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Poetische Werke 30
Jung und Alt im Frühling 1
1.
Aus der Berge dunklen Klüften
Braust nicht mehr die kalte Fluth,
Fenster öffne ich den Lüften
Und das Thor dem Jugendmuth;
Springend geht's zum Thale nieder,
Leicht beflügelt ist das Herz,
Frühling breitet das Gefieder,
Luft erklingt wie edles Erz.
Neue Vögel sind erschienen,
Fort in's Freie, in die Luft,
Neues Schauspiel, grüne Bühnen,
Nachtigall so sehnlich ruft:
Seht das Schauspielhaus geschmücket
Mit dem Dach aus Himmelblau,
Wolken-Schäflein sehn entzücket
Nach dem hocherhabnen Bau.
Alle schweben im Verlangen
Nach des Tages Neuigkeit:
Ist der Vorhang aufgegangen?
Welches Schauspiel giebt man heut?
Soll ein Heldenspiel beginnen,
Rüstet sich die frische Kraft?
Soll die Lieb' in Lieb' zerinnen,
Daß sich neues Volk erschafft?
Alles drängt sich noch zusammen,
Herz an Herz und Baum an Baum,
All aus einer Erde stammen,
Flammend einer Liebe Traum:
Himmlisch Spiel, die frischen Kränze
Decken all mit gleichem Grün,
Jenen, daß er siegend glänze,
Diese, daß sie drunter blühn.
Mein Stammbuch 28