Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt.
Schiller, Wilhelm Tell
Der brave Mann hilft, wo er kann.
Der brave Mann tut seine Pflicht
Und tat sie (Ich verhehl es nicht),
Eh' noch Weltweise waren.
Schiller, Gedichte: Die Weltweisen
Der Bravste hat die Gans (o. Geiß) gestohlen.
i] Spott gegen übertriebenes Selbstlob. Der Dieb will der Ehrlichste sein. Ironisch, wenn sich jemand wegen Verdachts mit sehr wenig durchgreifenden Gründen zu rechtfertigen sucht.
Der Brei ist fertig.
ho] De brij is gaar.
Der Brei ist unsere Mutter.
pl] Kasza mat' nasza.
Der Brei wird nicht so heiß gegessen, als er aufgetragen (o. aufgegeben) wird.
Der Brei wird nicht so heiß gegessen, als er vom Feuer kommt.
Der Bremsen Hochgezeit vergeht, so der Augest Ende hat.
Der Bremsen ist leichter wehren als der Schmeissfliegen.
Der brennende Ehrgeiz verbannt von Jugend an alle Vergnügungen, um allein zu herrschen.
Vauvenargues, Réflexions et maximes
Der Brennnessel ganz nah ist oft die Rose.
Ovid, Heilmittel gegen die Liebe
Der bricht noch den Finger im Arsch ab.
i] Hat ganz besonderes Missgeschick
Der Brief ist ein unangemeldeter Besuch, der Briefbote der Vermittler unhöflicher Überfälle. Man sollte alle acht Tage eine Stunde zum Briefempfangen haben und danach ein Bad nehmen.
Nietzsche, Menschliches Allzumenschliches
Der Brief ist wie das Antlitz des Abwesenden.
Jemen
Der Brief redet.
i] Wenn man sich auf ein Schriftstück, eine Urkunde, eine Sache, die vorgezeigt werden kann, beruft.
Der Brief, den du geschrieben, er macht mich gar nicht bang,
Du willst mich nicht mehr lieben, aber Dein Brief ist lang.
Zwölf Seiten, eng und zierlich! Ein kleines Mauskript!
Man schreibt nicht so ausführlich, wenn man den Abschied gibt.
Heinrich Heine, Neuer Frühling Nr. 34
Der Brief, der mir am sauersten wird, taugt gerade am wenigsten. Wenn ich darüber nachdenken muss, so ist das ein Zeichen, dass ich nicht ganz dabei bin. Gewöhnlich fange ich an, ohne festen Plan, und ein Satz fügt sich zum andern.
Montaigne, Essais
Der Bringende bringt das Ernteglück (weg), der Leihende bringt das Brotglück (weg).
Estland
Der Bringer ist willkommen, sagte der Bote, da brachte er dem (faulen) Sohne die Nachricht, dass der (reiche) Vater gestorben.
Der Bringer unwillkommner Zeitung
Hat ein nachteilig Amt, und seine Zunge
Klingt stets nachher wie eine dumpfe Glocke,
Die einst dem abgeschiednen Freund geläutet.
en] The first bringer of unwelcome news
Hath but a losing office.
Shakespeare, König Heinrich IV., Zweiter Teil, I, 1
Der bringt den Strick mit, an dem er gehängt werden soll.
Der bringt viel auf und webt wenig ab.
i] Von einem Lügner
Der Broch var alle Bröch.
Jüdisch-deutsch, Warschau
hdt] Der Bruch für alle Brüche.
Der Brot hat, dem leiht man Brot.
Der Brotschneider soll jährlich drei Hemden bekommen, die anderen (bekommen) zwei Hemden.
Estland
Der Bruder erkennt schon den Bruder.
Estland
Der Bruder gibt dem Bruder, die Liebe allen.
Estland
Der Bruder ist dem Bruder schlimmer als ein Fremder.
Estland
Der Bruder ist mein, doch sein Verstand ist sein.
Der Bruder ist nicht vom Haken zu nehmen, die Schwester nicht unter dem Rockrand (zu suchen).
Estland
Der Bruder nimmt mit zwei Händen, die Schwester mit einer.
[RSpW]
i] Es war eine Härte, dass die männlichen Verwandten ein unbedingtes Vorzugsrecht vor den weiblichen genoßen. Man suchte sie allmählich zu mildern und beschränkte jenes Recht auf gewisse Grade der Verwandtschaft, oder man ließ die Töchter gleichzeitig in der Erbfolge zu, gestattete ihnen aber, wie das obige Sprichwort sagt, geringere Teile)
fries] De broder last an de lowa mil tom handen und di suster mit sure hant.
fries] Es tritt, wenn der Vater gestorben, an dessen Stelle aus dem rigischen Ritterrecht: de öldester bröder i, o jungesten Richter)
Der Bruder verfängt die Schwester.
[RSpW]
i] Er ist gesetzlicher Erbe des Gutes.
fries] De broder verunanget di suster.
Der Brüllaffe sendet nicht den Coaita.
Surinam
i] Der letztere wird für klüger gehalten als der erstere. Art lässt nicht von Art.
Der Brunnen ernährt den Hausstand.
Der Brunnen gehört dem einen Haus, das Seil dem anderen, ein drittes Haus hat mit großem Lärm Wasser geschöpft.
Assam, Indien
Der Brunnen ist für mich eine Hauptsache, das nächste Wasser ist eine Viertelstunde entfernt, sagte der Milchhändler, als man ihn fragte, warum er wegen desselben einen langen Prozess führe.
Der Brunnen muss Weg und Steg haben.
Der Brunnenschöpfer zieht nicht recht am Rad, wenn er leere für volle tauscht.
Der Brunzscherben ist ihm ins Bett gefallen.
Der Brustton der Überzeugung.
Der Bube bleibt ein Bube auch unter dem Chorrock.
i] Das Amtskleid gibt die Würde nicht, der Mann muss dem Amte Ehre machen.
Der Bube katzbalgt sich mit dem Jungen.
Tschechien
Der Buchdruck hat das Glück der Menschen nicht gefördert.
Leo N. Tolstoi, Tagebücher (1907)
Der Buchhandel hat sein eigenes Gehen und Kommen, wovon der Autor wenig Rechenschaft zu geben weiß.
Goethe, An Zelter, 19.7.1829
Der Buchhandel nämlich bezog sich in früherer Zeit mehr auf bedeutende wissenschaftliche Fakultätswerke, auf stehende Verlagsartikel, welche mäßig honoriert wurden. Die Produktion von poetischen Schriften aber wurde als etwas Heiliges angesehn, und man hielt es beinah für Simonie, ein Honorar zu nehmen oder zu steigern.
Goethe, Dichtung und Wahrheit III,12
Der Buchstabe ist des Antichrists Schwert und aller Sekten Großmutter.
Der Buchstabe ist ein Sklave.
en] The letter killeth, but the spirit giveth life.
fr] La lettre tue, et l'esprit vivifie.
it] La lettera uccide e lo spirito vivifica.
la] Litera enim occidit, spiritus autem vivificat.
sd] Bokstafwen dödar, men anden giôr lefwande.
Der Buchstabe tötet, (aber) der Geist macht lebendig.
2. Korinther 3, 6
Der Buchstabe tötet, aber er errötet nicht.
la] Litera non erubescit. Demokrit
Der Buchweizen ist nicht eher sicher, als bis er im Magen ist, sagte der Bauer, da fiel ihm der Pfannkuchen in die Asche.
Der Buchweizen muss von einem Reiter zu Pferde in vollem Galopp ausgestreut werden.
i] Im gewöhnlichen Maße anderer Getreidearten würde er nur wenig Seitenzweige treiben
Der Buckel des Schulzen drückt auf die ganze Gemeinde.
Russland
Der Buckel juckt ihm (schon wieder).
i] Von solchen, namentlich Knaben, die allerhand mutwillige Streiche machen, obwol sie wissen, dass sie dafür bestraft werden.
ndt] De Puck'l jäökt em. Altmark
z] Es sticht und juckt noch vil der Buckel nach Streichen.
la] Dorsum prurit.
Der Buckel juckt mich nicht.
i] Was soll ich kratzen, mich geht die Sache nichts an.
Der Bucklige kennt seine Lagerstätte.
Der Bucklige schläft nicht auf dem Rücken.
Der Bucklige sieht seinen Buckel nicht, aber den seines Gefährten.
fr] Le bossu ne voit pas sa bosse et voit celle de son confrère.
sp] El corcovado no ve su corcova, y ve la de su compañero.
Der Bucklige sieht seines Nachbars Höcker wohl, aber nicht den eigenen.
fr] Le bossu ne voit pas sa bosse et voit celle de son confrère.
it] Un gobbo vede la gobba del compagno e non la sua.
sp] El corcovado no ve su corcova, y ve la de su compañero.
Der Buddha aus Lehm ermahne nicht den Buddha aus Ton.
China
Der Buer es wie 'ne Mehlsack, wie men drop klop, kümmt Stopp raus.
Bedburg
Der Büffel bedarf wohl des Stachels, das Ross aber nur des Zaums.
Russland
Der Büffel gehört dem Mann mit dem großen Stock.
Hindi, Indien
i] Die Macht regiert
Der Büffel tut sich nicht groß mit seiner Kraft, wenn der Elefant da ist.
Bantu
Der Buhler Hertz ist ein Taubenhaus, die eine fleugt ein, die andere aus.
Der Buhler lest wie ein zeck nit nach, er gehe denn darob zu stucken.
Der Buhler Lust ist kurzer Tanz und lohnt mit einem Dornenkranz.
Der Buhler lust weret so lang als ein kurtzer Tantz, und schmertzt und schändt biss ans lebens end.
Der Buhler seckel ist mit lauchblettern zugeknüpfft.
i] Er bleibt nicht zu, er öffnet sich immer wie von selbst, weil man mit diesen Blättern weder Schleifen noch Knoten schürzen kann.
it] Gli amanti legano la borsa con un filo di ragnatelo.
la] Amantium marsupia porri folio vinciuntur.
un] A nöszö legény nem kémélli költségét.
Der Buhler weiss wohl, was er begehrt, aber er weiß nicht, was es ist.
mhd] De boler wet, wat he begert, mer he en wet nicht wattet is.
dä] Boler veed hvad han begierer, men ei hvad han skulde begiere.
la] Amans quid cupiat scit, quid valeat non videt.
la] Scit bene quod poscit, sed quid scit, nescit amator.
Der Buhler Zorn ist der Liebe (o. Buhlschaft) Sporn.
Der Buhler Zorn ist der Liebe Sporn.
Der Buhlschaft Art nie beständig ward.
Der Buhlschaft niemand pflegen mag, still heimlich einen ganzen Tag.
Der Bulle ist die halbe Herde.'
Der Bund bringt uns auf den Hund.
Der Bund und das Reich Gottes währen ewig.
Aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges
Der Bur dur sini Müh im Koth, erhält, was reitet und was goht.
Schaffhausen
Der Bûr ist am armsten, wenn er d' frucht in der Schür hed.
Luzern
Der Bur ist ein Slur.
Der Bûr muss die schwere Uehri im Boden inne suche.
Luzern
i] Er muss tief pflügen, wenn er schwere Frucht ernten will
Der Bureauschimmel (Büroschimmel).
i] Das alte verknöcherte Bureauwesen
Der Bürge ist des Gerichtes Protokoll.
[RSpW]
i] Zu einem vollständigen Gericht gehört ein Gerichtsschreiber, wo er fehlte, musste er, wie es noch jetzt die bayersche Gerichtsordnung gestattet, durch zwei eigens zugezogene Zeugen ersetzt werden.
Der Bürge muss selber bezahlen.
[RSpW]
i] Wenn der Schuldner nicht bezahlt. Nach einigen Rechten hat der Gläubiger sogar die Wahl, ob er sich an den Hauptschuldner oder an den Bürgen halten will. Tut er das Letztere, so ist jener frei.
mhd] Die Buorge onnoz daz guot selbe gelden.
Der Bürger Eintracht ist der Städte beste Festigkeit.
Der Bürger ist bei seinem Geschäft schon ehe er aufsteht.
England
Der Bürger ist des Staatswohls Bürge.
Der Bürger ist so frei wie der Adelige, sobald er sich in den Grenzen hält, die ihm von Gott durch seinen Stand, worin er geboren, angewiesen.
Goethe, Eckermann, 18.1.1827
Der Bürger sammelt Geld, um sich dafür möglichst viele Vorurteile kaufen zu können, die seinen Stand erhöhen. Je weniger Kinder er in die Welt setzt, um so enger bleibt sein Geld beisammen, um so fester wird der Stand.
Holitscher, Bruder Wurm
Der Bürger Streit bringt der Stadt Herzeleid.
Der Bürger Tapferkeit ist der Stadt beste Ringmauer.
la] Murus urbium civium virtus.
Der Bürger wil Edel werden, der Bawer wil Kauffmannschafft treiben, die Fraw wil Herr sein und vor dem Hahn krähen, der Schichmeister wil des Königs Rath sein, und der Esel wil geritten werden, der Gaul begehrt zu ackern die Erden, eine Magd sol dienen, so wil sie eine Höcklerin werden.
Der Bürger wünscht die Kunst üppig und das Leben asketisch; umgekehrt wäre es besser.
Theodor W. Adorno, Ästhetische Theorie
Der Bürger,
Den sie verloren für den Glauben, war
Ihr edelster.
Schiller, Don Carlos, III, 10 (Marquis)
Der bürgerliche Radikalismus wird, wenn er überhaupt zur Herrschaft kommt, rasch abgewirtschaftet haben; die Zeitentwicklung läßt keine halben Maßregeln mehr zu.
August Bebel (1840-1913), an Karl Kautsky, 16. 10. 1885
Der Bürgerschafft gute Hausshaltung ist einer Statt gemeiner Schatz.
Der Burggraf kann nicht dingen, denn mit voller Bank.
[RSpW]
i] Ohne die erforderliche Anzahl von Schöffen konnte der Richter kein Ding (Gerichtssitzung) abhalten. Die Gegenwart der Schöffen war unbedingt notwendig, die geringste Zahl war zwei, der Richter der dritte.
z] De Borchgreve mach nicht dyngen, wen mit vuller Bang.
Der Bürokrat tut seine Pflicht von neun bis eins
Mehr tut er nicht.
Karl Zeller, Operette: Der Obersteiger
Der Bürokratismus ist die langweiligste Maske der Unzulänglichkeit, und zugleich die geistloseste.
K. Peltzer, An den Rand geschrieben
Der Bursch hat doch koan Tropfa Religion im Bauch, sagte der Wirt, schmiert der miserable Lump dem Herrn Kaplan an einem Freitag die Stiefeln mit Speck.