.
Lern den Rang der mich erhebet,
Die verdiente Ehrfurcht weihen.
Strenges Schicksal, dein Verfügen
Duld ich in gelassner Stille.
Bloß ein großmuthsvoll Verachten
Soll die niedre Thorheit strafen.
Geht ab.
Vierzehnter Auftritt.
Don Poppone, hernach Dorinde.
DON POPPONE. Warlich diß ist die Gewohnheit derer, welche ein gewisses Gewerbe treiben, daß sie sich vor Damen und Cavaliere ausgeben. Da ist die Gräfin. Sie nähert sich mir. Die Wahrheit zu sagen, sie misfällt mir nicht. Aber ich muß ihr adlich begegnen.
DORINDE. Mein Herr Don Poppone, warum berauben sie uns ihre Gegenwart?
DON POPPONE. Gehorsamster Diener. Macht verschiedene Vorbeugungen. Ich bitte ihnen um Verzeihung. Ich bin unterthäniger Knecht der Frau Gräfin.
DORINDE. Und die Frau Gräfin versichert ihnen ihre Ergebenheit. Sie neiget sich.
DON POPPONE. (Wie anmuthsvoll sie ist.) Indem er sie betrachtet.
DORINDE. (Er scheinet verliebt.)
DON POPPONE. Wäre ich von einem andern Stande, wäre ich von Adel, wie sie, vielleicht erböte ich mich …
DORINDE. Nur frey heraus, ich verstehe schon, es ist mir nicht zu wieder.
DON POPPONE. O große Güte!
DORINDE. Um es ihnen zu gestehn, mein Herr, ich bin hieher gekommen…
Und ein gewisses ich weiß nicht was hält mich zurück … Ich kann es nicht sagen.
DON POPPONE. (Sie ist verliebt in mir.)
DORINDE. (Jetzt muß diesen Thoren an mich locken.)
DON POPPONE. (Jetzt will ich ein mehreres erfahren.) Aus welchem Lande sind sie?
DORINDE. Saget es ihnen der Freund nicht in seinem Schreiben?
DON POPPONE. Er saget daß sie von Rom kommen, aber nicht, ob sie daher gebürtig.
DORINDE. Ich … mein Herr … bin aus Palermo.
DON POPPONE. Und ihr Gemahl?
DORINDE. Der ist ein Spanier.
DON POPPONE. Und wohin gedenken sie, wenn es erlaubt ist zu fragen?
DORINDE. Wir reisen in der Welt herum, Personen von Einsicht und Verdiensten kennen zu lernen, die ich verehre und hochschätze, und unter welchen sie, Herr Don Poppone, gewiß der erste sind.
DON POPPONE. Ich bin ihnen vor diese Ehre verbunden.
DORINDE. Mit ihrer Erlaubniß. Ich komme so gleich wieder. (Ich will den Giannin aufsuchen, und ihm benachrichtigen was er zu sagen hat, wenn es erfor derlich seyn wird.) Geht ab.
Funfzehnter Auftritt.
Don Poppone, hernach Giannino.
DON POPPONE. Jetzt fand ich ein Vergnügen daran, und nun ist sie weggegangen. Ich hoffe daß sie bald wieder kömmt. Warlich sie gefällt mir sehr. Sie scheinet mir noch in der ersten Blüte zu seyn. O möchte sie doch den Spanier nicht zum Gefährten haben, nimmer sollte sie aus diesem Hause entkommen. Da ist er.
GIANNINO. Wissen sie mir nicht zu sagen, mein Herr, wo sich meine Gemahlin aufhält.
DON POPPONE. Sie war vor wenigen Augenblicken hier. Wenn sie es befehlen, Herr Graf, so soll jemand hingehen sie herzubitten.
GIANNINO. Es ist nicht nöthig mein Herr, ich bin ihnen verbunden. Mit Anstand.
DON POPPONE. Ach, selbst in den geringsten Blicken des Herrn Grafen verräth sich der Spanier.
GIANNINO. Ich bin kein Spanier.
DON POPPONE. Nicht. Woher denn?
GIANNINO. Ich bin aus Florenz.
DON POPPONE. (Ich werde nicht recht verstanden haben.) Und ihre Dame?
GIANNINO. Und meine Dame, mein Herr, ist gebohren … in Macerata.
DON POPPONE. Nicht zu Palermo?
GIANNINO. Ey was! Warum?
DON POPPONE. (Das verstehe ich nicht.)
GIANNINO. (Hierin liegt eine Verwirrung.)
DON POPPONE. Und weswegen, wenn es erlaubt ist zu fragen, sind sie denn in unserm Staate gekommen?
GIANNINO. Wir sind gekommen ein Marquisat zu kauffen.
DON POPPONE. So sagte mir die Frau Gräfin nicht.
GIANNINO. Was sagte sie ihnen denn?
DON POPPONE. Da kömmt sie.
Sechszehnter Auftritt.
Dorinde und die Vorigen.
DORINDE. (Ich wünschte nicht, daß Giannin mir widersprochen.
GIANNINO. (Ich befürchte eine Verwirrung.)
Jetzt wird man es erfahren.
DON POPPONE. (Ich will doch die Wahrheit ein wenig erforschen.) Madame Zu Dorinde. Mit dero Erlaubniß. Zu Ginannino. Mir ist dero Vaterland entfallen. Leise zu Dorinde.
DORINDE. Palermo. Laut daß es Giannino höret.
DON POPPONE. Hören sie mein Herr Florentiner. Leise zu Giannino.
GIANNINO. Es ist wahr, es ist wahr, ich bin aus Palermo. Laut.
DORINDE. (Verflucht.)
DON POPPONE. Ist er nicht, ist er nicht ein Spanier. Zu Dorinde.
DORINDE. Er ist aus Spanien entsprossen.
GIANNINO. Die Gräfin ist von Romagna.
DORINDE. Ich bin….
GIANNINO. Von Macerata.
DORINDE. In Palermo erzogen. Er aber ist ein Spanier von Geburt.
GIANNINO. Aber der Erziehung nach ein Florenti ner.
DON POPPONE. Und sind hier gekommen?…
DORINDE. Man weiß….
GIANNINO. Ich habe es schon eröfnet….
DORINDE. Aus Erkenntlichkeit…
GIANNINO. Und der Marggrafschaft wegen.
DORINDE. Ansehnliche Titel…
GIANNINO. Die wir kauffen wollen….
DORINDE. O ja mein Herr.
GIANNINO. Ist es nicht wahr Gräfin?
DORINDE. So ist es.
DON POPPONE. Es ist eine kleine Verwirrung darin. Doch will ich es alles glauben, wenn ich nur diß wahr befinde, daß sie einige Güte für mich haben. Leise zu Dorinde.
DORINDE. Davon sind sie versichert. Leise zu Don Poppone.
DON POPPONE. Der Herr Graf wird doch damit zufrieden seyn, daß ich ihnen aufwarte? Leise zu Dorinde.
DORINDE. Recht sehr wol zufrieden. Leise zu Don Poppone. Ist es nicht wahr mein Gemahl? Laut zu Giannino.
GIANNINO. Ja es ist ohnstreitig. (Aus Furcht zu fehlen muß ich nur zu allem, was sie will, Ja sagen.)
DON POPPONE. Nun mein Herr Graf! will ich sie nach allen Titeln verehren; Wegen ihrer hohen Ge burt, wegen ihrer Verdienste, wegen ihren Reichthum und Adel, und wegen ihrer liebenswürdigen Gemahlin, die ich zu verehren mir zum besondern Glück anrechne.
GIANNINO. Ich bin ihnen vor diese Versicherung und ihrem Wohlwollen verbunden. Nur wegen meiner Gemahlin bitte ich sich nicht zu bemühen.
DORINDE. Ich schlage diese besondere Gefälligkeit nicht aus. Zu Don Poppone. Er ist ein guter Mann, man muß ihn nicht erzürnen.
GIANNINO. Ums Himmels willen, das kann ich nicht verschlucken.
DORINDE. Es sind nur zarte Speisen, die leicht zu verdauen.
DON POPPONE. Es werden nur erlaubte und geringe Dinge vorfallen, welche leicht zu ertragen.
DORINDE. Herr Graf, ein Wort. Zu Giannino.
GIANNINO. Mit ihrer Erlaubniß. Zu Don Poppone. Hier bin ich. Zu Dorinde der er sich nähert.
DORINDE. Wenn sie es nicht selbst befordern und sich bequemen wollen, mein bedenklicher Herr, so haben sie nichts zu essen. Leise zu Giannino.
GIANNINO. Sie haben Recht. Ich weiß nichts ferner zu antworten, als daß ich gerne, was möglich ist, erdulden will. Leise zu Dorinde.
DORINDE. Ein Wort Don Poppone.
DON POPPONE. Mit ihrer Erlaubniß. Zu Giannino. Hier bin ich. Nähert sich Dorinde.
DORINDE. Diese schmachtende Augen, diese zärtliche Lippen, sollen in mir ein biegsames Herze finden. Leise zu Don Poppone.
DON POPPONE. Unbeweglich standhaft gleich den ältesten Bäumen, unerschüttert gleich den Felsen, soll mein Herz nur ihnen dankbar leben. Leise zu Dorinde.
GIANNINO. Erlauben sie. Zu Don Poppone.
DON POPPONE. Wie sie befehlen.
GIANNINO. Was sagen sie?
DON POPPONE. Ich frage auch darnach. Man wird es von der Dame erfahren.
GIANNINO. Haben sie die Güte. Zu Dorinde.
DORINDE. Was wollen sie? Zu Giannino.
GIANNINO. Was hat er gesagt?
DORINDE. Man weiß es nicht.
GIANNINO. Das ist unhöflich. Zu allen.
DON POPPONE. Mein Herr … Zu Giannino.
GIANNINO. Ich verwundere mich.
DORINDE. Was ist es gewesen?
GIANNINO. Es sey was es sey.
DON POPPONE. Ich wünschte nicht … Zu Giannino.
GIANNINO. Gar zu viele Freyheit.
DORINDE. Sie sind nicht gescheut. Zu Giannino.
GIANNINO. Es ist eine Verwegenheit.
DORINDE. Achten sie nicht darauf. Zu Don Poppone.
GIANNINO. Ich bin der Mann.
DORINDE. O mein verehrungswürdiger Gönner.
ALLE. Lasset uns schweigen. Lasset und verhüten, daß es nicht zur Entwickelung komme. Lasset uns wenigstens nur den Schein unsers Adels retten.
Ende der ersten Handlung.
Zweite Handlung.
Erster Auftritt.
Der Hof bey dem Hause des Don Poppone.
Die Gräfin und der Graf.
GRAF. Welch ein Geräusche! Welche Uebereilungen! Seyn sie doch ein wenig sanftmüthiger. Meine Vortheile wollen, daß ich vor meiner Abreise die Ursachen von dem verächtlichen Bezeigen des Don Poppone erfahre.
GRÄFIN. Ey! Man braucht uns nur zu kennen. Ein Thor kann nicht beleidigen. Gold ist, wie man zu sagen pflegt, keiner Flecken fähig.
GRAF. Aber die Beleidigung erfordert ….
GRÄFIN. Dieses ist es nicht, was sie zurück hält. Ich lese es ihnen aus dem Gesichte, die fremde herumirrende Schöne, die ich hier erblicke, wird wohl Abrede mit ihnen genommen haben.
GRAF. Sie denken sehr unedel ….
GRÄFIN. Ich rede nicht vergeblich. Don Poppone ist ein Kuppler. Er hält es so in seinem Hause. Er ist ein Niederträchtiger ….
GRAF. Stille, hier ist er.
Zweiter Auftritt.
Don Poppone, und die Vorigen.
DON POPPONE. Was ist denn diß vor ein Getöse?
GRÄFIN. Nimmermehr hätte ich geglaubt in ihrem Hause dasjenige zu sehen, was ich sehe.
DON POPPONE. Was hat sie gesehen?
GRÄFIN. Sie sind sehr wohl versehn, es kan ihnen wahrlich nicht an Gold und Geld fehlen.
DON POPPONE. Ich schmeichle mich noch mit einem schönen Schatz.
GRAF. Hören sie nicht darauf. Zu Don Poppone.
GRÄFIN. Und sie wollen meinem Gemahl an einem so schönen Glücke Theil nehmen lassen?
DON POPPONE. Wahrlich, ich bin entschlossen es mit ihm zu theilen.
GRÄFIN. Warlich das ist vortreflich. Diß ist ein unvergleichliches Gewerbe. Aber es soll ihnen nicht glücken. Ich schwöre bey dem Himmel, daß ich die Spuren dieser Betrügerey entdecken will.
DON POPPONE. Uns Himmelswillen thun sie es nicht.
GRÄFIN. Warum wollen sie mit meinem Gemahl die Früchte ihrer nichtswürdigen Bemühungen theilen?
DON POPPONE. Ist die Helfte nicht genug? Wie! will er es denn ganz?
GRÄFIN. Ich weiß nicht was er will; Aber diß weiß ich, daß ich es nimmer zugeben werde. Dieses schändliche Vorhaben soll nicht verborgen bleiben.
DON POPPONE. Sie wollen meinen Untergang?
GRÄFIN. Schweigen sie.
DON POPPONE. Haben sie doch die Großmuth …
GRÄFIN. Sie sind ein Ungetreuer.
Schweig nichtswürdiger Betrüger,
Lerne dich und mich zum Schrecken kennen.
Sprich Verräther meiner Ruhe,
Kennt dein niedrig Herz die Ehre?
Schändlichkeit, verhaßte Sitten.
Welch ein Schicksal! Welch Verderben!
Wird die schwarze Seele treffen.
Falscher Freund, treuloser Gatte,
Glaubt daß mein gerechtes Zürnen
Schon der nahen Rache winket.
Dritter Auftritt.
Der Graf und Don Poppone.
DON POPPONE. Was zum Henker hat denn das Frauenzimmer mit mir? Sagen sie mir die Wahrheit, ist das arme Mädgen etwa närrisch?
GRAF. Ihre ganze Thorheit besteht in der Eifersucht.
DON POPPONE. Worauf ist sie denn eifersüchtig?
GRAF. Auf das fremde Frauenzimmer, welche bey ihnen wohnet. Sie glaubt daß ich sie liebe. Sie glaubt daß sie meinentwegen dieselbe hieher genommen. Sie glaubt …
DON POPPONE. Sachte, sachte. Sie glaubt also …
GRAF. Daß sie der Unterhändler von mir sind.
DON POPPONE. Nun erkenne ich ihre Einfalt.
GRAF. Und sie glaubt daß wir theilen wollen.
DON POPPONE. Diß sagte ich von dem Schatz.
GRAF. Und sie verstand, daß sie Dorinden einen Schatz nannten.
DON POPPONE. Aber ich meinte den Schatz in meinem Keller.
GRAF. Da haben wir es. Sie glauben also, daß der Wohlstand nur bloß im Trinken bestehe?
DON POPPONE. Ich rede nicht vom Wein, sondern vom Golde.
GRAF. Gold im Keller?
DON POPPONE. Wissen sie es nicht? Sind sie denn nicht hergekommen mir dazu behüflich zu seyn? Falco hat mir doch versichert, daß sie hierin sehr erfahren sind, und in Ansehung der Schätze Wunder thun können.
GRAF. (Ich muß nur dazu beytragen, um die Wahrheit zu entdecken.) In Wahrheit meine Verrichtung besteht in Schätze zu graben.
DON POPPONE. Und um es zu verhehlen so geben sie sich vor Adlich aus.
GRAF. Gewiß.
DON POPPONE. Vortreflich. Aber wir müssen den seltsamen Zweifel ihrer Frauen, daß sie mich vor einen Kupler hält, unterstützen. Denn, mein Gönner, die Wahrheit zu gestehn, ich strebe nach der Gunst dieser Dame.
GRAF. Sind sie der Liebhaber von ihr?
DON POPPONE. Ich kann nicht sagen, daß ich sie sonderlich liebe. Aber sie hat mir die Ehre erwiesen, mir so viele verbindliche angenehme Dinge vorzusagen, daß sie, so weit ich auch davon entfernt war, mir doch nach und nach einige Liebe eingeflößet.
GRAF. Auch ich schätze sie hoch, die Wahrheit zu sagen, aber der andre, ich weiß nicht, soll ich ihn vor ihren Liebhaber oder Bräutigam halten, beunruhiget mich nicht wenig, denn er ist eifersüchtig.
DON POPPONE. Gegen mir ist wenigstens dieser gute Mann so nachgebend, daß er mir alle ersinnliche Gefälligkeit beweiset.
GRAF. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich beneide ihren Zustand, sie sind gar zu glücklich.
DON POPPONE. Zu meinem Vergnügen fehlt weiter nichts, als daß wir den Schatz heben.
GRAF. Ich bin dazu bereit. (Die Liebe räth mir diese Verstellung.)
Werd ich nur noch sterbend hören,
Daß man die Geliebte nennet,
Die die nie verletze Treue
Unverbrüchlich stets bewahret,
Wird mein brechend Herze denken,
Daß ihm noch der Zuruf werde.
Treu hat dich mein Herz verehret,
Treu soll es dich stets betrauren,
Und in nie erloschner Treue
Soll es gleichfals um dich sterben.
Geht ab.
Vierter Auftritt.
Don Poppone, hernach Falco.
DON POPPONE. Mir wächset heute ein gedoppeltes Glück zu. Ich werde einen reichen Schatz und die Gräfin erhalten.
FALCO. Nun, sind die Personen des bewußten Schatzes gekommen?
DON POPPONE. Sie sind angelanget, und ich habe sie beide in meinem Hause aufgenommen.
FALCO. Wie finden sie dieselben?
DON POPPONE. Sie wollten ihre Wissenschaften verleugnen.
FALCO. Diß thun sie nur des Wohlstands wegen.
DON POPPONE. Sie geben sich vor Cavalier und Dame aus.
FALCO. Um ihrem Ruhm ein größeres Ansehen zu geben.
DON POPPONE. Aber ich zeigte ihnen auf eine feine Art, daß ich von allen unterrichtet, bis mir endlich der Mann alles eingestand.
FALCO. Haben sie sie beschenkt?
DON POPPONE. Noch nicht. Ich bin entschlossen es zu thun, so bald ich nur erstlich ihre Geschicklichkeit sehe.
FALCO. Mein allerliebster Herr, dadurch gewinnen sie nichts. Ich rathe ihnen sie zu beschenken, ehe sie ihre Treue, ihre Einsicht und ihren Wehrt erforschen.
DON POPPONE. Warum?
FALCO. Weil sie sodann ihre Sachen weit geschickter und schneller verrichten werden, wenn sie sehen daß sie freygebig und großmüthig sind.
DON POPPONE. Was könnte ich ihnen wohl geben?
FALCO. Sie können dem Frauenzimmer einen diamantenen Ring, und dem Manne, welcher ein wenig geitzig ist, einen Beutel mit Geld geben.
DON POPPONE. Einen Ring? Einen Beutel? Hier ist der Ring. Den Beutel habe ich jetzt nicht.
FALCO. Man muß suchen ihn zu bekommen.
DON POPPONE. Ich gehe, ihn herbey zu schaffen. Geht ab.
Fünfter Auftritt.
Falco, hernach Dorinde.
DORINDE. He! He! Ein Schritt zurück! Etwas mehr Ehrfurcht! Etwas mehr Höflichkeit! Stellt sich vornehm.
FALCO. Was will das sagen?
DORINDE. Es will sagen, ich bin wer ich bin.
FALCO. O das ist vortreflich.
DORINDE. Ich bin ein wenig Ihro Gnaden geworden.
FALCO. Gut! Seit wann ist denn dieser Adel entstanden?
DORINDE. In derselben Stunde, in welcher ihr mich zur Gräfin machtet.
FALCO. Ich?
DORINDE. Wer hätte wohl sonst dem Don Poppone mit einer so schalkhaften List einzuschwatzen gewußt, daß ich eine Gräfin, und Giannin ein Graf sey.
FALCO. Hält er sie davor?
DORINDE. Erfordert das noch Bedenken? Seht ihr nicht den Adel in meinem Gesichte? Ich schwatze mit geläufiger Zunge. Ich weiß zu reden, zu gebiethen, zu wollen, zu befehlen. Ich gehe mit stolzen Schritten. Ich drohe aufs strengste. Ich vertheidige, beschütze, entscheide, verbessere. Ich weiß zu leben, ich weiß wie man sich eine Ehre giebt.
FALCO. Etwas gelinder! Etwas gelinder!
DORINDE. Darf man wissen, warum?
FALCO. Dis ist eine Verwirrung. Ohnfehlbar irret sich Don Poppone, und hält sie vor den Graf und der Gräfin Nastri.
DORINDE. Er halte mich vor Bande, Seile, Stricke, Riemen, Faden. Der Zufall ist scherzhaft genug, und so lange er dauret, werde ich mir das Ansehen einer Dame geben.
FALCO. Diß mögte ihnen hernach schädlich seyn.
DORINDE. Wie denn?
FALCO. Ich weiß, daß er auf mein Zureden sie beschenken wollte, nun aber wird er es nicht thun unter den Vorwand des Adels.
DORINDE. Wegen eines Geschenkes, wenn er sich solchen Begriff machen solte, entsage ich gerne der Ehre einer Dame und Gräfin.
FALCO. Bemühen sie sich es durch ihre Klugheit und Geschicklichkeit zu erhalten.
DORINDE. Euer Theil soll euch vorbehalten bleiben.
FALCO. Von ihnen, wehrteste Dorinde, wünsche ich zu meinem Theil nur einen holden Blick.
Wird dereinst dis Auge brechen.
O so laß in holden Blicken
Ihm das letzte Labsahl finden,
Bis er sich dir schmachtend schließt.
Denn laß von den zarten Lippen
Noch ein zärtliches Bedauren
Den betaubten Ohren hören.
Und so sterb ich höchst beglückt.
Glaubt nicht schon … Ach nein die Ehre
Weiß ich viel zu wohl zu schätzen,
Und mein Herz lebt stets zufrieden
Mit dem was das Schicksal will.
Geht ab.
Sechster Auftritt.
Dorinde, hernach Giannino.
DORINDE. Man muß gestehn daß Falco gewiß ein redlicher Mann ist. Es ist keine Falschheit in ihm. Was er thut, das thut er aus Freundschaft.
GIANNINO. Und wenn wird es ein Ende nehmen? Wann werden wir wegreisen. Ich kann es nicht länger ausstehn Dorinde.
DORINDE. Der Herr Don Poppone hat vor euch und vor mir ein Geschenke vorräthig, daß weiß ich.
GIANNINO. Lasset uns nehmen was wir können. Ich will mich nicht länger quälen. Der Schatz, die Gräfin … darin steckt eine Verwirrung.
Siebender Auftritt.
Don Poppone, und die Vorigen.
DON POPPONE. Hier bin ich wieder zurück. Verzeihen sie gütigst, wenn ich sie bis jetzt nicht aufgewartet.
DORINDE. In Wahrheit, mein Herr, es befremdet mich, daß sie uns ihrer Gegenwart berauben.
GIANNINO. Wenn sie wieder weggehen wollen, so ist es ihnen gerne erlaubt.
DON POPPONE. Ich gestehe es ihnen, mein schöner Cavalier, daß ich ein großer Freund der Freiheit bin.
DORINDE. Was haben sie in der Hand?
DON POPPONE. Nichts, nichts, es ist ein kleiner Beutel mit ein wenig Geld.
GIANNINO. Und wozu?
DON POPPONE. Ich gedachte es zu einem gewissen Geschäfte zu gebrauchen.
DORINDE. Wahrlich ich wette, daß sie ein Geschenke damit machen wollen.
DON POPPONE. Recht, recht Frau Gräfin, sie haben es errathen.
DORINDE. Vielleicht wollen sie ein Frauenzimmer damit beschenken?
GIANNINO. Und eine Mannsperson?
DON POPPONE. Den Ring habe ich einem Frauenzimmer bestimmt, und das Geld einer Mannsperson?
DORINDE. (Gut.)
GIANNINO. (Das ist in Wahrheit schön.)
DORINDE. Darf ich wissen wer diese Person ist, die diesen Ring haben soll?
GIANNINO. Darf ich wissen, wem der Beutel bestimmt ist?
DON POPPONE. Der Ring so wohl, wie der Beutel, sind vor ein paar Personen von niederer Herkunft.
DORINDE. Wahrlich, dieser Ring wäre so recht vor mich.
GIANNINO. Mir würde ein solcher Beutel auch sehr wohl anstehen.
DON POPPONE. Ich sehe wohl, daß sie zu scherzen belieben. Einem Grafen und einer Gräfin wird es nicht an Geld und köstlichen Steinen fehlen. Die werden auf Kleinigkeiten nicht achten.
DORINDE. Wenn sie es nur versuchen wollen.
GIANNINO. Hurtig! versuchen sie es.
DON POPPONE. Ich weiß ja doch, gnädiger Herr, daß es nur ihr Scherz.
Achter Auftritt.
Der Graf, die Gräfin, und die Vorigen.
GRAF. Mein Herr, meine Gemahlin will durchaus weg.
GRÄFIN. Ich will hinweg, und habe nur noch die Höflichkeit beobachten wollen es ihnen hiemit zu sagen.
DON POPPONE. Bleiben sie doch noch ein wenig hier. Ey sie müssen noch nicht wegreisen. Ich habe etwas vor ihnen aufgesucht. Vor ihnen diesen Ring. Zur Gräfin. Und vor ihnen diese Börse. Zum Grafen.
GRAF. Mir Geld anzubieten! Welche Beschimpfung! Wer, glauben sie, daß ich bin? Ich fordere Rechenschaft von ihnen, unbescheidener Mann, wegen ihre wiederholten Grobheiten. Geht ab.
GRÄFIN. Mein Herr, ich verwundere mich höchstens, und halte mich nicht weniger beleidigt. Einen Ring bietet man meines gleichen an. Gehet ab.
Neunter Auftritt.
Don Poppone, Dorinde, Giannino.
DORINDE. Wer sind diese Hochmüthige?
DON POPPONE. Geringe Leute.
GIANNINO. Sie besitzen keine Lebensart.
DORINDE. Geschenke auszuschlagen? O welche Niederträchtigkeit! Personen von Stande werden es wohl annehmen.
GIANNINO. Wenn es ein Freund darbietet, kan man es als eine Höflichkeit annehmen.
DORINDE. Ein solches Geschenke ist nicht zu verachten.
DON POPPONE. Ich befürchte sie zu erzürnen, sonst würde ich ersuchen …
DORINDE. Nein ich werde es nicht übel nehmen, sondern vielmehr als ein Unterpfand der Freundschaft ansehen.
DON POPPONE. Der Ring … Zu Dorinde.
DORINDE. Ich bin ihnen sehr verbunden. Nimmt den Ring.
DON POPPONE. Der Beutel … Zu Giannino.
GIANNINO. Ich danke ergebenst. Nimmt den Beutel.
DON POPPONE. Welch ein leutseliger Cavalier! Welch eine liebreiche reitzende Dame.
DORINDE. Ich bin ihnen dankbar, mein Herr.
GIANNINO. Ich erkenne es.
Mir ließen meine Eltern
In einem Testamente
Die Höflichkeit zu wählen
Das was von fünfmal hundert
Mir übrig bleiben würde,
Es sey viel aber wenig,
Ich werd es nicht verschmähen.
Nein hierin werd ich bestens,
Wär ich auch gleich ein Mädgen,
Den Willen meiner Eltern
Stets zu befolgen suchen.
Zehnter Auftritt.
Don Poppone, und Dorinde.
DON POPPONE. Die Vorfahren des Herrn Grafen haben ein Testament gemacht, welches nach unsern Zeiten gewiß sehr ansehnlich. Die ihrigen werden es doch auch so gemacht haben.
DORINDE. Aber ich bin verbunden den Gewohnheiten des Ehestandes zu folgen, und meinem Manne unterwürfig zu leben.
DON POPPONE. Dennoch werden sie, ihren Vorfahren zu gehorsamen, alles annehmen was sie ihnen geben.
DORINDE. Alles? Das weiß ich eben nicht. Es ist ein gewisses Codicill, welches dazu nein zu sagen erlaubt.
DON POPPONE. Zum Exempel, wenn ich ihnen ein Schatz schenke?
DORINDE. So würde ich ihn annehmen.
DON POPPONE. Und wenn ich ihnen mein Herz anböthe?
DORINDE. So würde ich mich darauf bedenken. Ich würde sagen, wie jenes Mädgen in Venedig ihrem Vaterlande sagte. Was wollen sie, daß ich mit ihrem Herzen machen soll? Und so sang sie über diesen Vorwurf mit Venetianischer Freymüthigkeit folgendes Lied.
Mein großmüthiger Herr, sie biethen mir ihr Herze an. Was ist mir an einem solchen Geschenke gelegen?
Haben sie nichts bessers, womit sie mich beehren können, so raht ich ihnen schweigen sie von der Liebe. Behalten, verwahren, genießen, besitzen, sie immerhin vor sich ihr Herz.
Ich weiß sie werden mir sagen, das Herz sey ein köstlicher Schatz. Aber man trift nur gar zu wenige redliche darunter. Gilt bey ihnen das Verdienst nicht mehr, als Worte und die Reitzungen der äußerlichen Schönheit. Behalten, verwahren, genießen, besitzen sie ihr Herz immerhin vor sich, wann sie dem meinigen nicht glauben.
Die schönste Probe des Wohlwollens ist die Hoffnung der Geschenke. Bloße Versicherungen der Liebe sind zweydeutig. Aber der Glanz des Goldes durchdringet das Innerste. Behalten, verwahren, genießen, besitzen sie immerhin vor sich ihr Herz, wenn ich es nicht kennen soll.
Es ist nicht der Eigennutz der in mir redet. Die bloße Gewohnheit läßt mich so urtheilen. Lassen sie sich es nicht wundern, wenn man ihnen nicht eher glaubt, bis man die Liebe durch die Werke bestätiget siehet. Behalten, verwahren, genießen, besitzen sie immerhin vor sich ohne Proben ihr Herz. Geht ab.
Eilfter Auftritt.
Don Poppone, hernach Ghiandina.
DON POPPONE. Fast weiß ich selbst nicht mehr wo ich meinen Kopf habe. Jeden Augenblick finden sich hundert verwirrte Umstände, und zuletzt befürchte ich doch betrogen zu werden. Diese machte mir Hoffnung; jetzt aber verändert sie die Sprache … Die zwey fremde Personen sind gekommen mit mir einen Schatz zu graben, und doch wegern sie sich Geld und Geschenke anzunehmen. Inzwischen verlauft die Zeit darüber, und die Liebe vermehret sich … Da ist Ghiandine. Dieses arme Mädgen habe ich gänzlich zurückgesetzt. … In Wahrheit ich bin schon ganz verwirrt.
GHIANDINA. Mein Herr, ertheilen sie mir meinen Abschied, ich will weg.
DON POPPONE. Wie! Warum?
GHIANDINA. Weil sich eine andere Geliebte gefunden, und ich, nehmen sie mir es nicht übel mein Herr, ich will nicht zur Nebenbuhlerin dienen.
DON POPPONE. Wer hat euch das gesagt?
GHIANDINA. Ich weiß wohl was ich sage. Ich bin weder taub noch blind. In Wahrheit ich gestehe es selbst, ich muß die Gräfin den Platz überlassen.
DON POPPONE. Aber … es ist nicht wahr.
GHIANDINA. Ey ja, mein Herr, es ist wahr. Ich sehe und merke es. Ich kenne die zärtlichen Neigungen. Ich weiß die Geschenke, die sie ihnen gegeben.
DON POPPONE. (Woher weiß sie das.)
GHIANDINA. Dennoch wundert mir von ihnen zu sehen, daß sie ein Mädgen vor eine Frau halten.
DON POPPONE. (Sie hat Recht.)
GHIANDINA. Ich habe es ihnen schon gesagt, und wiederhole es nochmahlen, geben sie mir meinen Abschied, ich werde mich hinwegbegeben.
DON POPPONE. Nein Ghiandine, bleibet. Wo ihr mich verlasset, so muß ich sterben.
GHIANDINA. Wahrlich ich werde nicht bleiben, wenn sie mich nicht ferner lieben und unverzüglich eine Nebenbulerin entfernen wollen, die mir so viele Unruhe macht.
DON POPPONE. Ich gehe jetzt den Augenblick, sie zu beurlauben und wegzuschaffen. Nein, wehrte Ghiandine, dich will ich nicht erzürnen.
Theurer Schatz so sanften Trieben,
Weiß ich nicht zu wiederstehn.
Nein ihr zu beredten Blicke,
Ihr durchbort mein zärtlich Herz.
Holde Augen, eure Stralen,
Und ihr anmuthsvolle Wangen,
Die ein lüstern Roth befärbt …
Wie viel hab ich nicht zu sagen!
Und doch weiß ich selbst nicht was.
Nur diß weiß ich, euren Trieben
Kan mein Herz nie widerstehn.
Zwölfter Auftritt.
GHIANDINA allein. Noch schmeichelt mir die frohe Hoffnung, daß er mir die Wahrheit sagt. Ein Verliebter verlässet zuweilen die erste Zärtlichkeit, doch er kehret bald wieder in die ersten Fesseln zurück.
Wünscht ihr, zärtlich treuen Schönen,
Gleiche Treu von euren Gatten,
Die ein flüchtger Leichtsinn treibet,
O so seyd nicht ungestüm.
Sucht durch liebreich sanftes Schmeicheln
Das erloschne Feur zu wecken,
Und ihr werdt es bald aufs neue
Zärtlich wieder lodern sehn.
Dreyzehnter Auftritt.
Ein dunkler Keller.
Falco mit Licht, hernach Don Poppone, Dorinde und Giannino als Geister gekleidet.
FALCO. Verfüget euch mit diesem Licht dort nach dem innersten Platze. Er redet gegen den Schauplatz. Don Poppone wird bald hier seyn. Die Wahrheit zu gestehn, ich mag selbst hier nicht seyn. Aber meine Verrichtung will, daß ich suche aus der Leichtgläubigkeit des Don Poppone Vortheil zu ziehen. Dort inwendig sind die erforderliche Kleider und andere nöthige Sachen. Hier kömmt er mit dem Lichte, und hat die Geräthschafte bey sich. Jetzt soll der Thor Wunder sehn. Don Poppone mit einem Lichte in der Hand, einer Hacke und Schauffel.
DON POPPONE. Seyd ihr hier?
FALCO. Ja Herr.
DON POPPONE. Aber wo sind unsre Arbeiter?
FALCO. Stille, sie sind draußen und werden uns zu Hülfe kommen. Dieses Papier haben sie mir gegeben, worauf die Beschwörung gezeichnet ist.
DON POPPONE. Sie waren erzürnt gegen mir, sind sie wieder besänftiget?
FALCO. Ja mir zu gefallen. Hernach werden sie auch, so bald der Schatz gehoben worden, unverweilt weggehen.
DON POPPONE. Sie haben das Geschenk des Beutels und Ringes als eine Beleidigung angesehen.
FALCO. Des Beutels! Des Ringes! Was haben sie denn damit gemacht?
DON POPPONE. Ich habe es sogleich dem Grafen und der Gräfin gegeben, welche sich zufälliger Weise eben daselbst bestanden.
FALCO. (Keiner hat mir das geringste davon gesagt. Noch begreiffe ich nicht, was er mit dem Grafen und der Gräfin sagen will.)
DON POPPONE. Nun wohlan, wie müssen wir es denn nun machen? Ich habe die Werkzeuge zum Graben hier mitgebracht.
FALCO. Haben sie auch Gold und Silber?
DON POPPONE. Auch dieses habe ich mitgebracht.
FALCO. So lassen sie uns denn nun anfangen. Sprechen sie nach was ich sage.
DON POPPONE. Ich überlasse mich euch.
FALCO. Ich nehme es auf mir. Irrende Geister,
DON POPPONE. Irrende Geister,
FALCO. Aus dem höllischen Gebiete,
DON POPPONE. Aus dem höllischen Gebiete,
FALCO. Erscheinet hieselbst. Don Popppone wiederholt nicht. Es muß nachgesprochen seyn.
DON POPPONE. Mich überfält eine kleine Furcht.
FALCO. Herzhaft.
DON POPPONE. Herzhaft.
FALCO, DON POPPONE. Man muß es erdulden.
FALCO. Erscheinet hieselbst.
DON POPPONE. Erscheinet hieselbst.
FALCO. Vor meinem Angesichte.
DON POPPONE. Vor meinem Angesicht.
FALCO. In scheuslicher Gestalt.
DON POPPONE. In scheuslicher …. Ach!
FALCO. Zittern sie?
DON POPPONE. Nein, nein.
FALCO. Beherzt.
DON POPPONE. Beherzt. Ich empfinde keine Furcht. Man hört in der Höhle ein Geräusche mit Ketten.
FALCO. Hören sie die Ketten. Jetzt kömmt der Geist.
DON POPPONE. Ich fürch … fürchte mich nicht. Zitternd.
FALCO. Herzhaft.
DON POPPONE. Herzhaft.
FALCO, DON POPPONE. Ich bin nicht furchtsam.
FALCO. Der Teufel nähert sich.
DON POPPONE. Daß er hier nur nicht zu nahe komme.
FALCO. Da ist der weibliche Teufel.
DON POPPONE. Der wird nicht so scheuslich seyn. Dorinde und Giannino kommen verkleidet hervor.
FALCO. Graben sie, graben sie Don Poppone.
DON POPPONE. O welch ein abscheulicher Teufel!
FALCO. Graben sie doch im Keller.
DON POPPONE. O welch eine schöne Teufelin!
FALCO. Fangen sie an zu arbeiten.
DON POPPONE. Diesen hier mag ich nicht ansehen.
FALCO. Geschwinde, graben sie, beobachten sie was sie gelernet, wie man es machen muß. Don Poppone gräbet in der Erde.
ALLE. Geister, Kobolte, bringet nun den Schatz. Während dessen arbeitet Don Poppone mit der Hacke.
DORINDE, GIANNINO. Gold, Gold.
FALCO. Man muß denen Geistern Gold geben.
DON POPPONE. Gold … Ja mein Herr … Lieber hier. Giebt es Dorinde.
FALCO. Grabet. Schlaget.
GIANNINO. Geld, Geld. Sie schlagen Don Poppone.
DON POPPONE. O ich armer.
DORINDE. Gebet es mir.
FALCO. Grabet nach dem Schatz.
GIANNINO. Gold, Gold. Sie schlagen ihn wie zuvor.
DON POPPONE. Nicht mehr ums Himmelswillen.
DORINDE. Gebet es her.
FALCO. Fahret fort zu graben.
DON POPPONE. Ich kan es nicht ausstehn.
GIANNINO. Gold für mich. Wie vorhin.
DON POPPONE. Wenn nur noch etwas da ist.
FALCO, GIANNINO, DORINDE. Wenn das Gold aus ist, so wird jetzt die Beschwörung erfüllt seyn.
DON POPPONE. Aber wo ist der Schatz?
GIANNINO, DORINDE, FALCO. Sehet hier ist er. Löschen das Licht aus.
DON POPPONE. Ach! Ach! Falco wo seid ihr?
FALCO, GIANNINO, DORINDE. Geister, Kobolte, führet den Thoren hinweg.
DON POPPONE. Falco, Falco.
GIANNINO, DORINDE, FALCO. Schleppet ihn weg von hier.
DON POPPONE. Falco, Falco, ums Himmels willen.
GIANNINO, DORINDE, FALCO. Wo Don Poppone nicht ausrufet: Es lebe der Geist, so wird er geprügelt werden, wie ein Schwein.
DON POPPONE. Es lebe der Geist.
ALLE. Es lebe der Geist nebst seiner Gehülfin. Den Schatz genießet die schöne Teufelin, welche ihn unter allen andern vergnügt davon trägt.
Ende der zwoten Handlung.
Dritte Handlung.
Erster Auftritt.
Ein Zimmer.
Der Graf und die Gräfin.
GRÄFIN. Mir Geld anzubiethen? Welche Beschämung vor meinem Stande! Vor solche Empfindlichkeiten ist das Vergnügen der Verstellung zu geringe.
GRAF. Aber sehen sie denn nicht daß Don Poppone ein Thor ist.
GRÄFIN. Nein, nein; einen solchen Thoren finde ich nicht in ihm. Ich sehe daß er in andern Verrichtungen sich klüglich bezeigt. Es muß nothwendig irgend eine Betrügerey darunter verborgen seyn, und daß soll sich noch vor meiner Abreise aufklären.
GRAF. Wahrlich, die Wahrheit zu gestehn, sein Bezeigen gegen uns ist so beschaffen gewesen, daß wir glauben müssen, er hat uns nicht für diejenigen gehalten, die wir würklich sind.
GRÄFIN. Unsere Schuldigkeit erfordert, daß wir ihn aus diesem Irrthum heraus helffen, ehe wir wegreisen, damit er einer Dame die gebührende Ehre beweisen lerne.
GRAF. Da kömt er eben.
Zweiter Auftritt.
Don Poppone, und die Vorigen.
DON POPPONE. Verfluchte Herenmeisters, seid ihr noch da?
GRAF. Was sagen sie?
DON POPPONE. Noch fühle ich die Schläge auf meinem Rücken.
GRÄFIN. Aber Herr Don Poppone, wofür halten sie uns?
DON POPPONE. Für zwey vertraute Freunde des Teufels, wovon meine Schultern ein bewährtes Zeugniß ablegen können.
GRAF. Sie reden wie ein Narr.
GRÄFIN. Entweder sie sind es würklich, oder der Wein in ihrem Keller macht sie dazu.
DON POPPONE. Ja eben der Keller ist es, der mir dieses Uebel zu Wege gebracht, aber nicht durch Wein, sondern durch Holz.
GRAF. Was ist das für ein albernes Geschwätze?
DON POPPONE. Mit wenig Worten. Entweder machet daß mir der Teufel das durch List entwandte Geld wiedergiebt, oder ich werde euch bey dem Richter verklagen.
GRAF. Ey was! Beweisen sie dem Grafen Nastri und der Gräfin seiner Gemahlin mehrere Ehrerbietig keit.
DON POPPONE. Von dem Grafen und der Gräfin bin ich ein verbundener Diener, und schätze die Gnade, die sie mir beweisen, als eine besondere Ehre. Ihr aber möget immer zum Henker gehn.
GRÄFIN. Wer sind wir denn?
GRAF. Kennen sie uns?
DON POPPONE. Ich sage es euch nochmahlen, ihr seid ein paar Herenmeisters.
GRAF. Bin ich denn nicht der Graf Nastri?
DON POPPONE. Ihr?
GRÄFIN. Bin ich denn nicht die Gräfin?
DON POPPONE. Ihr?
GRAF. Hat uns der Freund aus Rom ihnen nicht empfolen?
DON POPPONE. Euch?
GRÄFIN. Haben sie uns nicht zu sich geladen?
DON POPPONE. Euch?
GRAF. Was ist denn dabey zu verwundern? Wo ihnen ja noch ein Zweifel übrig bleibet, so sehen sie, hier ist das Schreiben unsers gemeinschaftlichen Freundes. Gibt dem Don Poppone einige Blätter.
GRÄFIN. Ist es Irrthum oder Scherz? Kennen sie uns?
DON POPPONE. Ich erstaune. Nachdem er es gelesen.
GRAF. Was sagen sie von Herenmeistern?
GRÄFIN. Was sagen sie von Geld?
GRAF. Warum haben sie mir so verächtlich Geld angebothen?
GRÄFIN. Warum haben sie mich mit einem Ring beschenken wollen?
DON POPPONE. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Es ist aus Irrthum gewesen … Ich weiß ich bin geprügelt worden … Es werden also wohl die andern seyn … Wie ist es möglich! Ich bitte sie um Verzeihung, ich habe mich geirret.
Wie es zugegangen, bin ich nicht fähig zu sagen. Aber jetzt sehe ich daß es sich entwickelt. Warten sie … Ich wünschte nicht … Verzeihen sie … Ich wüßte nicht … Wem soll ich glauben? Bey ihnen entstehen mir Zweifel. Auf jene muß ich ein Mißtrauen setzten. Ungewiß wegen meines Schatzes scheint mir alles nein oder ja zu sagen. Nur meine empfundene Schläge bleiben allein gewiß und unwidersprechlich. Nimmer werde ich wieder nach Schätzen graben. Nimmer werde ich wieder einen Kühnen vorstellen.
Dritter Auftritt.
Der Graf und die Gräfin.
GRÄFIN. Der arme Mann ist betrogen.
GRAF. Ich sahe wol daß irgend eine Thorheit ihm so verwirrt machte.
GRÄFIN. Lassen sie uns hinwegeilen, ehe noch mehrere Unruhen entstehen.
GRAF. Ohne wenigstens Neapolis zu besehen, wohin wir zu unserer Belustigung gereiset sind?
GRÄFIN. Lassen sie uns wieder nach Rom zurück kehren. Ich sehe daß das Schicksal sich unsern Wünschen widersetzt. Ich habe bishero solche Belustigungen gehabt, daß ich genug davon habe.
Kein größres Vergnügen
Verspricht mir die Hoffnung
Jemahlen zu finden,
Als wie mir die Treue
Des zärtlich Geliebten
Schon längstens geschenkt.
Drum laß uns, Geliebter,
Zum Lande der Väter
Mit Sehnsucht hinkehren.
Weil hier uns die Zweiffel
Des quälenden Argwohns
Die Liebe verbittern.
Geht ab.
Vierter Auftritt.
DER GRAF allein. Ich habe Mitleiden mit ihr, und suche nur ihr zu gefallen. Es ist keine geringe Verwirrung worin ich mich befunden habe. Bishero lebte ich beglückt in meinem Vaterlande meiner Gemahlin getreu. Warum will ich mich bemühen die Ruhe auf eigene Kosten einzubüßen? Geht ab.
Fünfter Auftritt.
Dorinde, Giannino und Ghiandina.
GHIANDINA. So ist es meine Herrn, ihr seyd entdeckt, und soltet nur von hier eilen, denn sonst mögte man euch zur Belohnung eurer Boßheit zur gerichtlichen Verantwortung ziehen.
GIANNINO. Ich weiß nicht was ihr saget.
DORINDE. Ich verstehe nichts davon.
GHIANDINA. Welch ein unschuldiges Mädgen! Zu Dorinde. Welch ein aufrichtiger Bursche! Zu Giannino. Ich muß lachen. Herr Graf, Frau Gräfin. Ich habe gesehn, wie der Teufel und die Teufelin meinen armen Herrn geschlagen, beraubet und geplündert haben. Alles diß habe ich durch die Thür des Kellers gesehn.
GIANNINO. Ach wehrte Ghiandina, habt Mitleiden.
DORINDE. Falco ist Schuld daran.
GHIANDINA. Ich weiß daß dieser Bösewicht ihn betrogen hat, aber er soll dafür nach Verdienst bestraft werden.
DORINDE. Aber warum mischt ihr euch drein?
GHIANDINA. Ich habe mehr Ursache mich darum zu bekümmern, als ihr glaubet. Weil ich, wenn ihr es nicht wißt, in diesem Hause zwar in Dienst getreten bin, doch mit der Hoffnung die Gehülfin des Herrn zu werden.
Ja, meine Herrn, so ist es. Der Herr wird mich heyrathen, er wird meine Liebe, meine Treue belohnen.
Aber ihr andern Betrüger, die ihr hier habt Herenmeister vorstellen wollen, eilet ja hinweg. Der Bösewicht … Der Teufel … Die Gräfin … Die Teufelin, werden es an meinen Herrn schon bezahlen müssen. Geht ab.
Sechster Auftritt.
Dorinde und Giannino.
GIANNINO. Nun bin ich recht verlegen.
DORINDE. Und ich bin eurentwegen unglücklich.
GIANNINO. Meinentwegen?
DORINDE. Ja wohl eurentwegen. Wegen eures schwachen Verstandes sehen wir uns nun am Rande des Verderbens.
GIANNINO. Ich wolte ja aber hier nicht her.
DORINDE. Was war ohne Geld anzufangen? Ihr entführtet mich aus meinem Hause. Hätte ich dieses Elend zum voraus sehen können, nimmer wolte ich darin gekommen seyn.
GIANNINO. Ich habe es aus Liebe gethan.
DORINDE. Eine schöne Liebe, Ehre, Freyheit und Leben zu verlieren! Man muß darauf denken, wie es zu helffen ist.
GIANNINO. Wie?
DORINDE. Wir müssen entfliehen, so wie es uns die Verzweiflung lehren wird.
GIANNINO. Laßt uns also beyde fliehen.
DORINDE. Ja, aber getrennt.
GIANNINO. Warum getrennt?
DORINDE. Weil ich an dem, was ich bishero mit euch erduldet, genug habe.
GIANNINO. O ich Unglücklicher!
DORINDE. Ach ich arme Dorinde!
GIANNINO. Ich bin in Verzweiflung.
DORINDE. Ich bin in dem äußersten Verderben.
Siebender Auftritt.
Falco, und die Vorigen.
FALCO. Seid ihr hier?
GIANNINO. Hier hat man uns hergejagt.
DORINDE. Ihr solltet uns wohl ums Leben bringen.
FALCO. Ich bringe euch vortheilhafte Zeitungen.
GIANNINO. Wenn sie vor uns sind, so werden die Neuigkeiten vor euch desto schlimmer seyn.
FALCO. Lesen sie dieses Bladt. Zu Giannino.
GIANNINO. Von wem ist es denn? Indem er es annimmt.
FALCO. Lesen sie nur, so werden sie sehen daß ihr Herr Vater die Gefälligkeit vor sie gehabt, sich, um sie recht beglückt zu machen, aufs schleunigste aus dieser Welt zu begeben.
DORINDE. Ist sein Vater gestorben? Zu Falco.
FALCO. Ganz gewiß.
DORINDE. Ist es wahr Giannino?
GIANNINO. Mehr als zu wahr, wehrte Dorinde!
DORINDE. Also werdet ihr mich heirathen. Also werdet ihr mich bald an einem andern Ort führen, wo wir beglückte Tage genießen werden.
GIANNINO. Lasset mir jetzo erstlich ihm einige Thränen weihen. Er fängt an zu weinen.
FALCO. Lassen sie seiner Betrübniß den gerechten Ausbruch. Es sind die Regungen der Natur. Ich tröste mich mit ihnen und gehe unverzüglich zum Don Poppone, ihn wieder zu besänftigen. Wir müssen ihm das entwandte Geld wieder zustellen, und wegen den Schlägen Verzeihung suchen.
DORINDE. Wie wird das angehen?
FALCO. Sorgen sie nicht dafür. Lassen sie dieses nur lediglich auf mich beruhen.
Wir müssen mit glücklichen Winden
Die wildesten Meere durchschiffen.
Uns zeiget in stürmenden Fluthen
Der sichere Compaß die Wege.
Ich scheue kein schreckendes Toben
Der Winde, und brausenden Wellen,
Diß schrecket nur stumpfe Gemüther
Die nicht die Schärfe des Geistes belebt.
Geht ab.
Achter Auftritt.
Dorinde, und Giannino.
DORINDE. So können wir doch noch hoffen, wehrter Giannin, es werde alles gut ausfallen.
GIANNINO. Ach mein lieber Vater ist gestorben! Sitzet gantz traurig.
DORINDE. Was ist denn dabey zu thun? Wer todt ist, der ist tod. Lasset uns nun aus der Hoffnung, daß unsere Sachen gut gehen werden, Beruhigung schöpfen.
GIANNINO. Noch kann ich mich nicht zufrieden geben. Wie vorhin.
DORINDE. Er war schon bejahrt, schwach und kümmerlich, und mußte folglich sterben.
GIANNINO. Ach daß mein Vater gestorben! Wie vorhin.
DORINDE. Wenn ich zurück dencke welche zärtliche Mutter ich eurentwegen verlassen habe, so bin ich ebenwohl nicht wenig gerührt. Aber eure Gegenwart, wehrter Giannino, beruhiget mich, und so müsset ihr es auch mit mir machen.
GIANNINO.
Wehrter Greiß! Geliebter Vater!
O wie schätzbar warest du!
Welch ein Schmerz dich zu verlieren!
Dich nie fernerhin zu sehn.
Indem Giannino dieses traurig singet, höret ihn Dorinde ein wenig zu, hernach entfernt sie sich nach und nach, und setzet sich auf einen andern Stuhl.
DORINDE.
Nie genug geschätzte Mutter,
O wie liebreich warest du!
Welch ein Schluß! dich zu verlassen,
Dich nie wiederum zu sehn.
Giannino steht auf da er Dorinden klagen hört, kömt näher und folget ihr. Entfernt sich wieder ein wenig, worauf sie aufstehet, da sie denn beyde zusammen kommen.
GIANNINO. Ach mein armer Vater.
DORINDE. Ach meine arme Mutter!
GIANNINO. Wie verehrungswürdig war er nicht!
DORINDE. Wie zärtlich war sie gegen mich!
GIANNINO. Er ist gestorben!
DORINDE. Nimmer werde ich sie nun wiedersehn.
GIANNINO. Er ist gestorben, der gute Vater. Siehet Dorinde an.
DORINDE. Ich werde sie nie wiedersehn, die liebe Mutter. Siehet Giannino an.
BEYDE. Was soll ich anfangen? Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht.
GIANNINO. Wehrteste Dorinde! Zärtlich.
DORINDE. Meine Mutter ist gestorben. Stellt sich als wolte sie ihn wegjagen.
GIANNINO. Ich werde weinen.
DORINDE. Wehrtester Giannino. Zärtlich.
GIANNINO. Mein Vater ist gestorben! Stellt sich als wolt er sie wegjagen.
DORINDE. Ich vergehe.
BEYDE.
Nein nicht verzweiffeln!
Noch läßt sich Hülfe
Nach Wunsche finden.
Du theurer Engel
Bist mein Ergetzen
Und meine Ruhe.
GIANNINO. Du solst meine liebe Mutter seyn.
DORINDE. Und du mein lieber Vater.
GIANNINO. Grausame, Betrügerin.
DORINDE. Bösewicht, Schelm.
BEYDE. Wie hast du mich seufzen lassen!
GIANNINO, DORINDE.
Jetzt weichen die Schmerzen,
Jetzt schwinden die Sorgen,
Nun bleibt uns kein Kummer
Noch ferner zu tragen.
Nur liebliche Ruhe
Und zärtlich Ergetzen
Erfüllen die Herzen
Mit frölichem Jauchzen.
Geht ab.
Neunter Auftritt.
Ein Saal unten im Hause.
Don Poppone, und Falco.
DON POPPONE. Nein, nein, in meinem Leben glaube ich keinen Menschen wieder. Der Graf, die Gräfin, hernach die Teufelin, mein entwandtes Gold, hundert Baronesen, und was daß meiste ist, die Schläge!
FALCO. Was den Graf Nastri anbetrifft, das war ein Irrthum. Sie hielten jenen vor diesen, und diesen vor jenen, ohne ihr Verschulden. Das Gold, wovon sie sagen, welches sie der Teufel entrissen, soll ihnen wieder werden. Und in Ansehung der Schläge wird es ja wohl mit einer Entschuldigung genug seyn.
DON POPPONE. Die Entschuldigung wird mir den Schmerz den ich noch fühle, nicht stillen. Doch will ich zufrieden seyn, wenn ich nur das Gold wieder erhalte.
FALCO. Sogleich sollen die Zauberer kommen, und die Wiedergabe bewürken.
DON POPPONE. Nein, nein, lieber will ich es ihnen schenken.
FALCO. Befürchten sie nichts, mein Herr, es sind Freunde.
Letzter Auftritt.
Alle.
DORINDE, GIANNINO. Gute Geister, erscheinet hieselbst, das Gold, dem es gehört, wieder zu geben. Es kommen zweene Jünglinge, welche dem Don Poppone sein Geld wiederbringen.
FALCO. Da sind sie.
DON POPPONE. Ich danke für die Güte. Jetzt bin ich vergnügt.
DORINDE, GIANNINO, FALCO. Das Gold ist wiedergegeben. Haben sie die Güte zu verzeihen wo man sie beleidiget.
DON POPPONE. Der Himmel beglücke euch.
GRAF, GRÄFIN. Wir wollen uns beurlauben. Wir empfehlen uns.
DON POPPONE. Glückliche Reise, leben sie wohl.
DORINDE, GIANNINO. Sie sind Zeugen der Verbindung, welche jetzo unter uns bestätiget wird. Sie geben sich die Hände.
DON POPPONE. Auch ich will mich mit dir verbinden, theurer Schatz komm hier! Zu Ghiandina.
GHIANDINA. Ghiandine eilt zu euch.
GIANNINO. Und Giannin wird sich mit der Teufelin verbinden.
DON POPPONE. Alles gehet gut. Alles ist jetzt in Ordnung gebracht. Wer aber wird die Schläge bezahlen.
ALLE. Wer sie bekommen hat, der hat sie. Es muß verschwiegen werden. Jeder soll nun in Ruhe leben. Alle sind vergnügt. Das Mädgen, die Gräfin und die Teufelin entfernen sich zufrieden.
Ende.