Georg Anton Benda
Der Dorfjahrmarkt
Eine komische Oper in zwei Aufzügen
Personen
Der Obriste
Der Lieutenant
Fikfak, Feldwebel
Lukas, verlobt mit Bärbchen
Suschen, ihre jüngere Schwester
Paul, ihr Vater
Eve, Mutter von Lukas
Lene, Tyrolerinn
Greif, Weinschenk
Nathan, Jude
Tobis, Jeremis, Michel, Jobst: Bauern
Bauern, Soldaten, Verkäufer, Ausrufer u.s.w.
Der Schauplatz ist in einem Marktflecken.
Erster Aufzug.
Gegend im Dorfe. Im Hintergrunde Buden und das Gewühl von Käufern und Verkäufern. Dem Vordergrunde näher eine Trink- und Zehrbude.
Erster Auftritt.
Tobis. Jeremis. Michel. Jobst Sitzen auf einer Bank vor der Bude, trinken und fingen. Greif in der Bude.
CHOR.
Trinkt, trinkt, trinkt!
Weil in eurer Flasche
Noch ein Tröpfchen blinkt,
Weil in eurer Tasche
Noch ein Heller klingt;
Trinkt, trinkt, trinkt!
Jeder Tag hat seine Plage,
Jahrmarkt ist nicht alle Tage.
TOBIS. Prost, Jeremis!
JEREMIS. Prost, Tobis! Prost, Jobst!
JOBST. Prost, alle zusammen!
ALLE. Prost! Juchhe!
TOBIS. Es leben alle Jahrmarktsgäste hoch!
ALLE. Hoch! Sie trinken; die Musik macht das gewöhnliche Freudengetöse; hierauf wird das Chor wiederholt.
TOBIS. Nu, ihr Leute, meine Bulle ist leer, und meine Ficke auch. Ich dächte, wir giengen nun in die Schenke, und trischäkten eins.
JOBST. Ja, was meynt ihr denn dazu, ihr andern? Da hab‘ ich wohl noch so eine verrufene Blechkappe –
JEREMIS. Und ich ein Paar abgeschlagene Sechser –
GREIF. Ey, ihr Herren, trinkt so viel ihr wollt. Ich kenn‘ euch ja. Weiß euch zu finden. Euch geb‘ ich lieber Kredit, als manchem unsrer schamarirten Stadtherrn, und schreibe keinen Tropfen mehr an, als ihr trinkt.
TOBIS. Das ist räsonnabel. Ein ganzer Mann, unser Herr Wirth! Er soll leben!
JEREMIS. Noch ein Nösel auf Pump, weil er so brav ist. Meynt ihr nicht?
ALLE. Ja, ja, immerhin.
JEREMIS. Ich bin Jeremis Troll hinter der Schule.
JOBST. Und ich Jobst Labberhans am Schloßthor.
MICHEL. Und ich bin Michel Knapp, der Becker.
TOBIS. Und ich bin der lahme Tobis.
GREIF. Schon gut, ihr Herren, schon gut. Sie fahren fort zu trinken.
JEREMIS. Du, Jobst, hast du den gnädigen Herrn schon am Tage gesehen? Man konnt‘ ihn gestern bey der Dämmerung nicht recht erkennen.
JOBST. Nä, Gevatter, bis dato noch nicht. Ich habe dir über eine Stunde gelauert, ob er etwann spazieren reiten würde.
GREIF. Ey, der Herr Obriste werden noch zu müde von der Reise seyn, sonst hätten Sie wohl schon den Jahrmarkt besucht.
JOBST. Zu müde? Er? Was weiß er von Müdigkeit? Sie sind, wie mir der Gärtner sagte, den ganzen Morgen in den Gärten herumgestrichen, er und sein Vetter.
TOBIS. Was? Der Lieutenant, der drüben in Ramberg auf Werbung liegt?
JOBST. Heute mit dem frühsten kam er angejäckert.
JEREMIS. Ha! der geht wieder einmal auf Wildpret aus.
TOBIS. Er mag sich wahren. Ich kenn‘ ein Paar, die haben's ihm zugeschworen, wenn sie ihn in ihrem Gehäge treffen –
JOBST. Einen davon kenn‘ ich auch. Er heißt mit dem ersten Buchstaben Lukas.
TOBIS. Daß sie's ihm nur recht derb gäben, dem Fuchs!
JEREMIS. Ich glaube, dem gönnten wir's alle, so viel unser sind.
MICHEL. Ja wohl, von ganzem Herzen.
TOBIS. Nein, da lob‘ ich mir den gnädigen Herrn. Vor dem kann man sein Mädchen in Ruhe haben. Und er sieht doch gewiß gern was Hübsches.
JEREMIS. Dafür wird ihm auch der Himmel eine hübsche Frau aufheben. – Kommt, Kinder! das Restchen auf seine Gesundheit!
ALLE. Vivat! Trinken und stoßen zusammen an.
GREIF. Noch eins, ihr Herren?
JEREMIS. Großen Dank, Herr Wirth. Wir haben just unsre volle Ladung.
TOBIS. Und müssen doch auch das Jahrmarktsbier versuchen. Gelte, Kinder?
GREIF. Es soll nicht viel taugen, sagen die Leute, soll durch's Wasser geritten seyn.
TOBIS. So soll der Wirth kein ganzes Glas im Hause behalten, keinen ganzen Topf, keine ganze Schüssel.
ALLE. Wohlgesprochen, Tobis, wohlgesprochen!
JOBST. Also mir ein Nösel angeschrieben, Herr Wirth!
ALLE. Mir auch! mir auch! Tcaralala! Sie schlendern Arm in Arm singend ab, und stoßen auf den Obristen und Lieutenant, die aus dem Hintergrunde kommen.
Zweyter Auftritt.
Der Obriste. Der Lieutenant. Die Vorigen.
DER LIEUTENANT. Nun, ihr Sappermenter! Könnt ihr nicht aufschauen, wenn eure gnädige Herrschaft kömmt? Die Bauern nehmen erschrocken und beschämt die Hüte ab.
JEREMIS. Mit Gunst, gnädiger Herr – es ist nicht gern geschehn –
TOBIS. Der gnädige Herr! Ich kannt‘ ihn mein Seel nicht.
DER OBRISTE. Setzt auf, ihr Leute, setzt auf! Laßt euch nicht stören! Ich bins nicht, wills heute nicht seyn. Versteht ihr mich?
DIE BAUERN durch einander sprechend. Der liebe Herr! Er ist wie unser einer, wie unser einer. Gehen ab.
Dritter Auftritt.
Der Obriste. Der Lieutenant. Greif in der Bude.
DER OBRISTE. Seyd Ihr nicht ein wunderlicher Mensch, Vetter! Ich ziehe meinen abgetragensten Ueberrock an, setze meinen ältesten Hut auf, um nicht erkannt zu werden, und ihr laßt euch einfallen, meinen Ausrufer zu machen.
DER LIEUTENANT. Que diable! Die Kerls müssen Respekt vor ihrer Herrschaft lernen. Der lahme Bengel hat mir den Fuß gequetscht, daß ich kaum in acht Tagen werd‘ auftreten können, und ich bin übermorgen zur Gräfinn Wachtel auf den Ball gebeten.
DER OBRISTE. Wenn ihr denn auch übermorgen nicht tanzen könntet! Das große Unglück! Ihr habt die Bälle dutzendweise im Jahre, aber jene guten Leute nur zwey oder drey Tage der Freude. Ihnen diese durch den geringsten Zwang zu verderben, wäre Sünde.
DER LIEUTENANT. Sünde? Also sollen wir uns nach den Bauern geniren? Das ist mir zu hoch.
DER OBRISTE. Desto schlimmer für euch. – Doch was wissen Euresgleichen von Behagen an Unschuld und Natur? Genug, mir thut es wohl, Vetter, meine Augen endlich einmal wieder von Kriegs spektakel und Hofmaskeraden wegzuwenden, die gesunde Luft meines Geburtsörtchens zu athmen, und ein stiller Zeuge dieses frölichen Getümmels zu seyn.
Hier steh‘ ich, von Gefühl durchdrungen.
Gegrüßt seyd mir, Erinnerungen
An meines Lebens ersten Traum!
Hier unter dem bejahrten Baum
Genoß ich oft des Abends Kühle;
Zur Schule führt das Gäßchen dort;
Und jener Hügel war der Ort
Für meine jugendlichen Spiele.
Ach! ihr, der Kindheit Wonnejahre,
(Zu schnelle, süße, goldne Zeit!)
Der Zwischenraum von euch zur Baare,
Was ist er? – Müh‘ und Eitelkeit.
DER LIEUTENANT der sich indessen mit seinem gelähmten Fuße, mit Dose, Riechfläschchen und parfumirter Brieftasche beschäfftigt hat. Aber, Herr Vetter, haben denn die Kirschleber Sie eben so gern wiedergesehen, als Sie Kirschleben?
DER OBRISTE. Ob sie mich gerne wiedergesehen? Kein Kind war im Dorfe geblieben. Als ich noch da oben am Hopfenberge ritt, gieng das Jauchzen schon an.
DER LIEUTENANT. Hm! Es ist doch sonst ein ver zweifelt grobes Volk. Sogar die Mädchen sind so dummspröde, so bäurisch. Ich habe mir alle Mühe von der Welt gegeben, sie ein wenig gesitteter zu machen – aber vergebens.
DER OBRISTE. Ich danke, Vetter, für die vergebliche Mühe. Wo Euresgleichen Mädchenschulmeister sind, mag ich nicht Gerichtsherr seyn.
DER LIEUTENANT. Euresgleichen? Schon zum zweytenmale Euresgleichen? Wer sind denn Meinesgleichen?
DER OBRISTE. Soll ich's mit Einem Worte sagen? soll ich?
DER LIEUTENANT. Nur zu, Herr Vetter!
DER OBRISTE. Wildfänge.
DER LIEUTENANT. Lieber ein Wildfang – als ein Grandison! All‘ das übertriebene, affektirte, überspannte moralische Wesen ist mir zuwider, wie der Tod. Und an einem Soldaten vollends!
DER OBRISTE. Ein Soldat also, meynt ihr –
DER LIEUTENANT schnell einfallend. Darf durchaus kein Kopfhänger seyn, muß schwärmen und mitmachen, so viel und so lang er kann. Ist's nicht von jeher unter uns Helden so hergebracht? War nicht Alexander dem Trunk und Cäsar der Liebe ergeben?
DER OBRISTE. Ueber die Cäsars und Alexanders, die noch keinen Feind gewittert haben! Immer thun hübsches Fleckchen. Gefällt's Euch nicht?
DER LIEUTENANT lenen von weitem erblickend. Voïez donc, mon Cousin! Die artige Trutschel! – Bst! Bst!
Vierter Auftritt.
Lene. Die Vorigen.
LENE.
Schöne Herren, schaut und wählet,
Hier ist, was ihr nur befehlet;
Kauft doch was, ihr schönen Herrn!
Ich verkaufe gar zu gern.
Seidne Strümpfe, seidne Tücher,
Souvenirs und Taschenbücher,
Und von Silber, Gold und Stahl
Kleinigkeiten ohne Zahl;
Kauft doch was, ihr schönen Herrn!
Ich verkaufe gar zu gern.
Alle Sorten, alle Namen
Von Geschenken für die Damen;
Kauft doch was, ihr schönen Herrn!
Ich verkaufe gar zu gern.
Bluhmen, Bänder, Flohr und Spitzen,
Mäntel, Schürzen, Kappen, Mützen,
Alles in Paris erdacht,
Und in Leipzig nachgemacht.
Kauft doch was, ihr schönen Herrn!
Ich verkaufe gar zu gern.
Nun, ist nichts gefällig?
DER LIEUTENANT. Gefällig? O ja, vielleicht mehr, als dir feil ist.
LENE. Das versteh‘ ich nicht.
DER LIEUTENANT vertraut ins Ohr. Ich will dir's erklären, Lenchen.
LENE. Ich mag nichts wissen, Schäker. Kauf mir lieber was ab.
DER LIEUTENANT. Der Herr Obriste muß zuerst aussuchen. Was er übrig läßt, ist für den Lieutenant gut genug.
LENE zum Obristen. Nun, Alter?
DER OBRISTE. Liebes Kind, du siehst wohl an meinem Aufzuge, daß ich wenig brauche, sehr wenig.
LENE. Es muß ja nicht just für dich seyn he? Du hast doch ein Schätzel, so heimlich du auch thust.
DER LIEUTENANT halblaut. Recht so, Trutschel. Stich ihn an.
LENE. Hum! Er spricht mir zu wenig. Mit den Leuten ist's nichts. Zum Lieutenant. Nu, Windbeutel, ist's mit dir auch nichts?
DER LIEUTENANT. Es gilt eine Probe, Lenchen. Ich bin bereit. Will schön thun.
LENE. Trarare! Wenn ihr mir nichts abkauft, geh ich meiner Wege. Adies. Singend. Kauft doch was! Kauft doch was! Geht ab.
DER OBRISTE. Wir sind gestört worden, Vetter.
DER LIEUTENANT. O, fangen Sie Ihr moralisches Kollegium nicht wieder an. Sie hätten sich treflich zum Professor geschickt.
DER OBRISTE. Ich hab‘ aber noch etwas auf dem Herzen.
DER LIEUTENANT. Permission. Es fällt mir eben ein, daß ich mit einer Dame um einen Fächer gewettet habe. A revoir, mon Cousin! Indem der Lieutenant durch die Buden streicht, wird er von verschiedenen Verkäuferinnen angerufen, mit ihnen zu handeln, die er im Vorbeygehen alle beym Namen nennt, und vertraut grüßt.
Fünfter Auftritt.
Der Obriste. Greif in der Bude. Nachher Nathan
NATHAN. Geh nur. Du sollst schon erfahren, was du nicht hören willst. Du bist am längsten Werber gewesen, und zu deinem Glück. Noch ist es Zeit umzukehren, ehe dich Müßiggang und Wohlleben ganz zum Dienste verderben. Geht auf und ab.
NATHAN geht über das Theater, ausrufend. Nichts zu handeln hier? Alte Kleider! Alt Gold! alt Silber!
Um die Illusion von der Vorstellung eines Jahrmarkts mehr zu befördern, hängt es von den Personen, welche die Gruppe des Hintergrundes formiren, ab, ähnliche Ausrufungen von Zeit zu Zeit anzubringen, auch andere Reden, die im Kauf und Verkauf vorkommen, am schicklichen Ort einzustreuen. Dieses ist nur durch Extemporiren möglich zu machen. Vorschrift des Dialogs würde die Haupthandlung zu sehr unterbrechen und aufhalten.
DER OBRISTE sich umsehend. Er kömmt nicht wieder! Das konnt‘ ich wohl denken. Leih deinen Freunden nur Geld, oder sag‘ ihnen die Wahrheit, wenn du ihrer los seyn willst. – Ob ich ihm nachgehe?
GREIF der, so oft der Obriste seiner Bude nahe gekommen ist, sich immer tief gebückt hat, ohne bemerkt zu werden, schreyt endlich heraus. Ganz ergebener Diener, Ihro Gnaden.
DER OBRISTE ohne sich umzusehen. Sein Diener! Will ab, erblickt Bärbchen. Sieh, sieh! welch ein artiges Mädchen! Bleibt stehen, sie zu betrachten.
Sechster Auftritt.
Bärbchen. Die Vorigen.
BÄRBCHEN ohne den Obristen zu sehen, beschäfftigt ein Band um einen neuen Mannshut zu binden.
Ja, Lukas, dieser Hut soll dich,
Dich diese Schleife zieren;
In diesem Hute sollst du mich
Zum Traualtare führen.
Allein, wie leicht kann unsre Ruh
Indeß ein Unfall stören!
Ach, Lukas, ach! daß ich und du
Schon an der Kirchthür wären!
DER OBRISTE näher tretend. Guten Tag, mein Kind.
BÄRBCHEN erschrocken. Ach, ich glaube gar, es ist der gnädige Herr – Will ab.
DER OBRISTE sie zurückhaltend. Und darum willst du fort?
BÄRBCHEN sich sträubend. Laß er mich los! – Lukas kann's nicht leiden – wenn's Lukas erfährt –
DER OBRISTE. Wir müssen bekannter mit einander werden, meine Tochter. Nicht so wild! Wer ist denn Lukas?
BÄRBCHEN. Mein Bräutigam.
DER OBRISTE. So viel hab‘ ich wohl schon gemerkt; aber wer ist er?
BÄRBCHEN. Mein Bräutigam, gnädiger Herr, und will durchaus nicht, daß ich mit einem andern Mannsbilde rede.
DER OBRISTE. Auch nicht mit mir? Aber um dir das verbieten zu lassen, mußt du erst seine Frau seyn.
BÄRBCHEN schnell. Ach, wär‘ ich's nur schon!
DER OBRISTE. Woran liegt's, daß du's noch nicht bist?
BÄRBCHEN. Frag‘ er meinen Vater und Lukas Mutter.
DER OBRISTE. Wollen die Alten nicht?
BÄRBCHEN. Sie wollen wohl, aber sie können wegen der Zeit nicht eins werden. Das eine spricht Michaeli, das andere Martini, und darüber geht ein Vierteljahr nach dem andern hin.
DER OBRISTE. Das ist nicht recht.
BÄRBCHEN. Ja, ich bin auch manchmal so ungeduldig, so ängstlich – Als ich noch ein kleines Mädchen war, dacht‘ ich jedesmal, ich würde die Christbescherung nicht erleben – und jetzt, denk ich – wenn der Vater nicht bald macht – wird mir's noch gehen, wie Mariechen.
DER OBRISTE. Wie gieng's denn Mariechen?
BÄRBCHEN. Weiß er das Unglück nicht, gnädiger Herr? Schluchzend. Sie war meine Spielkameradinn, wir giengen zu gleicher Zeit in die Pfarre, und das Jahr drauf hielt sie mit Wilhelm Springer Verlöbniß; da tanzten wir noch bis um Mitternacht, und machten uns so lustig –
DER OBRISTE. Weiter, mein Kind!
BÄRBCHEN. Laß Er mich nur zu Athem kommen!
Romanze.
In unserm ganzen Dorf war Sie
Das lieblichste Gesicht;
Kein Jüngling blühte so, wie Er,
Mein Lukas selber nicht.
Und beide waren gut und fromm
Von Kindesbeinen an,
Und beide sich, wie Engelein,
Mit Liebe zugethan.
Schon aufgeboten waren sie,
Ja, schon zum drittenmal;
Und morgen sollte Hochzeit seyn,
Bereit war Bett‘ und Mahl.
Da giengen sie noch Tags vorher
Hinaus, und gruben Leim;
Und ach! sie kamen dießmal nicht
Von ihrer Arbeit heim.
Denn über ihrem Haupte bricht
Das hohle Land, stürzt ein,
Begräbt sie – ängstlich hört man noch
Sie unterm Schutte schreyn.
Zu spät! Man zieht sie todt hervor,
Auch noch im Tode schön;
Lautweinend kömmt das ganze Dorf,
Das Unglückspaar zu sehn.
Ein Hügel deckt sie nun, Ein Sarg
Umschließet ihr Gebein.
Der Kirchthür‘ gegenüber blinkt
Der goldne Leichenstein.
Beym Aus- und Eingang seh‘ ich ihn,
Und thränend fragt mein Blick:
Verdien‘ ich, Himmel, wohl von dir
Ein günstiger Geschick?
DER OBRISTE. Fürwahr eine betrübte Geschichte. Aber nimm sie weniger zu Herzen, meine Tochter. Du sollst es erleben, was Mariechen nicht erlebte. Ich will selbst mit deinem Vater reden.
BÄRBCHEN freudig. Soll ich ihn rufen, gnädiger Herr?
DER OBRISTE. Heute nicht. Heute ist Jahrmarkt, und Freyheit die Losung.
BÄRBCHEN traurig. Wenn denn?
DER OBRISTE. Sey ruhig, mein Kind. Verlaß dich auf mich.
Bald soll der hochzeitliche Kranz
In deinen Locken prangen;
Bald soll dein Arm im Reihentanz
An Lukas Armen hangen.
Will ab, kömmt wieder.
Noch ein Wort, Kleine! Hat dir nicht eben ein Officier begegnet?
BÄRBCHEN. Ein Officier? Doch nicht der Herr Lieutenant?
DER OBRISTE. Denkt doch! Kennst du den Herrn Lieutenant?
BÄRBCHEN verdrüßlich. Ih wer kennt den nicht! Er kömmt ja oft genug herüber.
DER OBRISTE. Du bist nicht gut auf ihn zu sprechen.
BÄRBCHEN. Er macht's auch darnach.
DER OBRISTE. Trägt er vielleicht die Nase zu hoch?
BÄRBCHEN. Das Gegentheil.
DER OBRISTE. Wie das?
BÄRBCHEN. Ey, er packt gleich an, und thut so vertraut, und läßt nicht los. Er hat mir schon ein paarmal mit Lukas Verdruß gemacht.
DER OBRISTE. Der unartige Mensch!
BÄRBCHEN. Ja, käme mir ein anderer so, ich wollt‘ ihn abführen – Mit einem Knix. aber vor des gnädi gen Herrn gnädigem Herrn Vetter muß man denn freylich ein Auge zudrücken.
DER OBRISTE. Mein Vetter ist nicht besser, als ein anderer. Führ‘ ihn nur ab. Du thust mir einen Gefallen. Er mag dich bey mir verklagen.
BÄRBCHEN muthwillig. Wenn ich das wüßte –
DER OBRISTE. Ohne Bedenken, Mädchen! – Also – auf der Hochzeit sehen wir uns wieder. Ich darf doch das Strumpfband lösen?
BÄRBCHEN. Nein, Herr, aus Knie darf er mir nicht kommen.
DER OBRISTE lachend. Schon gut. Komm mir nur indessen der Leimgrube nicht zu nahe. Geht ab.
BÄRBCHEN nachrufend. Sey er nur nicht von den vornehmen Leuten, die viel versprechen und wenig halten! An mir soll's nicht fehlen. – Ha! was wird Lukas zu der Nachricht sagen? Geschwinde zu ihm! Will ab.
Siebenter Auftritt.
Bärbchen. Suschen. Greif. In der Bude.
SUSCHEN ihr entgegen hüpfend. He, Bärbchen, Bärbchen! Trifft man dich hier an?
BÄRBCHEN. Warum? Hat Lukas nach mir gefragt?
SUSCHEN. Lukas? Lukas fragt heute viel nach dir. Er ist zum Weine. Ich habe dich gesucht, ich!
BÄRBCHEN. Nun, Naseweiß!
SUSCHEN ihr eine Puppe zeigend. Da! Sieh! Meinen Jahrmarkt! Freue dich doch mit mir!
BÄRBCHEN. Pfuy! So ein großes Mädchen, und noch mit Puppen zu spielen!
SUSCHEN. Soll ich denn nichts zu spielen haben, wenn du den ganzen Tag mit Lukas schäkerst? Wie neidisch!
BÄRBCHEN. Wie abgeschmackt?
SUSCHEN. Und weißt du, wie der Kerl heißt? – Lukas.
BÄRBCHEN. Ha! Der hat ihn dir geschenkt.
SUSCHEN. Ja, es hat sich. Selbst gekauft hab‘ ich ihn, aus meinem Beutel gekauft.
BÄRBCHEN. Du?
SUSCHEN. Und noch Geld übrig behalten. Da, sieh!
BÄRBCHEN. Mädchen, wie kömmst du zum Gelde?
SUSCHEN. Ich hab's verdient. Rath‘ einmal, wie?
BÄRBCHEN. Ich mag nicht.
SUSCHEN. Es ist heute des Vaters Geburtstag.
BÄRBCHEN. Heute?
SUSCHEN. Und da schlich ich mich an sein Bette, als er noch im Morgenschlafe lag, und sang ihn mit einem Liedchen an, das mich meine Pathe, die Frau Pfarrerinn, gelehrt hat.
BÄRBCHEN. Laß doch hören!
SUSCHEN.
Schlaf immerhin am Abend deines Lebens!
Dir gab die gütige Natur
Den Hang zur Ruhe nicht vergebens;
Drum schlafe, Vater, schlafe nun.
Ganz hast du sie, des Tages Last getragen;
Genieße deines Lohnes nun!
Es ist so reizend, sich zu sagen:
Ach, endlich kann ich sorglos ruhn!
Das klingt anders, als des Herrn Kantors Stückchen. Nicht wahr?
DORCHEN in Gedanken. Daß ich nicht an den Geburtstag gedacht habe!
SUSCHEN. Woran kannst denn du jetzt denken? Läufst, sobald du aus dem Bette bist, zu Lukas Mutter, und kömmst nicht eher wieder, bis du zu Bette gehst. Der arme Vater! Wenn er mich nicht hätte! Ich will auch bey ihm bleiben. Ich will unter den ersten zehn Jahren nicht freyen. Leb wohl, Schwester! Der Vater hat meinen Lukas noch nicht gesehen. Das ist ein Kerl! So einen Schnurrbart kriegt dir deiner sein Lebtag nicht. Itsch! Etsch! Geht ab.
BÄRBCHEN für sich. Wie ich's nun anfange, daß der Vater meine Vergessenheit nicht übel nimmt? Mit einem Glückwunsch nachgeschlichen kommen, läßt so dumm – ich will Mutter Even fragen. Will in Gedanken ab.
Achter Auftritt.
Der Lieutenant. Bärbchen. Greif in der Bude.
DER LIEUTENANT ihr in den Weg tretend. Wohin, Mädchen?
BÄRBCHEN schmollend. Dorthin. Indem sie den Hut versteckt.
DER LIEUTENANT faßt sie bey der rechten Hand, und läßt sie die ganze Scene durch nicht los. Halt! so kömmst du nicht vorbey. Ich will nicht umsonst alles durchstänkert und umgerannt haben.
BÄRBCHEN will sich losreißen. Herr, ich muß fort.
DER LIEUTENANT. Erst mich angehört!
BÄRBCHEN. Was hätten denn Er und ich mit einander auszumachen?
DER LIEUTENANT. Sehr viel. Wenn du nur wolltest, wildes Ding!
BÄRBCHEN wie vorhin. Ich will fort.
DER LIEUTENANT. Und ich laß dich nicht fort.
BÄRBCHEN drohend. Herr Lieutenant, es läuft nicht gut ab.
DER LIEUTENANT. Das ist meine Sorge. Ein seidnes Tuch und eine Perlenschnur zeigend. Sieh einmal, Bärbchen! siehst du?
BÄRBCHEN. Ich bin nicht blind.
DER LIEUTENANT. Es soll für meine Schöne. Ists nicht hübsch?
BÄRBCHEN. Wenn seine Schöne nicht hübscher ist!
DER LIEUTENANT. Wie verstehst du das?
BÄRBCHEN. Daß es für ein Fräulein ein verzweifelt kahles Geschenk ist.
DER LIEUTENANT. Wer denkt's denn einem Fräulein zu?
BÄRBCHEN. Er selbst.
DER LIEUTENANT. Für meine Schöne soll's. Da, nimm!
BÄRBCHEN. Vexir'er mich nicht, Herr!
DER LIEUTENANT. Was wird's?
BÄRBCHEN. Ich hätte den Gukuk von seiner Schönen und von seinen Geschenken. – Will sich wieder losreißen. Auh! Er verrenkt mir die Hand.
DER LIEUTENANT. Mädchen! werde doch Einmal gescheut!
BÄRBCHEN. Hm! ich möchte wissen, wer von uns beiden der größte Narr wäre.
DER LIEUTENANT. Sachte! sachte! Ein bischen höflicher! Immer mit der Thür ins Haus.
BÄRBCHEN. Losgelassen, oder es kömmt noch toller!
DER LIEUTENANT. Laß mich erst sehen, was du vor mir versteckst!
BÄRBCHEN fährt ihm mit dem Hut unter die Nase. Da! Riech dran!
DER LIEUTENANT. Haha! Gewiß für Musche Lukas?
BÄRBCHEN. Es kann seyn.
DER LIEUTENANT. Wir wollen tauschen. Nimm du das, und gieb mir den Hut.
BÄRBCHEN. Immerhin.
DER LIEUTENANT. Aber einen Kuß in den Tausch! Er küßt sie, sie schlägt ihn mit dem Hute, und lacht aus vollem Halse.
DER LIEUTENANT. Ah! noch Einen zur Strafe! Küßt sie wieder; sie schreyt, will sich wehren, läßt den Hut fallen, und wird doch geküßt.
Neunter Auftritt.
Lukas. Vom Wein erhitzt. Die Vorigen.
LUKAS der das letztere von weitem mit angesehen hat. Ein feines Spielchen! Habt ihr das mehr probirt?
BÄRBCHEN. Ih Lukas! Du hier? und stehst mir nicht bey?
DER LIEUTENANT. Wo führt dich denn der Henker her, Kerl?
LUKAS wild. Blitz! über den Herrn Lieutenant! Ich will ihn bekerlen. Ich will ihn die Bauermädchen küssen lehren. Will auf ihn los.
DER LIEUTENANT die Hand an den Degen. Untersteh dich!
BÄRBCHEN Lukas zurückhaltend. Laß ihn gehen, Lukas! Ich bitte dich.
LUKAS. Was? Du hilfst ihm über? Du bist mir die Rechte. Hatt‘ ich dir nicht verboten, dich mit ihm einzulassen?
BÄRBCHEN. Wenn er mich aber anpackt –
LUKAS nachsprechend. Anpackt! anpackt! und zerherzt und zerküßt! Und du dich halbtodt darüber lachst! Unverschämte!
BÄRBCHEN nach einer kleinen Pause sich ihm erschrocken nähernd. Lukas, ist das dein Ernst?
LUKAS. Drey Schritte vom Leibe!
BÄRBCHEN. Lukas!
LUKAS. Hab‘ ich den Spektakel nicht mit Augen gesehen? Und wär‘ ich nicht just dazu gekommen, wer weiß, was –
BÄRBCHEN schmeichelnd. Lieber Lukas, willst du mich wohl anhören?
LUKAS. Halt's Maul!
DER LIEUTENANT für sich. Vortreflich! Stellt sich seitwärts, um das Ende des Zanks abzuwarten.
BÄRBCHEN. Du bist betrunken –
LUKAS. Den Teufel bin ich's! Ich habe gesehn, ich habe gehört.
BÄRBCHEN nimmt den Hut auf, stäubt ihn ab, und nähert sich wieder mit Vertraulichkeit. Sieh einmal, Alter, was ich dir für einen schönen Hut zur Hochzeit gekauft habe!
Lukas reißt ihr den Hut aus der Hand, wirft ihn hin, und tritt darauf.
BÄRBCHEN empfindlich. Deinen Bräutigamshut!
LUKAS knirschend. Bräutigamshut! Tritt noch einmal darauf.
BÄRBCHEN weinend. Nein, das ist zu arg! Schon gut! Ich will's dem Vater klagen, wie du mit mir und meinem Geschenk umgehst.
LUKAS. Schon gut! Heule nur! Stell dich an, wie du willst! Klag's dem Vater, klag's! Ich frage nicht so viel darnach – Ein Schnippchen schlagend. Es ist aus mit uns.
Duett.
LUKAS.
Glaubest du mit Schmeicheleyen,
Süßen Blicken und Geschenken,
Falsche, mich zu hintergehn?
BÄRBCHEN.
Kannst du das von Bärbchen denken?
Kannst du mich so schmerzlich kränken?
Kannst du meine Thränen sehn?
LUKAS.
Mich, der dich so herzlich liebte,
Falsche, mich zu hintergehn!
BÄRBCHEN.
Mich, die dich noch nie betrübte,
Mich durch den Verdacht zu schmähn!
LUKAS.
Nie verdient‘ ich das an dir.
BÄRBCHEN.
Nie verfuhrst du so mit mir.
LUKAS.
Geh nur! Bald soll dich's gereuen.
Geh nur, geh! ich kenne dich.
BÄRBCHEN.
Dennoch will ich dir verzeihen.
Lukas! ach, nur höre mich!
Lukas geht im Zorn ab, Bärbchen voll Verzweiflung nach; er kehrt sich um, stößt sie zurück, und nimmt einen andern Weg.
Zehnter Auftritt.
Der Lieutenant. Greif. In der Bude.
DER LIEUTENANT. Hahaha! Wie komm‘ ich dazu? – Das Glück verläßt doch seine Lieblinge nicht. – Völlig entzweyt! So weit glaubt‘ ich's nie zu bringen. – Ja, wer nun geschwinde vom Tempo profitiren könnte! aber geschwinde! Denn jetzt geht er hin, sich vollends um den Verstand zu trinken, und morgen hat er Rausch und Bosheit ausgeschlafen. – Da ist guter Rath theuer. Sinnt.
GREIF wie vorhin bey dem Obristen. Ganz ergebener Diener, Herr Lieutenant.
DER LIEUTENANT ohne ihn zu bemerken. Wenn ich das Mädchen aufsuchte, mich stellte, als thäte mir's leid, den Anlaß gegeben zu haben, mich erböte, Lukas zu besänftigen, ihn sogar, im Nothfall, um Verzeihung zu bitten – und wenn ich sie dadurch treuherzig gemacht hätte – wollen sehn – Will ab, stößt auf Fikfak.
Eilfter Auftritt.
Der Lieutenant. Fikfak. Greif. In der Bude.
DER LIEUTENANT hastig. Bist du's, Fikfak? Was willst du? was ist vorgefallen?
FIKFAK. Nichts, Herr Lieutenant, nichts. Bin ich denn so ein Hiobsbote?
DER LIEUTENANT. Was willst du aber hier?
FIKFAK. Mich ein wenig auf dem Kirschleber Jahrmarkt umsehen?
DER LIEUTENANT. Ohne Urlaub?
FIKFAK. Den wollt‘ ich eben bey Ihnen holen.
DER LIEUTENANT drohend. Du! nimm dir nicht zu viel heraus! Befahl ich dir nicht gestern, keinen Fuß aus dem Thore zu setzen, bis du die Handwerkspursche hättest? wo sind sie, heh?
FIKFAK. Zum Teufel.
DER LIEUTENANT wild. Wo du auch hingehörst.
FIKFAK. Ich konnte sie nicht halten. Sie rochen Lunte, so schön mein Kamerad und ich uns auch verkappt hatten, und machten sich mit Tagsanbruch davon. Dafür hab‘ ich aber einen armen Hungerleider von Maler ertappt, der zeither auf den Dörfern da herum die Kreuzer und Grenzsteine angestrichen hat, und dem ich weiß machte, der König brauchte einen Bataillenmaler. Aber ich werd‘ ihn wohl wie der laufen lassen, denn der Schlag hat ihm den rechten Arm gelähmt.
DER LIEUTENANT. Narrenstreiche! Und unser Transport, der morgen fort soll, und an dem noch drey Mann fehlen?
FIKFAK. St! Sich geheimnißvoll umsehend. Merken Sie nicht Unrath? Darum komm‘ ich eben. Auf Jahrmärkten giebt's immer was. Meine Pursche sitzen schon in den Schenken und lauern. Da ist der lange Pfefferkuchenmann, ich weiß nicht, ob Sie ihn kennen – den hätt‘ ich schon längst gern weggeputzt.
DER LIEUTENANT. Nun, so mache deine Sachen klug. Will ab.
FIKFAK. Sie könnten mir auch wohl spioniren helfen, Herr Lieutenant.
DER LIEUTENANT. Ich habe keine Zeit.
FIKFAK. Wie gewöhnlich. Ihm ins Ohr. Was haben Sie denn auf dem Korne?
DER LIEUTENANT sich verstellend. Nichts. Ich muß wieder zu meinem Vetter.
FIKFAK. Und darum eilen Sie so? – Um Vergebung, Herr Lieutenant. Schalkhaft. Mit dem Herrn Vetter ists nicht richtig. – Theilen Sie mir immer Ihr Plänchen mit! Ich verrathe Sie nicht.
DER LIEUTENANT. Aber hilfst mir auch nicht?
FIKFAK. Wer weiß? Ich kann ja den Jemand, der Ihren Absichten im Wege steht, mit in die Schenke nehmen und besaufen.
GREIF der gehorcht hat, den Hals aus der Bude streckend. Um Vergebung, das Schenkenbier taugt nichts. Ich führ‘ auch Bier, braun Bier, weiß Bier, Bryhan, und Wein, von welcher Sorte man nur beliebt.
DER LIEUTENANT sinnend. Hm! – Du bringst mich auf einen verzweifelten Einfall. – Lehnt sich ihm auf die Schulter. Höre, Fikfak! Besaufen ist keine Kunst. Wenn du nicht mehr kannst!
FIKFAK. Was denn noch?
DER LIEUTENANT. Ihn anwerben.
FIKFAK mit Gelächter. Anwerben? Liesens Vater? Den alten Graukopf!
DER LIEUTENANT ungeduldig. Was willst du mit Liesen? hab‘ ich die Meerkatze nicht schon seit einem Monat aufgegeben? – Bärbchen, Bärbchen – das wär‘ ein Leckerbissen!
FIKFAK. Denkt doch! Lukasens Bärbe? Kein schlechter Geschmack, in der That. – Aber wie wollen Sie der beykommen?
DER LIEUTENANT. Das begreifst du nicht, Star?
FIKFAK. Sie hängt viel zu sehr an ihrem Schatz, und der hat Augen wie ein Luchs.
DER LIEUTENANT. Man könnte Thüren mit dir aufrennen. – Den sollst du eben in die Eisen jagen.
FIKFAK sich einfältig verwundernd. Haha!
DER LIEUTENANT. Und du fängst ihn, greifst du's nur halbweg gescheut an. Alles ist vorbereitet. Er hat schon einen Hieb, hat sich schon mit seinen: Mädchen auf mein Anstiften überworfen. Mach ihn vollends toll und voll – und er ist unser.
FIKFAK mit verstelltem Ernst. Aber, Herr Lieutenant!
DER LIEUTENANT. Was?
FIKFAK. Wäre das auch recht?
DER LIEUTENANT. Wie so?
FIKFAK. Wär's keine Sünde, einen armen Teufel, in der Besoffenheit, um seine Freyheit, um sein Mädchen, um alles zu prellen?
DER LIEUTENANT erstaunt. Kerl!
FIKFAK. Ja, Herr Lieutenant. Ich bin des Gemäkels müde. Das Gewissen wacht auch einmal auf. Wo es mit rechten Dingen zugeht, laß‘ ich mir weder Mühe noch Wege in meinem Dienste verdrießen. Aber daß ich Ihnen zu gefallen ein Seelenkipper werden soll, davon steht nichts in meiner Ordre.
DER LIEUTENANT mit verbißnem Aerger. Hat's übergeschnappt?
FIKFAK. Ich schaffe dem König freywillige Rekruten; Ihre Mädchen mögen Sie sich selbst schaffen.
DER LIEUTENANT in vollem Zorn. Unverschämter Pursche! Mache mir den Kopf nicht warm, oder ich fuchtle dich, daß es eine Art hat. So ein Schleicher! Mich erst auszuholen, um hernach – Ich will nichts mehr von dir wissen. Morgen sollst du zum Regimente zurück. Meine Uhr heraus! Eher wollt‘ ich sie auf die Gasse werfen, als dir lassen.
FIKFAK losplatzend. Hahaha! Verstehen Sie denn keinen Spaß mehr, Herr Lieutenant?
DER LIEUTENANT. Was?
FIKFAK. So holterpolter in Eifer zu kommen? Um des albernen Lukas willen! – Ich dächte, wir kennten uns. – Ihre Hand, Herr Lieutenant! Werden Sie wieder gut! Nennen Sie mich wieder Ihren Sancho Pansa! Ihre Hand!
DER LIEUTENANT. Auf deinen Buckel! – Seit wann bin ich dein Narr? Ist's jetzt Zeit, Possen zu treiben?
FIKFAK.
Lassen Sie mich immer spasen!
Gut genug, ich hab‘ ihn schon.
Keiner ist beym Bataillon,
Keiner, der, wie Fikfak, würbe.
Finten, Flausen, Pfiffe, Nasen,
Werden endlich mir nicht schwer. –
Ach, Herr, wenn man davon stürbe,
Lebten Sie und ich nicht mehr!
Ja, mit meinem Gewissen will ich schon fertig werden. Stehen Sie mir nur sonst für die Folgen.
DER LIEUTENANT. Folgen?
FIKFAK. Wenn die Braut mit ihrem Anhang aufwacht, und die Sturmglocke zieht, und mich beym Herrn Obristen verklagt, der über gewisse Dinge ganz anders denkt, als wir.
DER LIEUTENANT. Das giebt sich. Schaff ihn nur erst fort. Da läßt sich schon ein Deckmantel finden. Und hernach, meynst du denn, daß ich das Mädchen auf dem Halse behalten will? Sie soll ihn wiederhaben, aber erst von mir erkaufen. Für Lukas bleibt sie immer gut genug. – Du hast doch noch Geld?
FIKFAK. Wird nicht viel seyn.
DER LIEUTENANT. Hier ist mein Beutel, mit à peu près zwanzig Pistolen. Mein ganzer Rest. Halte gut Haus damit.
FIKFAK. Ich will mein Möglichstes thun, Herr Lieutenant. Indessen – schreiben Sie lieber wieder frisch um Vorrath!
DER LIEUTENANT. So Schlag auf Schlag? Das geht nicht. Sie wollten mir schon meine letzten Rechnungen nicht passiren lassen. Ich weiß nicht, was den alten Perrücken anwandelt. – Laß sie brummen! Nur diesen Streich noch durchgesetzt! Das wird mich nicht ruiniren. Dann will ich aber auch anfangen zu wirthschaften – daß du deine Freude sehen sollst. Geht ab.
Zwölfter Auftritt.
Fikfak. Greif in der Bude.
FIKFAK. Zu wirthschaften? Ja, wie bisher. Eine schöne Wirthschaft! – Was kümmert's mich? Ich schmiede das Eisen, weil's glüht. Aber – aber der Krug geht zu Wasser, bis er bricht. – Immerhin. Bricht er, so bricht er. Ein Soldat muß sich in alles finden. In der Garnison ist's auch fein. Da sitzen wir auf den Wällen und schmauchen, und singen Gassenhauer. Will trällernd ab.
GREIF nachdem er vergebens durch allerley Geräusch sich bemerken zu machen gesuchthat, ruft nach. Um Vergebung, Herr Fikfak. Auf ein Wort!
FIKFAK sich umdrehend. Bonus dies, Herr Greif.
GREIF. Um Vergebung. Haben Sie die französischen Deserteurs schon gesehen, die sich auf dem Jahrmarkt aufhalten sollen?
FIKFAK. Deserteurs? Französische? Das ist mir lieb zu hören.
GREIF. Es geht auch ein Tyroler mit wollenen Decken herum, der sein gestrichenes Maaß haben mag.
FIKFAK. Danke für die Nachricht, Herr Greif.
GREIF. Das Leipziger Lenchen ist auch hier.
FIKFAK. Immer besser! Danke! danke! Will fort.
GREIF ihm stärker nachrufend. Schon gehen? so rund vorbey? Einen alten Kunden mit Verachtung strafen?
FIKFAK. Ein andermal. Ich bin eilig. Trällert wieder im Abgehen, steht still. Halt! war das nicht die Melodie vom Rekrutenliede? – Das könnt‘ ich just brauchen, um meinen Mann fidel zu machen – Wie geht's doch? Trällert. Falsch! – Ey, es fällt mir wohl im Gehen ein. Will ab kömmt wieder. Ich hab's, ich hab's.
Auf ewig, o Kriegsgott, ergeb‘ ich mich dir.
Hier bin ich! O, mach‘ einen Helden aus mir!
Was heißen Gefahren, Strapazen und Müh?
Mit Ehr‘ und Vergnügen belohnest du sie.
Wie will ich in meiner Montirung mich blähn!
Will stolz um mich her, wie ein Junkerchen, sehn,
Wenn Bürger und Bauer vor mir sich nun bückt,
Und jegliches Mädchen mir freundlicher nickt.
Der Bürger und Bauer lebt immer so so,
Wird alt, und dabey seines Lebens nicht froh.
Ich lobe mir kurz, aber lustig gelebt,
Und sorge nicht, wann und wo man mich begräbt.
Geht ab;Greif hat sich indessen verdrüßlich wieder in seine Bude zurückgezogen.
Ende des ersten Aufzugs.
Zweyter Aufzug.
Voriger Schauplatz
Erster Auftritt.
Nathan. Tobis. Jeremis. Jobst. Michel. Lukas. Bauern. Fikfak. Greif. In der Bude.
Nathan springt über das Theater; Tobis hinkt hinter ihm an; die übrigen wollen auch nach; Lukas sucht sie zurückzuhalten; Fikfak schleicht herbey, und lauscht vom weiten.
Tumultgesang.
TOBIS.
Dort lief er hin.
LUKAS.
Ey, laßt ihn gehn!
JEREMIS.
Er ist der Dieb.
JOBST
Ich hab's gesehn.
TOBIS bringt Nathan geschleppt.
Hier ist der Dieb!
LUKAS nathan defreyend.
Ey, laßt ihn gehn!
MICHEL.
Er hat's, er hat's.
LUKAS.
Ey, laßt ihn gehn!
TOBIS, JEREMIS, JOBST, MICHEL Zusammen.
Schlagt Arm und Bein dem Schelm entzwey!
NATHAN.
Auweih! auweih!
LUKAS zu Nathan.
Sey nur getrost! ich steh dir bey.
NATHAN. Ey mey! Ihr Leut, habt doch Gerechtigkeit mit einem ehrlichen Jud. Ist das ein Spektakel und ein Rumor! Das hab‘ ich mein Tage nit gesehn und nit gehört. Was wollt ihr? Wo soll ich's denn haben hingethan? Ein ganz Stück Kattun ist doch kein Pfeifenstiel, den man kann stecken beyseite. Denkt doch an!
LUKAS sich vor ihn stellend. Halt dich nur zu mir, Mauschel.
TOBIS. Den Pelz auf! Da steckts! Seht ihr wohl? Da steckts!
NATHAN. Was? Hör mir einer an die Streiche! Ist das doch nur mein Brustlatz. Hab‘ ich müssen vormachen ein Küssen, weil ich hab‘ den Husten gar sehr. Bey meinem Leben! der Hals war mir doch heint Morgen, wie zugeschnürt.
TOBIS. Warte! wir wollen dir ihn anders zuschnüren, wenn du's nicht ‚raus giebst.
JEREMIS UND JOBST. Raus damit! ‚raus! Wollen über ihn her.
LUKAS dazwischen tretend. Aber ihr hört ja, daß er's nicht hat, ihr Buben.
TOBIS. Ih Lukas, du wirst dich doch nicht eines Diebes annehmen? – Er stiehlt wie ein Rabe. – Er hat's – Ich seh‘ ja, daß er's hat –
JEREMIS UND JOBST. Freylich hat er's.
LUKAS. Ich will nun aber nicht, daß er's haben soll – Ich laß ihm nichts zu Leide thun, das sag‘ ich euch – Drohend. Der erste, der ihm zu nahe kömmt –
TOBIS den Kopf schüttelnd. Ueber den Lukas! – Kommt nur, ihr Leute! – Laßt ihn gehn! – Lukas hat heute seinen Kopf auf.
JEREMIS. Wir wollen dem Hebräer schon beykommen.
TOBIS. Ich trag's ihm so noch nach, daß er mich mit dem Hosenzeuge beschummelt hat –
JEREMIS. Und mich mit dem halbseidenen Halstuch –
MICHEL. Und mir hat er neulich einen Rock abgeschachert, und soll mir das Geld noch bringen. Man hört eine Trommel; Ein Ausrufer, Hannswurstartig gekleidet, erscheint mit der Trommel, und geht über das Theater, indem er ausruft: Heh! Allhier ist angekommen, und logirt im schwarzen Bär der weltberühmte Tausendkünstler Giovanne Macaroni, item der Hochgelahrte Doktor AmadeusQuinola, Seiner allerchristlichen Majestät etc.
DIE BAUERN unterbrechen sein Geschrey durch das ihrige. Was zu sehen! Was zu lachen! im schwarzen Bären! Laufen alle nach, so daß der Hintergrund des Theaters in den folgenden Scenen leer bleibt.
NATHAN. Uff! Das ist mir ein Bauernvolk! Erst wollen sie prügeln einen armen Jud, weil sie ihn halten für einen Schelm, und dann tragen die Narren ihr Geld zu einem Preller, weil er ist privilegirt. An den Kirschleber Markt soll ich denken, so lang‘ ich hab‘ ein Haar auf meiner Scheitel. Zu Lukas. Dank dem Herrn, daß er sich so hat angenommen meiner Unschuld! Kann ich dem Herrn wieder dienen, will ich's auch thun. Da hab‘ ich ein Paar schöne Kamaschen; rar sind sie; sie kosten mich, so wahr ich lebe, meine baare zwey Gulden. Aber dem Herrn will ich sie lassen für einen halben. Nu?
LUKAS. Nein, Kerl, so haben wir nicht gewettet. Du bist der Dieb, du hast's. Todtschlagen wollt‘ ich dich nicht lassen, aber ungestraft sollst du auch nicht wegkommen. Prügelt ihn.
NATHAN schreyend. Auweih! Auweih! Für was schlagt ihr mich? Bin ich doch unschuldig, als ein kleines Kind: weiß es der Himmel! Ueber dem Bestreben, sich loszureißen, fährt der Pelz auf, und das Stück Kattun fällt zur Erde.
LUKAS wirft den Stock weg. Da lag die liebe Unschuld! Reiß aus, Spitzbube! Laß dich nicht wieder auf dem Kirschleber Markt blicken, oder ich bin der erste, der dich todtschlägt.
NATHAN beschämt. Was soll ich thun? Nu! ich will gehen weg, will lassen den Kattun im Stiche. Bring mich der Herr nur nicht um meine Kundschaft. Aber ich will nicht heißen Nathan, wenn's nicht ist mein Kattun.
LUKAS hebt den Kattun auf, und trägt ihn in eine Bude. Da, junge Frau, bringe sie einmal den Kattun dem Kaufmann wieder. Er sitzt oben am Amthause. Sage sie nur, Lukas Stark hätt‘ ihn dem Dieb abgejagt.
NATHAN schleicht indessen zu Fikfak. Hat der Herr nicht etwas zu schachern?
FIKFAK seinen Stock aufhebend. Ih du Teufels-Nathan!
NATHAN springt bey Seite, findet den neuen Hut, welcher auf dem Theater liegen geblieben ist, vor sich. Was ist das? Ein Hut! noch nagelneu! noch gar nicht auf dem Kopf gewest! Versteckt ihn, und reißt aus.
Zweyter Auftritt.
Lukas. Fikfak. Greif in der Bude.
FIKFAK näher tretend. Brav, Lukas, brav! Gebt mir die Hand! Ihr seyd der rechtschaffenste Kerl, den ich kenne.
LUKAS. Guten Tag, Herr Fikfak. Wo kömmt Er her?
FIKFAK. Da hab‘ ich gestanden, und mit Bewunderung zugesehen, Ey, Herr Lukas, auf die Motion schmeckt ein guter Trunk. Mit Gunst, heute muß ich ihn traktiren. Wir haben schon mancher Flasche Wein zusammen den Hals gebrochen; aber heute muß ich ihn traktiren.
LUKAS. Ich danke, Herr, ich kann unmöglich trinken, habe mich heute zu viel geärgert.
FIKFAK. Possen! Wenn ich mich mit meiner Frau gezankt habe, schmeckt's immer am besten. An die Trinkbude gehend. He, Herr Greif! Ihr Diener!
GREIF. Ergebener Diener, Herr Fikfak! Was steht zu Befehl?
FIKFAK. Laß er uns doch ein Tischchen und ein paar Stühle hersetzen!
GREIF. Zu Befehl! sogleich! Indem er einen Stuhl herausbringt. Belieben Sie auch zu trinken, Herr Fikfak?
FIKFAK. Ein Glas Wasser.
GREIF will den Stuhl wieder zurücktragen. Wasser? Damit kann ich nicht aufwarten.
FIKFAK. Nun, so sey's Wein:
GREIF. Zu Befehl! Vom besten! Den Augenblick!
FIKFAK indem Greif nebst einem Jungen das Verlangte anschleppt. Was macht die Frau, Herr Greif? Liegt sie wieder in Wochen?
GREIF. Zu Befehl, Herr Fikfak.
FIKFAK. Wird wohl das zehntemal seyn?
GREIF. Zu Befehl. Ungefähr.
FIKFAK. Das heißt Segen, Herr Greif.
GREIF. Armer Leute Segen, Herr Fikfak. Muß mir's halter gefallen lassen.
FIKFAK zu Lukas. Setzt euch, Herr, und trinkt auf meine Verantwortung. Es wird euch nicht schaden. Schenkt ein.
LUKAS sich setzend. Mags doch! So kömmt man von der dummen vertrackten Welt. Lieber heut als morgen! Trinkt.
FIKFAK. Ey was! Die Welt ist ja so schön –
LUKAS. Ach, Herr, ich bin heute so desperat –
FIKFAK einschenkend. Nur brav von dieser Arzney eingenommen!
LUKAS trinkend. Trunk auf Zorn ist Gift.
FIKFAK. Ich kann vom Gegentheile zeugen.
LUKAS. Hör‘ er, Herr Fikfak, er ist ein wackrer Mann – aber sein Lieutenant ist ein –
FIKFAK ihm schnell den Mund zuhaltend. Sachte, sachte, Herr Lukas! wenn man's hörte!
LUKAS. Ey, ich frage den Henker darnach. Sag‘ er ihm nur, ich hätt's gesagt, ich.
FIKFAK. So etwas sollt‘ ich auf meinem Lieutenant sitzen lassen? Dankt dem Himmel, daß ihr's seyd, Lukas. Für euch hab‘ ich zu viel Freundschaft. Ich will thun, als hätt‘ ich's nicht gehört. Aber verschont mich mit solchen Reden. Einschenkend. Hübsch aufgeräumt! Stoßt an! Alle hübsche Mädchen!
LUKAS nimmt das volle Glas, und wirft es an den Boden. Ich hätte den Teufel davon!
FIKFAK. Nicht doch! Rufend. Heh, Herr Greif, ein anderes Glas! Man bringt ein Glas.
LUKAS. Die Memmen von Bauern! warum schlugen sie denn nicht zu? Ich hätte mich so gern herumgeprügelt. Warum schlugen sie auch nicht zu?
FIKFAK. Pfuy, Herr! Was kömmt aus solchen Prügeleyen heraus? Wer Kourage hat, muß nicht unter den Bauern bleiben. Da ist sie am unrechten Orte.
LUKAS. Ja, ich bin auch heute so desperat, so rappelköpsisch – daß ich gleich Soldat werden möchte. Trinkt hastig.
FIKFAK. Ihr, Lukas? Ihr? Nein, für euch wäre das keine Sache.
LUKAS. Warum nicht, Herr? Meynt er nicht, daß ich mich so gut zum Soldaten schicke, als er?
FIKFAK. Ey was! Einschenkend. Wer so warm sitzt, als ihr, wird auch dem Kalbsfelle nachlaufen? Wo könnt ihr's denn in der Welt besser treffen? Habt ein feines Gütchen und ein feines Mädchen –
LUKAS aufschreyend und stampfend. Ein freches, nichtsnutziges Ding!
FIKFAK stellt sich erstaunt. Wie? was?
LUKAS wild. Da stand sie, und spielte des Ohrfeigens mit ihm, und gab ihm für jede Ohrfeige einen Kuß?
FIKFAK. Wem denn?
LUKAS. Stille davon, Herr, wenn er mich nicht rasend machen will! Trinkt hastig.
FIKFAK. Nu, nu! Trinkend. Ich weiß vielleicht mehr, als ihr mir sagen könnt, guter Freund.
LUKAS die Ellbogen auf den Tisch gestützt. Mehr als ich? Was weiß der Herr? Ich will's auch wissen.
FIKFAK. Daß ich euch noch mehr in Harnisch brächte!
LUKAS mit verbissener Wuth. Nur heraus damit! ich bin völlig, völlig bey kaltem Blute. Trinkt.
FIKFAK. Ich wundere mich, daß ihr nicht eher hinter die Schliche gekommen seyd. Ich hatte den Herrn Lieutenant gewarnt –
LUKAS. Und ich der Kreatur verboten, sich mit ihm gemein zu machen.
FIKFAK. Mädchen ist Mädchen. Nehmt euch ein anderes.
LUKAS. Eh wollt‘ ich – Springt auf. Ich bin – Herr, wenn er mich brauchen kann, ich bin da.
FIKFAK. Hoho! Mit dem Brauchen hat's gute Wege. Setzt euch, Lukas! Brauchen? Ich muß lachen. Nach einem so hübschen und noch mehr so braven Purschen liefe sich unser einer wohl die Beine ab.
LUKAS sich setzend. Mein Seel, Herr, wenn er den verwünschten Lieutenant nicht hätte –
FIKFAK. Was Lieutenant? den ließen wir Lieutenant seyn. Ich brächt‘ euch morgen mit dem Transporte nach der Hauptstadt, und dort kämt ihr zu einem andern Regimente.
LUKAS hämisch. Und Bärbe kriegte zeitlebens keinen Mann? nicht wahr?
FIKFAK. Sehr vermuthlich. Die arme Tröpsinn!
LUKAS wie vorhin. Bliebe sitzen – wäre beschimpft – würde von den Jungen ausgezischt, wenn sie in die Kirche gienge – Auf den Tisch schlagend. Ihr zum Schur, Herr, werb‘ er mich an!
FIKFAK warnend. Lukas, bedenkt, was ihr sagt! Mit mir ist in diesem Stücke nicht zu spasen.
LUKAS. Herr, es ist Ernst; Ernst sag‘ ich ihm.
FIKFAK. Schier möcht‘ ich euch beym Worte nehmen. Doch nein – ich kann's nicht über's Herz bringen. Wenn's euch morgen gereute –
LUKAS. Denkt der Herr, daß ich besoffen bin? Es wird mich nicht gereuen, es soll mich nicht gereuen.
FIKFAK aufstehend. Ih, wenn ihr's denn durchaus so haben wollt – Heh da, Herr Greif!
GREIF. Zu Befehl! von welcher Sorte?
FIKFAK. Haben Sie's gehört? Ein neuer Rekrute! Er hat sich selbst bey mir angegeben. Haben Sie's gehört?
GREIF. So, Herr Fikfak? Das gesteh‘ ich. Gratulire, gratulire. Befehlen Sie nicht noch eine Flasche?
FIKFAK. Immerhin. Greif bringt eine Flasche. Allons, Kamerad! gute Brüderschaft!
LUKAS. Von Herzen. Sie trinken und küssen sich.
FIKFAK. Nun sollst du auch die Ehre haben, des Königs Hut zu tragen. Her mit deinem Deckel! Sie wechseln die Hüte. Herr Wirth, sehn Sie einmal, wie dem Herrn der Montirungshut steht!
GREIF. Vortreflich! recht martialisch!
FIKFAK. Ja, Lukas wird ein ganzer Kerl. Deß bin ich Bürge. In zehn Jahren hat er uns alle übersprungen.
LUKAS. In zehn Jahren? Wer weiß, in welchem Loch ich da liege!
FIKFAK. Dacht‘ auch so, Kamerad. Der Geyer hole! bey der ersten Affaire war mir's nicht anders, als ob mich der Leibhaftige beym Schopfe hätte. Aber nun – ob's zur Bataille geht, oder zum Bier, es gilt mir gleich. Prosit, Herr Bruder! Sie trinken.
Anfangs wird das Herzchen dir pochen.
Laß es pochen, junges Blut!
Doch wer einmal Pulver gerochen,
Kriegt flugs, wie ein Löwe, Muth.
Bey schmetternden Trompeten,
Bey wirbelnden Trommeln,
Bey rollenden Paulen,
Bey donnernden Karthaunen,
Wird das Herzchen anfangs dir pochen.
Laß es pochen, junges Blut!
Doch wer einmal Pulver gerochen,
Kriegt flugs, wie ein Löwe, Muth.
Sapperment, Bruder! Wenn alle Kugeln träfen, möchte der Henker Soldat seyn.
LUKAS indessen aus der Hitze in Schwermuth gesunken. Laß sie treffen, Kamerad! Wie gesagt; ich bin des Lebens überdrüßig.
FIKFAK. Fang erst an, es zu genießen!
LUKAS. Für mich ist nichts mehr auf der Welt.
FIKFAK. Das wäre!
LUKAS. Du weißt nicht, wie mir um's Herz ist. Ich lebte so zufrieden, als ein König, und kein König hätte mich aus unserm Dörfchen herausgelockt. Auf Martini wollten wir Hochzeit machen. –
Ach, ich liebte sie so zärtlich!
Ach, mein ganzes Glück war sie!
Und ich will mich von ihr trennen?
Und ich sollte leben können?
Leben können, ohne sie? –
FIKFAK. Schäme dich, Kamerad! Nachdem sie dir so schlecht mitgespielt hat!
LUKAS. Ob sie mich wohl vermißt? Ob sie wohl ihre Aufführung berent?
FIKFAK. Das wird sie, die Hexe, wenn du als Hauptmann oder Rittmeister wiederkömmst, deine Mutter zu besuchen.
LUKAS. Geh doch! Hab‘ mich nicht zum Besten! Ein einfältiger Bauer – Hauptmann oder Rittmeister?
FIKFAK. Wärst du der erste? Wie mancher hat's bis zum Obristen gebracht! Jugend und Kourage –
LUKAS. An Kourage soll's nicht fehlen, Kamerad, das schwör‘ ich dir. Ich habe so viel Ehre im Leibe, als einer.
FIKFAK. Glück muß freylich auch dabey seyn, und damit ist's wunderlich bestellt. Den einen sucht's, den andern flieht's. Hätt‘ ein Anderer die Hälfte von dem gethan, was ich gethan habe – Puh!
LUKAS ihn feurig umarmend. Ach, Kamerad! es wird mir schon allmälich besser. Die Ehre! die Ehre! Es ist doch eine schöne Sache um die Ehre.
FIKFAK. Ließen wir uns sonst dafür todt schiesen? Aufstehend. Aber laß uns die Flasche ausleeren, Kamerad. Wir müssen zur Stadt, eh‘ es Nacht wird.
LUKAS. Ohne von der Mutter Abschied zu nehmen?
FIKFAK. Soll sie dir das Herz schwer machen? Hier sind funfzig Thaler, dein Handgeld. Laß ihr die Hälfte davon zurück. Das ist der beste Abschied.
LUKAS. Auch das.
FIKFAK. Herr Greif!
GREIF. Noch eine? Den Augenblick.
FIKFAK. Uebermorgen.
GREIF. Was befehlen Sie sonst?
FIKFAK. Er hat gehört, daß ich dem Kameraden hier funfzig Thaler Handgeld gegeben habe?
GREIF. Ich wünsche, daß er sie gesund verzehren möge. Alles, was ich habe, steht zu Diensten: Weine, gebrannte Wasser, Kaffee, Schokolade, Bratwürste, Servelatwürste, Kringel, Waffelkuchen, etcetera, etcetera.
Dritter Auftritt.
Lene. Die Vorigen.
LENE. Sieh da, Fikfakerle! Guten Abend! Wie geht dir's?
FIKFAK. Treflich, wie du siehst. Willst du nicht mit mir trinken? Schenkt ihr ein.
LENE. Wenn du mit mir handeln willst.
FIKFAK auf Lukas zeigend. Da hab‘ ich meine Messe schon.
LENE. Tausendsasa! Bist glücklich gewesen, Gauner. So einen braven gesunden Bruder! Nimmt das Glas, und klopft Lukas auf die Achsel. Glück zu, Herr Soldat! Trinkt.
LUKAS sich verdrüßlich wegwendend. M!
LENE. Macht er doch ein Gesicht, als ob er schon zehn Jahre mitgelaufen wäre! Zu Fikfak. Hör‘ einmal, du! Halblaut. Der Lieutenant schickt mich her. Ob ich dir vielleicht helfen könnte? Du brauchtest dich nicht zu übereilen. Er sey mit dem Obristen spazieren geritten.
FIKFAK halblaut. Desto besser!
LENE laut. Hast's verstanden, Brüderle? Willst's auch thun?
FIKFAK. Wenn's der Kamerad zufrieden ist. – Höre doch, Lukas. Die Trutschel muß diesen Abend wie der nach der Stadt, und fürchtet sich, allein zu gehen. Wir möchten sie doch mitnehmen. Wollen wir?
LUKAS sauersehend. Meinethalben.
FIKFAK. Es ist eine gute Trutschel. Der Weg wird uns nicht lang werden. Nicht wahr, Lenchen? Will sie liebkosen.
LENE. Hübsch manierlich. Du weißt wohl‘ daß ich das Geziere nicht leiden kann.
FIKFAK. Ey, Lenchen, was hab‘ ich dir versprochen?
LENE. Da könnt‘ ich lange warten. Nein, Dicker, du schickst dich nicht für mich, und ich schicke mich nicht für dich.
FIKFAK. Der lange Pfefferkuchenmann aber, heh? –
LENE. Wird mir doch zehnmal lieber, als du, seyn.
FIKFAK. Schön!
LENE. Weil er's zehnmal ehrlicher meynt. Und wenn ich heute noch einschlüge, wär's ihm recht.
FIKFAK. Mir wär's schon vor Jahr und Tag recht gewesen. Aber ein Soldat kann nicht immer, wie er will. Laß mich nur erst von der Hauptstadt zurückseyn! Morgen reis‘ ich hin, um den Trauschein zu holen.
LENE. Und den Konsens von deiner alten Frau hast du schon?
FIKFAK. Von meiner alten Frau? Hahaha! – So wahr ich von keiner alten Frau weiß, so gewiß sollst du Frau Fikfakinn werden. Noch diesen Abend wollen wir Verlöbniß halten. Der Kamerad soll Zeuge seyn. Aber morgen sobald der Tag grauet – Sieht nach der Uhr.
Terzett.
FIKFAK.
Pflicht und Ehre winken,
Folge, Kamerad!
LENE.
Thau und Schatten sinken.
Freunde, kommt zur Stadt.
LUKAS.
Pflicht und Ehre winken;
Dörfchen, lebe wohl!
FIKFAK.
Laßt uns noch in Freuden
Diese Nacht begehn.
LENE.
Lasset uns zum Scheiden
Wie zum Tanze gehn.
LUKAS.
Ach, daß ich dich meiden,
Ewig meiden soll!
ZUSAMMEN
Scheiden bringet Leiden.
Doch es muß geschehn.
Sie wollen alle drey Arm in Arm ab, und begegnen Tobis und Jeremis. Greif hat indessen Tisch und Stühle bey Seite geräumt.
Vierter Auftritt.
Tobis. Jeremis. Die Vorigen.
TOBIS berauscht. Was Teufel! Lukas! Bist du's, oder nicht?
LUKAS trotzig. Nun ja, ich bin's.
TOBIS. Kömmst mir in Wurf, Brüderchen – just in Wurf – um mir Bescheid zu thun, Bescheid –
LUKAS. Ich kann jetzt nicht. Will ab.
TOBIS. Kannst nicht? Wie? was? wohin denn?
LUKAS. Fort!
JEREMIS. Fort? Mit einem Unterofficier und einer Trutschel, und im Montirungshute! Uh! was bedeutet das?
FIKFAK. Was soll's bedeuten? – Daß er Soldat ist.
JEREMIS. Soldat? Soldat?
TOBIS. Du Soldat? Bist ein Narr geworden, Brüderchen?
FIKFAK. Packt euch eurer Wege, ihr Besoffenen –
TOBIS. Was? ich besoffen? ich?
JEREMIS. Ih Lukas, der Henker wird dich doch nicht plagen, Hab‘ und Gut und Freund‘ und Mädchen im Stich zu lassen?
LUKAS. Warum nicht?
TOBIS. Im Stich lassen? Hehehe! Bärbchen im Stich lassen? Bärbchen?
LUKAS. Geh an Galgen!
TOBIS. Das laß‘ ich wohl bleiben. – Holen will ich sie, holen –
JEREMIS. Das wollen wir, Bruder – das wollen wir. – Besinne dich indessen, Lukas – werde wieder vernünftig – ich rathe dir's –
TOBIS. Ja – ich rathe dir's – Zu Fikfak. Aber besoffen bin ich nicht – du Eisenfresser dort – besoffen bin ich nicht – Taumelt mit Jeremis ab.
Fünfter Auftritt.
Lene. Fikfak. Lukas. Greif in der Bude.
FIKFAK zu Lenen halblaut. Du, das Ding geht schief. Lauf und ruse meine Pursche. Im Mops und in der Tonne triffst du sie gewiß. Sie sollen sich in die Nähe machen.
LENE halblaut. Aber thue mir ja dem jungen Purschen kein Leides!
Lukas steht abgewandt, beide Hände vor dem Gesicht.
FIKFAK stößt ihn an. Wo fehlt's, Kamerad?
Lukas fährt auf, nimmt den Montirungshut mit Ungestüm ab, setzt ihn auf einen grimmigen Blick von Fikfak wieder auf, und fällt in Nachdenken.
FIKFAK. Wir müssen marschiren. Allons!
LUKAS wild. Nur noch einen Augenblick! Vielleicht kömmt sie. Du sollst deine Freude an dem Abschied haben. Wie ich ihr begegnen, wie ich sie anlassen, wie ich sie heruntermachen will!
FIKFAK. Sie verdient nicht, daß du sie noch im Weg ansiehst. Komm! – Bärbchen erblickend. Da haben wir das liebe Unglück.
Sechster Auftritt.
Bärbchen. Die Vorigen.
BÄRBCHEN außer Athem. Lukas! Lukas! was muß ich hören? Will ihn umfassen.
LUKAS. Laß mich, Ehrvergeßne!
FIKFAK. Halt uns nicht auf, Fidelchen! Denkst gewiß, du hättest den Herrn Lieutenant vor dir?
BÄRBCHEN. Was für Reden! Ich bin des Todes –
FIKFAK. Die Uniform wird sie schon wieder lebendig machen. Nur fort!
BÄRBCHEN lukas ängstlich ergreifend und festhaltend.
Recitativ.
Mich willst du, o Geliebter,
Mich willst du, mich verlassen?
Arie.
Dich laß ich nicht aus meinen Armen;
Nichts als der Tod trennt mich von dir.
Zu Fikfak.
Dir fleh‘ ich bänglich um Erbarmen,
Grausamer! Laß, o laß ihn mir!
LUKAS bewegt. Kamerad! sollte man nicht schwö ren, es geh‘ ihr von Herzen?
FIKFAK. Und vorhin, als du sie ertapptest, gieng's auch von Herzen.
BÄRBCHEN. Ertapptest? Worüber?
LUKAS. Hast du die Aufführung mit dem Lieutenant schon vergessen?
BÄRBCHEN. Ist's möglich, daß du mir das noch nachträgst?
FIKFAK spöttisch. Soll er dergleichen schon als Bräutigam verdauen?
BÄRBCHEN. Der gnädige Herr list an allem schuld.
LUKAS. Der gnädige Herr?
BÄRBCHEN. Den Augenblick zuvor hatt‘ ich ihm die Unverschämtheit seines Vetters geklagt, und da befahl er mir, ihn bey erster Gelegenheit abzuführen.
FIKFAK. Merkst du, wie sie's herumzudrehen weiß?
BÄRBCHEN zu Lukas. Komm mit zum gnädigen Herrn, und frag ihn. Komm mit zum Gerichtshalter, und ich will's beschwören. Ich bin so gewiß ein ehrliches Mädchen, als ich wünsche deine Frau zu werden. Aber du wurdest gleich so unvernünftig böse, und hörtest mich nicht an.
FIKFAK. Laß sie schwatzen. So ehrlich sind sie alle.
LUKAS zärtlich. Bärbchen!
BÄRBCHEN lebhaft. Zweifelst du noch?
Lukas wendet sich schnell von ihr, und schlägt sich vor die Stirne.
FIKFAK. Ziererey! – Komm, Kamerad! Will ihn wegführen.
BÄRBCHEN sie zurückhaltend. Ihr dürft nicht, ihr dürft nicht. Rufend. Hülfe! Hülfe!
Siebenter Auftritt.
Eve. Bauern. Die Vorigen. Zuletzt Soldaten.
EVE in Lukas Arme stürzend. Mein Sohn! mein einziges Kind! willst du mich unter die Erde bringen?
DIE BAUERN berbeyeilend und durch einander sprechend. Was giebt's da? Was ist's denn?
EIN ÄLTERER BAUER. Was sind das für Histörchen? Lukas sich anwerben lassen? Lukas Soldat werden?
FIKFAK. Nicht anders, ihr Herren; ihr könnt nur Abschied von ihm nehmen.
DER ÄLTERE BAUER. Dummes Zeug! Einen jungen Purschen besaufen, beschwatzen, beym Oehrchen kriegen! Das wäre fein!
TOBIS. Das geht nicht, Herr Eisenfresser.
DIE BAUERN. Nein, das geht nicht.
FIKFAK. Was wollt ihr, ihr Leute? was räsonnirt ihr? Ich hab‘ ihn weder besoffen, noch beschwatzt, noch beym Oehrchen gekriegt. Er hat sich freywillig angegeben, freywillig den Hut aufgesetzt, freywillig das Handgeld genommen. Der Herr Wirth dort kann's bezeugen. Greif, der diese Scene über, den Hals aus der Bude gestreckt hatte, um alles zu sehen und zu hören, fährt geschwinde zurück. Heh, Herr Greif! Stärker rufend. Herr Greif! – Sind Sie taub?
GREIF verwirrt. Was steht zu Befehl?
FIKFAK. Ihr Zeugniß! Ist's nicht dem so?
GREIF. Wie? Was? Ich kann von nichts sagen, von gar nichts, ich habe nichts gehört, nichts gesehen, ich menge mich in nichts, geb‘ auf nichts Acht, als was in meiner Bude vorgeht.
FIKFAK. Spitzbube! Ein andermal kannst du deinen sauern Wein selbst saufen. – Rede du, Lukas! gieb der Wahrheit die Ehre! Hast du dich mir nicht aufgedrungen?
LUKAS. Leider!
TOBIS. Aber, Brüderchen – warum warst du denn so ein Narr?
LUKAS. Ich weiß nicht.
TOBIS. Du weißt nicht? Hihi! Ja, so weiß ich's, mein Seel, auch nicht.
DER ÄLTERE BAUER. Der Hund muß doch irgendwo begraben liegen. Hast du vielleicht etwas angestiftet?
LUKAS. Nein.
TOBIS. Hast du vielleicht in puneto punel? Hihi!
LUKAS. O, laß mich!
DER ÄLTERE BAUER. Aber in aller Welt, Lukas, was hat dich sonst dazu gebracht?
LUKAS. Quält mich nicht mit Fragen! – Eifersucht, Rausch, Tollheit, der Teufel, wenn ihr wollt.
BÄRBCHEN. Ach, Lukas, was haft du gethan?
FIKFAK. Was einen braven Kerl nie reut. Welch ein großes Glück schlägt er denn dabey in die Schanze? Was soll er hier? Tag aus, Tag ein hinterm Pfluge gehn, sein Vieh abschinden, und sich wieder vom Gerichtsherrn schinden lassen? Sey ruhig, Mädchen! Wenn du so ehrlich bist, als du sagst, soll's dein Schade nicht seyn. Er kömmt zurück, er holt dich. Nicht wahr, Lukas? und wenn du auch Hauptmann oder Rittmeister wurdest, du kämst doch wieder, dein Bärbchen zu holen?
LUKAS. Ich bin ein ehrlicher Bauer. Der will ich bleiben, der will ich leben und sterben.
FIKFAK. Kamerad! wer hatte denn vorhin so viel Ehre im Leibe?
LUKAS.
Da war ich von Sinnen.
Schon lockte mich der Schall der Ehre,
Schon fühlt‘ ich Muth in jeder Ader,
Ich sah dem feindlichen Geschwader,
Ich sah dem Tod ins Angesicht.
Allein, sie schlägt mit Einer Zähre,
Mit einem Blick mein Feuer nieder.
Umsonst lockt mich der Schall der Ehre:
Ich seufze nach dem Glücke wieder,
Das nur die Liebe mir verspricht.
FIKFAK. Keine Faxen gemacht! Wer A gesagt hat, muß B sagen. Es ist zu spät, auf die Hinterbeine zu treten.
LUKAS. Setzt euch an meine Stelle, Herr. Hier ist das Handgeld zurück. Reicht es ihm im Hut.
FIKFAK. Ich nehm‘ es nicht.
LUKAS. Ich geb‘ euch noch einmal so viel.
FIKFAK. Nichts.
EVE. Zweymal so viel, und sollten wir Brod und Wasser essen.
FIKFAK. Nichts.
DER ÄLTERE BAUER. Sey er billig, Herr Fikfak. Billigkeit kömmt durch die Welt. Laß er muß sich handeln. Auf die Art kriegt er zwey Rekruten für einen.
FIKFAK. Aber keinen Lukas.
TOBIS. Alle Hagel! Ich glaube, der Herr Patron hat uns noch obendrein zum Narren. – Das kömmt vom Komplimentiren. Das Rauhe herausgekehrt! Er muß ihn losgeben.
FIKFAK spöttisch. Muß er?
TOBIS springt herzu, und faßt ihn bey der Brust. Will der Herr, oder will er nicht?
FIKFAK. Ih du Lahmer – Will den Degen ziehen.
DIE BAUERN ihn festhaltend. Laßt ihn stecken, oder –
EVE UND BÄRBCHEN zu Lukas. Rette dich, Lukas!
LUKAS wirst den Hut von sich. Da liegt Hut und Handgeld. Entspringt.
FIKFAK sich wehrend. Mordsapperment! alle über Einen? Heh, Kameraden! Pfeift.
SOLDATEN springen mit bloßem Seitengewehr aus den Buden hervor. Da sind wir. Da sind wir.
Die Bauern ergreifen bestürzt die Flucht.
FIKFAK indem er Hut und Geld aufnimmt. Holt ihn ein! Dort läuft er! Seht ihr nicht? Dort! um die Ecke! Rechts um die Ecke! Die Soldaten laufen voran, Fikfak nach.
TOBIS der auf die Seite gesprungen war, kömmt wieder zum Vorschein. Fickerlot! Da möchte sich einer krumm und lahm ärgern! Hinkt auch nach.
Achter Auftritt.
Eve. Bärbchen. Greif. In der Bude.
BÄRBCHEN. Um des Himmels willen, Mutter! wollen wir nicht auch nach?
EVE. Du nicht, bey Leibe nicht, mein Kind. Wenn das Volk anfängt, ist's ärger als Panduren und Kroaten. Ich will hin – sehn, wo er geblieben ist – ob ich ihm durchhelfen kann. Such indessen deinen Vater auf. Er soll auch kommen. Ruf die ganze Freundschaft zusammen. Gebt ab.
BÄRBCHEN für sich. Meinen Vater? – eh‘ er aus seinem Großvaterstuhl aufkommt – Unsere Freundschaft? – eh‘ sie eins wird, was sie thun soll – Lieber will ich beym Herrn Pfarrer Rath holen – Will ab, steht still. Ich hin ganz irre – hier geht's ja nach dem Schlosse – nach dem Schlosse? – Sinnt. Wie? wenn ich dießmal der Nase folgte? – Der gnädige Herr wird mich nicht abweisen – Kann uns am ersten helfen – Sey's gewagt! Will ab.
PAUL ruft ungesehen. Bärbchen! Heh, Bärbchen!
BÄRBCHEN dreht‘ sich um. Wer ruft? Steht ihren Vater kommen, läuft nach der andern Seite, ihm entgegen.
Neunter Auftritt.
Paul. Die Vorigen.
BÄRBCHEN.
Ach Vater! – die Werber –
Die Werber – o Schrecken! –
Sind hinter ihm her.
Er will sich verstecken.
Sie suchen.
Sie fluchen.
O, lauft doch!
O, helft doch!
Ich kann nicht mehr.
Sinkt in seine Arme.
PAUL. Werber? – Werber? – Weiter nichts? – Dem Himmel sey Dank! – Ich dacht‘, es wäre gar Feuer. – Wie ist denn das Ding zugegangen?
BÄRBCHEN deren Unruhe mit jeder Rede wächst. Fragt nicht, Vater! helft! Dort bey Schulzens Haus um dir Ecke –
PAUL. Am lieben Jahrmarkt, an meinem Geburtstag so ein Lärm!
BÄRBCHEN. Vier Soldaten, mit bloßen Säbeln –
PAUL. Wir spielten so ruhig Solo –
BÄRBCHEN. Wenn sie ihn wiederfänden –
PAUL. Ich hatt‘ eben mein Pfeifchen angesteckt –
BÄRBCHEN. Hört ihr nicht? Der Lärm nimmt zu –
PAUL. Und ein Solo mit beiden Wenzeln in der Hand –
BÄRBCHEN. Vater! Vater!
PAUL. Ich hab's nur zu mir gesteckt, um es hernach auszuspielen –
BÄRBCHEN. Seht doch, was da vorgeht, lieber Vater! – Ich muß aufs Schloß – Daß der Himmel sich erbarme! Geht ab.
Zehnter Auftritt.
Paul. Greif in der Bude.
PAUL. Ich bin gelaufen, daß ich keine Luft bekommen kann – Setzt sich vorne an die Trinkbude. Wenn mir's nur nicht schadet! – Ich hab‘ eine starke Mahlzeit gethan – und sollte mich da noch ereifern und abäschern, und vielleicht gar ein Unglück nehmen? – Da müßt‘ ich mein Leben gestohlen haben. – Sie werden ihm den Kopf nicht abreißen. – Warum ist er so dumm gewesen, sich fangen zu lassen? – Ich kann ihm nicht helfen –
GREIF in der Bude. Da hat der Herr Recht – das ist vernünftig –
Paul dreht sich langsam um, zu sehen, wer hinter ihm spricht.
GREIF. Um Vergebung! ist nichts gefällig? Ein Gläschen Rosoli auf das Schrecken!
PAUL. Immerhin. Wenn der Herr glaubt, daß es nicht schädlich ist.
GREIF. E contrario – Schenkt ihm ein. Ist gewiß der Schwiegersohn von dem Herrn, der junge Pursche? –
PAUL indem er den Beutel zieht. Schwiegersohn hin! Schwiegersohn her! – Wie viel macht's?
GREIF. Sechs Pfennig. –
PAUL. Hier ist ein Groschen.
GREIF. Kann nicht wechseln. Ist nicht ein Kringel gefällig?
PAUL nimmt und ißt. Meine Bärbe kriegt immer wieder einen Mann – Es ist ein reiches Mädchen – die gehen ab, wie neue Heeringe –
Eilfter Auftritt.
Tobis. Hernach Jeremis. Die Vorigen.
TOBIS eilig, außer Athem. Sie haben ihn! Sie haben ihn! – auf Kunzens Heuboden –
JEREMIS desgleichen. Auf Kunzens Heuboden haben sie ihn wiedergekriegt – Da bringen sie ihn – Läuft wieder zurück.
TOBIS. Wie er aussieht! – Ey, wenn ich's wäre, eh‘ ich mich so zerzausen ließe, lief ich frisch mit. Hinkt auch wieder zurück.
PAUL. Ob ich bleibe? – Aber bey Leibe darf ich mir nicht merken lassen, daß ich der Schwiegervater bin – So von weiten! – Zieht sich zurück. Daß dich! Ist mir meine Pfeife ganz ausgegangen! Setzt sich in eine der hintern Buden, schlägt Feuer auf, und fängt an zu rauchen.
Zwölfter Auftritt.
Fikfak. Lukas mit aufgerissenem Wamms, zerstreuten Haaren, bleich und von Soldaten geführt. Eve. Tobis. Jeremis. Bauern. Die Vorigen.
FIKFAK.
Was für Gesperre!
Was für Geplärre!
Welch Teufelszeug!
Blitz, Hagel und Verderben!
Ergebt euch gleich,
Sonst zeig‘ ich euch,
Wie meinesgleichen werben!
EVE. Aber in aller Welt, Herr, was wollt ihr mit einem so schwachen, zärtlichen Jungen?
FIKFAK. Er ist stark genug.
EVE. Es ist ja nur noch ein Milchbart.
FIKFAK. War ich doch auch nicht besser. Der Bart wächst von Strapazen.
EVE. Er kann gar nichts ausstehn.
FIKFAK. Er wird's lernen.
EVE. Er kriegt alle Mittage das Fieber.
FIKFAK. Das Freßfieber vermuthlich.
EVE. Noch vor acht Tagen blutete er so stark aus der Nase, daß wir ihn für todt hatten.
FIKFAK. Als ob ich meine Alte hörte. Die stellte sich auch an, da man mich fortschleppte, wollte sich das Haar ausraufen, schrie, daß es durch's ganze Dorf schallte –
EVE. Ihr habt noch eine Mutter, Herr?
FIKFAK. Ein altes siebzigjähriges Mütterchen. Ich habe sie nun in die zehn Jahre nicht gesehn.
EVE. Ach, um eurer alten Mutter willen, gebt mir meinen Sohn wieder!
FIKFAK. Bey mir ist er so gut aufgehoben, als bey euch. Und nun kein Wert mehr!
Duett.
FIKFAK.
Fort mit ihm! Marsch!
EVE.
Um eurer alten Mutter willen,
Die lange schon mit bangem Sehnen
Vom Himmel euch zurück erfleht!
FIKFAK.
Fort mit ihm! Marsch!
EVE.
Laßt euch von einer Mutter Thränen,
Laßt euch erweichen, eh‘ ihr geht!
Daß ihre Thränen auch sich stillen,
Und ihr euch glücklich wiederseht!
FIKFAK.
Fort mit ihm! Marsch!
Geht voran; die Soldaten mit Lukas folgen.
Dreyzehnter Auftritt.
Der Obriste. Der Lieutenant. Bärbchen. Die Vorigen.
DER OBRISTE sich in den Weg stellend. Wo geht der Marsch hin, Feldwebel?
Fikfak und die Soldaten stehen still, und grüßen militarisch.
FIKFAK bestürzt. Unterthäniger Diener, Herr Obrister.
DER OBRISTE. Wohin? frag‘ ich.
FIKFAK. Mit einem Rekruten nach der Stadt.
DER OBRISTE. Wer ist er?
FIKFAK. Ich gratulir‘ auch Ihro Gnaden unterthänig zur glücklichen Retour.
DER OBRISTE. Antwort auf meine Frage!
FIKFAK. Gnädiger Herr, es ist ein Bauer aus dem Orte, er heißt Lukas Stark.
DER OBRISTE. Wie hat er ihn bekommen?
FIKFAK. Gnädiger Herr – er hat sich – er hat sich –
DER LIEUTENANT nachdem er Fikfak vorher gewinkt hat. Heraus mit der Sprache! Ist's wahr, was dieses Mädchen gegen dich ausgesagt hat? Ist Gewalt oder Betrug mit untergelaufen?
FIKFAK. Keines von beiden, Herr Lieutenant. Ist es meine Schuld, daß der Pursche über einen Zank mit seinem Mädchen desperat worden war? Er mag selbst sprechen. Rede, Lukas. – Sehn Sie, gnädiger Herr, daß er nichts vorbringen kann.
DER LIEUTENANT. Ja nun, Herr Obrister, so kann ich nicht helfen, so muß es dabey bleiben.
DER OBRISTE ernsthaft. Mit nichten, Herr Lieutenant, mit nichten. – Ich sag‘ es Ihnen auf den Kopf zu, daß es ein abgekartetes Spiel war, daß Sie sich den verliebten Zwist der beiden Leutchen aus andern Absichten zu Nutze machen wollten.
DER LIEUTENANT. Sagen Sie, was Ihnen beliebt, Herr Vetter. Der Transport geht morgen ab. Ein Mann fehlte noch daran, und hier ist er. Können Sie ihn in der Folge vom Regimente losbitten, desto besser für ihn. Aber fort muß er. In mein Werbegeschäffte darf mir kein Mensch reden.
DER OBRISTE. Auch der König nicht?
DER LIEUTENANT. Wie kömmt der König hierher?
DER OBRISTE ihm ein Papier reichend. Lesen Sie, Herr Lieutenant. Mit dem Augenblick meiner Ankunft sollte Ihre Worbordre zu Ende gehen. Sie sind verrathen. Man weiß Ihre ganze Art zu leben und zu werben, und lader Sie nach der Hauptstadt zu einer kleinen moralischen Vorlesung ein. Es giebt dort noch bessere Professoren, als ich bin. Bereiten Sie sich nur, mit dem Transport abzurei sen.
DER LIEUTENANT für sich. Verdammt! Will ab, kömmt beschämt wieder. Herr Vetter, ich darf doch wohl noch übermorgen zur Gräfinn Wachtel auf den Ball?
DER OBRISTE. Uebermorgen philosophirt der Herr Lieutenant schon seit vier und zwanzig Stunden auf dem Marsche. – Was wollt‘ er auch mit seinem gequetschten Füßchen auf dem Balle?
Der Lieutenant geht trotzig ab, Fikfak will ihm nachschleichen.
DER OBRISTE. Mir Erlaubniß, Herr Fikfak, ich bitte mir nachher von Ihnen die Ehre aus –
TOBIS halblaut. Gratulire zum voraus, Herr Fikfak.
DER OBRISTE sich gegen Bärbchen und Lukas wendend. Hier, Bärbchen, hast du deinen Bräutigam wieder.
BÄRBCHEN, LUKAS ihm zu Füßen. Ach, gnädiger Herr, wie können wir Ihnen –
DER OBRISTE. Steht auf, ihr Kinder. Meine Belohnung ist in meinem Herzen.
In andrer Glück sein eignes finden,
Ist edler Herzen Seligkeit.
Doch selbst der andern Wohlfahrt gründen,
Zu frohem Dank ihr Herz entzünden,
Ist göttliche Zufriedenheit.
Will ab.
BÄRBCHEN zupft ihn beym Rocke. Gnädiger Herr –
DER OBRISTE. Was beliebt?
BÄRBCHEN. Sie versprachen mir diesen Mittag –
DER OBRISTE. Selbst mit deinem Vater zu reden. Ich erinnere mich. – Ist er nicht hier?
LUKAS. Ja, gnädiger Herr, dort lehnt er.
JEREMIS. Wär‘ um ein Haar gar eingeschlafen.
TOBIS flößt Paulen vor. Ih so geh doch vor, Dicker!
PAUL kömmt zitternd und gebückt. Ihro Excellenz –
DER OBRISTE. Warum will er die jungen Leute nicht zusammengeben?
PAUL. Ihro Excellenz – ich habe – ich bin's völlig zufrieden – aber Frau Eve –
EVE. Ey ich habe nichts dagegen – wenn's Gevatter Paul zufrieden ist –
PAUL. Wenn Ihro Excellenz befehlen –
DER OBRISTE. So etwas befehl‘ ich nicht. Aber es geschähe mir ein Gefallen, und am liebsten säh‘ ich, wenn die Hochzeit noch heute seyn könnte.
PAUL. Noch heute?
EVE. Noch heute? Da könnt‘ ich nicht einmal einen Kuchen gebacken kriegen.
GREIF. Um Vergebung. Hier ist Vorrath an Kuchen und Gebackniß zu drey Hochzeiten.
DER OBRISTE. Ich sorge für alles. Bittet dazu, wen ihr wollt, und seyd lustig.
LUKAS ihm die Hand küssend. Ach Gnade über Gnade!
BÄRBCHEN ihm den Rock küssend. Ach Gnade über Gnade!
TOBIS. Juchheh! da wollen wir springen.
BÄRBCHEN.
Mein Retter, mein Befreyer,
Empfang aus warmen Herzen
Der Liebe besten Dank.
Nimm Theil an unsrer Feyer,
An unsern ländlichen Scherzen,
An unserm Freudegesang.
DER OBRISTE spöttelnd. Wohlan! Ich will kommen, um dem Tanze zuzusehen, und dir das Strumpfband zu lösen. Daß aber Lukas nur nicht einen neuen Stoß von Eifersucht bekömmt, und sich zum zweytenmal anwerben läßt!
BÄRBCHEN. Nun und nimmermehr. Nicht wahr, Lukas? – Sehn Sie nur, gnädiger Herr, wie er beschämt ist!
DER OBRISTE. Ernstlich, mein Sohn. Könnt‘ ich vorhersehen, daß du ein eifersüchtiger Ehemann würdest, ich schickte dich auf der Stelle fort, und Bärbchen sollte mir's danken.
TOBIS schadenfroh zu Lukas. Das war recht.
DER OBRISTE. Nun zu ihm, Herr Fikfak!
FIKFAK. Was steht zu Ihro Gnaden Befehl?
DER OBRISTE. Ihn acht Tage krumm geschlossen und dann fortgejagt zu sehn.
TOBIS halblaut. Hat er mit ihm geredt, Herr Fikfak, heh?
FIKFAK. Herr Obrister – wie soll ich das verstehen?
DER OBRISTE. Stellt euch nur unschuldig. Ich lese doch auf eurem Gesichte, daß ihr um den Zusammenhang gewußt habt. Wann der Befehlshaber Unrecht verlangt, hört die Subordination auf. Ihr hättet es mir sogleich anzeigen sollen. Also, junger Herr, ins Gefängniß! Bringt ihn nach dem Schlosse! Fort mit ihm! Marsch!
FIKFAK. Gnädiger Herr, ich habe dreyßig Jahre gedient, und dem König manchen schönen Rekruten verschafft. Ich bin ein Unterthan von Ihnen, und nur aus allzugroßer Ergebenheit für Sie und Ihre hohe Familie hab‘ ich mich so weit verleiten lassen. Ich schwör‘ Ihnen –
DER OBRISTE. Keinen Meyneid! Dießmal sey es euch geschenkt. Aber bey der ersten Gelegenheit –
FIKFAK. Sie sind auch der allerbeste Herr zwischen Himmel und Erde.
ALLE. Das ist wahr, das muß wahr seyn.
Schlußgesang.
Muster guter Herren, lebe!
Glück und Fröhlichkeit umgebe
Lange, lange, lange dich!
O, daß jeder Herr dir glich!
Ende.