Johann Friedrich Reichardt

Ino

Ein Melodrama

Libretto von Johann Christian Brandes

Uraufführung: 07.10.1779, Schauspielhaus, Leipzig

Personen

Ino

Athamas, ihr Gemahl

Learch,
Melizert, ihre Kinder

Juno

Chor der Nereiden

Chor der Tritonen

Vorbericht.

Wie grausam und ungöttlich sich Juno an allen ihren Nebenbuhlerinnen zu rächen gesucht hat, erhellt daraus, daß sie Semelen, welche schwach und eitel genug war, alles für aufrichtige Freundschaft anzunehmen, was ihr die verstellte Juno sagte, den Rath gab: vom Jupiter eine göttliche Umarmung, wie er seine unsterbliche Gattinn zu umarmen pflege, zu erflehen. Zeus erschien. – Semele, vom Stolz übermannt, bat, was ihre Feindinn rieth. Der Donnerer weigerte sich dieser Bitte zu willfahren, weil er Semelens Verderben voraus sah, war aber doch galant genug, um seinem Liebchen etwas abzuschlagen. Das nächstemal erschien er in seiner Maiestät mit Blizz und Donner; umarmte Semelen, welche unsterblich zu werden hoffte – und als Mensch vom Blizze getödtet war. Zeus erkannte nun die Rache seines Weibes, nahm das schon lebende Kind aus dem Schoosse der Sterbenden heraus; sicherte es vor der Verfolgung Junos, indem er es Inon, der Tochter des Kadmus, zur Pflege und Erziehung anvertrauet hatte.
Juno erfuhr es, und suchte sich an der Pflegemutter dieses kleinen Aftergottes nachdrükklich zu rächen. Sie kränkte sie vorzüglich dadurch, daß sie ihr ihren Gemahl Athamas auf den Weg der zügellosesten Ausschweifung – in die Arme der Nephele führte, aus welchen er nur zuspät für Inos Ruhe zurükkkehrte. Wahnsinn ergrief ihn, – er zerschmetterte seinen Sohn Learch, eilte seiner Gattinn nach, – welche aber den Wink der Gortheit erfüllte, und sich nebst ihrem Sohne Melizert in die Fluthen warf.

Nur auf diese Art konnte Juno versöhnt werden!

Die Szene ist auf einer wüsten Insel, dem einzigen Aufenthalt der verlassnen und verfolgten Ino, und ihrer Söhne.

Erste Szene.

Ino, auf der Spizze eines Felsens, betrachtet ihre schlafenden Söhne.

INO. Learch! Melizert! Meine Söhne! – Getreue Gefährten meines Unglükks! ruhet sanft, ihr zwei Unschuldigen!
Noch empfindet ihr kaum zur Hälfte das Elend, so euch drükkt! –
Fühlt nicht den Kummer, der euch verzehrt.
Wißt nicht das Schiksal, so euch erwartet. Ruhet sanft!
Ich will indeß zu den Göttern für eure Erhaltung flehn!

Sie steigt den Felsen hinab; auf ihrem Gesichte zeichnen sich Angst, Kummer und Spuren des äußersten Mangels. Sie fällt auf die Knie, um zu beten; plözlich steht sie wieder auf.

Umsonst! –
Uiberall schaft meine verirrte Fantasie Bilder des Schrekkens!
Meine Seele vermag keinen Gedanken zu denken!
Diese grauenvolle Ahndungen –
Diese beklemmte Brust!
Dies klopfende Herz!

Unter der Musik.

Götter! Sollte irgend ein neues Unglükk? – O! ich Elende! – bin ich nicht schon unglükklich genug? –
Von der höchsten Staffel des Glükks, aus dem Schooße der reinsten Frenden – zu diesem gränzenlosen Jammer hinabgesunken.
Von aller Welt entfernt! –
Vom Athamas, dem einzigen Sterblichen, den ich unaussprechlich liebe, dem Treulosen, dem Bundbrüchtigen, den ich noch jezt mehr als mein Leben liebe, verrathen, verstossen!
Er in den Armen einer nichtswürdigen, verworfenen Buhlerinn – einer Nephele? –
Und ich – und meine Kinder? –
Ha, Juno! –
Grausame Göttinn! Dein Werk! Das Werk deiner Rache!
Du fluchtest mir –
Schwurst mir einen unversöhnlichen Haß, als ich Semelens Sohn, das Götterkind ernährte.
Du verliehst der Nephele jene zauberischen Reize, meinen Athamas zu fesseln!
Erstikktest in ihm das Gefühl der Liebe, der Trene – der Menschheit! –
Unerbittliche! – – Kann nichts dich erweichen? – Dich nichts versöhnen? – Wohl!
Wohl! – So nimm auch das lezte, was mir übrig ist – mein Leben! – Nimm auch mein Leben!
Ach! –
Ach, wohin verleitet mich mein Schmerz? –
Ich Unbesonnene! bin ich nicht Mutter? Mutter von den Söhnen meines Athamas? –
Verzeiht, ihr Unglükkseligen, verzeiht dem übereilten Wunsche den Kummer und Verzweiflung erzeugten! –
Verzeiht! –
Verzeiht, ihr Unglükkseligen! –
Ich muß leben – für euch leden!
Ha! was ist das? –
Welch Geräusch?
Rief man nicht meinen Namen? –
Götter! – Hätte Rephele meinen Aufenthalt entdekkt! – Die Diener ihrer Rache entbothen!

Sie horcht.

Furcht und Angst täuschen mich!

Unter der Musik.

Hier in der Eindde, im Innersten der Felsen – welcher Sterbliche würde es wagen? –
Trügen mich meine Sinne? –
Die Stimme des Athamas? –
Des Athamas? – Sie ists! –
Was führt ihn bieher? –
Welche Absicht? –
Grausamer! – Kommst du meines Jammers zu spotten? –
Mich dem Blutdurst meiner Nebenbuhlerinn aufzuopfern? –
Er kömmt näher; –
Er dringt durch das Gebüsch. – Ich muß mich verbergen! –
Führte Reue ihn zurükk: – Götter! – wie gern wollt‘ ich ihm verzeihn! –

Geht ab.

Zweite Szene.

ATHAMAS ruft noch im Gesträuch. Ino! Ino! –

Unter der Musik.

Auch hier find‘ ich sie nicht –

Sucht ängstlich.

– Ino! – – Man hintergieng mich – sie ist nicht mehr! Vergebens such ich sie, – vergebens irre ich durch Wald und Klippen! – –
Ino! –
Meine Ino!
Ha, Echo, du bethörest mich! –
Sie ist nicht mehr, meine Ino! –
Auch ihr, meine Söhne! –
Learch! Melizert! Söhne meiner Ino! – Ihr kleinen, schuldlosen Gefährten eurer unglükklichen Mutter, folgtet ihr in diese Wüste, theiltet ihren Kummer, fluchtet mit ihr eurem Vater, dem Treulosen, dem Barbarn, der euch hieher ins Elend verstieß. Auch ihr seid verloren! durch mich! – Durch mich! –
Rastlos umher irrend –
Vom Hunger ausgezehrt –
Von reissenden Thieren verfolgt seh‘ ich die Armseligen dem Jammer unterliegen; indeß ich im Schooße der Wollust – in den Armen einer Nephe le – –

Unter der Musik.

Ha! ich Ungeheuer! – kann ich den Gedanken denken, und ihn überleben? – Euch, Götter, ruf‘ ich zur Rache! – Straft den Verbrecher! – Rächet Ino! – rächet ihre Söhne! – Dich, Juno, rufe ich zur Rache, dich unversöhnlichste Feindinn des Hauses Kadmus! Ino ward dein Opfer! – Auch Learch, auch Melizert! – Athamas ist noch übrig! Vernichte auch mich!! – –

Es donnert von weiten.

Dritte Szene.

Ino. Athamas.

INO noch zwischen den Klippen. Athamas!
ATHAMAS erstaunend zurükkfahrend. Götter! Ino!
INO. Athamas
ATHAMAS. Ist sies, meine Ino? –
INO erscheint und fliegt in seine Arme. Sie ists, – es ist Ino selbst.
ATHAMAS. Ino! Ino! – Du lebst? –
INO. Und bin glükklich – trunken für Freude – für Entzükken!
O, mein Geliebter! – ich vernahm deine Reue, deine Klagen um mich! – Götter! verzeiht meinen Zweifel! – Ihr erhörtet mein Gebet! führtet diesen geliebten Flüchtling in meine Arme zurükk! Deine Wiederkehr, Athamas! welche überströmende Wonne für mich! – Deine Liebe ist mir mehr, als die Weit – mehr als Elysium –
ATHAMAS. Zu viel! – zu viel, theueres Weib! – Ewige Liebe, ewige Treue zu demen Füssen – im Angesicht der Ghtter schwör ich dir!

Donner.

INO. Du schwörst – und Zeus donnert.
Siehst du jene von Blizzen schwangere Wolke? – Zürnen die Götter? –
ATHAMAS. Sie sind versöhnt, Ino! Zeus billigt unsre Wiedervereinigung! fein Donner bestätigt meinen dir geleisteten Eid. –
Dank dir, du Vater der Götter! – Du bestätigest mein Glükk! –
Sei ein Zeuge aller meiner Freuden!
INO. Verzieh, Athamas, ich eile! –
ATHAMAS. Wohin?
INO. Zu deinen Söhnen! Sie den Göttern darzustellen, in ihrer Gegenwart ihnen einen Vater, der für sie verloren war, wieder zu geben.

Eilt den Felsen hinan.

Vierte Szene.

ATHAMAS. Ists Wahrheit? –
Hab‘ ich sie wieder, meine Ino? meine Söhne?
Bin geliebt? –
Bin glükklich? – – Darf ichs glauben? –
Der Fluch auf Kadmus Haus – hätten ihn die Götter aufgehoben?
Juno – sie – diese unerbittliche Göttinn, diese unversöhnliche Feindinn meiner Ino, hätte sich ihr Zorn besäuftigt?

Es donnert stärker, als zuvor.

Fürchterlich! –
Dies ist kein Zeichen des Beifalls – Zeus zürnt. –
Ino! – meine Ino!
Warum folg‘ ich die nicht?

Das Gewitter wird stärker.

Schrökklich!
Ha! was seh‘ ich? – Welch ein Glanz?

Es eilen einige helle Wolken vorüber; Juno erscheint in einer Gewitterwolke.

Unter der Musik.

Ihr Mächte des Olympus! – Wer rettet mich? Ist sies? – Juno selbst? – Weh mir!

Fünfte Szene.

Juno. Athamas.

JUNO. Athamas!
ATHAMAS. Juno!
JUNO. Du kennst den Gegenstand meines Hasses.
ATHAMAS. Ino?
JUNO. Ino!
ATHAMAS. Kann keine Reue dich versöhnen? –
JUNO. Du opferst sie meiner Rache!
ATHAMAS. Meine Ino?
JUNO. Ihr Tod von deiner Hand – und du rettest dich und deine Kinder.
ATHAMAS. Vernichte mich!
JUNO. Dich! Ino! – deine Kinder! das ganze Geschlecht des Kadmus, wenn du noch zauderst.
ATHAMAS. Meine Ino? – Grausame Göttinn!
JUNO. Zittre!
ATHAMAS. Erbarmen!
JUNO. Fluch und Verderben!
Sohn der Nacht bemächtige dich seiner!
ATHAMAS. Erbarmen!
JUNO. Morpheus! zerritte sein Gehirn! – und du Werkzeug meiner Rache, Tysiphone, hauch in seine Brnst deinen wüthenden Gift! – erfülle seine Adern mit Feuer des Phlegeton! – Entnerve dich, ihn zu begeistern, bewafne seine Faust mit Tod!

Unter der Musik fährt sie fort.

– Befliegle seine Füsse zum Verderben, daß der Gegenstand meines Hasses durch ihn vernichtet – meine gerechte Rache gesättiget werde! –
Ha! – mein Wink wird erfüllt! –

Athamas wird schnell von einem Schlafe überfallen. Das Blut wallt in seinen Adern, er kämvft mit Unruhe, Wuth und Verzweiflung. Schrekkliche Träume ängstigen ihn.

Schon schwellen seine Adern! –
Sein Haar sträubt sich emper! –
Die Furie durchwütet ihn –
Dank euch, Götter der Nacht! – Dank dir Tysiphone! – Das Opfer meiner Rache nähert sich! –
Schlaf! entfeßle seine Augen!
Flieh‘ ihn auf ewig!
Noch einen Augenblikk Bewußtsein! – Noch einen Augenblikk Täuschung! – Dann, Furien, reißt ihn zum Orkus!

Fliegt auf ihrer Donnerwolke davon.

Sechste Szene.

ATHAMAS erwachend. Wo bin ich? – welche plözliche Betänbung! – Dies Bild des Schrekkens – war es ein Traum? oder sah‘ ich sie, die unerbittliche Gottheit? –

Unter der Musik.

Sie ergrief mich, – rief Rache! – Rache!! – Rache!!! – Angst, Schrekken – Verzweiflung – Furien der Hölle ergriefen mich! –
Und Ino? – und meine Kinder? –
Fort, fort mit diesem Bilde des Abscheus! Es war ein Traum. Ich wache, athme! –
Umsonst sucht Morpheus mich zu schrekken! – Ich bin glükklich im Besizz meiner Ino! –
Warum verweilst du? – du? – die ich unaussprechlich liebe? –
Ino, Ino! – warum verweilst du?

Unter der Musik.

Ino! – meine Ino! – Warum? – warum verweilst du? –
O du, die ich unaussprechlich liebe! – Komm! komm!

Siebente Szene.

Ino mit ihren Kindern, Athamas.

INO. Hier bin ich, Athamas! Und hier deine Söhne, die Söhne deiner Ino, die theuren Pfänder unsrer Liebe.
ATHAMAS fällt in die Musik ein. Learch! – Melizert! – Meine Kinder! – verzeiht! – verzeiht eurem Vater! –
Ich war treulos, undankbar; aber der Gedanke an euch, an die Tugenden eurer Mutter, an ihre überschwengliche Liebe, führten mich zum Glükk – zur Wonne – in eure Arme zurükk! –
INO. O mein Geliebter! – O meine Kinder! –

Sie bilden eine Umarmung.

Dies reizende Bild der Liebe, der Gintracht; dieser höchste Grad der Glükkseligkeit; welch himmlisches Entzükken! – Welche unaussprechliche Wollust! – Komm, Athamas! – Kommt, meine Kinder! verlaßt die Wüste! – eilt mit mir zum Tempel der Juno! – Laßt uns vereint den Göttern danken, daß sie mein heisses Flehn erhörten; laßt uns der Juno Opfer bringen, ihren Zorn zu versöhnen!
ATHAMAS Ihren Zorn zu versöhnen?
Den Zorn der unversöhnlichen Juno?
Thörinn!
Diese Göttinn, so mir erschien? –

Man hört ein Jagdgetön.

Ein Jagdgetön! – Ein Fest der Grymiden! – Laß mich, Mägera ruft! ich eile!
INO. Götter! – Athamas!
ATHAMAS. Zurükk! – ich folge. Die Jagd beginnt.

Auf Ino blikkend.

Schon stuzzt das schüchterne Reh! – schon sorgt es für seine Sicherheit! –
Wo sind die Bogen? – Die Pfeile? –
INO. Athamas! – Um aller Götter willen! –
Was thust du? – Wo ist deine Vernunft?
ATHAMAS. Vernunft? –
Hier das Feuer, so mich begeistert, wäre es Wahnsinn? –

Sucht sich zu sammeln.

Ach! – endlich erkenn ich euch! – Verzeiht! – Verzeiht! –
Weib! Kinder! unaussprechlich lieb‘ ich euch!

Das Jagdgetön erschallt wieder.

Wie? jene schauervolle Erscheinung – wäre sie Wahrheit?
Gewiß! Gewiß! – Komm! komm! rette mich! – rette dich! – rette deine Kinder! –
Zu spät! – Zu spät! – Das Gift durchdringt mich! – wüthendes Feuer durchströmt meine Adern!
Weh mir!
Weh! – Weh!! – Weh über dir!!!
INO. Athamas!
ATHAMAS. Wag‘ es nicht, Unglükkliche!
Ich bin die Geißel des Zorns der Götter.
Mein Hauch ist Tod – mein Blikk Verderben!
Entflieh! – Entflieh! wenn du es vermagst!
INO. Götter! – – sein Mund schäumt, seine Augen glühn! – Athamas! – höre mich! –
Erkenne mich!
Deine Ino! deine Kinder!
ATHAMAS. Zurükk Ungeheuer! – Zurükk Brut!
Wollt ihr mich erwürgen? –
Ha! hier ist Kraft des Löwen!
Zum Kampf! –
Zum Sieg! –
Stärkt mich, ihr Furien!
INO mit der Musik zugleich. Hilfe! – Rettung! – meine Kinder! –
ATHAMAS. Muthlos! – Sie entfliehn! – Nach! nach, eh‘ sie entrinnen!

Faßt ein Kind an.

INO unter der Musik. Halt! – halt ein! Erbarmen! Es ist dein Sohn! es ist Learch! – Erbarmen! ach!

Athamas läuft in voller Raserei mit dem Kinde ab.

Ino eilt ängstlich nach, ruft, bittet, ringt die Hände.

Die Musik begleitet den Gang dieser Handlung.

Achte Szene.

Ino, und Melizert.

INO. Learch! –
Ist kein Erbarmen? –
Er ist dahin! –
Verbirg dich, daß das Ungeheuer dich nicht ereilt, auch dich zerschmettert! – Verbirg dich! – Doch wohin? –
Auf jene Klippe! –
Kein Gesträuch! – Keine Kluft, wohin ich mich verberge?
Ha! er entfernt sich, der Barbar! –
Götter! – Nur dießmal – nur dießmal Erbarmen!

Man hört eine angenehme Harmonie von ferne.

Was ist das? – – Welch eine himmlische Harmonie tief aus den Fluthen?

Neunte Szene.

Das Chor der Nereiden läßt sich hören.

EINE STIMME.
Herab in die Fluthen!
Euch rufen die Götter,
Herab euch zu retten!
In die Fluthen herab!
CHOR.
Herab in die Fluthen!
Euch rufen die Götter,
Herab euch zu retten!
In die Fluthen herab!
INO spricht. Wie? Nereiden zu meiner Rettung?
EINE STIMME singt.
Neues Leben,
Neue Freuden
Warten eurer
Eilt herab!
INO spricht unter der Musik. Freuden? – Freuden im Augenblikke der Vernichtung?
CHOR.
Herab in die Fluthen!
Euch rufen die Götter,
Herab euch zu retten!
In die Fluthen herab!
ZWO STIMMEN.
Und Vergessenheit der Leiden
Folget euch ins Wellengrab!
Herab in die Woogen!
Sie rufen die Götter,
Bereiten euch Wonne,
Herab in die Woogen herab!
CHOR.
Herab in die Woogen!
Sie rufen die Götter,
Bereiten euch Wonne,
Herab in die Woogen herab!
INO. Wie ist mir? –
Was schwillt meine Brust so allmächtig?
Welch ein Gefühl! – Welcher Vorschmakk von nie empfundener Freude? –
Ha, Athamas! – ich bin verloren! –

Klimmt den Felsen hinan.

Zehente Szene.

Athamas, Ino, Melizert.

ATHAMAS. Wo ist das Ungeheuer? – Wo ist die Brut? – Ha! dort – Hinan! – hinan! – sie zu vertilgen! –

Eilt ihnen nach.

INO. Wohin? – Schon ist er da? – Er ergreift mich! – Fort, mein Sohn! – hinab in den Abgrund! –

Stürzt ihn vom Felsen herab.

Nehmt ihn auf, ihr Nereiden! – Auch mich! – Auch mich! – –

Springt ihm nach.

ATHAMAS. Was that ich? – Götter! – was that ich? – Ino! – Ino!! – Ino!!!

Hier fällt die Musik in seine Rede ein.

Zu spät! – Keine Rettung! –
Auch Melizert! – Ha, was ist das?

Unter der Musik.

Ein zerschmetterter Leichnam! – an meinen Händen Blut! – das Blut meines Sohnes! – Es schreit um Rache. – Rache! – Rache!! Rache!!! – Ihr ewigen Mächte! – Hier – hier ist das Ungehener! – hier liegt es im Staube – Vernichtet es! Vollende deine Rache, Juno! – Vernichte mich! – Vernichte mich!!!

Er läuft in der Raserei ab.

Lezte Szene.

Ein glänzender Muschelwagen erhebt sich aus den Tiefen des Meers. Ino und Melizert sizzen darauf im herrlichsten Triumphe. Die Nereiden umkränzen sie. Tritonen ziehen am Wagen. Eine feierliche Musik ertönt.

EINE STIMME spricht.
Vollendet ist nun Junos Rache,
Der Göttinn Zorn ist nun versöhnt,
Versöhnt der Göttinn Rache.
Singt nun Triumph in vollen Chören,
Lasset frohe Jubellieder hören,
Daß Freude weit umher ertönt!

Die Musik errönt wieder.

CHOR.
Triumph! euch Auserwählten,
Euch Kinder der Vergötterung!
Jezt sind die Leiden, die euch quälten,
Euch Stufen zur Verherrlichung.
ZWO NEREIDEN.
Im Schwestersizz der Nereiden
Theilt mit uns unser Götterglükk!
Schmekkt unsre Götterlust hienieden,
Und sehnt hinauf euch nie zurükk!
CHOR.
Triumph! euch Auserwählten!
Euch Kinder der Vergötterung!
Jezt sind die Leiden, die euch quälten,
Euch Stufen zur Verherrlichung!
ZWEI TRITONEN.
Hier, wo gefällige Tritonen
An eurem Muschelwagen ziehn;
Sollt ihr in steten Freuden wohnen,
Die droben im Genuße fliehn.
CHOR.
Triumph! euch Auserwählten!
Euch Kinder der Vergötterung!
Jezt sind die Leiden, die euch quälten,
Euch Stufen zur Verherrlichung!

Ende.